1. Eine allgemein gehaltene Frage nach der Richtigkeit der kodierten Nebendiagnosen in der Prüfmitteilung steht der wirksamen Einleitung eines Prüfungsverfahrens nicht entgegen. (abweichend 10. Senat des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 25. April 2023 - L 10 KR 15/21).
2. Ein Prüfauftrag, der sich generell auf die kodierten Nebendiagnosen bezieht, ist dahingehend auszulegen, dass sämtliche vergütungsrelevanten Nebendiagnosen beanstandet und geprüft werden sollen.
3. Ist der gesamte Datensatz "Nebendiagnosen" Prüfgegenstand, kann dieser nur innerhalb des Fristenregimes des § 7 Abs. 5 PrüfvV 2016 korrigiert oder ergänzt werden.
Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kiel vom 5. Mai 2020 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 3.654,61 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Begleichung von Krankenhausbehandlungskosten in Höhe von 3.654,61 EUR.
Der 1952 geborene und bei der Beklagten krankenversicherte Patient, P (Versicherter), wurde vom 25. Februar bis 13. März 2018 in der Klinik der Klägerin, die ein zugelassenes Vertragskrankenhaus betreibt, vollstationär behandelt. Die Vorstellung des Versicherten erfolgte per Rettungswagen mit progredienter Dyspnoe bei vorbestehenden leichten Grippesymptomen. Für die vollstationäre Behandlung machte die Klägerin mit Rechnung vom 11. Juni 2018 einen Betrag in Höhe von 8.989,60 EUR unter Zugrundelegung der DRG F65A (Perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Diagnose und hochkomplexer Intervention oder mit Angioplastie, Alter > 15 Jahre, mit äußerst schweren CC) geltend, den die Beklagte zunächst bezahlte. Die Klägerin kodierte als Hauptdiagnose I25.12 (Atheriosklerotische Herzkrankheit: Zwei-Gefäß-Erkrankung) und als Nebendiagnosen I50.14 (Linksherzinsuffizienz: Mit Beschwerden in Ruhe), I24.4 (Akuter subendokardialer Myokardinfarkt), F10.2 (Psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol: Abhängigkeitssyndrom), I 25.14 (Atheriosklerotische Herzkrankheit: Stenose des linken Hauptstammes), J96.00 (Akute respiratorische Insuffizienz, anderenorts nicht klassifiziert: Typ I [hypoxisch]), I34.0 (Mitralklappeninsuffizienz), I35.1 (Aortenklappeninsuffizienz), R45.1 (Ruhelosigkeit und Erregung), I48.0 (Vorhofflimmern, paroxysmal), F17.2 (Psychische und Verhaltensstörungen durch Tabak: Abhängigkeitssyndrom), I10.00 Benigne essentielle Hypertonie: Ohne Anhabe einer hypertensiven Krise) und E78.0 (Reine Hypercholesterinämie).
Die Beklagte beauftragte den MDK am 25. Juni 2018 mit einer Kodierprüfung. Laut Auszug aus dem System der Beklagten lautete der Prüfauftrag: „1100 Ist die Hauptdiagnose (HD) korrekt? Ist diese korrekt kodiert oder ist hier aufgrund des OPS Verlaufs eher die I21.4 korrekt? 1200 Ist/Sind die Nebendiagnose(n) (ND) korrekt? Sind diese korrekt kodiert? 1800 Sind die abgerechneten Zusatzentgelte korrekt? Ist die Anzahl der Stents korrekt kodiert? 1300 Ist/sind die Prozedur(en) korrekt?“
Der MDK zeigte die Beauftragung durch die Beklagte daraufhin gegenüber der Klägerin an, wobei er insbesondere mit „Kodierung, HD, ND, OPS, Zusatzentgelt ZE“ beauftragt worden sei und unter „Prüfauftrag/Prüfgegenstand“ erläuterte „Kodierprüfung 11 Aus welchem Grund war die von Ihnen kodierte Hauptdiagnose für die Veranlassung der stationären Behandlung verantwortlich? => ist diese korrekt kodiert oder ist hier aufgrund des OPS Verlaufs eher die I21.4 korrekt? 12 Welchen Behandlungs-Mehraufwand hat/haben die Nebendiagnose/n verursacht? => sind diese korrekt kodiert? 18 Wurden die Leistungen der Zusatzentgelte im vollen Umfang erbracht? => ist die Anzahl der Stents korrekt kodiert? 13 Wurde/n die erbrachten Leistung/en mit der/n kodierten Prozedur/en korrekt abgebildet? insbesondere zu prüfende ICD-Schlüssel: I25.12, I50.14, I21.4 insbesondere zu prüfende OPS-Schlüssel ! 8-837.m6“.
Der MDK kam in seinem Gutachten vom 15. Dezember 2018 im Rahmen einer Begehung zu der Einschätzung, dass die kodierte Hauptdiagnose I25.12 nicht nachvollzogen werden könne. Diese werde besser durch I21.4 abgebildet. Daraus resultiere die DRG F24B (Perkutane Koronarangioplastie mit komplexer Diagnose und hochkomplexer Intervention oder mit Angioplastie, Alter > 15 Jahre, ohne äußerst schwere CC) statt F56A. Als Nebendiagnosen seien I50.14 und I25.12 zu kodieren; die übrigen von der Klägerin kodierten Nebendiagnosen und Prozeduren (8-98f.0, 8-706, 8-930, 8-837.01, 8-83b.08, 1-275.0, 8-83b.c6, 8-83b.0c, 8-837.m0, 8-837.00, 1-275.2, 9-401.01) – bis auf den OPS 8-837.m6 – seien „laut Auftrag nicht geprüft“.
