L 2 U 116/24 B ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 9 U 87/24 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 2 U 116/24 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze

"Wiederholte Anträge des einstweiligen Rechtsschutzes sind wegen des Instituts der materiellen Rechtskraft grundsätzlich unzulässig. Nur dann, wenn sich nach Eintritt der Rechtskraft neue Tatsachen ergeben oder sich die Rechtslage ändert, so dass eine andere Beurteilung des entscheidungserheblichen Sachverhalts geboten ist, ist ein wiederholter Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zulässig."

 

I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 26.03.2024 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Der Antrag der Antragstellerin, ihr für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird abgelehnt.


G r ü n d e :

I.

Streitig ist ein wiederholter Antrag der Antragstellerin, ihr im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes Leistungen zur Teilhabe im Wege des Arbeitgebermodells (persönliches Budget i.S.d. § 29 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - SGB IX) zuzusprechen.

Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (im Folgenden: Antragstellerin) ist im Jahr 1986 geboren. Sie absolvierte vom Wintersemester 2005/2006 bis März 2013 ein Studium der Humanmedizin an der Universität F und schloss dieses erfolgreich ab. Sie wohnt in A.

Während ihrer Promotion nahm sie im Jahr 2010 an einem drittmittelfinanzierten Forschungsprojekt der aus dem Klinikverbund der Universität F herausgelösten Klinik für T (K) bzw. deren Tochtergesellschaft (K1 mbH) teil. Im zeitlichen Zusammenhang damit erkrankte sie an einer schweren Keratitis. In der Folgezeit wurden neuropathische Schmerzen der Augenoberfläche nach einer schweren Keratokonjunktivitis sicca diagnostiziert. Die Antragstellerin gibt an, wegen ihres Leidens die Augen ständig mit Verbänden abdecken zu müssen, so dass sie faktisch blind sei. Eine Objektivierung dieser Angaben im Wege einer augenärztlichen Begutachtung ist bislang nicht erfolgt.

Die Antragstellerin macht geltend, dass die bei ihr vorliegende Erkrankung entweder Folge eines Arbeitsunfalls oder eine Berufskrankheit sei.

Die Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin (im Folgenden: Antragsgegnerin) als für die K1 mbH zuständiger Träger der gesetzlichen Unfallversicherung lehnte als erstangegangener Unfallversicherungsträger die Anerkennung einer Berufskrankheit (Bescheid vom 29.08.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.03.2013) und die Anerkennung eines Ereignisses vom August 2010 (Tätigkeit im Labor mit nachfolgenden Beschwerden der Augen) als Arbeitsunfall (Bescheid vom 24.05.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.07.2016) ab. Gegen beide Bescheide erhob die Antragstellerin Klage zum Sozialgericht (SG) Schleswig.

Mit Gerichtsbescheid des SG Schleswig vom 14.06.2018, S 22 U 39/13, wurde unter Aufhebung des Bescheides vom 29.08.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.03.2013 festgestellt, dass im Zeitraum vom 05.08.2010 bis 12.12.2010 ein Versicherungsverhältnis zwischen der Antragstellerin und der Beigeladenen zu 1) bestanden habe. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Dagegen legte die Antragstellerin Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Schleswig-Holstein ein (L 8 U 43/18).

Mit Urteil des SG Schleswig vom 25.02.2019, S 7 U 74/16, wurde der Bescheid vom 24.05.2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.07.2016 aufgehoben. Die Beigeladene zu 1) wurde verurteilt, das Ereignis vom 05.11.2010 als Arbeitsunfall anzuerkennen und der Antragstellerin die gesetzlichen Leistungen zu gewähren. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Dagegen legte die Antragstellerin Berufung zum LSG Schleswig-Holstein ein (L 8 U 47/19).

Mit einem an das LSG Schleswig-Holstein unter dem dortigen Aktenzeichen L 8 U 47/19 gerichteten Schreiben vom 19.03.2021 beantragte die Antragstellerin "vorläufige Leistungen der Sozialen Teilhabe und Assistenzleistungen". Mit einem weiterem an das LSG Schleswig-Holstein unter den dortigen Aktenzeichen L 8 U 43/18 und L 8 U 47/19 gerichteten Schreiben vom 23.10.2021 beantragte die Antragstellerin, ihr pflegerische Betreuungsmaßnahmen, körperbezogene Pflegemaßnahmen, Hilfen bei der Haushaltsführung sowie Assistenzleistungen als Leistungen der sozialen Teilhabe im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zuzusprechen.

Diese Eilanträge verwies das LSG Schleswig-Holstein mit Beschluss vom 28.10.2021, L 8 U 10008/21 ER, an das SG München. Dort wurde das Verfahren unter dem Aktenzeichen S 9 U 514/21 ER geführt und am 08.11.2021 mit folgendem Vergleich beendet:
"I. Die Antragsgegnerin verpflichtet sich zur Durchführung einer Teilhabeplankonferenz gemäß § 20 SGB IX bis zum 08.03.2022.
II. Die Beigeladene zu 1) erklärt sich ab 10.11.2021 bereit, folgende Leistungen bis zum 08.03.2022 zu erbringen: Pflegerische Betreuungsmaßnahmen: 3,5 Stunden, 7 Einsätze pro Woche; Körperbezogene Pflegemaßnahmen: 0,75 Stunden, 7 Einsätze pro Woche; Hilfen bei der Haushaltsführung: 0,75 Stunden, 7 Einsätze pro Woche; Assistenzleistungen: 2,5 Stunden, 7 Einsätze pro Woche; Anfahrtspauschalen.
III. Bei Scheitern der Teilhabeplankonferenz oder bei Nichtdurchführung der Teilhabeplankonferenz (Punkt I. des Vergleichs) verpflichtet sich die Antragsgegnerin zur Erbringung der Leistungen aus Punkt II. des Vergleichs ab 09.03.2022.
IV. Die Antragsgegnerin und die Beigeladene zu 1) tragen die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin je zur Hälfte.
V. Die Beteiligten erklären den Rechtsstreit für erledigt."

Die vergleichsweise vereinbarten Leistungen wurden in der Folgezeit durch von der Beigeladenen beauftragte Dienstleister erbracht, wobei dies nach den Angaben der Antragstellerin später wiederholt Anlass zu Beanstandungen (u.a. keine Vorlage der Verträge an die Antragstellerin, zu hohe Stundensätze für das Betreuungspersonal, Unpünktlichkeit, wiederholter Wechsel des Personals, Pflegepersonen für Altenpflege ausgebildet, nicht für die Pflege junger Menschen) gab.

Am 25.02.2022 fand eine Teilhabeplankonferenz statt. Eine weitere, für den 09.08.2022 geplante Teilhabekonferenz fand auf Wunsch des Bevollmächtigten der Antragstellerin nicht statt. Mit Schriftsatz vom 15.08.2022 teilte der Bevollmächtigte mit, dass sich abzeichne, dass die Teilhabeplanung als gescheitert angesehen werden müsse. Er erwarte eine verbindliche Regelung der erforderlichen Teilhabe-/Reha-Maßnahmen bis spätestens 31.08.2022.

Mit Schriftsatz vom 02.09.2022 legte der Bevollmächtigte der Antragstellerin der Antragsgegnerin einen von der Antragstellerin selbst entworfenen Teilhabe- und Rehaplan vom 25.08.2022 vor. Wenn bis zum 21.09.2022 keine Zustimmung mit detaillierter Kostenübernahmeerklärung bzw. ein vergleichbar ausgearbeiteter Teilhabe- und Rehaplan der Antragsgegnerin vorliege, werde er - so der Bevollmächtigte - einstweiligen Rechtsschutz in Anspruch nehmen.

