I. Das Sozialgericht Nürnberg erklärt sich ebenfalls für örtlich unzuständig.
II. Es wird beantragt, dass das D. gemäß § 58 Abs. 1 SGG das zuständige Gericht innerhalb der Sozialgerichtsbarkeit bestimmt.
G r ü n d e:
I.
Mit Schreiben vom 28.02.2023 erhob der Kläger, der zu diesem Zeitpunkt in N. - G-Land lebte, Klage zum Sozialgericht (SG), die dort am 07.03.2023 einging und unter dem Az.: eingetragen wurde.
Die Auslegung seines Klagebegehrens ergab, dass er sich gegen die Ablehnung seines Antrags vom 20.09.2022 auf Mitnahme/Export seines deutschen Arbeitslosengeldanspruchs nach G-Land durch Ablehnungsbescheid der Bundesagentur für Arbeit - Agentur für - vom 21.11.2022 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2022 (W 04503/22) wendet.
In der Rechtsbehelfsbelehrung des Widerspruchsbescheides wurde darauf hingewiesen, dass gegen diese Entscheidung Klage beim SG Nürnberg erhoben werden könnte.
Nach Klageeingang hörte das SG C-Stadt die Beteiligten am 23.03.2023 zu der beabsichtigten Verweisung des Rechtsstreits an das SG Nürnberg an.
In dem Anhörungsschreiben stellte das SG C-Stadt fest, dass sich in Verfahren vor den Sozialgerichten die örtliche Zuständigkeit des Gerichts nach dem Sitz der Beklagten richte, wenn der Kläger Wohnsitz oder Aufenthaltsort im Ausland hätte. Entscheidend seien die Verhältnisse im Zeitpunkt der Klageerhebung.
Da aus der Klageschrift hervorgehe, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Klageerhebung nicht im Bezirk des SG C-Stadt, sondern in G-Land wohnte, sei beabsichtigt den Rechtsstreit an das örtlich zuständige SG C-Stadt zu verweisen.
Ein Hinweis auf die nach § 369 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) für den Kläger eröffnete Wahl des Gerichtsstandes erfolgte dabei jedoch nicht.
Während sich der Beklagte am 24.03.2023 mit einer Verweisung einverstanden erklärte, ist eine Äußerung des Klägers hierzu nicht ersichtlich. Vielmehr wendete er sich mit einer Stellungnahme vom 03.04.2023, in der er auch auf die erfolgte Anhörung Bezug nahm, nochmals an das SG C-Stadt, um diesem weitere Unterlagen zuzuleiten.
Mit Beschluss vom 08.05.2023 wurde der Rechtsstreit sodann an das SG Nürnberg, ohne weitere Begründung, verwiesen.
Von seiner, nach einer Rückkehr nach Deutschland, aktuellen Wohnadresse in der G.-Straße, A-Stadt, informierte der Kläger sowohl das SG C-Stadt als auch das SG Nürnberg jeweils mit Schreiben vom 18.08.2023
II.
Gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) wird das zuständige Gericht innerhalb der Sozialgerichtsbarkeit durch das gemeinsam nächsthöhere Gericht bestimmt, wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.
Zur Feststellung der Zuständigkeit kann jedes mit dem Rechtsstreit befasste Gericht und jeder am Rechtsstreit Beteiligte das im Rechtszug höhere Gericht anrufen, das ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, § 58 Abs. 2 SGG.
Vorliegend haben sich sowohl das SG C-Stadt als auch das SG Nürnberg für örtlich unzuständig erklärt. Eines der beiden Gerichte ist aber für den Rechtsstreit örtlich zuständig.
Das SG Nürnberg ist als das derzeit mit dem Rechtsstreit befasste Gericht antragsberechtigt.
Zuständig für die Bestimmung ist das D., da zwei Gerichte verschiedener Landessozialgerichtsbezirke betroffen sind (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Komm. zum SGG, 13. Aufl. 2020, § 58 RdNr. 3a).
Das SG Nürnberg ist örtlich unzuständig.
Es hält sich insoweit insbesondere nicht gemäß § 98 Satz 1 SGG i.Vm. § 17a Abs. 2 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) an den Verweisungsbeschluss des SG C-Stadt vom 08.05.2023 gebunden, da dieser auf willkürlichem Verhalten beruhte.
Objektiv willkürlich ist eine Entscheidung etwa dann, wenn das Gericht eine einschlägige Norm nicht angewendet hat; auf subjektive Umstände oder ein Verschulden des Gerichts kommt es dabei nicht an (s. BSG, B. v. 02.05.2023 - B 11 SF 5/23 S).
