Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 1. Dezember 2021 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Erhebung von Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung auf die an ihn ausgezahlte Kapitalleistung aus einer betrieblichen Altersversorgung.
Der 1953geborene Kläger vereinbarte mit seiner damaligen Arbeitgeberin, der E PUnterstützungs GmbH - der späteren M () Unterstützungsgesellschaft mbH - am 26. September 2002 eine Entgeltumwandlung. Hiernach sollte der Anspruch auf künftige Bezüge erstmals im Monat November des Vertragsjahres und nachfolgend sodann im November eines jeden Jahres laufend um einen Betrag herabgesetzt werden. Der Herabsetzungsbetrag betrug laut Vereinbarung 478,57 Euro bzw. nachfolgend 2% der jeweils geltenden Beitragsbemessungsgrenze der gesetzlichen Rentenversicherung.
Ausweislich des Leistungsnachweises der M Unterstützungsgesellschaft mbH vom 16. Januar 2015 wurden jährliche Versorgungsaufwände jeweils zum 1. Dezember eines jeden Jahres beginnend ab 2002 bis 2013 gezahlt.
Mit Eintritt in den Ruhestand zum 1. März 2016 wurde der Kläger aufgrund des Altersrentenbezugs pflichtversichertes Mitglied der Beklagten.
Der Kläger erhielt seit 1. März 2016 zudem eine Betriebsrente in Höhe von 460,87 Euro monatlich; die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge hierfür wurden seit dem 1. März 2016 direkt von der Zahlstelle M GmbH abgeführt.
Zum Fälligkeitszeitpunkt 31. Dezember 2018 wurde dem Kläger aus der betrieblichen Altersversorgung von der E eine Kapitalleistung in Höhe von einmalig 24.695,17 Euro ausgezahlt (Schreiben der E an die M Unterstützungsgesellschaft mbH vom 22. Oktober 2018).
Mit Bescheid vom 21. Januar 2019 setzte die Beklagte zu 1. auch im Namen der Beklagten zu 2. unter Bezug auf die ausgezahlte Kapitalleistung die Beiträge des Klägers für die Zeit ab 1. Januar 2019 bis längstens 31. Dezember 2028 unter Zugrundelegung von 1/120 der Kapitalleistung (monatlich 205,79 Euro) auf einen monatlichen Betrag in Höhe von insgesamt 37,77 Euro fest (Krankenversicherung 30,05 Euro, Zusatzbeitrag 1,44 Euro, Pflegeversicherung 6,28 Euro).
Der dagegen erhobenen Widerspruch des Klägers vom 25. Januar 2019, mit dem er darauf hinwies, dass die Beträge zur Entgeltumwandlung nur von seinem Entgelt ohne Beteiligung des Arbeitgebers erfolgt seien, wurde mit Widerspruchsbescheid vom 17. April 2019 zurückgewiesen. Die dem Kläger ausgezahlte Kapitalleistung stelle eine einmalige Leistung der betrieblichen Altersversorgung dar, weil ein Bezug zu seinem früheren Berufsleben gegeben sei. Diese Versicherungsleistung resultiere aus einer von seinem ehemaligen Arbeitgeber zu seinen Gunsten abgeschlossenen Direktversicherung. Für die Beitragspflicht sei insoweit unerheblich, dass er diese im Rahmen einer Engeltumwandlung angespart habe. Maßgeblich sei lediglich die zur Auszahlung gelangte Kapitalleistung und deren Status als betriebliche Altersvorsorge. Das Bundessozialgericht habe mit diversen Urteilen entschieden, dass eine Kapitalleistung aus einem Direktversicherungsvertrag als Versorgungsbezug beitragspflichtig sei, soweit der Arbeitgeber Versicherungsnehmer der Direktversicherung gewesen sei.