Im Rahmen eines mit Antrag vom 29.09.2022 beim SG München eingeleiteten Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes (Az.: S 9 U 395/22 ER) begehrte die Antragstellerin zunächst, die eigentliche Rehabilitation und Integration der Antragstellerin, die von der Antragsgegnerin als erstangegangenem Reha-Träger gemäß § 14 SGB IX zu erbringen sei, sicherzustellen. Die Teilhabeplankonferenz am 25.02.2022 habe nur mit dem reduzierten Inhalt der Erbringung pflegerischer und Assistenzleistungen stattgefunden. Eine von der Antragstellerin angestrengte Folge-Teilhabeplankonferenz sei gescheitert. Die Antragstellerin habe selbst einen Teilhabeplan ausgearbeitet und der Antragsgegnerin präsentiert. Sie habe selbst zu Anbietern Kontakt aufgenommen, die sich auf die Wiedereingliederung stark sehbehinderter und blinder Menschen spezialisiert hätten. Die Angebote seien durch die Antragstellerin selbst nicht zu finanzieren. Die Antragsgegnerin habe es über 10 Jahre unterlassen, der Antragstellerin eine Rehabilitation zu ermöglichen. Da die Antragsgegnerin von sich aus jedoch überhaupt keine Anstrengungen unternehme, um die Antragstellerin im Sinne einer sozialen Teilhabe und einer beruflichen Integration zu rehabilitieren, sei keine andere Lösung ersichtlich, als die Antragsgegnerin durch dieses Verfahren zu einer zeitnahen Erbringung von konkreten Reha-Leistungen zu verpflichten.
In einem Erörterungstermin am 13.12.2022 schlossen die Beteiligten folgenden Vergleich:
"Die Beigeladene zu 1) erklärt sich bereit, den Vergleich vom 08.11.2021 hinsichtlich der Hilfen bei der Haushaltsführung anzupassen. Die Hilfen bei der Haushaltsführung werden angepasst von 0,75 Stunden auf 1 Stunde, 7 Einsätze pro Woche."
Die Beigeladene sowie die Antragsgegnerin sagten zu, schnellstmöglich einen neuen Dienstleister zu organisieren, der die Leistungen aus dem Vergleich vom 08.11.2021 mit Änderung vom 13.12.2022 erbringe, damit eine weitere Erbringung der Leistungen aus diesem Vergleich möglich sei. Zudem ist im Erörterungstermin der Antragsgegnerin eine Frist zur Entscheidung über die im Teilhabeplan beantragten Leistungen bis zum 24.01.2023 gesetzt worden. Auch solle sich die Antragsgegnerin innerhalb dieser Frist zur Möglichkeit eines persönlichen Budgets nach § 29 SGB IX äußern.

Mit Schriftsatz vom 25.01.2023 beantragte der Bevollmächtigte der Antragstellerin beim SG München, die Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, ihr die Leistungen gemäß dem selbst erstellten Teilhabeplan zu erbringen, zudem, die Antragsgegnerin zu verpflichten, der Antragstellerin die Leistungen zur Pflege, Haushaltsführung und Assistenz in Form eines persönlichen Budgets in Verbindung mit dem Arbeitgebermodell zu erbringen.

Mit Beschluss vom 15.02.2023, S 9 U 395/22 ER, wies das SG den Antrag der Antragstellerin, die Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, Leistungen aus einem von der Antragstellerin selbst erstellten Teilhabeplan zu gewähren, ab; auch im Übrigen wies das SG die Anträge der Antragstellerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes ab. Das SG begründete dies mit dem Fehlen eines Anordnungsgrundes. Auch - so das SG - könne mit Blick darauf, dass die Leistungen konkret erst am 25.08.2022 beantragt worden seien und der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz schon am 29.09.2022 eingegangen sei, mit dem Argument des erforderlichen Verstreichenlassens einer normalen Bearbeitungszeit schon über ein fehlendes Rechtsschutzbedürfnis diskutiert werden.

Die dagegen von der Antragstellerin zum Bayer. LSG mit dem Ziel, ihr Leistungen aus dem von der Antragstellerin selbst erstellten Teilhabeplan zu gewähren, nämlich das Hilfsmittel Screenreader JAWS und eine entsprechende Schulung, eine Schulung der lebenspraktischen Fähigkeiten und eine Schulung für den Screenreader VoiceOver, sowie die Versorgung im Arbeitgebermodell statt im Dienstleistungsmodell zu erbringen, verwarf das Bayer. LSG mit Beschluss vom 09.05.2023, L 2 U 61/23 B ER, insofern als unzulässig, als die Versorgung mit einem Screenreader JAWS samt Individualschulung, mit einer qualifizierten blindenspezifischen Einzelschulung für den Screenreader VoiceOver auf dem vorhandenen iPhone und mit einer Schulung zu lebenspraktischen Fähigkeiten begehrt werde, weil für dieses Begehren das Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin während des Beschwerdeverfahrens entfallen sei; denn die Antragsgegnerin habe der Antragstellerin mit Bescheid vom 21.03.2023 eine entsprechende Versorgung zugesprochen. Im Übrigen wurde die Beschwerde zurückgewiesen, weil der Antrag auf Versorgung im Arbeitgebermodell nicht vom ursprünglichen Streitgegenstand des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes, wie er sich aus der anwaltlichen Antragsbegründung vom 16.10.2022 ergebe, umfasst sei.

Am 23.05.2023 begehrte die Antragstellerin erneut einstweiligen Rechtsschutz beim SG München; Ziel dieses Antrags war es, dass die Antragsgegnerin verpflichtet werde, die Leistungen der körperbezogenen Pflegemaßnahmen, die Hilfen bei der Haushaltsführung, die pflegerischen Betreuungsmaßnahmen sowie die Assistenzleistungen in Form eines persönlichen Budgets in Verbindung mit dem Arbeitgebermodell zu erbringen, zudem die Kosten der Budgetassistenz (12 Stunden pro Monat) zu tragen und schließlich die Lohnabrechnungskosten zu übernehmen. Sie begründete den Antrag damit, dass ab dem 24.05.2023 die Erbringung der Pflegeleistungen durch keinen Pflegedienst mehr sichergestellt sei. Der Dienstleister R GmbH Ambulante Pflege S habe seine Leistungserbringung mit Schreiben vom 25.04.2023 zum 23.05.2023 gekündigt. Auch der Dienstleister R Assistenz und Servicegesellschaft mbH habe mitgeteilt, dass er die 75 Stunden Assistenzleistungen pro Monat nicht mehr vollständig, sondern lediglich in einem Umfang von maximal 55 Stunden pro Monat erbringen könne.

