Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 21. März 2023 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 14.778,50 € festgesetzt.
Die weitere Beschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe:
Die Beschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg.
1. Die am 12. April 2023 gegen den ihr am 4. April 2023 zugestellten Beschluss des Sozialgerichts (SG) Köln vom 21. März 2023 schriftlich eingelegte Beschwerde der Klägerin ist zulässig; sie ist insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (§ 173 Sozialgerichtsgesetz <SGG>, vgl. Bundessozialgericht <BSG>, Beschluss vom 29. September 1994 – 3 BS 2/93 – juris) und im Übrigen gemäß § 17a Abs. 2, 4 Satz 1, 3 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) i.V.m. §§ 202, 172 SGG statthaft (BSG, Beschluss vom 5. Mai 2021 – B 6 SF 11/20 R – juris). § 98 Satz 2 SGG steht dem nicht entgegen. Danach sind Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 GVG unanfechtbar. Diese Vorschrift ist indes nicht bei der - vorliegend relevanten – Rechtswegverweisung nach § 17a Abs. 2 GVG anwendbar (Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Auflage, § 98 Rn. 3; Keller a.a.O., § 51 Rn. 54; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen <LSG NRW>, Beschluss vom 25. Juli 2019 – L 20 SO 60/19 B; LSG NRW, Beschluss vom 24. Februar 2022 – L 7 AS 1066/21 B – juris; Senat, Beschluss vom 24. Mai 2022 – L 11 KR 202/22 B KH – juris).
2. Die Beschwerde ist unbegründet, denn das SG war dazu berechtigt eine Verweisung an das sachlich und örtlich zuständige Landgericht Köln auszusprechen.
a) Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage die gesamtschuldnerische Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 73.892,48 € zzgl. Zinsen. Die Beklagten sind rechtskräftig wegen Betrugs in diversen Fällen verurteilt worden (Landgericht <LG> Köln, Urteil vom 8. Februar 2019 – 106 KLs 3/15; Bundesgerichtshof <BGH>, Beschluss vom 13. April 2021 – 2 StR 235/20). Zusammenfassend hat sich folgender Tatvorwurf bestätigt: Die hiesigen Beklagten zu 1) und 3) erlangten u.a. von der Klägerin Leistungen nach dem Gesetz über den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen für Entgeltfortzahlungen (AAG) und Krankengeldzahlungen nach dem Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Dafür meldeten sie Scheinpersonen bei mehreren Krankenkassen – u.a. der Klägerin – an und gaben den Krankenkassen gegenüber anschließend unter Vorlage entsprechender Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und Krankengeldzahlscheinen vor, dass die Personen arbeitsunfähig erkrankt seien. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen erlangten sie teilweise von dem Beklagten zu 2). Die Beklagten zu 1) und 3) beantragten und bezogen unter dem Deckmantel der Scheinarbeitgeber bzw. -arbeitnehmer aufgrund des bei den Krankenkassen jeweils erregten Irrtums sowohl Leistungen nach dem AAG als auch Krankengeld. Die entsprechend erbrachten Zahlungen fordert die Klägerin in dem vorliegenden Verfahren nunmehr zurück.
b) Für dieses Begehren ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet. Nach § 13 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) gehören vor die ordentlichen Gerichte die bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die Familiensachen und die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Zivilsachen) sowie die Strafsachen, für die nicht entweder die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichten begründet ist oder auf Grund von Vorschriften des Bundesrechts besondere Gerichte bestellt oder zugelassen sind.