Hiergegen richtet sich die von dem Kläger am 20. Mai 2019 erhobene Klage, die das Sozialgericht Frankfurt (Oder) nach Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung mit Urteil vom 1. Dezember 2021 abgewiesen hat. Zur Begründung hat es ausgeführt, die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig. Soweit der Kläger geltend mache, dass die Beiträge nicht von ihm, sondern von der Zahlstelle zu zahlen seien, gelte dies nicht für Beiträge aus Kapitalleistungen wie hier. Während eines Zeitraums von zehn Jahren werde monatlich 1/120 der Auszahlung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge berücksichtigt. Zudem habe sich das Bundessozialgericht zu den wesentlichen im Verfahren aufgeworfenen Fragen, insbesondere auch mit den vom Klägerbevollmächtigten vorgetragenen verfassungsrechtlichen Bedenken bereits geäußert und diese nicht geteilt (BSG, Urteil vom 26. Februar 2019 - B 12 KR 17/18 R -). Das Bundessozialgericht habe sich auch mit der Ungleichbehandlung der betrieblichen Altersvorsorge gegenüber den beitragsrechtlich privilegierten Riesterrenten befasst und diese im Ergebnis als sachlich gerechtfertigt angesehen. Der Beitragspflicht stehe unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts und des Bundesverfassungsgerichts auch nicht entgegen, dass der Direktversicherungsvertrag des Klägers bereits vor dem Inkrafttreten des § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V zum 1. Januar 2004 abgeschlossen worden sei (BSG, Urteil vom 25. April 2007 – B 12 KR 25/05 R -; BVerfG, Beschluss vom 6. September 2010 – 1 BvR 739/08 -, Beschluss vom 7. April 2008 – 1 BvR 1924/07 -). Die Belastung auch von Einmalzahlungen mit dem vollen Beitragssatz seit 1. Januar 2004 beurteile sich nach den Grundsätzen über die unechte Rückwirkung von Gesetzen. Die Versicherten hätten, nachdem der Gesetzgeber bereits laufende Versorgungsbezüge in die Beitragspflicht einbezogen habe, nicht uneingeschränkt in den Fortbestand der zunächst beitragsrechtlich privilegierten Einmalzahlungen vertrauen dürfen. Auch im Übrigen sei die Verbeitragung von Kapitalleistungen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Schließlich lasse sich auch der von dem Kläger vorgetragenen Inkongruenz der Fälligkeit des Versorgungsbezugs mit dem Ende des Dienstverhältnisses kein für ihn günstigeres Ergebnis ableiten. Die von ihm zitierten Entscheidungen des Bundessozialgerichts (B 12 KR 2/15 R und B 12 KR 24/19 R) beträfen einen deutlich von dem des Klägers abweichenden Sachverhalt. Dort seien Leistungen aus einer Direktzusage mit Überbrückungsfunktion bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses und über den Renteneintritt hinaus gezahlt worden. In diesen Fällen habe das Bundessozialgericht entschieden, dass diese Leistungen spätestens ab Erreichen der Regelaltersgrenze als in der gesetzlichen Krankenversicherung beitragspflichtige Versorgungbezüge anzusehen seien. Eine Einschränkung dahingehend, dass Versorgungsbezüge, die erst nach Eintritt in das Rentenalter erstmals gezahlt würden, keine Beitragspflicht begründen, ergebe sich aus dem Gesetz nicht.
