Bei der Staatlichen Hauptlastverteilung beim Ministerium für Kohle und Energie der DDR handelte es sich weder um einen volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens noch um einen gleichgestellten Betrieb.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. Mai 2022 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, die Zeit vom 1. Juni 1975 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (iF AVItech) einschließlich der dabei erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Der geborene Kläger erwarb 1970 das Recht, die Berufsbezeichnung Ingenieur zu führen. 1976 erhielt er das Recht, die Berufsbezeichnung Hochschulingenieur zu führen. Im Jahr 1978 wurde ihm der akademische Grad eines Diplom-Ingenieurs verliehen.
In der Zeit vom 1. Juni 1975 bis zum 30. Juni 1990 arbeitete der Kläger als Mitarbeiter für technische Methoden und Problemanalysen bei der Staatlichen Hauptlastverteilung beim Ministerium für Kohle und Energie der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) (iF HLV).
Die Staatliche HLV entstand aufgrund eines Beschluss des Ministerrats der DDR vom 19. September 1972 (02-35/I.2/72). Dieser sah vor, die HLV in Form einer Haushaltsorganisation als nachgeordnete Einrichtung des Ministeriums für Kohle und Energie aus dem Bereich Hauptlastverteilung und Absatz der VVB Kraftwerke zu bilden. Die Anordnung über die Lastverteilung von Elektroenergie vom 6. November 1972 (Gesetzblatt der DDR, Teil II Nr. 66, vom 23. November 1972; iF Lastverteilerordnung) enthielt sodann folgende Regelungen zur Lastverteilung in der DDR:
§ 1
(1) Die Lastverteilung von Elektroenergie hat auf der Grundlage der Bilanzen die planmäßige und kontinuierliche Versorgung der Volkswirtschaft und der Bevölkerung mit Elektroenergie zu gewährleisten. (…)
(2) Organe der Lastverteilung sind:
1. die Staatliche Hauptlastverteilung (HLV),
2. die Bereichslastverteilungen (BLV)
3. die Industrielastverteilungen (ILV)
4. die Netzbefehlsstellen (NBS)
5. Schaltkommandostellen (SKSt), Umspannwerke und Kraftwerke, soweit sie Aufgaben der Steuerung und Regelung wahrzunehmen haben.
§ 2
(1) Die Staatliche Hauptlastverteilung steuert, regelt und überwacht im Auftrag des Ministeriums für Kohle und Energie das Elektroenergieverbundsystem der Deutschen Demokratischen Republik (Gesamtheit aller Erzeugungs- und Fortleitungsanlagen für Elektroenergie) und koordiniert dessen Fahrweise mit den Vereinigten Energiesystemen der sozialistischen Länder.
(2) Sie hat dazu insbesondere folgende Aufgaben:
1. Steuerung des Einsatzes der Elektroenergieerzeugungsanlagen;
2. Festlegung des Schaltzustandes des Elektroenergieverbundsystems;
3. Festlegung der Einstellung der von ihr auszuwählenden Schutz- und Regeleinrichtungen von Elektroenergieanlagen in allen Spannungsebenen > 1 kV;
4. Genehmigung planmäßiger und operativer Außerbetriebnahmen und Inbetriebnahmen von Hauptausrüstungen des Elektroenergieverbundsystems;
5. Zustimmung zu Versuchen in Elektroenergieerzeugungs- und fortleitungsanlagen, die die Versorgungszuverlässigkeit des Elektroenergieverbundsystems beeinflussen können;
6. Erfassung, Dokumentation, Verdichtung, Analyse und Auswertung von Betriebsdaten des Elektroenergieverbundsystems;
7. Erfassung besonderer Vorkommnisse in allen Elektroenergieerzeugungs- und fortleitungsanlagen und deren Behandlung entsprechend der Meldeordnung;
8. Aufruf von Versorgungsstufen und Anweisung von Spannungsabsenkungen nach Einholung der Entscheidung des Ministers für Kohle und Energie;
9. Anweisungen von Gefahrenabschaltungen. (…)
§ 8
(1) Die Staatliche Hauptlastverteilung wird mit Wirkung vom 1. Januar 1973 gebildet. Sie ist dem Ministerium für Kohle und Energie nachgeordnet. (…)
§ 9
(1) Die Staatliche Hauptlastverteilung wird vom Hauptlastverteiler geleitet. Er ist dem Minister für Kohle und Energie für die gesamte Tätigkeit der Staatlichen Hauptlastverteilung verantwortlich und rechenschaftspflichtig. (…)
§ 12
(1) Die Bereichslastverteilungen sind Teile der Energieversorgungsbetriebe. Die Leiter der Bereichslastverteilungen werden auf Vorschlag oder mit vorheriger Zustimmung des Hauptlastverteilers vom Direktor des Energieversorgungsbetriebes berufen und abberufen. (…)
§ 13
Die im § 1 Abs. 2 Ziffern 4 und 5 genannten Organe der Lastverteilung sind Teile sozialistischer Industriebetriebe. (…)
§ 17
Bis zum 31. Dezember 1972 werden die Aufgaben, Rechte und Pflichten der Staatlichen Hauptlastverteilung vom Direktionsbereich Hauptlastverteilung der VVB Kraftwerke wahrgenommen.
