1. Eine Steuerberaterin, die - nach Beendigung einer 18-jährigen Tätigkeit als Angestellte - Mandate derselben Steuerberatungsgesellschaft in deren Namen, überwiegend in deren Kanzleiräumen unter Nutzung der dortigen Ausstattung bearbeitet, teilweise an Dienstbesprechungen teilnimmt und Berichts-, Aktenbearbeitungs- und Aufbewahrungspflichten sowie einer Qualitätskontrolle unterliegt, ist - auch bei überwiegender Vergütung durch eine Umsatzbeteiligung an den von ihr bearbeiteten Mandaten - abhängig beschäftigt.
2. Das Unternehmerrisiko ist auch bei eigener Bezahlung von Fortbildungskosten sowie Beiträgen zur Haftpflichtversicherung und dem Berufsverband gering ausgeprägt, wenn die Umsatzbeteiligung an die Steuerberaterin auch bei Zahlungsausfall der Steuerberatungsgesellschaft geleistet wird und in Monaten mit geringer Umsatzbeteiligung Vorschüsse gezahlt werden, so dass ein monatlich relativ gleich bleibendes Einkommen gesichert ist.
3. Weisungsgebundenheit und Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation müssen zur Annahme einer Beschäftigung iSd § 7 Abs. 1 SGB IV nicht kumulativ vorliegen.
4. Im Hinblick auf die berufsspezifischen Besonderheiten bei Steuerberatern kommt vor allem der Frage nach der Eingliederung in einen fremden Kanzleibetrieb und dem Unternehmerrisiko maßgebliche Bedeutung zu.
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 23. März 2022 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d :
Streitig ist im Rahmen eines Anfrageverfahrens nach § 7a Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) die Versicherungspflicht der Tätigkeit der Beigeladenen zu 2 als Steuerberaterin in der Kanzlei der Klägerin und Berufungsklägerin (Klägerin) nach dem Recht der Arbeitsförderung in der Zeit ab 01.04.2018.
Die Klägerin betreibt in der Rechtsform einer GmbH eine Steuerberatungsgesellschaft in A. Sie hat festangestellte und freiberufliche Mitarbeiter. Die Beigeladene zu 2 war bei der Klägerin zunächst seit 01.04.2000 in Vollzeit zu einem monatlichen Bruttogehalt in Höhe von 8.000,- DM (inklusive Weihnachts- und Urlaubsgeld) als Assistentin der Geschäftsleitung versicherungspflichtig beschäftigt, zuletzt hatte sie monatlich 6.600,- Euro brutto bezogen. Ihr oblag nach dem Anstellungsvertrag die Kontrolle der Arbeitsergebnisse der Mitarbeiter im Bereich der Steuerdeklaration sowie die fachliche Anleitung der Mitarbeiter auf diesem Gebiet. Zweites Aufgabenfeld war die selbstständige Bearbeitung von Steuererklärungen und Jahresabschlüssen. Während dieser Zeit legte die Beigeladene zu 2 im Jahr 2004 die Steuerberaterprüfung ab und eignete sich Fachwissen auf verschiedenen Spezialgebieten an.
Nach der Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die Beigeladene zu 2 zum 31.03.2018 vereinbarte die Klägerin mit der Beigeladenen zu 2 am 09.04.2018 schriftlich eine freiberufliche Zusammenarbeit, wonach die Beigeladene zu 2 als Steuerberaterin eigenverantwortlich und fachlich unabhängig tätig werden und handeln solle. Die von ihr bisher betreuten Mandanten würden ihr zur weiteren Betreuung angeboten; die Beigeladene zu 2 sage zeitnah, in welchem Umfang sie diese Mandanten weiterbetreuen wolle. Die Klägerin behielt sich vor, einzelne Mandate an angestellte Mitarbeiter oder andere freiberufliche Kräfte zu geben. Die Beigeladene zu 2 sei an keine Arbeitszeit gebunden und sichere im Gegenzug eine zeitnahe Bearbeitung der übernommenen Aufträge zu. Ihr Honoraranspruch belaufe sich auf die Hälfte des von der Klägerin an die Mandanten berechneten Honorars. Für Aufträge, die sie zusammen mit anderen Mitarbeitern abarbeite, werde entweder ein angemessener Aufteilungssatz oder ein angemessenes Stundenhonorar (derzeit 65,- Euro) gefunden. Die Beigeladene zu 2 habe keinen Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub, auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, versichere sich selbst und zahle die Beiträge zur Rentenversicherung selbst. Die von ihr erstellten Arbeiten würden von einem anderen Berufsträger der Kanzlei mir ihr besprochen und diskutiert, um ein hohes Qualitätsniveau zu halten bzw. zu erreichen. Die von der Beigeladenen zu 2 bearbeiteten Akten blieben in der Kanzlei. Die Beigeladene zu 2 informiere die Kanzleileitung über die Abarbeitung der Aufträge, auftretende Besonderheiten und evtl. Probleme. Die Aktenführung erfolge so vollständig, dass es einem Fachkundigen jederzeit möglich sei, jeden Vorgang ohne größeren Aufwand weiter zu bearbeiten. Der Beigeladenen zu 2 werde ein Arbeitsplatz mit Computer und Anbindung an die EDV in den Kanzleiräumen ohne Berechnung zur Verfügung gestellt, um zu vermeiden, dass Akten oder Unterlagen der Mandanten außer Haus gegeben werden müssten. Die private Nutzung des Arbeitsplatzes sei untersagt. Sie habe kostenlos Zugang zu der elektronisch und in Papier vorgehaltenen Fachbibliothek der Kanzlei. Im Übrigen beschaffe die Beigeladene zu 2 ihre Arbeitsmittel selbst und organisiere und bezahle Fortbildungen selbst. Soweit in den Kanzleiräumen Fortbildungen angeboten würden, könne sie daran ohne gesonderte Berechnung teilnehmen. Es sei ihr untersagt, für die Dauer von 24 Monaten nach Beendigung der freiberuflichen Tätigkeit für solche Auftraggeber tätig zu werden, die in den letzten drei Jahren vor Beendigung des Vertragsverhältnisses zum Mandantenkreis der Klägerin gehört hätten und mit deren Bearbeitung sie betraut gewesen sei. Ihr Honorar stelle sie monatlich in Rechnung und erhalte Bezahlung innerhalb von zwei Wochen.
Die Tätigkeit der Beigeladenen zu 2 beinhaltete die Erstellung von Jahresabschlüssen und Steuererklärungen für Unternehmen verschiedener Rechtsformen und Privatpersonen, die Bearbeitung von Rechtsbehelfen, Begleitung von Betriebsprüfungen und Steuerberatung im weitesten Sinn. Die Beigeladene zu 2 verfügte über eine Visitenkarte der Klägerin mit der Aufschrift "Steuerberatungsgesellschaft A, E, Steuerberaterin", eine eigene E-Mail-Adresse bei der Klägerin und war dort unter einer eigenen Telefondurchwahl erreichbar. Persönliche Besprechungen mit den von ihr betreuten Mandanten der Klägerin fanden überwiegend in der Kanzlei der Klägerin, teilweise auch bei den Mandanten vor Ort statt. Die Beigeladene zu 2 wurde in ihrer Tätigkeit nicht von anderen Mitarbeitern der Klägerin vertreten und bearbeitete die Mandate alleine. Konnte sie Termine kurzfristig nicht wahrnehmen, erfolgte eine Absage gegenüber den Mandanten seitens der Klägerin. Im Lauf der Zeit gab die Beigeladene zu 2 zwischen fünf und zehn Mandate an die Klägerin zurück, da sie keine zeitlichen Kapazitäten mehr hierfür hatte. Auf ihr Betreiben wurde der Stundensatz für die Tätigkeiten, die nach Stunden vergütet wurden, im Laufe der Zeit zweimal angehoben. Die Beigeladene bezahlte ihre Fortbildungen selbst und wendete hierfür monatlich insgesamt etwa 300,- Euro auf. Den Beitrag für den Berufsverband der Steuerberater in Höhe von jährlich etwa 400,- bis 500,- Euro trägt sie selbst; sie verfügt über eine eigene Vermögenshaftpflichtversicherung und muss evtl. Fehler gegenüber der Klägerin kostenlos bereinigen. Ein Haftungsfall ist bislang nicht eingetreten. Wenn die Klägerin ihren Mandanten aus Kulanzgründen entgegenkommt und ein geringeres Honorar anfällt, kann auch die Beigeladene zu 2 nur das geringere Honorar in Anspruch nehmen. Das Risiko, dass der Kunde, z.B. im Insolvenzfall, nicht bezahlt, trägt die Beigeladene zu 2 nicht.