Zur Begründung ihres Begehrens trug die im Laufe des Verfahrens anwaltlich vertretene Antragstellerin in der Folge in mehreren Schriftsätzen (z.B. 26.05.2023, 28.05.2023, 29.05.2023, 30.05.2023, 01.06.2023, 09.06.2023, 16.06.2023, 18.06.2023, 22.06.2023, 26.06.2023, 27.06.2023, 29.06.2023, 07.07.2023, 12.07.2023, 13.07.2023, 14.07.2023, 17.07.2023) und Telefonaten u.a. vor, dass die eingebundenen Pflegedienste die vereinbarten Leistungen nicht hätten erbringen können, eine Betreuung durch Pflegedienste nicht zuverlässig sei, da sie in deren Tourenpläne eingebunden sei und das Erscheinen des Pflegedienstes daher nicht vorhersehbar sei, sie deshalb diverse vereinbarte Termine (z.B. Physiotherapie) nicht habe wahrnehmen können, wegen fehlender Einarbeitung der Mitarbeiter und ständiger Personalwechsel ein Erlernen der Wegebegleitung im öffentlichen Nahverkehr nicht möglich gewesen sei und ein Leben mit Altenpflege statt altersentsprechender kompensatorischer Assistenz für einen jungen Menschen wie sie auf Dauer unerträglich sei. Im Arbeitgebermodell sei dies völlig anders; die eingestellten Mitarbeiter würden von Zuhause kommen und nicht vorher Kunden haben, bei denen es zu Zeitverzögerungen kommen könne. Es sei nicht ausreichend, wenn die Antragsgegnerin auf ein Genehmigungsschreiben der Beigeladenen verweise, wenn diese Leistungen beim Patienten überhaupt nicht ankämen. Eine Leistungsumsetzung im Arbeitgebermodell statt im Dienstleistungsmodell sei zur Abwendung weiteren Schadens bis spätestens 30.06.2023 erforderlich. Es sei unzumutbar, jemanden in die Versorgung mit Pflegediensten zu zwingen, wenn die Pflegedienste nichterbrachte Leistungen dokumentieren und dann die Unterschrift des Betroffenen zur Bestätigung gegenüber dem Kostenträger auf Leistungsnachweisen fordern würden (Beihilfe zum Betrug). Das könne im Arbeitgebermodell vermieden werden. Die Mitwirkungspflicht höre dort auf, wo die Beihilfe zum Betrug beginne. Geeignete Bewerber für die Leistungserbringung im Arbeitgebermodell stünden bereit. Eine Versorgung im Wege des Dienstleistungsmodells sei nicht sichergestellt, weil in A Knappheit an Dienstleistern für die benötigten Leistungen bestehe, eine geeignete Leistungserbringung erforderlich sei und Dienste kurze Kündigungsfristen (2 bis 4 Wochen) hätten. Antragsgegnerin und Beigeladene seien nicht in der Lage gewesen, einen Dienst zu organisieren, der die Leistungen des Vergleichs auch tatsächlich erbringe. Die Versorgung durch H sei keine vergleichbare Versorgung zur Möglichkeit der Versorgung im Arbeitgebermodell. Der mit dem Dienstleister H vereinbarte Stundensatz würde die von den Pflegekassen in Bayern anerkannten Sätze deutlich übersteigen. Diese Differenzkosten könnten von der Antragstellerin nicht finanziert werden. Eine Mitarbeiterin des Pflegedienstes habe es, genauso wie die Beigeladene zu 1), abgelehnt, der Antragstellerin den Pflegevertrag von H zu übermitteln. Der Gesamtbedarf werde überhaupt nicht abgedeckt. Es sei nicht ausreichend geprüft, ob die Versorgung im Dienstleistungsmodell auch tatsächlich vollständig erfolge und ob die Versorgung unter Einhaltung von Verbraucherschutzrechten (schriftlicher Pflegevertrag) und mit geeignetem Personal bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens sichergestellt werden könne. Das Arbeitgebermodell bedeute weniger Personalwechsel, mehr Sicherheit und eine bedarfsgerechte Versorgung. In der Vergangenheit hätten zahlreiche Pflegefirmen die Verträge bei der Antragstellerin wieder gekündigt, weil sie die erforderlichen Leistungen nicht, nicht durchgehend und nicht in der erforderlichen Qualität (z.B. deutschsprachige und schriftsichere Assistenz) hätten leisten können oder wollen. Die Antragstellerin habe die Dienstleistung abgelehnt, wenn ein Anbieter keinen Pflegevertrag oder keine Stundenlisten vorgelegt habe, mit denen die Antragstellerin die tatsächlich geleisteten Zeiten hätte bestätigen können. Im Arbeitgebermodell könnten ein oder mehrere angestellte Mitarbeiter beauftragt werden. Durch die Einarbeitung sei die sichere Begleitung gewährleistet und Assistenzleistungen könnten zuverlässig erbracht werden, weil kein Personalwechsel stattfinde. Außerdem könne nur im Arbeitgebermodell der Anspruch der Antragstellerin auf gleichgeschlechtliche Pflege erfüllt werden. Es sei überhaupt kein Argument ersichtlich, das gegen das Arbeitgebermodell spreche. Die Antragstellerin habe bereits dafür geeignete Personen ausgesucht, die nur darauf warten würden, als ordentlich angestellte Mitarbeiter für sie in Teilzeit tätig werden zu können. Die Antragstellerin bestehe auf einer Leistungszusage durch die Antragsgegnerin, weil diese die erstangegangene Leistungsträgerin sei. Die Beigeladene versuche in verleumderischer Weise, der Antragstellerin fehlende Mitwirkung nachzusagen, ohne dass dazu ein konkreter Sachvortrag oder eine Glaubhaftmachung für die fehlende Mitwirkung erfolge. Der Antragstellerin sei es nicht zuzumuten, mit Dienstleistern und deren wechselnden Angestellten ständig neue Übergangslösungen zu vereinbaren und um eine Mindestversorgung zu kämpfen, die als Dauerzustand tödlich sei. Die der Antragstellerin verbleibenden Assistenzstunden würden fast überwiegend damit verbraucht, die Einsätze der Dienstleister und Assistenzkräfte zu organisieren, Angebote von möglichen Angestellten einzuholen und dem Gericht immer wieder die gleichen bzw. neue Nachweise für die Versorgungsmöglichkeiten im Arbeitgebermodell vorzulegen. Es gebe keine Verpflichtung der Antragstellerin, Leistungen ausschließlich im Dienstleistungsmodell anzunehmen und zu akzeptieren. Derartiges sei in keinem der Vergleiche vereinbart worden. Die Angaben der Fa. R GmbH seien falsch.

Die Antragsgegnerin und die Beigeladene hielten dem in mehreren Schriftsätzen Folgendes entgegen:
Die Beigeladene habe sich im Vergleich vom 08.11.2021 bereit erklärt, die Kosten der Pflege- und Assistenzmaßnahmen als vorläufige Leistung zu erbringen; sie habe bestätigt, diese Leistungen bis zur Entscheidung in der Hauptsache vor dem LSG Schleswig-Holstein weiter zu erbringen; es werde daher auf die Beigeladene verwiesen. Die Antragsgegnerin bleibe Ansprechpartnerin für den Bereich der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Entsprechende Kostenzusagen für die beantragten Schulungen und eine Beratung im Berufsförderungswerk seien bereits ausgesprochen worden. Das Arbeitgebermodell sei aufgrund der von der Antragstellerin geschilderten Einschränkungen ohne Unterstützung nicht umsetzbar. Es sei daher mit ausdrücklichem Einverständnis der Antragstellerin die Fa. R GmbH beauftragt worden, sowohl die Versorgung (Pflege und Assistenz) sicherzustellen als auch ein Arbeitgebermodell zu erstellen und die Antragstellerin bei dieser Aufgabe und der Umsetzung ebenso wie im Rahmen einer Budget-Assistenz zu unterstützen. Auf Wunsch der Antragstellerin sei aber in der Folgezeit der Fa. R GmbH die Beauftragung aufgekündigt worden, da nach Mitteilung der Antragstellerin die Versorgung sichergestellt sei und eine Unterstützung zur Sicherstellung der zugesicherten Versorgung nicht gewünscht werde. Die Versorgung der Antragstellerin sei mit einer Kostenübernahme der Leistungen der Fa. R GmbH vom 18.04.2023 nunmehr wieder vollumfänglich sichergestellt. Die Beigeladene sei bereit, auch ohne einstweilige Verfügung die Versorgung der Antragstellerin im Rahmen des Dienstleistungsmodells auf Grundlage der einstweiligen Anordnung und Verpflichtung des SG München vom 27.09.2021 bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens vor dem LSG-Schleswig-Holstein weiterzuführen. Beigefügt wurde der "Bericht zur Zielerreichung Möglichkeiten der medizinischen Rehabilitation" der Fa. R GmbH vom 19.02.2023, der den Zeitraum vom 30.01.2023 bis zum 14.02.2023 umfasst. Darin wurde u.a. unter Bezugnahme auf diverse andere Personen (Pflegedienste, Bezirk Oberbayern) darüber berichtet, dass die Antragstellerin bei der ersten telefonischen Kontaktaufnahme über ihren Zustand des drohenden Verhungerns definitiv falsche Tatsachen vorgetäuscht habe, Mitarbeiter des Pflegedienstes beschimpft und der Wohnung verwiesen habe, trotz einer zuvor besprochenen Notversorgung die Assistenz nicht in ihre Wohnung gelassen und auf die Übersendung der kompletten Vertragsunterlagen bestanden habe, nach Plan entsandte Mitarbeiter des Pflegedienstes mit der Begründung fortgeschickt habe, dass sie keinen Vertrag habe und die Stundensätze nicht akzeptiere, Mitarbeiter der Assistenz beschimpft und gesagt habe, diese sollten wieder verschwinden, weil sie nicht haftpflichtversichert seien. Sofern die Antragstellerin entsprechende Dienstleister benenne, bestehe weiterhin die Bereitschaft, die Versorgung der Antragstellerin im Rahmen des Dienstleistungsmodells bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens vor dem LSG Schleswig-Holstein weiterzuführen.

Mit Beschluss vom 18.07.2023 lehnte das SG den Antrag vom 23.05.2023 ab. Es fehle bereits - so das SG - an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrundes. Die Antragstellerin habe zwar einen Anspruch auf Sicherstellung einer existenziellen Versorgung. Allerdings sei es ihr nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass eine Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig sei. Von der Beigeladenen sei grundsätzlich und ununterbrochen die Bereitschaft dargelegt worden, die vorübergehende notwendige Versorgung sicherzustellen. Dieses Angebot sei von der Antragstellerin nicht angenommen worden. Es bestünden Zweifel daran, dass die Antragstellerin ihre Mitwirkungspflichten wahrnehme. Sie habe nicht glaubhaft machen können, dass eine Zusammenarbeit mit der Fa. R GmbH tatsächlich unzumutbar sei. Auch sei der (materielle) Anspruch auf Bewilligung des beantragten persönlichen Budgets in Form des Arbeitgebermodells nicht glaubhaft gemacht.

Gegen den der Bevollmächtigten der Antragstellerin am 18.07.2023 zugestellten Beschluss legte die Bevollmächtigte am 19.07.2023 Beschwerde zum Bayer. LSG ein und beantragte für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe und ihre Beiordnung.

