1. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegner vom 5. Oktober 2023, gerichtet auf die Widerlegung der Mindestmengenprognose der Antragstellerin vom 8. September 2023 für den Leistungsbereich Kniegelenk-Totalendoprothesen für das Krankenhaus der Antragstellerin am Standort XXX1, wird angeordnet.
2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Bescheides der Antragsgegner betreffend die Mindestmengenprognose der Antragstellerin im Hinblick auf im Jahr 2024 durchzuführende Implantationen von Kniegelenk-Totalendoprothesen (im Folgenden nur Knie-TEP) in der A. Klinik A-Stadt.
Die Antragstellerin betreibt ein Plankrankenhaus, das für die Fachabteilung Chirurgie mit dem Schwerpunkt Orthopädie und Unfallchirurgie zugelassen wurde. Das Behandlungsspektrum der Klägerin umfasst nach eigenem Vortrag insbesondere Sportverletzungen, den Einsatz von Endoprothetik (Gelenkersatz) sowie die Durchführung handchirurgischer Eingriffe sowie Schulter- und Kniearthroskopien. Der Klinik selbst ist auch ein MVZ mit orthopädischer Ausrichtung angeschlossen.
Der Klinik-Gründer und Operateur, Dr. H., veräußerte die Klinik an die jetzigen Gesellschafter und konnte schon zuvor krankheitsbedingt nur noch eingeschränkt als Arzt tätig werden. Infolge dessen wurde Dr. E., Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie ärztlichen Leiter und Chefarzt der damaligen A. Klinik AG bestellt. Es konnten im Jahr 2021 insgesamt 47 Knie-TEP-Operationen durchgeführt werden. Ungeachtet der Tatsache, dass Dr. E. Ende 2021 ebenfalls krankheitsbedingt ausfiel, wurde die positive Mindestmengenprognose der Antragstellerin für das Jahr 2023 von den Antragsgegnern nicht widerlegt – aufgrund vorgetragener „personeller und struktureller Veränderungen nach § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 und 4 der Mm-R“.
Letztlich kam es dann aber zu einem (deutlichen) Abfall der Zahl der Leistungserbringungen im Bereich Knie-TEP. Dies erfolgte schon für das Jahr 2022, in dem insgesamt nur 19 Knie-TEP-Implantationen durchgeführt wurden, davon sechs im zweiten Halbjahr 2022.
Dr. H. musste sodann seine Tätigkeit in der klägerischen Klinik vollständig einstellen. So wurden im ersten Halbjahr 2023 insgesamt 13 Knie-TEP implantiert, im zweiten sechs Knie-TEP.
Unter dem 8. September 2023 übermittelt die Antragstellerin den Antragsgegnern ihre Mindestmengenprognose für das Jahr 2024 in Höhe von insgesamt 55 Eingriffen. Zur Begründung führte sie ungeachtet der geringen Zahlen des Jahres 2022/2023 aus, dass die zuvor aktenkundig gemachten Umstrukturierungsprozesse sich deutlich schwieriger und vor allen deutlich länger als erwartet gestalteten. Zwar sei mit dem Operateur K. ein äußerst erfahrener und vor allem in der Endoprothetik versierter Chefarzt gefunden worden, doch komme der Wiederaufbau der Klinik nur schleppend voran. Hauptursache sei in dem Ausscheiden des schwer erkrankten ehemaligen Praxis- und Klinikinhaber H. zu sehen. Allerdings habe man bereits reagiert und seit dem 1. Juli 2023 den Operateur K. in einem Job-Sharing-Modell mit in die angeschlossene MVZ-Praxis eingebracht. So kann er bereits im ambulanten Setting die potentiellen Endoprothetik-Patienten untersuchen und begleiten sowie über alle Möglichkeiten der Behandlung beraten.
Darüber hinaus sei ab dem 1. Oktober 2023 zur Verstärkung des Praxis- und Klinikteams Dr. G. angestellt worden, der bisher neben seiner langjährig geführten Praxis seine Patientinnen und Patienten im Krankenhaus C-Stadt operativ versorgt hat. Er sei ebenso wie K. in allen operativen Verfahren und natürlich auch in der Endoprothetik sehr erfahren. Man sei sicher, im Jahr 2024 wieder in ausreichender Anzahl und hoher Qualität Knie-TEP-Leistungen (mindestens 50, wahrscheinlich aber über 60) zu erbringen. Für das aktuelle Jahr 2023 werde erwartet, mindestens 25 Knie-TEP zu erreichen.
Im Rahmen der sich anschließenden Anhörung erläuterte die Antragstellerin die Grundlagen ihrer Prognose für 2024 dahingehend, der Umstrukturierungsprozess eine erhebliche Ausweitung des vorhandenen Leistungsangebotes und eine deutliche Erweiterung und Verbesserung der Behandlungs- und Ergebnisqualität darstelle. Erster Schritt sei die bereits mitgeteilte Aufnahme von Dr. G. in das MVZ- und Klinik-Team. Dr. G. habe andernorts in den vergangenen Jahren bereits allein 25 bis 30 Knie-TEP pro Jahr durchgeführt.
Im nächsten Schritt werde zu Beginn des Jahres 2024 eine weitere orthopädische Praxis mit einem konservativen Orthopäden in das angeschlossene MVZ übernommen. Für Mitte 2024 sei die Anstellung zweier auch in MVZ und Klinik tätig werdender Orthopäden (Haupt-Operateure) geplant, mit denen derzeit finale Vertragsverhandlungen liefen. Beide verfügten über eine ausgesprochene Expertise in der Endoprothetik und erhöhten nicht nur die Anzahl der zu erwartenden Knie-TEP-Implantationen, sondern ergänzten das Leistungsspektrum auch um die Schulter-Endoprothetik und die Hüftgelenk-Endoprothetik nach der AMIS-Methode.
Begleitet würden wir diese Maßnahmen durch eine breit gestreute Qualitätsoffensive mit unterschiedlichen Informations- und Fortbildungsveranstaltungen für niedergelassene Orthopäden, Allgemeinmediziner, Physiotherapeuten und Rehaeinrichtungen. In allen Bereichen würde weitere Kooperationspartner gesucht, die mit der Antragsterlling gemeinsam eine umfassende und qualitativ hochwertige Versorgung der Patienten sicherstellten. Zu dieser Qualitätsoffensive zähle neben der transparenten Indikationsstellung, des durchgeplanten Klinikaufenthaltes bis zur Anschlussheilbehandlung, einer umgehenden Arztbrief- und Befundschreibung z.B. auch die präoperative physiotherapeutische Operationsvorbereitung sowie die Ausarbeitung eines individuellen postoperativen Trainingsplans, der mit Hilfe einer App dem Patienten für die poststationäre Zeit zur Verfügung gestellt wird.
Vor diesem Hintergrund sei man sicher, bereits im kommenden Jahr 2024 die Mindestmenge zu erreichen. Man bitte um Erteilung einer entsprechenden Ausnahmeregelung, damit wir die vorbereiteten Qualitätsziele für unsere zukünftigen Patienten umgesetzt werden könnten.
Mit Bescheid vom 5. Oktober 2023, der Antragstellerin am Folgetag zugestellt, widerlegten die Antragsgegner die Knie-TEP-Mindestmengenprognose der Antragstellerin für das Jahr 2024. Zur Begründung führten sie im Ergebnis aus, dass die erforderliche Mindestmenge in den Referenzzeiträumen gemäß § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 und 2 Mm-R deutlich unterschritten worden seien, nämlich lediglich
1. Januar bis 31. Dezember 2022: 19 Leistungen
1. Juli 2022 bis 30. Juni 2023: 19 Leistungen.
Alle weiteren von vorgebrachten Argumente für eine positive Prognose seien gewürdigt worden, aber nach Einschätzung der Landesverbände der Krankenkassen und der Ersatzkassen in Hessen aber nicht geeignet, eine positive Prognose zu begründen. Außerdem könnten personelle und strukturelle Gründe kein weiteres Mal in Folge als alleiniger Umstand zur Begründung der Prognose herangezogen werden. Es bestehen daher nach Würdigung aller in der Prognose und Stellungnahmen dargestellten Argumente und Sachverhalte begründete erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der Prognose der Antragstellerin, sie sei daher gemäß § 5 Abs. 5 Mm-R zu widerlegen.
Soweit die Antragstellerin Bezug auf personelle und strukturelle Veränderungen nach § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 und 4 der Mm-R genommen habe unter Verweis auf das Job-Sharing-Modell des Herrn K. und ab dem 1. Oktober 2023 die Einbeziehung Dr. G.s, sei darauf zu verweisen, dass bereits im vergangenen Jahr personelle und strukturelle Veränderungen nach § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 und 4 der Mm-R geltend gemacht worden seien; dem seien die Antragsgegner zur damaligen Zeit für das Jahr 2023 gefolgt. Diese Veränderungen hätten jedoch bislang nicht dazu geführt, dass die Leistungen signifikant gestiegen seien. Auch im Zeitraum vom 1. Juli 2022 bis 30. Juni 2023 blieben sie mit 19 Leistungen auf einem deutlich niedrigeren Niveau. Die Mindestmengen-Regelung richte sich hier eindeutig nach dem jeweiligen Prognosezeitraum. Zudem könnten Veränderungen nicht nochmals in Folge als alleiniger Umstand zur Begründung der Prognose herangezogen werden können. Demnach müsse sich die Prognose für die Leistungserbringung im Jahr 2024 auf weitere Begründungen und Umstände stützen.
Weiterhin werde für eine positive Prognose die angestoßene „Qualitätsoffensive“ aufgeführt. Die geschilderten Maßnahmen erlaubten aber ebenfalls keinen konkreten Rückschluss auf die Leistungsentwicklung im Bereich Kniegelenk-TEP und könnten daher nicht als Begründung für eine positive Prognose berücksichtigt werden.
Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 6. November 2023, der am selben Tag bei Gericht eingegangen ist, hat die Klägerin Klage gegen den Widerlegungsbescheid vom 5. Oktober 2024 erhoben und zugleich den vorliegenden Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor:
Obwohl das Ergebnis im ersten Halbjahr 2023 nicht als zufriedenstellend zu erachten sei, ergebe sich ein Aufwärtstrend. So habe die Neueinstellung des Operateurs K. bereits positive Ergebnisse mit sich gebracht. Nach einer sechsmonatigen Einarbeitungsphase im zweiten Halbjahr 2022 sei er seit Beginn des Jahres 2023 vollständig in den Arbeitsalltag der Klägerin integriert. Dies bringe positive Ergebnisse im Hinblick auf die Leistungszahlen für Knie-TEPn mit sich. Im ersten Halbjahr 2023 habe sich die Zahl der Implantationen mit 13 Knie-TEP im Gegensatz zum zweiten Halbjahr 2022 mit nur sechs Knie-TEP bereits mehr als verdoppelt. Herr K. sei seit dem 1. Juli 2023 nun auch zusätzlich in dem örtlich angebundenen MVZ tätig und hier seien weitere Behandlungsfälle identifiziert worden. Dies lasse eine weitere Steigerung der Prognose für die Leistungszahlen auch im zweiten Halbjahr 2023 sowie im Jahr 2024 erwarten.
Überdies sei es der Klägerin gelungen, Dr. G. sowohl für die Klägerin als auch für das angeschlossene MVZ zu gewinnen. Er habe bis dahin über eine eigene orthopädische Praxis verfügt, die nun vollständig von dem MVZ übernommen worden sei. Künftige Operationen werde er ausschließlich in der Klinik der Klägerin erbringen.
Wie bereits aus der beruflichen Laufbahn von Dr. G. hervorgehe, verfüge er über umfangreiche Erfahrungen auf dem Gebiet der orthopädischen Chirurgie, darunter insbesondere auch im Bereich der Endoprothetik. Er habe bereits im Jahr 2022 in seiner vorherigen Tätigkeit allein 22 Knie-TEPn operativ eingesetzt. Im ersten Halbjahr 2023 habe er in seiner vorherigen Tätigkeit bereits elf Knie-TEPn implantierte. Ergänzend sei zudem festzuhalten, dass Dr. G. im ersten Halbjahr 2023 in seiner vorherigen Tätigkeit weitere Anfragen zur Knie-TEP Operation erhalten habe, die er jedoch aufgrund des Wunsches nach einer schnellen Operation seitens der Patienten zunächst an andere Ärzte verweisen musste.
Diese bislang weiterverwiesenen Patienten könnten bei der Klägerin künftig auch mit Bedürfnis nach einer schnellen Operation – aufgrund arbeitsteiliger Abläufe und dem Vorhandensein weiterer ärztlicher Kollegen unproblematisch operiert werden.
Bei gemeinsamer Betrachtung der Leistungszahlen der Klägerin einerseits (13 OPs) und der Leistungszahlen von Dr. G. (elf OPs) andererseits sei festzustellen, dass im ersten Halbjahr 2023 hypothetisch bereits 25 Knie-TEPn implantiert würden. Dies gelte unabhängig von Patienten, die Dr. G. aufgrund des Bedürfnisses nach einer schnellen Operation an externe Kollegen überwiesen habe. Würden diese addiert, so wäre sogar von einer hypothetischen Leistungszahl über 24 Knie-TEPn im ersten Halbjahr 2023 auszugehen, so dass eine hypothetische Leistungszahl von 48 und damit praktisch die notwendigen 50 für das gesamte Jahr 2023 konsequenterweise nahezu gesichert sei. Erst Recht sei davon auszugehen, dass die hypothetischen Zahlen aus dem Jahr 2023 im Jahr 2024 nicht unterschritten werden. Die Neueinstellung von Dr. G. sei mithin geeignet, eine positive Prognose für das Jahr 2024 zu begründen.
Im vorliegenden Fall werde die Mindestmenge von 50 Knie-TEP im Jahr 2024 voraussichtlich erreicht, weil die Antragstellerin aufgrund personeller-(§ 4 Abs. 2 Nr. 3 Mm-R) und struktureller Veränderungen (§ 4 Abs. 2 Nr. 4 Mm-R) die berechtigten mengenmäßigen Erwartungen erfüllt. Entgegen der Auffassung der Antragsgegner sei es nicht richtig, dass sich die von der Antragstellerin dargestellten Maßnahmen im Wesentlichen im Planungsstadium befänden und somit – wie von den Antragsgegnern suggeriert – keinen Anklang in der Bewertung zu finden haben.
Zunächst handele es sich bei der sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im gerichtlichen Verfahren vorgetragenen Suche nach neuen Kooperationspartnern, mithin um die geplante Übernahme einer weiteren orthopädischen Praxis sowie die geplante Neueinstellung zweier Orthopäden, nicht um eine bloße Planung, sondern die Antragstellerin befinde sich hier in konkreten Verhandlungen. Eine dieser beiden Neueinstellungen betreffe einen erfahrenen Endoprothetiker, der derzeit als Chefarzt an einem Klinikum in Ostdeutschland die orthopädische Abteilung und eine Endoprothetikzentrum leitet. Die Vertragsverhandlungen mit diesem seien nahezu abgeschlossen, ein Tätigkeitsbeginn sei für den 1. Juli 2024 avisiert. Dieser noch als Chefarzt tätige Operateur verfüge über ein ausgezeichnetes Netzwerk in A-Stadt und operiert bei seinem derzeitigen Arbeitgeber bereits schon Patienten aus A-Stadt, so dass die Antragstellerin die berechtigte Erwartung hege, dass mit der Neueinstellung im Jahre 2024 und auch zukünftig noch weitere Patienten aus der Region A-Stadt gewonnen werden können.
Überdies existierten weitere konkrete Maßnahmen, die kürzlich getroffen und umgesetzt wurden. Namentlich handele es sich hierbei um die Neueinstellung von Dr. G., der als Operateur in der Klinik der Antragstellerin und im angebundenen MVZ als Zuweiser tätig werde. Hinsichtlich der Prognoseparameter sei aufzuführen:
Durch die Ärzte der Klägerin seien im ersten Halbjahr 2023 (1. Januar bis 30. Juni 2023) schließlich 13 Knie-TEP‘s implantiert. Allerdings sei die kürzlich Neueinstellung des Operateurs Dr. G. am 1. Oktober 2023 geeignet, die mengenmäßige Erwartung zu erfüllen und somit eine positive Prognose für das Jahr 2024 zu begründen.
Im Übrigen sei die Begründung im streitgegenständlichen Bescheid unzureichend. Nach Auffassung der Antragsgegner sei eine berechtigte mengenmäßige Erwartung nicht erreicht worden. Diese hätten jedoch fehlerhaft angenommen, dass der Vortrag der Antragstellerin zur Einstellung von Herrn K. sowie die Neueinstellung von Dr. G. nicht geeignet sei, strukturelle oder personelle Veränderungen i.S.v. § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 und Nr. 4 Mm-R zu begründen. Eine Begründung, wieso der Vortrag vermeintlich ungeeignet gewesen sein soll, erfolgte jedoch nicht.
Der pauschale Hinweis darauf, dass bereits im letzten Jahr eine Ausnahmeregelung getroffen worden sei, sei jedenfalls nicht hinreichend, die von der Antragstellerin getroffene Prognose zu erschüttern. Insbesondere ist es fehlerhaft gewesen, dass die Antragsgegner sich auf § 4 Abs. 3 Mm-R berufen haben.
Die für eine Widerlegung der Prognose der Antragstellerin erforderlichen begründeten erhebliche Zweifel an deren Richtigkeit lägen nur dann in der Regel vor, wenn die maßgebliche Mindestmenge im vorausgegangenen Kalenderjahr nicht erreicht worden sei und auch unter Berücksichtigung aller weiteren Kriterien konkrete, objektive Umstände der Richtigkeit der getroffenen Prognose widersprechen oder die maßgebliche Mindestmenge ausschließlich über die Leistungsmenge der letzten zwei Quartale des vorausgegangenen Kalenderjahres und den ersten zwei Quartalen des laufenden Kalenderjahres erreicht wurde und auch Berücksichtigung aller weiteren Kriterien konkrete, objektive Umstände der Richtigkeit der getroffenen Prognose widersprechen.
Festzuhalten bleibe demnach, dass – unabhängig davon, ob die Leistungszahlen aus dem vorausgegangenen Kalenderjahr oder die Leistungszahlen aus den letzten zwei Quartalen des vorausgegangenen Jahres sowie der ersten zwei Quartale des laufenden Kalenderjahres nicht erreicht wurden – zusätzlich konkrete, objektive Umstände vorliegen müssten, die der Richtigkeit der betroffenen Prognose widersprechen. Solche Umstände seien vorliegend aber nicht gegeben. Insbesondere aber sei die von der Antragstellerin getroffene Prognose, wie von § 136b Abs. 5 S. 6 SGB V i.V.m. § 4 Abs. 4 S. 1 Mm-R gefordert, damit nicht widerlegt worden.
Es sei ferner unzutreffend, dass innerhalb kurzer Zeit eine Verdoppelung der Leistungszahlen nicht zu erwarten sei und dass es der Antragstellerin an der Verfügbarkeit eines OP-Teams mangele. Personelle und strukturelle Veränderungen seien geeignet, eine positive Prognose herbeizuführen Die Antragsgegner hätten mit Ihrer Aussage, die personellen und strukturellen Veränderungen seien nicht geeignet eine Verdoppelung der Leistungszahlen herbeizuführen, nochmals aufgezeigt, dass sie sich mit dem Vortrag der Antragstellerin nicht auseinandergesetzt haben. Bereits die Neueinstellung von Dr. G., der seine bisherigen Patienten „mitbringe“, sei annährend geeignet, unter hypothetischer Zugrundelegung seiner bisherigen Leistungszahlen von einer Erreichung der Mindestmenge auszugehen. Hinzu kämen nun zusätzlich noch die Patienten, die Dr. G. bislang abweisen musste, weil er diese in seiner bisherigen Praxis aus Kapazitätsgründen nicht behandeln konnte. Eine Behandlung dieser – bisher abgewiesenen – Patienten werde ab sofort stattfinden, womit die Leistungsmenge ein weiteres hypothetisches Plus verzeichnen kann.
Soweit sich die Antragsgegner darauf stützten, dass für die Durchführbarkeit der Operationen nicht nur die ärztlichen Mitarbeiter relevant seien, sondern es auch auf die Verfügbarkeit des gesamten Operationsteams ankomme, führe dies ins Leere. So habe die Antragstellerin im Jahr 2021 die geforderte Anzahl an Knie-TEP’s mit 47 Operationen noch nahezu erreicht, ohne dass es an geeignetem OP-Personal um die ärztlichen Mitarbeiter gemangelt habe. Die Antragstellerin verfüge derzeit über drei Operationstechnische Assistenten (OTA) sowie über zwei Medizinische Fachangestellte (MFA). Zum 1. Oktober 2023 sei eine weitere Anästhesietechnische Assistentin (ATA) eingestellt worden und eine weitere OTA-Stelle sei derzeit ausgeschrieben, um den erwarteten Steigerungen auch weiterhin unter hervorragenden Arbeitsbedingungen für das Personal gerecht werden zu können.
Unabhängig von diesen materiellrechtlichen Einwendungen sei der gemäß § 136b Abs. 5 S. 9 SGB V gemeinsam und einheitlich ergangene Bescheid formell rechtwidrig. Er verstoße gegen Formvorschriften aus § 33 Abs. 3 SGB X, weil der Bescheid weder die Unterschrift noch die Namenswiedergabe der einzelnen Behördenleiter bzw. der Vertreter oder Beauftragten erkennen lasse.
Unter dem 19. Januar 2024 hat die Antragstellerin zudem mitgeteilt, dass ein weiterer Operateur, Dr. M., ab dem 1. Juli 2024 in der Klinik der Antragstellerin tätig sein werde. Es sei zu erwarten, dass die Anzahl an Knie-TEP-Operationen durch diesen nochmals wesentlich gesteigert werden könnte. Dr. M. ist derzeit noch als Chefarzt in der Klinik für Orthopädie, Unfallchirurgie und Sporttraumatologie des C. Krankenhauses D-Stadt beschäftigt. In seiner dortigen Abteilung würden jährlich rund 100 Knie-TEP-Operationen – schätzungsweise rund die Hälfte unter seiner Mitwirkung – durchgeführt. Dr. M. sei aufgrund seines Herkommens auch im Raum A-Stadt als Operateur sehr bekannt. Viele A-Stadter Orthopäden vertrauten auf die äußerst kompetente Behandlung von Herrn Dr. M. und überwiesen ihre Patienten derzeit sogar nach D-Stadt zur Durchführung entsprechender Operationen. Es sei daher alleine aus diesem Grund zu erwarten, dass die Neueinstellung von Dr. M. nochmals zu einer wesentlichen Steigerung der Anzahl an Knie-TEP-Operationen beitragen werde.
Überdies befinde sich die Antragstellerin derzeit mit einer weiteren Orthopädin in der finalen Verhandlungsphase. Soweit die Verhandlungen – wie derzeit zu erwarten – zeitnah zu einem Abschluss kommen werden, solle die neue Ärztin als konservative Orthopädin im MVZ tätig werden. Dies wird dem MVZ eine Erweiterung der orthopädischen Behandlungskapazitäten ermöglichen. Es ist mithin überwiegend wahrscheinlich, dass auch diese Neueinstellung zu einer weiteren Steigerung der Knie-TEP-Operationen in entsprechend indizierten Fällen führen kann.
Die Antragstellerin beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Bescheide der Antragsgegner vom 5. Oktober 2023, gerichtet auf die Widerlegung der Mindestmengenprognose der Antragstellerin vom 8. September 2023 für den Leistungsbereich Kniegelenk-Totalendoprothesen für das Krankenhaus der Antragstellerin am Standort XXX1 anzuordnen.
Die Antragsgegner beantragen,
den Antrag abzulehnen.
Hierzu tragen sie vor, dass die maßgeblichen Parameter nach § 4 Abs. 2 Mm-R gegen die Antragstellerin sprächen: Die Antragstellerin habe im vorausgegangenen Kalenderjahr 19 relevante Leistungen erbracht. Damit seien nicht einmal 2/5 der im Jahr 2024 relevanten Leistungszahl erreicht. Entsprechendes gelte für die Leistungsmengen in den vier der Prognose vorausgehenden Quartalen, hier also II/22 bis II/23: Die Antragstellerin habe auch in diesem Zeitraum 19 relevante Leistungen und damit weniger als 2/5 der für 2024 relevanten Leistungszahl erbracht.
Nun stehe es der Antragstellerin frei, personelle und strukturelle Veränderungen darzulegen, die die Erwartung begründen können, dass im Jahr 2024 die vorgegebene Leistungsmenge erreicht werden werde. Im vorliegenden Zusammenhang sei allerdings zu berücksichtigen, dass die bisherige Leistungsmenge mehr als doppelt so hoch ist, wie die bisher erbrachte. Zudem befänden sich nach den Ausführungen der Antragstellerin die vorgerbachten Maßnahmen im Wesentlichen noch im Planungsstadium. Diese sollen den gesamten Klinikbetrieb erweitern, ohne dass sich diese Ausführungen konkret auf Knie-TEPs beziehen. Dies sei insgesamt sehr allgemein gehalten. Auch seien die personellen und strukturellen Veränderungen bereits im vergangenen Jahr angeführt worden, hätten aber bislang nicht zu einer solch rasanten Leistungssteigerung geführt, dass für 2024 eine Prognose von 50 Leistungen realistisch sei. Die für das Jahr 2023 erwartete Leistungsmenge liege immer noch bei nur der Hälfte der für 2024 relevanten mengenmäßigen Erwartung. Die geplanten Maßnahmen personeller und struktureller Art können nicht so gravierend greifen, dass innerhalb weniger Wochen eine Verdopplung der Leistungszahlen zu erwarten wäre.
Angesichts dieses Ergebnisses sei ein Erfolg der Klage in der Hauptsache nicht zu erwarten, was im Eilverfahren zu einer Entscheidung gegen die Antragstellerin führen müsse. Es seien keine ausreichenden Gründe vorgetragen, die gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Umsetzung der Mindestmengenregelung ins Gewicht fallen könnten. Die Prognose zur mengenmäßigen Entwicklung sei angesichts der absoluten Zahlen nicht realistisch.
Im Hinblick auf den Einwand der formellen Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Bescheides tragen die Antragsgegner vor, dass der verwendete Briefbogen lässt keinen Zweifel daran lasse, dass der Bescheid im Namen aller genannten zuständigen Verbände ergangen sei, denn es sind alle einzelnen Verbände der Krankenkassen in Hessen und der vdek als Generalbevollmächtigter für die Ersatzkassen einzeln aufgelistet. Insoweit seien alle erlassenden Behörden erkennbar.
Der Bescheid ende mit einer persönlichen Unterschrift einer Mitarbeiterin der AOK Hessen, wobei diese durch Vollmachten aller weiteren Verbände zum Erlass im Namen aller Verbände bevollmächtigt sei. Diese Bevollmächtigung sei der Antragstellerin auch die Übersendung einzelner Vollmachtdokumente nachgewiesen worden.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. Trotz nachdrücklicher Empfehlung der Kammer ist eine vergleichsweise Einigung zwischen den Beteiligten nicht zustande gekommen.
II.
Der zulässige Antrag ist begründet; angesichts der nach aktuelle Bewertung gegebenen Rechtsgültigkeit des streitgegenständlichen Bescheides überwiegt das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin, so dass der seitens des Bundesgesetzgebers angeordneten Wegfall der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen den streitgegenständlichen Bescheid vom 6. Oktober 2023 gemäß § 136b Abs. 5 S. 11 Hs. 2 SGB V (i.d.F. des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung vom 11. Juli 2021 [BGBl. I, S. 2754 ff.]) gerichtlich zu beseitigen ist.
Nach § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen eine Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung hat, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Bei der Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung hat das Gericht eine Abwägung des Interesses der Antragstellerin, die Wirkung des angefochtenen Bescheides (zunächst) zu unterbinden (Aussetzungsinteresse) mit dem Vollzugsinteresse der Antragsgegner vorzunehmen. Die aufschiebende Wirkung ist anzuordnen, wenn das Aussetzungsinteresse das Vollzugsinteresse überwiegt. Dabei richtet sich die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in erster Linie nach dem Grad der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des angefochtenen Eingriffsbescheides und den daraus folgenden Erfolgsaussichten der Klage im Hauptsacheverfahren. Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber in der vorliegenden Fallgestaltung ein Regel-/Ausnahmeverhältnis angeordnet hat. Da der Gesetzgeber die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen ausgeschlossen hat, überwiegt in der Regel das Vollzugsinteresse des Antragsgegners. Es bedarf deshalb ungeachtet der Garantie effektiven gemäß Art. 19 Abs. 4 GG Rechtsschutzes besonderer Umstände, um eine davon abweichende Entscheidung zu rechtfertigen (so vorstehenden Prüfungsmaßstab s. etwa LSG NW, Beschl. v. 16.1.2023 – L 19 AS 1775/22 B ER –, juris Rn. 29 ff.).
Vorliegend überwiegt ungeachtet dessen das Aussetzungsinteresse der Antragsteller das Vollzugsinteresse der Antragsgegner. Denn nach der im einstweiligen Rechtschutzverfahren möglichen Prüfungsdichte erweist sich der in der Hauptsache angegriffene Bescheid vom 5. Oktober 2022 als rechtswidrig, was vor dem Hintergrund des Grundrechts der Antragstellerin aus Art. 12 Abs. 1 GG die notwendigen besonderen Umstände begründet.
1. Der Gesetzgeber hat den GBA ermächtigt, planbare Leistungen zu bestimmen, bei denen die Qualität des Behandlungsergebnisses von der Menge der erbrachten Leistungen abhängig ist; gleichzeitig kann der GBA die entsprechende Mindestmenge, die zur Qualitätssicherung erforderlich ist, mit Bindungswirkung für die jeweiligen Krankenhäuser bestimmen (§ 136b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 SGB V). Von dieser Ermächtigung hat der GBA durch die Mindestmengenregelung (Mm-R, zuletzt geändert am 21. Dezember 2023 (veröffentlicht im Bundesanzeiger 14.02.2024 B8), in Kraft getreten am 15. Februar 2024 Gebrauch gemacht; für die Knie-TEP hat er für das Jahr 2024 eine Mindestmenge von 50 bestimmt (Nr. 6 der Anlage zur Mm-R).
Zunächst ist insoweit festzuhalten, dass insbesondere im Eilverfahren kein Anlass für die Kammer besteht, die Rechtmäßigkeit dieser Vorgabe sowie der weiteren Regelungen der Mm-R infrage zu stellen.
2. Gemäß § 136b Abs. 5 SGB V
„muss der Krankenhausträger gegenüber den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen für Krankenhausstandorte in ihrer Zuständigkeit jährlich darlegen, dass die erforderliche Mindestmenge im jeweils nächsten Kalenderjahr auf Grund berechtigter mengenmäßiger Erwartungen voraussichtlich erreicht wird (Prognose)“.
Dabei liegt nach der gesetzgeberischen Wertung
„eine berechtigte mengenmäßige Erwartung in der Regel vor, wenn das Krankenhaus im vorausgegangenen Kalenderjahr die maßgebliche Mindestmenge je Arzt oder Standort eines Krankenhauses oder je Arzt und Standort eines Krankenhauses erreicht hat“.
Gleichzeitig müssen die
„Landesverbände der Krankenkassen und die Ersatzkassen (…) für Krankenhausstandorte in ihrer Zuständigkeit ab der Prognose für das Kalenderjahr 2023 bei begründeten erheblichen Zweifeln an der Richtigkeit die vom Krankenhausträger getroffene Prognose durch Bescheid widerlegen“.
Weiterhin hat der GBA auf der Basis der Ermächtigung in § 136b Abs. 5 S. 5 SGB V Vorgaben zur Darlegung der durch die Krankenhausträger abzugebenden Prognose normiert. Insoweit ist die voraussichtliche Leistungsentwicklung gemäß § 4 Abs. 2 S. 2 Mm-R unter Berücksichtigung
1. der Leistungsmenge des vorausgegangenen Kalenderjahres,
2. der Leistungsmenge in den letzten zwei Quartalen des vorausgegangenen Kalenderjahres und den ersten zwei Quartalen des laufenden Kalenderjahres,
3. personeller Veränderungen und
4. struktureller Veränderungen zu begründen.
3. Auf der Basis der zuvor beschriebenen Maßstäbe und Kriterien hält der Widerlegungsbescheid einer gerichtlichen Nachprüfung im Hauptsacheverfahren nicht Stand. Die hierfür erforderlichen begründeten erheblichen Zweifel an der Richtigkeit der Prognose der Antragstellerin für das Jahr 2024 sind nicht ausreichend dargelegt, sie sind auch nicht anderweitig ersichtlich.
a) Hierbei ist zunächst aber darauf hinzuweisen, dass die Voraussetzungen der gesetzgeberischen Regelvermutung zu Gunsten der Antragstellerin gemäß § 136b Abs. 5 S. 4 SGB V nicht vorliegen, weil im Jahr 2023 die Mindestmenge von auch damals schon erforderlichen 50 Transplantationen pro Jahr im Haus der Antragstellerin (bei Weitem) nicht erreicht worden war.
b) Allerdings wirkt auch nicht die umgekehrte Regelvermutung zulasten der Antragstellerin, die der GBA in § 4 Abs. 4 S. 2 Mm-R erstmals für das hier relevante Jahr 2024 normiert hat. Hiernach liegen
„Begründete erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der vom Krankenhausträger getroffenen Prognose liegen in der Regel vor, wenn beispielsweise
a) die maßgebliche Mindestmenge im vorausgegangenen Kalenderjahr nach Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 nicht erreicht wurde und auch unter Berücksichtigung aller weiteren Kriterien gemäß Absatz 2 Satz 2 bis 4 konkrete, objektive Umstände der Richtigkeit der getroffenen Prognose widersprechen.
b) (…)“
Denn zu Recht weisen die Antragsteller darauf hin, dass zur Verwicklung des Regelbeispiels kumulativ mehrere Kriterien erfüllt sein müssen; es genügt für sich allein nicht, dass – wie im Falle der Antragstellerin – im vorausgegangenen Kalenderjahr die Mindestmenge nicht erreicht wurde. Vielmehr muss hinzutreten, dass
„objektive Umstände der Richtigkeit der getroffenen Prognose widersprechen“.
Nach dieser Formulierung ist es also keineswegs so, dass die Prognose als solche durch das jeweilige Krankenhaus positiv mit objektiven Umständen begründet werden muss, um das Regelbeispiel zu erfüllen. Vielmehr müssen seitens der Krankenkassen sonstige objektive widersprechende Umstände benannt werden, die der – zunächst als zutreffend zu unterstellenden Prognose eines Krankenhauses – entgegenstehen.
Solche objektiv widersprechenden Umstände haben die Antragsgegner nicht benannt, letztlich haben sie sich auch nicht auf die Erfüllung des Regelbeispiels berufen.
c) Für die vorliegende Entscheidung ist daher auf den grundsätzlichen Entscheidungsmaßstab für die Widerlegung der Prognose zurückzugreifen, wonach „begründete erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der übermittelten Prognose“ bestehen müssen (§ 4 Abs. 4 S. 1, 5 Abs. 5 S. 2 Mm-R). Für die zu treffende Bewertung stehen sich folgende Argumente gegenüber, wobei allein auf den Zeitpunkt der Widerlegungsentscheidung abzustellen ist, in dem auch die im Rahmen der zwingend erforderlichen Anhörung eines Krankenhauses (BSGE 132, 55 ff.) vorgebrachte (weitere) Begründung der Prognose Berücksichtigung finden können; wollte man bereits auf den Zeitpunkt der Prognose selbst abstellen, wäre die nachfolgend Anhörung letztlich überflüssig (insoweit nicht eindeutig LSG NW, Beschl. v. 5. Juni 2023 – L 10 KR 119/23 B ER –, Rn. 36 unter Bezugnahme auf Ulmer, SGb 2020, S. 581, 582, der für die Relevanz allein der „zum Prognosezeitpunkt bekannten und erkennbaren Umstände“ plädiert).
aa) Aufgrund der doch deutlichen Unterschreitung der erforderlichen Mindestmenge von Knie-TEP-Operationen in den Zeiträumen nach § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 1, 2 Mm-R kann sich die Antragstellerin lediglich auf die Kriterien nach § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 3, 4 Mm-R stützen, also auf personelle und strukturelle Veränderungen. Hierzu trägt sie letztlich folgende Umstände vor:
• Sie hat mit den erfahrenen und auch schon zuvor in entsprechender Weise praktisch tätigen Operateuren K. und Dr. G. bereits zum 1. Juli/1. Oktober 2023 ärztliches Personal gewonnen, dass für das Kalenderjahr 2024 einen wesentlichen Teil der erforderlichen Mindestmenge sicherstellen wird.
• Dies wird zusätzlich durch die strukturelle Verzahnung der Tätigkeit dieser Operateure im angeschlossenen MVZ zusätzlich untermauert.
• Zwei weitere erfahrene Orthopäden seien gefunden worden, die das ärztliche Team in MVZ und im Krankenhaus der Antragstellerin selbst im Jahr 2024 verstärken würden. Darunter befindet sich ein konservativer Orthopäde sowie ein Endoprothetik-Spezialist; die Vertragsverhandlungen seien weit fortgeschritten.
bb) Dem sind die Antragsteller mit folgenden Erwägungen im Bescheid vom 5. Oktober 2023 entgegengetreten:
• Bereits für das Jahr 2023 seien durch die Antragstellerin personelle und strukturelle Veränderungen geltend gemacht worden, die allerdings bislang nicht dazu geführt hätten, dass die Leistungszahl signifikant gestiegen sei. Zudem könnten Umstände, die zuvor bereits als Grund für das Nichterreichen der erforderlichen Mindestmengen in den relevanten Zeiträumen nach § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 1, 2 Mm-R geltend gemacht worden sein, nicht erneut berücksichtigt werden könnten (Abschnitt II.2. des Bescheids vom 5. Oktober 2023).
• Soweit seitens der Antragstellerin eine „Qualitätsoffensive“ geltend gemacht werde, lasse dies keinen konkreten Rückschluss auf die Erreichung der Mindestmenge zu (Abschnitt II.2. des Bescheids vom 5. Oktober 2023).
• Abschließend formulieren die Antragsgegner als „Ergebnis“, dass die von der Antragstellerin genannten Argumente gewürdigt worden, aber „nicht geeignet“ seien, eine positive Prognose zu begründen. Außerdem könnten personelle und strukturelle Gründe kein weiteres Mal in Folge als alleiniger Umstand zu Begründung der Prognose herangezogen werden. Daraus ergäben sich sodann begründete erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der Prognose, was zur Widerlegung durch Bescheid habe führen müssen.
d) Bei Gegenüberstellung dieser Argumente bestehen nach der im Eilverfahren vorzunehmenden summarischen Prüfung nicht die für die Widerlegung der Prognose erforderlichen erheblichen Zweifel (cc), wobei auch die Begründung der Antragsteller selbst die getroffene Entscheidung nicht trägt (zunächst aa und bb).
aa) Soweit die Antragsgegner ausführen, dass das Vorbringen der Antragstellerin nicht geeignet sei, eine positive Prognose zu begründen, drängen sich zumindest Zweifel auf, ob der richtige Maßstab zugrunde gelegt worden ist. Denn nach dem Wortlaut von § 136b Abs. 5 S. 6 SGB V ist nicht eine primär (gut) begründete Prognose eines Krankenhauses der Bewertungsmaßstab, sondern umgekehrt müssen Krankenkassen „bei begründeten erheblichen Zweifeln an der Richtigkeit der Prognose“ einen Widerlegungsbescheid erlassen. Nun ist freilich nicht zu verkennen, dass die Fundierung der Begründung einer Prognose durch ein Krankenhaus einerseits und Zweifel beim Adressaten der Prognosebegründung andererseits zwei Seiten derselben Medaille darstellen. Gleichwohl ist beides nicht als identisch anzusehen.
Insbesondere ist zunächst festzuhalten, dass nach der gesetzgeberischen Vorgabe nicht nur Zweifel ausreichen, sondern diese müssen gleichzeitig erheblich sein, was zudem „begründet“ sein muss. Weiterhin interpretiert die Kammer die Vorgabe begründeter erheblicher Zweifel als alleinigem Grund für einen Widerlegungsbescheid dahingehend, dass die Prognose eines Krankenhauses jedenfalls erst einmal zu akzeptieren ist, wenn die gegebene Begründung grundsätzlich geeignet ist, die zu erreichenden Mindestmenge zu begründen. Eine Widerlegung ist nur dann zulässig, wenn diese grundsätzliche Eignung durch Gegenargumente mit erheblicher Überzeugungskraft in Zweifel gezogen werden kann. Dies ergibt sich aus der einfachgesetzlichen Formulierung, die der Gesetzgeber gewählt hat, ist aber auch bei einem nicht in öffentlicher Hand befindlichen Krankenhaus gleichzeitig aufgrund grundrechtskonformer Auslegung unter Berücksichtigung des Art. 12 Abs. 1 GG geboten. Da angesichts der weithin bekannten prekären Krankenhausfinanzierung niemand 50 Knie-TEP-Operationen auf eigene Kosten vornehmen kann, bedeutet der Widerlegungsbescheid (mit der Folge des Vergütungsverlustes, § 136b Abs. 5 S. 2 SGB V) praktisch den erzwungenen Verzicht auf entsprechende Angriffe in einem prognostizierenden Krankenhaus. Die Widerlegung der Prognose kommt damit faktisch einem partiellen Berufsverbot gleich, so dass die grundrechtliche Interpretation unerlässlich ist.
bb) Gleichzeitig gehen die Antragsgegner offensichtlich davon aus, dass die Antragstellerin gehindert sei, erneut „personelle und strukturelle Gründe“ zur Begründung der Prognose heranzuziehen; nur so kann die Formulierung im streitgegenständlichen Bescheid unter der Überschrift „Ergebnis“ verstanden werden. Damit aber unterliegen sie einem Rechtsirrtum.
Diese Auffassung beruht offensichtlich auf einer Interpretation von § 4 Abs. 3 Mm-R; dieser lautet:
„Personelle, strukturelle und gegebenenfalls weitere Veränderungen, die das Erreichen der Mindestmengenzahl in den in Absatz 2 in Nummer 1 und 2 genannten Zeiträumen verhindert haben, können kein weiteres Mal in Folge als alleiniger Umstand zur Begründung der Prognose herangezogen werden.“
Daraus ergibt sich nach dem Wortlaut, dass Veränderungen, die das Erreichen der Mindestmengenzahl in den Zeiträumen nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 und 2 MM-R „verhindert haben“, nicht erneut berücksichtigt werden können. Dies bedeutet, dass ein Krankenhaus nicht wiederholt für verschiedene Prognosejahre die gleichen Defizite gleichsam als – untechnisch gesprochen – „Entschuldigung“ für das Nichterreichen der Mindestmengen in den zunächst durch den GBA für entscheidend erklärten Zeiträumen geltend machen kann. Dies schließt aber gerade nicht aus, dass gleichartige Veränderungen nicht im „positiven“ Sinne wiederholt zur Begründung der Prognose herangezogen werden können. Plastisch formuliert: Ein Krankenhaus kann nicht mehrere Jahre hintereinander geltend machen, leider keine Ärzte für die Durchführung der jeweiligen Eingriffe gefunden zu haben, weil der Arbeitsmarkt solche nicht zur Verfügung stelle. Umgekehrt ist es einem Krankenhaus aber nicht verwehrt, wiederholt die Neueinstellung und weitere Anwerbung von Operateuren geltend zu machen, um die Prognose zu begründen.
Dies ergibt sich auch aus den tragenden Gründen zur Einführung des § 4 Abs. 3 MmRL, die der GBA unter dem 17. November 2017 formuliert hat (www.g ba.de, zuletzt abgerufen am 16. Februar 2024); diese lauten:
„Diese Regelung stellt eine Limitierung der Möglichkeit dar, eine berechtigte mengenmäßige Erwartung auf Grundlage von personellen, strukturellen oder anderen Erwägungen im Sinne von Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 4 sowie Absatz 2 Satz 3 begründen zu können. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass personelle und strukturelle Umstände in den Verantwortungsbereich des Krankenhauses fallen und dieses dafür Sorge zu tragen hat, dass diesbezügliche Hindernisse, die einer Erfüllung der Mindestmengenzahl im Wege stehen, zeitnah beseitigt werden und somit eine dauerhafte Leistungserbringung bei wiederholter Unterschreitung der Mindestmengenzahl vermieden wird.“
Es geht also hier um die Pflicht eines Krankenhauses zur Beseitigung von Hindernissen, nicht aber um das Verbot gleichartiger Lösungen zur Beseitung des Hindernisses „Ärztemangel“ durch wiederholte gleichartige personelle Veränderungen etwa in Gestalt der Einstellung von Ärzten. Dies wird auch konkret in der Situation der Antragstellerin deutlich, die nach der Erkrankung ihres früheren Geschäftsführers sodann den neuen Chefarzt Dr. E. einstellte, der Ende 2021 ebenfalls krankheitsbedingt ausfiel (nach Erreichen von 47 Knie-TEP-Eingriffen). Es wäre schlicht abwegig, nunmehr die erneute Einstellung eines anderen Operateurs als Prognosegrund zurückzuweisen, weil mit Dr. E. bereits im Jahr zuvor die Neueinstellung eines Operateurs erfolgt war.
cc) Hierauf kommt es letztlich jedoch nicht an. Denn zu Unrecht haben die Antragsgegner begründet erhebliche Zweifel an der Prognose der Antragstellerin geltend gemacht. Unter Zugrundelegung des zuvor unter aa) formulierten grundrechtskonformen Maßstabs gilt Folgendes:
(1) Die Antragstellerin trägt vor, im Juli und Oktober 2023 zwei (erfahrenen) Operateuren angestellt zu haben, die zugleich in dem dem Krankenhaus angeschlossenen MVZ tätig sind und somit nicht nur Patienten behandeln können, die von Dritten zugewiesen werden, sondern selbst zunächst konservativ behandelte Versicherte für einen entsprechenden Eingriff dem Krankenhaus der Antragstellerin vorstellen können und erwartungsgemäß auch werden. Dabei kann im A-Stadter Land als allgemeinkundig gelten, dass insbesondere Dr. G. ein weithin bekannter orthopädischer Operateur mit entsprechender fachlicher Expertise ist.