Mit seiner Berufung vom 20. Dezember 2021 hat der Kläger geltend gemacht, dass die Gründe der angegriffenen Entscheidung des Sozialgerichts wie andere sozialgerichtliche Entscheidungen in vergleichbaren Fällen unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts und des Bundesverfassungsgerichts pauschal auf die Verfassungsmäßigkeit verwiesen, ohne sich mit dem Einzelfall auseinanderzusetzen. Die gesetzlich vorgesehene zeitliche Beschränkung der Beitragserhebung im Zusammenhang mit der Umrechnung der Kapitaleinmalzahlung (120er-Regelung) sei zur langfristigen Finanzierung der GKV völlig ungeeignet. Das Sozialgericht habe unbeachtet gelassen, dass das Bundessozialgericht in seiner Entscheidung zum Az. B 12 KR 17/18 R (Rn. 20) die Einschätzung, dass für die Beitragspflicht kein wesentlicher Unterschied zwischen einer Einmalzahlung und einer laufenden Rente bestehe, nicht näher begründet habe. Auch sei der Einwand, dass die Zahlstelle die Beiträge einzufordern habe, nicht weiter verfolgt worden. Es sei zu prüfen, ob die verfassungsgerichtlichen Entscheidungen eine Klageabweisung wirklich tragen würden. Die Entscheidungen des Bundessozialgerichts (u.a. B 12 KR 1/19 R, B 12 KR 30/03 R, B 12 KR 17/18 R, B 12 KR 20/17 R, B 12 KR 12/15, B 12 KR 16/10 R) wiederum wiederholten die gefestigte Rechtsprechung zum Beitragsrecht der GKV und zu Zahlungen der Versorgungsträger in Renten- oder Kapitaleinmal-Zahlungsformen als Versorgungsbezüge im Sinne des SGB V. Aber keine der Entscheidungen des Bundessozialgerichts sage etwas über einen verfassungsrechtlich problematischen Vergleich von Kapitaleinmalzahlung und laufender Rente unter Berücksichtigung der Benachteiligung zukünftiger Generationen von Versicherten und der Ungeeignetheit der zeitlichen Beschränkung der Beitragspflicht nach § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V aus. Die Antworten des Gesetzgebers auf die Finanzlage der GKV durch die zunehmende Zahl an Rentnern werde mit der 120er-Regelung und dem Freibetrag nach § 226 SGB V unzureichend beantwortet. Die 120er-Regelung bedürfe außerdem einer besonderen Rechtfertigung. Es werde nicht verkannt, dass die Beitragserhebung zur GKV aus Versorgungsleistungen im Sinne des SGB V zur Finanzierung der GKV unerlässlich sei, aber die Bemessungsgrundlage müsse im Vergleich zu laufenden Renten verfassungsrechtlichen Prinzipien untergeordnet werden. Die Norm des § 226 Abs. 2 SGB V sei verfassungswidrig und systemwidrig. Spätestens mit Geltung des § 226 Abs. 2 SGB V n.F. habe die Beklagte eine Beratungspflicht im Hinblick auf die u.U. günstigere Regelung getroffen. Die Verletzung der Beratungspflicht führe zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch.
Auf gerichtliche Nachfrage hat die Beklagte zu 1. mitgeteilt, dass gegenüber dem Kläger nachfolgend ein Beitragsbescheid vom 19. Dezember 2020 ergangen sei. Mit diesem Bescheid ist der Zusatzbeitrag wegen Erhöhung des Zusatzbeitrags-Satzes um 0,5 Prozentpunkte auf 1,22 Prozent zum 1. Januar 2021 angehoben worden. Daraus folgt ein monatlicher Gesamtbeitrag in Höhe von 38,80 Euro. Aus dem Bescheid geht hervor, dass der Freibetrag in Höhe von 164,50 Euro von einem vom Kläger ebenfalls bezogenen Versorgungsbezug (Betriebsrente) in Höhe von monatlich 460,87 Euro abgezogen wird. Nach dem Bescheid werden die Beiträge aus diesem Versorgungsbezug weiterhin von der Zahlstelle M GmbH direkt an die Beklagten abgeführt und der Freibetrag seit dem 1. Januar 2020 von diesem Versorgungsbezug in Abzug gebracht.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 1. Dezember 2021 und den Bescheid der Beklagten vom 21. Januar 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. April 2019 in der Fassung des Bescheides vom 19. Dezember 2020 aufzuheben.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie halten die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vortrags der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakten und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und auch im Übrigen zulässige (vgl. § 151 Abs. 1 SGG) Berufung des Klägers ist unbegründet.
