Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 22. Dezember 2022 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird endgültig auf 792,40 Euro festgesetzt.
Tatbestand:
Streitig ist die Vergütung von stationärer Krankenhausbehandlung.
Die Klägerin betreibt ein zur Versorgung gesetzlich Krankenversicherter zugelassenes Krankenhaus. In diesem wurde der 00.00.0000 geborene und bei der Beklagten versicherte O. (nachfolgend: Versicherter) in der Zeit vom 28. Juni 2017 bis zum 29. Juni 2017 stationär behandelt.
Die notfallmäßige Aufnahme des Versicherten erfolgte, nachdem dieser sich mit nach einer Einweisung durch F. (HNO-Arzt in V.) mit einer seit einer Woche ezidivierenden Epistaxis (Nasenbluten) vorgestellt hatte. Am 30. Mai 2017 hatte sich der Versicherte einer ambulanten Revision-Nasenmuschelreduktion beidseits unterzogen.
Der weitere Verlauf gestaltete sich wie folgt (vgl. u.a. Entlassungsbericht, Laborbericht, Pflegeinformations-Liste in der Patientenakte): Im Rahmen einer Spiegeluntersuchung wurden eine Krustenbildung in der Nase beidseits festgestellt sowie eine leichte aktuelle Nasenblutung aus der unteren Nasenmuschel links. Die Blutung konnte „mittels Otriven-getränkten Spitztupfern beherrscht“ werden. Am Aufnahmetag (28. Juni 2017) um 18:06 Uhr (Aufnahme mit „24h RR Gerät v HA“) erhielt der Versicherte verschiedene Medikamente (Cefuroxim, Otriven-Tropfen, Nisite, Nasenöl) verabreicht/ausgehändigt. Um 21:35 Uhr erfolgten verschiedene Kontrollen („RR [Blutdruck] kontr., AZ gut. Keine Blutung.“), um 23:55 Uhr erfolgte die Infusion eines Antibiotikums („AB iv bek.“). In der Nacht auf den 29. Juni 2017 fanden (Kontroll-)Durchgänge statt ("Nachts regelm. Durchgänge erfolgt"). Am 29. Juni 2017 erhielt der Versicherte um 6:00 Uhr eine Infusion („AB iv nach Plan erhalten“). Um 10:09 Uhr wurden im Rahmen einer Visite das Auftreten einer Blutung kontrolliert sowie eine Nasenpflege und weitere Kontrollen durchgeführt („zur Zeit keine Blutung, Nasenpflege durchgeführt, Vitalzeichenkontrolle durchgeführt, Nasenpflege erneut erklärt, ggf heute Entlassung, Pat. hat Langzeit-RR vom Hausarzt dran, wird um 11:00 Uhr abgemacht“). Um 12:39 Uhr vermerkte das Krankenhaus, dass die Entlassung erfolgen werden („Heute E, Br ex, Nasenpflegemittel erhalten, E-brief wird d. Hausarzt zugefaxt“). Um 15:00 Uhr erfolgte die Entlassung (Abholung durch Angehörige).
Während des stationären Aufenthaltes kam es zu keiner erneuten Nasenblutung. Der Hämoglobin(Hb)-Wert lag bei 15,5 g/dl.
Für die Behandlung des Versicherten stellte das Krankenhaus der Beklagten unter Zugrundelegung der Diagnosis Related Group (DRG) D62Z (Blutung aus Nase und Rachen oder Otitis media oder Infektionen der oberen Atemwege, Alter > 2 Jahre) einen Betrag von 792,40 Euro in Rechnung (Rechnung vom 6. Juli 2017). Die Beklagte beglich die Rechnung. Sodann beauftragte sie den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) Westfalen-Lippe mit der Durchführung einer Krankenhausfallprüfung. Der Prüfauftrag ging am 13. Juli 2017 bei dem MDK ein (Angabe in der Prüfanzeige vom 13. Juli 2017) und benannte folgenden Prüfungsgegenstand:
„Bestand die medizinische Notwendigkeit der Aufnahme in ein Krankenhaus (Prüfgegenstand primäre Fehlbelegung). Hätte die Aufnahme ambulant erfolgen können?“
Der MDK forderte das Krankenhaus auf, „sämtliche Behandlungsunterlagen“ zu übersenden, „die geeignet sind, die Fragestellung der Krankenkasse bezogen auf den Prüfgegenstand vollumfänglich zu beantworten bzw. die zur Beurteilung von Voraussetzungen, Art und Umfang der Leistung sowie zur Prüfung der ordnungsgemäßen Abrechnung benötigt werden“ (Prüfanzeige vom 13. Juli 2017).
Die Beklagte übersandte dem MDK bereits am 12. Juli 2017 eine Übersicht, aus der sich Zeiten der Arbeitsunfähigkeit des Versicherten sowie diesem gegenüber erbrachte Leistungen ergaben.
In seinem Gutachten vom 24. Oktober 2017 (Frau L.) kam der MDK zu dem Ergebnis, dass eine stationäre Krankenhausbehandlung nicht erforderlich gewesen sei. Der Hb-Wert habe bei 15,5 g/dl gelegen. Von einer weiteren Hb-relevanten Blutung sei nicht auszugehen gewesen und eine stationäre Aufnahme nicht plausibel nachvollziehbar.