Die Beigeladene zu 2 und die Klägerin beantragten am 20.04.2018 bei der Beklagten und Berufungsbeklagten (Beklagten) die Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status für die seit 01.04.2018 ausgeübte Tätigkeit als Steuerberaterin. Beide beantragten die Feststellung, dass eine Beschäftigung nicht vorliege. Vorgaben zur Auftragsausführung würden nicht gemacht, die Beigeladene zu 2 habe über ihre Arbeitsergebnisse an die Geschäftsführung zu berichten. Die Aufträge seien aus Datenschutzgründen in den Räumen des Auftraggebers zu bearbeiten. Die Beigeladene zu 2 nehme an Dienstbesprechungen teil; interne Schulungen könne sie freiwillig besuchen. Auf die Frage nach unternehmerischem Auftreten (z. B. durch Werbung oder eigene Preisgestaltung) antwortete die Beigeladene zu 2, dies sei nicht gegeben. Ein eigenes Unternehmerrisiko trage sie durch den Einsatz eigener Arbeitsmittel, eine eigene Berufshaftpflichtversicherung, ein Regressrisiko bei Haftungsfällen und die Kostentragung für Fortbildungen. Der Stundensatz von 65,- Euro für andere Tätigkeiten (Gutachten, fachliche Erörterungen) sei von ihr frei verhandelt worden. Sie habe besondere Fachkenntnisse hinsichtlich der Erstellung von Konzernabschlüssen gemäß §§ 290 ff. Handelsgesetzbuch (HGB). Hierfür sei die Kanzlei auf externes Know-how angewiesen. Sie habe im Wesentlichen die Bearbeitung der in den vergangenen Jahren von ihr betreuten Mandate übernommen. Sie habe aber keinen Rechtsanspruch auf die bisher von ihr betreuten Mandate. Eine Einweisung in die Tätigkeit sei wegen der vorherigen jahrelangen Bearbeitung nicht erforderlich gewesen. Die Jahresabschlüsse unterzeichne sie selbst. Sie müsse lediglich Terminvorgaben der Mandanten einhalten, ansonsten sei sie in der Bearbeitung der Aufträge frei. Zeitlich arbeite sie zwischen 30 und 40 Stunden pro Woche. Eigene Angestellte habe sie nicht. Sie übernehme keine Krankheits- oder Urlaubsvertretung und arbeite grundsätzlich nicht mit Mitarbeitern ihres Auftraggebers zusammen. Sie habe auch keine Weisungsbefugnis gegenüber angestellten Mitarbeitern der Klägerin. Dritten gegenüber werde ihre freie Mitarbeit für die Kanzlei nicht explizit herausgestellt. Nach Fertigstellung ihrer Aufträge würden die Ergebnisse mit einem Geschäftsführer diskutiert; dieser wolle über die Entwicklung der Mandate informiert sein. Sie habe Fachliteratur selbst angeschafft und nutze für Dienstreisen und berufliche Fahrten ihren eigenen Pkw. Im Durchschnitt erziele sie nun ein monatliches Honorar von 9.500,- Euro bei einem Arbeitseinsatz von rund 34 Stunden pro Woche. Als unternehmerische Chancen sehe sie die Möglichkeit, mittelfristig eigene Mandate zu werben, die sie unter eigenem Namen abrechnen könne. Durch effiziente Bearbeitung der von der Klägerin überlassenen Mandate könne sie eine höhere Vergütung ihrer Arbeitszeit erreichen.
Die Klägerin nahm zur Anhörung der Beklagten im Wesentlichen übereinstimmend Stellung und ergänzte, dass die Beigeladene zu 2 die Jahresabschlüsse und Steuererklärungen der übertragenen Mandanten völlig selbstständig bearbeite, die erforderliche Arbeitszeit plane und sämtliche Termine und Fragen direkt mit den Steuerpflichtigen abstimme. Die von ihr erstellten Arbeiten unterschreibe sie auch eigenverantwortlich. Vereinbarungen über festgelegte Tage, an denen sie vor Ort in der Kanzlei tätig werden müsse oder über die Anzahl der monatlichen Stunden gebe es nicht. Fachliche Vorarbeiten leiste sie teilweise im häuslichen Büro. Es werde keine gesonderte Rechnung über eine Kostenbeteiligung gestellt; diese sei bereits über den Abrechnungssatz von 50 % der erwirtschafteten Honorare abgegolten. Die Beigeladene zu 2 erbringe die Leistungen persönlich. Die Stellung einer Ersatzkraft sei nicht notwendig. Vom Grundsatz her sei eine Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern nicht vorgesehen. Die Beigeladene zu 2 sei aufgrund des Standesrechts fachlich unabhängig, so dass sich fachliche Weisungen verböten. Sie erhalte auch keine organisatorischen Weisungen. Die freie Mitarbeit werde gegenüber den Mandanten nicht kommuniziert, um keinen Anreiz für einen Mandatswechsel zu schaffen. Eine Kontrolle ihrer Tätigkeit finde nicht statt; die Klägerin werde aber über die Ergebnisse und auftretende Besonderheiten informiert, damit die Klägerin bei an sie von Mandanten herangetragenen Fragen im Bilde sei. Ihre Leistungen seien aufgrund der vorhandenen Spezialkenntnisse nicht mit den Leistungen der anderen Mitarbeiter austauschbar. Die stärkere Einbindung der angestellten Mitarbeiter zeige sich hinsichtlich der Anwesenheitszeiten, Vertretungspflicht, Urlaubsregelungen und der organisatorischen und - wenn es sich nicht um Steuerberater handele - auch fachlichen Weisungsgebundenheit. Die Beigeladene zu 2 führe größtenteils die Mandate weiter, die sie vor ihrer Kündigung betreut habe. Sie dürfe die Software der Klägerin nicht für die Bearbeitung von Mandaten anderer Auftraggeber nutzen. Sie erhalte für ihre Tätigkeit fast ausschließlich eine erfolgsabhängige Vergütung, das Stundenhonorar sei die absolute Ausnahme.
Die Beklagte stellte mit Bescheiden vom 20.09.2018 fest, dass die Tätigkeit der Beigeladenen zu 2 als Steuerberaterin für die Klägerin über den 01.04.2018 hinaus im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde und Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. In der gesetzlichen Krankenversicherung bestehe wegen Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze Versicherungsfreiheit; das Versicherungsverhältnis in der sozialen Pflegeversicherung entspreche dem der gesetzlichen Krankenversicherung. Nach der vorzunehmenden Gesamtwürdigung überwögen die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis; für eine selbstständige Tätigkeit sprächen nur die freie Zeiteinteilung und dass die Beigeladene zu 2 für weitere Auftraggeber tätig werden dürfe.