Begründet wurde die Beschwerde mit Schriftsätzen vom 19.07.2023 und 21.07.2023 wie folgt:
Die Antragstellerin sei aktuell gesundheitlich massiv gefährdet; seit dem 14.07.2023 sei sie unterversorgt. Sie habe alle selbstständig organisierten Assistenz- und Pflegekräfte, die sie im Arbeitgebermodell angestellt habe, wieder kündigen müssen, weil für diese keine Bezahlung mehr zur Verfügung stehe. Weil ihr keine Assistenz mehr zur Verfügung stehe, könne sie die Wohnung nicht verlassen, habe notwendige Schulungen absagen müssen und könne trotz starker Rückenschmerzen die Physiotherapiepraxis nicht aufsuchen. Wegen unzureichender Lebensmittelversorgung habe sie inzwischen stark abgenommen und Muskulatur verloren. Es sei schlichtweg ignorant, wenn das SG davon ausgehe, dass für die Antragstellerin bei einem Abwarten des Ausgangs des Hauptsacheverfahrens keine unzumutbaren Nachteile entstünden. Die aktuellen Lebensumstände der Antragstellerin seien menschenunwürdig; man spreche ihr jedes Recht auf selbstbestimmtes Leben in ihrer eigenen Wohnung ab, verweigere ihr jede Unterstützung und wolle sie auf fremdbestimmte Dienstleistungen und sogar Betreuung verweisen. Dringend notwendige Rehabilitationsmaßnahmen würden auf diese Weise massiv behindert. Das Gesundheitsamt sei über die menschenunwürdigen Zustände informiert worden. Gegen einen Mitarbeiter der Antragsgegnerin werde Strafanzeige wegen unterlassener Hilfeleistung und vorsätzlicher Körperverletzung gestellt. Sofern der Antragstellerin ein Verstoß gegen ihre Mitwirkungspflichten vorgeworfen werde, werde darauf hingewiesen, dass die über die Fa. R GmbH vermittelten Pflegedienste die notwendigen Leistungen nicht hätten erbringen können/wollen oder sie nur in nicht zumutbarer Form angeboten hätten. Die Antragstellerin sei weder verpflichtet, Leistungen eines Pflegedienstes anzunehmen, der keinen Pflegevertrag vorlege, noch hinzunehmen, dass Mitarbeiter des Pflegedienstes keine Zeitaufzeichnungen vornehmen. Die Beschwerdegegnerin unterlasse jedes Controlling über die Art der eingesetzten Pflegedienste. Verstöße gegen die Mitwirkungspflichten seien nicht der Antragstellerin, sondern der Antragsgegnerin und der Beigeladenen vorzuwerfen. Die von der Fa. R GmbH benannten Pflegedienste hätten der Antragstellerin mitgeteilt, dass sie die von ihr benötigten Leistungen nicht erbringen könnten. Die Fa. R GmbH verweigere der Antragstellerin jede Unterstützung bei einem Arbeitgebermodell mit ortsansässigen Firmen. Die Antragstellerin könne und dürfe nicht darauf verwiesen werden, ihre Angelegenheiten durch einen Betreuer zu erledigen, wie dies das SG thematisiert habe. Eine Zielvereinbarung sei lediglich eine formelle Voraussetzung für ein persönliches Budget, ohne dass deren Fehlen den Anspruch ausschließen könne. Die Antragstellerin habe geeignete Personen selbst ausgesucht und in die Arbeit eingewiesen. Sie müsse sich nicht mit ständig wechselnden Mitarbeitern von Pflegediensten herumschlagen, die nicht eingearbeitet seien und nur unzureichende Hilfe erbringen könnten. Sofern die Beigeladene ausführe, dass aufgrund der geschilderten Einschränkungen der Antragstellerin ein Arbeitgebermodell ohne Unterstützung nicht umsetzbar sei, handele es sich um eine bereits widerlegte bloße Behauptung. Die Antragstellerin benötige keine weitere Unterstützung durch eine - wie die Fa. R GmbH - in Nordrhein-Westfalen ansässige Firma, die lediglich Pflegefirmen beauftrage, die dann die Leistungen nicht erbringen könnten oder nur vertragslos anbieten würden. Die Antragstellerin brauche und wolle insbesondere keine Abrechnung über ein von dieser Gesellschaft verwaltetes Treuhandkonto ohne eigene Kontrollmöglichkeiten. Sie brauche auch keine Unterstützung bei der Umsetzung des Arbeitgebermodells. Die von der Antragstellerin begehrte Kostendeckung für ein persönliches Budget im Rahmen des Arbeitgebermodells koste nur einen Bruchteil dessen, was die Beigeladene beim Einsatz der Fa. R GmbH ansetze. Die Beigeladene sei nicht berechtigt, den von ihr übernommenen Leistungsauftrag, den sie nicht ausführen könne, einfach auf einen Dritten (Fa. R GmbH) zu übertragen. Für den Fall des Unvermögens der Beigeladenen sei vielmehr vereinbart, dass die Antragsgegnerin leisten müsse. Diese habe nie vorgeschlagen, die Fa. R GmbH oder sonst einen Dienstleister unter Vertrag zu nehmen. Die Antragstellerin habe der Einschaltung der Fa. R GmbH nur im Hinblick auf eine Beratung und Prüfung der bereits vorliegenden Anträge der Antragstellerin zum Arbeitgebermodell zugestimmt. Die Antragstellerin habe immer deutlich gemacht, dass sie ein persönliches Budget für ein Arbeitgebermodell mit Lohnbuchhaltung und Budgetassistenz benötige und dass sie hierfür bereits jetzt alle notwendigen Vorkehrungen getroffen habe. Sie habe keinen Zweifel daran gelassen, dass sie, über eine Beratung zu ihrem bereits vorbereiteten Arbeitgebermodell hinaus, die Zwischenschaltung einer weiteren Firma (Fa. R GmbH oder andere) weder wünsche noch brauche. Nicht die Antragstellerin habe Mitwirkungspflichten verletzt, sondern die Antragsgegnerin und die Beigeladene, die zudem unfähig sei, die übernommenen Leistungsverpflichtungen zu erfüllen. Die Antragstellerin könne und wolle der von der Beigeladenen gewünschten Einschaltung der Fa. R GmbH nicht zustimmen, weil völlig offen sei, ob der am Ende rechtskräftig festgestellte Leistungserbringer deren (exorbitant hohe) Kosten auch trage oder tragen müsse. Mit ihrer Unterschrift unter einem Vertrag mit der Fa. R GmbH wäre die Antragstellerin möglichen Regressansprüchen ausgesetzt. Von der Antragsgegnerin sei bis heute kein konkretes Leistungsangebot gekommen, mit dem die akute Notsituation der Antragstellung beendet werde. Die Antragstellerin benötige ab dem 21.07.2023, um das Wochenende überstehen zu können, eine Entscheidung des Gerichts. Sie habe fast nichts mehr zum Essen in ihrer Wohnung, könne diese nicht alleine verlassen und wisse nicht, wie sie das Wochenende überstehen solle.

Telefonisch brachte die Bevollmächtigte der Antragstellerin gegenüber dem Vorsitzenden des Senats am 24.07.2023 zum Ausdruck, dass sich die Antragstellerin in einer verzweifelten Situation befinde; es sei auch schon die Polizei eingeschaltet worden, um eine Versorgung sicherzustellen. Die Antragstellerin benötige umgehend Hilfe und habe bereits alles organisiert, um eine Leistungserbringung im Arbeitgebermodell sicherzustellen. Wenn dies nicht umgehend in die Wege geleitet werden könne, bestehe die Gefahr, dass immer mehr Personen abspringen würden. Vereinzelt sei dies schon erfolgt. Für die Leistungserbringung über einen Zwischendienstleister sei der Antragstellerin kein Pflegevertrag vorgelegt worden; dies sei aber nötig, damit die Antragstellerin kontrollieren könne, ob die Leistungen richtig abgerechnet worden seien. Wegen der im Raum stehenden Haftung sei dies für sie unverzichtbar.

Die Beigeladene verwies mit Schriftsatz vom 26.07.2023 unter Bezugnahme auf ihre Darlegungen im erstinstanzlichen Verfahren darauf, dass sie stets in außerordentlich hohem Maße bemüht gewesen sei, die Leistungen sicherzustellen. Es sei jedoch keine seitens der Antragstellerin zufriedenstellende Vorgehensweise erreicht worden, sodass auch der Auftrag an die Fa. R GmbH leider habe gekündigt werden müssen. Im Übrigen vertrete die Beigeladene weiterhin die Auffassung, dass die eigenständige Durchführung eines Arbeitgebermodells durch die Antragstellerin selbst nicht umsetzbar sei. Sollte die Antragstellerin mit dem Vorschlag einer Beauftragung der Fa. R GmbH einverstanden sein, würde umgehend ein entsprechender Auftrag erteilt.