Nach Erhalt des Gutachtens nahm das Krankenhaus gegenüber der Beklagten Stellung (Schreiben vom 6. November 2017). Nach Auffassung des Oberarztes sei eine stationäre Überwachung für 24 Stunden angezeigt, wenn sich ein Patient notfallmäßig mit einer akuten Epistaxis vorstelle, die sich bei Spiegeluntersuchung bestätige. Dies gelte besonders, wenn zuvor eine Reduktion der unteren Nasenmuscheln stattgefunden habe. Die Höhe des Hb-Wertes sei kein Alleinstellungsmerkmal für die stationäre Aufnahme. Aufgrund der sehr gut durchbluteten Schleimhaut der Nasenmuscheln bestehe ein nicht zu vernachlässigendes Nachblutungsrisiko. Es könne etwa durch Krustenablösung zu einem sturzartigen Nasenbluten kommen. Dann bestehe die Gefahr eines Blutkoagels und der Ablösung und Verlegung der oberen Atemwege.
Aufgrund der Stellungnahme des Krankenhauses holte die Beklagte eine weitere Stellungnahme des MDK ein, dem sie eine aktualisierte Übersicht über die dem Versicherten gegenüber erbrachten Leistungen übersandte.
Mit Gutachten vom 4. Dezember 2018 (Z.) hielt der MDK an seiner Auffassung fest. Die Epistaxis links sei durch die Einlage von Spitztupfern gestoppt worden. Eine chirurgische Intervention sei nicht erfolgt, auch keine Tamponade. Die Intensität der Blutung sei daher fachärztlich sehr gut einschätzbar gewesen. Die Therapie/Stoppung der Epistaxis sei grundsätzlich ambulant durchführbar. Die G-AEP-Kriterien, die grundsätzlich heranzuziehen seien, seien nicht einschlägig. Es sei nicht erkennbar, dass eine Verlaufsbeobachtung erforderlich gewesen sei. Es hätte eine taggleiche Entlassung erfolgen können. Auch die Medikation stehe einer ambulanten Behandlung nicht entgegen, es hätte eine orale Antibiose erfolgen können. Zudem sei eine engmaschige postoperative Überwachung und Nachsorge unter ärztlicher Supervision nicht erkennbar.
Die Beklagte forderte die Klägerin mit Schreiben vom 7. Dezember 2018 auf, die Abrechnung zu korrigieren. Mit Schreiben vom 23. Januar 2019 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie die "Forderung in Höhe von 792,40 Euro wie angekündigt aufgerechnet" habe, und zwar mit dem "Fall N01 unter der Rechnungsnummer N02".
Die Klägerin hat am 12. August 2019 Klage zum Sozialgericht (SG) Detmold erhoben. Sie hat geltend gemacht, dass die stationäre Behandlung des Versicherten aus ex-ante-Sicht über die gesamte Verweildauer erforderlich gewesen sei. Die Beklagte habe keinen Erstattungsanspruch hinsichtlich des von ihr beglichenen Rechnungsbetrages, weshalb sie nicht gegen den unstreitigen Behandlungsfall habe aufrechnen können.
Da die Beklagte nach ihren Ausführungen im Gerichtsverfahren auch bei einer alternativen Behandlung der Epistaxis durch Kauterisation oder Hämostatika von einer Überwachung von 24 Stunden bei Entlassung am nächsten Tag ausgehe, habe sie den Anspruch anzuerkennen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 812,40 Euro nebst 2 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24. Januar 2019 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat geltend gemacht, dass ein konkretes Risiko für den Versicherten infolge des Nasenblutens nicht ersichtlich gewesen sei. Die von der Klägerin angeführte Überwachung habe im Übrigen keine Gewähr dafür geboten, dass es zu keiner weiteren Blutung komme. Eine Nachblutung habe auch nach Entlassung auftreten können. Im Übrigen könne eine Epistaxis, bei der es sich um häufiges Phänomen handele, auf verschiedene Art und Weise gestoppt werden (Schriftsatz vom 27. August 2020). Die Nasentamponade (die im Mittel 21 Stunden getragen werden müsse) werde als unangenehm empfunden, weshalb alternativ die Kauterisation (mit sofortiger Wirkung) und die Gabe von Hämostatika in Betracht komme. Allerdings führe auch die Blutstillung mittels Nasentamponade nach der Leitlinie nicht zu einer stationären Aufnahme, es sei denn, ein Verrutschen der Tamponade sei wahrscheinlich. Da sich diese von außen fixieren lasse, sei das Risiko gering; im Übrigen komme stets die Kauterisation in Betracht. Die Ärzte des Krankenhauses hätten den Erfolg der Kauterisation bzw. des Einsatzes von Hämostatika innerhalb von 24 Stunden überwachen können, so dass eine Entlassung am ersten Tag nach der Aufnahme möglich gewesen sei.
Die Beklagte hat ein Gutachten des MDK vom 23. Oktober 2020 (R.) zur Akte gereicht und sich die Auffassung des MDK zu eigen gemacht. Der MDK hat ausgeführt: Der im Normbereich liegende Hb-Wert spreche dafür, dass der Versicherte vor der Aufnahme nicht wesentlich geblutet habe. Es sei nachvollziehbar, dass die Blutung im Zusammenhang mit der stattgehabten Operation gestanden habe. Auch könne eine Gefahr von Nachblutungen grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden. Bei dem Versicherten habe aber kein Hinweis für drohende Blutungen bestanden. Der Eingriff habe vier Wochen zurückgelegen und in der Woche zuvor seien keine erheblichen Blutungen aufgetreten. Das Auftreten der Krusten spreche eher für ein nicht adäquates Verhalten des Versicherten (falsches Schnäuzen u.a.). Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die identifizierte Blutungsquelle nicht gezielt behandelt worden sei. Es seien nur schleimhautpflegende Maßnahmen eingeleitet worden. Bei sachgerechter Aufklärung wäre eine weitere ambulante Behandlung ausreichend gewesen. Die Leukozytose habe mittels eines oralen Antibiotikums behandelt werden können.