Daraufhin verrechnete die Beklagte einen Teilbetrag mit einer anderen unstreitigen Forderung der Klägerin.
Die Klägerin widersprach dem Gutachten am 13. Januar 2019 und führte aus, dass offenkundige Kodierfehler im Bereich der Nebendiagnosen vorgelegen hätten, da die Diagnosen I08.0 (Krankheiten der Mitral- und Aortenklappe, kombiniert), E64.8 (Folgen sonstiger alimentärer Mangelzustände), J18.2 (Hypostatische Pneumonie, nicht näher bezeichnet) und F05.0 (Delir ohne Demenz) sowie I10.01 (Benigne essentielle Hypertonie: Mit Angabe einer hypertensiven Krise) hätten kodiert werden müssen. Sie werde in Kürze korrigierte Entlass- und Abrechnungsdaten übersenden. Mit Rechnungskorrektur vom 15. Januar 2019 kodierte die Klägerin die I21.4 (Akuter subendokardialer Myokardinfarkt) als Hauptdiagnose und berücksichtigte die angekündigten Nebendiagnosen. Unter Zugrundelegung der daraus resultierenden DRG F24A ergab sich ein Rechnungsbetrag von 11.249,07 EUR.
Die Beklagte beauftragte daraufhin erneut den MDK mit der Erstellung eines Gutachtens und teilte dies der Klägerin mit Schreiben vom 15. Januar 2019 mit. Der MDK führte in seinem Gutachten vom 4. Mai 2019 aus, dass eine nachträgliche Rechnungskorrektur nicht Bestandteil eines Nachverfahrens gemäß der Prüfverfahrensvereinbarung (PrüfvV) sei und gab den Auftrag zurück an die Beklagte.
Am 5. Juli 2019 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Kiel erhoben. Zur Begründung trägt sie vor, dass das Prüfungsrecht der Beklagten hinsichtlich der Nachkodierung nach § 275 Abs. 1c Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) mittlerweile verfristet sei. Die Beklagte hätte das Recht gehabt, in Bezug auf die Nachkodierung eine MDK-Prüfung zu veranlassen. Dass der MDK seinerzeit eine Befassung mit der Nachkodierung verweigert habe, gehe zu Lasten der Beklagten, da der MDK Erfüllungsgehilfe der Beklagten sei. Zudem habe der MDK auch durchaus Recht gehabt, darauf zu verweisen, dass die Nachkodierung nicht Gegenstand Nachverfahrens sei, sondern ein neuer Prüfauftrag erforderlich wäre. Einen neuen Prüfauftrag habe die Beklagte aber nicht erteilt. Dadurch sei auch eine gerichtliche Prüfung ausgeschlossen. Die Regelung des § 7 Abs. 5 PrüfvV enthalte keine Ausschlussfrist.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.654,61 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. Januar 2019 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass selbst bei Vorliegen einer Verletzung von § 275 Abs. 1c SGB V kein Einwendungsausschluss bestehe. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) dürften, abgesehen von gesetzlich geregelten Ausnahmen und atypischen, eng zu verstehenden, außergewöhnlichen Missbrauchskonstellationen, nachträgliche Einwendungen und die Überprüfungsbefugnis der Krankenkasse wie des Gerichts weder faktisch noch rechtlich ausgeschlossen oder über die gesetzlichen Wertungen hinaus erschwert werden. Verpflichtungen zu rechtsgrundlosen Zahlungen der Krankenkasse an Leistungserbringer seien mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot nicht zu vereinbaren. Sie – die Beklagte – habe daher die Rechnung noch einmal anhand der Behandlungsunterlagen zu überprüfen und die Kodierprüfung der ursprünglichen Abrechnung seinerzeit fristgerecht eingeleitet. Die Überprüfung sei in Form einer Prüfung vor Ort erfolgt. Die Rechnungskorrektur habe daher allenfalls bis zum Abschluss der Prüfung vor Ort erfolgen dürfen. Selbst wenn es sich bei § 7 Abs. 5 PrüfvV um keine Ausschlussfrist handele, müsse auch im Zusammenhang mit der Übermittlung der Rechnungskorrektur zum gleichen Behandlungsfall ein weiteres bzw. erweitertes Prüfrecht bestehen. Andernfalls hätten es die Krankenhäuser in der Hand, Nachtragsrechnungen zu stellen, welche keiner Überprüfung mehr zugänglich wären. Schließlich habe allein der MDK die weitere Prüfung im Nachverfahren abgelehnt. Dies könne der Beklagten nicht zum Nachteil gereichen, da sie ihrer Prüfpflicht mit der weiteren Beauftragung zunächst jedenfalls vollumfänglich nachgekommen sei. Im Übrigen sei das Nachverfahren freiwillig. Hieraus erwachse den Krankenkassen kein Nachteil. Die Kassen würden sich damit allenfalls eine sinnvolle Option der erneuten Rechnungsprüfung vor einem etwaigen Klageverfahren abschneiden. In einem späteren Klageverfahren bestehe allerdings weiterhin das Prüf- und Einsichtsrecht in den betroffenen Fall.
