1. Ein Anspruch auf Kinderzuschlag nach § 6a BKGG ist dann nicht begründet, wenn kein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft Leistungsberechtigter nach § 7 Abs. 1 SGB II ist.
2. Der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB II wegen des Bezugs von Asylbewerberleistungen steht der Einbeziehung in die Bedarfsgemeinschaft mit einer nach dem SGB II leistungsberechtigten Person nicht entgegen (sog. gemischte Bedarfsgemeinschaft)
3. Ist ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft wegen der grundsätzlichen Bezugsberechtigung nach dem AsylbLG nicht leistungsberechtigt nach dem SGB II, ist § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II einschränkend dahingehend auszulegen, dass als Gesamtbedarf zur Ermittlung der Hilfebedürftigkeit (§ 6a Abs. 1 Nr. 4 BKGG) nur der Bedarf der leistungsberechtigten Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft anzusehen ist (BSG, Urteil 06.10.2011, B 14 AS 171/10 R).
Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 18.02.2022 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung eines Kinderzuschlags nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKGG) streitig.
Der im Januar 1978 geborene Kläger, der serbischer Staatsbürger ist, stellte am 28.03.2019 einen Antrag auf Kinderzuschlag für die gemeinsamen Kinder M1 (geboren im Juni 2003), V1 (geboren im Dezember 2004), G1 (geboren im Februar 2006), E1 (geboren im Oktober 2015) und M2 (geboren im September 2017) mit seiner Ehefrau E2. Auch die gemeinsamen Kinder und die Ehefrau haben die serbische Staatsangehörigkeit. Der Kläger lebt mit seiner Ehefrau und den 5 gemeinsamen Kindern zusammen in einer ihnen von der Gemeinde zugewiesenen Wohnung, für die eine monatliche Warmmiete in Höhe von 1.381,65 € anfällt. Der Kläger erzielte seit September 2018 Einkommen aus abhängiger Beschäftigung in unterschiedlicher Höhe, das jeweils im Folgemonat ausgezahlt wurde. Dieses belief sich (gerundet) auf folgende Höhe:
Dezember 2018: |
brutto 2.835 € |
netto 1.874 € |
Januar 2019: |
brutto 2.910 € |
netto 1.937 € |
Februar 2019: |
brutto 2.640 € |
netto 1.787 € |
März 2019: |
brutto 2.835 € |
netto 1.896 € |
April 2019: |
brutto 2.970 € |
netto 2.213 € |
Mai 2019: |
brutto 3.105 € |
netto 2.294 € |
Juni 2019: |
brutto 2.700 € |
netto 2.050 € |
Juli 2019: |
brutto 3.105 € |
netto 2.294 € |
August 2019: |
brutto 2.970 € |
netto 2.213 € |
September 2019: |
brutto 2.835 € |
netto 2.131 € |
Oktober 2019: |
brutto 3.105 € |
netto 2.294 € |
November 2019: |
brutto 3.310 € |
netto 2.411 € |
Für M1 und V2 wird Kindergeld in Höhe von monatlich je 194 € (ab Juli 2019 204 €), für G1 in Höhe von monatlich 200 € (ab Juli 2019 210 €) und für E1 und M2 in Höhe von monatlich je 225 € (ab Juli 2019 235 €) gezahlt. Für die Zeit ab September 2018 bis einschließlich Januar 2019 erhielt der Kläger eine Nachzahlung auf das bewilligte Kindergeld in Höhe von 3.933,25 €. Die Tochter M1 ist seit Januar 2019 im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25a Aufenthaltsgesetz (AufenthG). Der Kläger, seine Ehefrau und die übrigen Kinder halten sich auf Grundlage einer Duldung in der Bundesrepublik Deutschland auf; seit Juni 2020 ist auch V2 im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 25a AufenthG. Der Kläger legte dem Antrag Lohnabrechnungen für Oktober 2018 bis einschließlich Februar 2019 bei. Zu den Akten gelangte auch der Bescheid des Landratsamts R1 über die Ablehnung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) vom 18.02.2019. Die Ablehnung wurde damit begründet, dass der Kläger mit seinem Erwerbseinkommen wie auch mit den monatlichen Kindergeldzahlungen in Höhe von 1.038 € seinen Bedarf selbst decken könne.
Mit Bescheid vom 09.04.2019 lehnte die Beklagte den Antrag auf Kinderzuschlag ab. Der Kläger selbst könne keine Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) erhalten, weil er Leistungsberechtigter nach dem AsylbLG sei. Auch zu seiner Bedarfsgemeinschaft würde keine nach dem SGB II leistungsberechtigte Person gehören. Es bestehe daher kein Anspruch auf Kinderzuschlag.
Den hiergegen eingelegten Widerspruch begründete der Kläger damit, seiner Tochter M1 sei zwischenzeitlich eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthaltG erteilt worden. Für seinen Sohn V2 sei die Erteilung einer solchen Aufenthaltserlaubnis innerhalb der nächsten 6 Monate zu erwarten.
Die Beklagte stellte daraufhin eine Vergleichsberechnung nach dem SGB II unter Berücksichtigung einer leistungsberechtigten Person (Tochter M1) an und kam zum Ergebnis, dass insoweit kein ungedeckter Restbedarf bestehe. Sie wies hierauf gestützt mit „Abhilfebescheid“ vom 18.07.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.10.2019 den Widerspruch des Klägers sinngemäß als unbegründet zurück.
Am 02.12.2019 beantragte der Kläger neuerlich die Gewährung eines Kinderzuschlags. Er legte unter anderem den Wohngeldbescheid des Landratsamts R1 vom 08.10.2019 über die Zahlung von monatlichem Wohngeld in Höhe von 219 € ab Februar 2019 vor. Mit Bescheid vom 16.01.2020 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Der hiergegen erhobene Widerspruch ruht derzeit.
Am 29.01.2020 beantragte der Kläger die Überprüfung des Ablehnungsbescheids vom 18.07.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.10.2019. Es reiche für einen Anspruch auf Kinderzuschlag aus, dass für mindestens ein Mitglied der Familie Hilfebedürftigkeit vermieden werde. Dies sei im klägerischen Haushalt der Fall.
Mit Bescheid vom 11.02.2020 lehnte die Beklagte eine Zurücknahme des Ablehnungsbescheids vom 18.07.2019 ab und wies den hiergegen erhobenen Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 09.03.2020 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass der Kläger einem Anspruchsausschluss nach § 7 SGB II unterliege.
Hiergegen hat der Kläger am 08.04.2020 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben, mit der er begehrt hat, die entgegenstehenden Bescheide zurückzunehmen und die Beklagte zu verpflichten, ihm Kinderzuschlag in gesetzlicher Höhe auch unter Berücksichtigung der Ehefrau und der gemeinsamen Kinder zu gewähren. Er hat zur Begründung angeführt, dass er die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Kinderzuschlag nach § 6a BKGG erfülle. Durch den Kinderzuschlag würde für seine Bedarfsgemeinschaft die Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II entfallen. Der Gesetzgeber habe bewusst nicht formuliert, dass Kinderzuschlag nur erhalten könne, wer selbst SGB II-leistungsberechtigt sei. Vielmehr sei Voraussetzung, dass Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II vermieden werde. Nach dem Sinn und Zweck der Regelung, Kinderarmut in Familien mit geringen Einkommen zu vermeiden, könne es allein darauf ankommen, ob Hilfebedürftigkeit der zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden Eltern und Kinder durch den Kinderzuschlag vermieden werden könne. Sofern man als weitere Voraussetzung des § 6a BKGG ohne expliziten Anknüpfungspunkt im Gesetz fordere, dass die Antragsteller selbst leistungsberechtigt nach dem SGB II sein müssten, sei dazu Folgendes auszuführen: mittlerweile seien 2 der zur Bedarfsgemeinschaft des Klägers gehörende Kinder, nämlich M1 und V1, gem. § 7 Abs. 1 SGB II leistungsberechtigt, da sie Aufenthaltstitel nach § 25a AufenthG besitzen würden, im richtigen Alter und erwerbsfähig seien und somit nicht vom Ausschlusstatbestand des § 7 Abs. 1 S. 2 SGB II erfasst würden. Nach § 7 Abs. 2, Abs. 3 SGB II seien auch die Eltern und deren Kinder leistungsberechtigt nach dem SGB II, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Der Kläger, seine Ehefrau und die übrigen Kinder seien lediglich auf Grund ihrer Aufenthaltstitel vom Leistungsbezug nach dem SGB II ausgeschlossen. Dieser Ausschluss wirke jedoch nicht in die Kinderzuschlagsberechtigung fort. Vielmehr könne es auch gemischte Bedarfsgemeinschaften geben, in denen einzelne Mitglieder vom SGB II-Bezug ausgeschlossen seien. Für Studenten und Rentner, die nach dem § 7 Abs. 4 SGB II vom SGB II-Leistungsbezug ausgeschlossen seien, sei dies unstreitig. Diese Ansicht werde auch durch die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 15.12.2010 bestätigt (Urteil vom 15.12.2010, B 14 KG 1/09 R, juris). Im Umkehrschluss gelte demnach, dass ein Anspruch nach § 6a BKGG in Betracht komme, wenn zumindest ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft Leistungen nach dem SGB II erhalten könne, wie hier M1 und jetzt auch V2.
Die Beklagte hat an ihrer Einschätzung festgehalten, dass für die Prüfung, ob Leistungen nach dem SGB II durch Zahlung eines Kinderzuschlags vermieden werden können, nur auf die nach dem SGB II leistungsberechtigten Person abzustellen sei und hat auf Aufforderung des SG eine weitere Bedarfsberechnung unter Berücksichtigung sämtlicher Familienmitglieder vorgelegt.
Das SG hat nach vorheriger Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 18.02.2022 die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 18.07.2019 sowie des Bescheids vom 11.02.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.03.2020 verpflichtet, dem Kläger Kinderzuschlag in gesetzlicher Höhe unter rechnerischer Berücksichtigung auch der Ehefrau und der 5 Kinder zu gewähren. Der Sinn und Zweck des Kindergeldzuschlags liege, so das BSG (a.a.O.) darin, dass Eltern nicht nur wegen der Unterhaltsbelastung für ihre Kinder auf Arbeitslosengeld II und Sozialgeld angewiesen sein sollen. Es solle Hilfebedürftigkeit als Anspruchsvoraussetzung nach dem SGB II und mithin der Bezug von Leistungen nach dem SGB II vermieden werden. Soweit wegen der Ausschlussregelung in § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II keines der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft Leistungen nach dem SGB II erhalten könne, scheide damit auch ein Anspruch nach § 6a BKGG aus. Vorliegend sei aber die Tochter M1 zum Zeitpunkt der Antragstellung Leistungsberechtigte nach § 7 Abs. 1 SGB II gewesen, da sie das 15. Lebensjahr vollendet habe, erwerbsfähig gewesen sei und kein Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II vorliegen würde. Diese bilde zusammen mit dem Kläger, dessen Ehefrau und den weiteren 4 Kindern eine Bedarfsgemeinschaft. Das BSG erkenne die sogenannte „gemischte“ Bedarfsgemeinschaft in ständiger Rechtsprechung an. Nach Auffassung des BSG differenziere die gesetzliche Definition der Bedarfsgemeinschaft gemäß § 7 Abs. 3 SGB II nicht nach persönlicher Anspruchsberechtigung. Die Zugehörigkeit zu einer Bedarfsgemeinschaft zwischen Partnern werde unabhängig davon bestimmt, ob die einbezogene Person selbst leistungsberechtigt nach dem SGB II sei (BSG, Urteil vom 06.10.2011, B 14 AS 171/10 R, juris). Im vorliegenden Fall bestehe daher ein Anspruch auf Kinderzuschlag nach § 6a BKGG dem Grunde nach. Bei der Prüfung, ob nach § 6a Abs. 1 Nr. 3 BKGG durch den Kinderzuschlag eine Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II der Bedarfsgemeinschaft vermieden werde, seien die Bedarfe aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft, bestehend aus dem Kläger, dessen Ehefrau und den weiteren 4 Kindern, zu berücksichtigen. Die vom Beklagten übersandte Probeberechnung habe ergeben, dass auch nach Anrechnung des Einkommens des Klägers jeweils ein Restbedarf verbleibe und diese Hilfebedürftigkeit durch den Kinderzuschlag vermieden werden könne. Die Voraussetzung nach § 6a Abs. 1 Nr. 3 BKGG liege damit ebenfalls vor.
Gegen den der Beklagten am 25.02.2022 zugestellten Gerichtsbescheid hat diese am 15.03.2022 mit einem als „Entwurf“ gekennzeichneten Schreiben beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg Berufung eingelegt. Sie hat zu deren Begründung vorgetragen, soweit die Klage auch im Namen der Ehefrau und der 5 Kinder erhoben worden sei, sei sie unzulässig, weil diese nicht Adressat der streitgegenständlichen Bescheide seien. Streitgegenstand sei weiterhin nur die Ablehnung des Kinderzuschlags für den Monat März 2019; maximal könne der Streitgegenstand bis zum Monat November 2019 ausgedehnt werden, da der Kläger am 02.12.2019 einen neuen Antrag auf Kinderzuschlag gestellt habe, der mit dem Bescheid vom 16.01.2020 abgelehnt worden sei. Inhaltlich habe lediglich die erwerbsfähige Tochter M1 grundsätzlich Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II gehabt. Aus dem Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 19.06.2018 (Az. L 9 BK 4717/15, nicht veröffentlicht) ergebe sich, dass für die Kinder, die von den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausgeschlossen seien, kein Kinderzuschlag gewährt werden könne, weil der Kinderzuschlag in einem strengen Alternativverhältnis zu den Leistungen nach dem SGB II stehe und aus der ratio legis, wonach die Beseitigung der Abhängigkeit des Kindes von Sozialgeld durch Deckung seines offenen Bedarfs mittels Kinderzuschlag erreicht werden solle. Der Gesetzeszweck der Beseitigung der Abhängigkeit des Kindes von Leistungen nach dem SGB II durch den Kinderzuschlag könne nur unter der Prämisse erfolgen, dass das Kind tatsächlich einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II habe und nicht davon ausgeschlossen sei. Es müsse mithin der tatsächliche Bezug von Sozialgeld der Kinder vermieden werden, der Kinderzuschlag trete (nur) an die Stelle eines ansonsten gegebenen Anspruchs auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Da der Kläger wegen des grundsätzlichen Anspruchs auf Leistungen nach dem AsylbLG auch von den Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen sei, sei das seinen Bedarf übersteigende Erwerbseinkommen auf den Bedarf der Tochter M1 anzurechnen. Da das übersteigende Einkommen den Bedarf der Tochter M1 übersteige, werde zur Bedarfsdeckung kein Kinderzuschlag benötigt, so dass der Kläger auch keinen Kinderzuschlag zu beanspruchen habe. Bei einem vollständigen Leistungsausschluss sei der Bedarf der ausgeschlossenen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft nicht bei der Einkommensverteilung zu berücksichtigen. Die „horizontale“ Einkommensverteilung finde nur bei den Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft statt, die nicht vom Leistungsbezug ausgeschlossen seien. Bei den Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft, die vom Leistungsbezug ausgeschlossen seien, finde eine „vertikale“ Einkommensverteilung statt, d.h. nur das ihren Bedarf übersteigende Einkommen werde bei den Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft, die nicht vom Leistungsbezug ausgeschlossen sind, angerechnet.
Die Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 18.02.2022 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückweisen.
Er hat die wirksame Einlegung der Berufung bestritten, weil der am 15.03.2022 über den elektronischen Rechtsverkehr zugesandte Schriftsatz deutlich als Entwurf gekennzeichnet sei und damit nicht als eine Berufungsschrift gewertet werden könne. Es sei ferner nicht ersichtlich, woher die Beklagte die Begrenzung des Streitgegenstands auf einen Monat hernehme. Das Urteil des SG sei zutreffend und bestätige die ständige Rechtsprechung des BSG zu gemischten Bedarfsgemeinschaften.
Die Beklagte ist dem Einwand der Unzulässigkeit ihrer Berufung entgegengetreten. Die Berufung sei zulässig, da aus den Gesamtumständen ersichtlich sei, dass das am 15.03.2022 an das LSG Baden-Württemberg übermittelte Berufungsschreiben mit dem Wissen und Willen der Beklagten in den Rechtsverkehr gebracht worden sei. Das Berufungsschreiben sei elektronisch, also zielgerichtet übersandt worden und könne nicht, wie bei der Versendung per Post, versehentlich zur Post gelangt sein. In der elektronischen Übermittlung sei als Betreff „Rechtsmitteleinlegung“ angegeben. Ferner sei auch die komplette Verwaltungsakte eine Stunde nach der Übermittlung des Berufungsschreibens an das LSG Baden-Württemberg elektronisch versandt worden.
Mit Verfügung vom 22.11.2022 sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass nur die im Rubrum des SG als Kläger zu 1 bezeichnete Person Kläger im vorliegenden Rechtsstreit sein dürfte und eine entsprechende Berichtigung des Rubrums beabsichtigt sei. Die Beteiligten haben der beabsichtigten Rubrumsänderung zugestimmt.
Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 09.01.2023 und die Beklagte mit Schriftsatz vom 12.01.2023 einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Rechtsvortrag wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten, über die der Senat aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden kann, ist nach §§ 143, 144 SGG statthaft und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) erhoben.
Der Zulässigkeit der Berufung steht insbesondere die Kennzeichnung des Berufungsschriftsatzes mit „Entwurf“ nicht entgegen.
Die Beklagte hat die Berufung als elektronisches Dokument, signiert von der verantwortenden Person, auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht (§ 65a Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGG). Das Dokument wurde ausweislich des Prüfvermerks vom 15.03.2022 über den elektronischen Eingang beim LSG Baden-Württemberg auf einem sicheren Übermittlungsweg aus einem besonderen Behördenpostfach (sicherer Übermittlungsweg im Sinne des § 65a Abs. 4 Nr. 3 SGG) übersandt. Die erforderliche einfache Signatur im Sinne des § 65a Abs. 3 Satz 1 Alt. 2 SGG meint die einfache Wiedergabe des Namens am Ende des Textes, beispielsweise bestehend aus einem maschinenschriftlichen Namenszug unter dem Schriftsatz oder einer eingescannten Unterschrift (Bundesgerichtshof <BGH>, Beschluss vom 07.09.2022, XII ZB 215/22, juris, auch zum Nachfolgenden). Die einfache Signatur muss – ebenso wie die eigene Unterschrift oder die qualifizierte elektronische Signatur – die Identifizierung des Urhebers der schriftlichen Verfahrenshandlung ermöglichen und dessen unbedingten Willen zum Ausdruck bringen, die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen und diesen bei Gericht einzureichen. Dazu muss die Namenswiedergabe so entzifferbar sein, dass sie von den Empfängern des Dokuments ohne Sonderwissen oder Beweisaufnahme einer bestimmten Person als Verantwortlicher zugeordnet werden kann. Die einfache Signatur soll gerade sicherstellen, dass die von dem Übermittlungsweg ausgewiesene Person mit der Person identisch ist, welche mit der wiedergegebenen Unterschrift die inhaltliche Verantwortung für das Dokument übernimmt. Dies ist hier der Fall. Der Berufungsschriftsatz der Beklagten wird mit dem maschinengeschriebenen Namenszug „F1“ abgeschlossen; dieser Name stimmt im Übrigen auch mit der Bearbeiterangabe im Briefkopf der Berufung überein.
Die einfach signierte und über einen sicheren Übermittlungsweg gemäß § 65a Abs. 4 SGG eingereichte Berufung der Beklagten erfüllt das Schriftformerfordernis der §§ 65a, 151 Abs. 1 SGG. Durch das Schriftformerfordernis soll dabei gewährleistet werden, dass dem Schriftstück der Inhalt der Erklärung, die abgegeben werden soll, und die Person, von der sie ausgeht, hinreichend zuverlässig entnommen werden können. Außerdem muss feststehen, dass es sich bei dem Schriftstück nicht nur um einen Entwurf handelt, sondern dass es mit Wissen und Willen des Berechtigten dem Gericht zugeleitet worden ist (BSG, Urteil vom 16.11.2000, B 13 RJ 3/99 R, juris, mit weiteren Nachweisen). Danach schließt die Wahrung der Schriftform grundsätzlich gerade aus, dass es sich bei der Berufungsschrift nur um einen Entwurf handelt. Die (irrtümliche) Kennzeichnung als „Entwurf“ oben links vermag im vorliegenden Fall den durch die Wahrung der Schriftform vermittelten Eindruck eines zielgerichteten Willens der Handelnden, die Berufungsschrift in den Rechtsverkehr zu bringen, nicht in Zweifel zu ziehen. Hiergegen sprechen sämtliche weiteren Umstände der Berufungseinlegung. So findet sich oben links auf dem Berufungsschriftsatz ein Absendevermerk der zuständigen Sachbearbeiterin, wonach die Berufung am 15.03.2022 auf den Weg gebracht worden ist. Zu Recht hat die Beklagte ferner darauf verwiesen, dass dem Berufungsschreiben umfangreiche Anlagen beigefügt waren und dass 1 Stunde nach der Übermittlung des Berufungsschreibens auf gesondertem Wege die komplette Verwaltungsakte nebst Begleitschreiben elektronisch an das LSG Baden-Württemberg versandt worden ist. In dem teilweise händisch ergänzten, eingescannten Begleitschreiben für die Aktenübersendung ist konkret auf die vorherige Berufungseinlegung unter Bezeichnung der Mitarbeiterin F1 als zuständiger Sachbearbeiterin Bezug genommen worden. Unter der nach der Rechtsprechung des BSG (a.a.O.) gebotenen Berücksichtigung dieser weiteren Umstände ergibt sich mit hinreichender Deutlichkeit die Urheberschaft und der Wille der Beklagten, die Berufungsschrift in den Verkehr zu bringen.
Streitgegenständlich ist vorliegend der Bescheid vom 11.02.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.03.2020, mit dem die Beklagte die Zurücknahme der Ablehnung von Kinderzuschlag mit dem anstelle des Bescheids vom 09.04.2019 getretenen, als „Abhilfebescheid“ bezeichneten und in Bestandskraft erwachsenen Bescheid vom 18.07.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.10.2019 abgelehnt hat. In zeitlicher Hinsicht ist dabei der Zeitraum von März 2019 bis einschließlich November 2019 Gegenstand des Rechtsstreits.
Beteiligte des Rechtsstreits ist dabei auf Klägerseite nur der im erstinstanzlichen Verfahren als „Kläger zu 1“ geführte B1, nicht aber die Ehefrau und die Kinder des Klägers. Nur der Kläger war Adressat des streitgegenständlichen Bescheids vom 11.02.2020 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 09.03.2020, was auch mit der Gesetzeslage korrespondiert, da nach § 6a Abs. 1 BKGG grundsätzlich nur der Kläger als Kindergeldberechtigter Anspruch auf Kinderzuschlag hat. Dementsprechend ist bei sachgerechter Auslegung der Klageschrift vom 08.04.2020 auch nur für den Kläger Klage erhoben worden. Dies ergibt sich bei sachgerechter Auslegung aus der Klagebegründung, aber auch aus dem Klageantrag der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 08.04.2020, der wie folgt lautete: „…werde ich beantragen, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 18.07.2019 sowie des Bescheids vom 11.02.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.03.2020 – F 61.08KGNr. 004FK990381 – W-67706-00205/20 – zu verpflichten, dem Kläger Ziff. 1 für die Bedarfsgemeinschaft der Kläger Kinderzuschlag nach Maßgabe seines Antrags vom 28.03.2019 ab dem 01.04.2019 zu zahlen“. Wenngleich das SG im Gerichtsbescheid vom 18.02.2022 im Rubrum neben dem Kläger auch die Ehefrau des Klägers sowie die 5 gemeinsamen Kinder als weitere Kläger aufführt, so ist die Beklagte im Tenor und auch ausweislich der Entscheidungsgründe antragsgemäß auch nur verpflichtet worden, dem Kläger Kinderzuschlag in gesetzlicher Höhe zu gewähren. Eine Abweisung der Klage im Übrigen, die geboten gewesen wäre, wenn das SG auch die weiteren Familienmitglieder als Kläger angesehen hätte, ist nicht erfolgt. Auch aus den Entscheidungsgründen ergibt sich unzweifelhaft, dass das SG lediglich von einer Klage des Klägers und nicht der weiteren Familienangehörigen ausgegangen ist. Dementsprechend war das Rubrum zu korrigieren, wobei die Beteiligten dem im Übrigen zugestimmt haben.
Gemäß § 44 Abs.1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ist, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Gegenstand der von der Beklagten vorgenommenen Überprüfung ist zu Recht der Bescheid vom 18.07.2019. Dabei handelt es sich allerdings entgegen der Bezeichnung als „Abhilfebescheid“, mit dem angeblich „dem Widerspruch in vollem Umfang abgeholfen worden sei“, um eine neuerliche Ablehnung des Antrags des Klägers auf Kinderzuschlag nach neuerlicher Prüfung und mit abweichender Begründung. Dieser Bescheid ist an die Stelle des ursprünglichen Ablehnungsbescheids vom 09.04.2019 getreten und hat letzteren – ungeachtet der fehlerhaften Bezeichnung als Abhilfebescheid – vollständig ersetzt (§ 39 Abs. 2 SGB X).
Eine von der Beklagten behauptete zeitliche Beschränkung der dort verfügten Ablehnung lässt sich dem Bescheid vom 18.07.2019 noch nicht einmal im Ansatz entnehmen. Der Widerspruchsbescheid vom 10.10.2019 wiederum geht mit Darlegungen zu einer angeblich fehlenden Mitwirkung des Klägers offensichtlich völlig an der Sache vorbei und begründet gleichermaßen keine zeitliche Beschränkung der ablehnenden Entscheidung der Beklagten. Der Kläger wehrt sich somit gegen einen Bescheid, mit dem die Leistung ohne zeitliche Begrenzung abgelehnt worden ist. Gegenstand eines (gerichtlichen) Verfahrens ist damit – nach dem zeitlich unbefristeten Klageantrag – grundsätzlich die gesamte, bis zum für die Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt verstrichene Zeit (ständige Rechtsprechung des BSG, grundlegend für Leistungen nach dem SGB II BSG, Urteil vom 16.05.2007, B 11b AS 37/06 R; Urteil vom 31.10.2007, B 14/11b AS 59/06 R; Urteil vom 31.10.2007, B 14/11b AS 7/07 R, alle juris). Nachdem sich auch weder dem Antrag des Klägers auf Überprüfung des Bescheids vom 18.07.2019 noch dem Bescheid vom 11.02.2020, mit dem die Zurücknahme des Bescheids vom 18.07.2019 abgelehnt worden ist, irgendeine zeitliche Einschränkung entnehmen lässt, ist in Anwendung dieser Grundsätze auch im Hinblick auf die Überprüfungsentscheidung von einem grundsätzlich unbeschränkten zeitlichen Umfang auszugehen. Da allerdings der Kläger am 02.12.2019 einen neuen Antrag auf Kinderzuschlag gestellt hat, hat sich der zur Überprüfung gestellte Bescheid vom 18.07.2019 für die von dem auf diesen Antrag ergangenen neuen Bescheid vom 16.01.2020 erfasste Zeit (ab Dezember 2019) gem. § 39 Abs. 2 SGB X erledigt (BSG, Urteil vom 11.12.2007, B 8/9b SO 12/06 R, juris). Dieser neue Bescheid und der von ihm erfasste Ablehnungszeitraum ab Dezember 2019 ist bereits deshalb nicht streitgegenständlich, weil dessen Überprüfung vom Kläger nicht begehrt worden ist, sondern er Gegenstand eines eigenständigen Widerspruchsverfahrens geworden ist, und deshalb zu Recht von der Beklagten auch nicht zum Gegenstand des Überprüfungsverfahrens gemacht worden ist. Er wäre allerdings auch nicht gemäß § 96 SGG Gegenstand des Gerichtsverfahrens geworden, weil die Ablehnung der Leistung kein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung ist, sie also mit Wirkung für die Zukunft weder abgeändert noch ersetzt werden kann, weshalb §§ 86, 96 SGG auch nicht analog Anwendung finden, soweit die Leistung erneut abgelehnt worden ist (BSG, a.a.O.).
Richtige Klageart für das solchermaßen verstandene Klagebegehren ist hier eine kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage (BSG, Urteil vom 13.02.2014, B 4 AS 22/13 R, juris, mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Der Kläger begehrt mit der Anfechtungsklage die Aufhebung des – die Überprüfung der zuvor benannten Bescheide ablehnenden – Verwaltungsakts vom 11.02.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.03.2020. Die Verpflichtungsklage ist auf die Erteilung eines Bescheids durch die Beklagte gerichtet, mit dem diese die begehrte Änderung des Bescheids vom 18.07.2019 bewirkt – dies hat das SG in seiner Entscheidung verkannt. Mit der Leistungsklage beantragt der Kläger die Erbringung des begehrten Kinderzuschlags im streitigen Zeitraum.
Die Berufung ist auch begründet. Das SG hat zu Unrecht die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 18.07.2019 und des Bescheids vom 11.02.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 09.03.2020 verpflichtet, dem Kläger Kinderzuschlag zu gewähren. Denn die Voraussetzungen für einen Kinderzuschlag nach § 6a BKGG liegen nicht vor. Die ablehnende Entscheidung der Beklagten vom 18.07.2019 war im Ergebnis richtig, weshalb es die Beklagte zu Recht auch abgelehnt hat, diesen Bescheid zurückzunehmen.
Gemäß § 6a Abs. 1 BKGG in der Fassung vom 20.12.2016 (gültig bis 30.06.2019) bzw. in der ab 01.07.2019 anzuwendenden Fassung vom 29.04.2019 erhalten Personen nach diesem Gesetz für in ihrem Haushalt lebende unverheiratete oder nicht verpartnerte Kinder, die noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben, einen Kinderzuschlag, wenn
sie für diese Kinder nach diesem Gesetz oder nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes (EStG) Anspruch auf Kindergeld oder Anspruch auf andere Leistungen im Sinne von § 4 haben,
sie mit Ausnahme des Wohngeldes und des Kindergeldes (und des Kinderzuschlags, Fassung vom 29.04.2019) über Einkommen im Sinne des § 11 Absatz 1 Satz 1 SGB II in Höhe von 900 € oder, wenn sie alleinerziehend sind, in Höhe von 600 € verfügen, wobei Beträge nach § 11b SGB II nicht abzusetzen sind,
sie mit Ausnahme des Wohngeldes über Einkommen oder Vermögen im Sinne der §§ 11 bis 12 SGB II verfügen, das höchstens dem nach Absatz 4 Satz 1 (bzw. Abs. 5 Satz 1, Fassung vom 29.04.2019) für sie maßgebenden Betrag zuzüglich dem Gesamtkinderzuschlag nach Absatz 2 (bzw. nach Abs. 4, Fassung vom 29.04.2019) entspricht, und
durch den Kinderzuschlag Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II vermieden wird. Bei der Prüfung, ob Hilfebedürftigkeit vermieden wird, bleiben die Bedarfe nach § 28 SGB II außer Betracht. Das Gleiche gilt für Mehrbedarfe nach den §§ 21 und 23 Nummer 2 bis 4 SGB II, wenn kein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch beantragt hat oder erhält oder alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft für den Zeitraum, für den Kinderzuschlag beantragt wird, auf die Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch verzichten.
Zusätzlich sieht § 6a BKGG in der Fassung vom 29.04.2019 und mit Gültigkeit ab 01.07.2019 vor, dass über den Gesamtkinderzuschlag jeweils für 6 Monate zu entscheiden ist (Bewilligungszeitraum), wobei der Bewilligungszeitraum mit dem Monat beginnt, in dem der Antrag gestellt wird (§ 6a Abs. 7 Satz 1 BKGG) sowie, dass für die Ermittlung des monatlich zu berücksichtigenden Einkommens der Durchschnitt des Einkommens aus den 6 Monaten vor Beginn des Bewilligungszeitraums maßgeblich ist (§ 6a Abs. 8 Satz 1 BKGG) und bei Personen, die den selbstgenutzten Wohnraum mieten, als monatliche Bedarfe für Unterkunft und Heizung die laufenden Bedarfe für den 1. Monat des Bewilligungszeitraums zugrunde zu legen sind (Satz 2).
Die für die Kinder der Anspruchsberechtigten aufgestellten Voraussetzungen des § 6a Abs. 1 Halbsatz 1 BKGG lagen bei den Kindern des Klägers vor, da diese im streitgegenständlichen Zeitraum im klägerischen Haushalt lebten, unverheiratet waren und das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten. Der Kläger als bezugsberechtigte Person hatte Anspruch auf Kindergeld nach dem EStG, das er auch tatsächlich erhielt. Damit war auch die Voraussetzung des § 6 Abs. 1 Nr. 1 BKGG erfüllt. Ferner wurden im streitgegenständlichen Zeitraum auch die Einkommens- und Vermögensgrenzen nach § 6a Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 3 BKGG eingehalten.
Ein Anspruch des Klägers auf Kinderzuschlag scheidet aber aus, weil durch den Kinderzuschlag Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II nicht vermieden worden wäre und damit die weitere Anspruchsvoraussetzung des § 6a Abs. 1 Nr. 4 BKGG nicht erfüllt sind.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (grundlegend Urteil vom 15.12.2010, a.a.O.; bestätigend Beschluss vom 19.06.2012, B 4 KG 2/11 B, juris sowie Beschluss vom 15.06.2015, B 4 KG 7/14 B, BeckRS 2015, 69828 Rn. 5, beck-online) ist anspruchsberechtigt nicht schon derjenige, der ein Einkommen erzielt, das nach Berücksichtigung entsprechend den Regelungen in §§ 9 ff. SGB II zwar zur Deckung des eigenen Bedarfs nach § 19 Satz 1 Nr. 1 SGB II einschließlich der Kosten der Unterkunft ausreicht, nicht aber zur Deckung der Bedarfe der in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Kinder. Der Sinn und Zweck der Vorschrift liegt vielmehr darin, dass Eltern nicht nur wegen der Unterhaltsbelastung für ihre Kinder auf Arbeitslosengeld II und Sozialgeld angewiesen sein sollen (vgl. BT-Drucks 15/1516, S. 83). Es soll Hilfebedürftigkeit als Anspruchsvoraussetzung nach dem SGB II und mithin der Bezug von Leistungen nach dem SGB II vermieden werden. Soweit wegen der Ausschlussregelung in § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II keines der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft Leistungen nach dem SGB II erhalten kann, scheidet damit auch ein Anspruch nach § 6a BKGG aus (BSG, a.a.O.).
Zusammenfassend ist nach der Rechtsprechung des BSG ein Anspruch auf Kinderzuschlag nach § 6a BKGG jedenfalls dann nicht begründet, wenn kein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft Leistungsberechtigter nach § 7 Abs. 1 SGB II ist. Vorliegend ist, so zu Recht das SG in der angefochtenen Entscheidung, ein Anspruch auf Kinderzuschlag aber nicht bereits aufgrund dieser Rechtsprechung des BSG ausgeschlossen; denn nicht alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft unterliegen dem Leistungsausschluss gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II. Die Tochter M1 war zum Zeitpunkt der Antragstellung Leistungsberechtigte nach § 7 Abs. 1 SGB II, da sie das 15. Lebensjahr vollendet hatte, erwerbsfähig war und kein Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II vorlag. Denn sie war seit Januar 2019 im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Abs. 1 AufenthG und war somit nicht mehr nach dem AsylbLG leistungsberechtigt (§ 1 Abs. 1 AsylbLG). Ferner besteht bei ihr auch kein Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II. Demgegenüber beruhte der Aufenthalt des Klägers, seiner Ehefrau sowie der weiteren 4 Kinder im streitgegenständlichen Zeitraum auf einer Aussetzung der Abschiebung (Duldung), weshalb sie dem Grunde nach (nur) nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 AsylbLG leistungsberechtigt waren und sie gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB II von Leistungen nach dem SGB II ausgenommen waren.
Dieser Leistungsausschluss steht ihrer Einbeziehung in die Bedarfsgemeinschaft mit der leistungsberechtigten Tochter M1 indes nicht entgegen (vgl. zur sog. gemischten Bedarfsgemeinschaft zwischen erwerbsfähigen Leistungsberechtigen nach dem SGB II und einem Altersrentner, der in einer stationären Einrichtung untergebracht war BSG, Urteil vom 16.04.2013, B 14 AS 71/12 R, juris, sowie zur sog. gemischten Bedarfsgemeinschaft zwischen erwerbsfähiger Leistungsberechtigter und dem nach dem AsylbLG leistungsberechtigen Ehegatten BSG, Urteil vom 06.10.2011, B 14 AS 171/10 R, juris und zwischen dem erwerbsfähigen leistungsberechtigten Vater und seiner nach dem AsylbLG leistungsberechtigten unter 15-jährigen Tochter BSG, Urteil vom 14.06.2018, B 14 AS 28/17 R, juris). Denn das Nichtvorliegen des Leistungsausschlusses ist keine Tatbestandsvoraussetzung für die Zugehörigkeit zu einer Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 SGB II; die Zugehörigkeit zu einer Bedarfsgemeinschaft wird vielmehr unabhängig davon bestimmt, ob die einbezogene Person selbst leistungsberechtigt nach dem SGB II ist (BSG, Urteil vom 16.04.2013, a.a.O.).
Die Tochter M1 als Leistungsberechtigte nach § 7 Abs. 1 SGB II bildet deshalb zusammen mit dem Kläger und dessen Ehefrau nach § 7 Abs. 3 Nr. 2 SGB II und den 4 weiteren Kindern des Klägers und seiner Ehefrau nach § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II eine („gemischte“) Bedarfsgemeinschaft. Ob die grundsätzliche Leistungsberechtigung gemäß § 7 SGB II eines Kindes im Sinne des § 6a Abs. 1 BKGG bei Leistungsausschluss sämtlicher anderer Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft, insbesondere der gemäß § 6a Abs. 1 Nr. 1 BKGG bezugsberechtigten Person, bereits die Voraussetzungen gemäß § 6a Abs. 1 Nr. 4 BKGG (Vermeidung von Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II) erfüllt, musste, soweit ersichtlich, von der obergerichtlichen Rechtsprechung bislang nicht entschieden werden. Während das SG in der angefochtenen Entscheidung die Leistungsberechtigung nur der Tochter M1 für einen Anspruch auf Kinderzuschlag genügen hat lassen, hat das LSG Baden-Württemberg im Urteil vom 19.06.2018 (a.a.O.) Hilfebedürftigkeit sowohl der bezugsberechtigten Person wie auch der mit ihr in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Kinder gefordert, ohne dass es in der dortigen Entscheidung darauf angekommen wäre.
Auch im vorliegenden Fall bedarf diese Frage keiner Klärung. Denn ein Leistungsbezug nach dem SGB II kann selbst bei Bejahung der vorstehenden Frage durch den Kinderzuschlag nicht vermieden werden, weil die Tochter M1 mangels Hilfebedürftigkeit keinen Anspruch auf SGB II-Leistungen hat. Nach § 9 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält (Abs. 1). Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen (Abs. 2 Satz 1). Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebender Partnerin oder lebenden Partners zu berücksichtigen (Abs. 2 Satz 2). Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, dabei bleiben die Bedarfe nach § 28 SGB II außer Betracht (Abs. 2 Satz 3). Es ist mithin zur Berechnung des Leistungsanspruchs des einzelnen Mitglieds einer Bedarfsgemeinschaft nicht nur dessen individueller Bedarf, sondern der Gesamtbedarf aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft zu ermitteln, dem sodann das Gesamteinkommen der Bedarfsgemeinschaft gegenüberzustellen ist (BSG, Urteil vom 15.04.2008, B 14/7b AS 58/06 R, juris). In Anwendung dieser Norm ist das SG in der angefochtenen Entscheidung durch Gegenüberstellung der (fiktiv) ermittelten Bedarfe aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft nach Maßgabe des SGB II und des Einkommens des Klägers zu einer Hilfebedürftigkeit der Bedarfsgemeinschaft insgesamt, und somit auch der Tochter M1, gelangt.
§ 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II erfährt nach ständiger Rechtsprechung des BSG im Falle einer sogenannten gemischten Bedarfsgemeinschaft aber eine Modifikation. Entfällt nämlich ein Anteil des Gesamtbedarfs auf ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft, das diesen Anspruch wegen des grundsätzlichen Ausschlusses aus dem Leistungssystem des SGB II nicht realisieren kann, bzw., wie vorliegend, sogar auf mehrere Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft, ist die Deckung des nach dem SGB II bestehenden Gesamtbedarfs nicht mehr gewährleistet (BSG, a.a.O., auch zum Nachfolgenden; vgl. hierzu zuletzt BSG, Urteil vom 11.11.2021, B 14 AS 89/20 R, juris). Es findet sich kein Anhaltspunkt dafür, dass der Gesetzgeber bei gemischten Bedarfsgemeinschaften in dieser Konstellation in Kauf nehmen wollte, dass durch die anteilige Verteilung des Gesamtbedarfs eine Lücke in der Bedarfsdeckung verbleibt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber die Abgrenzung der Leistungssysteme in diesen Fällen nicht bedacht und geregelt hat. Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz gebietet in diesen Fällen entgegen dem Wortlaut der Vorschrift, dass § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II nur für die leistungsberechtigten Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft Anwendung findet.
Ist ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft wegen der grundsätzlichen Bezugsberechtigung nach dem SGB XII oder wie hier nach dem AsylbLG nicht leistungsberechtigt nach dem SGB II, ist § 9 Abs. 2 Satz 3 SGB II deshalb einschränkend dahingehend auszulegen, dass als Gesamtbedarf nur der Bedarf der leistungsberechtigten Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft anzusehen ist (BSG, Urteil 06.10.2011, B 14 AS 171/10 R, juris, auch zum Nachfolgenden). Diesem Gesamtbedarf ist das Einkommen der Bedarfsgemeinschaft gegenüberzustellen, das sich nach Abzug des eigenen Bedarfs des nicht hilfebedürftigen Mitglieds der Bedarfsgemeinschaft ergibt. Der Kern dieser Berechnungsweise lässt sich wie folgt darlegen (Silbermann in Eicher/Luik/Harich, SGB II, 5. Aufl. 2021, § 9 Rn. 66): Ein Mitglied der Bedarfsgemeinschaft, das von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen ist, nimmt nicht an der Bedarfsermittlung teil. Dennoch ist sein Einkommen einzusetzen, wobei hiervon jedoch ein Freibetrag in Höhe seines fiktiven SGB II-Bedarfs abzusetzen ist.
Danach ergibt sich hier folgendes:
Der Bedarf der Tochter M1 nach dem SGB II umfasste im streitgegenständlichen Zeitraum den Regelbedarf, Mehrbedarfe und den Bedarf für Unterkunft und Heizung (§ 19 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 SGB II in der Fassung vom 13.05.2011). Der Regelsatz in der für die Tochter M1 einschlägigen Regelbedarfsstufe 4 (erwerbsfähige Angehörige der Bedarfsgemeinschaft, sofern sie das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, § 20 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 SGB II) betrug im streitgegenständlichen Zeitraum 322 € monatlich. Die anteiligen Kosten für Unterkunft und Heizung beliefen sich in diesem Zeitraum kopfanteilig auf 197,38 € (1.381,65 € geteilt durch 7). Nutzen hilfebedürftige Personen eine Unterkunft gemeinsam, so sind die Kosten hierfür im Regelfall unabhängig von Alter oder Nutzungsintensität anteilig pro Kopf aufzuteilen. Dies gilt auch dann, wenn die Wohnung gemeinsam mit Personen genutzt wird, die nicht zur Bedarfsgemeinschaft gehören (BSG, Urteil vom 15.04.2008, a.a.O.; BSG, Urteil vom 09.03.2016, B 14 KG 1/15 R, juris). Anhaltspunkte für Mehrbedarfe bei der Tochter M1 sind nicht ersichtlich und im Übrigen gemäß § 6a Abs. 1 Nr. 4 BKGG bei der Ermittlung von Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II ausgeschlossen. Von dem hieraus sich errechnenden Gesamtbedarf in Höhe von 519,38 € ist das Einkommen der Tochter M1 in Form von Kindergeld in Höhe von 194 € bzw. ab Juli 2019 in Höhe von 204 € in Abzug zu bringen (vergleiche § 11 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. Satz 4 SGB II in der Fassung vom 26.07.2016) womit sich ein ungedeckter Gesamtbedarf von 325,38 € (bzw. 315,38 €) ergibt.
Zur Ermittlung des dem gegenüberzustellenden einzusetzenden Einkommens des Klägers ist zunächst dessen fiktiver Bedarf nach dem SGB II zu ermitteln. Im Rahmen dieser fiktiven Bedarfsermittlung ist von einem Regelbedarf in Höhe von 382 € (§ 20 Abs. 4 SGB II) und Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 197,38 € auszugehen, woraus sich für den streitgegenständlichen Zeitraum ein Gesamtbedarf 579,38 € ab Juli 2019 monatlich errechnet. Demgegenüber steht folgendes, unter Berücksichtigung der Absetzbeträge nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 SGB II (100 €) und § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. Abs. 3 SGB II (Höchstbetrag von 230 €) anrechenbares monatliches Einkommen des Klägers, wobei das im Kalendermonat erzielte Arbeitseinkommen dem Kläger jeweils erst im Folgemonat zugeflossen ist und deshalb auch erst dort berücksichtigt werden kann:
Januar 2019 |
(1.874 € Netto-EK abzügl. 330 € =) 1.544 € |
Februar 2019 |
(1.937 € Netto-EK abzügl. 330 € =) 1.607 € |
März 2019 |
(1.787 € Netto-EK abzügl. 330 € =) 1.457 € |
April 2019 |
(1.896 € Netto-EK abzügl. 330 € =) 1.566 € |
Mai 2019 |
(2.213 € Netto-EK abzügl. 330 € =) 1.883 € |
Juni 2019 |
(2.294 € Netto-EK abzügl. 330 € =) 1.964 € |
Juli 2019 |
(2.050 € Netto-EK abzügl. 330 € =) 1.720 € |
August 2019 |
(2.294 € Netto-EK abzügl. 330 € =) 1.964 € |
September 2019 |
(2.213 € Netto-EK abzügl. 330 € =) 1.883 € |
Oktober 2019 |
(2.131 € Netto-EK abzügl. 330 € =) 1.801 € |
November 2019 |
(2.294 € Netto-EK abzügl. 330 € =) 1.964 € |
Vermindert um den eigenen (fiktiven) Bedarf des Klägers ergibt sich folgendes einzusetzendes Einkommen:
März 2019 |
1.457 € ./. 579,38 € = 877,62 € |
April 2019 |
1.566 € ./. 579,38 € = 986,62 € |
Mai 2019 |
1.883 € ./. 579,38 € = 1.302,62 € |
Juni 2019 |
1.964 € ./. 579,38 € = 1.384,62 € |
Juli 2019 |
1.720 € ./. 579,38 € = 1.140,62 € |
August 2019 |
1.964 € ./. 579,38 € = 1.384,62 € |
September 2019 |
1.883 € ./. 579,38 € = 1.302,62 € |
Oktober 2019 |
1.801 € ./. 579,38 € = 1.221,62 € |
November 2019 |
1.964 € ./. 579,38 € = 1.384,62 € |
Nachdem der Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft identisch ist mit dem Bedarf der Tochter M1, weil sämtliche weitere Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft nicht leistungsberechtigt nach dem SGB II sind und wie dargelegt als Gesamtbedarf in der gemischten Bedarfsgemeinschaft nur der Bedarf der leistungsberechtigten Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft anzusehen ist, deckt das einzusetzende, den Eigenbedarf übersteigende Einkommen des Klägers in jedem Monat des streitgegenständlichen Zeitraums den Bedarf der Tochter M1, weshalb diese mangels Hilfebedürftigkeit keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II hat. Dies gilt auch unter Anwendung der ab dem 01.07.2019 geltenden Rechtslage, wonach für die Ermittlung des monatlich zu berücksichtigenden Einkommens der Durchschnitt des Einkommens aus den 6 Monaten vor Beginn des Bewilligungszeitraums maßgeblich ist (§ 6a Abs. 8 Satz 1 BKGG). Das monatliche, um die weiteren Absetzbeträge (330 €) verminderte Netto-Durchschnittseinkommen des Zeitraums von Januar 2019 bis einschließlich Juni 2019 beträgt 1.670,17 €; vermindert um den monatlichen fiktiven Bedarf des Klägers (579,38 €) errechnet sich hieraus ein den Bedarf der Tochter M1 nach dem SGB II in jedem Monat zwischen Juni 2019 und November 2019 deutlich übersteigendes einzusetzendes Einkommen von monatlich 1.090,79 €.
Inwieweit das Einkommen des Klägers darüber hinaus zur Deckung des Bedarfs der übrigen, nicht nach dem SGB II leistungsberechtigten Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft genügt, beurteilt sich nach dem AsylbLG und spielt nach Auffassung des Senats jedenfalls für die im Rahmen des § 6a Abs. 1 Nr. 4 BKGG zu klärende Frage der Begründung eines Anspruchs nach dem SGB II keine Rolle.
Nach alledem besteht kein Anspruch auf Kinderzuschlag und war auf die Berufung der Beklagten das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Im Hinblick auf die Besonderheiten der hier vorliegenden gemischten Bedarfsgemeinschaft mit mehreren Mitgliedern, die ihren Bedarf nicht selbst decken können und vom Leistungsbezug nach dem SGB II ausgeschlossen sind, hat der Senat die Revision zugelassen.