Sodann hat das SG Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens von Amts wegen. N. (HNO-Arzt) hat sein Gutachten am 27. März 2021 erstattet. Er hat dem Gericht Folgendes mitgeteilt:
Die stationäre Behandlung sei medizinisch indiziert gewesen aus folgenden Gründen:
- Rezividierendes Nasenbluten über eine längere Zeit
- Z. n. Revisionsoperation der Nasenmuschel extern
- Keine Informationen des Krankenhauses über den Vorzustand
- Patient sei nicht an der W. operiert worden
- Infekt in der Nase (Leukozytose, deutliche Krustenbildung)
- Kreislaufinstabilität, Kollaps, bereits vorgenommene Langzeit-RR-Messung über den Hausarzt
- Risiko einer weiteren, ggfls. erheblichen Nachblutung
Eine ambulante oder teilstationäre Behandlung sei deswegen nicht zielführend gewesen. Aufgrund der Notwendigkeit der stationären Überwachung und Therapie habe eine frühere Entlassung nicht erfolgen können. Der MDK berücksichtige nicht die medizinische Gesamtsituation.
Während sich die Klägerin durch das Gutachten bestätigt gesehen hat (Schriftsatz vom 6. Mai 2021) ist die Beklagte dem entgegengetreten (Schriftsatz vom 3. Mai 2021): Der Sachverständige erläutere nicht, weshalb er von einem erheblichen Nachblutungsrisiko ausgehe. Auch sei nicht belegt, dass eine wesentliche rezidivierende Blutung seit einer Woche bestanden habe. Der Hb-Wert habe im Normalbereich gelegen. Angaben zu stattgehabten Blutungen fehlten. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb keine gezielte Behandlung der Blutungsquelle erfolgt sei. Es seien abschwellende und schleimhautpflegende Maßnahmen für ausreichend erachtet worden. Weshalb hierfür die Mittel eines Krankenhauses erforderlich gewesen seien, erschließe sich nicht.
In der daraufhin eingeholten ergänzenden Stellungnahme vom 29. September 2021 ist der Sachverständige bei seiner Auffassung verblieben: Die Abschätzung einer weiter möglichen Nachblutung obliege dem behandelnden Arzt. Dies sei hier von der Krankenhausseite im Rahmen der Notfallversorgung geschehen. Das Ausmaß einer Nachblutung könne nicht im Detail vorhergesehen werden. Aufgrund der anatomischen Region - gut durchbluteter Schwellkörper der Nasenmuscheln - könne aber eine erhebliche Nachblutung auftreten.
Die Beklagte hat daraufhin geltend gemacht (Schriftsatz vom 22. November 2021), dass weiterhin nicht erläutert werde, worauf das erhebliche Nachblutungsrisiko gestützt werde. Ein bloß abstraktes Risiko reiche nicht aus.
Der Sachverständige hat an seiner Auffassung festgehalten (ergänzende Stellungnahme vom 17. Dezember 2021): Aus der Fachliteratur ergebe sich, dass eine stationäre Aufnahme in jedem Falle erfolgen solle, wenn die Blutungsquelle nicht sicher identifiziert werden könne.
Das SG hat der Klage mit Urteil vom 22. Dezember 2022 hinsichtlich eines Betrages von 20 Euro stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Auf die Gründe wird Bezug genommen.
Gegen das ihr am 15. Februar 2023 zugestellte Urteil richtet sich die am 15. Februar 2023 bei dem Landessozialgericht (LSG) eingelegte Berufung der Klägerin. Mit dieser wiederholt und vertieft sie ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 22. Dezember 2022 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 792,40 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von zwei Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 24. Januar 2019 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Der Sachverständige hat sein Gutachten in der mündlichen Verhandlung des Senats vom 7. Februar 2024 erläutert. Er hat im Wesentlichen ausgeführt: Aus der Dokumentation ergebe sich eine Identifizierung der Blutungsquelle (untere Nasenmuschel links). Die Blutungsquelle habe gestillt werden können. Die Blutdruckwerte hätten im Normalbereich gelegen. Dass der Versicherte mit einem 24-Stunden-Blutdruckmessgerät erschienen sei, habe aber Untersuchungsbedarf erkennen lassen; vor dem Hintergrund familiärer Vorerkrankungen eher im Sinne einer hypertensiven Situation. Der Versicherte werde in der Gesamtheit einen schlechten Eindruck gemacht haben. Dafür spreche, dass er bereits in der Notfallaufnahme kollabiert sei. Mangels Anhaltspunkten für eine schwere Herzerkrankung seien Untersuchungen in dieser Richtung (Kreislauf) zunächst nicht veranlasst gewesen, jedoch sei auf das 24-Stunden-Blutdruckmessgerät hinzuweisen. Zudem dürften die Ärzte bei der weiteren Untersuchung festgestellt haben, dass der Versicherte eine Operation hinter sich gehabt habe, die immer wieder zu Nachblutungen geführt habe. Auch hätten die Laborparameter (Leukozytose) für einen Naseninfekt gesprochen. Hinsichtlich des Risikos einer weiteren starken Nachblutung gelte, dass dieses um so geringer sei, je weiter die Operation in der Vergangenheit liege. Allerdings sei die Operation (Conchotomie) in einem gut durchbluteten Gebiet (untere Nasenmuschel) erfolgt. Die Wundfläche sei groß, ein Infekt könne die Wundheilung verzögern. Löse sich eine Verschorfung, könne es zu einer größeren Nachblutung kommen. Sofern eine schwere Nachblutung zuhause auftrete, sollte regelmäßig der Notarzt gerufen werden, auch wenn dessen Handlungsmöglichkeiten beschränkt seien. Aufgrund des Umstandes, dass die Blutgefäße in der Nase nicht so dick seien, käme es aber nicht zu einer sofort lebensbedrohlichen Nachblutung. Sofern eine Blutungsquelle nicht festzustellen sei, sei die Vorbeugung einer weiteren starken Nachblutung erschwert, da nicht koaguliert werden könne. Die alternative Möglichkeit einer Tamponade sei für Patienten sehr unangenehm. Hinsichtlich der intravenösen Antibiotikagabe sei diese durch die Leukozytose veranlasst gewesen. Infolge der klinischen Infektzeichen der Nase sei eine orale Verabreichung wegen des Risikos des Erbrechens nicht sachgerecht gewesen. Das Risiko eines Erbrechens sei zum einen durch den Kollaps bedingt, zum anderen durch Nachblutungen selbst, bei denen Blut verschluckt werde. Die Dosen hätten dem Üblichen entsprochen. Eine ambulante Verabreichung sei theoretisch denkbar, praktisch dürfte es schwierig sein, nachts dafür einen niedergelassenen Arzt in Ostwestfalen zu finden. Da die vorherige Operation in einem anderen Krankenhaus durchgeführt worden sei, habe das Krankenhaus der Klägerin zwar die aktuelle Situation sehen können, habe aber keine Vorkenntnisse für eine genaue Einschätzung gehabt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die in der mündlichen Verhandlung vorgelegen hat.