Am 27.07.2023 bestellte sich eine neue Bevollmächtigte für die Antragstellerin und beantragte, der Antragstellerin im Wege eines Hängebeschlusses Leistungen bis zum 31.07.2023 zuzusprechen. Dieser Antrag ist mit Beschluss des Bayer. LSG vom 27.07.2023, L 2 U 189/23 ER, abgelehnt worden.

Mit Beschluss vom 31.07.2023, L 2 U 182/23 B ER, wies das Bayer. LSG die Beschwerde gegen den Beschluss des SG München vom 18.07.2023 zurück, weil ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht sei. Dazu führte das Bayer. LSG Folgendes aus:

"Das Begehren der Antragstellerin läuft auf eine Vorwegnahme der Hauptsache hinaus, die nur unter strengen Voraussetzungen und unter Berücksichtigung der staatlichen Pflicht zur Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz bei drohenden besonders schweren, unzumutbaren und nicht anders abwendbaren Nachteilen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, zulässig ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005, 1 BvR 569/05, vom 25.02.2009, 1 BvR 120/09, und vom 06.07.2016, 1 BvR 1705/15). Denn nach dem eigenen Vortrag der Antragstellerin sind ihre finanziellen Mittel vollständig aufgebraucht; ob mit einer Besserung der finanziellen Verhältnisse gerechnet werden kann, ist angesichts der von der Antragstellerin angegebenen gesundheitlichen Einschränkungen äußerst zweifelhaft. Dass der Antragstellerin bei einer positiven Entscheidung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes und einer später ergehenden negativen Entscheidung im Hauptsacheverfahren eine Rückzahlung der im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gewährten Geldleistungen möglich wäre, ist daher äußerst unwahrscheinlich.

Dass der Antragstellerin vorliegend derart schwerwiegende Nachteile, wie sie eine Vorwegnahme der Hauptsache begründen könnten, drohen würden, ist nicht ersichtlich.

Bei Erbringung der vergleichsweise vereinbarten Leistungen (pflegerische Betreuungsmaßnahmen: 3,5 Stunden, 7 Einsätze pro Woche; körperbezogene Pflegemaßnahmen: 0,75 Stunden, 7 Einsätze pro Woche; Hilfen bei der Haushaltsführung: 1,0 Stunden, 7 Einsätze pro Woche; Assistenzleistungen: 2,5 Stunden, 7 Einsätze pro Woche; Anfahrtspauschalen) ist eine existentielle Gefährdung der Antragstellerin oder eine Verletzung ihrer Menschenwürde ausgeschlossen. Dies wird auch von der Antragstellerin nicht in Frage gestellt.

Sofern die Antragstellerin geltend macht, dass die vergleichsweise geschuldete Versorgung durch die Antragsgegnerin bzw. die Beigeladene zu 1) gescheitert oder unmöglich sei und daher nur eine Versorgung im Arbeitgebermodell geeignet sei, schwere, unzumutbare und anders nicht abwendbare Nachteile, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, zu vermeiden, ist dies nicht glaubhaft gemacht. Die Beigeladene zu 1) hat wiederholt ihre Bereitschaft bestätigt, die Versorgung der Antragstellerin in dem im Vergleich vereinbarten Umfang sicherzustellen. Dass die Antragstellerin derzeit diese Versorgung offenbar nicht erhält, kann nicht der Beigeladenen zu 1) oder der Antragsgegnerin zugerechnet werden, sondern liegt im Verantwortungsbereich der Antragstellerin. Nicht nur nach dem Vorbringen von Antragsgegnerin und Beigeladener zu 1), sondern auch nach dem eigenen Vortrag der Antragstellerin liegt die Ursache für die nicht dem Vergleich entsprechende Versorgung allein darin, dass die Antragstellerin die Ausgestaltung der Versorgung, wie sie dem Vergleich zugrunde liegt, nicht akzeptieren will, sondern auf einer Erbringung im Arbeitgebermodell beharrt. Weder ist aber ein Arbeitgebermodell Gegenstand der vergleichsweisen Regelung noch ist aus anderen Gründen die Leistungserbringung im Dienstleistungsmodell, d.h. als Sachleistung/Dienstleistung, der Antragstellerin unzumutbar und mit schweren und unzumutbaren Nachteilen verbunden. Der anderslautende Vortrag der Antragstellerin kann insofern nicht überzeugen. Exemplarisch wird auf folgende Umstände hingewiesen:
*  Im "Bericht zur Zielerreichung Möglichkeiten der medizinischen Rehabilitation" der Fa. R GmbH vom 19.02.2023 wird u.a. unter Bezugnahme auf Auskünfte diverser anderer Personen (Mitarbeiter von Pflegediensten und des Bezirks Oberbayern) darüber berichtet, dass die Antragstellerin durch ihr eigenes Verhalten (Beschimpfung von Pflegedienstmitarbeitern, Verweigerung des Zutritts zur Wohnung, Verweisen aus der Wohnung, Fortschicken von Pflegedienstmitarbeitern, weil diese die Vertragsunterlagen mit dem Pflegedienst nicht vorgelegt haben oder die Antragstellerin deren Stundensätze nicht akzeptiert) eine Leistungserbringung vereitelt hat. Daran, dass diese Angaben zutreffen, hat der Senat keine entscheidenden Zweifel. Denn die im vorgenannten Bericht enthaltenen Angaben zu einer Leistungsvereitelung durch die Antragstellerin entsprechen den von der Antragstellerin selbst gemachten Angaben (s. dazu im Folgenden). Die vorgenannten Umstände sind aber kein wichtiger Grund, der die Antragstellerin berechtigen würde, die ihr angebotenen Leistungen zu verweigern. Vielmehr hätte sie die Leistungen im Rahmen ihrer Mitwirkungspflichten annehmen müssen. Sie kann sich daher nicht darauf berufen, dass ihre Versorgung nicht den tatsächlichen Erfordernissen entsprechend durchgeführt worden ist.
*  Die Antragstellerin hat nach ihren eigenen Angaben die im Vergleich vereinbarte "Dienstleistung abgelehnt, wenn ein Anbieter keinen Pflegevertrag oder keine Stundenlisten vorgelegt hat, mit denen die Antragstellerin die tatsächlich geleisteten Zeiten bestätigen konnte" (S. 3 des Schriftsatzes der Bevollmächtigten der Antragstellerin vom 29.06.2023; vgl. auch S. 4 des Schriftsatzes der Bevollmächtigten vom 19.07.2023). Die Nichtvorlage von Verträgen zwischen dem Anbieter der Versorgungsleistung und dem diese Leistung schuldenden Sozialleistungsträger gibt aber genauso wie die Nichtvorlage von Stundenlisten über die erbrachten Leistungen dem Leistungsempfänger kein Recht, die Annahme der Leistungen zu verweigern.
*  Wenn die Antragstellerin vorträgt, dass "nur im Arbeitgebermodell der Anspruch der Antragstellerin auf gleichgeschlechtliche Pflege erfüllt werden" (S. 4 des Schriftsatzes der Bevollmächtigten der Antragstellerin vom 29.06.2023) könnte, übersieht sie dabei schon, dass es einen solchen Anspruch überhaupt nicht gibt; § 2 Abs. 2 Satz 3 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) eröffnet keinen Individualanspruch, sondern stellt nur einen Unterfall des Wunschrechts in § 2 Abs. 2 Satz 2 SGB XI dar (vgl. Gutzler in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XI, 3. Aufl., § 2, Stand: 01.10.2021, Rn. 34 f.). Zudem hält der Senat die von der Antragstellerin aufgestellte Annahme, dass nur im Arbeitgebermodell eine gleichgeschlechtliche Pflege sichergestellt werden könne, für fernliegend; denn die große Mehrzahl der professionellen Pflegekräfte ist weiblichen Geschlechts (vgl. Gutzle, a.a.O., § 2, Rn. 35 - m.w.N.). Im Übrigen hat die Antragstellerin auch gar nicht behauptet und erst recht nicht glaubhaft gemacht, dass ihr (nur) die Erbringung von Pflegeleistungen auch durch männliche Mitarbeiter des Pflegedienstes angeboten worden wäre.
*  Dass die Antragstellerin grundlos die Leistungsannahme, also die ihr angebotene Versorgung in Form von Sachleistungen/Dienstleistungen, verweigert, wird auch aus folgender, auf S. 7 des Schriftsatzes der Bevollmächtigten der Antragstellerin vom 29.06.2023 enthaltenen Aussage der Antragstellerin deutlich: "Die Antragstellerin besteht auf einer Leistungszusage durch die BGW, weil diese die Erstinanspruchgenommene Leistungsträgerin ist". Ganz abgesehen davon, dass sich die Antragstellerin damit in Widerspruch zu ihrem eigenen Verhalten setzt - sie hat in den Vergleichen eine Leistungserbringung auch der Beigeladenen zu 1) akzeptiert -, kommt es im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes nicht entscheidend darauf an, wer die die Notlage vermeidende Leistung erbringt, sondern dass diese Leistung erbracht und damit die Notlage vermieden wird.
*  Wenn die Antragstellerin der Meinung ist, "es gibt keine Verpflichtung der Antragstellerin, Leistungen ausschließlich im Dienstleistungsmodell anzunehmen und zu akzeptieren" (S. 9 des Schriftsatzes der Bevollmächtigten der Antragstellerin vom 07.07.2023), unterliegt sie jedenfalls für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes einem Irrtum. Denn neben der mehr oder minder erhöhten Wahrscheinlichkeit, dass auch ein materieller Anspruch besteht (Anordnungsanspruch), ist im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes der Anordnungsgrund maßgeblich. Unter diesem Gesichtspunkt lässt sich hinsichtlich der Art der Leistungserbringung - Dienstleistungsmodell oder Arbeitgebermodell - keine Beschränkung auf eine Leistungserbringung im Arbeitgebermodell begründen.
*  Die Antragstellerin irrt, wenn sie annimmt, dass die Beigeladene zu 1) "nicht berechtigt [ist], den von ihr übernommenen Leistungsauftrag, den sie nicht ausführen kann, einfach auf einen Dritten zu übertragen. Für den Fall des Unvermögens der UKBW ist vielmehr vereinbart, dass die Beschwerdegegnerin leisten muss" (S. 2 des Schriftsatzes der Bevollmächtigten der Antragstellerin vom 21.07.2023). Ganz abgesehen davon, dass Sozialleistungsträger sich typischerweise Dritter zur Leistungserbringung bedienen (müssen), weil die konkrete Leistungserbringung durch eigenes Personal nicht von ihrem gesetzlichen Auftrag erfasst ist, gibt es auch zwischen den Beteiligten keine vergleichsweise Regelung, wonach bei eine "Unvermögen" der Beigeladen zu 1) die Antragsgegnerin die Leistung zu erbringen hätte. Im Übrigen - darauf sei nur der Vollständigkeit halber hingewiesen - hat die Antragstellerin mehr als deutlich gemacht, dass ihre Leistungsannahmeverweigerung maßgeblich darauf beruht, dass sie das Arbeitgebermodell begehrt, nicht welcher Sozialleistungsträger die Versorgung gewährt. Ihre Argumentation erscheint daher schon in sich widersprüchlich.
Der Vollständigkeit halber weist der Senat auf Folgendes hin:

