Das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Juni 2021 sowie der Bescheid der Beklagten vom 19. Juli 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Oktober 2018 werden aufgehoben. Die Beklagten werden verurteilt, den Beitragsbescheid vom 31. Januar 2018 aufzuheben.
Die Beklagten tragen die außergerichtlichen Kosten des Klägers für das gesamte Verfahren.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich im Überprüfungsverfahren gegen die Erhebung von Beiträgen auf eine von der F gewährte „Betriebsrente“.
Der am 1956 geborene Kläger war langjährig bei der A beschäftigt und auf dieser Grundlage bei den Beklagten pflichtversichert in der Kranken- und Pflegeversicherung.
In der Folge eines betrieblichen Sozialplans und eines im Februar 2016 abgeschlossenen dreiseitigen Aufhebungsvertrages endete sein Arbeitsverhältnis mit der A zum 31. Januar 2016.
Unter § 1 enthält der Aufhebungsvertrag u.a. folgende Regelungen:
Das Arbeitsverhältnis zwischen dem/der Beschäftigten und der A endet aus betrieblichen Gründen einvernehmlich zum 31.01.2016. (…)
Die A und der Beschäftigte sind sich darüber einig, dass für den Fall, dass dem Beschäftigten unverfallbare Anwartschaften auf eine über die F gewährte Betriebsrente zustehen und der Beschäftigte vor oder während des Beschäftigungsverhältnisses (…) das 55. Lebensjahr erreicht hat (…), der Beschäftigte (…) nach dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses eine Betriebsrente nach den Regeln der F (…) erhält (…).
Wegen der Einzelheiten des dreiseitigen Aufhebungsvertrages vom Februar 2016 wird auf Bl. 37 bis 44 der Gerichtsakte Bezug genommen.
Die „Versorgungsregelung“ der Ford Versorgungs- und Unterstützungseinrichtung F e.V. zu Einstellungen vor dem 1. Januar 1993 traf zu „Versorgungsleistungen bei vorzeitigem Ruhestand“ unter 2.b) Abs. 1 u.a. folgende Regelungen:
Jedes Belegschaftsmitglied, das vor dem 1. Januar 1993 ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit der Firma eingegangen ist, eine Wartezeit von 10 vollendeten Dienstjahren erfüllt und das 55. Lebensjahr vollendet hat, kann nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen auf eigenen Wunsch in den vorzeitigen Ruhestand treten oder von der Firma in den vorzeitigen Ruhestand versetzt werden.
Das Belegschaftsmitglied tritt durch seine Kündigung des Beschäftigungsverhältnisses in den vorzeitigen Ruhestand auf eigenen Wunsch und erhält Versorgungsleistungen mit Beginn des Monats, der auf die Vollendung des 60. Lebensjahres folgt; bei einem Eintritt in den vorzeitigen Ruhestand nach Vollendung des 60. Lebensjahres beginnt die Zahlung von Versorgungsleistungen sofort.
Wenn das Beschäftigungsverhältnis auf Veranlassung der Firma beendet wird, erhält das Belegschaftsmitglied eine monatliche Versorgungsleistung, die erstmals für den Monat gezahlt wird, der der wirksamen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses folgt. (…)
Wegen der weiteren Einzelheiten der Versorgungsregelung wird Bezug genommen auf Bl. 148 bis 155 der Gerichtsakte.
In der Zeit vom 1. Februar 2016 bis zum 31. Januar 2017 war der Kläger bei der w-P GmbH mit „Kurzarbeit Null“ beschäftigt.
Nach dem 31. Januar 2017 nahm er keine Beschäftigung mehr auf.
Seit dem 1. Februar 2017 bezieht der Kläger von der F auf Grundlage der mit der A geschlossenen Vereinbarung eine monatliche Betriebsrente in Höhe von anfänglich 1.323,57 Euro brutto (1.261,16 Euro netto nach Abzug von 62,41 Euro Lohnsteuer).
Im Zeitraum 1. Februar 2017 bis 30. Januar 2019 bezog der Kläger Arbeitslosengeld, danach bis zum 7. Mai 2019 Krankengeld; in dieser Zeit war er bei den Beklagten pflichtversichert. Vom 8. Mai 2019 bis 31. Oktober 2019 war der Kläger bei den Beklagten freiwillig kranken- und pflegeversichert. Eine Anrechnung des Arbeitslosengeldes auf die gleichzeitig bezogene Betriebsrente erfolgte nicht; beide Leistungen wurden in voller Höhe nebeneinander gewährt.