Entscheidungsgründe:
A. Die Anträge im Berufungsverfahren sind wirksam im Rahmen einer mündlichen Verhandlung gestellt worden. Soweit der Klägerbevollmächtigte und die Vertreterin der Beklagten nicht persönlich im Gerichtssaal anwesend gewesen sind, sondern von dem Kanzlei- bzw. Behördensitz aus per Video- und Tonübertragung an der Verhandlung teilgenommen haben, war dies gemäß § 110a Sozialgerichtsgesetz (SGG) aufgrund des gerichtlichen Beschlusses vom 1. Februar 2024 zulässig.
B. Die am 15. Februar 2023 schriftlich eingelegte Berufung der Klägerin gegen das ihr am selben Tage zugestellte Urteil des SG Detmold vom 22. Dezember 2022 ist zulässig, insbesondere ohne Zulassung statthaft (§§ 143, 144 SGG) sowie form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 151 Abs. 1, Abs. 3, § 64 Abs. 1, Abs. 2, § 63 SGG).
C. Die Berufung der Klägerin ist indes unbegründet. Das SG hat die Klage hinsichtlich eines Zahlungsanspruchs von 792,40 Euro zu Recht abgewiesen, denn die darauf gerichtete zulässige Klage ist nicht begründet.
I. Die Klage ist zulässig. Die von der Klägerin erhobene (echte) Leistungsklage ist in dem hier zwischen den Beteiligten bestehenden Gleichordnungsverhältnis statthaft (vgl. für die Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs BSG, Urteil vom 16. Juli 2020 - B 1 KR 15/19 R - BSGE 130, 299 ff., Rn. 7). Aus diesem Grund kam vorliegend eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht, weshalb kein Vorverfahren durchzuführen und eine Klagefrist nicht zu beachten war (vgl. insoweit für die Geltendmachung von Vergütungsansprüchen des Krankenhauses die ständige Rechtsprechung des BSG, Urteil vom 27. Oktober 2020 - B 1 KR 12/20 R - SozR 4-5562 § 9 Nr. 18; Urteil vom 30. Juni 2009 - B 1 KR 24/08 R – BSGE 104, 15 ff., Rn. 12 m.w.N.). Der Zahlungsanspruch und der geltend gemachte Zinsanspruch sind von der Klägerin konkret beziffert worden. Für letzteres reicht die Bezugnahme auf den Basiszinssatz (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 4. Juni 2021 - L 26 KR 46/20 – juris, Rn. 26 m.w.N.).
II. Die Klage ist unbegründet.
1. Streitgegenstand in der Hauptsache ist der sich nach der Verrechnung ergebende offene Vergütungsanspruch aus zwischen den Beteiligten nicht umstrittenen Behandlungsfällen (hierzu BSG, Urteil vom 23. Juni 2015 - B 1 KR 13/14 R - SozR 4-5560 § 17b Nr. 6, Rn. 8 m.w.N.). Dieses bringt die Klägerin mit der Klageschrift zum Ausdruck, in der sie ausgeführt hat, dass "die Beklagte nach zunächst vollständigem Rechnungsausgleich eine Aufrechnung mit weiteren unstreitigen Forderungen der Klägerin" vorgenommen habe, weshalb „noch ein Betrag in Höhe der klagegegenständlichen Forderung zur Zahlung offen“ stehe. Daraus wird deutlich, dass der aus unstreitigen Behandlungsfällen erwachsene Vergütungsanspruch der Klägerin nach ihrer Auffassung nicht wirksam durch Aufrechnung mit einem geltend gemachten Erstattungsanspruch der Beklagten aus dem Behandlungsfall der Versicherten erloschen ist.
