Zum einstweiligen Rechtsschutz gegen die Zwangsvollstreckung des Leistungsträgers aus einem gerichtlichen Verfahren.
I. Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Kassel vom 8. Mai 2024 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander auch für das Beschwerdeverfahren keine Kosten zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um die vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung wegen einer Zahlungsverpflichtung der Antragstellerin von 12.455,82 Euro.
Die im Mai 1980 geborene Antragstellerin bezog – in Bedarfsgemeinschaft mit ihren Kindern – während mehrerer Jahre Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) von dem Antragsgegner. Nach dem mitgeteilten Zuzug ihres Ehemannes C. A. schied sie Ende Juni 2022 aus dem Leistungsbezug aus.
Über das Vermögen der Antragstellerin war zuvor mit Beschluss vom 13. Juni 2016 des Amtsgerichts Kassel – Insolvenzgericht – das Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet worden. Das Insolvenzgericht hob das Insolvenzverfahren mit Beschluss vom 21. November 2018 auf; die Laufzeit der Abtretungserklärung nach § 287 Abs. 2 Insolvenzordnung (InsO) endete mit dem 13. Juni 2022. Nach dem gleichzeitigen Ablauf der Wohlverhaltensperiode erteilte das Insolvenzgericht mit Beschluss vom 20. Juli 2022 gemäß § 300 Abs. 1 InsO der Antragstellerin Restschuldbefreiung. Dabei stellte es klar, dass gemäß § 301 InsO die Restschuldbefreiung nur diejenigen Gläubiger betreffe, die zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits Insolvenzgläubiger im Sinne des § 38 InsO gewesen seien.
Zwischen den Beteiligten war es während der Zeit des Leistungsbezugs zu einer größeren Zahl von Rechtsbehelfsverfahren gekommen. Zu deren Beilegung schlossen die Beteiligten hinsichtlich der Rückzahlung von Darlehen, die der Antragsgegner der Antragstellerin und ihren Kindern gewährt hatte, im Rahmen güterichterlicher Verfahren vor dem Hessischen Landessozialgericht – L 4 SF 2/22-7/22 GR –, an der die hiesige Antragstellerin als Antragstellerin zu 1. beteiligt war, am 13. Juli 2022 einen Vergleich. In Ziffer 1 des Vergleichs heißt es unter anderem:
„Sämtliche beim Jobcenter der Stadt Kassel bestehenden Darlehen der Antragstellerin zu 1), im Zuge dieses Vergleiches zusammenfassend in Höhe von 10.000 Euro, werden wie folgt durch die Antragstellerin zu 1) zurückgezahlt: Ab 1. September 2022 in monatlichen Teilzahlungen zu 50,00 Euro und ab 1. Januar 2024 in monatlichen Teilzahlungen zu 100,00 Euro. Der Antragstellerin zu 1) wird nachgelassen, höhere Teilzahlungen und Einmalzahlungen zu leisten. Die Antragstellerin zu 1) erklärt sich bereit, höhere Teilzahlungen und Einmalzahlungen zuvor gegenüber dem Antragsgegner anzukündigen. Sollte die Antragstellerin zu 1) mit mehr als drei aufeinanderfolgenden Teilzahlungen in Rückstand geraten, wird der Restbetrag sofort fällig. (…)“
Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 222 ff. der elektronisch übermittelten Leistungsakte des Antragsgegners (im Folgenden: LA) Bezug genommen; Gleiches gilt für die nachfolgend unter Angabe der Aktenfundstelle aufgeführten Dokumente.
Die Antragstellerin erbrachte nachfolgend bis zur Einleitung des Verfahrens auf einstweiligen Rechtsschutz keine Zahlungen auf diesen Vergleich.
Nach dem Vergleichsschluss hatte sich der Ehemann der Antragstellerin mit E-Mail vom 18. August 2022 an den Antragsgegner gewandt. Dabei bat er um Unterstützung wegen einer Heizkostennachzahlung und gleichzeitig mit Blick auf den Vergleich um Mitteilung der Bankverbindung und des anzugebenden Verwendungszwecks (LA Bl. 230 f.). Mit weiterer E-Mail vom 26. August 2022 erinnerte er an die Beantwortung seiner Fragen und kündigte an, andernfalls werde die Rate auf ein Konto bei der Bundesbank überwiesen (LA Bl. 246). Mit Schreiben vom 14. September 2022 – dessen Zugang die Antragstellerin bestreitet – teilte der Antragsgegner die Kontodaten und den anzugebenden Verwendungszweck mit (LA Bl. 272).
Nachdem Zahlungen bis dahin nicht erfolgt waren, erinnerte die Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit Recklinghausen – Inkasso-Service – (im Folgenden: Inkassoservice), die Antragstellerin mit Schreiben vom 20. September 2023 an die Zahlung der Forderung in Höhe von 10.000,- Euro, die am 4. Oktober 2022 fällig gewesen sei (LA Bl. 423 ff.). Dabei wies der Inkassoservice darauf hin, dass er die Aufgabe des Forderungseinzugs für den Antragsgegner wahrnehme. Mit Schreiben vom 13. Oktober 2023 mahnte der Inkassoservice die Zahlung zuzüglich Mahngebühren von 50,- Euro an und drohte die Vollstreckung an, sofern die Zahlung nicht bis 27. Oktober 2023 erfolge (LA Bl. 427 ff.).