Das Sozialgericht Kiel hat die Beteiligten mit Verfügung vom 27. Januar 2020 zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid angehört und die Beklagte mit Gerichtsbescheid vom 5. Mai 2020 verurteilt, an die Klägerin 3.564,61 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30. Januar 2019 zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klägerin zur Nachkodierung berechtigt gewesen sei und einem Zahlungsanspruch nicht die Frist des § 7 Abs. 5 PrüfvV entgegenstehe, da es sich nicht um eine Ausschlussfrist handele. Anders als in § 6 Abs. 2 Satz 3 und § 8 Satz 4 PrüfvV werde die Frist in dieser Regelung weder als Ausschlussfrist bezeichnet noch sei im Übrigen durch den Wortlaut von § 7 Abs. 5 PrüfvV eine nachträgliche Rechnungskorrektur ausgeschlossen. Zur nachträglichen Rechnungskorrektur im Abrechnungsverfahren verhalte sich die Regelung nicht. Mangels der Geltendmachung von Einwänden gegen die Richtigkeit der Rechnungskorrektur sei die Beklagte von der Erhebung etwaiger Einwände ausgeschlossen, da diese binnen sechs Wochen hätten erhoben werden müssen. Dies ergebe sich aus § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V und § 6 Abs. 2 Satz 2 PrüfvV. Selbst wenn eine Prüfung rechtzeitig eingeleitet worden wäre, müsse sich die Beklagte die Weigerung des MDK, eine Nachprüfung durchzuführen, rechtlich zurechnen lassen. Die zeitliche Begrenzung der Sachverhaltsermittlung wirke auch im Gerichtsverfahren, so dass bei fehlender Konkretisierung der Einwände durch die Krankenkasse unter Ausschöpfung ihrer eigenen Überprüfungsmöglichkeiten nicht hilfsweise durch das Gericht Beweis erhoben werden könne. Vor diesem Hintergrund sei auch die Anforderung von Behandlungsunterlagen der Beklagten durch das Gericht entbehrlich gewesen.
Gegen den der Beklagten am 12. Mai 2020 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich ihre am Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingelegte Berufung vom 3. Juni 2020. Sie nimmt auf ihr Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren Bezug und trägt ergänzend vor, dass ihr Prüfungsrecht nicht verfristet sei. Außerdem habe sie ein eigenes Akteneinsichtsrecht. Die Kodierprüfung der ursprünglichen Abrechnung vom 11. Juni 2018 (8.989,60 EUR) sei seinerzeit fristgerecht eingeleitet worden. Diese Prüfung sei im Rahmen einer Prüfung vor Ort erfolgt. Die Klägerin habe eine Rechnungskorrektur nach § 7 Abs. 5 Satz 4 PrüfvV allenfalls bis zum Abschluss der Prüfung vor Ort am 15. Dezember 2018 vornehmen dürfen. Diese sei aber erst nach Fristablauf am 13. Januar 2019 bzw. 16. Januar 2019 geltend gemacht worden. Selbst wenn es sich nach der Rechtsprechung nicht um eine Ausschlussfrist handeln sollte, müsse auch im Zusammenhang mit der Übermittlung der Rechnungskorrektur zum gleichen Behandlungsfall ein (weiteres bzw. „erweitertes“) Prüfrecht bestehen. Es handele sich schließlich nicht um eine Erstabrechnung, die die Beklagte nicht fristgerecht geprüft habe, sondern um eine Rechnungskorrektur der ursprünglich bereits abschließend geprüften Erstabrechnung. Andernfalls hätten es die Krankenhäuser in der Hand, Nachtragsrechnungen zu stellen, welche keiner Überprüfung mehr zugänglich wären. Die Klägerin habe kein Vertrauen darauf haben dürfen, dass die Beklagte die Rechnungskorrektur nach den Ausführungen des MDK im Gutachten vom 15. Dezember 2018 und dem vermeintlich sogar erzielten Konsens nicht anzweifeln würde. Allein der MDK habe eine weitere Prüfung im Nachverfahren abgelehnt, obwohl sie – die Beklagte – nach der Rechnungskorrektur vom 13. Januar 2019 bzw. 16. Januar 2019 einen erneuten Prüfauftrag ausgelöst habe. Dies könne ihr nicht zum Nachteil gereichen, da sie ihrer Prüfpflicht mit der weiteren Beauftragung nachgekommen sei. Zu berücksichtigen sei auch, dass das Nachverfahren freiwillig sei, hieraus könne ihr kein Nachteil erwachsen. § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V stehe einer erneuten Prüfung nicht entgegen, da dieser nicht zwischen Erst- und Nachtragsrechnung unterscheide, sondern von der Abrechnung des gesamten streitgegenständlichen Behandlungsfalles spreche. Sofern es nach der erst- und zweitinstanzlichen Rechtsprechung grundsätzlich möglich sei, nach Abschluss des Prüfverfahrens noch Rechnungskorrekturen vorzunehmen bzw. „Widersprüche“ einzureichen, müssten diese auch durch die Kassen und unter erneuter Einbindung des MDK weitergehend bzw. bei Rechnungskorrekturen abschließend überprüft werden. Vor diesem Hintergrund erschließe sich das vom Sozialgericht angenommene Beweisverwertungsverbot bzw. die verwehrte Akteneinsicht nicht.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Kiel vom 5. Mai 2020 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie trägt vor, dass sich ein „weiteres bzw. erweitertes Prüfrecht“ der Beklagten weder aus dem Gesetz noch sonstigen Vorschriften ergebe. Die Beklagte weise selbst darauf hin, die Erstrechnung „abschließend“ geprüft zu haben. Dann aber könne die Korrekturrechnung aufgrund einer Nachkodierung nicht mehr Gegenstand desselben Prüfverfahrens sein. Entgegen der Auffassung der Beklagten hätten es die Krankenhäuser dann nicht in der Hand, Nachtragsrechnungen zu stellen, die keiner Überprüfung mehr zugänglich wären, da es der Beklagten freigestanden habe, fristgerecht einen Prüfauftrag zu erteilen. Dies habe sie jedoch nicht getan. Soweit der MDK eine erneute Befassung mit dem Sachverhalt verweigert habe, sei dies Sache der Beklagten. Im Übrigen seien die Behandlungsunterlagen nicht Inhalt der Gerichtsakten.
Ergänzend wird hinsichtlich des Sach- und Streitstandes auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie den weiteren Inhalt der Gerichtsakten und die Verwaltungsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht erhoben worden (§ 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG). Sie ist zulassungsfrei statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 EUR übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG).
Die Berufung ist auch begründet. Das Sozialgericht hat zu Unrecht der zwar zulässigen, jedoch unbegründeten allgemeinen Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) stattgegeben. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung weiterer 3.654,61 EUR für den Behandlungsfall des Versicherten, weil sie unter Berücksichtigung der Hauptdiagnose I21.4 die Nebendiagnosen I08.0, E64.8, J18.2 und F05.0 sowie I10.01 nicht nachkodieren durfte.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des BSG im Urteil vom 18. Mai 2021 – B 1 KR 34/20 R – der sich der erkennende Senat bereits uneingeschränkt angeschlossen hat (vgl. Urteil vom 27. Juli 2022 – L 5 KR 49/19), die Rechnungskorrektur durch Um- bzw. Nachkodierung der Nebendiagnose vorliegend nicht zulässig.
Voraussetzung für die Fälligkeit des Anspruchs auf die geltend gemachte höhere Vergütung ist eine ordnungsgemäß korrigierte Abrechnung. Diese liegt nur vor, wenn die betreffenden Daten nach § 301 SGB V noch übermittelt werden durften. Hierbei ist § 7 Abs. 5 der Vereinbarung über das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1c SGB V (Prüfverfahrensvereinbarung – PrüfvV) gemäß § 17a Abs. 2 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) vom 3. Februar 2016 zu beachten. Die PrüfvV 2016, die zwischen dem GKV-Spitzenverband, Berlin, und der Deutschen Krankenhausgesellschaft e.V., Berlin, geschlossen wurde, ist auch zeitlich auf die im Jahr 2018 durchgeführte Krankenhausbehandlung des Versicherten anwendbar (vgl. § 13 PrüfvV 2016).
Die mit Wirkung zum 1. Januar 2017 aufgrund der Ermächtigung des § 17c Abs. 2 KHG (in der Fassung des Gesetzes zur Beseitigung sozialer Überforderung bei Beitragsschulden in der Krankenversicherung vom 15. Juli 2013, BGBl. I, S. 2423) in Kraft getretene und später gekündigte PrüfvV 2016 erfasst Überprüfungen bei Versicherten, die ab dem 1. Januar 2017 aufgenommen wurden.
Nach § 7 Abs. 5 PrüfvV 2016 waren Korrekturen oder Ergänzungen von Datensätzen nur einmalig möglich. Diese hatte der MDK nur dann in seine Prüfung einzubeziehen, wenn sie innerhalb von 5 Monaten nach Einleitung des MDK-Prüfverfahrens nach § 6 Abs. 2 PrüfvV 2016 an die Krankenkasse erfolgten. Sollte eine Begutachtung durch den MDK vor Ablauf der Frist des Satzes 2 beendet gewesen sein, war eine Korrektur oder Ergänzung von Datensätzen nur bis zum Ende der Begutachtung durch den MDK möglich. In den Fällen der Prüfung vor Ort fanden die Sätze 2 und 3 mit der Maßgabe Anwendung, dass eine Korrektur oder Ergänzung nur bis zum Abschluss der Prüfung vor Ort möglich war.