2. Der Vergütungsanspruch aus den unstreitigen Behandlungsfällen ist jedoch durch wirksame Aufrechnung der Beklagten erloschen.
a) Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 der Prüfverfahrensvereinbarung (PrüfvV) 2016 vom 3. Februar 2016 kann die Krankenkasse einen nach Beendigung des Vorverfahrens einvernehmlich als bestehend festgestellten oder nach § 8 PrüfvV 2016 mitgeteilten Erstattungsanspruch mit einem unstreitigen Leistungsanspruch des Krankenhauses aufrechnen. Dabei sind der Leistungsanspruch und der Erstattungsanspruch genau zu benennen (Satz 2).
aa) Die PrüfvV 2016 findet auf den vorliegenden Fall in zeitlicher Hinsicht Anwendung, weil der Krankenhausaufnahme am 28. September 2017 und damit ab dem 1. Januar 2017 erfolgt ist (§ 13 Abs. 1 PrüfvV 2016). Sie ist auch sachlich anwendbar, denn Gegenstand der Prüfung ist eine Wirtschaftlichkeitsprüfung (Erforderlichkeit der Krankenhausbehandlung).
bb) Die Beklagte hat ihren Erstattungsanspruch nach § 8 PrüfvV mitgeteilt. Gemäß § 8 Satz 1 PrüfvV hat die Krankenkasse dem Krankenhaus ihre abschließende Entscheidung zur Wirtschaftlichkeit der Leistung oder zur Korrektur der Abrechnung und den daraus folgenden Erstattungsanspruch mitzuteilen. Wenn die Leistung nicht in vollem Umfange wirtschaftlich oder die Abrechnung nicht korrekt war, sind dem Krankenhaus die wesentlichen Gründe darzulegen (Satz 2). Die Mitteilungen nach Satz 1 und 2 haben innerhalb von 11 Monaten nach Übermittlung der Prüfanzeige nach § 6 Abs. 3 zu erfolgen (Satz 3).
Die Beklagte hat der Klägerin ihre abschließende Entscheidung zur Korrektur der Abrechnung, den daraus folgenden Erstattungsanspruch und die dafür wesentlichen Gründe innerhalb der Frist von 11 Monaten nach Übermittlung der Prüfanzeige mitgeteilt (der MDK wurde am 13. Juli 2017 beauftragt, das Prüfergebnis lag am 24. Oktober 2017 vor und wurde an die Klägerin übermittelt).
cc) Die Beklagte hat auch den Leistungsanspruch (unstreitige Vergütungsforderung) sowie den Erstattungsanspruch (Erstattungsanspruch des Versicherten) genau bezeichnet. Im Schreiben vom 23. Januar 2019 hat sie mitgeteilt, dass der Erstattungsanspruch aus dem Behandlungsfall des Versicherten gegen eine konkret mittels Fall- und Rechnungsnummer bezeichnete andere Forderung aufgerechnet werde. Es bleibt deshalb kein Zweifel an der Höhe und Identität der zur Aufrechnung gestellten Erstattungsforderung (vgl. dazu BSG, Urteil vom 30. Juli 2019 – B 1 KR 31/18 R – BSGE 129, 1 ff., Rn. 19).
dd) Aufgrund der Anwendbarkeit der PrüfvV 2016 kommt das landesvertragliche Aufrechnungsverbot (§ 15 Abs. 1 Satz 4 LV NRW) nicht zur Anwendung. Die auf den §§ 275 bis 283 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) beruhende PrüfvV 2016 geht insoweit als jüngere und bundeseinheitliche Regelung den landesvertraglichen Bestimmungen nach § 112 Abs. 2 Nr. 2 SGB V vor; eine entsprechende Regelung trifft § 12 PrüfvV 2016 (vgl. für die PrüfvV 2014: Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 3. Dezember 2020 – L 16 KR 505/17 – juris, Rn. 30).
b) Die Beklagte hatte einen Erstattungsanspruch in Höhe der noch streitigen Klageforderung gegen die Klägerin, sei es nach allgemeinen Grundsätzen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruches oder nach § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V i.V.m. §§ 812 ff. BGB, denn sie hat 792,40 Euro für die Krankenhausbehandlung des Versicherten ohne Rechtsgrund bezahlt (vgl. BSG, Urteil vom 7. März 2023 – B 1 KR 3/22 R – BSGE 135, 286 ff., Rn. 13 m.w.N.)
aa) Als Rechtsgrund des von der Klägerin wegen der stationären Behandlung des Versicherten geltend gemachten Vergütungsanspruchs kommt nur § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i.V.m. § 7 Krankenhausentgeltgesetz und § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz in Betracht (BSG, Urteil vom 8. November 2011 – B 1 KR 8/11 R – BSGE 109, 236 ff., Rn. 13, 15f.; Urteil vom 19. März 2020 – B 1 KR 20/19 R – BSGE 130, 73 ff., Rn. 11). Das Gesetz regelt in diesen Vorschriften die Höhe der Vergütung der zugelassenen Krankenhäuser bei stationärer Behandlung gesetzlich Krankenversicherter und setzt das Bestehen des Vergütungsanspruchs als Gegenleistung für die Erfüllung der Pflicht, erforderliche Krankenhausbehandlung nach § 39 SGB V zu gewähren (§ 109 Abs. 4 Satz 2 SGB V), dem Grunde nach als Selbstverständlichkeit voraus (BSG, Urteil vom 16. Juli 2020 – B 1 KR 22/19 R – SozR 4-5562 § 9 Nr. 17, Rn. 8).
Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre Behandlung nach § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Damit ist die vollstationäre Krankenhausbehandlung nachrangig gegenüber allen anderen Arten der Krankenbehandlung. Der Nachrang der vollstationären Behandlung trägt deren Bedeutung als medizinisch intensivster und aufwendigster Form der Krankenbehandlung Rechnung und stellt eine besondere Ausprägung des Wirtschaftlichkeitsgebots dar (BSG, Urteil vom 13. Dezember 2016 – B 1 KR 1/16 R – BSGE 122, 170 ff., Rn. 27; BSG, Urteil vom 26. April 2022 – B 1 KR 5/21 R – SozR 4-2500 § 39 Nr. 34, Rn. 12 m.w.N.).