Hiergegen erhoben sowohl die Klägerin als auch die Beigeladene zu 2 Widerspruch. Steuerberater übten ihre Tätigkeit immer persönlich aus, setzten naturgemäß nicht umfangreich eigenes Kapital ein und ihre Gestaltungsmöglichkeiten seien durch Gesetze, Rechtsprechung und Verwaltungsanweisungen ohnehin sehr begrenzt. Gerade die Vergütungsregelung, wonach die Beigeladene zu 2 eine umsatzabhängige Vergütung in Höhe von 50 % der erwirtschafteten Mandantenhonorare erhalte, spreche für selbstständige Tätigkeit. Bei effizienter Bearbeitung biete sich die unternehmerische Chance, eine höhere Vergütung zu erwirtschaften. Das Honorar habe im Durchschnitt seit Beginn des Auftragsverhältnisses rund 70,- Euro pro Stunde betragen im Gegensatz zu rund 38,- Euro brutto zuvor. Die Beigeladene zu 2 ergänzte, sie sei seit 15.04.2005 Pflichtmitglied in der Versorgungseinrichtung der Bayerischen Rechtsanwalts- und Steuerberaterversorgung und mit Bescheid der Beklagten vom 07.05.2005 für ihre vorherige Angestelltentätigkeit von der Rentenversicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI befreit worden.
Mit Bescheiden vom 25.02.2019 nahm die Beklagte jeweils den Bescheid vom 20.09.2018 hinsichtlich der Feststellung der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zurück und stellte fest, dass diese wegen der Befreiung von der Versicherungspflicht nicht bestehe. Da die beurteilte Tätigkeit bereits vor dem 01.11.2012 begonnen worden sei, gelte die Befreiung auch für die über den 01.04.2018 hinaus ausgeübte Tätigkeit.
Die Beklagte wies die Widersprüche gegen die Bescheide vom 20.09.2018 im Übrigen mit Widerspruchsbescheiden vom 06.05.2019 zurück. Die Verantwortung für das Qualitätsmanagement obliege der Klägerin. Sie könne die zugesicherten Aufgaben gegenüber den Mandanten nur erfüllen, wenn sie die Arbeitsabläufe verantwortlich steuere und die Umsetzung beaufsichtige, was denknotwendig Weisungen gegenüber der Beigeladenen zu 2 voraussetze. Die Eingliederung in einen fremden Betrieb setze einen Arbeitsplatz im räumlichen Bereich der Klägerin nicht voraus, es genüge die organisatorisch-funktionelle Eingliederung in den Betrieb, die hier vorliege. Sofern sich das Weisungsrecht lediglich auf organisatorische Fragen beziehe und fachliche Einzelweisungen nicht geboten seien, entspreche dies der Typik bei fachlich qualifiziertem Personal. Eine eigenverantwortliche Planung und Ausführung der Arbeiten finde man auch bei Beschäftigten. Ein nennenswertes Unternehmerrisiko sei nicht erkennbar, da kein Wagnis bestehe, das über dasjenige hinausgehe, kein Entgelt zu erzielen.
Die Klägerin erhob am 29.05.2019 Klage vor dem Sozialgericht Landshut (S 7 BA 24/19), die Beigeladene zu 2 am 03.06.2019 (S 7 BA 25/19). Das Sozialgericht verband die beiden Klageverfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung mit Beschluss vom 22.07.2019. Die Klägerin führte ergänzend aus, ein für die Klägerin besonders wichtiger Mandant sei eine europaweit tätige Unternehmensgruppe, für die die Beigeladene zu 2 insbesondere die konsolidierten Jahresabschlüsse erstelle, was von den angestellten Mitarbeitern der Klägerin nicht wahrgenommen werden könne. Dieser Konzern, den die Beigeladene zu 2 betreue und bereits zuvor betreut habe, beanspruche ca. 4,5 bis 5 Monate der jährlichen Arbeitszeit. Die Klägerin habe der Beigeladenen zu 2 lediglich die Möglichkeit eingeräumt, einen Büroarbeitsplatz in ihren Räumlichkeiten zu nutzen, der aber auch von anderen Mitarbeitern der Klägerin genutzt werde. Der relativ geringe Kapitaleinsatz bei geistigen Tätigkeiten könne kein ausschlaggebendes Kriterium für Beschäftigung sein. Die Beigeladene zu 2 erhalte ihre Vergütung nur, wenn die Leistung tatsächlich erbracht werde und nicht bereits bei Leistungsbereitschaft, und hafte für Mangel- und Mangelfolgeschäden. Die Vergütung nach Stunden mache bei der Beigeladenen lediglich rund 2,5 % an der Gesamtvergütung aus. Zur Klagebegründung führte die Beigeladene zu 2 ergänzend aus, aus datenschutzrechtlichen Gründen sei sie verpflichtet, die Aufträge in den Kanzleiräumen der Klägerin abzuarbeiten. Nötige fachliche Vorarbeiten und Recherche führe sie in ihrem häuslichen Büro durch. Mit der anderen Hälfte des erwirtschafteten Honorars seien die Aufwendungen der Klägerin für Büro und EDV abgegolten. Sie nehme an betrieblichen Veranstaltungen der Klägerin nicht teil. Sie betreue auch eigene Mandanten (zwei größere Dauermandate) von ihrem häuslichen Büro aus, was etwa 10 % ihrer Tätigkeit ausmache. Eine weisungsgebundene Tätigkeit mit Eingliederung in die betriebliche Arbeitsorganisation der Klägerin liege nicht vor. Mandate bekomme sie über Mundpropaganda im Bekanntenkreis. Sie habe eine eigene DATEV-Beraternummer, unter der sie diese Mandate betreue. Die Mandate der Klägerin bearbeite sie überwiegend in der Kanzlei der Klägerin unter deren Beraternummer oder direkt auf den Servern der Mandanten. Sie sei in der Regel vier Tage pro Woche von 9.00 Uhr bis 17.30 Uhr im Büro der Klägerin.
Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 23.03.2022 ab. Zu Recht habe die Beklagte entschieden, dass die Merkmale für eine abhängige Beschäftigung überwögen. In der vertraglichen Vereinbarung fänden sich dem Willen der Vertragsparteien zufolge zwar Elemente einer selbstständigen Tätigkeit (Recht zur Ablehnung von Mandaten, freie Zeiteinteilung, kein Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, umsatzabhängiges Honorar, eigene Beschaffung von Arbeitsmitteln), die Beigeladene zu 2 werde darin aber auch verpflichtet, die Arbeiten mit einem anderen Berufsträger der Kanzlei zu besprechen, die Akten in der Kanzlei aufzubewahren und die Kanzleileitung über die Abarbeitung der Aufträge und auftretende Besonderheiten und Probleme zu informieren. Ein Arbeitsplatz mit Ausstattung werde der Beigeladenen zu 2 nach der Vereinbarung kostenlos zur Verfügung gestellt; sie könne kostenfrei an Fortbildungsmaßnahmen in den Kanzleiräumen teilnehmen. Bei Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern werde ein Stundenhonorar gezahlt. Die Vereinbarung sei so auch gelebt worden. Der vertragliche Ausschluss von Arbeitnehmerrechten könne eine selbstständige Tätigkeit nicht begründen. Auch ein Unternehmerrisiko sei nicht zu erkennen; die Beigeladene zu 2 erhalte ihr Honorar auch im Falle der Insolvenz eines Kunden. Umsatzbeteiligungen, Leistungszulagen, Bonizahlungen und Gehaltserhöhungen bei effizienter Arbeit seien auch einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis nicht fremd. Die Höhe des Honorars sei nur ein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit. Auch ein hohes Gehalt sei bei hochwertigen Arbeiten nicht unüblich. Gegenüber den Kunden werde die freie Mitarbeit nicht kommuniziert. Dass die Beigeladene zu 2 weitere Auftraggeber habe, sei nicht relevant, da auch bei einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis eine Nebentätigkeit möglich sei.
Die Klägerin hat gegen das Urteil Berufung beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Auch im Rahmen einer freien Mitarbeit sei es nicht ungewöhnlich, dass auf betriebliche Belange oder organisatorische Gegebenheiten des Auftraggebers Rücksicht genommen werden müsse. Die Besprechungen zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 2 hätten sich auf die von ihr zu bearbeitenden Mandate beschränkt; an allgemeinen Besprechungen zur Kanzleiorganisation nehme die Beigeladene zu 2 nicht teil. Ab Übernahme des Mandats habe die Klägerin keine weiteren Vorgaben zum Inhalt oder Ablauf der Mandatsbearbeitung gemacht. Die in der Vereinbarung über die freiberufliche Mitarbeit enthaltene Pflicht zur Besprechung der erstellten Arbeiten und Information bei Problemen stelle sich lediglich als Regelung einer vertrauensvollen Zusammenarbeit im Sinne einer Nebenpflicht (§ 241 Abs. 2 BGB) dar, die jedem Vertragsverhältnis innewohne, und nicht als Vorgabe im Sinne einer Weisungsbefugnis oder als Umstand, der zu einer Eingliederung führe. Gleiches gelte für die Pflicht zur Aufbewahrung der Akten und zur Aktenführung. Der Arbeitsplatz in der Kanzlei werde nicht kostenlos zur Verfügung gestellt, sondern sei bei der Honorargestaltung eingepreist worden. Die Nutzung der EDV der Klägerin sei zwingend, da ansonsten die Tätigkeit bei einigen Mandaten in technischer Hinsicht nicht möglich sei. Der Umstand, dass die Beigeladene zu 2 an kanzleiinternen Fortbildungen der L-Gruppe teilnehmen dürfe, sei nur gering zu gewichten, da diese Fortbildungen für die fachliche Weiterbildung von Steuerberatern meist nur wenig Relevanz hätten. Ein Unternehmerrisiko der Beigeladenen zu 2 bestehe darin, dass die Klägerin selbst in finanzielle Schieflage geraten könne, da die Beigeladene zu 2 im Insolvenzfall der Klägerin nicht die Privilegierung wie Arbeitnehmer habe. Außerdem sei es für sie bei der Annahme eines Mandats nicht absehbar, ob sich dieses lohne. Anders als ein angestellter Steuerberater, der sein Arbeitsentgelt unabhängig davon erhalte, ob sein Arbeitsaufwand das Honorar rechtfertige, trage die Beigeladene zu 2 das Risiko, für ihren Arbeitsaufwand nicht angemessen entlohnt zu werden. Außerdem trage sie das Risiko der Verschlechterung der Auftragslage, da eine Vereinbarung über eine Mindestzahl von anzubietenden Mandaten nicht getroffen worden sei. Die Beigeladene zu 2 könne ihren rechnerischen Stundenverdienst im Gegenzug bei effizienter Bearbeitung deutlich erhöhen. Das Honorar der Beigeladenen zu 2 liege weit oberhalb dessen, was angestellte Berufsträger mit vergleichbarer Berufserfahrung verdienten.
Der Bevollmächtigte der Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Landshut vom 23.03.2022 und des Bescheides vom 20.09.2018 in der Fassung des Bescheides vom 25.02.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.05.2019 festzustellen, dass die ab 01.04.2018 ausgeübte Tätigkeit der Beigeladenen zu 2 als Steuerberaterin bei der Klägerin nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wird und keine Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung begründet sowie die Revision zuzulassen.
Die Beigeladene schließt sich dem Antrag der Klägerin an.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat auf ihre bisherigen Ausführungen und die Entscheidungsgründe des Sozialgerichts Bezug genommen.
Ausweislich der auf gerichtliche Nachfrage vorgelegten Rechnungen der Beigeladenen zu 2 an die Klägerin erhielt diese neben dem Honorar in Höhe von 50 % des Umsatzes der bearbeiteten Mandate im Jahr 2018 noch einen monatlichen Leistungsbonus von 550,- Euro und im gesamten Zeitraum seit 01.04.2018 zusätzlich eine Vergütung nach Stunden (Stundensatz von 65,- Euro, ab September 2021 75,- Euro, ab Oktober 2022 100,- Euro) für weitere Tätigkeiten, die monatlich regelmäßig einen Umfang von zwischen 1,5 bis 10,0 Stunden ausmachten, wobei es auch Monate ohne Stundenvergütungen gab. Im Laufe der Zeit erhöhte sich der Anteil der Stundenvergütungen teilweise (November 2019: 31,75 Stunden, August 2021: 11,75 Stunden, September 2021: 16,75 Stunden, Oktober 2021: 15,5 Stunden, November 2021: 21,75 Stunden; Dezember 2021: 41,5 Stunden, April 2022: 20,75 Stunden, Juni 2022: 29,25 Stunden, Dezember 2022: 14,75 Stunden, Januar 2023: 24,25 Stunden, Februar 2023: 15,25 Stunden, Juni 2023: 14,5 Stunden, August 2023: 21 Stunden, September 2023: 20,75 Stunden, Oktober 2023: 11,5 Stunden, November 2023: 24,75 Stunden). In Monaten mit geringeren Umsatzvergütungen erhielt die Beigeladene zu 2 Abschläge (im Sinne von Vorschüssen) auf Jahresabschlussarbeiten (z.B. im März und April 2019, August 2019, November 2019, Februar und März 2020, Mai 2020, September 2020, März bis Mai 2021, Januar 2022, März bis Mai 2022, August bis November 2022, Februar 2023, März bis Mai 2023, Juli 2023, September 2023).
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die Berufung wurde nach § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht erhoben und ist auch im Übrigen zulässig. In der Sache ist die Berufung nicht begründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht die von der Klägerin in zulässiger Weise erhobene kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§§ 54 Abs. 1 1. Alt., 55 Abs. 1 Nr. 1, 56 SGG) abgewiesen, da der Bescheid vom 20.09.2018 in der Fassung des Bescheides vom 25.02.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.05.2019 rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt. Die Beigeladene zu 2 ist auch in der Zeit ab 01.04.2018 in ihrer Tätigkeit als Steuerberaterin für die Kanzlei der Klägerin abhängig beschäftigt und versicherungspflichtig nach dem Recht der Arbeitsförderung.
Rechtsgrundlage für das Statusfeststellungsverfahren ist § 7a SGB IV idF vom 29.03.2017 (aF). Nach dieser Vorschrift können die Beteiligten bei der Deutschen Rentenversicherung Bund - der Beklagten - schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren über die Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet (§ 7a Abs. 1 SGB IV aF). Die Beklagte entscheidet auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung vorliegt (§ 7a Abs. 2 SGB IV aF). Die Beklagte war für die von der Klägerin und der Beigeladenen zu 2 am 20.04.2018 (Antragseingang) beantragte Statusfeststellung zuständig, weil ein vorheriges Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung durch die Einzugsstelle oder einen anderen Versicherungsträger nicht eingeleitet worden war.