Es könnte diskutiert werden, ob das vorliegende Verfahren tatsächlich an den aufgezeigten strengen Vorgaben zu messen ist, die für eine Vorwegnahme der Hauptsache gelten. Denn anders als beim Regelfall der Vorwegnahme der Hauptsache besteht die Vorwegnahme vorliegend nur darin, dass aufgrund des Vergleichsschlusses zwischen der Antragstellerin einerseits und der Antragsgegnerin bzw. der Beigeladenen zu 1) andererseits bereits Leistungen erbracht werden und mit dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz lediglich eine Umstellung der Art der Leistungserbringung (vom Dienstleistungsmodell auf das Arbeitgebermodell) erreicht werden soll. Aber selbst dann, wenn aufgrund der vorstehenden Überlegungen davon ausgegangen würde, dass das vorliegende Verfahren nicht an den Kriterien für eine Vorwegnahme der Hauptsache zu messen wäre, könnte die Entscheidung des Senats nicht anders ausfallen. Denn eine Eilbedürftigkeit lässt sich nicht erkennen. Die Antragstellerin kann jederzeit durch die Vornahme ihr zumutbarer Mitwirkungshandlungen den Zustand einer eingeschränkten Versorgung beenden, so dass für den Erlass einer einstweiligen Anordnung kein Raum ist.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten, dass der für die Antragstellerin eingetretene Nachteil einer - einen entsprechenden Versorgungsbedarf zugrunde gelegt, was mangels sicherer Abklärung der bei der Antragstellerin tatsächlich vorliegenden gesundheitlichen Einschränkungen nicht mit ausreichender Gewissheit beurteilt werden kann - unzureichenden Versorgung ohne jeden Zweifel allein im Verantwortungsbereich der Antragstellerin liegt und durch eine der Antragstellerin zumutbare Mitwirkung jederzeit und umgehend vermieden werden kann, so dass ein Anordnungsgrund ohne jeden Zweifel nicht vorliegt.

Der Vollständigkeit halber weist der Senat mit Blick auf den Gesichtspunkt des Anordnungsanspruchs darauf hin, dass bislang weder das Ob und das Ausmaß der bei der Antragstellerin vorliegenden Gesundheitsstörung noch die Art und das Ausmaß des Versorgungsbedarfs auch nur ansatzweise geklärt sind."

Zwei anschließend von der Antragstellerin gegen den Beschluss vom 31.07.2023 erhobene Anhörungsrügen wurden vom Bayer. LSG als unzulässig verworfen (Beschlüsse vom 01.08.2023, L 2 U 182/23 B ER, und vom 17.08.2023, L 2 U 182/23 B ER).

Mit Schreiben vom 01.03.2024 hat die Antragstellerin erneut einstweiligen Rechtsschutz beim SG München beantragt. Sie sei auf Pflege- und Assistenzleistungen mit geeigneten Arbeitskräften ab dem 01.03.2024 angewiesen. Es bestehe eine gesundheitsschädigende Unterversorgung, die mit geeigneten, bereitstehenden Assistenzkräften vermieden werden könne, wenn die Kostentragung sichergestellt sei.

Dazu hat die Antragstellerin eine Einsatzplanung für den Monat März eingereicht, in dem sechs Assistenten genannt werden, die zusammen 225 bis 237,75 Stunden pro Monat zu einem Stundenlohn von 17,80 € eingesetzt werden sollen.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 06.03.2024 ist die Antragstellerin aufgefordert worden, das im Schreiben vom 01.03.2024 genannte Angebot der geeigneten, flexiblen und bereitstehenden Assistenzkräfte konkret darzulegen.

Mit Schreiben vom 07.03.2024 hat die Bevollmächtigte der Antragstellerin ausgeführt, dass es sich um ein Team aus größtenteils eingespielten Assistenzkräften handle, die aktuell und in Zukunft für die Antragstellerin tätig werden könnten. Spontane Einsätze, wie die Begleitung der Antragstellerin aus der Wohnung bei Baulärm, seien von einem Pflegedienst nicht zu organisieren, sondern lediglich im Arbeitgebermodell möglich. Vorgelegt worden sind u.a. Stellungnahmen des Zentrums selbstbestimmtes Leben behinderter Menschen Bad K e.V. und der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland e.V., wonach Assistenzkräfte keine besondere Ausbildung benötigen würden, und von Frau L (F), wonach die Antragstellerin alle notwendigen Kompetenzen, das Arbeitgebermodell aufzubauen und erfolgreich zu erhalten, besitze. Mit Schreiben vom 11.03.2024 hat die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin eine Stellungnahme der Fachstelle für Beratung & Antidiskriminierung, Behindertenbeauftragter der Stadt A, vorgelegt. Danach hätten die A Pflegedienste große Schwierigkeiten, Personal zu finden. Nur das Arbeitgebermodell erlaube Menschen mit Behinderung ein selbstbestimmtes Leben im eigenen Haushalt. Für die Abrechnung der Assistenzstunden und Beratung zur Arbeitgeberrolle gebe es mehrere Dienste in A, die es auch Menschen mit großen Einschränkungen ermöglichen würden, das Arbeitgebermodell zu nutzen.

Die Beigeladene hat mit Schreiben vom 11.03.2024 vorgetragen, dass sie auch weiterhin bereit sei, die im Vergleich vereinbarten Pflege- und Assistenzleistungen im Dienstleistungsmodell bis zum Abschluss des Verfahrens vor dem LSG Schleswig-Holstein zu übernehmen. Die Beigeladene sei gerne bereit, erneut die Fa. R zu beauftragen zur Unterstützung der Umsetzung eines Arbeitgebermodells und als Budget-Assistenz. Ohne Budget-Assistenz sei nicht sichergestellt, dass die Aufwendungen zweckgebunden erfolgen würden.

Mit Schreiben vom 12.03.2024 hat das SG die Antragstellerin aufgefordert, einen Dienstleister zu benennen, der akzeptiert werde, um die mit Vergleich vom 13.12.2022 und 08.11.2021 vereinbarten Pflege- und Assistenzleistungen aktuell zu erbringen.

Mit Schreiben vom 15.03.2024 hat die Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin darauf bestanden, dass die Antragsgegnerin zu verpflichten sei, der Antragstellerin die unstreitigen Assistenzleistungen als persönliches Budget im Arbeitgebermodell zur Verfügung zu stellen. Die Antragstellerin habe ihr Wunsch- und Wahlrecht bezüglich eines persönlichen Budgets ausgeübt. Insbesondere im Hinblick auf die Eilbedürftigkeit der Weiterversorgung der Antragstellerin sei es widersinnig, einen Dienstleister für die Assistenzleistungen einzusetzen. Eingewiesene Assistenzkräfte stünden bereit. Die Fa. F könne für Budget-Assistenz, das Zentrum selbstbestimmtes Leben behinderter Menschen Bad K e.V. als Abrechnungsservice zum Einsatz kommen. Die Assistenzleistungen würden dann im Rahmen des Arbeitgebermodells durch bereits ausgewählte Kräfte erbracht werden, die aktuell bereitstünden.

Die Beigeladene hat mit Schreiben vom 25.03.2024 ihre weiterhin bestehende Bereitschaft, Pflege- und Assistenzleistungen im Dienstleistungsmodell zu erbringen, erklärt. In einer Stadt wie A stünden dafür ausreichend Dienstleister bereit.

Mit Beschluss vom 26.03.2024 hat das SG den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes abgelehnt und dies damit begründet, dass ein Anordnungsgrund nicht vorliege. Im Einzelnen hat das SG Folgendes ausgeführt:

"Mit Beschluss vom 18.07.2023 lehnte das SG München im Verfahren S 9 U 184/23 ER den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz der Antragstellerin mangels Glaubhaftmachung eines Anordnungsgrunds ab. Die Beschwerde gegen diesen Beschluss wurde vom BayLSG mit Beschluss vom 31.07.2023 abgewiesen. Beteiligte am Rechtsstreit waren ebenfalls - unter anderen - die hier Beklagte und Beigeladene. Das SG begründete die Ablehnung damals damit, dass die Antragstellerin zwar einen Anspruch auf die Sicherstellung einer existenziellen Versorgung habe. Allerdings gelinge es ihr nicht, glaubhaft zu machen, dass eine Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig sei. Von der Beigeladenen sei grundsätzlich und ununterbrochen die Bereitschaft dargelegt worden, die vorübergehende notwendige Versorgung der Antragstellerin sicherzustellen. Es bestünden Zweifel daran, dass die Antragstellerin ihre Mitwirkungspflichten wahrnehme.

Hieran hat sich im vorliegenden Verfahren nichts geändert. Nicht nur die Beteiligten sind dieselben, sondern auch der gestellte Antrag (mit dem Unterschied eines gestiegenen Lohnniveaus) und die von der Antragstellerin hierfür vorgetragenen Gründe.

Das Begehren der Antragstellerin läuft auf eine Vorwegnahme der Hauptsache hinaus, die nur unter strengen Voraussetzungen und unter Berücksichtigung der staatlichen Pflicht zur Sicherstellung einer menschenwürdigen Existenz bei drohenden besonders schweren, unzumutbaren und nicht anders abwendbaren Nachteilen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, zulässig ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005, 1 BvR 569/05, vom 25.02.2009, 1 BvR 120/09, und vom06.07.2016, 1 BvR 1705/15). Denn nach dem eigenen Vortrag der Antragstellerin sind ihre finanziellen Mittel vollständig aufgebraucht. Ob mit einer Besserung der finanziellen Verhältnisse gerechnet werden kann, ist angesichts der von der Antragstellerin angegebenen gesundheitlichen Einschränkungen äußerst zweifelhaft. Dass der Antragstellerin bei einer positiven Entscheidung im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes und einer später ergehenden negativen Entscheidung im Hauptsacheverfahren eine Rückzahlung der im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes gewährten Geldleistungen möglich wäre, ist daher äußerst unwahrscheinlich.

Dass der Antragstellerin vorliegend derart schwerwiegende Nachteile, wie sie eine Vorwegnahme der Hauptsache begründen könnten, drohen würden, ist nicht ersichtlich.

Bei Erbringung der vergleichsweise vereinbarten Leistungen (pflegerische Betreuungsmaßnahmen: 3,5 Stunden, 7 Einsätze pro Woche; körperbezogene Pflegemaßnahmen: 0,75 Stunden, 7 Einsätze pro Woche; Hilfen bei der Haushaltsführung: 1,0 Stunden, 7 Einsätze pro Woche; Assistenzleistungen: 2,5 Stunden, 7 Einsätze pro Woche; Anfahrtspauschalen) ist eine existentielle Gefährdung der Antragstellerin oder eine Verletzung ihrer Menschenwürde ausgeschlossen.

Bereits seit 30.08.2023 beschafft sich die Antragstellerin nun selbst nach ihren eigenen Vorstellungen die beantragten Assistenzleistungen, da sie die verschiedenen von der Beigeladenen beauftragten Dienstleister nicht akzeptierte. Auch ein Modell, in dem ein Arbeitgebermodell mit einem Dienstleister für Budget-Assistenz mithilfe der Firma R umgesetzt werden sollte, wurde von der Klägerin nicht akzeptiert.

Von der Beigeladenen wurde gleichzeitig grundsätzlich und ununterbrochen die Bereitschaft dargelegt, die vorübergehende notwendige Versorgung sicherzustellen, im Wege des Dienstleistungsmodells oder über eine Budget-Assistenz mit R.

Das Gericht kann nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit annehmen, dass die geltend gemachte Eilbedürftigkeit besteht, wenn die Antragstellerin aus freien Stücken auf die angebotenen Leistungen der Beigeladenen verzichtet.

Die Antragstellerin hat durch Stellungnahmen eines privaten Pflegeberatungsdienstes und des Behindertenbeauftragten der Stadt A versucht darzulegen, dass ihren Bedürfnissen allein mit dem Arbeitgebermodell Rechnung getragen werden könne. Dem vermag sich das Gericht im Rahmen der Maßstäbe des einstweiligen Rechtsschutzes bei Vorwegnahme der Hauptsache nicht anzuschließen.

Die Annahme der angebotenen Leistungen der Beigeladenen ist zumutbar. Es ist verhältnismäßig, die Antragstellerin auf dieses Angebot im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes zu verweisen. Eine existenzielle Versorgung kann damit sichergestellt werden. Die Antragstellerin kann jederzeit durch die Vornahme ihr zumutbarer Mitwirkungshandlungen den Zustand einer eingeschränkten Versorgung beenden, so dass für den Erlass einer einstweiligen Anordnung kein Raum ist."

Dagegen hat Antragstellerin am 25.04.2024 Beschwerde zum Bayer. LSG eingelegt und Prozesskostenhilfe beantragt.

Mit Schreiben vom 27.04.2024 hat sie die Beschwerde wie folgt begründet:
Es bestehe ein Rechtsanspruch auf eine Leistungserbringung in Form des Arbeitgebermodells. Für die Leistungserbringung bestehe ein Wunsch- und Wahlrecht. Es bestehe ein Wahlrecht für den Arbeitgeber im Arbeitgebermodell für die Auswahl geeigneter Leistungserbringer. Die erforderliche Versorgung im Stadtteil A1 könne im Dienstleistungsmodell nicht sichergestellt werden. Das Arbeitgebermodell sei kostengünstiger als die Versorgung im Dienstleistungsmodell. Das Dienstleistungsmodell sei nicht geeignet, wie der Behindertenbeauftragte der Landeshauptstadt A in einer beigelegten Stellungnahme vom 28.08.2023 attestiert habe. Die Versorgung im Dienstleistungsmodell habe bei ihr irreversible physische und psychische und finanzielle Schäden verursacht und werde auch weitere schwere irreversible Nachteile nach sich ziehen. Das persönliche Budget in Verbindung mit dem Arbeitgebermodell werde medizinisch dringend empfohlen, wie in beigelegten ärztlichen Berichten bescheinigt werde. Die Versorgung im Arbeitgebermodell sei erfolgreich durchgeführt worden, seit Mai 2023 infolge der Unterstützung von Stiftungen/Hilfsfonds, die aber nicht dauerhaft die Leistungen der gesetzlichen Rehabilitationsträger ersetzen könnten. Es bestehe ein Wahlrecht zwischen Geldleistungen und Sachleistungen. Die Anforderung zum Führen des persönlichen Budgets und des Arbeitgebermodells seien erfüllt. Die Verwehrung der Leistungserbringung im Arbeitgebermodell stelle einen schweren gesundheitsschädigenden Nachteil und eine Ungleichbehandlung dar. Die Qualität der Versorgung und Verlässlichkeit der Versorgung seien im Arbeitgebermodell deutlich besser als im Dienstleistungsmodell. Die Leistungsausführung in Form des Arbeitgebermodells sei keine Vorwegnahme der Hauptsache, weil es sich um Leistungen nach dem SGB IX, nicht nach dem SGB VII handele. Eine Sehbehinderung sei kein Ausschluss für das persönliche Budget. Die Berichte von R seien voll mit falschen Angaben über ihre Person und Sachverhalte zur Versorgung.