Auf den Darlehensantrag wegen der Heizkosten hatte der Antragsgegner der Antragstellerin mit Bescheid vom 14. September 2022 ein Darlehen in Höhe von 2.277,72 Euro gewährt (LA Bl. 278 ff.). Hinsichtlich der Rückzahlung hatte er verfügt, das Darlehen sei am 31. Dezember 2022 in einer Summe zurückzuzahlen, da die Antragstellerin nicht mehr im Leistungsbezug stehe. Den hiergegen – wohl wegen der Höhe des Darlehens – eingelegten, nicht näher begründeten Widerspruch der Antragstellerin wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 19. September 2023 zurück (LA Bl. 405 ff.). Soweit nachvollziehbar hat die Antragstellerin Klage daraufhin nicht erhoben.
An den Ausgleich der Darlehensforderung erinnerte der Inkasso-Service die Antragstellerin mit Schreiben vom 28. Dezember 2023 (LA Bl. 431 f.) und mahnte deren Zahlung zuzüglich einer Mahngebühr von 12,- Euro mit Schreiben vom 22. Januar 2024 an (LA Bl. 433 ff.). Gleichzeitig drohte er die Vollstreckung an, sofern die Zahlung nicht bis 5. Februar 2024 erfolgt sei.
Nachdem weiterhin weder auf die Forderung aus dem Vergleich noch auf die aus dem Darlehensbescheid Zahlungen erfolgt waren, kündigte das Hauptzollamt Gießen mit einem Schreiben vom 19. März 2024 – unter den Geschäftszeichen: XXX1-G XX4, XXX2-G XX4 und XXX3-G XX4 – für den 3. April 2024 die Vollstreckung von Forderungen in Höhe von insgesamt 12.455,82 Euro an, und zwar aus dem Vergleich, dem Darlehensbescheid vom 14. September 2022 sowie von Mahn- sowie Pfändungs- und Vollstreckungsgebühren (elektronische Gerichtakte des Sozialgerichts – im Folgenden: GA SG –, Bl. 4 f.). Die Vollstreckung verlief erfolglos.
Die Antragstellerin hat am 15. April 2024 beim Sozialgericht Kassel einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz mit dem Ziel der vorläufigen Einstellung der Zwangsvollstreckung gestellt (GA SG Bl. 1 ff.). Gleichzeitig hat sie Klage zum Sozialgericht Kassel – S 4 AS 90/24 – erhoben mit dem Antrag, die Zwangsvollstreckung des Beklagten für unzulässig zu erklären. Sie habe nicht gewusst, wohin die Raten aus dem Vergleich überwiesen werden sollten, obwohl ihr Ehemann per E-Mail vom 17. August 2022 und vom 26. August 2022 diesbezüglich bei dem Antragsgegner nachgefragt habe. In der Folge habe sie weder eine Aufforderung des Antragsgegners noch des Inkassoservices der Bundesagentur für Arbeit zur Zahlung der vereinbarten Raten mit den erforderlichen Daten erhalten. Die Schreiben des Antragsgegners vom 14. September 2022 und des Inkassoservices, auf die sich der Antragsgegner berufe, seien ihr nicht zugegangen. Es sei jedoch im Güterichtertermin vereinbart worden, dass der Antragsgegner zeitnah habe mitteilen sollen, zu welchem Kassenzeichen und auf welches Konto die Raten überwiesen werden sollten. Ferner habe eine Rückfrage am 26. April 2024 bei dem Inkassoservice ergeben, dass diesem von einer Ratenzahlungsvereinbarung nichts bekannt gewesen sei. Eilbedürftigkeit liege vor, weil weitere Vollstreckungsversuche zu erwarten seien. Sofern der Beklagte die eingeleitete Zwangsvollstreckung aussetze und bestätige, dass sie zur Ratenzahlung berechtigt sei, könne der Rechtsstreit kurzfristig erledigt werden. Um ihren guten Willen zu zeigen, werde sie kurzfristig die erste Rate auf das vom Inkassoservice benannte Konto und unter Angabe des dort aufgeführten Verwendungszwecks zahlen.
Demgegenüber hat der Antragsgegner in Frage gestellt, ob überhaupt ein Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin anzuerkennen sei. Jedenfalls fehle es an einem Anordnungsgrund. Der Antragstellerin sei das Kassenzeichen für die Rückzahlung des im gerichtlichen Vergleich vereinbarten Betrags mit Schreiben vom 14. September 2022 mitgeteilt worden. Für das mit Bescheid vom 14. September 2022 bewilligte Darlehen sei das Kassenzeichen im Bescheid mit übermittelt worden. Die Anfragen des Ehemannes der Antragstellerin vom 17. und 26. August 2022 seien mit dem Schreiben vom 14. September 2022 beantwortet worden, so dass seitens des Antragsgegners kein Anlass bestanden habe, weiter tätig zu werden. Eine weitere Nachfrage nach Bankverbindung beziehungsweise Kassenzeichen sei von Seiten der Antragstellerin nicht erfolgt.
Das Sozialgericht hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz mit Beschluss vom 8. Mai 2024 abgelehnt (eGA SG Bl. 119). Der Sozialrechtsweg sei gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 4a Sozialgerichtsgesetz (SGG) eröffnet. Hierunter fielen auch Vollstreckungsmaßnahmen, wenn Einwendungen gegen die zu vollstreckende Forderung im Raum stünden, die zum Bereich des Sozialgesetzbuches Zweites Buch gehörten (Verweis auf Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/B. Schmidt, 14. Aufl. 2023, § 51 Rn. 29a und 39 „Stichwort: Vollstreckung“; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 27. Mai 2020 – L 3 AS 1168/20 ER-B, Rn. 10). Nur wenn es um die Art und Weise der Vollstreckung gehe, wäre das Verwaltungsgericht zuständig (§ 40 Abs. 8 Halbs. 1 SGB II i.V.m. dem Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz des Bundes – VwVG –). Vorliegend wehre sich die Antragstellerin erkennbar dagegen, dass überhaupt seitens des Antragsgegners die Vollstreckung eingeleitet worden sei. Sie trage überdies sinngemäß vor, dass ihr der Antragsgegner die Erfüllung ihrer Verpflichtungen aus dem vor dem Landessozialgericht abgeschlossenen Vergleich erschwert beziehungsweise unmöglich gemacht habe, weil er ihr die hierzu notwendigen Informationen nicht mitgeteilt habe, dass er also seinen eigenen Pflichten nicht nachgekommen sei.