§ 7 Abs. 5 PrüfvV 2016 bewirkt nach der Rechtsprechung des BSG (z.B. Urteil vom 18. Mai 2021 – B 1 KR 37/20 R, juris Rn. 16) eine materielle Präklusionsregelung mit der Rechtsfolge, dass Änderungen zugunsten des vom Krankenhaus zu Abrechnungszwecken an die Krankenkasse übermittelten Datensatzes nach Ablauf der in der PrüfvV geregelten Änderungsfristen unzulässig sind, soweit der Datensatz Gegenstand des Prüfverfahrens geworden ist. Änderungen des MDK-geprüften Teils des Datensatzes nach § 301 SGB V außerhalb der in § 7 Abs. 5 PrüfvV 2016 geregelten Änderungsmöglichkeiten sind – auch mit Wirkung für ein gegebenenfalls nachfolgendes Gerichtsverfahren – unzulässig. Der Vergütungsanspruch des Krankenhauses kann nicht erfolgreich auf der Grundlage von neuen (geänderten oder ergänzten) Daten durchgesetzt werden, deren Übermittlung unzulässig ist.
Die materielle Präklusionswirkung des § 7 Abs. 5 Satz 1 bis 4 PrüfvV 2016 hat das BSG aus dem Wortlaut der Vorschrift und der Binnensystematik der PrüfvV 2016 hergeleitet. Im Gegensatz zu einer den Anspruch ganz oder teilweise allein durch Zeitablauf ausschließenden Regelung des materiellen Rechts, die den Verlust einer materiell-rechtlichen Anspruchsgrundlage zur Folge habe (materiell-rechtliche Ausschlussfrist), gehe nach § 7 Abs. 5 Satz 1 bis 4 PrüfvV 2016 der Anspruch auf die weitere Vergütung nicht allein wegen des Fristablaufs unter (BSG, a.a.O., Rn. 17). Gegen ein Verständnis des § 7 Abs. 5 PrüfvV 2016 als materielle Ausschlussfrist für Nachforderungen des Krankenhauses im Sinne eines vollständigen Anspruchsverlustes allein durch Zeitablauf spreche bereits, dass eine solche Rechtsfolge weder mit diesem Begriff noch mit einer entsprechenden inhaltlichen Regelung im Wortlaut aufzufinden sei, was wegen der weitreichenden Folge jedoch grundsätzlich zu erwarten gewesen wäre (BSG, a.a.O., Rn. 25 m.w.N.).
Der erkennende Senat lässt dahingestellt, ob er der Argumentation des BSG insoweit folgt oder im Anwendungsbereich des § 7 Abs. 5 PrüfvV 2016 die Annahme der Regelung einer materiellen Ausschlussfrist für überzeugender erachtet, denn beide Lösungsansätze führen vorliegend zu demselben Ergebnis. Im Hinblick auf die unterschiedlichen Wortlautfassungen des § 7 Abs. 5 PrüfvV 2014 und § 7 Abs. 5 PrüfvV 2016 weist der Senat jedoch daraufhin, dass mit der PrüfvV 2016 Korrekturen oder Ergänzungen von Datensätzen ab dem 1. Januar 2017 nunmehr ausdrücklich auch zeitlich beschränkt wurden. Diese sollten zwar einmalig möglich sein, aber nur bis zum Ende der Begutachtung durch den MDK bzw. in Fällen der Prüfung vor Ort nur bis zum Abschluss der Prüfung vor Ort. Eine entsprechende Regelung sah die PrüfvV 2014 nicht vor. Dort wurde nur bestimmt, dass der MDK die ebenfalls einmalig mögliche Korrektur oder Ergänzung des Datensatzes nur dann in seine Prüfung einzubeziehen hatte, wenn sie innerhalb von fünf Monaten nach Einleitung des MDK-Prüfverfahrens nach § 6 Abs. 2 PrüfvV 2014 an die Krankenkasse erfolgte. Einen Vorbehalt der zeitlichen Beschränkung auf Teile des Datensatzes, die vom Prüfauftrag des MDK umfasst sind, formuliert § 7 Abs. 5 PrüfvV 2016 hingegen nicht mehr. § 7 Abs. 5 Sätze 1 bis 4 PrüfvV 2016 erfassen nach ihrem Wortlaut alle Korrekturen oder Ergänzungen von Datensätzen. Wenn sich der ausdrückliche Ausschluss einer Korrektur oder Änderung aber nur auf Datensätze hätte beziehen sollen, die vom Prüfauftrag und Prüfumfang umfasst sind, wäre durchaus zu erwarten gewesen, dass diese Einschränkung von den Vertragsschließenden entsprechend formuliert worden wäre. Das ist hier nicht der Fall. Vielmehr greift § 9 PrüfvV 2016 auf, dass ein Nachverfahren, welches in der PrüfvV 2014 noch nicht vorgesehen war, vom Krankenhaus nur auf Basis der bis zum Ende der MDK-Begutachtung übermittelten Daten und Unterlagen gegenüber der Krankenkasse vorgeschlagen werden kann. Aus diesem Gesamtzusammenhang ist zu schlussfolgern, dass die genannten Regelungen der PrüfvV 2016 wie eine materielle Ausschlussfrist wirken, auch wenn sie nicht ausdrücklich so genannt werden (vgl. auch LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 31. Januar 2024 – L 5 KR 189/21).