Ob einem Versicherten (voll-)stationäre Krankenhausbehandlung zu gewähren ist, richtet sich allein nach den medizinischen Erfordernissen. Ermöglicht es der Gesundheitszustand des Versicherten, das Behandlungsziel durch andere Maßnahmen, insbesondere durch ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege, zu erreichen, besteht kein Anspruch auf stationäre Behandlung (vgl. BSG, Beschluss vom 25. September 2007 – GS 1/06 – BSGE 99, 111 ff., Rn. 15).
Ob eine stationäre Krankenhausbehandlung aus medizinischen Gründen notwendig ist, hat das Gericht im Streitfall grundsätzlich uneingeschränkt zu überprüfen. Es hat jedoch von dem im Behandlungszeitpunkt verfügbaren Wissens- und Kenntnisstand des verantwortlichen Krankenhausarztes auszugehen, wenn die Krankenkasse im Nachhinein beanstandet, die stationäre Behandlung des Patienten sei nicht gerechtfertigt gewesen. Dabei hat das Gericht die Berechtigung der Krankenhausbehandlung nicht rückschauend aus der späteren Sicht des Gutachters zu beurteilen, sondern zu prüfen, ob sich die stationäre Aufnahme oder Weiterbehandlung bei Zugrundelegung der für den Krankenhausarzt nach den Regeln der ärztlichen Kunst im Behandlungszeitpunkt verfügbaren Kenntnisse und Informationen zu Recht als medizinisch notwendig dargestellt hat (vgl. BSG, Beschluss vom 25. September 2007 – GS 1/06 – a.a.O., Rn. 27, 33). Eine Bindung an die Beurteilung des zuständigen Krankenhausarztes besteht dabei nicht; auch ist keine Herabsenkung der Kontrolldichte angezeigt, wenn der Krankenhausarzt die Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung bejaht und seine Einschätzung fachlich vertretbar ist, denn seiner Entscheidung liegt kein Beurteilungsspielraum oder eine Einschätzungsprärogative zugrunde (vgl. BSG, Beschluss vom 25. September 2007 – GS 1/06 – a.a.O., Rn. 28, 29).
bb) Die Sachverhaltsermittlung des Gerichts ist vorliegend nicht eingeschränkt aufgrund einer verspätet angezeigten Fallprüfung. Gemäß § 275 Abs. 1c Satz 1 SGB V in der hier anzuwendenden Fassung ab dem 1. Januar 2017 ist bei Krankenhausbehandlung nach § 39 eine Prüfung nach § 275 Absatz 1 Nr. 1 SGB V zeitnah durchzuführen. In § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V wird bestimmt, dass die Prüfung nach Satz 1 spätestens sechs Wochen nach Eingang der Abrechnung bei der Krankenkasse einzuleiten und durch den MDK dem Krankenhaus anzuzeigen ist.
Es ist davon auszugehen, dass die vom 13. Juli 2017 datierende Prüfanzeige in der Frist des § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V (sechs Wochen nach Rechnung vom 6. Juli 2017) bei der Klägerin eingegangen ist. Anderes ist von Seiten der Klägerin auch nicht vorgetragen worden.
cc) Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und Auswertung der vorliegenden Unterlagen kann nicht zur vollen Überzeugung des Senats – d.h. jenseits gewichtiger Zweifel – festgestellt werden, dass der stationäre Aufenthalt durch medizinische Erfordernisse gerechtfertigt gewesen ist. Dies geht zulasten des klagenden Krankenhauses. Die Klägerin trifft das Risiko der Nichterweislichkeit der Erfüllung der tatsächlichen Voraussetzungen eines höheren Vergütungsanspruchs (BSG, Urteil vom 14. Oktober 2014 – B 1 KR 34/13 R – SozR 4-2500 § 301 Nr. 5, Rn. 19).
(1) Die Notwendigkeit stationärer Behandlung ergibt sich hier nicht bereits aus dem Vorliegen eines der G-AEP-Kriterien der Anlage 2 zum AOP-Vertrag. Wie das SG zutreffend ausgeführt hat, kommt hier allenfalls und einzig das Kriterium B1 aus der Gruppe "Intensität der Behandlung" in Betracht. Unabhängig von der Frage des Vorliegens einer "kontinuierlichen bzw. intermittierenden intravenösen Medikation und/oder Infusion" ist jedoch ein Zusatzkriterium aus der Gruppe A (Schwere der Erkrankung") erforderlich, woran es mangelt.
(2) Auch erforderte die Behandlung nicht die besonderen Mittel des Krankenhauses.
Als besondere Mittel des Krankenhauses hat die Rechtsprechung des BSG eine apparative Mindestausstattung, geschultes Pflegepersonal und einen jederzeit präsenten oder rufbereiten Arzt herausgestellt. Dabei fordert sie für die Notwendigkeit einer Krankenhausbehandlung weder den Einsatz aller dieser Mittel noch sieht sie ihn stets als ausreichend an. Es ist vielmehr eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen, bei der den mit Aussicht auf Erfolg angestrebten Behandlungszielen und den vorhandenen Möglichkeiten einer vorrangigen ambulanten Behandlung entscheidende Bedeutung zukommt (vgl. nur BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 – B 1 KN 3/08 KR R – BSGE 102, 181 ff., Rn. 18 m.w.N.). Es lässt sich nicht feststellen, dass die Behandlung des Versicherten den Einsatz der besonderen Mittel des Krankenhauses in diesem Sinne erfordert hat. Eine solche Notwendigkeit kann der Senat nicht mit dem für volle richterliche Überzeugung erforderlichen Grad der Gewissheit, d.h. jenseits gewichtiger Zweifel, feststellen.