Ein Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin liege vor. Zwar könnte man hieran zweifeln, da sie habe vortragen lassen, dass sie „grundsätzlich bereit“ sei, ihre Verpflichtungen aus dem gerichtlichen Vergleich zu erfüllen, wenn die eingeleitete Zwangsvollstreckung ausgesetzt und festgestellt würde, dass sie weiterhin zur Ratenzahlung berechtigt sei. Die Verpflichtung zur Zahlung der Darlehenssumme an sich werde nicht bestritten, es werde allerdings (erneut und weiterhin) die Einräumung von Ratenzahlung begehrt und darauf basierend die vorläufige Einstellung der Vollstreckung. Insoweit liege ein Rechtsschutzbedürfnis vor.
§ 86b Abs.1 SGG komme als Rechtsgrundlage für das Begehren der Antragstellerin nicht in Betracht, weil sie sich nicht gegen Verwaltungsakte wende, deren aufschiebende Wirkung im Eilverfahren über § 86b Abs.1 SGG angeordnet werden könnte. Der Bescheid vom 14. September 2022 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19. September 2023, mit dem ein Betrag von 2.277,72 Euro zurückgefordert worden sei, sei bestandskräftig und auch der zwischen den Beteiligten geschlossene gerichtliche Vergleich sei rechtsverbindlich. Vollstreckungsankündigung und Mahnung seien keine Verwaltungsakte, für die eine aufschiebende Wirkung angeordnet werden könnte. Vorliegend komme Eilrechtschutz in Form einer Sicherungsanordnung nach § 86b Abs. 1 Satz 2 SGG in Betracht (Verweis auf Hess. LSG – erkennender Senat –, Beschluss vom 14. November 2023 – L 6 AS 339/23 B ER –). Der Antragstellerin gehe es nämlich darum, die vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung zu erreichen und damit vor Eingriffen in ihr Eigentum/Vermögen geschützt zu sein, und also nicht um die Erweiterung ihres Rechtskreises, was typischerweise Gegenstand einer Regelungsanordnung sei.
Nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vorzunehmenden summarischen Prüfung sei ein Anordnungsanspruch der Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht. Es sei kein Anspruch ersichtlich, der zur vorläufigen Einstellung der Zwangsvollstreckung führen könnte. Entsprechendes habe die Antragstellerin nicht vorgetragen. Insbesondere habe sie keine plausiblen und stichhaltigen Einwendungen benannt – und es seien auch für das Gericht keine solchen Umstände ersichtlich –, die gegen eine Durchsetzung der Forderungen des Antragsgegners im Rahmen der Vollstreckung sprächen. Nach summarischer Prüfung seien die Vollstreckungsvoraussetzungen gegeben. Die Antragstellerin sei die gemäß § 2 Abs. 1 VwVG richtige Vollstreckungsschuldnerin. Die weiteren Voraussetzungen der Vollstreckung gemäß § 3 Abs. 2 VwVG seien ebenfalls gegeben. Insbesondere seien die Forderungen bestandskräftig beziehungsweise rechtsverbindlich und auch fällig. Für die Vollstreckung aus dem gerichtlichen Vergleich lägen die Voraussetzungen ebenfalls vor. Diese richte sich gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 3 in Verbindung mit § 200 Abs.1 SGG ebenfalls nach dem Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz.
Fälligkeit beider Forderungen liege vor. Die Rückzahlungspflicht der gesamten Darlehenssumme in einem Betrag sei nicht zu beanstanden, denn nach § 42a Abs. 4 Satz 1 SGB II sei die Rückzahlung eines noch nicht getilgten Darlehensbetrags grundsätzlich nach Beendigung des Leistungsbezuges sofort fällig. Zwar solle gemäß § 42a Abs. 4 Satz 2 SGB II über die Rückzahlung eine Vereinbarung unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse der Darlehensnehmer getroffen werden, was hier nicht erfolgt sei. Unter dem Blickwinkel der Bindungswirkung des Bescheides (§ 77 SGG) sei dies im Rahmen der Prüfung der Vollstreckungsvoraussetzungen allerdings nicht erheblich. Es sei auch nicht ersichtlich, dass Ratenzahlung diese Darlehenssumme betreffend von der Antragstellerin überhaupt begehrt werde. Weder im seinerzeit durchgeführten Widerspruchsverfahren noch im hiesigen Eilverfahren sei davon die Rede gewesen. Vorliegend werde nur weitere Ratenzahlung im Hinblick auf die Erstattungssumme aus dem gerichtlichen Vergleich begehrt.
Auch die Darlehenssumme aus dem gerichtlichen Vergleich vom 13. Juli 2022 in Höhe von 10.000,- Euro sei fällig geworden. Der Vergleich regele nämlich unter 1., dass dann, wenn die Antragstellerin mit mehr als drei aufeinanderfolgenden Teilzahlungen in Verzug gerate, der Restbetrag sofort fällig werde. Dieser Fall sei vorliegend eingetreten, denn die Antragstellerin habe bisher keine einzige der im Vergleich vereinbarten Raten, mit Ratenzahlungsbeginn am 1. September 2022, gezahlt. Fälligkeit bezogen auf die gesamte Summe liege damit im Jahr 2024 vor.
Es stehe weiteren Vollstreckungsmaßnahmen nicht entgegen, dass die Antragstellerin geltend mache, von dem Antragsgegner keine Information darüber erhalten zu haben, wohin die Raten aus dem gerichtlichen Vergleich zu überweisen seien und welches Kassenzeichen zu verwenden sei. Diesen Vortrag halte die Kammer nach den Umständen nicht für glaubhaft. Die Zahlungsaufforderung des Antragsgegners vom 14. September 2022 und die erforderlichen Informationen zur Überweisung der Raten seien zwar nur mit einfacher Post übermittelt worden, aber ein Rücklauf des Briefes an den Antragsgegner (zum Beispiel mangels gegebener Zustellungsfähigkeit oder Annahmeverweigerung) finde sich in den Akten nicht. Überdies sei diese Zahlungsaufforderung nicht die einzige Mitteilung in dieser Angelegenheit gewesen. So sei unter dem 20. September 2023 eine erste Zahlungserinnerung seitens der Bundesagentur für Arbeit – Inkassoservice – sowie unter dem 13. Oktober 2023 eine Mahnung erfolgt, alle bezogen auf die Darlehenssumme aus dem gerichtlichen Vergleich. Auch hier fänden sich keine Rückläufer in den Akten. Es sei – zumal angesichts des pauschalen, unsubstantiierten Vortrags der Antragstellerin – nicht glaubhaft, dass diese alle drei Schreiben nicht erhalten haben sollte, ohne dass hierfür ein konkreter nachvollziehbarer Grund seitens der Antragstellerin benannt werde; das Gericht werte dies lediglich als bloße Schutzbehauptung.
Mithin lägen die Vollstreckungsvoraussetzungen des § 3 Abs. 2 VwVG vor. Gründe im Sinne von § 5 Abs. 1 VwVG in Verbindung mit § 257, § 258 Abgabenordnung (AO), die eine Einstellung oder Beschränkung der Vollstreckung gebieten würden, seien von der Antragstellerin nicht geltend gemacht worden und für das Gericht auch nicht ersichtlich.
Die Antragstellerin hat gegen den Beschluss am 11. Mai 2024 Beschwerde eingelegt, mit der sie unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vorbringens ihr Begehren weiterverfolgt. Es gehe nicht darum, wie das Sozialgericht meine, eine weitere Ratenzahlung eingeräumt zu bekommen, sondern schlichtweg darum, die ursprünglich vereinbarte Ratenzahlung erst einmal beginnen zu können. Letzteres habe der Antragsgegner selbst vereitelt. Im Verlauf des Verfahrens hat sie dann am 21. Juni 2024 nach ihrem Vorbringen einen Betrag von 500,- Euro an den Antragsgegner überwiesen und angekündigt, eine nächste Zahlung am 6. Juli 2024 und eine weitere Zahlung am 31. Juli 2024 zu erbringen.
Sie beantragt,
die Zwangsvollstreckung des Antragsgegners gemäß Vollstreckungsandrohung zu Nr. XXX1-G XX4, zu Nr. XXX2-G XX4 und zu Nr. XXX3-G XX4 vom 19. März 2024 im Wege der einstweiligen Anordnung einzustellen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt die angegriffene Entscheidung. Die Antragstellerin habe die von ihr behaupteten Zahlungshindernisse nicht glaubhaft gemacht. Er hat mit Schreiben vom 19. Juli 2024 mitgeteilt, dass nach der Zahlung vom 21. Juni 2024 keine weiteren Zahlungseingänge zu verzeichnen seien.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der die Antragstellerin betreffenden Verwaltungsakten des Antragsgegners und des Inkasso-Services Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet. Das Sozialgericht hat es zu Recht abgelehnt, die vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung wegen der Forderungen des Antragsgegners einstweilig anzuordnen.
Dabei hat der Senat die Zulässigkeit des beschrittenen und vom Sozialgericht als eröffnet angesehenen Rechtswegs für dieses Begehren nicht mehr zu prüfen (vgl. § 98 Satz 1 SGG i.V.m. § 17a Abs. 5 Gerichtsverfassungsgesetz), hat diesbezüglich aber auch inhaltlich keine Bedenken.
1. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist – neben dem mit der Beschwerde angegriffenen Beschluss des Sozialgerichts Kassel vom 8. Mai 2024 – das auf den Erlass einer einstweiligen Anordnung zielende Begehren der Antragstellerin, mit der die Zwangsvollstreckung aus den Forderungen des Antragsgegners aus dem Vergleich vom 13. Juli 2022 und dem Darlehensbescheid vom 14. September 2022 sowie der mit Mahnung und Vollstreckung verbundenen Gebühren vorläufig eingestellt werden soll. Das Sozialgericht ist insofern zu Recht von der Statthaftigkeit einer Sicherungsanordnung im Sinne von § 86b Abs. 1 SGG ausgegangen (vgl. den bereits vom Sozialgericht zitierten Beschluss des erkennenden Senats: Hess. LSG, Beschluss vom 14. November 2023 – L 6 AS 339/23 B ER, juris, Rn. 27; Wahrendorf, in: Roos/Wahrendorf/Müller, beck-online.Grosskommentar, SGG, § 86b Rn. 240; Kallert, in: Rolfs/Knickrehm/ Deinert, beck-online.Grosskommentar (Gagel), SGB II, § 39 Rn. 26). Anderes würde gelten, soweit sich die Antragstellerin gegen die Festsetzung von Mahn- oder Vollstreckungsgebühren wenden wollte (vgl. zur Statthaftigkeit einer reinen Anfechtungsklage in einem entspr. Fall: BSG, Urteil vom 14. Februar 2018 – B 14 AS 12/17 R, BSGE 125, 137, Rn. 8); erkennbares Ziel ihres Rechtsschutzbegehrens ist jedoch die Einstellung der Zwangsvollstreckung insgesamt und – schon im Hinblick auf die finanzielle Bedeutung – namentlich die der Zwangsvollstreckung wegen der beiden Hauptforderungen.