Der Senat konnte trotz Ausbleibens des Klägers und seines Prozessbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung – um deren Durchführung jener ausdrücklich gebeten hatte – verhandeln und entscheiden, da mit den ordnungsgemäß zugestellten Terminsmitteilungen auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (vgl. § 110 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens sind der Bescheid der Beklagten vom 21. Januar 2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. April 2019 in der Fassung des Beitragsbescheides vom 19. Dezember 2020 betreffend die Kapitalleistung der M GmbH, wobei das Klage- und Berufungsbegehren sowie das angefochtene Urteil des Sozialgerichts sachdienlich dahingehend auszulegen sind, dass sich der Kläger gegen sämtliche nach § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens gewordenen Beitragsbescheide, hier der Beitragsbescheid vom 19. Dezember 2020, wendet und sich das Urteil des Sozialgerichts auf die kraft Gesetzes Gegenstand des Gerichtsverfahrens gewordenen Beitragsbescheide erstreckt im Hinblick darauf, dass der Kläger die Rechtmäßigkeit der Verbeitragung der Kapitalleistung seit Beitragserhebung bestreitet und die Kammer die Klage unter Beachtung des entsprechend verstandenen Begehrens insgesamt abgewiesen hat.
Das Sozialgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung die zulässige Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) des Klägers abgewiesen, so dass hierauf zur Vermeidung von Wiederholungen nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen wird. Die im Klage- und Berufungsverfahren angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten.
Aus der Berufungsbegründung ergibt sich auch in Bezug auf den im Klageverfahren zum Gegenstand gewordenen Bescheid vom 19. Dezember 2020 nichts Abweichendes. Die Kapitalleistung aus der dem Kläger seitens der früheren Arbeitgeberin im September 2002 zugesagten betrieblichen Altersversorgung stellt einen betrieblichen Versorgungsbezug im Sinne von § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, Satz 3 Var. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V), bzw. hinsichtlich der sozialen Pflegeversicherung i.V.m. § 57 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch – Soziale Pflegeversicherung – [SGB XI]) in der seit 1. Januar 2004 geltenden Fassung vom 14. November 2003 (BGBl. I S. 2190 – GKV-Modernisierungsgesetz) dar. Die Beklagte zu 1. war berechtigt, im Namen der Beklagten zu 2. auch die Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung festzusetzen. Nach § 46 Abs. 2 Satz 4 SGB XI können Krankenkassen und Pflegekassen für Mitglieder, die ihre Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur sozialen Pflichtversicherung - wie hier - selbst zu zahlen haben, die Höhe der Beiträge in einem gemeinsamen Beitragsbescheid festsetzen. Der Umfang der Beitragspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung beurteilt sich nach dem Versichertenstatus in dem Zeitpunkt, für den Beiträge erhoben werden. Der Kläger ist auch im streitigen Zeitraum ab 1. Januar 2019 in der Krankenversicherung der Rentner versicherungspflichtig, § 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V. Bei versicherungspflichtigen Rentnern werden nach § 237 SGB V der Beitragsbemessung der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen und das Arbeitseinkommen zugrunde gelegt. § 226 Abs. 2 und die §§ 228, 229 und 231 SGB V gelten entsprechend.
Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers die Ausführungen des Sozialgerichts in Bezug auf das Vorliegen betrieblicher Altersversorgung bei zugleich bestätigter - eigener – Beitragsfinanzierung in Form der Entgeltumwandlung für nicht nachvollziehbar hält, ist dem nicht zu folgen. Die gegenständliche Kapitalisierung der betrieblichen Altersversorgung dient der Versorgung im Alter, also der Sicherung des Lebensstandards nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben. Dass diese Leistung als einmalige Kapitalleistung ausgezahlt worden ist, hat auf die Einordnung als beitragspflichtige Leistung der betrieblichen Altersversorgung keinen Einfluss. Vielmehr urteilen in mittlerweile ständiger Rechtsprechung das Bundesverfassungsgericht, das Bundessozialgericht und die Instanzgerichte, dass eine typisierende, institutionelle Abgrenzung (Versicherungseinrichtung, Versicherungstyp) dafür maßgebend ist, ob es sich bei einer Altersvorsorgeleistung um einen Versorgungsbezug im Sinne des § 229 SGB V handelt, und dass auch von vornherein vereinbarte einmalige Kapitalauszahlungen hierunter fallen können (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 7. April 2008 – 1 BvR 1924/07 – und vom 6. September 2010 – 1 BvR 739/08 –; BSG, Urteil vom 8. Juli 2020 – B 12 KR 1/19 R –; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 8. April 2021 – L 1 KR 375/20 –; Urteil vom 18. März 2022 – L 28 KR 113/20 -; LSG Bayern, Urteil vom 30. Oktober 2020 – L 20 KR 151/20 –; LSG Nordrhein-Westfalen – Urteil vom 1. Juli 2021 – L 16 KR 355/18 –; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 31. März 2021 – L 5 KR 666/20 –; LSG Hamburg, Urteil vom 27. Oktober 2021 – L 1 KR 7/32 – sämtlich juris und m.w.N.).
Die vom Prozessbevollmächtigten des Klägers dargelegten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Verbeitragung der an den Kläger ausgezahlten einmaligen Kapitalleistung bestehen zur Überzeugung des Senats und in Übereinstimmung mit der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung auch im Hinblick auf den vorliegenden Fall nicht. Wesentliche Merkmale einer Rente der betrieblichen Altersversorgung im Sinne des Beitragsrechts sind, wie ausgeführt, ein Zusammenhang zwischen dem Erwerb dieser Rente und der früheren Beschäftigung sowie ihre Einkommensersatzfunktion als – weiteres – Merkmal der Vergleichbarkeit mit der gesetzlichen Rente (stRspr. vgl. BSG, Urteile vom 23. Februar 2021 – B 12 KR 32/19 R – juris Rn. 24 m.w.N.; vom 30. März 2011 – B 12 KR 24/09 R – juris Rn. 14 ff. ; vom 25. Mai 2011 – B 12 P 1/09 R – juris Rn. 14). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Anders als der Prozessbevollmächtigte des Klägers meint, kommt es auf eine weitere einzelfallbezogene Individualbetrachtung dagegen nicht an. Unerheblich ist insbesondere, ob die Arbeitgeberin ausdrücklich eine Versorgungs- oder Versicherungszusage gegeben hat (vgl. BSG, Urteil vom 8. Juli 2020 – B 12 KR 1/19 R – juris Rn. 18). Soweit der Kläger sinngemäß geltend macht, hiermit erfolge letztlich eine verfassungswidrige doppelte und wirtschaftlich erheblich belastende Verbeitragung der Versicherungsprämien, teilt der Senat auch diese Auffassung nicht (vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 2. Dezember 2020 – L 9 KR 122/18 WA – juris Rn. 17 ff., 23 m.w.N.). Denn, wie vom Bundessozialgericht unter Hinweis auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 6. September 2010 (– 1 BvR 739/08 – juris Rn. 10) ausgeführt, existiert (auch) kein Grundsatz, dass aus bereits der Beitragspflicht unterliegenden Einnahmen vom Versicherten selbst finanzierte Versorgungsbezüge der Beitragspflicht überhaupt nicht oder jedenfalls nicht mit dem vollen Beitragssatz unterworfen werden dürfen (vgl. BSG, Urteil vom 8. Juli 2020 – B 12 KR 1/19 R – juris Rn. 25). Insofern kommt es ferner nicht darauf an, dass die betriebliche Altersversorgung allein von dem Kläger als Arbeitnehmer im Wege der Entgeltumwandlung finanziert worden ist (BSG, Urteile vom 26. Februar 2019 – B 12 KR 17/18 R – juris Rn. 17 m.w.N. und vom 8. Juli 2020 – B 12 KR 1/19 R – juris Rn. 25 m.w.N.). Gegen die Heranziehung von Versorgungsbezügen in der Form nicht wiederkehrender Leistungen bestehen verfassungsrechtliche Bedenken darüber hinaus schließlich ebenso wenig, wenn das entsprechende Rechtsverhältnis wie vorliegend bereits vor dem 1. Januar 2004 abgeschlossen wurde. Seit dem 1. Januar 2004 ist jede Kapitalleistung, die als Versorgungsbezug zu werten ist, weil sie an die Stelle von Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen aus früherer Beschäftigung oder Tätigkeit tritt, beitragspflichtig. Der Gesetzgeber durfte im Wege einer sogenannten unechten Rückwirkung auch an in der Vergangenheit begründete Rechtsverhältnisse anknüpfen. Die hiermit erfolgte Einbeziehung der nicht wiederkehrenden Versorgungsleistungen in die Beitragspflicht ist mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar (vgl. BSG, Urteil vom 12. November 2008 – B 12 KR 6/08 R – juris m.w.N.). Die Gerichte sind an diese, verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers gebunden.