Der Senat folgt insoweit den Gutachten des MDK vom 23. Oktober 2020 (R.) und 4. Dezember 2018 (Z.), die er im Wege des Urkundsbeweises verwertet (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 415 ff. Zivilprozessordnung; vgl. BSG, Beschluss vom 30. März 2017 – B 2 U 181/16 B – juris, Rn. 9), was zulässig ist, wenn das Gutachten in Form und Inhalt den Mindestanforderungen entspricht, die an ein wissenschaftlich begründetes Sachverständigengutachten zu stellen sind. Das ist hier der Fall. Die Gutachten stellen die Anknüpfungstatsachen klar und vollständig dar. Die aus ihnen gezogenen Schlussfolgerungen sind nachvollziehbar und widerspruchsfrei sowie unter Beachtung des maßgeblichen Rechtsrahmens begründet.
Danach ist davon auszugehen, dass die bei dem Versicherten bestehende Blutung suffizient durch Einlage medikamentengetränkter Spitztupfer in die linke Nasenhaupthöhle gestoppt werden konnte. Die Intensität der Blutung war dabei sehr gut fachärztlich einschätzbar. Folglich handelte es sich bei der Stillung der Blutung selbst um einen Eingriff, der ambulant durchgeführt werden konnte. Ein Erkrankungszustand oder Begleiterkrankungen, die eine stationäre Verlaufsbeobachtung erfordert oder weitergehend die besonderen Mittel des Krankenhauses begründet hätten, ist nicht ersichtlich. Ein Hypertonus war bei dem Versicherten nicht bekannt und auch durch die seitens des Hausarztes veranlasste 24h-Blutdruckmessung nicht belegt. Wesentliche Blutungen im Zeitraum zwischen Operation und Aufnahme im Krankenhaus der Klägerin sind nicht ersichtlich und angesichts des im Normbereich befindlichen Hb-Wertes auch nicht anzunehmen. Eine Gefahr größerer Nachblutungen, die eine stationäre Nachbeobachtung hätte erforderlich machen können, war somit und angesichts des zeitlichen Abstandes von vier Wochen zur Nasenmuschelresektion nicht zu erwarten. Nach angemessener Übergangszeit zur Beobachtung hätte der Versicherte vielmehr taggleich entlassen werden können. Insbesondere hätte auch die von den behandelnden Ärzten für erforderlich gehaltene Antibiose ambulant oral erfolgen können.
(3) Das zu einem gegenteiligen Ergebnis kommende Sachverständigengutachten von N. ist auch nach (nochmaliger) Vernehmung des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung durch den Senat nicht überzeugend.
(a) Wie der Sachverständige selbst auf ausdrückliche Nachfrage eingeräumt hat, war der eigentliche Grund, dessentwegen der Versicherte die Notaufnahme des Krankenhauses aufgesucht hatte, nämlich aktuelles leichtes Nasenbluten aus der Nasenmuschel links, bereits durch Einsatz eines Otriven-Spritztupfers zu beseitigen. Dabei konnte die Blutungsquelle sicher identifiziert und beherrscht werden.
(b) Soweit der Sachverständige auf eine bei dem Versicherten bestehende Kreislaufinstabilität verweist, die Krankenhausbehandlung notwendig gemacht habe, ist seine Argumentation nicht überzeugend. Wie er selbst ausgeführt hat, lagen die Blutdruckwerte des Versicherten durchgängig im Normbereich. Auch wenn der Versicherte bei Betreten des Krankenhauses auf Veranlassung seines Hausarztes mit einem Gerät zur ambulanten (!) 24-Stunden-Blutdruckmessung ausgestattet war, ist eine mögliche akute Kreislaufinstabilität als Grund hierfür nicht ersichtlich und anamnestisch seitens des Krankenhauses auch nicht festgehalten. Insbesondere bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass ein irgendwie gearteter Zusammenhang zu stattgehabten Nachblutungen bestand.
(c) Nichts anderes ergibt sich aus einer vermeintlichen Kollapsneigung. Zwar ist im Aufnahmebefund notiert, der Versicherte sei bei Aufnahme kollabiert. Aus dem weiteren Verlauf ergeben sich aus den Behandlungsunterlagen jedoch keine Anzeichen dafür, dass diesem Vorkommnis ärztlicherseits Bedeutung beigemessen worden ist, die einen stationären Krankenhausaufenthalt erforderlich gemacht hätte, nachdem die anschließenden Blutdruckmessungen sämtlich im Normbereich waren. Namentlich sind keine weitergehenden Untersuchungen veranlasst worden wie etwa das Schreiben eines EKG. Hierzu befragt hat der Sachverständige ausgeführt, es habe keine Anhaltspunkte für eine schwerere Herzerkrankung bestanden, und der Grund für das Kollabieren könne z.B. auch psychovegetativer Art gewesen sein. Untersuchungen in Bezug auf den Kreislauf seien daher nicht veranlasst gewesen. Folgt man dieser Beurteilung, ist jedoch umso weniger erkennbar, weshalb eine stationäre Beobachtung erforderlich gewesen sein sollte. Bezeichnenderweise findet der „Kollaps“ im Entlassungsbericht keinerlei Erwähnung, weder in Bezug auf das Untersuchungs- und Behandlungsgeschehen noch hinsichtlich möglichen weiteren Abklärungsbedarfs.