Die Argumentation des BSG, dass an anderer Stelle in der PrüfvV Ausschlussfristen ausdrücklich genannt seien und deshalb ein Vergleich zeige, dass hier gerade kein umfassender materiell-rechtlicher Anspruchsverlust geregelt werden sollte, ist durchaus angreifbar. Zum einen verkennt sie, dass die PrüfvV 2016 – anders als noch die PrüfvV 2014 – in § 6 Abs. 2 nicht mehr regelt, dass die dort genannten Fristen Ausschlussfristen seien. Nur in § 8 Satz 4 PrüfvV 2016 findet sich noch die Bestimmung, dass die Regelung des Satzes 3 als Ausschlussfrist wirkt. Zum anderen kann hieraus bereits deshalb kein zuverlässiger Rückschluss auf die Regelungen in § 7 Abs. 5 Sätze 3 und 4 PrüfvV 2016 gezogen werden, weil letztere von ihrem Wortlaut her bereits nicht die Interpretation erlauben, dass eine Korrektur oder Ergänzung von Datensätzen nach Ende der Begutachtung oder Abschluss der Prüfung vor Ort noch möglich sein sollten.
Vor diesem Hintergrund könnten nach Auffassung des erkennenden Senats die Regelungen in § 7 Abs. 5 PrüfvV 2016 durchaus in dem Sinne interpretiert werden, dass nach Ablauf der dort genannten Fristen generell Korrekturen oder Ergänzungen ausgeschlossen sein sollten, sofern überhaupt ein Prüfverfahren stattgefunden hat. Dies entspräche auch dem Regelungszweck. Schließlich zielt die PrüfvV 2016, worauf das BSG selbst hinweist, auf die Beschleunigung und Konzentration des Prüfverfahrens ab, welches nicht durch wiederholte oder unzeitige Datenänderungen in die Länge gezogen werden soll. Der gesamte Abrechnungsfall soll zügig seinen Abschluss finden. Dieser Regelungszweck könnte jedoch unterlaufen werden, wenn Datensätze zeitlich unbegrenzt im Rahmen der Verjährungsfrist lediglich unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben mehrfach ergänzt und korrigiert werden könnten und jedes Mal eine erneute Prüfung des MDK erfolgen müsste. Dann mag zwar das einzelne Prüfverfahren zügig abgeschlossen werden können. Der gesamte Abrechnungsfall zöge sich hingegen erheblich in die Länge.
Doch selbst bei Vorliegen einer bloß materiellen Präklusionsregelung mit der Rechtsfolge, dass Änderungen zugunsten des vom Krankenhaus zu Abrechnungszwecken an die Krankenkasse übermittelten Datensatzes nach Ablauf der in der PrüfvV geregelten Änderungsfristen unzulässig sind, soweit der Datensatz Prüfgegenstand der von der Krankenkasse veranlassten MDK-Prüfung geworden ist, was auch mit Wirkung für das Gerichtsverfahren gilt (s. BSG, Urteile vom 18. Mai 2021 – B 1 KR 37/20 R, Rn. 17; B 1 KR 39/20 R, Rn. 30/31, jew. zit. n. juris), bliebe der Leistungsklage der Klägerin der Erfolg versagt.
Die materielle Präklusionswirkung hat das BSG in der zitierten und in juris veröffentlichten Entscheidung unter Rn. 17 an einem Beispiel illustriert. Dieses Beispiel ist auf die vorliegende Fallkonstellation übertragbar. Ebenso wie in dem vom BSG genannten Beispiel bezog sich der dem MDK erteilte Prüfauftrag hier auf den vollständigen Datensatz „Nebendiagnosen“. Dies ergibt sich aus dem Auszug des Prüfauftrages aus dem System der Beklagten. Anhaltspunkte dafür, dass der per Datenaustausch gemäß § 301 SGB V erteilte Prüfauftrag an den MDK nicht dem übersandten Auszug entsprach, sind nicht ersichtlich. Der Prüfauftrag lautete: „Ist/sind die Nebendiagnose(n) (ND) korrekt? sind diese korrekt kodiert?“. Dies wird auch durch die Prüfanzeige des MDK vom 26. Juni 2018 bestätigt. Die dort zusätzlich gestellte Frage nach dem Behandlungsmehraufwand, den die kodierten Nebendiagnosen verursacht haben, beinhaltet keine Einschränkung des Prüfauftrags. Sie ist lediglich der Definition einer Nebendiagnose nach den Deutschen Kodierrichtlinien (DKR) geschuldet. Danach ist die Nebendiagnose definiert als eine Krankheit oder Beschwerde, die entweder gleichzeitig mit der Hauptdiagnose besteht oder sich während des Krankenhausaufenthaltes entwickelt. Für Kodierungszwecke müssen Nebendiagnosen als Krankheiten interpretiert werden, die das Patientenmanagement in der Weise beeinflussen, dass irgendeiner der folgenden Faktoren erforderlich ist: Therapeutische Maßnahmen, diagnostische Maßnahmen oder erhöhter Betreuungs-, Pflege- und/oder Überwachungsaufwand. Damit wird der Ressourcenverbrauch berücksichtigt, den der MDK hier mit Behandlungsmehraufwand bezeichnet hat (vgl. bereits LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 27. Juli 2022 – L 5 KR 49/19).