2. Die Beschwerde ist angesichts des streitigen Betrags statthaft (vgl. § 172 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 143, § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (vgl. § 173 Satz 1 Halbs. 1, § 65d Satz 1 i.V.m. § 65a Abs. 1, Abs. 2, Abs. 4 Nr. 2 SGG).
3. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das Sozialgericht hat den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zu Recht abgelehnt. Auf dessen überzeugende Begründung nimmt der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug (vgl. zu dieser Möglichkeit § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG); allerdings lässt der Senat offen, ob er sich auf der Grundlage der aktuell zur Verfügung stehenden Erkenntnisse die Überzeugung davon bilden könnte, dass die Verneinung des Zugangs der relevanten Schreiben durch die Antragstellerin sich als Schutzbehauptung darstellt. Für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist insofern ausreichend, dass der Senat, wie noch näher auszuführen sein wird, dies für nicht ausreichend glaubhaft gemacht hält; vor allem aber kommt es jedenfalls zum jetzigen Zeitpunkt hierauf nicht mehr an.
Ergänzend zur sozialgerichtlichen Entscheidung ist noch Folgendes auszuführen:
Auch nach Auffassung des Senats liegen die vom Sozialgericht zutreffend dargelegten Voraussetzungen für den Erlass einer Sicherungsanordnung nach § 86b Abs. 1 SGG nicht vor. Weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund sind glaubhaft gemacht.
a) So ist zunächst ein Obsiegen der Antragstellerin in der Hauptsache zwar nicht ausgeschlossen, aber nicht ausreichend wahrscheinlich, um die Zwangsvollstreckung vorläufig einzustellen. Es fehlt damit an einem Anordnungsanspruch.
aa) Das frühere Insolvenzverfahren der Antragstellerin steht der Zwangsvollstreckung nicht entgegen. Das Verfahren wurde bereits durch den Beschluss des Insolvenzgerichts vom 21. November 2018 aufgehoben. Die durch Beschluss des Insolvenzgerichts vom 20. Juli 2022 erteilte Restschuldbefreiung erfasst die hiesigen Forderungen nicht (vgl. § 302 i.V.m. § 38 InsO).
bb) Da der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung schon aus anderen Gründen keinen Erfolg haben kann, muss der Senat nicht abschließend entscheiden, ob die anwaltlich vertretene Antragstellerin sich im hiesigen Verfahren an den richtigen Antragsgegner hält (vgl. zu den Zuständigkeitsfragen u.a. BSG, Urteil vom 14. Februar 2018 – B 14 AS 12/17 R, BSGE 125, 137, Rn. 13 ff.; Kallert, in: Rolfs/Knickrehm/Deinert, beck-online.Grosskommentar (Gagel), SGB II, § 40 Rn. 170a). Nachdem sie nicht geltend macht, die zugrunde liegenden Forderungen bestünden gar nicht (mehr), sondern es fehle an den Voraussetzungen für deren Durchsetzung im Wege der Zwangsvollstreckung, erscheint insofern auch denkbar, dass diese Frage in einem Rechtsstreit mit der Bundesagentur für Arbeit zu klären wäre, da diese das Vollstreckungsverfahren auf der Grundlage von § 44b Abs. 4 Satz 1 SGB II für den Antragsgegner durchführt und auch im Außenverhältnis zur Antragstellerin für diesen auftritt. Allerdings liegt ein Vorgehen der Antragstellerin gegen den Antragsgegner auch nicht fern, nachdem ihr Vorbringen dahin zu verstehen ist, dieser habe im konkreten Einzelfall einen Auftrag zur zwangsweisen Durchsetzung der streitigen Hauptforderungen noch gar nicht erteilen dürfen und sei ihr gegenüber daher verpflichtet, im Wege der Folgenbeseitigung dafür zu sorgen, dass die Vollstreckung jedenfalls gegenwärtig nicht weiter durchgeführt wird.
cc) Rechtsgrundlage für die Zwangsvollstreckung ist das Bundesverwaltungs-Vollstreckungsgesetz. Für die Vollstreckung aus dem gerichtlichen Vergleich vom 13. Juli 2022 folgt dies aus §§ 198 ff. SGG: Auch der vor der Güterichterin geschlossene Vergleich stellt sich als gerichtlicher Vergleich im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 3 SGG dar. Für seine Vollstreckung zu Gunsten der öffentlichen Hand führt § 200 SGG, der als lex specialis § 198 SGG verdrängt (vgl. nur Wahrendorf, in: Roos/Wahrendorf/Müller, beck-online.Grosskommentar, SGG, § 200 Rn. 2), zur unmittelbaren oder jedenfalls entsprechenden Anwendung des Bundesverwaltungs-Vollstreckungsgesetzes: Bei dem Antragsgegner handelt es sich um eine gemeinsame Einrichtung im Sinne von § 44b SGB II. Es kann offenbleiben, ob die Beteiligung der Bundesagentur für Arbeit (vgl. zu deren Bundesunmittelbarkeit: § 367 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III)) an der gemeinsamen Einrichtung und die Übertragung des Forderungseinzugs auf diese ausreicht, um von der Anwendbarkeit des Bundesverwaltungs-Vollstreckungsgesetz auf der Grundlage von § 200 Abs. 1 SGG auszugehen. Sollte dies nicht der Fall sein, wäre auf der Grundlage von § 200 Abs. 2 Satz 1 SGG und überdies im Interesse einer einheitlichen Rechtsanwendung das Bundesverwaltungs-Vollstreckungsgesetz auch für die Durchsetzung eines gerichtlichen Vergleichs zu Gunsten einer gemeinsamen Einrichtung maßgeblich (vgl. T. Lange in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl., § 200 SGG (Stand: 15.06.2022), Rn. 12).