Der Kläger erhielt keine Versorgungszusage der AVItech und war zu Zeiten der DDR nicht in ein Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (iF AAÜG) einbezogen.
Am 7. März 2016 beantragte der Kläger die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften aus der AVItech hinsichtlich der Zeit vom 1. Juni 1975 bis zum 30. Juni 1990. Die persönliche, die sachliche und auch die betriebliche Voraussetzung für die Überführung lägen vor. Die HLV sei ein den volkseigenen Produktionsbetrieben gleichgestellter Betrieb i.S.v. § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (iF VO AVItech) i.V.m. § 1 Abs. 2 der Zweiten Durchführungsbestimmung zur VO AVItech (iF 2. DB). In mehreren Verfahren vor dem Sozialgericht seien Anerkenntnisse in Bezug auf die HLV abgegeben worden.
Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 10. August 2016 ab. Die betriebliche Voraussetzung sei nicht erfüllt.
Den dagegen erhobenen Widerspruch begründete der Kläger damit, dass nach § 2 Abs. 3 des Energiewirtschaftsgesetzes 1998 Energieversorgungsunternehmen alle Unternehmen und Betriebe seien, die andere mit Energie versorgten oder ein Netz für die allgemeine Versorgung betrieben. Die HLV sei für das Betreiben des Elektroenergieverbundsystems der DDR in seiner Gesamtheit (Erzeugung, Übertragung, Verteilung) als nationaler Lastverteiler verantwortlich gewesen. Die HLV sei verpflichtet gewesen, die Versorgung der Volkswirtschaft und der Bevölkerung mit Elektroenergie zu gewährleisten und die Verpflichtungen im internationalen Verbundbetrieb wahrzunehmen. Im Fall von Netz- und Kraftwerksstörungen habe die HLV Maßnahmen ergreifen müssen, um die Ausweitung von Störungen zu verhindern oder zu beseitigen und den gestörten Systembereich möglichst schnell wieder zu versorgen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24. November 2016 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger habe keine Versorgungsanwartschaft i.S.d. § 1 Abs. 1 AAÜG erworben. Er sei nicht in ein Versorgungssystem der Anlagen 1 oder 2 zum AAÜG einbezogen gewesen. Ebenso wenig liege ein Fall der nachträglichen Rehabilitierung vor. Ein Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage habe zum Stichtag 30. Juni 1990 ebenfalls nicht bestanden, da die betriebliche Voraussetzung hierfür nicht vorgelegen habe. Die HLV sei als leitende staatliche Einrichtung im Bereich der Energieversorgungswirtschaft kein Produktionsbetrieb i.S.d. § 1 Abs. 1 der 2. DB gewesen. Auch um eine gleichgestellte Einrichtung i.S.d. § 1 Abs. 2 der 2. DB habe es sich bei ihr nicht gehandelt. Sie sei insbesondere kein gleichgestellter Energieversorgungsbetrieb gewesen, da die HLV als operatives Steuerungsorgan für die Verteilung von Elektroenergie im Stromnetz der DDR selbst weder Gas noch Wasser oder Elektroenergie leitungsgebunden an Konsumenten geliefert habe. Operative Steuerungsorgane seien in der vollständigen Auflistung des § 1 Abs. 2 der 2. DB nicht enthalten. Soweit der Zusatzversorgungsträger in gleich gelagerten Fällen Zeiten der Zugehörigkeit zur AVItech anerkannt habe, könne aus einer möglicherweise fehlerhaft ergangenen Entscheidung kein Anspruch auf Gleichbehandlung hergeleitet werden.
Dagegen hat der Kläger am 22. Dezember 2016 Klage erhoben. Er hat zur Begründung ausgeführt: Strittig sei allein die Einordnung der HLV in die 2. DB. Bei der HLV handele es sich um einen gleichgestellten Betrieb i.S.v. § 1 Abs. 2 der 2. DB. Sie sei unter die Energieversorgungsbetriebe zu fassen, da sie den Energiefluss sowie die Erzeugung und den Verbrauch von Elektroenergie gesteuert habe. Dies ergebe sich insbesondere aus der Anordnung über Lastverteilung von Elektroenergie. Die HLV sei verpflichtet gewesen, die Versorgung der Volkswirtschaft und der Bevölkerung mit Energie zu gewährleisten. Ein Ausfall der HLV hätte zu einem Totalzusammenbruch des Energienetzes und somit des Energietransportes geführt. Die HLV sei die zentrale Verteilungsstelle der Energieversorgung gewesen. Sie habe über die Energielenkung und somit die Stromführung aus den Kraftwerken zu den einzelnen Verbrauchern insgesamt entschieden. Bereits der Reichslastverteiler sei immanenter Bestandteil der Elektroenergieversorgung gewesen. Unter Energieversorgung im Sinne der 2. DB sei keineswegs nur die direkte Energieerzeugung im Sinne einer Produktion zu verstehen. Wer verteile, liefere auch. In § 13 der Lastverteilerordnung werde klargestellt, dass die HLV nach § 1 Abs. 2 Teil eines Industriebetriebs sei. Auch nach bundesdeutschen Standards – dem Energiewirtschaftsgesetz – seien Energieversorgungsunternehmen alle Unternehmen, die andere mit Energie versorgen oder ein Netz für die allgemeine Versorgung betreiben. Darüber hinaus sei die HLV unter den Begriff der Hauptverwaltung i.S.v. § 1 Abs. 2 der 2. DB zu fassen. In gleichgelagerten Verfahren habe die Beklagte Ansprüche anerkannt.