Soweit der Prüfauftrag des MDK ergänzend formulierte, dass „insbesondere“ die ICD-Schlüssel I25.12, I50.14 und I21.4 zu prüfen seien, ergibt sich hieraus keine Begrenzung des Prüfauftrages, da der Zusatz „insbesondere“ dem Wortlaut nach „vor allem, im Besonderen“ bedeutet (https://www.duden.de/rechtschreibung/insbesondere), so dass es sich nicht um eine Einschränkung handelt.
Dass der MDK laut Gutachten einige Nebendiagnosen nicht geprüft hat, war ersichtlich dem Umstand geschuldet, dass diese nicht vergütungsrelevant waren. Deshalb kann die Klägerin aus dem Umstand, dass einige Nebendiagnosen vom MDK nicht geprüft wurden, keine rechtlichen Konsequenzen zu ihren Gunsten herleiten. Maßgeblich ist vielmehr, dass alle vergütungsrechtlich relevanten Nebendiagnosen vom Prüfauftrag umfasst waren und auch geprüft wurden, so dass der gesamte Datensatz „Nebendiagnosen“ jedenfalls insoweit der materiellen Präklusion unterliegt, als er sich auf erlösrelevante Nebendiagnosen bezieht. Diesbezüglich ist er nicht mehr veränderbar. Nachkodierte erlösrelevante Nebendiagnosen sind auch im Gerichtsverfahren nicht mehr berücksichtigungsfähig und nicht geeignet, einen weiteren Vergütungsanspruch zu begründen. Rechtsfolge der materiellen Präklusion ist, dass die Vergütungsforderung des Krankenhauses nicht auf der Grundlage neuer – präkludierter – Daten durchgesetzt werden kann.
Soweit der 10. Senat des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts im Urteil vom 25. April 2023 (L 10 KR 15/21) demgegenüber die Auffassung vertritt, im Anwendungsbereich der PrüfvV 2016 stehe eine allgemein gehaltene Frage nach der Richtigkeit der kodierten Nebendiagnose(n) dem klaren Auftrag des § 4 Satz 2 PrüfvV 2016 entgegen, den Prüfgegenstand u.a. „unter Benennung der beanstandeten Nebendiagnose(n)“ zu benennen, dies habe bei einem Unterlassen zur Konsequenz, dass eine spätere Abrechnungskorrektur durch eine Änderung der Nebendiagnose(n) nicht ausgeschlossen sei, folgt der erkennende Senat dem nicht.
§ 4 PrüfvV 2016 regelt die ein Prüfverfahren einleitende Mitteilung der Krankenkasse an das Krankenhaus, welchen Prüfgegenstand das Prüfverfahren haben soll. Insoweit bestimmt § 4 PrüfvV 2016:
„Erkennt die Krankenkasse bei der Prüfung nach § 3 Auffälligkeiten, die es erforderlich machen, eine Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Krankenhausleistungen oder der Korrektheit der Abrechnung im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 einzuleiten, hat sie dem Krankenhaus den sich aus den Auffälligkeiten ergebenden Prüfgegenstand innerhalb von 6 Wochen nach Eingang der nach § 3 übermittelten Daten und der entsprechenden Krankenhausrechnung so konkret wie möglich mitzuteilen. Dabei hat sie nach Satz 2 den Prüfgegenstand mindestens aber beispielsweise wie folgt zu benennen:
- primäre Fehlbelegung
- sekundäre Fehlbelegung
- - Kodierprüfung unter Benennung der beanstandeten Haupt- und/oder Nebendiagnosen(n) und/oder Prozedur(en) unter Benennung der beanstandeten OPS-Ziffer(n)
- Fragen zur Voraussetzung bestimmter Maßnahmen (medizinische Indikation, NUB etc.).
Die Aufzählung in Satz 2 ist nicht abschließend, Mehrfachnennungen sind möglich. Ist kein Prüfgegenstand benannt, liegt keine ein Prüfverfahren einleitende Mitteilung vor. Die Mitteilung muss dem Krankenhaus in der Frist nach Satz 1 zugehen.“
Die Folgerung des 10. Senats des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts in der zitierten Entscheidung vom 25. April 2023 (L 10 KR 15/21, juris Rn. 23), dass eine allgemein gehaltene Frage „nach der Richtigkeit der angegebenen Nebendiagnosen“ unzulässig sei und ein solch allgemein gehaltener Auftrag eine spätere Abrechnungskorrektur des Krankenhauses durch eine Änderung der Nebendiagnose(n) nach dem Wortlaut des § 4 Satz 2 PrüfvV 2016 nicht auszuschließen vermag, verkennt, dass hier nur die inhaltlichen Anforderungen an die Prüfanzeige, nicht aber an den Prüfauftrag formuliert werden. Da das BSG in seinen Entscheidungen (vgl. nur BSG, Urteil vom 18. Mai 2921 – B 1 KR 34/20R, juris Rn. 31) hinsichtlich der Bestimmung des Prüfgegenstandes aber auf den Prüfauftrag der KK an den MDK abstellt, kann § 4 PrüfvV 2016 eine die Präklusion aushebelnde Wirkung bereits qua Wortlaut nicht haben. Als Konsequenz einer gänzlich fehlenden Benennung des Prüfgegenstandes wird in § 4 Satz 4 PrüfvV 2016 auch nur die Rechtsfolge geregelt, dass dann keine ein Prüfverfahren einleitende Mitteilung vorliegt. Welche Auswirkungen eine (vermeintlich) nicht hinreichende Konkretisierung des Prüfgegenstandes in der Prüfanzeige der Krankenkasse an das Krankenhaus haben soll, ist hingegen nicht bestimmt worden. § 4 PrüfvV 2016 ist dem Wesen nach daher als bloße Ordnungsvorschrift zu verstehen.
Ohnehin lässt sich eine Prüfanzeige, die sich generell auf die kodierten Nebendiagnosen bezieht, zwanglos dahingehend auslegen, dass sämtliche vergütungsrechtlich relevanten Nebendiagnosen beanstandet und geprüft werden sollen. Die Anwendung der normenvertraglichen Bestimmungen der PrüfvV unterliegt den allgemeinen für Gesetze geltenden Auslegungsmethoden der Rechtswissenschaft und nicht den für Abrechnungsbestimmungen geltenden Einschränkungen im Sinne einer eng am Wortlaut orientierten, nur durch systematische Erwägungen unterstützten Auslegung (BSG, Urteil vom 18. Mai 2021 – B 1 KR 34/20 R, juris Rn. 21). Es ist nicht auf den subjektiven Willen der Beteiligten, sondern auf die objektive Erklärungsbedeutung abzustellen. Wenn als Prüfgegenstand in der Prüfanzeige nur der Begriff „Nebendiagnose(n)“ genannt wird und zuvor vom Krankenhaus mit dem Datensatz nach § 301 SGB V mehrere Diagnosen übermittelt worden waren, entspricht es allgemeinem Verständnis, dass sämtliche Nebendiagnosen geprüft werden sollen, soweit sie vergütungsrelevant sind. Die Forderung, dass diese Nebendiagnosen nochmals im Einzelnen aufgelistet werden müssten, um den Vorgaben des § 4 PrüfvV 2016 an die Konkretisierung gerecht zu werden, erscheint dem erkennenden Senat als bloßer Formalismus, der den Beteiligten des Prüfverfahrens nicht zu mehr Klarheit verhilft.
Etwas anderes gilt nur dann, wenn von mehreren vergütungsrechtlich relevanten Nebendiagnosen tatsächlich nur einzelne beanstandet und geprüft werden sollen.
Auch in diesem Fall ist daher zu beachten, dass maßgebend für die Zulässigkeit von Rechnungskorrekturen während des Prüfverfahrens § 7 Abs. 5 PrüfvV 2016 ist, der nach Beauftragung des MDK für die Durchführung der Prüfung gilt. Danach verliert das Krankenhaus das Recht, den Datensatz nach § 301 SGB V zu ändern, soweit die vorgegebenen Fristen nicht beachtet werden und soweit der Datensatz Prüfgegenstand der von der Krankenkasse veranlassten MDK-Prüfung geworden ist. Maßgebend ist daher nicht die Prüfanzeige der Krankenkasse oder des MDK an das Krankenhaus, sondern der Prüfauftrag, den die Krankenkasse dem MDK erteilt. Das BSG hat die von ihm angenommene Präklusionswirkung an folgendem Beispiel illustriert (BSG, a.a.O., juris Rn. 17):
„Ein Krankenhaus kodiert vier Nebendiagnosen, die in ihrer Kombination vergütungsrelevant sind. Die KK erteilt dem MDK einen Prüfauftrag bzgl. der Nebendiagnosen. Der MDK sieht, wie sich im Gerichtsverfahren später herausstellt, zu Recht zwei Nebendiagnosen als nicht kodierfähig an, sodass die Vergütungsrelevanz der Nebendiagnosen entfällt und die Vergütung geringer ist. Hat das Krankenhaus in Reaktion auf den MDK nach Ablauf der in § 7 Abs. 5 PrüfvV 2014 vorgesehenen Fristen vorsorglich weitere Nebendiagnosen kodiert, die ebenfalls vergütungsrelevant sind, und den geänderten Datensatz der KK übermittelt, spielt es keine Rolle, ob diese Nachkodierung zutreffend ist. Die nachkodierten Nebendiagnosen sind auch im Gerichtsverfahren nicht mehr berücksichtigungsfähig und nicht geeignet, einen höheren oder auch nur gleich hohen Vergütungsanspruch zu begründen.“
Bezieht sich also – wie hier – der dem MDK erteilte Prüfauftrag auf sämtliche vergütungsrelevanten Nebendiagnosen, ist es dem Krankenhaus nach Ablauf der Fünf-Monats-Frist des § 7 Abs. 5 Satz 2 PrüfvV 2016 bzw. nach Beendigung der Begutachtung durch den MDK (vgl. § 7 Abs. 5 Satz 3 PrüfvV 2016) verwehrt, den Datensatz durch Nachkodierung anderer vergütungsrelevanter Nebendiagnosen zu ergänzen.
Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Der Senat hat die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen, weil er u.a. der Rechtsfrage, wie konkret der Prüfauftrag an den MDK in Fallgestaltungen der vorliegenden Art formuliert sein muss, um den gesamten Datensatz Nebendiagnosen zu präkludieren, grundsätzliche Bedeutung beimisst.
Die Entscheidung über den Streitwert ergeht gemäß §§ 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG).