L 2 BA 205/24

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Betriebsprüfungen
Abteilung
2.
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 16 BA 3695/20
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 BA 205/24
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 13. November 2023 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Der Streitwert wird auf 35.057,28 € festgesetzt.



Gründe

I.


Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die vom Beigeladenen für die Klägerin in der Zeit ab 1. Januar 2014 ausgeübte Tätigkeit als Lehrer der Versicherungspflicht in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.

Die Klägerin ist Trägerin der staatlich genehmigten U1-Schule, einer Realschule in freier Trägerschaft. Sie nahm ihren Schulbetrieb im September 2010 auf. In Gruppen von etwa 15 Schülern unterrichtet und betreut ein Lehrerteam die Schüler im Rahmen einer Ganztagsschule von Montag bis Donnerstag von 08.20 Uhr bis 16.20 Uhr und am Freitag von 08.20 Uhr bis 13.30 Uhr. Schwerpunkt ist dabei der naturwissenschaftlich-technische Bereich. Neben dem Pflichtunterricht werden in den Kernfächern Mathematik, Deutsch und Englisch vom Fachlehrer betreute Lern- und Arbeitszeiten sowie ein Grundlagentraining angeboten, in dem wichtiges Basiswissen durch ständiges Wiederholen gefestigt werden soll. Zur Absicherung des Unterrichts werden Honorarlehrer eingesetzt. Der prozentuale Anteil der Honorarkräfte zu den versicherungspflichtig beschäftigten Lehrkräften betrug im Jahre 2014 50%.

Der Beigeladene ist seit 1. August 2010 für die Klägerin tätig. Seit dem Schuljahr 2015/16 ist er pädagogischer Schulleiter. Zunächst schloss die Klägerin mit dem Beigeladenen im Mai/Juni 2010 einen Vertrag über freie Mitarbeit. Dieser regelte in „§ 1 Vertragsgegenstand“:
„Die/der freie Mitarbeiter/in verpflichtet sich, im Rahmen der nachfolgend genannten Zielvorgabe, Zeitraum sowie Vertragsumfang schulische Kenntnisse an unsere Schüler zu vermitteln:

Zielvorgabe:                                               Erteilung von Unterricht in den Fächern Deutsch,
                                                                Erdkunde und Wirtschaftslehre
Vertragsbeginn:                                      1. August 2010
Vertragsende:                                         31. Juli 2011
Anzahl und zeitliche Lage der Stunden: Abhängig von den jeweils erteilten Aufträgen.
Sämtliche Festlegungen, wie Anzahl und Lage der wöchentlichen Unterrichtszeiten und Zielvorgaben sind zwischen den Vertragsparteien bei bzw. vor Vertragsschluss einvernehmlich getroffen worden. Etwaige später erforderlich werdende Änderungen und Verlegungen der Unterrichtsstunden werden ausschließlich einvernehmlich vorgenommen. Der freie Mitarbeiter ist unter Beachtung der generellen Zielvorgaben (z.B. Einhaltung des Baden-Württembergischen Bildungsplanes) in der Gestaltung der Inhalte und der von ihm gewählten didaktischen Vorgehensweise frei. Der Auftraggeber erteilt dem freien Mitarbeiter während des Vertragsverhältnisses keine methodischen und/oder didaktischen Anweisungen; er ist nicht weisungsgebunden. Es besteht keine Verpflichtung, Vertretungsstunden zu übernehmen.

           § 2 Kündigung
           (...)

           § 3 Honorarzahlung, Urlaub

Der Auftraggeber zahlt für diese Tätigkeit nach Maßgabe des Stundeneinzelnachweises ein Honorar in Höhe von insgesamt 28,00 € pro tatsächlich erteilter Unterrichtsstunde (45 Minuten) (...). In dem vereinbarten Honorar ist auf die Vergütung für die Vor- und Nachbereitung der Unterrichtsstunden, die Teilnahme an Meetings, Konferenzen oder Weiterbildungsmaßnahmen, etwa anfallende An- und Abreisezeiten sowie Aufwendungsersatz o.Ä. mit abgedeckt. Es erfolgt keine Honorarfortzahlung im Krankheitsfall; es besteht kein Urlaubsanspruch. (...)“.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf Bl. 68/71 Leitzordner Verwaltungsakte (LO VA) verwiesen. Im März/April 2011 schlossen die Klägerin und der Beigelade einen weiteren Vertrag über freie Mitarbeit ab dem 1. August 2011 ab (Bl. 63/67 LO VA). In diesem ist als wesentlicher Unterschied in „§ 2 Vertragsende, Kündigung“ geregelt: 
„Das Vertragsverhältnis endet frühestens am 31. Juli 2012. Es verlängert sich jeweils automatisch um ein weiteres Jahr, wenn der freie Mitarbeiter oder der Auftraggeber den Vertrag nicht drei Monate vor Ende der Vertragslaufzeit schriftlich gekündigt hat. Ein festes Anstellungsverhältnis wollen die Vertragsparteien nicht begründen. Das beiderseitige Recht zur außerordentlichen fristlosen Kündigung oder dem Entzug bzw. der Reduzierung der Unterrichtsaufträge bleibt hiervon berührt. Der Auftraggeber ist hierzu aus wichtigem Grund (...) berechtigt (...)“.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vertrags wird auf Bl. 63/67 der LO VA verwiesen.

Im Zeitraum 20. Februar 2018 bis 5. November 2019 führte die Beklagte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung durch. In einem Fragebogen der Beklagten gab der Beigeladene am 26. Juli 2018 an, für die Honorarrechnung seien die gehaltenen Unterrichtsstunden zu notieren, Ort der Tätigkeit seien immer die Räume in der Schule. Die Teilnahme an Schulungen, Besprechungen und Konferenzen sei freiwillig, ein Anspruch auf Urlaub oder Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bestehe nicht. Im Krankheitsfall informiere er die Schule, damit ein Vertretungsplan erstellt werden könne. Die Schule müsse wissen, wer die Klasse unterrichte, daher sei er verpflichtet, die Arbeiten persönlich auszuführen. Sein Risiko sei ein Auftragsentzug bzw. keine Folgeaufträge bei Schlechtleistung. Er habe in den Schuljahren 2014/2015 und 2015/2016 auch einen weiteren Auftraggeber, die A1, gehabt.