(d) Ebenso wenig überzeugt der Hinweis des Sachverständigen auf das Risiko weiterer Nachblutungen. Der Sachverständige hat insoweit selbst angegeben, mit zunehmendem zeitlichem Abstand zur Operation (im vorliegenden Fall vier Wochen) werde das Nachblutungsrisiko immer geringer. Anhaltspunkte dafür, dass der Versicherte zwischenzeitlich stärkere Nachblutungen gehabt haben könnte, sind – zumal angesichts des normalen Hb-Wertes – nicht ersichtlich, in der Patientendokumentation nicht festgehalten und vom Sachverständigen auch nicht dargelegt worden. Selbst wenn man eingedenk der bei dem Versicherten möglicherweise bestehenden Infektion ein etwas erhöhtes Nachblutungsrisiko annehmen sollte, hat der Sachverständige selbst eingeräumt, dass eine solche Nachblutung zunächst durch einen Notarzt und ggf. anschließend in einem Krankenhaus versorgt werden könnte, ohne dass es zu einer lebensgefährlichen Situation kommen könne. Inwiefern – zumal angesichts der im vorliegenden Fall geringen und schnell stillbaren Nachblutung, die den Anlass für das Aufsuchen des Krankenhauses bildete – sich aufgrund dessen die Notwendigkeit einer stationären Beobachtung begründen lassen sollte, hat der Sachverständige dem Senat nicht plausibel erläutern können.
(e) Gleiches gilt für die Begründung, die der Sachverständige für die vermeintliche Notwendigkeit einer – nur stationär möglichen – intravenösen Antibiose gegeben hat, nämlich das im Falle der oralen Einnahme bestehende Risiko des Erbrechens, das sich durch den Kollaps oder durch Nachblutungen ergeben habe. Es gibt in der Patientendokumentation keinerlei Hinweis auf eine wie auch immer geartete, im Zusammenhang mit dem angeblichen Kollaps oder der Nachblutung aufgetretene Übelkeit. Erst recht enthält die Dokumentation keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass dieser Aspekt ausschlaggebend für die stationäre Aufnahme gewesen sein könnte.
(f) Schließlich ist für den Senat nicht nachvollziehbar, wieso der Umstand, dass der Versicherte zuvor nicht im Krankenhaus der Klägerin operiert wurde, nunmehr eine stationäre Aufnahme rechtfertigen könnte. Wie der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, konnte das Krankenhaus der Klägerin „die aktuelle Situation“, d.h. den akuten Zustand des Versicherten, erkennen. Es ist nicht ersichtlich, welche anderweitigen Angaben für die Bewertung eines Nachblutungsrisikos erforderlich gewesen wären. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Blutungsquelle bekannt war.
(g) Angesichts der geschilderten Umstände führt auch die von dem Sachverständigen vorgenommene Gesamtschau nicht zur Rechtfertigung einer stationären Behandlung. Der gesundheitliche Zustand des Versicherten war innerhalb kurzer Zeit in jeglicher Hinsicht stabilisiert. Für eine intravenöse Antibiotikagabe ist eine medizinische Notwendigkeit weder ersichtlich noch dargelegt.
dd) Es kommt auch kein Vergütungsanspruch nach den Grundsätzen des fiktiven wirtschaftlichen Alternativverhaltens in Betracht. Hierzu müsste das Krankenhaus der Klägerin berechtigt gewesen sein, eine fiktive wirtschaftliche Leistung, hier die ambulante Erbringung der durchgeführten Behandlung, selbst zu erbringen und gegenüber der Beklagten abzurechnen. Der Vergütungsanspruch nach Maßgabe eines fiktiven wirtschaftlichen Alternativverhaltens darf nicht dazu führen, dass das Krankenhaus außerhalb seines Versorgungsauftrages tätig wird oder dass zwingende Vorgaben des Leistungserbringerrechts unterlaufen werden (BSG, Urteil vom 26. April 2022 - B 1 KR 5/21 R – a.a.O., Rn. 24). Insofern ist zu berücksichtigen, dass ambulante Leistungen im Rahmen der Notfallversorgung von den Krankenhäusern nicht gegenüber den Krankenkassen, sondern den Kassenärztlichen Vereinigungen abzurechnen sind (vgl. BSG, Urteil vom 11. September 2019 – B 6 KA 6/18 R – SozR 4-2500 § 76 Nr. 5, Rn. 15 m.w.N.). Schon deshalb scheidet eine Anwendung der zum 1. Januar 2020 neu gefassten Regelung des § 8 Abs. 3 KHEntgG (i.d.F. durch Art 4 Nr. 5 Buchst. a MDK-Reformgesetz vom 14. Dezember 2019, BGBl. I, 2789) zugunsten der Klägerin aus. Danach sind für den Fall, dass nach dem Ergebnis einer Prüfung nach § 275c Abs. 1 SGB V eine vollstationäre Behandlungsbedürftigkeit nicht vorgelegen hat, die vom Krankenhaus erbrachten Leistungen nach den für vorstationäre Behandlungen nach § 115a SGB V getroffenen Vereinbarungen nur dann zu vergüten, wenn keine andere Möglichkeit zur Abrechnung der erbrachten Leistung besteht. Abgesehen davon ist die Regelung auf den hier zu beurteilenden, im Jahr 2017 liegenden Behandlungsfall mangels Anordnung einer Rückwirkung noch nicht anwendbar.
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
D. Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.
E. Der Streitwert für das Berufungsverfahren folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz.