L 11 KR 650/24

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11.
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 6 KR 3372/23
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 650/24
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Freiburg vom 02.02.2024 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.



Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen eine Zahlungserinnerung.

Gegenüber dem Kläger, der bei der Beklagten freiwillig krankenversichert ist, erging am 19.01.2023 ein Beitragsbescheid, wonach der monatliche Beitrag zur Kranken- und Pflegeversicherung - auf Grundlage der Beitragsbemessungsgrenze wegen unvollständiger Angaben zum Einkommen - ab dem 01.02.2023 952,62 € betrage (Bl. 19 Verwaltungsakte). Da der Kläger in der Folgezeit Beiträge nicht zahlte, erinnerte die Beklagte ihn mit Schreiben vom 25.07.2023 an die Zahlung der rückständigen Beiträge im Zeitraum vom 01.03. bis 30.06.2023 i.H.v. 3.810,48 € zzgl. Nebenforderungen i.H.v. 115,00 € (Bl. 23 Verwaltungsakte). Hierbei setzte die Beklagte neue Säumniszuschläge i.H.v. 38 € sowie eine neue Mahngebühr i.H.v. 5 € fest.

Hiergegen wandte sich der Kläger mit Schreiben vom 28.07.2023, das er mit „Widerspruch/Klage“ betitelte und an das Sozialgericht Freiburg (SG) richtete (Eingang dort am 31.07.2023, Aktenzeichen S 2 KR 2060/23). Am 12.12.2023 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.

Parallel hierzu hat der Kläger mit Schreiben vom 16.12.2023 (Eingang beim SG am 21.12.2023) die hiesige Klage erhoben gegen das „Schreiben“ der Beklagten vom 12.12.2023 mit der Begründung, er sei nicht freiwillig versichert, kein Mitglied der Beklagten und lehne die Zahlungen ab.

Mit Gerichtsbescheid vom 02.02.2024 hat das SG die hiesige Klage abgewiesen. Sie sei unzulässig, weil der Widerspruchsbescheid vom 12.12.2023 nach § 95 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand im Verfahren vor dem Sozialgericht Freiburg mit dem Aktenzeichen S 2 KR 2060/23 sei. Nach dieser Vorschrift sei Gegenstand der Klage der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt, die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden habe. Letzterer sei deshalb ohne Weiteres nach seinem Erlass von der bereits anhängigen Klage umfasst. Nach § 202 Satz 1 SGG i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) könne die Sache während der Rechtshängigkeit von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden. Die Rechtshängigkeit entfalte mithin für ein zweites Verfahren über denselben Streitgegenstand Sperrwirkung. Diese prozessuale Sperrwirkung führe zur Unzulässigkeit der zweiten Klage. Diese sei daher ohne Prüfung in der Sache durch Prozessurteil abzuweisen.

Gegen den ihm am 08.02.2024 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger beim SG am 26.02.2024 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Er hat folgende Begründung abgegeben:

Zu: S 6 KR 1486/22: Ich lege gegen den Beschluss Beschwerde und Berufung ein und bitte um Weiterleitung an das Landessozialgericht. Gründe: Ich bin nicht mehr bei der DAK versichert, was P1 falsch sieht. Falls ein Vorverfahren geführt werden muss oder musste, soll es nachgeholt werden. Im Übrigen sind die Ausführungen des Richters falsch. Tatsächlich geht es bei meinem Antrag eines Verteidigers nicht um das Argument, dass ich nicht prozessfähig sei, sondern darum, dass die vielen Verfahren, siehe Umfang dieses Rückschreibens, von mir mit Sachkunde allein nicht gehandhabt werden können.
Zu S 6 KR 3372/23. Hier gilt dasselbe wie zum obigen Verfahren.

Einen Antrag hat der Kläger nicht gestellt.

Die vom Kläger parallel erhobene Nichtzulassungsbeschwerde wird unter dem Aktenzeichen 812/24 NZB geführt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der SG-Akten S 6 KR 3372/23 und S 2 KR 2060/23, auf die Akten des Senats sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

Die Berufung ist unzulässig.


Der Senat konnte in Abwesenheit des Klägers verhandeln und entscheiden, da der Kläger in der Terminsmitteilung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist. Die Terminsmitteilung ist dem Kläger ordnungsgemäß am 22.03.2024 zugestellt worden. Erscheint ein Beteiligter trotz ordnungsgemäßer Terminsmitteilung nicht zur Verhandlung, kann das Gericht nach Lage der Akten (§ 126 SGG) oder aufgrund „einseitiger“ mündlicher Verhandlung entscheiden (BSG 26.05.2014, B 12 KR 67/13 B, juris; BSG 07.07.2011, B 14 AS 35/11 B, juris).

Die Berufung ist bereits unzulässig, da sie mangels Erreichens der Berufungssumme nicht statthaft ist. Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 € nicht übersteigt. Dies gilt nach § 144 Abs. 1 Satz 2 SGG nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

Der Wert des Beschwerdegegenstandes bestimmt sich nach dem Umfang, in dem das SG dem Begehren des Rechtsmittelführers nicht gefolgt ist und was von diesem mit seinen Berufungsanträgen weiterverfolgt wird. Vorliegend hat der Kläger sich erstinstanzlich gegen „das Schreiben der DAK vom 12.12.2023“ gewandt und damit sinngemäß gegen den Bescheid der Beklagten vom 25.07.2023 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.12.2023. Dieser mit „Zahlungserinnerung“ betitelte Bescheid enthält die Festsetzung von neuen Säumniszuschlägen i.H.v. 38 € sowie neuen Mahngebühren i.H.v. 5 €, zusammen somit eine Regelung in Bezug auf einen zu zahlenden Betrag i.H.v. 43 €. Soweit daneben Beitragsrückstände i.H.v. 3.810,48 € und weitere Säumniszuschläge und Mahngebühren genannt werden, handelt es sich nicht um eine Regelung. Vielmehr wird der Kläger hiermit lediglich über den bestehenden Zahlungsrückstand unterrichtet, wie auch schon die Überschrift des Bescheides nahelegt. Der Beschwerdewert von 750 € wird damit nicht überschritten. Auch sind keine wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr im Streit.

Dass die Rechtsmittelbelehrung im Gerichtsbescheid die Berufung erwähnt, genügt allein nicht für die Annahme, die Berufung sei zugelassen. Es handelt sich lediglich um eine falsche Belehrung (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Auflage, § 144 Rn. 40, 45 m.w.N.).

Die Berufung ist daher bereits unzulässig, ohne dass es auf die Frage der doppelten Rechtshängigkeit noch ankäme.


Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.



 

Rechtskraft
Aus
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