Im streitgegenständlichen Zeitraum unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, in der Arbeitslosenversicherung gemäß § 25 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) der Versicherungspflicht (und Beitragspflicht). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Tätigkeit und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 20.07.2023 - B 12 BA 1/23 R, Rdnr. 13 juris; BSG, Urteil vom 13.12.2022 - B 12 KR 16/20 R, Rdnr. 14 juris; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Kammerbeschluss vom 20.05.1996 - 1 BvR 21/96). Die jeweilige Zuordnung einer Tätigkeit nach deren Gesamtbild zum rechtlichen Typus der Beschäftigung bzw. selbstständigen Tätigkeit setzt dabei voraus, dass alle nach Lage des Einzelfalls als Indizien in Betracht kommenden Umstände festgestellt, in ihrer Tragweite zutreffend erkannt und gewichtet, in die Gesamtschau mit diesem Gewicht eingestellt und nachvollziehbar, d.h. den Gesetzen der Logik entsprechend und widerspruchsfrei, gegeneinander abgewogen werden (BSG, Urteil vom 25.04.2012 - B 12 KR 24/10 R, Leitsatz und Rdnr. 25 ff juris).
Zur Feststellung des Gesamtbilds kommt den tatsächlichen Verhältnissen nicht voraussetzungslos ein Vorrang gegenüber den vertraglichen Abreden zu. Ausgangspunkt für die Beurteilung ist demnach zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. BSG, Urteil vom 29.08.2012 - B 12 R 25/10 R, Rdnr. 16 juris). Zur Abgrenzung von Beschäftigung und Selbstständigkeit ist regelmäßig vom Inhalt der zwischen den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen auszugehen. Dazu haben Verwaltung und Gerichte zunächst deren Inhalt konkret festzustellen. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so ist neben deren Vereinbarkeit mit zwingendem Recht auch zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Erst auf Grundlage der so getroffenen Feststellungen über den (wahren) Inhalt der Vereinbarungen ist eine wertende Zuordnung des Rechtsverhältnisses zum Typus der Beschäftigung oder selbstständigen Tätigkeit vorzunehmen und in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob besondere Umstände vorliegen, die eine hiervon abweichende Beurteilung notwendig machen (BSG, Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R, Rdnr. 17 juris). Der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung schließt es dabei allerdings aus, dass die Beteiligten selbst über die rechtliche Einordnung einer Person als selbstständig oder beschäftigt entscheiden. Über zwingende Normen der Sozialversicherung kann nicht im Wege der Privatautonomie verfügt werden. Deshalb kommt es entscheidend auf die tatsächliche Ausgestaltung und Durchführung der vertraglichen Beziehungen an (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 28.06.2022 - B 12 R 3/20 R, Rdnr. 12 juris mwN; BSG, Urteil vom 20.07.2023 - B 12 BA 1/23 R, Rdnr. 14 juris).
Nach den genannten Grundsätzen gelangt der Senat unter Abwägung aller Umstände zu der Überzeugung, dass die Beigeladene zu 2 in ihrer Tätigkeit als Steuerberaterin für die Klägerin in der Zeit ab 01.04.2018 der Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung aufgrund abhängiger Beschäftigung unterliegt, da die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliegend deutlich überwiegen.
Aufgrund der von der Beklagten wegen des Überschreitens der Jahresarbeitsentgeltgrenze festgestellten Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung und der Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung ist nur die Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung streitig.
Ausgangspunkt der Bewertung ist die zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 2 geschlossene Vereinbarung einer freiberuflichen Zusammenarbeit, die - worauf das Sozialgericht zutreffend hinweist - nach den getroffenen Regelungen insbesondere im Hinblick auf die Möglichkeit der Beigeladenen zu 2, sich Mandate auszusuchen, ihre Arbeitszeit frei einzuteilen und die getroffene Vergütungsvereinbarung (im Wesentlichen 50-prozentige Umsatzbeteiligung) Elemente enthält, die auf eine selbstständige Tätigkeit hindeuten. Die Vereinbarung wurde nach dem Vortrag der Beteiligten auch entsprechend gelebt, wobei der vereinbarte Stundensatz für die weiteren Tätigkeiten der Beigeladenen zu 2 auf ihre Initiative ausweislich der vorgelegten Rechnungen im Laufe der Zeit auf
75,- Euro und zuletzt auf 100,- Euro angehoben wurde.
Soweit die Vereinbarung auf die eigenverantwortliche und fachlich unabhängige Tätigkeit der Beigeladenen zu 2 als Steuerberaterin verweist und die Klägerin im weiteren Verfahren insbesondere zum Merkmal der Weisungsgebundenheit iSd § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV auf die Eigenheiten des Berufs der Steuerberaterin eingeht, lässt sich allein aus der Zuordnung zu einem "freien Beruf" keine normative Wirkung in dem Sinne ableiten, dass die Angehörigen eines solchen Berufs grundsätzlich einer selbstständigen Tätigkeit nachgingen und in erhöhtem Maße vor gesetzgeberischen Eingriffen - hier durch Begründung der Versicherungspflicht - geschützt wären (vgl. BSG, Urteil vom 07.07.2020 - B 12 R 17/18 R, Rdnr. 33 juris - Steuerberater; Bundesverfassungsgericht - BVerfG, Beschluss vom 25.02.1960 - 1 BvR 239/52, Rdnr. 44 juris). Ein und derselbe Beruf kann - je nach konkreter Ausgestaltung der vertraglichen Grundlagen in ihrer gelebten Praxis - entweder in Form der Beschäftigung oder als selbstständige Tätigkeit ausgeübt werden. Maßgebend sind stets die konkreten Umstände des Einzelfalls (vgl. BSG, Urteil vom 04.06.2019 - B 12 KR 11/18 R, Rdnr. 18 mwN - Honorararzt). Auf die Verkehrsanschauung, der der Typusbegriff des "freien Berufs" letztlich entspringt, kommt es für die Abgrenzung zwischen Beschäftigung und Selbstständigkeit nicht an (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.2022 - B 12 R 4/20 R, Rdnr. 24 f. - Gesellschafter-Geschäftsführer einer Rechtsanwalts-GmbH; BSG, Urteil vom 07.07.2020 - B 12 R 17/18 R, Rdnr. 33 juris - Steuerberater). Das Berufsrecht der Steuerberater geht zwar grundsätzlich von einer selbstständigen Tätigkeit aus, lässt aber auch den Status als Arbeitnehmer zu. Denn mit dem Beruf des Steuerberaters ist ausdrücklich nicht nur eine freiberufliche Tätigkeit (§ 57 Abs. 3 Nr. 2 Steuerberatungsgesetz - StBerG) vereinbar, sondern auch eine Tätigkeit als Angestellter (§ 58 Satz 1 StBerG idF des Gesetzes zur Änderung von Vorschriften über die Tätigkeit der Steuerberater (7. StBÄndG) vom 24.06.2000, BGBl. I 874), insbesondere als Angestellter eines Steuerberaters (§ 3 Satz 1 Nr. 1 StBerG) oder einer Steuerberatungsgesellschaft (§ 3 Satz 1 Nr. 3 StBerG). Darüber hinaus verfolgen das anwaltliche Berufsrecht und das Sozialversicherungsrecht unterschiedliche Zwecke, die mit einer am Berufsrecht orientierten Auslegung des sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsbegriffs nicht vereinbar sind (vgl. BSG, Urteil vom 07.07.2020 - B 12 R 4/20 R, Rdnr. 35 juris).