Die Beklagte zu 1. hat die von dem Kläger nach § 250 Abs. 1 Nr. 1 SGB V allein zu tragenden Beiträge (vgl. BVerfG, Beschluss vom 7. April 2008 – 1 BvR 1924/07 – juris Rn. 33; BSG, Urteil vom 8. Juli 2020 – B 12 KR 1/19 R – juris Rn. 29) auch in zutreffender Höhe festgesetzt. Die Verbeitragung von Versorgungsbezügen in der gesetzlichen Krankenversicherung erfolgt auf der Grundlage von §§ 241, 248 SGB V. Hinzu kommt seit 2015 der kassenindividuelle Zusatzbeitrag (vgl. §§ 242, 242a SGB V), hier der Beklagten zu 1. Für die soziale Pflegeversicherung regelt § 55 Abs. 1 Satz 1 SGB XI den Beitragssatz. Nach § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V gilt bei einer als Einmalbezug gewährten Versorgungsleistung (hier i.S.v. § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V), dass 1/120 dieser Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge anzusehen ist und dementsprechend für längstens 120 Monate Beiträge zu entrichten sind. Der Beitragspflicht unterliegt grundsätzlich der gesamte Auszahlungsbetrag, was aus dem im Sozialrecht grundsätzlich geltenden Bruttoprinzip folgt (vgl. BSG, Urteil vom 4. September 2018 – B 12 KR 20/17 R – juris Rn. 21). Von der Beitragspflicht ausgenommen sind nur Kapitalleistungen, die auf Beiträgen beruhen, die ein Arbeitnehmer nach Beendigung seiner Erwerbstätigkeit auf den Lebensversicherungsvertrag unter Einrücken in die Stellung des Versicherungsnehmers eingezahlt hat (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 28. September 2010 – 1 BvR 1660/08 – juris Rn. 13 ff. sowie vom 14. April 2011 – 1 BvR 2123/08 – juris Rn. 6 f.). Solches ist bei dem Kläger nicht der Fall. Im Übrigen hat der Gesetzgeber diese Vorgabe mit der zum 1. Januar 2019 erfolgten Einfügung in § 229 Abs. 1 Nr. 5 SGB V durch Art. 1 Nr. 5a GKV-Versichertenentlastungsgesetz umgesetzt (vgl. BT-Drs. 19/5112 S. 44 f.). Beiträge aus Versorgungsbezügen und Arbeitseinkommen, das neben den Versorgungsbezügen erzielt wird, sind gemäß § 226 Abs. 2 Satz 1 SGB V nur zu entrichten, wenn die monatlichen beitragspflichtigen Einnahmen insgesamt ein Zwanzigstel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung [SGB IV]) – wie hier – übersteigen. Dabei ist gemäß § 226 Abs. 2 Satz 2 SGB V (in der Fassung des GKV-Betriebsrentenfreibetragsgesetzes vom 21. Dezember 2019 [BGBl. I S. 2913]) von den monatlichen beitragspflichtigen Einnahmen nach § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V ein Freibetrag in Höhe von 1/20 der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV abzuziehen, wobei der abzuziehende Freibetrag der Höhe nach auf die monatlichen beitragspflichtigen Einnahmen nach § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V begrenzt ist. Die vorstehende Regelung ist zum 1. Januar 2020 in Kraft getreten (BGBl. I S. 2913, 2914). Hiermit beabsichtigte der Gesetzgeber, dem bisherigen Einwand, eine Entgeltumwandlung für Beschäftigte lohne sich wegen der späteren Belastung ihrer Betriebsrente mit Sozialbeiträgen nicht, weitgehend Rechnung zu tragen. Geltung sollte der Freibetrag aber nach der Intention des Gesetzgebers erst – entsprechend dem Inkrafttreten des Gesetzes – für die Zeit ab dem Jahr 2020 beanspruchen, welches einem Betrag von 159,25 Euro (1/20 der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV im Jahr 2020) entsprach (vgl. BT-Drs. 19/15438 S. 8).
Soweit sich der Prozessbevollmächtigte des Klägers darüber hinaus mit dem Argument eines ungeeigneten Finanzierungsinstruments der GKV gegen die zeitliche Beschränkung der Beitragserhebung nach § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V richtet, stellt er im Kern die gesetzgeberische Entscheidung in Frage, die den Kläger zudem, was der Prozessbevollmächtigte des Klägers selbst einräumt, nicht beschwert.
Nicht zu beanstanden ist außerdem, dass die Beklagte zu 1. den gesamten monatlichen Kapitalbetrag in Anwendung der 1/120-Regelung nach § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V verbeitragt und den Freibetrag ausschließlich bei der bereits zuvor bezogenen laufenden Betriebsrente in Ansatz gebracht hat. Der Freibetrag ist zunächst ausschließlich auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 HS. 1 SGB V anzuwenden. Leistungen der betrieblichen Altersversorgung nach § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 HS. 1 SGB V sind sowohl monatlich ausgezahlte Betriebsrenten - hier die von der Zahlstelle M GmbH gezahlte monatliche Betriebsrente - als auch Kapitalauszahlungen im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung - hier die Kapitalleistung -, die nach § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V umgerechnet als monatlicher Bezug für zehn Jahre berücksichtigt werden. Vorliegend ist der Freibetrag zutreffend von der Betriebsrente in Höhe von monatlich 460,87 Euro in Abzug gebracht worden. Der Abzug des Freibetrags von der Betriebsrente statt der später hinzugetretenen Kapitalleistung entspricht der Verfahrensbeschreibung zum Zahlstellen-Meldeverfahren vom 11. Mai 2023, gültig ab 1. Januar 2024, wonach bei Hinzutritt einer Kapitalleistung zu einem laufenden Versorgungsbezug von der Krankenkasse eine Feststellung zur Anwendung des Freibetrags zu treffen ist. Danach wird, damit die Zahlstelle keine (rückwirkenden) Korrekturen vornehmen muss, der Freibetrag so wie hier weiterhin beim laufenden Versorgungsbezug berücksichtigt (vgl. Verfahrensbeschreibung zum Zahlstellen-Meldeverfahren vom 11. Mai 2023, S. 13).
Soweit der Kläger geltend macht, dass die Beklagte zu 1. während der Laufzeit des Vertrages die ihr obliegende Informationspflichten verletzt habe, indem sie nicht auf die Konsequenz der Verbeitragung einer Kapitaleinmalzahlung hingewiesen hat, folgt nichts anderes aus der Rechtsprechung zum sog. sozialrechtlichen Herstellungsanspruch, der neben einem für einen Schaden kausalen Pflichtverstoß des Sozialversicherungsträgers voraussetzt, dass der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden kann (BSG, Urteil vom 17. August 2000 - B 13 RJ 87/98 R - m.w.N. juris Rn. 37). In diesem Rahmen können noch mögliche Rechtshandlungen nachgeholt oder nicht mehr vornehmbare Handlungen durch Fiktion ersetzt werden, soweit sie innerhalb des einzelnen Sozialrechtsverhältnisses liegen, wie beispielswiese die Fiktion einer rechtzeitigen Antragstellung. Nicht wiederhergestellt können hingegen Umstände werden, die rein tatsächlicher Natur sind und im Verantwortungsbereich des Versicherten liegen (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22. April 2024 – L 4 KR 3178/23 – juris Rn. 53). Die vom Kläger gewählte tatsächliche Vertragsgestaltung zur Entgeltumwandlung konnte im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs von vornherein nicht revidiert werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.