Es fehlt an einer öffentlich-rechtlichen Streitigkeit. Ob eine Streitigkeit öffentlich-rechtlicher oder bürgerlich-rechtlicher Natur ist, richtet sich, wenn eine ausdrückliche Rechtswegzuweisung des Gesetzgebers fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird. Dieser Grundsatz bestimmt die Auslegung sowohl von § 13 GVG als auch von § 51 SGG. Diese Abgrenzung ist von der Sache her zu treffen. Ausgangspunkt für die Prüfung muss deshalb die Frage sein, welcher Art das Klagebegehren nach dem zugrundeliegenden Sachverhalt ist. Die bürgerlich-rechtliche Natur eines Klageanspruchs kann sich demgemäß nicht schon daraus ergeben, dass das prozessuale Begehren auf die zivilrechtlichen Anspruchsgrundlagen der unerlaubten Handlung gestützt wird. Auch wenn ein Anspruch mit bürgerlich-rechtlichen Gesichtspunkten begründet wird, kann es sich in Wahrheit um einen Anspruch aus öffentlich-rechtlichen Beziehungen handeln, für den der Zivilrechtsweg verschlossen ist. Deshalb ist entscheidend darauf abzustellen, ob der zur Klagebegründung vorgetragene Sachverhalt für die aus ihm hergeleitete Rechtsfolge von Rechtssätzen des Zivil- oder des Sozialrechts geprägt wird. Die in dieser Weise vorzunehmende Abgrenzung weist das Streitverhältnis in diejenige Verfahrensordnung, die ihm nach der gesetzgeberischen Wertung in der Sache am besten entspricht, und bewirkt zugleich, dass regelmäßig diejenigen Gerichte anzurufen sind, die durch ihre Sachkunde und Sachnähe zur Entscheidung über den in Frage stehenden Anspruch besonders geeignet sind (BGHZ 89, 250, 252; vgl. insgesamt: BSG, Beschluss vom 6. September 2007 – B 3 SF 1/07 R – SozR 4-1720 § 17a Nr. 3, SozR 4-1500 § 51 Nr. 3, SozR 4-1920 § 52 Nr. 8, Rn. 9 m. w. N.).
Gemessen hieran ist der dem Klagebegehren zugrundeliegende Sachverhalt nicht öffentlich-rechtlicher Natur.
Unabhängig von den Rechtsnormen, auf die eine Klage auf Rückzahlung erbrachter Vergütungsleistungen gestützt wird (dazu sogleich), gehört ein Rechtsstreit dann dem öffentlichen Recht an, wenn über die Rückabwicklung von Leistungen aus Rechtsverhältnissen gestritten wird, die dem öffentlichen Recht unterstellt sind. Auf Rückabwicklung gerichtete Ansprüche kehren die vermeintlichen Leistungsansprüche gleichsam um; dementsprechend teilen sie die Rechtsqualität des Anspruchs, den sie umkehren (BSG, Beschluss vom 6. September 2007 – a.a.O., Rn. 10 m.w.N.).
Die streitigen Zahlungen sind hier allerdings nicht im Rahmen öffentlich-rechtlicher Rechtsbeziehungen zwischen der Klägerin und den Beklagten erfolgt, die dem Sozialrecht zuzuordnen sind, weshalb das Begehren auf Rückabwicklung der Leistungsverhältnisse auch nicht den SGen zuzuweisen ist. Die Beklagten haben Arbeitsverhältnisse lediglich durch Strohmänner bzw. Scheinunternehmen vorgetäuscht. Sie haben u.a. bei der Klägerin als Einzugsstelle über nicht existierende Arbeitgeber erfundene Personen als Arbeitnehmer angemeldet. Für diese wurden Leistungen nach dem AAG und dem SGB V gezahlt, die die Klägerin an die angegebenen Scheinarbeitgeber aufgrund vorgetäuschter Ansprüche zahlte und die letztlich, ohne dass dies der Klägerin bekannt gewesen ist, den Beklagten zugeflossen sind.
Mithin fehlt es nicht nur an einer tatsächlich bestehenden Rechtsbeziehung zwischen der Klägerin und den Beklagten, die dem öffentlichen Recht zugeordnet wird und aus der heraus Leistungen rückabgewickelt werden (so demgegenüber im Fall des BSG, Beschluss vom 6. September 2007 – a.a.O.), sondern sogar an einer dem Schein nach bestehenden entsprechenden Rechtsbeziehung. Denn auch nach dem Vortrag der Klägerin haben sich die Beklagten zu 1) bis 3) ihr gegenüber nicht als Arbeitgeber ausgegeben und Ansprüche auf Leistungsgewährung geltend gemacht. Folgerichtig hat die Klägerin auch keine Leistungen direkt an diese ausgezahlt (so im Ergebnis auch bereits in Parallelfällen: LG Köln, Beschluss vom 18. März 2016 – 20 O 212/15; SG Köln, Beschluss vom 21. Juli 2022 – S 23 KR 720/22 WA; SG Koblenz, Beschluss vom 24.6.2022 – S 13 KR 1819/19).
c) Dem steht auch nicht entgegen, dass nach § 51 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 SGG die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) auch dann entscheiden, wenn die Streitigkeiten privatrechtliche Angelegenheiten der GKV betreffen.
Für die Eröffnung des Rechtswegs zu den SGen ist entscheidend, ob es sich um eine Streitigkeit in einer Angelegenheit der GKV handelt. Eine Streitigkeit in einer Angelegenheit der GKV liegt vor, wenn sie ihre materiell-rechtliche Grundlage im Recht der GKV hat (vgl. BSG, Beschluss vom 25. März 2021 – B 1 SF 1/20 R – juris, Rn. 9 m.w.N.). Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG entscheidet das Gericht des zulässigen Rechtswegs den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden Gesichtspunkten. Daraus folgt, dass der beschrittene Rechtsweg dann zulässig ist, wenn sich nicht offensichtlich, d.h. nach jeder rechtlichen Betrachtungsweise, ausschließen lässt, dass das Klagebegehren auf eine Anspruchsgrundlage gestützt werden kann, für die dieser Rechtsweg eröffnet ist. Dies darf allerdings nicht dazu führen, dass der Rechtsweg vollständig zur Disposition der Beteiligten steht. Anspruchsgrundlagen, die offensichtlich nicht gegeben sind bzw. erkennbar vom Rechtsuchenden nur mit dem Ziel geltend gemacht werden, einen bestimmten Rechtsweg beschreiten zu können, haben bei der Prüfung des Rechtswegs deshalb außer Betracht zu bleiben (vgl. z.B. BSG vom 25. Oktober 2017 – B 7 SF 1/16 R – juris, Rn. 8 f; BSG vom 29. September 1994 – 3 BS 2/93 – SozR 3-1500 § 51 Nr. 15, Rn. 13; BSG, Beschluss vom 25. März 2021 – a.a.O., Rn. 10 m.w.N.).
Zwar ist die Klägerin vorliegend in ihrer Eigenschaft als Krankenkasse und Einzugsstelle geschädigt worden, was im Grundsatz für eine Angelegenheit der GKV spricht. Sie macht allerdings im Wesentlichen gegenüber den Beklagten Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung geltend. Soweit sich die Klägerin hingegen als Anspruchsgrundlage auf § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AAG bezieht, greift dieser Anspruch erkennbar nicht durch. Danach hat die Krankenkasse Erstattungsbeträge vom Arbeitgeber zurückzufordern, soweit der Arbeitgeber schuldhaft falsche oder unvollständige Angaben gemacht hat. Vorliegend fehlt es bereits an einer Arbeitgebereigenschaft der Beklagten, wie sich schon aus dem Vortrag der Klägerin ergibt (vgl. auch BSG, Beschluss vom 25. März 2021 – a.a.O. Rn. 8: Ausnahme für „offensichtlich haltlose“ Ansprüche). Eine im Übrigen maßgeblich streitrelevante Norm, die dem Recht der GKV zugeordnet wird, ist nicht ersichtlich und wurde seitens der Klägerin auch nicht vorgetragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung. Im Verfahren über eine Rechtswegbeschwerde ist eine Kostenentscheidung grundsätzlich erforderlich (BSG, Beschluss vom 25. März 2021 - B 1 SF 1/20 R – juris; Senat, Beschluss vom 24. Mai 2022 – L 11 KR 202/22 B KH – juris, Rn. 5).
Die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 52 GKG (BSG, Beschluss vom 25. März 2021 - a.a.O.). Analog zur höchstrichterlichen Rechtsprechung im Rahmen der Vorabentscheidung über den Rechtsweg erscheint es dem Senat als angemessen, den Streitwert auf 1/5 des Hauptsachestreitwertes festzusetzen, mithin auf 14.778,50 € von 73.892,48 €.
Die Beschwerde war nicht gemäß § 202 SGG i.V.m. § 17a Abs.2, 4 Satz 1, 4, 5 GVG zuzulassen, weil Zulassungsgründe nicht ersichtlich sind.