Das gewichtigste Merkmal, das vorliegend für eine abhängige Beschäftigung spricht, ist die Eingliederung der Beigeladenen zu 2 in den fremden Kanzleibetrieb der Klägerin. Die Beigeladene zu 2 übt eine Tätigkeit aus, die der Klägerin unmittelbar zuzurechnen ist. Ohne das spezielle Fachwissen der Beigeladenen zu 2 im Bereich der Konzernabschlüsse könnte die Klägerin ihrer Verpflichtung aus den entsprechenden Mandatsverhältnissen gegenüber ihren eigenen Mandanten nicht nachkommen. Es handelt sich bei der Tätigkeit der Beigeladenen zu 2 um von der Klägerin angebahnte Mandate, für die sie gegenüber dem Finanzamt letztverantwortlich ist und für die sie die Rechnungen an die Mandanten stellt und dabei auch die von diesen zu begleichende Honorarhöhe festlegt. Die Abrechnung gegenüber den Mandanten erfolgt allein durch die Klägerin als Vertragspartnerin der Mandanten. Die Beigeladene zu 2 war und ist damit in die Abrechnungsstruktur der Klägerin eingebunden und - beispielsweise bei Kulanzregelungen der Klägerin gegenüber Mandanten - auch vom Abrechnungsverhalten der Klägerin abhängig. Die Beigeladene zu 2 nutzt in den Kanzleiräumen der Klägerin tatsächlich jedenfalls von Montag bis Donnerstag zwischen 9.00 Uhr und 17.30 Uhr einen Arbeitsplatz mit EDV-Ausstattung und Telefon inklusive von der Klägerin gestellter VPN-Verbindung zu den von der Beigeladenen zu 2 betreuten Mandanten. Dass dies auch Sachzwängen geschuldet ist, da die Mandanten der Klägerin aus Datenschutzgründen häufig keinen zweiten VPN-Tunnel zum häuslichen Arbeitszimmer der Beigeladenen zu 2 wünschten, führt nicht dazu, dass dieses Merkmal nicht zu berücksichtigen ist. Denn bei der Gesamtabwägung sind auch solche Umstände zu berücksichtigen, die einer Tätigkeit ihrer Eigenart nach immanent, durch gesetzliche Vorschriften vorgegeben sind oder auf sonstige Weise "in der Natur der Sache" liegen (vgl. BSG, Urteil vom 27.04.2021 - B 12 KR 27/19 R, Rdnr. 15 juris). Die Beigeladene kann auf die in den Kanzleiräumen vorhandene Infrastruktur (Fachbibliothek, Telefon mit eigener Telefondurchwahl, Kopierer, Besprechungsräume) zurückgreifen. Die Mandatsverhältnisse werden zwischen der Klägerin und ihren Kunden geschlossen, die Beigeladene zu 2 tritt nach außen durch die Verwendung einer (eigenen) E-Mail-Adresse und Visitenkarte der Klägerin nicht als freiberufliche Mitarbeiterin, sondern als Angestellte der Kanzlei der Klägerin auf. Zwar wird die Beigeladene zu 2 nicht von anderen Mitarbeitern der Kanzlei vertreten, hat diesen gegenüber keine Weisungsbefugnis und sie hat auch selbst keine Vertretung im Urlaubs- oder Krankheitsfall wahrzunehmen. Indem die Beigeladene zu 2 den Kanzleiinhaber bzw. andere Berufsträger der Kanzlei entsprechend ihrer vertraglichen Verpflichtung über auftretende Besonderheiten oder Probleme und die Abarbeitung der Aufträge informiert und die Arbeitsergebnisse mit ihm bespricht, arbeitet sie jedoch mit ihm zusammen. Die Beigeladene zu 2 nimmt darüber hinaus teilweise an Dienstbesprechungen teil, soweit sie fachliche Fragen zu ihren Mandaten betreffen. Die letztgenannten Umstände, insbesondere die Informationspflichten der Beigeladenen zu 2 gegenüber der Klägerin und die Pflichten in Bezug auf Aktenführung und -aufbewahrung, zeigen darüber hinaus nach Auffassung des Senats auch, dass sich die Klägerin eine jederzeitige Qualitätskontrolle vorbehalten hat, um ihren Verpflichtungen gegenüber den Mandanten nachkommen und eine hohe Professionalität gewährleisten zu können. Gerade auch dieser Umstand spricht aber für die Eingliederung der Beigeladenen zu 2 in den Kanzleibetrieb der Klägerin.
Die bestehende Freiheit der Beigeladenen zu 2 im Hinblick auf die zeitliche und zum Teil auch örtliche Gestaltung ihrer Arbeit führt in der modernen Arbeitswelt nicht zwingend zur Annahme einer selbstständigen Tätigkeit (vgl. BSG, Urteil vom 27.04.2021 - B 12 KR 27/19 R, Rdnr. 15 juris; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 28.09.2022 - L 16 BA 121/18, Rdnr. 30 juris; Segebrecht in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 4. Aufl. § 7 Abs. 1 SGB IV, Rdnr. 86), weil dies auch auf viele Arbeitnehmer zutrifft, so dass diesen Kriterien keine maßgebliche Bedeutung zukommt.
Umgekehrt kommt dem Umstand, dass die Beigeladene zu 2 ihre Leistungen persönlich erbringt, kein maßgebliches Gewicht für das Bestehen einer abhängigen Beschäftigung zu, da dies gerade bei Tätigkeiten, die eine hohe Fachkunde und Spezialisierung erfordern, auch im Bereich der selbstständigen Tätigkeiten verbreitet ist.
Im Hinblick auf die berufsspezifischen Besonderheiten bei Steuerberatern (keine oder nur gering ausgeprägte Weisungsgebundenheit hinsichtlich Zeit, Ort und Art der Tätigkeit; bestimmte Sachzwänge durch Einhaltung von Terminen gegenüber dem Finanzamt bzw. von abgesprochenen Mandantenterminen) kommt vielmehr - neben der beschriebenen Eingliederung in den Kanzleibetrieb der Klägerin - insbesondere der Frage nach dem Unternehmerrisiko und der Art der Vergütung maßgebliche Bedeutung zu.
Bei Berücksichtigung dieser Merkmale gibt es vorliegend jedoch keine Anhaltspunkte, die ein derartiges Gewicht hätten, dass sie für eine selbstständige Tätigkeit der Beigeladenen zu 2 sprechen. Denn das Unternehmerrisiko der Beigeladenen zu 2 ist bei Betrachtung der tatsächlich gelebten Verhältnisse sehr gering ausgeprägt. Nach den vom BSG entwickelten Grundsätzen ist maßgebendes Kriterium für ein solches Risiko, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der sächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist. Dabei ist ein unternehmerisches Risiko nur dann Hinweis auf eine selbstständige Tätigkeit, wenn diesem Risiko auch größere Freiheiten in der Gestaltung und der Bestimmung des Umfangs beim Einsatz der eigenen Arbeitskraft gegenüberstehen (vgl. BSG, Urteil vom 28.11.2011 - B 12 R 17/09 R, Rdnr. 25 juris; BSG, Urteil vom 30.10.2013 - B 12 KR 17/11 R, Rdnr. 35 juris).
Zwar hat die Klägerin zutreffend darauf hingewiesen, dass die Tätigkeit einer Steuerberaterin als "geistige Tätigkeit" regelmäßig keinen hohen Kapitaleinsatz erfordert (vgl. zur geringen Bedeutung dieses Kriteriums bei Steuerberatungstätigkeiten auch LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12.12.2017 - L 6 R 133/17, Rdnr. 52 juris). Dieser bestand vorliegend im Wesentlichen in der eigenen Finanzierung von Fortbildungen und den Aufwendungen für die Vermögenshaftpflichtversicherung sowie den Berufsverband der Steuerberater. Eigene Angestellte und damit fixe Personalkosten hatte die Beigeladene zu 2 nicht. Eine explizite vertragliche Kostenbeteiligung an der Miete für die Kanzleiräume und Büroausstattung existierte nicht. Zwar behaupten die Klägerin und die Beigeladene zu 2, dass diese in die Umsatzbeteiligung ab 01.04.2018 "eingepreist" sei. Eine schriftliche vertragliche Regelung hierzu gab es jedoch nicht. Vielmehr enthält die Vereinbarung einer freiberuflichen Zusammenarbeit gerade die Regelungen, dass der Beigeladenen zu 2 ein Arbeitsplatz mit Computer und Anbindung an die EDV in den Kanzleiräumen "ohne Berechnung" zur Verfügung gestellt werde, dass sie "kostenlos" Zugang zur elektronisch und in Papier vorgehaltenen Fachbibliothek habe und an Fortbildungsmaßnahmen in den Kanzleiräumen "ohne gesonderte Berechnung" teilnehmen könne. Durch die dargelegte Berücksichtigung der Kosten bei der Festlegung der Höhe der Umsatzbeteiligung muss die Beigeladene zu 2 auch nicht befürchten, entsprechenden Ausgaben auch dann ausgesetzt zu sein, wenn sie keine Einnahmen erzielt.
Zwar spricht die vereinbarte Umsatzbeteiligung grundsätzlich eher für eine selbstständige Tätigkeit. Der Senat verkennt nicht, dass die Beigeladene zu 2 bei dieser Vergütungsart durch effizientes Arbeiten die Möglichkeit hat, die Vergütung für ihren Arbeitseinsatz zu steigern. Zu berücksichtigen ist vorliegend als tatsächlich gelebter Umstand aber auch, dass die Beigeladene zu 2 in Monaten, in denen ihre Umsatzbeteiligung anhand der von der Klägerin an die von der Beigeladenen zu 2 betreuten Mandanten gestellten Rechnungen gering ausgefallen ist, von der Klägerin regelmäßig Abschlagszahlungen in Form von Vorschüssen auf noch nicht fertig gestellte Jahresabschlüsse erhalten hat, so dass sie tatsächlich durchgängig auf ein monatlich relativ gleich hoch bleibendes Einkommen zurückgreifen konnte, das eher einem Lohn bzw. Gehalt entspricht, ohne dass sie damit ein nennenswertes unternehmerisches Risiko trug. Auch hat die Klägerin gegenüber dem Sozialgericht bestätigt, dass die Beigeladene zu 2 kein Ausfallrisiko trug, wenn Mandanten der Klägerin nicht bezahlten, da die Beigeladene zu 2 ihre Umsatzbeteiligung in diesem Fall dennoch erhielt. Jedenfalls im Jahr 2018 bezog die Beigeladene zu 2 zudem einen monatlich gleichbleibenden Leistungsbonus in Höhe von 550,- Euro. Das von der Klägerin angesprochene Risiko, dass sich ein Mandat wegen evtl. höheren Arbeitsaufwandes nicht lohnen könne, sieht der Senat angesichts des Umstandes, dass die Beigeladene zu 2 im Wesentlichen die ihr bekannten Mandate weiter betreute, die sie bereits in den vorherigen 18 Jahren betreut hatte und einen wesentlichen Anteil ihres Einkommens aus der Betreuung des europaweit tätigen Konzerns (mit einem jährlichen Arbeitszeitanteil von 4,5 bis 5 Monaten) bezog, als relativ gering an. Eingeschränkt waren die unternehmerischen Chancen der Beigeladenen zu 2 auch dadurch, dass sie in dem Sinne wirtschaftlich von der Klägerin abhängig war, als diese im Wege von Kulanzregelungen mit ihren Mandanten ein geringeres Honorar in Rechnung stellen konnte, was sich auch zu Lasten der Beigeladenen zu 2 auswirkte. Die Beigeladene zu 2 war vorliegend kaum der Gefahr ausgesetzt, mit Ausgaben belastet zu sein, die von den Einnahmen nicht getragen wurden. Soweit im Übrigen - da es nur auf die konkrete Tätigkeit ankommt - ein allgemeines Risiko bestand, keine Folgeaufträge von der Klägerin zu erhalten, folgt hieraus allein noch kein Unternehmerrisiko (vgl. BSG, Urteil vom 24.03.2016 - B 12 KR 20/14 R, Rdnr. 21 juris). An den vorgelegten Rechnungen fällt außerdem auf, dass die nach Stunden vergüteten Tätigkeiten im Laufe der Zeit im Verhältnis eine etwas größere Relevanz erhielten, da sie sich zum Teil auf einen zeitlichen Umfang von 20 bis über 40 Stunden monatlich beliefen (November 2019, November 2021, Dezember 2021, April und Juni 2022, Januar, August, September und November 2023). Zu Recht hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass sich diesbezüglich die Fallgestaltung auch von derjenigen unterscheidet, die dem von der Klägerin angeführten Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 13.12.2016 (L 11 R 391/15) zugrunde lag, bei der die Steuerberaterin ausschließlich in Form einer Umsatzbeteiligung vergütet wurde und darüber hinaus - im Unterschied zum hier streitgegenständlichen Fall - aktiv Werbung für ihre Tätigkeit betrieb.
Die Höhe der Vergütung liegt zwar oberhalb dessen, was angestellte Steuerberater mit der Berufserfahrung der Beigeladenen zu 2 üblicherweise verdienen. Auf die Höhe der Vergütung als nur eines von vielen in der Gesamtwürdigung zu berücksichtigenden Indizien kommt es jedoch nur dann an, wenn die übrigen Umstände gleichermaßen für Selbstständigkeit wie für eine Beschäftigung sprechen (vgl. BSG, Urteil vom 19.10.2021 - B 12 R 1/21 R, Rdnr. 29 juris; BSG, Urteil vom 04.06.2019 - B 12 R 12/18 R, Rdnr. 33 juris). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Im Übrigen steht den Beteiligten nicht die Dispositionsfreiheit zu, sich von der Sozialversicherungspflicht "freizukaufen" (vgl. BSG, Urteil vom 04.06.2019 - B 12 R 12/18 R, Rdnr. 34 juris).
Auch spricht die nach den Angaben der Klägerin und der Beigeladenen zu 2 vereinbarte Haftung der Beigeladenen zu 2 für Mangel- und Mangelfolgeschäden grundsätzlich für eine selbstständige Tätigkeit. Zu berücksichtigen ist aber, dass diese Haftung zum einen nicht schriftlich fixiert wurde und sich diese Haftung außerdem aufgrund der fehlerfreien Arbeitsweise der Beigeladenen zu 2 bislang nicht realisiert hat.
Kein ausschlaggebendes Kriterium gegen das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist vorliegend die nur in geringem Umfang bestehende Weisungsgebundenheit der Beigeladenen zu 2 hinsichtlich der Art und Weise der Ausführung ihrer Tätigkeit. Die im Berufsrecht verankerte Unabhängigkeit eines Steuerberaters in fachlichen Fragen (vgl. § 32 Abs. 2, § 57 Abs. 1 StBerG) ist als solche kein Merkmal, dem ausschlaggebende Bedeutung für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung zukommt. § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV bestimmt zwar, dass eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind. Daraus folgt aber nicht, dass Weisungsgebundenheit und Eingliederung in den Betrieb stets kumulativ vorliegen müssten. Die in § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV genannten Merkmale sind schon nach dem Wortlaut der Vorschrift nur "Anhaltspunkte" für eine persönliche Abhängigkeit, also im Regelfall typische Merkmale einer Beschäftigung und keine abschließenden Bewertungskriterien (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 04.06.2019 - B 12 R 11/18 R, Rdnr. 29 juris und BT-Drs. 14/1855, S. 6). Ungeachtet dessen kann das Weisungsrecht insbesondere bei sog. Diensten höherer Art aufs Stärkste eingeschränkt sein und sich die Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers bei von der Ordnung des Betriebs geprägten Dienstleistungen "zur funktionsgerechten, dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinern (BSG, Urteil vom 04.06.2019, aaO.). Die Weisungsgebundenheit der Beigeladenen zu 2 bei der Bearbeitung der Mandate war vorliegend zwar stark eingeschränkt, ist jedoch nach der Überzeugung des Senats nicht vollständig entfallen. Zu Recht hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass schon die Tatsache, dass die Mandatsverhältnisse von der Klägerin geschlossen werden und diese daher ihren Verpflichtungen hieraus gegenüber den Mandanten nachkommen muss, denknotwendig bedingt, dass die Klägerin gegenüber der Beigeladenen zu 2 Weisungen erteilen kann, etwa weil die von der Beigeladenen zu 2 übernommenen Tätigkeiten auch fristgebunden sind (da z.B. Steuererklärungen fristgerecht beim Finanzamt einzureichen sind). Auch ist die Beigeladene zu 2 verpflichtet, die Akten in der Kanzlei aufzubewahren und diese so zu führen, dass sie jederzeit ohne größeren Aufwand von einem anderen Berufsträger weiter bearbeitet werden können. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Klägerin das ihr zustehende Weisungsrecht faktisch nicht ausgeübt hat. Ein rein faktisches, nicht rechtlich gebundenes und daher jederzeit änderbares Verhalten der Beteiligten ist nicht maßgeblich, da es mit dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht zu vereinbaren ist (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. BSG, Urteil vom 19.09.2019 - B 12 R 25/18 R, Rdnr. 15 juris mwN). Im Übrigen sind berufsrechtliche - hier steuerberatungsrechtliche - Weisungsrechte nicht vom Begriff der "Weisungen" iSd § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV ausgenommen (vgl. BSG, Urteil vom 27.04.2021 - B 12 KR 27/19 R, Rdnr. 15 juris). Das Kriterium der Weisungsabhängigkeit hinsichtlich Zeit, Ort und Art der geschuldeten Tätigkeit ist zudem dort wenig aussagekräftig, wo sowohl ein Arbeitnehmer als auch ein Selbstständiger eine Arbeit erledigen können, zumal dann, wenn diese aufgrund der "Natur der Sache" nur an einem bestimmten Ort und/oder nur zu einer bestimmten Zeit erbracht werden kann und sich beide nach den Plänen und inhaltlichen Vorgaben des Auftraggebers richten müssen. In diesen Fällen müssen andere (Hilfs-)Kriterien in Betracht gezogen werden, insbesondere die Frage, wer letztendlich das unternehmerische Risiko der Tätigkeit trägt und ob eine Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation vorliegt (vgl. Segebrecht, a.a.O, § 7 Abs. 1 SGB IV, Rdnr. 86).
Kein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit ist vorliegend, dass nach der mündlichen Vereinbarung keine Arbeitnehmerschutzrechte wie Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder Urlaubsansprüche geregelt sind. Denn solche Vertragsgestaltungen sind als typisch anzusehen, wenn beide Seiten von einer selbstständigen Tätigkeit ausgehen. Allein die Belastung eines Erwerbstätigen, der im Übrigen nach der tatsächlichen Gestaltung des gegenseitigen Verhältnisses als abhängig Beschäftigter anzusehen ist, mit zusätzlichen Risiken, rechtfertigt nicht die Annahme von Selbstständigkeit im Rechtssinne (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. z.B. BSG, Urteil 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R, Rdnr. 27 juris). Ebenso ist der Gedanke der Schutzbedürftigkeit des in Betracht kommenden Personenkreises kein Merkmal dafür, ob es sich um eine abhängige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit handelt (vgl. BSG, Urteil vom 24.10.1978 - 12 RK 58/76).
Auch dass die Beigeladene zu 2 weitere Auftraggeber haben durfte und nach ihrem Vortrag zwei eigene Dauermandate, die einen zeitlichen Umfang von etwa 10 % ihrer gesamten Erwerbstätigkeit ausmachten, von zuhause aus betreute, fällt nicht maßgeblich ins Gewicht. Denn es ist grundsätzlich für die Bewertung, ob eine abhängige Beschäftigung oder eine selbstständige Tätigkeit vorliegt, auf das einzelne Auftragsverhältnis abzustellen und nicht entscheidend, ob weitere Auftraggeber vorhanden sind. Zwar erhält eine Tätigkeit für mehrere Auftraggeber in der Zusammenschau mit weiteren typischen Merkmalen einer selbstständigen Tätigkeit Gewicht, wie z.B. einem werbenden Auftreten am Markt für die angebotenen Leistungen (vgl. BSG, Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 16/13 R, Rdnr. 28 juris; BSG, Urteil vom 07.06.2019 - B 12 R 6/18 R, Rdnr. 33 juris). Ein unternehmerisches Auftreten am Markt lag jedoch schon nach den Angaben der Beigeladenen zu 2 in ihrem Statusantrag nicht vor, da sie allein auf Mund-zu-Mund-Propaganda vertraute, im Übrigen aber nicht, etwa durch Errichten einer eigenen Homepage im Internet, Schalten von Anzeigen in einschlägigen Medien oder das Verteilen von Flyern, werbend am Markt auftrat. Gerade hierin liegt auch ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal zu dem Sachverhalt, der der Entscheidung des LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 12.12.2017 - L 6 R 133/17) zugrunde lag, auf die sich die Klägerin berief. Auch das von der Klägerin zitierte Urteil des LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 13.12.2016 - L 11 R 391/15) stützte sich wesentlich auf den Umstand, dass die Steuerberaterin ihre eigene Steuerkanzlei aufbaute und das Steuerberaterexamen eine Zäsur dargestellt habe. Vorliegend hat die Beigeladene zu 2 jedoch bereits im Jahr 2004 und damit 14 Jahre vor Beginn der hier streitgegenständlichen Tätigkeit ihre Steuerberaterprüfung abgelegt.
Als entscheidend im Rahmen der Gesamtabwägung unter Berücksichtigung der vertraglichen Vereinbarung und deren tatsächlicher Umsetzung sind die vorhandene Eingliederung der Beigeladenen zu 2 in den fremden Kanzleibetrieb der Klägerin und das nur sehr gering ausgeprägte Unternehmerrisiko anzusehen. Insgesamt überwiegen die Umstände, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen, so dass das Urteil des Sozialgerichts nicht zu beanstanden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten. Die Beigeladene zu 1 hat keinen Antrag gestellt. Die Beigeladene zu 2 war mit ihrem Antrag nicht erfolgreich, so dass eine Kostentragung durch die Beklagte nicht gerechtfertigt ist (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO, vgl. B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl. 2023, § 197a Rdnr. 29; BSG, Urteil vom 27.06.2007 - B 6 KA 37/06 R, Rdnr. 38 juris).
Gründe, die Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG, zuzulassen, sind nicht ersichtlich.