Während der Betriebsprüfung äußerte sich auch der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 7. November 2018. Jede Lehrkraft sei laut Schulgesetz, auf welches das Privatschulgesetz im Wesentlichen verweise, verpflichtet, die gehaltene Unterrichtsstunde in einem Klassenbuch zu dokumentieren. In den Kernfächern Mathematik, Deutsch und Englisch müssten laut Schulgesetz mindestens vier Klassenarbeiten gefertigt (und folglich auch von der Lehrkraft korrigiert) werden. Dies geschehe nicht auf Wunsch der Klägerin, sondern sei eine gesetzliche Verpflichtung. Auch dürften die Lehrkräfte nicht irgendeinen Lehrstoff vermitteln, sondern müssten sich an die Bildungspläne für Realschulen des Landes Baden-Württemberg halten. Bei der Art und Weise der Stoffvermittlung hätten sie hingegen freie Hand. Auch der Unterricht in den Schulräumen der Klägerin sei eine gesetzliche Verpflichtung, da es eine Voraussetzung für die Genehmigung der Klägerin von der Schulbehörde gewesen sei. In einer staatlich genehmigten Schule dürften nur Lehrmittel für den Unterricht verwendet werden, die für das Land Baden-Württemberg zugelassen seien. Die Lehrkräfte könnten dann allerdings (in Abstimmung mit der Schulleitung) selbst entscheiden, mit dem Lehrwerk welchen Verlages sie arbeiten möchten. Der Unterricht dürfe nicht ohne Weiteres von einem Vertreter gehalten werden, sondern dies sei eine gesetzliche Verpflichtung. Die Klägerin müsse der Schule alle Lehrkräfte melden, die sie einsetze. Die Honorarkraft könne die Unterrichtsdauer aus organisatorischen Gründen nicht selbst festlegen und spontan ändern. Die Unterrichtsdauer von 45 Minuten sei an fast allen Schulen in Deutschland aus pädagogischen Gründen etabliert. Auch habe die Klägerin einen Zeitrahmen, innerhalb dessen der Unterricht stattfinden müsse, der Schulbehörde melden müssen. Die Honorarkräfte hätten jeweils mitgeteilt, an welchen Zeiten sie Unterricht erteilen könnten. Auf dieser Basis habe die Klägerin dann die Unterrichtspläne erstellt. Auch entspräche die Vergütung einer freien Vereinbarung zwischen der jeweiligen Kraft und der Klägerin. Würde man die Auffassung der Beklagten konsequent zu Ende denken, sei es faktisch unmöglich, dass ein Lehrer selbstständig tätig sein könne. Dies sehe der Gesetzgeber aber bereits in § 2 Nr.1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) ausdrücklich vor.

Am 5. November 2019 hörte die Beklagte den Geschäftsführer der Klägerin zur Beurteilung der Tätigkeit des Beigeladenen (und neun weiterer Lehrkräfte) als abhängig beschäftigt an. In ihrer Stellungnahme vom 3. Dezember 2019 wiederholte und vertiefte die Klägerin ihr Vorbringen vom November 2018.

Mit Bescheid vom 19. Dezember 2019 stellte die Beklagte fest, dass der Beigeladene seine Tätigkeit als Lehrer für die Fächer Deutsch und Erdkunde bei der Klägerin seit dem 1. Januar 2014 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübe und dass Versicherungspflicht dem Grunde nach in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung bestehe. Dieselbe Feststellung traf die Beklagte - in demselben Bescheid - für elf weitere Lehrkräfte und ihre jeweiligen Tätigkeiten bei der Klägerin. Sozialversicherungsbeiträge wurden für die Zeit ab 1. Januar 2014 nachgefordert; für den Beigeladenen in Höhe von 35.057,28 €.

Hiergegen erhob die Klägerin am 3. Januar 2020 Widerspruch. Zur Begründung führte sie aus, Honorarlehrer unterlägen keinem Weisungsrecht. Die Lehrer könnten in den Grenzen des Lehrplanes selbst entscheiden, in welcher Reihenfolge und mit welchen didaktischen Methoden sie den Unterricht vermittelten. Die zeitliche Kapazität sei jeweils bei Vertragsschluss verhandelt worden. Der Lehrer sei nicht verpflichtet gewesen, ihm angebotene Unterrichtseinheiten anzunehmen. Auch eine Eingliederung in den Betrieb der Klägerin liege nicht vor. Im Gegensatz zu den angestellten Lehrern habe keine Verpflichtung zur Teilnahme an innerschulischen Veranstaltungen bestanden. Zwingende gesetzliche Regelungen könnten keinesfalls ein Merkmal bei der Frage, ob eine Betriebseingliederung vorliege, sein.