Für die Vollstreckung des Darlehensrückzahlungsanspruchs ergibt sich dessen Anwendbarkeit aus § 40 Abs. 8 Halbs. 1 SGB II, da es sich bei dem Antragsgegner, wie erwähnt, um eine gemeinsame Einrichtung im Sinne von § 44b SGB II handelt.
dd) Zweifel daran, dass die Antragstellerin den streitigen Betrag (zumindest fast) vollständig schuldet, hat der Senat nicht. Für die Forderung in Höhe von 10.000,- Euro ergibt sich dies aus dem gerichtlichen Vergleich, an dessen Wirksamkeit kein Zweifel besteht und die auch von der Antragstellerin nicht in Frage gestellt wird. Der Darlehensrückzahlungsanspruch findet seine Grundlage in dem Bescheid über das wegen der Heizkosten gegebene Darlehen vom 14. September 2022, in dessen Rahmen der Antragsgegner zugleich die Rückzahlungspflicht mit Fälligkeit am 31. Dezember 2022 verfügt hat.
ee) Die Antragstellerin kann, da sie die Darlehensrückzahlung selbst schuldet, unproblematisch als Vollstreckungsschuldnerin in Anspruch genommen werden (vgl. § 2 Abs. 1 Bst. a VwVG). Das gilt auch, soweit der im Vergleich begründete Zahlungsanspruch auf Forderungen zurückgeht, die dem Antragsgegner ursprünglich gegen ihre Kinder zustanden, nachdem die Antragstellerin diese Forderungen im Vergleich mit schuldbefreiender Wirkung übernommen hat.
ff) Die Voraussetzungen für die Einleitung der Zwangsvollstreckung waren und sind gegeben (vgl. hierzu insbesondere § 3 Abs. 2 VwVG).
Der gesonderten Erteilung einer Vollstreckungsklausel bedurfte es dabei nach Auffassung des Senats auch für die Vollstreckung aus dem gerichtlichen Vergleich nicht: Insofern lässt sich, nachdem § 200 SGG die Vollstreckungsvoraussetzungen nicht eigenständig regelt und sich daher aus ihm das Erfordernis der Klauselerteilung nicht positiv ergibt, insofern auf die Interessenbewertung aus § 171 Verwaltungsgerichtsordnung zurückgreifen, wonach eine Klausel bei der Vollstreckung gerichtlicher Titel zu Gunsten der öffentlichen Hand verzichtbar ist (vgl. in diesem Sinne auch B. Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/B. Schmidt, SGG – Kommentar, 14. Aufl. 2023, § 200 Rn. 3; auch Wahrendorf, in: Roos/ Wahrendorf/ Müller, beck-online.Grosskommentar, SGG, § 200 Rn. 6 nennt die Klausel nicht unter den Vollstreckungsvoraussetzungen; a.A. T. Lange, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl., § 200 SGG (Stand: 15.06.2022), Rn. 14).
An der Zustellung des Vergleichs und damit des Vollstreckungstitels durch die Übermittlung der Sitzungsniederschrift zum Güterichterverfahren an den damaligen Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin hat der Senat keine relevanten Zweifel, nachdem sie den Vergleich im hiesigen Verfahren selbst vorgelegt hat. Ebenso wenig hat der Senat Zweifel, dass der Darlehensbescheid vom 14. September 2022, mit dem gleichzeitig der Rückzahlungsanspruch und dessen Fälligkeit am 31. Dezember 2022 verfügt wurde, der Antragstellerin bekanntgegeben und damit wirksam wurde (vgl. § 39 Abs. 1 i.V.m. § 37 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X)), so dass insofern ein Leistungsbescheid im Sinne von § 3 Abs. 2 Bst. a VwVG vorliegt. Da die Antragstellerin, soweit nachvollziehbar, nach der Zurückweisung ihres Widerspruchs gegen den Bescheid keine weiteren Rechtsbehelfe eingelegt hat, ist dieser zudem bindend geworden (§ 77 SGG) und damit grundsätzlich vollstreckbar (vgl. § 5 Abs. 1 VwVG i.V.m. § 251 Abs. 1 Satz 1 Abgabenordnung – AO –).