Dem hat die Beklagte ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren entgegengehalten. Die Beklagte habe im August 2016 ihre Rechtsauffassung zur HLV geändert. Daraus könne der Kläger jedoch nichts herleiten. Es bestehe kein Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 18. Mai 2022 abgewiesen und zur Begründung angegeben: Der Kläger habe keinen Anspruch aus § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, denn bei ihm sei bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1. August 1991 kein Versorgungsfall eingetreten. Er sei auch nicht Inhaber einer Versorgungsanwartschaft, da er am 30. Juni 1990 keinen Anspruch auf die Erteilung einer Versorgungszusage gehabt habe. Die betriebliche Voraussetzung der 2. DB sei nicht erfüllt. Bei der HLV habe es sich nicht um einen Produktionsbetrieb gehandelt. Sie habe keine Energie zur Versorgung der Bevölkerung produziert, sondern allein die Menge der bereits produzierten Energie entsprechend der aktuellen Bedarfssituation gesteuert. Die HLV sei auch kein gleichgestellter „Versorgungsbetrieb“ i.S.v. § 1 Abs. 2 der 2. DB gewesen, da sie keine Abnehmer (Konsumenten/Endverbraucher) mit Elektroenergie beliefert habe. Endverbraucher hätten mit der HLV keinen Energielieferungsvertrag schließen können. Auf das bundesdeutsche Energiewirtschaftsgesetz könne sich der Kläger nicht berufen, weil dieses nicht den Sprachgebrauch der DDR wiedergebe. Die HLV sei auch keine „Hauptverwaltung“ i.S.v. § 1 Abs. 2 der 2. DB gewesen. Sie sei keine Fachabteilung eines Ministeriums gewesen, sondern eine dem Ministerium nachgeordnete Behörde und selbständiges Steuerungsorgan. Etwaige Anerkenntnisse der Beklagten in anderen sozialgerichtlichen Verfahren seien unerheblich.
Gegen das ihm am 27. Mai 2022 zugestellte Urteil hat der Kläger am 20. Juni 2022 Berufung eingelegt. Die dem Urteil zugrunde liegende Auffassung widerspreche sachlicher Logik. Versorgungsbetriebe stellten ein System dar. Dieses System sei nur in seiner Gesamtheit funktionsfähig. Zwar habe die HLV weder Energie erzeugt, noch Energie abgeliefert, sie habe jedoch den gesamten Energiefluss bis zum Verbraucher gesteuert. Die Lastverteiler seien eigentlich die sensibelsten Knotenpunkte in der Versorgung. Im Übrigen stelle die HLV eine Hauptverwaltung dar. Sie sei die Hauptverwaltung der Elektro-Energieströme in der DDR gewesen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 18. Mai 2022 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 10. August 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. November 2016 zu verpflichten, die Zeiten vom 1. Juni 1975 bis 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zur Zusatzversorgung der technischen Intelligenz sowie das in dieser Zeit tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Verwaltungs- und Gerichtsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Senat konnte verhandeln und entscheiden, obwohl die Beklagte im Verhandlungstermin nicht erschienen ist. Sie ist auf diese Möglichkeit in der Ladung hingewiesen worden.
Die Berufung hat keinen Erfolg.
Die gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte sowie nach § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht einen Anspruch des Klägers auf Feststellung der Zeit vom 1. Juni 1975 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVItech einschließlich der dabei erzielten Arbeitsentgelte verneint. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 10. August 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. November 2016 ist rechtmäßig.
Anspruchsgrundlage für die begehrten Feststellungen ist § 8 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 Nr. 1 AAÜG. Danach hat die Beklagte als Versorgungsträger für die Zusatzversorgungssysteme der Anlage 1 bis 27 dem Berechtigten durch Bescheid unter anderem die Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem und das hieraus tatsächlich erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen mitzuteilen (vgl. BSG, Urteil vom 19. Juli 2011, B 5 RS 3710 R, zitiert nach juris, Rn. 12). Allerdings hat der Versorgungsträger diese Daten nur festzustellen, wenn das AAÜG anwendbar ist (vgl. LSG Sachsen, Beschluss vom 6. November 2023, L 7 R 421/23 ZV, zitiert nach juris, Rn. 19).
Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt das Gesetz für Ansprüche und Anwartschaften, die aufgrund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen (Versorgungssysteme i.S.d. Anlagen 1 und 2) im Beitrittsgebiet erworben worden sind. Soweit die Regelungen der Versorgungssysteme einen Verlust der Anwartschaften bei einem Ausscheiden aus dem Versorgungssystem vor dem Leistungsfall vorsahen, gilt dieser Verlust als nicht eingetreten (Satz 2), sodass das AAÜG auch in diesem Fall Geltung beansprucht.
Ausgehend davon wird der Kläger vom persönlichen Anwendungsbereich des AAÜG nicht erfasst und besteht der geltend gemachte Anspruch nicht:
I) Einen „Anspruch“ auf Versorgung i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG hat der Kläger schon deshalb nicht erworben, weil bei ihm bis zum Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1. August 1991 kein Versorgungsfall (Alter, Invalidität) eingetreten ist (vgl. BSG, Urteil vom 19. Juli 2011, B 5 RS 3710 R, zitiert nach juris, Rn. 14; LSG Sachsen, Beschluss vom 6. November 2023, L 7 R 421/23 ZV, zitiert nach juris, Rn. 21). Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
II) Der Kläger war bei Inkrafttreten des AAÜG auch nicht Inhaber einer bestehenden „Anwartschaft“ i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG. Denn er war weder aufgrund eines Einzelvertrags (§ 1 Abs. 3 der 2. DB), noch durch eine Versorgungszusage (§ 3 Abs. 5 der 2. DB) oder durch eine Rehabilitierungsentscheidung auf Grund von Art. 17 des Einigungsvertrages in die AVItech einbezogen (vgl. BSG, Urteil vom 19. Juli 2011, B 5 RS 3710 R, zitiert nach juris, Rn. 14; LSG Sachsen, Beschluss vom 6. November 2023, L 7 R 421/23 ZV, zitiert nach juris, Rn. 22). Auch dies ist zwischen den Beteiligten nicht streitig.
III) Der Tatbestand der gesetzlich fingierten Anwartschaft des § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG ist ebenfalls nicht erfüllt, weil der Kläger in der DDR nie konkret in ein Versorgungssystem einbezogen war und diese Position deshalb später auch nicht wieder verloren hat (vgl. BSG, Urteil vom 19. Juli 2011, B 5 RS 3710 R, zitiert nach juris, Rn. 14; LSG Sachsen, Beschluss vom 6. November 2023, L 7 R 421/23 ZV, zitiert nach juris, Rn. 22). Dies ist ebenso unstreitig.
IV) Schließlich war der Kläger am 1. August 1991 auch nicht Inhaber einer fingierten Versorgungsanwartschaft i.S.d. vom Bundessozialgericht vorgenommenen erweiternden Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG (vgl. BSG, Urteil vom 10. April 2002, B 4 RA 10/02 R, zitiert nach juris, Rn. 16 ff.):
1) Danach ist bei Personen, die am 30. Juni 1990 in ein Versorgungssystem nicht einbezogen waren und die nachfolgend auch nicht aufgrund originären Bundesrechts einbezogen wurden, zu prüfen, ob sie aus der Sicht des am 1. August 1991 gültigen Bundesrechts nach den am 30. Juni 1990 gegebenen Umständen einen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten (vgl. auch LSG Sachsen, Beschluss vom 6. November 2023, L 7 R 421/23 ZV, zitiert nach juris, Rn. 22). Ob nach dem am 1. August 1991 geltenden Bundesrecht auf Grund der am Stichtag 30. Juni 1990 gegebenen tatsächlichen Umstände eine solche fingierte Versorgungsanwartschaft besteht, hängt im Bereich der AVItech gemäß § 1 VO AVItech und der 2. DB von drei Voraussetzungen ab, die kumulativ vorliegen müssen, nämlich (1) von der Berechtigung, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung), (2) von der Ausübung einer entsprechenden Tätigkeit (sachliche Voraussetzung), und zwar (3) in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens i.S.v. § 1 Abs. 1 der 2. DB oder in einem durch § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung) (vgl. zum Ganzen BSG, Urteil vom 10. April 2002, B 4 RA 10/02 R, zitiert nach juris, Rn. 17 ff.; BSG, Urteil vom 19. Juli 2011, B 5 RS 3710 R, zitiert nach juris, Rn. 16).
2) Im vorliegenden Fall ist – wie von der Beklagten und vom Sozialgericht zutreffend erkannt wurde – die betriebliche Voraussetzung hinsichtlich der streitigen Tätigkeit in der HLV nicht erfüllt.
a) Bei der Staatlichen HLV, die nach den Eintragungen im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung maßgebliche Arbeitgeberin des Klägers im rechtlichen Sinn war (vgl. LSG Sachsen, Beschluss vom 6. November 2023, L 7 R 421/23 ZV, zitiert nach juris, Rn. 32), handelte es sich nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens i.S.v. § 1 Abs. 1 der 2. DB. Hierunter fallen nur Produktionsdurchführungsbetriebe, die ihr Gepräge durch die Massenproduktion erhalten haben (vgl. BSG, Urteil vom 19. Juli 2011, B 5 RS 7/10 R, zitiert nach juris, Rn. 24; vgl. auch LSG Sachsen, Beschluss vom 6. November 2023, L 7 R 421/23 ZV, zitiert nach juris, Rn. 33: Hauptzweck muss die „serienmäßige Produktion von Sachgütern im Bereich der Industrie oder die massenhafte Errichtung von baulichen Anlagen“ gewesen sein). Hauptzweck der Staatlichen HLV war – wovon auch der Kläger ausgeht – nicht eine Massenproduktion, sondern die Steuerung, Regelung und Überwachung des Elektroenergieverbundsystems der DDR (vgl. § 2 Abs. 1 der Lastverteilerordnung vom 6. November 1972).
b) Die Staatliche HLV ist den volkseigenen Produktionsbetrieben auch nicht gemäß § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichzustellen. Insbesondere handelte es sich bei ihr entgegen der Rechtsauffassung des Klägers weder um einen „Versorgungsbetrieb (Gas, Wasser, Energie)“ (aa) noch um eine „Hauptverwaltung“ i.S.d. Vorschrift (bb).
aa) Zum Begriff „Versorgungsbetrieb (Energie)“ i.S.d. § 1 Abs. 2 der 2. DB hat das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 19. Juli 2011, B 5 RS 3/10 R, ausgeführt (zitiert nach juris, Rn. 19 ff.):
Was unter einem "Versorgungsbetrieb (Energie)" zu verstehen ist, ergibt sich auf Grund des EinigVtr Anl II Kap VIII Sachgebiet H Abschn III Nr 9 ("Regelungen") neben dem strikt zu beachtenden Wortlaut der Versorgungsordnung aus dem staatlichen Sprachgebrauch der DDR bei Schließung der Versorgungssysteme, an den der Bundesgesetzgeber am 3.10.1990 angeschlossen hat (BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 7 S 59). Der staatliche Sprachgebrauch erschließt sich - unabhängig von einer Überführung in Bundesrecht - insbesondere aus dem Kontext des einschlägigen Binnenrechts der DDR, dessen Auslegung damit nach einem bundesrechtlich objektivierten Verständnis - unabhängig also von der tatsächlichen Handhabung durch die DDR und ihrer Verwaltungspraxis - insofern ebenfalls Aufgabe des Revisionsgerichts ist. Bundesrecht sind zudem allgemeine Auslegungsgrundsätze, soweit sie Bundesrecht ergänzen (vgl BSGE 55, 115, 116 = SozR 1500 § 162 Nr 17; BVerwG Buchholz 310 § 132 VwGO Nr 133).
Das Verständnis der versorgungsrechtlichen Regelungen erschließt sich stets zunächst und so weit wie möglich unmittelbar aus sich heraus. Nur soweit der aus bundesrechtlicher Sicht objektivierte Wortlaut - nicht also die DDR-rechtliche Bewertung -, der interne Sinnzusammenhang und der historische Kontext noch Unklarheiten lassen, kann es zur Ergänzung der so gewonnenen Erkenntnisse und von ihnen ausgehend auf den sonstigen offiziellen Sprachgebrauch der DDR am Stichtag 30.6.1990 ankommen, soweit er einen versorgungsrechtlichen Bezug aufweist. Entwicklungen des Sprachgebrauchs sind daher nur insofern von Bedeutung, als sie sich auf Umstände beziehen, die ihrer Art nach bereits ursprünglich von den Versorgungsordnungen erfasst waren oder durch spätere Änderungen zu deren Bestandteil gemacht wurden (versorgungsrechtlicher Sprachgebrauch). Dagegen sind Entwicklungen des Sprachgebrauchs in sonstigen Bereichen, insbesondere dem Wirtschaftsrecht, ohne Bedeutung (BSG Urteil vom 9.4.2002 - B 4 RA 3/02 R - SozR 3-8570 § 1 Nr 7 S 61). Das bundesrechtliche Verständnis von einschlägigen Begriffen des Versorgungsrechts darf daher von vornherein nicht etwa in der Weise gewonnen werden, dass zunächst kontextunabhängig und ohne Beschränkung auf den versorgungsrechtlichen Zusammenhang nach einem offiziellen Sprachgebrauch der DDR am 30.6.1990 geforscht wird, um dann das Ergebnis dieser Bemühungen mit dem "Wortlaut" der einschlägigen versorgungsrechtlichen Regelungen gleichzusetzen und deren spezifisch versorgungsrechtlichen Anwendungsbereich hiernach zu bestimmen. Von Belang sind vielmehr allein Entwicklungen des versorgungsrechtlich relevanten Sprachgebrauchs. Einzelne Stimmen im Schrifttum basieren auf diesem methodischen Irrtum und vermögen daher auch den auf sie gestützten Revisionen nicht zum Erfolg zu verhelfen.
Den volkseigenen Produktionsbetrieben werden in § 1 Abs 2 der 2. DB ua "Versorgungsbetriebe (Gas, Wasser, Energie)" gleichgestellt. Der Begriff des Versorgungsbetriebes erfährt dabei Inhalt und Begrenzung durch den dreigliedrigen Klammerzusatz. Dieser kann seinerseits bruchlos im Sinn einer jeweils leitungsgebundenen Versorgung der Verbraucher dann verstanden werden, wenn man den dortigen Begriff der "Energie" entgegen seinem scheinbar weiten Inhalt im Sinne der Begrenzung auf elektrische Energie versteht. Dies vermeidet zugleich das logisch zweifelhafte Ergebnis, dass bei einem weiten Verständnis des Energiebegriffs die gesonderte Erwähnung von "Gas" überflüssig gewesen wäre. Eine Fortschreibung der einschlägigen versorgungsrechtlichen Regelungen, die damit ein abschließendes Verständnis aus Wortlaut und Sinnzusammenhang ermöglichen, ist seit ihrem Erlass nicht erfolgt. Für den Stichtag 30.6.1990 gilt nichts anderes.
Auch die Entstehungsgeschichte und der historische Kontext der VO-AVItech sowie der 2. DB sprechen für eine enge Interpretation des mehrgliedrigen Begriffs "Versorgungsbetrieb (Energie)" im Sinne einer leitungsgebundenen Versorgung. Historisch betrachtet waren die VO-AVItech und die 2. DB Teil eines breit angelegten Anreiz- und Motivierungssystems, mit dem die Staatsführung der neu gegründeten DDR den Massenexodus der akademisch-technischen Eliten in den Westen stoppen wollte. Denn die Abwanderung (hoch)qualifizierter Fachkräfte und Spezialisten gefährdete die Funktionsfähigkeit der DDR, den Wiederaufbau nach Krieg und Demontage sowie die Erfüllung des ersten Fünfjahrplans, der am 1.1.1951 in Kraft getreten war (vgl dazu das Gesetz über den Fünfjahrplan zur Entwicklung der Volkswirtschaft der Deutschen Demokratischen Republik - Fünfjahrplan - vom 1.11.1951, GBl DDR 973). Dieser Fünfjahrplan passte die DDR an den sowjetischen Rhythmus der Planwirtschaft an und gab - bezogen auf die Kalenderjahre 1951 bis 1955 - für die gesamte Wirtschaft Ziele vor, die detailliert in Zahlen gefasst waren. Besonderes Anliegen des Fünfjahrplans war die "Steigerung der industriellen und landwirtschaftlichen Produktion" (Präambel des Fünfjahrplans), wobei der massive Ausbau der Schwerindustrie (Bergbau, Eisen- und Stahlindustrie sowie Chemie) im Mittelpunkt stand (vgl § 9 Abs 2 Fünfjahrplan). Die Industrieproduktion sollte im Vergleich zum Vorkriegsstand (1936) mehr als verdoppelt (§ 1 Nr 1 und § 2 Abs 1 Fünfjahrplan) und bis 1955 ein Ausmaß von 192,3 % erreichen (Basis 1950 = 100 %); die Produktion der Landwirtschaft sollte sich im selben Zeitraum wertmäßig um mindestens 57 % erhöhen (§ 1 Nr 1 Fünfjahrplan). Vermehrte Qualifizierungsanstrengungen für das notwendige Fachpersonal und technische Fortschritte in der Produktion sollten dies ermöglichen. Der persönliche Anwendungsbereich der 2. DB erfasste deshalb vor allem die Berufsgruppen, die einerseits für die Planerfüllung besonders wichtig waren und sich anderseits als besonders fluchtanfällig erwiesen hatten (vgl dazu: van Melis, "Republikflucht" - Flucht und Abwanderung aus der SBZ/DDR 1945 bis 1961, Schriftenreihe der Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 2006 S 38): Ingenieure, Konstrukteure, Architekten und Techniker aller Spezialgebiete sowie Lehrer technischer Fächer an den Fach- und Hochschulen. Der betriebliche Anwendungsbereich der AVItech erstreckte sich in erster Linie auf volkseigene Produktionsdurchführungsbetriebe der Industrie und des Bauwesens, wobei die Bruttoproduktion der volkseigenen Betriebe im Verlauf des Jahrfünfts (1951 bis 1955) im Vergleich zum Kalenderjahr 1950 auf 224,8 % gesteigert werden sollte (§ 2 Abs 4 Satz 1 Fünfjahrplan). Ihnen gleichgestellt wurden Wirtschaftseinheiten, wirtschaftsleitende Organe (VVB, Hauptverwaltungen, Ministerien) sowie staatliche Einrichtungen (zB Schulen, Institute, Akademien), die mit den Begriffen "Betrieb", "volkseigen" und "Produktion" nicht erfasst werden konnten, aus Sicht der Regierung der DDR für die Erfüllung des Fünfjahrplans aber unerlässlich waren. Die detaillierte Liste der gleichgestellten Betriebe ist abschließend und - anders als der dynamische Begriff des volkseigenen Produktionsbetriebs - tendenziell starr. Sie konserviert den Status quo der DDR-Volkswirtschaft Anfang der 50iger Jahre des letzten Jahrhunderts und ist praktisch eine Blaupause des ersten Fünfjahrplans. Nach ihrem Erlass ist die 2. DB nicht mehr aktualisiert worden. Dies war nach dem Mauerbau (13.8.1961) schon deshalb nicht mehr notwendig, weil die technische Intelligenz ab diesem Zeitpunkt nicht mehr in den Westen fliehen konnte und der Staat deshalb keine "Bleibeprämien und -instrumente" mehr benötigte. Da die 2. DB den Zustand der DDR-Volkswirtschaft Anfang der 50iger Jahre widerspiegelt, erfasst sie keine neuen Entwicklungen, wie zB den Flugverkehr (vgl dazu BSG SozR 3-8570 § 1 Nr 7). Da es andererseits versorgungsrechtlich auf die Verhältnisse am 30.6.1990 ankommt, ist die Gleichstellung in Bezug auf einige Wirtschaftseinheiten, wirtschaftsleitende Organe und staatliche Einrichtungen im Laufe der Zeit überholt und damit teilweise gegenstandslos geworden.
Knüpft die 2. DB damit an die Situation der DDR-Volkswirtschaft Anfang der 50iger Jahre an, so ist der versorgungsrechtliche Begriff des Versorgungsbetriebs "Energie" zunächst entstehungszeitlich anhand des damals gültigen Binnenrechts der DDR zu bestimmen. Als die 2. DB in Kraft trat, galt auf dem Energiewirtschaftssektor die Verordnung über die Neuordnung der Energiewirtschaft in der sowjetischen Besatzungszone (Energiewirtschaftsverordnung 1949) vom 22.6.1949 (ZVOBl I 472). Sie verstand unter Energieversorgung die öffentliche Versorgung von Elektrizitäts- und Gasverbrauchern (vgl § 1 Abs 1 Satz 1 und § 3 Satz 1 Energiewirtschaftsverordnung 1949), die damals wie heute nur leitungsgebunden erfolgen konnte. Der Fünfjahrplan, der 1951 als Gesetz erlassen worden ist (GBl DDR 973), verengt den Begriff der "Energiewirtschaft" sogar auf die Erzeugung von "Elektroenergie" bzw "elektrischer Energie" (vgl § 2 Abs 6 Buchst a Fünfjahrplan).
[…] Auch die Energie(wirtschafts)verordnungen aus den Jahren 1963 (GBl DDR II 318), 1969 (GBl DDR II 495), 1976 (GBl DDR I 441) und 1980 (GBl DDR I 321) iVm den jeweiligen Durchführungsbestimmungen umschrieben die Begriffe der "Energiewirtschaft", "Energieversorgung", "Energieversorgungsbetriebe" und "Energiekombinate" relativ konstant mit der Belieferung der Energieabnehmer mit Elektroenergie, Gas und (Fern-)Wärme aus Versorgungsnetzen. Spätere Erweiterungen in der ab 1.6.1988 geltenden Energieverordnung (GBl DDR I 89) sind auf deren Anwendungsbereich beschränkt geblieben. Sie haben keinen Niederschlag im Versorgungsrecht gefunden. Dieses hat damit bis zum Stichtag 30.6.1990 auch keine Änderung durch einen versorgungsrechtlich relevanten Bedeutungswandel des dort verwandten Energiebegriffs im staatlichen Sprachgebrauch der DDR erfahren.“
Dies zugrunde gelegt war die Staatliche HLV kein Versorgungsbetrieb i.S.d. § 1 Abs. 2 der 2. DB, da es sich bei ihr nicht um eine Wirtschaftseinheit handelte, die Energie an Konsumenten leitungsgebunden lieferte (vgl. auch den Leitsatz des Urteils des BSG vom 19. Juli 2011, B 5 RS 3/10 R, zitiert nach juris; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27. April 2017, L 27 R 265/15, zitiert nach juris Rn. 22). Ihre Aufgaben bestanden nach § 2 Abs. 2 der Lastverteilerordnung vom 6. November 1972 im Einzelnen darin, den Einsatz der Elektroenergieerzeugungsanlagen zu steuern, den Schaltzustand des Elektroenergieverbundsystems und die Einstellung von Schutz- und Regeleinrichtungen von Elektroenergieanlagen festzulegen, Außerbetriebnahmen und Inbetriebnahmen von Hauptausrüstungen des Elektroenergieverbundsystems zu genehmigen, Versuchen in Anlagen zuzustimmen, Betriebsdaten des Elektroenergieverbundsystems zu dokumentieren und auszuwerten, besondere Vorkommnisse zu erfassen, Versorgungsstufen aufzurufen und Spannungsabsenkungen sowie Gefahrenabschaltungen anzuweisen. Die Lieferung einer bestimmten Menge von Energie an Konsumenten gehörte danach nicht zu den Aufgaben der Staatlichen HLV als übergeordnetem (Last-)Steuerungsorgan.
Soweit der Kläger geltend macht, es reiche zur Qualifizierung der Staatlichen HLV als Versorgungsbetrieb aus, dass diese die Versorgung der Volkswirtschaft und der Bevölkerung mit Energie als (Last-)Steuerungsorgan gelenkt und übergeordnet gewährleistet habe (vgl. auch § 1 der Lastverteilerordnung vom 6. November 1972) und damit immanenter Bestandteil des Energieversorgungsnetzes gewesen sei, folgt dem der Senat nicht. Einer solchen weiten Auslegung, die auch übergeordnete Steuerungsorgane des Mehrebenensystems der Energiewirtschaft in den Begriff „Versorgungsbetrieb“ einbezieht, steht die vom Bundessozialgericht geforderte enge Interpretation dieses Begriffs entgegen (vgl. auch LSG Sachsen, Urteil vom 13. November 2012, L 5 RS 158/12, zitiert nach juris, Rn. 33, wonach Wasserwirtschaftsdirektionen nicht „unmittelbar“ Versorgungsbetriebe waren; vgl. zur gebotenen strikten Auslegung des § 1 Abs. 2 der 2. DB auch LSG Sachsen, Urteil 3. November 2022, L 7 R 561/21 ZV, zitiert nach juris, Rn. 69 ff.).
Aus dem vom Kläger zitierten § 13 der Lastverteilerordnung vom 6. November 1972 ergibt sich nichts anderes. Darin heißt es, dass die im § 1 Abs. 2 Ziffer 4 (Netzbefehlsstellen) und 5 (Schaltkommandostellen, Umspannwerke und Kraftwerke) genannten Organe der Lastverteilung Teile sozialistischer Industriebetriebe sind. Die Staatliche HLV (Ziffer 1 des § 1 Abs. 2) wird gerade nicht genannt.
Im Übrigen bestimmt § 12 Abs. 1 der Lastverteilerordnung, dass die „Bereichslastverteilungen“ (Ziffer 2 des § 1 Abs. 2) Teile der „Energieversorgungsbetriebe“ sind. Daraus folgt im Umkehrschluss ohne Weiteres, dass es sich bei der Staatlichen Hauptlastverteilung (Ziffer 1 des § 1 Abs. 2) nicht um einen Energieversorgungsbetrieb oder einen Teil davon handelte.
bb) Die Staatliche HLV ist bei der gebotenen engen Auslegung auch nicht als „Hauptverwaltung“ i.S.d. § 1 Abs. 2 der 2. DB zu qualifizieren. Weder firmierte sie als „Hauptverwaltung“, noch war sie ein von der Deutschen Wirtschaftskommission statuiertes, in den Geschäftsbereich eines Ministeriums der DDR eingegliedertes Verwaltungsorgan, welches seine Geschäfte nach Schaffung der Provisorischen Regierung der DDR nach den bisherigen Bestimmungen weiterführte (vgl. Gesetz zur Überleitung der Verwaltung vom 12. Oktober 1949, DDR-GBl. 1949, Nr. 2, Seite 17; eingehend zum Begriff der Hauptverwaltung LSG Sachsen, Urteil vom 3. November 2022, L 7 R 561/21 ZV, zitiert nach juris, Rn. 40 ff.). Die HLV war vielmehr ein dem Ministerium für Kohle und Energie nachgeordnetes Steuerungsorgan (§ 8 der Lastverteilerordnung vom 6. November 1972).
cc) Dahinstehen kann, ob die Staatliche HLV auch deshalb nicht als Versorgungsbetrieb oder Hauptverwaltung i.S.d. Liste des § 1 Abs. 2 der 2. DB angesehen werden kann, weil diese Liste bezogen auf den Status quo der DDR-Volkswirtschaft Anfang der 50iger Jahre tendenziell starr und abschließend gleichgestellte Betriebe aufführt und die Staatliche HLV erst 1973, als die DDR keine „Bleibeprämien und -instrumente“ mehr benötigte, gebildet wurde (vgl. zum historischen Kontext des § 1 Abs. 2 der 2. DB BSG, Urteil vom 19. Juli 2011, B 5 RS 3/10 R, a.a.O., Rn. 22).
dd) Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Beklagte in der Vergangenheit in gleichgelagerten Fällen Anerkenntnisse erklärt hat. Das geltende Recht kennt keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht (vgl. LSG Sachsen, Urteil vom 6. November 2023, L 7 R 421/23 ZV, zitiert nach juris, Rn. 103).
Die Berufung war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht, § 160 Abs. 2 SGG.