Seit dem 1. November 2019 bezieht der Kläger gesetzliche Altersrente.
Mit Bescheid vom 3. März 2017 erhoben die Beklagten auf die von der F bezogene Betriebsrente Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 175,99 Euro monatlich. Mit Bescheid vom 31. Januar 2018 erhoben die Beklagten für die Zeit ab 1. Januar 2018 aufgrund zum Jahreswechsel geänderter Rechengrößen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von insgesamt 189,75 Euro monatlich. Beide Bescheide wurden bestandskräftig.
Am 25. Mai 2018 beantragte der Kläger die Überprüfung (nur) des Beitragsbescheides vom 31. Januar 2018. Nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts zu B 12 KR 12/15 R bestehe auch bei unbefristeten Versorgungszusagen keine Beitragspflicht.
Auf Anfrage der Beklagten teilte die F mit Schreiben vom 10. Juli 2018 mit, die Gewährung der Betriebsrente basiere auf der mit der A geschlossenen Aufhebungsvereinbarung und der für den Kläger geltenden Versorgungszusage. Die Leistung werde unbefristet ausgezahlt. Ob Beitragspflicht bestehe, müssten die Beklagten beurteilen.
Mit Überprüfungsbescheid vom 19. Juli 2018 teilten die Beklagten dem Kläger mit, es bleibe bei der im Beitragsbescheid vom 31. Januar 2018 getroffenen Regelung. Bei den ab 1. Februar 2017 von der F erbrachten unbefristeten Leistungen handele es sich um ruhestandsbezogene Versorgungsbezüge zur Sicherung des Lebensunterhalts im Alter, die nach § 229 SGB V der Beitragspflicht unterlägen. Vor Eintritt in die gesetzliche Altersrente entfalte die Betriebsrente keine bloße „Überbrückungsfunktion“.
Hiergegen legte der Kläger am 14. August 2018 Widerspruch ein. Es handele sich bei dem Bezug einer Betriebsrente vor dem Renteneintritt gerade nicht um Versorgungsbezüge im Sinne von § 229 SGB V. Sein Lebensalter - 60 Jahre bei Beginn der streitigen Betriebsrente - stelle kein typisches Renteneintrittsalter dar.
Mit Widerspruchsbescheid vom 9. Oktober 2018 wiesen die Beklagten den Widerspruch des Klägers zurück. Ein Anspruch auf Rücknahme des Beitragsbescheides vom 31. Januar 2018 bestehe nicht, denn dieser sei rechtmäßig. Die seit 1. Februar 2017 bezogene Betriebsrente diene der Altersversorgung und sei eine als Versorgungsbezug beitragspflichtige Einnahme nach § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V. Es handele sich nicht etwa nur um eine Überbrückungsleistung im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Hinweis auf B 12 KR 12/15 R). Der Kläger sei aufgrund eigener Willensentscheidung zum 31. Januar 2017 endgültig aus dem Arbeitsleben ausgeschieden und in den zunächst rentenbezugslosen Ruhestand eingetreten. Bloßen Überbrückungscharakter habe die Betriebsrente auch deshalb nicht, weil der Entgeltentfall nach Auflösung des Arbeitsverhältnisses vollständig durch den Bezug von Arbeitslosengeld kompensiert worden sei. Damit erhalte die Betriebsrente den Charakter einer eigenständigen Versorgungsleistung. Sie sei im Falle des Klägers auf das Altersrisiko und nicht auf das Arbeitslosigkeitsrisiko zugeschnitten.
Hiergegen hat der Kläger am 25. Oktober 2018 Klage erhoben. Für die Eigenschaft als Versorgungsbezug sei auf den Eintritt in die gesetzliche Rente abzustellen und nicht etwa auf ein übliches Alter. 60 Jahre seien zudem kein typisches Renteneintrittsalter. Die Zahlung sei nicht mit einer Altersrente vergleichbar.
Mit Urteil vom 24. Juni 2021 hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der vom Kläger zur Überprüfung gestellte Beitragsbescheid vom 31. Januar 2018 sei rechtmäßig. Die seit 1. Februar 2017 bezogene Betriebsrente stelle eine beitragspflichtige Einnahme im Sinne von § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V dar. Es handele sich um eine Versorgungs- und um keine bloße Überbrückungsleistung. Denn die Betriebsrente habe hier der Sicherung des Lebensstandards nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsleben dienen sollen. Unter Berücksichtigung der vom Bundessozialgericht in der Entscheidung B 12 KR 12/15 R gebildeten Maßstäbe habe eine Überbrückungsfunktion bei der Betriebsrente nicht im Vordergrund gestanden. So sei insbesondere dem dreiseitigen Aufhebungsvertrag vom Februar 2016 keine bloße Überbrückungsfunktion der Leistungen der F zu entnehmen. Vielmehr sei die Betriebsrente unbedingt in Aussicht gestellt worden.
Gegen das ihm am 25. Juni 2021 zugestellte Urteil hat der Kläger am 19. Juli 2021 Berufung eingelegt. Entscheidungserheblich sei, ob eine Beitragserhebung auf die Betriebsrente erfolgen dürfe, so lange diese parallel zum Bezug von Arbeitslosengeld und Krankengeld geleistet worden sei. Mit dem 1. Februar 2017 sei er noch nicht aus dem Erwerbsleben ausgeschieden, sondern habe im Rahmen des Bezuges von Arbeitslosengeld dem Arbeitsmarkt zur Verfügung gestanden. Die Leistungen der F seien nicht am Ausscheiden aus dem Erwerbsleben orientiert, sondern erfüllten mehr eine Abfindungs- und Überbrückungsfunktion. Eine Anrechnung erfolge erst ab dem Bezug von Altersrente. Selbst Erwerbseinkommen sei unschädlich. Die Betriebsrente habe einen starken Bezug zum alten Arbeitsverhältnis und weniger zum Rentenbeginn. Die einschlägige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zur Abgrenzung von Versorgungsleistungen zu Leistungen mit bloßer Überbrückungsfunktion habe das Sozialgericht nicht hinreichend beachtet. Eine Überbrückungsfunktion komme den Leistungen der F gerade deshalb zu, weil der Arbeitsplatzverlust betriebsbedingt eingetreten und nicht vom Kläger verschuldet sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 24. Juni 2021 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19. Juli 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Oktober 2018 aufzuheben und die Beklagten zu verurteilen, den Beitragsbescheid vom 31. Januar 2018 aufzuheben.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie halten die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Der Beitragsbescheid vom 3. März 2017 sei nie zur Überprüfung gestellt worden und daher nicht Gegenstand des Verfahrens.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen, der, soweit wesentlich, Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung war.
Entscheidungsgründe
Der Senat durfte über die Berufung des Klägers in Abwesenheit der Beklagten entscheiden, denn deren Ladung zur mündlichen Verhandlung enthielt einen entsprechenden Hinweis (§ 110 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Die Berufung des Klägers ist zulässig und begründet. Der streitige Überprüfungsbescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, denn der Beitragsbescheid der Beklagten vom 31. Januar 2018 ist seinerseits rechtswidrig, weshalb die Beklagten zu verurteilen sind, diesen Beitragsbescheid mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen (§ 44 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch, SGB X).
Gegenstand des Überprüfungsverfahrens bzw. des Rechtsstreits ist nicht der Beitragsbescheid vom 3. März 2017, der die dem Kläger von der F gewährten Leistungen für den Zeitraum 1. Februar 2017 bis 31. Dezember 2017 der Beitragspflicht unterwirft, denn auf diesen Bescheid bezog sich der Überprüfungsantrag nach § 44 Abs. 1 SGB X vom 25. Mai 2018 nicht; ein auf das Jahr 2017 bezogener Überprüfungsantrag wurde vielmehr erst im Laufe des Berufungsverfahren gestellt. Die Beklagten werden aber die Bescheidung des auf den Beitragsbescheid vom 3. März 2017 bezogenen Überprüfungsantrages am rechtskräftigen Ausgang des vorliegenden Verfahrens zu orientieren haben.
Die dem Kläger von seiner früheren Arbeitgeberin in Gestalt des F e.V. aufgrund einer Direktzusage zugewandten, als „Betriebsrente“ (Aufhebungsvertrag vom Februar 2017) bzw. „Versorgungsleistung“ (Nr. 2.b der Versorgungsregelung) bezeichneten laufenden Geldzahlungen sind bis zum Eintritt in die gesetzliche Rente keine Versorgungsbezüge in Form einer Rente der betrieblichen Altersversorgung, auf die Krankenversicherungsbeiträge zu erheben sind.
Nach § 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) wird bei versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung in der GKV der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen (Versorgungsbezüge) zugrunde gelegt. Das gilt gemäß § 232a Abs. 3 SGB V entsprechend bei Personen, die wie der Kläger im hier relevanten Zeitraum Arbeitslosengeld nach § 136 Abs. 1 SGB III beziehen. Als der Rente vergleichbare Einnahmen in diesem Sinne gelten nach § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V auch „Renten der betrieblichen Altersversorgung“, soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden.
Grundsätzlich sind die Leistungen, die der Kläger seit dem 1. Februar 2017 seitens des F e.V. erhält, geeignet, als Rente der betrieblichen Altersversorgung im Sinne von § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V angesehen zu werden.
Wesentliche Merkmale einer solchen Rente sind ein Zusammenhang zwischen dem Erwerb dieser Rente und der früheren Beschäftigung sowie ihre Einkommens-Ersatzfunktion. Leistungen sind u.a. dann der betrieblichen Altersversorgung zuzurechnen, wenn sie die Versorgung des Arbeitnehmers im Alter bezwecken, also der Sicherung des Lebensstandards nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Erwerbsleben dienen sollen. Durch diese Zwecksetzung unterscheidet sich die betriebliche Altersversorgung von sonstigen Zuwendungen des Arbeitgebers, etwa solchen zur Überbrückung erwarteter Arbeitslosigkeit oder Abfindungen für den Verlust des Arbeitsplatzes (vgl. zum Vorstehenden und zum Folgenden Bundessozialgericht, Urteil vom 20. Juli 2017, B 12 KR 12/15 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 13ff.).
Die im Einzelfall schwierige Abgrenzung zwischen der beitragsrelevanten Eigenschaft als „Rente der betrieblichen Altersversorgung“ und einer bloßen „Überbrückungsleistung“ ist zur Überzeugung des Senats im Falle des Klägers so zu treffen, dass die Leistungen des F e.V. im streitigen Zeitraum, der vor dem Eintritt in die gesetzliche Altersrente liegt, als nicht beitragspflichtige „Überbrückungsleistung“ anzusehen sind.
Für den rechtlichen Rahmen, innerhalb dessen die fallentscheidende Bewertung des Sachverhalts anzustellen ist, folgt der Senat nach eigener Sachprüfung der Rechtsprechung des 12. Senats des Bundessozialgerichts in der bereits zitierten Entscheidung vom 20. Juli 2017, die auch die Beteiligten in unterschiedlicher Weise zur Begründung ihres jeweiligen Standpunktes herangezogen haben. Danach gilt Folgendes:
Für die Abgrenzung von „Übergangsleistungen“, die nicht der Beitragsbemessung in der GKV zugrunde zu legen sind, von Leistungen des Arbeitgebers, die der betrieblichen Altersversorgung zuzurechnen sind, sind nicht die subjektiven Vorstellungen und Beweggründe der Arbeitsvertragsparteien entscheidend; vielmehr ist auf den objektiven Inhalt der Leistung zu blicken sowie auf den vereinbarten Leistungsbeginn.
So ist zum einen die Eigenschaft als Versorgungsbezug zu verneinen, wenn bei der Zusage von Überbrückungsleistungen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses für den Leistungsbeginn auf ein Lebensalter abgestellt wird, das nach der Verkehrsanschauung typischerweise nicht schon als Beginn des Ruhestands gelten kann, und wenn diese Zuwendung bis zum Eintritt in den gesetzlichen Ruhestand befristet ist. Ein solcher Fall liegt hier allerdings nicht vor, denn der Kläger erhält die Leistungen des F e.V. auch nach dem Eintritt in die Regelaltersrente, wenn auch nach den Anrechnungsregeln aus Nr. 2 b) Abs. 3 der Versorgungsregelung (die Gesamtversorgung, bestehend aus Versorgungsleistung und anrechenbarer gesetzlicher Rentenversicherung, wird auf 75 Prozent der pensionsfähigen Bezüge begrenzt).
Zum anderen – das hat das Bundessozialgericht in der Entscheidung zu B 12 KR 12/15 R, dort Rdnr. 15ff. neu entwickelt und dieser Fall liegt hier vor – sind auch unbefristete Leistungen, die ein Arbeitgeber an Arbeitnehmer nach Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis anfänglich mit Überbrückungsfunktion auch über den Renteneintritt hinaus zahlt, zunächst keine Versorgungbezüge; allerdings sind sie (was hier zu Recht nicht streitig ist) ab dem Zeitpunkt des Renteneintritts, spätestens ab Erreichen der Regelaltersgrenze, als beitragspflichtige Versorgungsbezüge anzusehen. Die Begründung für die extensive Zubilligung einer nicht beitragsrelevanten Überbrückungsfunktion hat das Bundessozialgericht aus einer grundrechtsbezogenen Sichtweise abgeleitet (Rdnr. 16):
Gegen eine Beitragsbemessung unter Einbeziehung unbefristeter, auch über den Renteneintritt hinaus gezahlter Leistungen mit anfänglicher Überbrückungsfunktion spricht danach zunächst der mit der Versicherungspflicht und Beitragserhebung in der GKV verbundene Eingriff in das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art 2 Abs. 1 GG). Dieser Eingriff ist dem Gebot der grundrechtsschonenden Auslegung entsprechend bei der Bestimmung des beitragsrechtlichen Begriffs des Versorgungsbezugs möglichst gering zu halten. Im Hinblick hierauf verbietet es sich, Überbrückungsleistungen allein deshalb als Versorgungsbezug einzuordnen, weil sie auf einer Versorgungsordnung beruhen, die - wie vorliegend - im Übrigen (auch) Leistungen mit Versorgungsfunktion regelt. Zugleich kann eine der Form nach undifferenzierte Leistung mit anfänglichem Überbrückungszweck nicht allein deshalb insgesamt als beitragspflichtiger Versorgungsbezug betrachtet werden, weil zu einem späteren Zeitpunkt die Überbrückungsfunktion durch eine Versorgungsfunktion abgelöst wird. Für eine differenzierende Betrachtung solch undifferenzierter Leistungen spricht bereits der Wortlaut des § 229 Abs. 1 Satz 1 SGB V. Denn danach gelten auch Renten der betrieblichen Altersversorgung im Sinne der Nr. 5 dieses Satzes nur als der Rente vergleichbare Einnahme (= Versorgungsbezug), „soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden“.
Umgekehrt wäre es mit Wortlaut und Zweck (Gleichstellung von Beziehern gesetzlicher und betrieblicher Renten) des § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V nicht vereinbar, solche Leistungen auch über den Zeitpunkt des individuellen Renteneintritts oder das Erreichen der Regelaltersgrenze hinaus beitragsfrei zu belassen. Denn spätestens zu diesen Zeitpunkten hat sich der ursprüngliche Leistungszweck, die Zeit bis zum Beginn der gesetzlichen Rente zu überbrücken, erledigt. Die Zahlung hat nunmehr den Charakter einer die gesetzliche Rente ergänzenden Versorgung, die ihren Ursprung in einer Regelung/Zusage des Arbeitgebers hat, weshalb sie als Rente der betrieblichen Altersversorgung im Sinne von § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V zu qualifizieren ist. Zugleich sind der Beginn des tatsächlichen Rentenbezugs sowie die gesetzlich festgelegte Regelaltersgrenze einfach festzustellende Merkmale, an welche die Krankenkassen im Rahmen der Massenverwaltung für das Ende der Beitragsfreiheit solcher Leistungen anknüpfen können.
In Anwendung dieser höchstrichterlich entwickelten Grundsätze stellen die dem Kläger mit dem Aufhebungsvertrag in Verbindung mit der Versorgungsregelung in Aussicht gestellten monatlichen Leistungen nach dem Auslaufen der Zwischenbeschäftigung bei der w-P GmbH erst ab Beginn der Altersrente des Klägers am 1. November 2019 - also erst nach Ende des streitigen Zeitraums - eine Einnahme dar, die im Sinne von § 229 Abs. 1 Satz 1 SGB V „zur Altersversorgung erzielt“ wird. Dies folgt aus dem Inhalt des Aufhebungsvertrages vom Februar 2016, der Versorgungsregelung sowie des Schreibens vom 22. Februar 2017, mit dem die Leistungen ab 1. Februar 2017 bewilligt wurden.
Dem steht nicht entgegen, dass die dem Kläger in der Versorgungsregelung zugesagte Versorgung im Hinblick auf Leistungsvoraussetzungen und Sicherungszweck eine starke Übereinstimmung mit Renten der gesetzlichen Rentenversicherung aufweist und ein Zusammenhang zwischen dem Erwerb dieser Leistung und der früheren Beschäftigung außer Frage steht.
Eine Rentenähnlichkeit besteht nämlich nicht bei dem Leistungsfall, wie Nr. 2b) Abs. 1 der Versorgungsregelung ihn für den Fall umschreibt, dass „das Beschäftigungsverhältnis auf Veranlassung der Firma beendet wird“; das ist vorliegend erfüllt, denn der Aufhebungsvertrag wurde ausdrücklich aus betrieblichen, in der Sphäre des Arbeitgebers liegenden Gründen geschlossen. Hier besteht ein Anspruch auf die betriebliche Versorgung, sofern eine Wartezeit von zehn Dienstjahren erfüllt und das 55. Lebensjahr vollendet ist. In diesem Fall steht eine Überbrückungsfunktion der Leistung im Vordergrund, die ihre Qualifikation als Versorgungsbezug zunächst ausschließt.