Einen Anordnungsanspruch, der die vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung rechtfertigen könnte, kann die Antragstellerin auch nicht auf die von ihr bestrittene Fälligkeit der Ansprüche als Vollstreckungsvoraussetzung nach § 3 Abs. 2 Bst. b VwVG stützen. Soweit es um die Forderung aus dem Vergleich geht, ergibt sich die von der Antragstellerin in diesem Zusammenhang wiederholt angeführte Obliegenheit des Antragsgegners, vorab Kontonummer und Zahlungszweck mitzuteilen, aus dem Vergleichstext nicht. Es nichts dafür erkennbar, dass die Beteiligten durch außerhalb des Vergleichstexts stehende mündliche Abreden weitere rechtlich bindende Fälligkeitsvoraussetzungen hätten schaffen wollen. Die Antragstellerin hat zwar behauptet – wenn auch nicht glaubhaft gemacht –, der Antragsgegner habe im Rahmen der Güteverhandlung erklärt, Kontonummer und ein Kassenzeichen für die Überweisung noch mitteilen zu wollen. Das Vorliegen einer rechtlich bindenden Absprache hierzu ist aber angesichts des Schweigens des Vergleichstextes bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung zumindest wenig wahrscheinlich und im Ergebnis nicht glaubhaft gemacht. Es ist auch nicht ersichtlich, dass eine Überweisung ohne diese Informationen unmöglich oder unzumutbar gewesen wäre. Ein Konto des Antragsgegners bei der Bundesbank und die notwendigen Bankdaten hierzu ergeben sich regelmäßig aus allen seinen Schreiben, welche die Antragstellerin im Verlauf ihres Leistungsbezugs in großer Zahl erhalten hat, und zuletzt aus dem Darlehensbescheid vom 14. September 2022. Dementsprechend hatte der Ehemann der Antragstellerin in seiner zweiten E-Mail vom 26. August 2022 auch angekündigt, er werde die auf Grund des Vergleichs zu erbringende Rate auf das Bundesbankkonto des Antragsgegners mit dem Verwendungszweck der ehemaligen BG-Nummer überweisen, wenn der Antragsgegner keine Bankdaten und keinen Verwendungszweck mitteile. Warum dies anschließend nicht geschehen ist, erschließt sich ebenso wenig wie Hinweise darauf bestehen, dass ein entsprechendes Vorgehen zu einer Rücküberweisung hätte führen müssen. Da im Übrigen die Fälligkeit durch die Verabredung konkreter Zahlungstermine unmittelbar aus dem Vergleich folgte, hält es der Senat zumindest für ganz überwiegend wahrscheinlich, dass die Fälligkeit der jeweiligen Raten unabhängig davon eingetreten ist, dass die Antragstellerin vorträgt – wenn auch wiederum nicht, auch nicht durch eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht hat –, das Antwortschreiben des Antragsgegners vom 14. September 2022 auf die Anfrage ihres Ehemannes nicht erhalten zu haben. Da sie dennoch bis Sommer 2024 keinerlei Zahlung auf den Vergleich erbracht hatte, ist es dementsprechend auch zumindest ganz überwiegend wahrscheinlich, dass die Gesamtforderung aus dem Vergleich über 10.000,- Euro entsprechend der dort in Ziffer 1 Satz 4 vorgesehenen Regelung durch den Rückstand mit drei Raten noch im Jahr 2022 vollständig fällig geworden ist.
Die Fälligkeit des Darlehensrückzahlungsanspruchs hatte der Antragsgegner unmittelbar im Darlehensbescheid vom 14. September 2022 geregelt. Dessen Zugang steht schon deswegen außer Frage, weil die Antragstellerin Widerspruch gegen ihn eingelegt hat. Der Senat kann offenlassen, ob und gegebenenfalls welche Konsequenzen es für die Rechtmäßigkeit einer Regelung über die Darlehensrückzahlung hat, wenn sich der Leistungsträger entgegen der Soll-Vorschrift aus § 42a Abs. 4 Satz 2 SGB II nicht zuvor um eine Rückzahlungsvereinbarung bemüht hat: Jedenfalls ist der Bescheid deswegen nicht nichtig und daher nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens inzwischen bindend geworden (§ 77 SGG), so dass seine Rechtmäßigkeit nicht mehr zu prüfen ist.
Die Wartefrist von einer Woche aus § 3 Abs. 2 Bst. c VwVG ist längst abgelaufen.
Die Antragstellerin wurde zudem hinsichtlich beider Forderungen (mehrfach) gemahnt (vgl. § 3 Abs. 3 und § 5 Abs. 1 VwVG i.V.m. § 259 Satz 1 AO). Die Antragstellerin bestreitet allerdings den Zugang der entsprechenden Schreiben. Bei der Mahnung und der mit ihr zu verbindenden Zahlungsfrist von einer weiteren Woche handelt es sich jedoch nach § 3 Abs. 3 VwVG nur um eine Sollvorschrift. Zudem muss der Antragstellerin jedenfalls auf Grund des hiesigen Verfahrens und der bereits im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens übermittelten Schriftstücke deutlich sein, dass die Forderungen von Seiten des Antragsgegners weiterhin und mit Nachdruck verlangt werden und angemahnt wurden. Selbst wenn also die vorgerichtlichen Mahnschreiben tatsächlich nicht zugegangen sein sollten – auch dies hat die Antragstellerin im Übrigen nur vorgetragen, aber nicht, auch nicht durch Versicherung an Eides statt glaubhaft gemacht –, ergäbe sich hieraus trotz des Grundsatzes der Formstrenge, der das Vollstreckungsverfahren beherrscht, jedenfalls inzwischen nach Auffassung des Senats kein Grund mehr, der die vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung im Wege der einstweiligen Anordnung rechtfertigen könnte.
Vergleichbares gilt für die Vollstreckungsandrohung und das Leistungsgebot (§ 5 Abs. 1 VwVG i.V.m. § 254 Abs. 1 Satz 1 AO), so dass der Senat offenlassen kann, ob diese namentlich mit Blick auf die Forderung aus dem Vergleich überhaupt zu verlangen sind (vgl. hierzu einerseits B. Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/ B. Schmidt, SGG – Kommentar, 14. Aufl. 2023, § 200 Rn. 3; andererseits T. Lange in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl., § 200 SGG (Stand: 15.06.2022), Rn. 14). Jedenfalls hat die Antragstellerin auf Grund des hiesigen Verfahrens Kenntnis von den maßgeblichen Umständen und Schreiben, so dass sie sich nach Auffassung des Senats zum jetzigen Zeitpunkt auf deren fehlenden vorgerichtlichen Zugang nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung nicht mehr berufen kann.
Hinweise darauf, dass die Forderungen – abgesehen von der geringen Teilzahlung Ende Juni 2024 – erloschen sein könnten, sind nicht ersichtlich. Verjährung ist bislang nicht eingetreten.
Nach allem wird die Antragstellerin mit deutlich überwiegender Wahrscheinlichkeit in der Hauptsache keinen Erfolg haben können. Es fehlt damit an einem Anordnungsanspruch für die begehrte vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung.
b) Im Grunde nur ergänzend ist vor diesem Hintergrund auszuführen, dass die Antragstellerin auch einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht hat.