Mit Schreiben vom 02.05.2024, eingegangen bei Gericht am 03.05.2024, hat die Antragstellerin zur weiteren Begründung der Beschwerde ein von ihr im Klageverfahren S 9 U 428/22 erstelltes Schreiben vom 01.05.2024 vorgelegt. Darin hat sie Folgendes ausgeführt:
Es bestehe ein Wahlrecht zwischen Sachleistung und Geldleistung. Für jeden Monat seit Mai 2023 habe sie detaillierte Abrechnungen des Arbeitgebermodells vorgelegt. Die Antragsgegnerin sei aber untätig geblieben und habe die Abrechnung nicht bearbeitet. Auch sei 18 Monate lang keine Zielvereinbarung erstellt worden. Das Arbeitgebermodell sei eine erfolgreiche Leistungsform in A für hunderte Menschen mit Behinderung. Wenn sie sich nicht auch des Arbeitgebermodells bedienen dürfe, sei dies eine Ungleichbehandlung. Die Antragsgegnerin habe sich nicht ein einziges Mal geäußert, welche Nachweisdokumente im Arbeitgebermodell vorgelegt werden müssten. Die Antragsgegnerin reagiere nicht auf vorgelegte Nachweisdokumente. Die Anforderungen des Arbeitgebermodells seien erfüllt. Die Antragsgegnerin und die Beigeladene würden ihr den Zugang zu Lohnabrechnungsservices und Budgetassistenz F A verwehren. Der Verweis auf die Versorgung im Dienstleistungsmodell habe schwere Schäden verursacht und die Rehabilitation und Teilhabe um Jahre zurückgeworfen. Ein Verweis auf Dienstleister, die nicht erbrachte Leistungen dokumentieren und von ihr eine Unterschrift am Monatsende verlangen würden, sei unzumutbar (Beihilfe zum Betrug). Dies habe sie mehrfach mit Pflegediensten erlebt. Die seelische Belastung dieser Drucksituationen, die von den Pflegediensten ausgeübt würden, habe das Gericht in den Beschlüssen bislang nicht berücksichtigt.

Die Antragstellerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichtes vom 26.03.2024 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verurteilen, der Antragstellerin ab dem 01.03.2024 eine Kostenzusage für die Erbringung von Assistenzleistungen im Umfang von monatlich bis zu 237,75 Stunden bei einem Stundenlohn von 17,80 € sowie für die monatliche Abrechnung durch einen Lohnbuchhaltungsservice und Budgetassistenz mit monatlich 12 Stunden in Form des persönlichen Budgets im Arbeitgebermodell zu erteilen.

Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin hat auf die in der gleichen Sache bereits ergangenen Entscheidungen des Bayer. LSG in den Verfahren L 2 U 61/23 B ER und L 2 U 182/23 B ER verwiesen und die Ansicht vertreten, dass das Begehren der Antragstellerin auf eine Vorwegnahme der Hauptsache hinauslaufe. Im Übrigen hat die Antragsgegnerin auf die wiederholt erklärte Bereitschaft der Beigeladenen hingewiesen, weiterhin die Leistungen im Rahmen des Dienstleistungsmodells zu erbringen (zuletzt Schreiben vom 15.04.2024 im Verfahren S 9 U 428/22 beim SG München).

Dem Senat haben die Akten des SG im Antragsverfahren sowie im Verfahren S 9 U 428/22 und die Akten Bayer. LSG zu den Verfahren L 2 U 61/23 B ER und L 2 U 182/23 B ER vorgelegen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

Das SG hat im Ergebnis zutreffend dem Antrag auf einstweiligen Rechtschutz nicht stattgegeben. Dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz vom 01.03.2024 fehlte aber nicht nur der Anordnungsgrund, der Antrag war bereits unzulässig.

Nach ständiger Rechtsprechung sind wiederholte Anträge des einstweiligen Rechtsschutzes wegen des Instituts der materiellen Rechtskraft grundsätzlich unzulässig (vgl. z.B. Bayer. LSG, Beschlüsse vom 13.11.2008, L 11 AS 306/08 ER, vom 29.08.2019, L 20 KR 417/19 B ER und vom 12.01.2023, L 2 SB 156/22 B ER; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20.12.2010, L 19 AS 1918/10 B ER). Nur dann, wenn sich nach Eintritt der Rechtskraft neue Tatsachen ergeben oder sich die Rechtslage ändert, so dass eine andere Beurteilung des entscheidungserheblichen Sachverhalts geboten ist, ist ein wiederholter Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zulässig (vgl. Bayer. LSG, Beschlüsse vom 06.03.2018, L 20 KR 717/17 B ER, und vom 11.07.2018, L 20 KR 240/18 B ER; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 08.09.2010, L 7 SO 3038/10 ER-B).

Unter Beachtung dieser Maßgaben ist der Antrag der Antragstellerin vom 01.03.2024 auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes unzulässig. Die Antragstellerin stellt - wie bereits im vorhergehend durchgeführten und mit dem Beschluss des Bayer. LSG vom 31.07.2023, L 2 U 182/23 B ER, rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes - darauf ab, dass sie auf Pflege- und Assistenzleistungen angewiesen sei, eine Leistungserbringung im Dienstleistungsmodell aber nicht sichergestellt sei und eine Verwehrung des Arbeitgebermodells bei ihr zu mannigfaltigen Schäden geführt habe und noch führen werde. Sie ist der Ansicht, einen Anspruch auf Leistungserbringung im Arbeitgebermodell zu haben. Eine Vorwegnahme der Hauptsache für den Fall, dass ihrem Antrag stattgegeben würde, negiert sie. Zu all diesen Gesichtspunkten ist das Begehren der Antragstellerin auf einstweiligen Rechtsschutz mit dem Beschluss des Senats vom 31.07.2023 bereits rechtskräftig abschlägig verbeschieden worden, sodass von einem neuen Sachverhalt im jetzt anhängig gemachten Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht ausgegangen werden kann. Daran ändern auch die vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen und das Schreiben des Behindertenbeauftragten der Landeshauptstadt A nichts. Die ärztlichen Bescheinigungen enthalten zu den gesundheitlichen Verhältnissen der Kläger nichts entscheidend Neues. Dass sich möglicherweise aufgrund unzureichender Versorgung der Antragstellerin Probleme ergeben haben, liegt aber im Wesentlichen daran, dass die Antragstellerin eine Mitwirkung im Rahmen des Dienstleistungsmodells verweigert hat, wie dies bereits im Beschluss des Senats vom 31.07.2023 zugrunde gelegt worden ist. Dass "nur das Arbeitgebermodell" (S. 2 der Stellungnahme des Behindertenbeauftragten der Landeshauptstadt A vom 28.08.2023) eine adäquate Versorgung der Antragstellerin ermöglichen würde, wie das Schreiben des Behindertenbeauftragten suggeriert, ist für den Senat nicht nachvollziehbar; einen derart katastrophalen Zustand bei den A Pflegediensten hält der Senat für lebensfremd, zumal auch die Beigeladene wiederholt und bis zuletzt eine Erbringung der Leistungen im Dienstleistungsmodell zugesichert hat.

Neue Tatsachen (oder eine Änderung der Rechtslage), die einen neuen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zulassen würden, liegen daher nicht vor, wie dies im Übrigen auch das SG in der Sache so festgestellt hat (S. 9 des Beschlusses vom 26.03.2024: "Hieran hat sich im vorliegenden Verfahren nichts geändert. Nicht nur die Beteiligten sind dieselben, sondern auch der gestellte Antrag (mit dem Unterschied eines gestiegenen Lohnniveaus) und die von der Antragstellerin hierfür vorgetragenen Gründe.).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Prozesskostenhilfe nach § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist für das Beschwerdeverfahren nicht zu gewähren, da nach den obigen Ausführungen eine hinreichende Aussicht auf Erfolg für die Beschwerde von Anfang an nicht bestand.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).

 

Rechtskraft
Aus
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