Mit Widerspruchsbescheid vom 24. August 2020 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin pauschal für alle Honorarlehrkräfte als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, bei Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls sei die Tatsache, dass die Honorarlehrer gegebenenfalls für mehrere Auftraggeber tätig gewesen seien, für die Beurteilung dieses Vertragsverhältnisses nicht maßgeblich. Die Tätigkeit für mehrere Auftraggeber/Arbeitgeber sei durchaus üblich. Jedes der Vertragsverhältnisse sei für sich getrennt zu beurteilen. Kennzeichnend für eine selbstständige Tätigkeit sei die im Wesentlichen freie Einteilung der Arbeitszeit und der Arbeitsleistung.  Das Weisungsrecht könne jedoch vornehmlich bei Diensten höherer Art eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein. Die Honorarlehrer seien lediglich frei in ihren Entscheidungen gewesen, ob sie für bestimmte Tage/Zeiträume ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellten oder nicht. Die Ausübung der Tätigkeit sei unter Beachtung des Stundenplans nur an dem durch die Klägerin zugewiesenen Arbeitsplatz möglich gewesen. Die Honorarlehrer hätten die Schüler unterrichtet. Sie seien somit in eine von der Klägerin geschaffenen Hierarchie eingebunden gewesen und seien daher funktionsgerecht dienend im Betrieb eingegliedert. Ins Gewicht falle zunächst, dass die Klägerin, wie es für den Arbeitgeber typisch sei, den Honorarlehrern die Betriebsmittel für ihre Berufsausübung zur Verfügung stellte. Die Honorarlehrer hätten der Klägerin im Wesentlichen nur die eigene Arbeitskraft geschuldet. Diese sei auch nicht mit ungewissem Erfolg eingesetzt worden, da die Zahlung einer Vergütung pro geleisteter Unterrichtsstunde vertraglich vereinbart gewesen sei. Auch auf Abruf tätige und unständig beschäftigte Arbeitnehmer verfügten nicht über ein gleichbleibendes festes Arbeitsentgelt und auch Arbeitnehmer könnten die Aussicht haben, durch Mehrarbeit ein höheres Arbeitsentgelt zu erzielen. Lehrer arbeiteten grundsätzlich in hohem Maße selbstbestimmt und verfügten über fachlich große Entscheidungsspielräume und Freiheiten. Dies vermöge für sich noch keine selbstständige Tätigkeit zu begründen.  Dass die Honorarlehrer ihre Tätigkeit frei von (Fach-)Weisungen verrichtet hätten, sei zum einen in der Eigenart der Tätigkeit als Leistung höherer Dienste begründet; die Freiheit des selbstständig erwerbstätigen Unternehmers (Dienstleisters) trete darin nicht hervor. Zum anderen habe die Klägerin bzw. das Land Baden-Württemberg den größeren Rahmen gesetzt, innerhalb dessen die Honorarlehrer tätig seien. Das Direktionsrecht der Klägerin habe weiterhin vorgelegen, auch wenn keine Einzelanweisungen zur Form der Unterrichtung der Schüler erteilt worden seien. In der klägerseits bestehenden Verpflichtung zur Sicherstellung des Unterrichtes hätten diese eine Teilaufgabe übernommen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass auch abhängig beschäftigte Lehrer in ihren Tätigkeiten typischerweise erhebliche eigene Entscheidungsspielräume hätten, die sie nach eigenem Ermessen ausfüllen könnten. Während der Dauer der übernommenen Unterrichtseinheiten sei es den Honorarlehrern nicht möglich gewesen, ihre konkreten Arbeitszeiten und -orte im Wesentlichen selbst zu bestimmen. Die Art und Weise der Ausübung sei durch den Stundenplan bestimmt gewesen. Die Entschließungsfreiheit habe bei den Honorarlehrern, wie bei jedem anderen befristet und ständig bzw. in Teilzeit arbeitenden Beschäftigten ausschließlich darin gelegen, über die Aufnahme einer Beschäftigung, ihren Umfang und ihre Dauer zu bestimmen. Anders als die festangestellten Lehrer mögen die Honorarlehrer von gewissen „arbeitsvertraglichen“ Pflichten, wie z.B. der Teilnahme an Schulungen, Besprechungen, Konferenzen und Dokumentationspflichten „befreit“ gewesen sein. Die unauflösliche Einbindung ihrer Tätigkeiten in der Unterrichtung der Schüler lasse dies jedoch unberührt. Außerdem spräche ebenfalls für eine abhängige Beschäftigung, dass die Honorarlehrer sich nicht um eine Vertretung im Krankheitsfall hätten kümmern müssen. Hier sei es vielmehr „Problem der Klägerin“ gewesen, sich um Ersatz zu kümmern. Dies sei für ein Beschäftigungsverhältnis geradezu typisch, während es im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit typisch gewesen wäre, dass sich die Beauftragten - hier also die Honorarlehrer - um eine Ersatzperson kümmern müssten. Diese Pflicht sei jedoch gerade nicht vereinbart gewesen, insbesondere deswegen, weil die Klägerin die Eignung der Vertretungskräfte habe überprüfen müssen. Und schließlich begründe auch der vereinbarte Ausfall der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder im Urlaub keine selbstständige Tätigkeit. Denn solche Vertragsgestaltungen seien als typisch anzusehen, wenn es beiden Vertragsseiten gerade darum gehe, eine selbstständige freie Mitarbeit vereinbaren zu wollen. Im Außenverhältnis - gegenüber den Schülern und Eltern - seien die Honorarlehrer nicht als selbstständige Dienstleister in Erscheinung getreten. Im Ergebnis ergebe eine Würdigung der Gesamtumstände, dass die Honorarlehrer in dem streitbefangenen Zeitraum in den Betrieb der Klägerin eingegliedert gewesen seien und kein wesentliches unternehmerisches Risiko getragen hätten. Es bestehe ein deutliches Übergewicht zugunsten der abhängigen Beschäftigung. Insoweit träten die geltend gemachten, für eine selbstständige Tätigkeit sprechenden Indizien im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen insgesamt zurück.