Zu der in diesem Rahmen gebotenen Interessenabwägung ist zunächst festzuhalten, dass am Bestehen der Forderungen des Antragsgegners aus dem Vergleich vom 13. Juli 2022 über 10.000,- Euro und dem Darlehensbescheid vom 14. September 2022 über 2.277,72 Euro keine Zweifel bestehen und von der Antragstellerin auch nicht geltend gemacht werden. Zum Ausgleich der in der Vollstreckung geltend gemachten Forderungen ist die Antragstellerin demnach – mit Ausnahmen allenfalls hinsichtlich der vergleichsweise geringfügigen Beträge für Mahn- und Vollstreckungsgebühren von insgesamt 90,60 Euro, also von weniger als einem Prozent des Gesamtbetrags – verpflichtet. Ausgeglichen hat sie diese bislang nicht beziehungsweise nur im Umfang der Teilzahlung von 500,- Euro im Verlauf des Beschwerdeverfahrens. Da keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Antragsgegner nicht bereit wäre, diese Teilzahlung bei der weiteren Durchsetzung der Forderung zu berücksichtigen, hält der Senat insoweit eine ausdrücklich tenorierte Begrenzung der Vollstreckung für entbehrlich.
Weiter ist der Senat, wie bereits ausgeführt, der Auffassung, dass diese Forderungen in vollem Umfang fällig sind. Das gilt auch hinsichtlich der Forderung aus dem Vergleich, nachdem die Antragstellerin mit deutlich mehr als drei Raten in Rückstand ist. Im Übrigen wäre selbst dann, wenn die Regelung über die vollständige Fälligkeit aus Ziffer 1 Satz 4 des Vergleichs nicht eingriffe, gegenwärtig zumindest folgender Betrag fällig:
Darlehensforderung | 2.277,72 Euro |
16 Raten à 50,- Euro aus dem Vergleich (09/22-12/23) | 800,00 Euro |
7 Raten à 100,- Euro aus dem Vergleich (01/24-07/24) | 700,00 Euro |
abzüglich Teilzahlung vom 21. Juni 2024 | 500,00 Euro |
insgesamt | 3.277,72 Euro |
Gründe, warum der Antragsgegner nicht wegen zumindest dieses Betrags die Zwangsvollstreckung sollte fortsetzen können, sind noch weniger erkennbar als hinsichtlich des Restbetrags.
Für die Interessabwägung gilt danach Folgendes: Zunächst bestehen, wie ausgeführt, keine Zweifel daran, dass die Antragstellerin die Beträge, die der Antragsgegner im Wege der Zwangsvollstreckung durchzusetzen sucht, tatsächlich schuldet (unter Abzug der Teilzahlung über 500,- Euro und allenfalls der Mahn- und Vollstreckungsgebühren). Das Interesse des Antragsgegners daran, die – relativ hohe – Forderung nunmehr durchzusetzen, hat daher erhebliches Gewicht. Die möglicherweise schützenswerten Belange der Antragstellerin beschränken sich demgegenüber auf das finanzielle Interesse daran, den über 3.277,72 Euro hinausgehenden Betrag nicht sofort, sondern in den in Ziffer 1 Satz 1 des Vergleichs vorgesehenen Teilzahlungen von 100,- Euro monatlich erbringen zu können; hinzu kommt, dass – als solches sicherlich durchaus gewichtige – Interesse sich nicht einer Zwangsvollstreckung und den sich daraus ergebenden Konsequenzen ausgesetzt zu sehen, wenn sie aktuell zwar den Betrag von 3.277,72 Euro aufbringen könnte, nicht aber den Restbetrag.
Zu ihrer finanziellen Situation hat die Antragstellerin aber trotz anwaltlicher Vertretung gar nicht vorgetragen, geschweige denn, diese glaubhaft gemacht. Daher ist auch eine relevante Verletzung ihrer Interessen nicht glaubhaft gemacht. Denkbar ist vielmehr zum einen, dass sie schon mit einer Rückzahlung des aktuell zweifelsfrei geschuldeten Betrags von 3.277,72 Euro in einer Weise überfordert wäre, dass eine Zwangsvollstreckung hinsichtlich dieses Betrags keinen Erfolg haben könnte. Dann aber wäre eine relevante Beeinträchtigung ihrer in die Abwägung einzustellenden Interessen auch mit der versuchten Vollstreckung des Gesamtbetrags nicht verbunden, da sie die mit einer erfolglosen Zwangsvollstreckung einhergehenden Belastungen ohnehin schon wegen des Betrags von 3.277, 72 Euro zu tragen hätte. Umgekehrt ist denkbar (und das Gegenteil jedenfalls nicht glaubhaft gemacht), dass die Antragstellerin auch durch die Zahlung des vollen Betrags und insofern – einen Erfolg im Hauptsacheverfahren unterstellt – die in Teilen vorzeitige Rückführung einer auf Dauer von ihr ohnehin auszugleichenden Schuld nicht in einer Weise belastet wäre, dass es ihr deswegen unzumutbar wäre, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei ist die Antragstellerin, obwohl sie zwischenzeitlich aus dem Leistungsbezug ausgeschieden ist, im hiesigen Verfahren kostenprivilegiert, da sie dieses als auf Rückzahlung in Anspruch genommene Leistungsempfängerin führt (vgl. § 183 Satz 1 SGG). In der Sache sind auch unter Veranlassungsgesichtspunkten keine Gründe erkennbar, die dazu führen könnten, den Antragsgegner trotz seines vollständigen Obsiegens mit den Rechtsverfolgungskosten der Antragstellerin auch nur teilweise zu belasten.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.