Weiterhin hat die Antragstellerin ergänzt, dass mit zwei weiteren Orthopäden Verhandlungen über einen Einstellungsvertrag im Hause der Antragstellerin laufen, von denen zumindest einer ein ebenfalls bekannter Endoprothetik-Spezialist sei (was sich, ohne dass es im Hinblick auf die Prognose wegen der ex post-Sicht rechtlich von Bedeutung ist, in Bezug auf die Person des D-Stadter Chefarztes Dr. M. nach dem von der Kammer nicht in Zweifel gezogenen jüngsten Vorbringen der Antragstellerin bewahrheitet hat).
Gleichzeitig dürfte es der Antragstellerin auch im Hinblick auf § 4 Abs. 3 Mm-R nicht verwehrt sein, das endgültige Ausscheiden des früheren Geschäftsführers Dr. H. als zusätzlichen Hinderungsgrund betreffend die relevanten Zeiträume nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 und 2 Mm-R geltend zu machen, da nunmehr nicht nur dessen eingeschränkte Einsatzfähigkeit, sondern das vollständige krankheitsbedingte Ausscheiden aus der ärztlichen Tätigkeit geltend gemacht worden ist. Aber auch darauf kommt es angesichts des vorstehenden nicht entscheidungserheblich an.
Zusammengefasst: Die Antragstellerin kann geltend machen, zwei Operateure im Bereich Knie-TEP angestellt zu haben, die nicht nur selbst schlicht operieren, sondern für die Zuweisung von Patienten sorgen werden. Hinzu kommt die Aussicht auf die Einstellung eines weiteren erfahrenen Endoprothetikers im Jahr 2024. Dies begründet für sich genommen ohne Weiteres eine plausible, grundsätzlich fundierte Prognose, im Jahr 2024 insgesamt 50 Knie-TEP-Operationen vorzunehmen.
(2) Hieran hegen nun die Antragsgegner aus ihrer Sicht „begründet erhebliche Zweifel“, was – selbst wenn man die unter zuvor aa) und bb) dargelegten (zumindest) Unklarheiten im Hinblick auf den rechtlichen Maßstab beiseite lässt – allein daraus hergeleitet wird, dass bereits im Jahr 2023 durch die Antragstellerin personelle und strukturelle Veränderungen geltend gemacht worden seien, die jedoch bisher nicht zum Anstieg entsprechender Eingriffe im Bereich Knie-TEP geführt hätten. Dies genügt freilich nicht, um die Prognose der Antragstellerin zu widerlegen, denn hieraus lassen sich vielleicht Zweifel, keinesfalls aber solche erheblichen Ausmaßes herleiten.
Wie sich aus der auch von den Antragsgegnern nicht in Zweifel gezogenen Situationsschilderung der Antragstellerin ergibt, entstanden zunächst mit dem Wegfall des Dr. H. und dann des auch durchaus im Sinne der Mindestmengenregelung „erfolgreichen“ Chefarztes Dr. E. schwere Defizite im ärztlichen operativen Bereich. Wie anders soll ein Krankenhaus diese ausgleichen als durch Neueinstellung von entsprechendem ärztlichen Personal?! Genau auf diese Weise hat die Antragstellerin reagiert und noch in 2023 zwei (erfahrene) Operateure eingestellt, dabei Dr. G. erst im letzten Quartal 2023. Die Zeit davor war schlicht von den entsprechenden personellen ärztlichen Defiziten geprägt. Gleichzeitig hat es die Antragstellerin dabei nicht bewenden lassen, sondern weitere Verhandlungen mit Ärzten entsprechender Qualifikation für die hier streitgegenständlichen Eingriffe geführt – wohl durchaus wissend, dass gegebenenfalls mit den zwei Operateuren allein die Mindestmenge möglicherweise nicht erreicht werden kann.
Aus Sicht der Kammer hat die Antragstellerin daher genau auf die Weise reagiert, wie sie vor dem Hintergrund der bereits zitierten tragenden Gründe des GB-A handeln musste: Sie hat „dafür Sorge (…) getragen (…), dass diesbezügliche Hindernisse, die einer Erfüllung der Mindestmengenzahl im Wege stehen, zeitnah beseitigt werden“.
Die Situation im Hinblick auf 2024 ist gleichzeitig auch nicht mit derjenigen gleichzusetzen, wie sie in den relevanten Zeiträumen nach § 4 Abs. 2 Nr. 1 und 2 Mm-R im Haus der Klägerin geherrscht hat. Aus der Vergangenheit lässt sich im konkreten Fall der Antragstellerin daher gerade nicht auch auf die Zukunft schließen. Vielmehr ist es ihr gelungen, genau diese Hindernisse durch konkrete Einstellung von Ärzten zu beseitigen.
Nach alledem verbleiben schlicht keine Gründe, die begründete erhebliche Zweifel an der Prognose für 2024 auf Seiten der Antragsgegner rechtfertigen könnten, insbesondere nicht die von den Antragsgegnern vorgebrachten. Damit erweist sich der streitgegenständliche Bescheid vom 5. Oktober 2023 aller Voraussichtsnacht als rechtswidrig, so dass an dessen Vollzug kein öffentliches Interesse bestehen kann. Entsprechend ist die aufschiebende Wirkung der hiergegen gerichteten Klage anzuordnen.
3. Nur ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass es angesichts des zuvor begründeten Ergebnisses ebenso wenig auf die Validität einer zusätzlichen – in der Tat eher vagen – „Qualitätsoffensive“ der Antragstellerin ankommt wie auf die formelle Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Bescheides.
Soweit die Antragsgegner zu dem eingewandt haben, dass für das Erreichen der erforderlichen Mindestmenge auf Seiten der Antragstellerin auch das nichtärztliche Personal unzureichend sei, wertet die Kammer dies als Behauptung „ins Blaue hinein“; konkrete Anhaltspunkte dafür sind wieder vorgebracht noch in irgendeiner Form ersichtlich.
Soweit die Antragstellerin ihre Prognose erst nach dem 7. August 2023 eingereicht hat (vgl. § 5 Abs. 1 S. 1 Mm-R), misst die Kammer dem als reiner Ordnungsvorschrift keine streitentscheidende, weil die Rechtmäßigkeit der Prognose BHW der B als la das hatte ich gut und berührende Bedeutung bei, jedenfalls, nachdem die Antragsgegner inhaltlich die Prognose zurückgewiesen haben.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 197a SGG.