Hiergegen hat die Klägerin am 11. September 2020 Klage beim Sozialgericht (SG) Stuttgart erhoben. Zur Begründung hat sie vorgetragen, die Beklagte ignoriere ihren Vortrag und auch die Ausführungen der einzelnen betroffenen Honorarlehrer. Ferner ignoriere die Beklagte die vom Gesetzgeber vorgegebenen Methoden und Standards der Unterrichtsgestaltung und verwechsle diese mit dem Weisungsrecht eines Arbeitgebers. Würde man die Auffassung der Beklagten zu Ende denken, würde es den Typus des selbstständigen Lehrers, den der Gesetzgeber in § 2 SGB VI selbst voraussetze, gar nicht geben können. Dem Willen der Vertragsparteien, seine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung begründen zu wollen, komme nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) indizielle Bedeutung zu, wenn dieser Wille den festgestellten sonstigen tatsächlichen Verhältnissen nicht offensichtlich widerspräche und er durch weitere Aspekte gestützt werde. Gegenstand der Verträge zwischen der Klägerin und den Lehrkräften sei eine Tätigkeit als freier Mitarbeiter, die sich nach den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) über den Dienst- und Werkvertrag (§§ 611 ff. BGB) richte. Aus den Verträgen ergäbe sich eindeutig, dass die Parteien kein Arbeitsverhältnis auch in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht begründen wollten. Gegenstand der Tätigkeit seien nach den vertraglichen Vereinbarungen zwischen der Klägerin und den freien Mitarbeitern Unterrichtsleistungen in diversen abgegrenzten Fächern. Zwischen den tatsächlichen Unterrichtsphasen habe keine Verpflichtung zu einer Rufbereitschaft bestanden. Ansprüche auf bezahlten Erholungsurlaub oder Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall stünden den freien Mitarbeitern nicht zu. Vielmehr seien sie verpflichtet, Rechnungen zu stellen und für ihre soziale Absicherung selbst Sorge zu tragen. Konkrete arbeitskraftbezogene Weisungen würden den freien Mitarbeitern nicht erteilt. Sie seien zwar verpflichtet, die Unterrichtszeiten einzuhalten und ausgefallene Stunden in Absprache mit der Schule nachzuholen. Weitere Weisungen hinsichtlich Zeit und Ort der Durchführung der Tätigkeit gäbe es dagegen nur als Rahmenvorgaben, die wiederum auf gesetzlichen Grundlagen beruhten und die Klägerin insoweit keinerlei Direktionsrechte durchsetze. Eine Weisungsunterworfenheit unter das Direktionsrecht der Klägerin ergäbe sich auch nicht daraus, dass die Vertragsparteien vereinbart hätten, unter Beachtung der generellen Zielvorgaben (z.B. Einhaltung des Baden-Württembergischen Bildungsplans) tätig zu werden. Denn im Vertrag sei klar geregelt, dass der Auftraggeber dem freien Mitarbeiter während des Vertragsverhältnisses keine methodischen und/oder didaktischen Anweisungen erteile; er sei nicht weisungsgebunden. Es bestehe keine Verpflichtung, Vertretungsstunden zu übernehmen. Die Vorgabe gewisser „Eckpunkte“ des jeweiligen „Einsatzauftrags“ wie Beginn und Ende des Einsatzes und „grober“ Inhalt der Tätigkeit könne weder die Annahme von Weisungsunterworfenheit noch die Eingliederung in eine fremde Betriebsordnung im Sinn „funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess“ begründen, vor allem, wenn noch Handlungsspielräume verblieben, die arbeitnehmeruntypisch seien. Dass die freien Mitarbeiter über keine eigene Betriebsstätte verfügten, sei angesichts der Natur der Tätigkeit nicht von ausschlaggebender Bedeutung. Den Lehrkräften sei die Teilnahme an Konferenzen frei gestanden, was für selbstständige Tätigkeit spräche. Zwingende Gesichtspunkte für eine abhängige Beschäftigung seien nicht festgestellt, sodass im Rahmen der Gesamtwürdigung aller Umstände dem gemeinsam geäußerten und auch gelebten Vertragswillen beachtliches Gewicht zukomme und keine Beschäftigung, sondern eine selbstständige Tätigkeit vorliege.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat an ihrer im Widerspruchsbescheid zum Ausdruck gebrachten Rechtsauffassung festgehalten.

Das SG hat den Beigeladenen und elf weitere Lehrkräfte mit Beschluss vom 8. Juni 2021 zum Verfahren beigeladen. Mit Beschluss vom 1. März 2023 hat das SG die Verfahren hinsichtlich der anderen Beigeladenen abgetrennt

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 13. November 2023 hat das SG den Beigeladenen zu seiner Tätigkeit für die Klägerin befragt. Dieser hat angegeben, er sei zunächst Fachlehrer für Deutsch und Erdkunde und den Fächerverbund EWG gewesen. Als pädagogischer Schulleiter habe er dann im Schuljahr 2015/16 z.B. auch an Dienstbesprechungen im staatlichen Schulamt teilgenommen. Am Anfang habe er noch bei der A1 eine 13. Klasse zur Abiturprüfung Erdkunde begleitet. Danach habe ihm aufgrund der pädagogischen Schulleitung bei der Klägerin die Zeit gefehlt, um an anderen Schulen tätig zu sein. Zur Funktion einer pädagogischen Schulleitung gehörten Unterrichtsbesuche, Sitzungen mit dem Staatlichen Schulamt; er habe Notenkonferenzen geleitet, eben alles, was ein Schulleiter so mache. Auch disziplinarische Sachen und Schüler in Richtung der Abschlussprüfungen zu motivieren, gehöre dazu. Der Geschäftsführer der Klägerin habe daneben alles andere gemacht, zum Beispiel die Finanzen. Er sei Nachfolger des Pädagogischen Schulleiters gewesen, der im Alter von 76 Jahren im Schuljahr 2015/2016 ausgeschieden sei. Bei der Vereinbarung der Einsatzzeiten sei es so gewesen, dass der Geschäftsführer der Klägerin ihn gefragt habe, wann er Zeit habe. Er habe dann seine Wünsche, was Unterrichtszeiten anging, geäußert. 2020 habe er vom Geschäftsführer der Klägerin ein höheres Honorar verlangt, da er eine verantwortungsvolle Tätigkeit gehabt habe. Dies sei anstandslos mit einem Stundenhonorar in Höhe von dann 32,00 € zustande gekommen. Er habe immer gerne Unterrichtsvertretungen übernommen und dies sei auch bei seinem Honorar abgerechnet worden. In den Schulferien habe er kein Honorar bekommen. An Elternabenden habe er teilgenommen. Dies sei keine vertragliche Verpflichtung gewesen, ihm jedoch eine innerliche Verpflichtung. Auch bei Elterngesprächen habe er das so gesehen und er habe auch Abschlussfahrten mit den 10.  Klassen gemacht; Schullandheimaufenthalte habe er durchgeführt und geplant. Dies hätte er nicht tun müssen, aber er wisse nicht, wie die Schüler reagiert hätten, wenn er keine Abschlussfahrten gemacht hätte. Er habe einen Pauschalbetrag für längere Aufenthalte, z.B. für eine Woche im Schullandheim, erhalten. Angestellte Lehrer hätten beispielsweise die Pausenaufsicht übernehmen müssen oder verpflichtend an Elternabenden oder Konferenzen teilnehmen. Auch er habe schon einmal für einen Kollegen vertretungsweise die Pausenaufsicht übernommen. Er habe sowohl Honorarlehrkräfte als auch angestellte Lehrer vertreten. Diese Vertretungen habe er freiwillig übernommen.
Der Geschäftsführer der Klägerin hat angegeben, dass der Beigeladene anders als ein staatlicher Schulleiter keine Aufnahmeentscheidungen über Schüler getroffen habe und nicht für die Personalplanung verantwortlich gewesen sei. Zur Qualitätssicherung des Unterrichts von Lehrkräften, die keine klassische Lehrerausbildung gehabt hätten, habe der Beigeladene Unterrichtsbesuche bei diesen Lehrkräften durchgeführt.  Er habe jedoch nicht darüber entscheiden können, ob ein Lehrer bleiben könne oder gehen müsse. Diese Entscheidung sei bei ihm als Geschäftsführer gelegen.

Mit Urteil vom 13. November 2023 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides sei § 28p Abs.1 Satz 5 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Die für den Eintritt von Versicherungspflicht in den Zweigen der Sozialversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung erforderliche Beschäftigung werde in § 7 Abs. 1 SGB IV definiert. Ausgangspunkt der Prüfung seien die für die Tätigkeit maßgeblichen vertraglichen Vereinbarungen. Vorliegend hätten die Klägerin und der Beigeladene für den streitbefangenen Zeitraum ab 2014 einen sich jeweils um ein Jahr verlängernden Vertrag über freie Mitarbeit abgeschlossen. Danach sei zunächst davon auszugehen, dass die Vertragspartner eine freie Mitarbeit des Beigeladenen hätten vereinbaren wollen. Allein ausschlaggebend für den sozialversicherungsrechtlichen Status einer Tätigkeit sei aber nicht die Vereinbarung zwischen den Beteiligten; auch eine von den Beteiligten ausdrücklich gewollte Selbstständigkeit müsse vor den tatsächlichen Verhältnissen bestehen können. Denn die Versicherungspflicht entstehe kraft Gesetzes und könne nicht Gegenstand einzelvertraglicher Vereinbarung sein. Diese Grundsätze zur Abgrenzung würden auch für Lehrtätigkeiten bzw. die Tätigkeiten eines Lehrers gelten. Eine solche Tätigkeit könne grundsätzlich sowohl im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses als selbstständige Tätigkeit ausgeübt werden. Insoweit seien in der Rechtsprechung Lehrer je nach den Umständen des Einzelfalles unterschiedlich beurteilt worden. Das Rechtsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen weise sowohl Merkmale der Selbstständigkeit als auch der abhängigen Beschäftigung auf. Bei der Gesamtwürdigung aller Umstände überwögen jedoch diejenigen Gesichtspunkte, die für eine abhängige Beschäftigung sprächen. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) seien Lehrer an allgemeinbildenden Schulen in der Regel Arbeitnehmer. Nach einer zum Teil vom BAG stärker individualisierenden Betrachtungsweise sei die Bindung an schulrechtliche Vorschriften und Lehrpläne unerheblich, da dadurch nur die vertraglich geschuldete Leistung konkretisiert werde. Nach dieser Rechtsprechung des BAG werde größeres Gewicht darauf gelegt, ob und inwieweit die Lehrkraft in zeitlicher Hinsicht dem Weisungsrecht des Schulträgers unterliege. Wesentlich sei darauf abzustellen, ob der Stundenplan bei Vertragsschluss schon festgestanden oder Gegenstand der Vereinbarung gewesen sei. Diesbezüglich sei der Beigeladene vom Geschäftsführer der Klägerin gefragt worden, wann er Zeit habe. Der Beigeladene habe immer montags die ersten beiden Stunden haben wollen und später, als er nur noch ein Unterrichtsdeputat von 19 Stunden gehabt habe, auch einen freien Tag in der Woche. Dabei sei jedoch zu beachten, dass der Beigeladene aufgrund des zeitlichen Umfangs von zunächst 24 und später 19 Unterrichtsstunden seine Wünsche bei der Einplanung seiner Unterrichtsstunden habe umsetzen können. Diese Wünsche seien aber für die Klägerin einfach zu erfüllen gewesen, da der Beigeladene zeitlich zunächst an jedem Tag der Woche zur Verfügung gestanden und später bei reduzierter Unterrichtsstundenzahl vier Tage die Woche verfügbar gewesen sei. Einen freien Tag habe der Geschäftsführer der Klägerin aber anderen Teilzeitbeschäftigten, abhängig beschäftigten Lehrern ebenfalls ermöglicht. Wenn es ihm möglich gewesen sei, der Lehrkraft entgegenzukommen und es die Stundenplanung im Kollegium zugelassen habe, habe er die Unterrichtswünsche der Lehrkräfte ermöglicht. Die Möglichkeiten des Beigeladenen, auf die zeitliche Festlegung seiner Unterrichtsstunden Einfluss zu nehmen, sei daher nicht über das auch abhängig Beschäftigten üblicherweise eingeräumte Maß an zeitlicher Gestaltungsfreiheit hinausgegangen und spräche damit für ein einseitiges zeitliches Direktionsrecht der Klägerin. Der Umstand, dass der Beigeladene zunächst noch ein Schuljahr bei einem weiteren Auftraggeber tätig gewesen sei, sei neutral zu werten. Denn die Tätigkeit für mehrere Auftraggeber/Arbeitgeber sei sowohl bei abhängig Beschäftigten als auch bei Selbstständigen möglich. Die Art und Weise der Unterrichtserteilung durch die festangestellten Lehrkräfte und den Beigeladenen habe keine Unterschiede aufgewiesen. Ebenso deute entgegen der Ansicht der Beklagten die Verpflichtung zur persönlichen Verrichtung der Unterrichtstätigkeit nicht auf eine abhängige Beschäftigung hin. Der Umstand, dass der Beigeladene die Schüler in den Schulräumen der Klägerin unterrichtet habe und sich an den Bildungsplan des Landes Baden-Württemberg habe halten müssen, sei nicht ein ohne Einzelanweisungen vorliegendes Direktionsrecht der Klägerin. Es sei einzig und allein Folge der gesetzlichen Verpflichtungen, die eine staatlich genehmigte Privatschule einhalten müsse. Die Klägerin müsse der Schulaufsichtsbehörde geeignete Räume nachweisen und es müsse der Bildungsplan des Landes Baden-Württemberg durch den Unterricht der Lehrkräfte vermittelt werden. Diese Bindung an schulrechtliche Vorschriften und Lehrpläne konkretisiere nur die vertraglich geschuldete Leistung und könne deshalb kein Resultat eines Weisungsrechts der Klägerin an den Beigeladenen sein.
Wesentlich für eine abhängige Beschäftigung spräche aber die im Fall des Beigeladenen deutlich werdende Eingliederung in den Betrieb der Klägerin. So habe er, auch bevor er pädagogischer Schulleiter gewesen sei, zahlreiche Nebenpflichten wie Pausenaufsicht, Vertretungen, Begleitungen der Schüler zu externen Prüfungen, Teilnahme an Elternabenden und an Lehrerkonferenzen sowie Schullandheimausflüge übernommen. Für die Durchführung der und Teilnahme an den Schullandheimausflügen habe der Beigeladene eine jeweils mündlich vereinbarte Pauschale erhalten. Zu allen diesen Aufgaben habe der Beigeladene angegeben, er habe diese freiwillig übernommen, weil er Ansprüche an sich selbst gehabt habe. Dies möge zwar zutreffen, dabei sei aber in der Summe die zeitliche Bedeutung der zusätzlichen Aufgaben zu berücksichtigen. Laut dem Vertrag über die freie Mitarbeit sei nur der Unterricht in den Fächern Deutsch, Erdkunde und Wirtschaftslehre geschuldet gewesen. Der Beigeladene habe aber mit Pausenaufsicht, Vertretungen, Begleitung der Schüler zu externen Prüfungen, Teilnahme an Elternabenden und an Lehrerkonferenzen und Planung zur Durchführung von Schullandheimausflügen weit mehr als nur den vertraglich geschuldeten Unterricht erbracht. In der Vielzahl dieser Zusatztätigkeiten zeige sich eine Eingliederung in den Schulbetrieb der Klägerin. Dieser sei ohne die Zusatzleistungen des Beigeladenen wie Pausenaufsicht oder Vertretungen nicht ohne Störung und Unterrichtsausfälle möglich. Später als „pädagogischer“ Schulleiter ab dem Schuljahr 2015/2016 sei die Eingliederung in den Betrieb der Klägerin noch deutlicher gewesen. So habe der Beigeladene Unterrichtsbesuche bei Lehrern durchgeführt. Dies habe der Qualitätssicherung für die Schulaufsichtsbehörde gedient. Lehrer, die keine klassische Lehrerausbildung gehabt hätten, hätten zunächst vom Schulamt Unterrichtsbesuch bekommen. Danach habe der Beigeladene die Unterrichtsstunden besucht, wenn er es für erforderlich gehalten habe. Auch habe er Notenkonferenzen geleitet, an Sitzungen mit dem Staatlichen Schulamt teilgenommen und an disziplinarischen Maßnahmen gegenüber Schülern mitgewirkt, sowie Elterngespräche mit problematischen Schülern geführt. Diese Tätigkeiten seien eindeutig über die vertraglich geschuldete Unterrichtstätigkeit hinausgegangen und seien außerhalb der Unterrichtszeiten verrichtet worden. Auch wenn der Beigeladene dies alles freiwillig übernommen habe, wäre ihm die - auch mit einem höheren Honorar vergütete - Tätigkeit als pädagogischer Schulleiter ohne diese Zusatzaufgaben nicht möglich gewesen. Dies ergäbe sich bereits aus der erforderlichen Zusammenarbeit mit der Schulaufsichtsbehörde. Werde eine Dienstleistung von der Eingliederung in die Ordnung eines fremden Betriebs geprägt, sprächen Rahmenvorgaben, die Freiheiten zu zeitlichen, örtlichen und inhaltlichen Gestaltungen einräumten, erst dann für eine selbstständige Tätigkeit, wenn bei der Dienstleistung eine Weisungsfreiheit vorhanden sei, die sie insgesamt als eine unternehmerische kennzeichne. Denn auch in typischen Arbeitsverhältnissen würden Arbeitnehmer immer mehr Freiheiten zu zeitlichen, örtlichen und teilweise auch inhaltlichen Gestaltungen ihrer Arbeit eingeräumt. Würden insoweit lediglich Rahmenvorgaben vereinbart, spräche dies erst dann für Selbstständigkeit, wenn die Tätigkeit durch typische unternehmerische Freiheiten geprägt sei, die dem Betroffenen eigenes unternehmerisches Handeln mit entsprechenden Chancen und Risiken erlaube. Eine selbstständige Tätigkeit sei erst dann anzunehmen, wenn bei ihrer Verrichtung eine Weisungsfreiheit vorhanden sei, die sie insgesamt als eine unternehmerische kennzeichne. Dies gelte auch für Lehrkräfte, deren Tätigkeit nach dem Gesamtbild von der Ordnung eines fremden Betriebes und der dienenden Teilhabe an einem fremden Arbeitsprozess geprägt sei. Hier fehle es im Falle des Beigeladenen aber gerade daran, entscheidend an der zeitlichen Lage seiner Unterrichtsstunden mitwirken zu können und auch andere Aspekte unternehmerischer Freiheit seien nicht ersichtlich. Nach alledem sprächen fast alle Umstände für eine abhängige Tätigkeit oder seien diesbezüglich als neutral zu werten. Entscheidend sei im Falle des Beigeladenen die vorliegende Eingliederung in den Betrieb der Klägerin, die durch die Übernahme aller Zusatzaufgaben, die für einen Lehrer überhaupt denkbar seien (Pausenaufsichten, Vertretungen, Elternabende, Klassenfahrten, Lehrerkonferenzen usw.) deutlich werde. Die Möglichkeit des Beigeladenen, auf die zeitliche Festlegung seiner Unterrichtsstunden Einfluss zu nehmen, gehe demgegenüber nicht über das auch abhängig Beschäftigten üblicherweise eingeräumte Maß an zeitlicher Gestaltungsfreiheit hinaus und spräche damit ebenfalls für eine weisungsgebundene Eingliederung in den Betrieb der Klägerin. Lediglich die vertragliche Vereinbarung der Klägerin mit dem Beigeladenen spräche hier für eine selbstständige Tätigkeit. Diese sei aber schon nicht so gelebt worden, wie sie abgeschlossen worden sei. Denn der Beigeladene habe nicht nur die „Vermittlung von schulischen Kenntnissen“ übernommen, sondern daneben habe er auch alle Nebenpflichten/Zusatztätigkeiten einer abhängig beschäftigten Lehrkraft erbracht. Damit ergäbe eine Gesamtwürdigung aller Umstände eine abhängige Beschäftigung des Beigeladenen.

Gegen das dem Bevollmächtigten der Klägerin am 20. Dezember 2023 zugestellte Urteil hat dieser am 15. Januar 2024 schriftlich beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung erhoben. Zur Begründung führt er aus, das SG habe es versäumt, die tatsächliche Durchführung des Auftragsverhältnisses im Lichte der vertraglichen Vereinbarung zu betrachten. Ein zeitliches Weisungsrecht des Schulträgers dem Beigeladenen gegenüber habe nicht bestanden. Dieser habe bestimmt, wann er seine Tätigkeit erbracht habe. Zwar habe der Geschäftsführer der Klägerin zeitliche Wünsche der Lehrkräfte berücksichtigt. Er habe jedoch bei angestellten Lehrern diese Wünsche auch ablehnen und einseitig bestimmen können, wann diese die Arbeit hätten erbringen müssen. Dies sei ihm im Fall des Beigeladenen nicht möglich gewesen. Es habe hier des ausdrücklichen Einvernehmens mit dem Beigeladenen bedurft. Eine „isolierte“ Eingliederung in den Betrieb der Schule reiche für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung nicht aus. Die dienende Teilhabe am Arbeitsprozess erfordere das Vorhandensein eines Weisungsrechts. Ein vollkommener Verzicht auf Weisungen bei Diensten höherer Art lasse sich der Rechtsprechung des BSG nicht entnehmen. Denn begrifflich sei schließlich nur die Rede von einer „Verfeinerung“ des Weisungsrechts, nicht hingegen von einer Ersetzung oder Entbehrlichkeit von Weisungen. Das SG sei anhand des von ihm festgestellten Sachverhalts zu dem Ergebnis gelangt, dass der Beigeladene keinem Weisungsrecht der Klägerin hinsichtlich Zeit, Ort und Inhalt der Arbeitsleistung unterlegen habe. Eine Weisungsgebundenheit und die Eingliederung in den Betrieb müsse jedoch kumulativ vorliegen für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung. Auch wenn der Beigeladene durch die zusätzliche Aufgabe der pädagogischen Leitung zweifellos stärker in die Strukturen der Schule eingebunden gewesen sei als die anderen betroffenen Honorarkräfte, habe jedoch zu keinem Zeitpunkt eine Weisungsgebundenheit bestanden. Hinsichtlich seines Unterrichts und seiner Leitung habe er seitens der Klägerin nie Vorgaben erhalten, die er hätte einhalten müssen.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 13. November 2023 sowie den Bescheid der Beklagten vom 19. Dezember 2019 - soweit er den Beigeladenen betrifft - in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. August 2020 aufzuheben,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Das Urteil des SG sei rechtsfehlerfrei und nicht zu beanstanden. Ein Weisungsrecht der Klägerin im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV sei anzunehmen. Es bedürfe keiner Einzelanweisungen an einen Lehrer, um Weisungsgebundenheit anzunehmen.

Die Beteiligten sind mit Schreiben vom 3. Juli 2024 darauf hingewiesen worden, dass die Möglichkeit besteht, dass der Senat die Berufung auch ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss zurückweist, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Den Beteiligten ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten sowie  auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.


II.

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 Abs.1 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs.1 und Abs. 3 SGG) eingelegte zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten, die für den Senat keinen Anlass zu einem anderen Verfahren gegeben hat, gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.

Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 19. Dezember 2019 - soweit er den  Beigeladenen betrifft - in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. August 2020 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte entschieden hat, dass der Beigeladene seine Tätigkeit als Lehrer/Pädagogischer Schulleiter für die Klägerin seit Januar 2014 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausübt und dementsprechend Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung besteht und soweit die Beklagte für den Beigeladenen Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 35.0576,28 € nachgefordert hat. Ihr Begehren, diese Bescheide aufzuheben, weil der Beigeladene aufgrund seiner Tätigkeit in den genannten Zweigen der Sozialversicherung nicht versicherungspflichtig sei, verfolgt die Klägerin in zulässiger Weise mit der Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG).

Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 19. Dezember 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24. August 2020 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der Beigeladene unterliegt in seiner Tätigkeit als Lehrer/Pädagogischer Schulleiter für die Klägerin seit Januar 2014 aufgrund einer abhängigen Beschäftigung der Versicherungspflicht in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung.

Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheides der Beklagten ist § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV, wonach die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich Widerspruchsbescheide erlassen können. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), § 1 Nr. 1 SGB VI, § 20 Abs.1 Satz 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) und § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) unterliegen Personen, die gegen Entgelt beschäftigt sind, der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken-, Renten- und Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung.

Das SG hat zutreffend auf der Grundlage der hier maßgeblichen gesetzlichen Regelungen (§ 7 Abs. 1 SGB IV und der vorgenannten, die Versicherungspflicht begründenden Vorschriften in den jeweiligen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung) und unter ausführlicher Benennung der durch die einschlägige Rechtsprechung aufgestellten Kriterien sowie bei zutreffender Gesamtabwägung der einzelnen Umstände in nicht zu beanstandender Weise festgestellt, dass der Beigeladene während seiner Tätigkeit für die Klägerin ab Januar 2014 als Lehrer/Pädagogischer Schulleiter in einem abhängigen, die Sozialversicherungspflicht zur gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung begründenden Beschäftigungsverhältnis steht. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung uneingeschränkt an, sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils zurück.

Lediglich ergänzend ist hierzu auszuführen, dass sich auch aus dem Vortrag im Berufungsverfahren nichts Anderes ergibt.

Zunächst ist diesbezüglich darauf hinzuweisen, dass die beiden in den § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV genannten Merkmale Weisungsgebundenheit und Eingliederung in den Betrieb entgegen der Auffassung der Klägerin nicht immer zusammen vorliegen müssen, um eine abhängige Beschäftigung zu begründen. Weisungsgebundenheit und Eingliederung in den Betrieb stehen weder in einem Rangverhältnis zueinander, noch müssen sie stets kumulativ vorliegen (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juni 2019 - B 12 R 10/18 R -; Urteil vom 28. Juni 2022 - B 12 R 3/12 -, beide veröffentlicht in juris). Die in § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV genannten Merkmale sind schon nach dem Wortlaut der Vorschrift nur „Anhaltspunkte“ für eine persönliche Abhängigkeit als im Regelfall typische Merkmale einer Beschäftigung und keine abschließenden Bewertungskriterien. Eine Eingliederung geht nicht zwingend mit einem umfassenden Weisungsrecht einher. Insbesondere bei Dienstleistungen höherer Art - wie sie etwa bei freiberuflichen Tätigkeiten vorliegen, zu denen grundsätzlich auch Lehrer gehören - besteht weitgehend fachliche Weisungsfreiheit. Dennoch kann die Dienstleistung in solchen Fällen fremdbestimmt sein, wenn sie ihr Gepräge von der Ordnung eines fremden Betriebes erhält. Die Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers verfeinert sich dann „zur funktionsgerechten, dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ und kann - insbesondere bei hochqualifizierten oder Spezialisten - aufs Stärkste eingeschränkt sein (vgl. BSG, Urteil vom 28. Juni 2022, a.a.O.). Auch in typischen Arbeitsverhältnissen werden Arbeitnehmern immer mehr Freiheiten zur zeitlichen, örtlichen und teilweise auch inhaltlichen Gestaltung ihrer Arbeit eingeräumt. Werden insoweit lediglich Rahmenvorgaben vereinbart, spricht dies erst dann für Selbstständigkeit, wenn die Tätigkeit von typischen unternehmerischen Freiheiten geprägt ist, die dem Betroffenen eigenes unternehmerisches Handeln mit entsprechenden Chancen und Risiken erlauben. Eine selbstständige Tätigkeit ist erst dann anzunehmen, wenn bei ihrer Verrichtung eine Weisungsfreiheit vorhanden ist, die sie insgesamt als eine unternehmerische kennzeichnet (vgl. BSG, Urteil vom 27. April 2021 – B 12 R 16/19 R -, juris Rn. 16). Dies gilt auch für Lehrkräfte einer Schule, deren Tätigkeit nach dem Gesamtbild von der Ordnung eines fremden Betriebes und der dienenden Teilhabe an einem fremden Arbeitsprozess geprägt ist.

Gemessen daran war der Beigeladene weisungsgebunden in den Schulbetrieb der Klägerin eingegliedert. Das beschäftigungstypische Gepräge der Lehrtätigkeit des Beigeladenen wird insbesondere durch die Pflicht zur persönlichen Arbeitsleistung sowie die Festlegung auf bestimmte Unterrichtszeiten und Räume der Klägerin deutlich. Die Klägerin erstellte hinsichtlich der Unterrichtszeiten des Beigeladenen - nach vorheriger Absprache mit diesem - einen Stundenplan und wies ihm die Unterrichtsräume zu. Das räumt dem Beigeladenen in Bezug auf den Ort der Tätigkeit keine und in zeitlicher Hinsicht nur insoweit Freiheiten ein, wie es sich auch bei abhängig Beschäftigten in Hinsicht der zeitlichen Gestaltungsfreiheit verhält. Der Geschäftsführer der Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung des SG am 13. November 2023 angegeben, dass er auch bezüglich der festangestellten Lehrkräfte deren Wünsche zur zeitlichen Lage ihrer Unterrichtsstunden - soweit dies im Rahmen der Gesamtplanung des Unterrichts möglich war - aufnahm und umsetzte.

Die Eingliederung des Beigeladenen zeigt sich auch daran, dass er einen Unterrichtsausfall aufgrund eigener Erkrankung oder sonstige Verhinderung zu melden hatte. Weiterhin zeigt sich die Eingliederung des Beigeladenen in den Schulbetrieb der Klägerin insbesondere in den vielfältigen zeitlich relevanten über die reine Unterrichtstätigkeit hinausgehenden „zusätzlichen“ Aufgaben und Tätigkeiten (Pausenaufsichten, Vertretungen, Durchführung von Elternabenden und Klassenfahrten, Teilnahmen an Lehrerkonferenzen, Unterrichtsbesuch bei Honorarkräften etc.), die der Beigeladene zur Aufrechterhaltung und Durchführung eines ordnungsgemäßen Schulbetriebes für die Klägerin erbrachte. Insbesondere insoweit wird auf die zutreffende Begründung des SG in seinem Urteil vom 13. November 2023 Bezug genommen.

Der Beigeladene unterhält im Rahmen seiner Tätigkeit für die Klägerin seit 2014 auch keine eigene betriebliche Organisation, hatte keine unternehmerischen Chancen und war keinem Unternehmerrisiko ausgesetzt.  Vielmehr lag die gesamte Organisation des Schulbetriebes in den Händen der Klägerin. Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten findet sich kein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit. Der Beigeladene hatte weder die Möglichkeit, eigene Schüler zu akquirieren oder auf eigene Rechnung zu unterrichten, noch konnte er die geschuldete Lehrtätigkeit durch Dritte erbringen lassen.

Nach alledem ist die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Der Beigeladene trägt gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 162 Abs. 3 VwGO seine außergerichtlichen Kosten selbst. Der Senat sieht keine Veranlassung, diese Kosten aus Billigkeit der unterliegenden Klägerin aufzuerlegen, weil für den Beigeladenen keine Anträge gestellt worden sind (vgl. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, 14. Aufl. 2023, § 197a Rn. 29 m.w.N.).

Die Festsetzung des Streitwerts erfolgt nach § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 47 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 3 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Da die Klägerin sich mit ihrer Berufung gegen die von der Beklagten mit dem streitigen Bescheid geltend gemachte Nachforderung für den Beigeladenen in Höhe von 35.057,28 € richtet, war der Streitwert nach § 52 Abs. 3 GKG in entsprechender Höhe festzusetzen.

Gründe für die Zulassung der Revision (§160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.  


 

Rechtskraft
Aus
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