In diesem Sinne war die ohne Beachtung von § 369 SGB III erlassene Verweisungsentscheidung des SG C-Stadt willkürlich, da es die damit für den Kläger gegebene Wahlmöglichkeit des Gerichtsstandes offensichtlich übersehen oder nicht gekannt, jedenfalls aber nicht beachtet hat.
Nach § 57 Abs. 1 Satz 1 SGG ist grundsätzlich örtlich zuständig das SG, in dessen Bezirk der Kläger zur Zeit der Klageerhebung seinen Sitz oder Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthaltsort hat; steht der Kläger in einem Beschäftigungsverhältnis, so kann er auch vor dem für den Beschäftigungsort zuständigen SG klagen. Wenn der Kläger seinen Sitz oder Wohnsitz oder Aufenthaltsort im Ausland hat, ist gemäß § 57 Abs. 3 SGG örtlich zuständig das SG, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Sitz oder Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seifen Aufenthaltsort hat.
Hat eine gegen die Bundesagentur für Arbeit gerichtete Klage jedoch Bezug auf den Aufgabenbereich einer Regionaldirektion oder einer Agentur für Arbeit und ist der Sitz der Bundesagentur maßgebend für die örtliche Zuständigkeit des Gerichts, so kann die Klage gemäß § 369 SGB Ill auch bei dem Gericht erhoben werden, in dessen Bezirk die Regionaldirektion oder die Agentur für Arbeit ihren Sitz hat.
Die Vorschrift des § 369 SGB IIl eröffnete somit das Wahlrecht, eine Klage gegen die Bundesagentur für Arbeit entweder beim SG Nürnberg - als dem nach dem Sitz der Bundesagentur, § 367 Abs. 4 SGB III, zuständigen Gericht - oder bei dem Gericht zu erheben, in dessen Bezirk die Regionaldirektion oder die Agentur für Arbeit ihren Sitz hat (s. Düe in Brand, SGB III, 9. Auflage 2021, § 369 RdNr. 2), vorliegend also dem SG C-Stadt in dessen Zuständigkeitsbereich die Agentur für Arbeit Main liegt
Zum Zeitpunkt der Klageerhebung gegen die Bundesagentur für Arbeit hatte der Kläger seinen Wohnsitz in G-Land, also im Ausland. Obwohl im Widerspruchsbescheid der Agentur für vom 15.12.2022 nur über die Klagemöglichkeit vor dem SG Nürnberg belehrt worden war, hat der Klage die Klage gleichwohl an das SG C-Stadt gerichtet.
Es entsprach folglich seinem Wunsch, die Klage vor diesem Gericht zu führen. Mit Klageeinreichung beim SG C-Stadt hat der Kläger also das ihm zustehende Wahlrecht ausgeübt (s. Keller, a.a.O., § 57 RdNr. 7b).
Über das grundsätzliche Bestehen einer Wahlmöglichkeit war der Kläger durch das SG C-Stadt nicht aufgeklärt worden. Eine Verweisung an das SG Nürnberg hat er Kläger auch nach Anhörung erkennbar nicht beantragt.
Der nach § 369 SGB III erforderliche Bezug der eingereichten Klage zum Aufgabenbezug der Agentur für ergibt sich offenkundig bereits daraus, dass von dieser die angegriffenen Bescheide erlassen wurden (s.a. Düe, a.a.O., RdNr. 5).
Die Vorschrift des § 369 SGB III ist somit auf den vorliegenden Rechtsstreit anwendbar und eröffnete dem Kläger die Möglichkeit, den Rechtsstreit auch vor dem SG C-Stadt zu führen.
Wurde eine Klage bei einem nach § 369 SGB III örtlich zuständigen SG eingelegt, ist die getroffenen Entscheidung für dieses SG verbindlich. Ein Kläger kann also nicht mehr verlangen, dass der Rechtsstreit nach Klageerhebung an ein anderes SG verwiesen wird, das daneben auch zuständig gewesen wäre.
Ebenso ist das angegangene SG ist nicht berechtigt, die Sache an ein anderes SG zu verweisen (s. Düe, a.a.O. RdNr. 7).
Im Ergebnis ist somit festzustellen, dass die Verweisung des Rechtsstreits an das SG Nürnberg wegen der behaupteten fehlenden örtlichen Zuständigkeit des SG C-Stadts auf fehlender Anwendung der Regelung des § 369 SGB III beruhte und mithin willkürlich erfolgt ist.