Dies folgt für den Fall des Klägers zunächst aus dem deutlich vor dem gesetzlichen Rentenalter liegenden Leistungsbeginn; nach der im Jahre 2017 geltenden Rechtslage (§ 235 SGB VI) lag das Eintrittsalter in die Regelaltersrente bei 1956 geborenen Versicherten bei 65 Jahren und zehn Monaten. Soweit sich die Beklagten darauf berufen, dass bei älteren Arbeitnehmern die Gefahr besonders hoch sei, nach Verlust des Arbeitsplatzes bis zum Eintritt in den Ruhestand keine neue Beschäftigung zu finden, begründet dies keine Vermutung einer Versorgungsfunktion schon deutlich vor diesem Zeitpunkt beginnender Leistungen. Denn das Risiko der Arbeitslosigkeit steht den in § 229 Abs. 1 Satz 1 Teils 1 SGB V genannten Leistungszwecken – Einschränkung der Erwerbsfähigkeit, Alters- oder Hinterbliebenenversorgung – nicht gleich. Solange der Versicherte dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht – wie hier der Kläger während seines Bezuges von Arbeitslosengeld seit dem 1. Februar 2017 –, liegt gerade noch kein Ausscheiden aus dem Erwerbsleben vor. Vielmehr spricht der Gesichtspunkt einer drohenden längeren Arbeitslosigkeit gerade für die Überbrückungsfunktion einer Leistung, die geeignet ist, den Entgeltausfall nach Verlust des Arbeitsplatzes oder ein geringeres Entgelt aus einer neuen Beschäftigung (teilweise) auszugleichen (so ausdrücklich Bundessozialgericht, a.a.O:, Rdnr. 21). Die Leistungsgewährung war zudem unmittelbar abhängig von einer Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses auf Veranlassung des vormaligen Arbeitgebers, was ebenfalls ein Zeichen dafür ist, dass die Folge der arbeitgeberseitig forcierten Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses finanziell abgefedert werden sollte.
Für eine (anfängliche) Überbrückungsfunktion der dem Kläger gewährten Betriebsrente spricht schließlich der im Bewilligungsschreiben vom 22. Februar 2017 enthaltene Hinweis auf Anrechnungsregelungen bzw. eine Neuberechnung der Betriebsrente bei Eintritt in die gesetzliche Rente. Zwischen der anfänglichen Überbrückungsfunktion der dem Kläger bewilligten „Betriebsrente“ und deren Ablösung durch eine Versorgungfunktion bei Beginn einer gesetzlichen Rente liegt eine klare Zäsur, auf die der Kläger schon mit dem Bewilligungsschreiben vom 22. Februar 2017 hingewiesen worden ist. Während die Betriebsrente zu Zeiten ihrer Überbrückungsfunktion in voller Höhe zu beanspruchen war, griff mit dem Beginn der gesetzlichen Rente die Anrechnungsregelung aus Nr. 2 b) Abs. 3 der Versorgungsregelung, wonach die Gesamtversorgung auf 75 Prozent der pensionsfähigen Bezüge begrenzt war, was eine Neuberechnung der Betriebsrente auf Grundlage des vorzulegenden Rentenbescheides erforderlich machte.
Ohne Bedeutung ist schließlich, dass die dem Kläger gewährte Leistung in den Versorgungsbestimmungen als „Altersrente“ bzw. „Versorgung“ und im Aufhebungsvertrag als „Betriebsrente“ bezeichnet wird. Denn die Qualität einer Arbeitgeberleistung ist ausschließlich objektiv zu bestimmen und der Disposition der Arbeitsvertragsparteien insoweit entzogen (Bundessozialgericht, a.a.O., Rdnr. 23).
Nach alledem ist die Erhebung von Krankenversicherungsbeiträgen auf die Leistungen der F rechtswidrig, was sich nach § 57 Abs. 1 Satz 1 SGB XI auch auf die Beiträge zur Pflegeversicherung erstreckt. Hieraus folgt ein Anspruch des Klägers auf rückwirkende Aufhebung des Beitragsbescheides vom 31. Januar 2018, § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht, § 160 Abs. 2 SGG.