Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Kläger wenden sich gegen die Berücksichtigung des sog. Einwohner-Energie-Geldes der Stadt Kassel bei der Berechnung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Monat November 2022.
Die 1997 geborene Klägerin zu 1. sowie ihre vier minderjährigen Kinder, die Kläger zu 2. bis 5., leben zusammen mit ihrem Lebensgefährten bzw. Vater in einer Bedarfsgemeinschaft und beziehen laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II vom Beklagten. Auf den für die Bedarfsgemeinschaft gestellten Weiterbewilligungsantrag vom 11.03.2022 hin bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 21.03.2022, zuletzt in der Änderungsfassung vom 06.09.2022, für den Zeitraum Mai 2022 bis April 2023 monatliche Leistungen nach dem SGB II.
In ihrer 14. Sitzung vom 18.07.2022 hatte die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Kassel das Programm „Kopf hoch, Kassel! – Einwohner-Energie-Geld (EEG)“ zur Gewährung einer einmaligen finanziellen Zuwendung beschlossen, um die finanziellen Belastungen durch gestiegene Kosten der Energieversorgung für die Kasseler Einwohnerinnen und Einwohnern mit alleinigem Wohnsitz oder Hauptwohnsitz im Stadtgebiet abzumildern. Für die finanziellen Zuwendungen wurden insgesamt 15,4 Mio. € im städtischen Haushalt 2022 zur Verfügung gestellt. Der Magistrat der Stadt Kassel wurde im Beschluss zur Umsetzung dieses finanziellen Unterstützungsprogramms ermächtigt. In Umsetzung des Beschlusses wurden am 30.09.2022 entsprechende Förderrichtlinien erlassen.
§ 1 der Förderrichtlinien lautet:
(1) Die Stadt Kassel gewährt allen Einwohnerinnen und Einwohner der Stadt Kassel bei Vorliegen der in § 2 dieser Förderrichtlinien genannten Voraussetzungen eine einmalige nicht rückzahlbare Zuwendung in Höhe von 75,- Euro. Die Zuwendung dient der Abmilderung finanzieller Belastungen durch gestiegene Kosten der Energieversorgung während des Winterhalbjahres 2022/2023.
(2) Ein Rechtsanspruch auf finanzielle Förderung besteht nicht. Der Magistrat der Stadt Kassel entscheidet über die Gewährung einer Zuwendung nach pflichtgemäßem Ermessen im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.
§ 2 der Förderrichtlinien lautet:
(1) Antragsberechtigt sind alle Einwohnerinnen und Einwohner Kassels, die innerhalb der Zeit zwischen dem 1. Oktober 2022 und dem 31. März 2023 mit alleiniger Wohnung oder Hauptwohnung in Kassel gemeldet gewesen sind.
(2) Eine unberechtigte Inanspruchnahme der Zuwendung verpflichtet zu deren Rückerstattung.
§ 3 Absätze 6 und 7 der Förderrichtlinien lauten:
(6) Die Entscheidung über die Bewilligung der Zuwendung erfolgt durch den Magistrat der Stadt Kassel mittels Verwaltungsakt.
(7) Die Zuwendung gilt mit der Auszahlung als zweckentsprechend verwendet.
Auf den übrigen Inhalt der Förderrichtlinien wird gemäß § 136 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Bezug genommen.
Den Klägern floss am 15.10.2022 jeweils das Einwohner-Energie-Geld der Stadt Kassel in Höhe von 75,00 € zu. Auch in den hierzu ergangenen Zuwendungsbescheiden der Stadt Kassel wurde als Zweckbestimmung angegeben, der Zuschuss diene der Abmilderung finanzieller Belastungen durch gestiegene Kosten der Energieversorgung während des Winterhalbjahres 2022/2023. Der Zuschuss gelte mit der Auszahlung als zweckentsprechend verwendet. Auf den übrigen Inhalt dieser Schreiben wird gemäß § 136 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Bezug genommen.
Vor diesem Hintergrund hob der Beklagte nach erfolgter Anhörung mit Bescheid vom 15.12.2022 die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Monat November 2022 teilweise auf. Insgesamt sei der Bedarfsgemeinschaft ein Einwohner-Energie-Geld in Höhe von 375,00 € zugeflossen, daher seien (bereinigt um Absetzungsbeträge) 345,00 € als einmalige Einnahme anzurechnen. Hieraus resultiere eine geringere Hilfebedürftigkeit der Kläger. Zugleich verlangte der Beklagte eine Erstattung seitens der Kläger in Höhe der jeweiligen Aufhebungssumme, insgesamt in Höhe von 331,04 € (13,95 € + 79,80 € + 79,80 € + 79,04 € + 78,45 €).
Hiergegen legten die Kläger unter dem 22.12.2022 Widerspruch ein. Zur Begründung führten sie aus, bei der Zahlung des Einwohner-Energie-Geldes handele es sich um eine zweckgebundene Zahlung, die nicht als Einkommen anrechenbar sei. Die Stadt Kassel habe allen Bürgern, auch den Sozialleistungsbeziehern, einen Ausgleich für die hohe Inflation der Energiepreise und der Lebenshaltungskosten zukommen lassen wollen. Sie verwiesen auf die Zweckbestimmung in den Zuwendungsbescheiden sowie auf die auf der Webseite der Stadt Kassel befindlichen Hinweise und die Rechtsauffassung des Magistrats der Stadt Kassel zur Anrechnung des Einwohner-Energie-Geldes bei Erhalt von Sozialleistungen, wo es hieß:
„Bei einer Verwendung für sonstige Kosten der Energieversorgung, die den Regelbedarfen zur Sicherung des Lebensunterhalts zuzuordnen sind (bspw. Kosten für Haushaltsenergie oder persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens), die durch einen monatlichen Pauschalbetrag abgegolten werden, stellt nach Rechtsauffassung des Magistrats der Stadt Kassel eine Anrechnung des EEG eine grobe Unbilligkeit bzw. eine besondere Härte dar, sodass eine Berücksichtigung als Einkommen unterbleiben könnte (gem. § 11a Absatz 5 Nr. 1 SGB II bzw. § 84 Abs. 2 SGB XII).“
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 03.01.2023 zurück. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid sei rechtmäßig, die Anrechnung des Einwohner-Energie-Geldes als Einkommen zutreffend erfolgt. Jenes unterfalle keiner der in § 11a SGB II genannten Ausnahmen. Es handele sich nicht um eine aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften erbrachte Leistung, die einem anderen Zweck als die Leistungen nach dem SGB II diene (Absatz 3). Der Zweck der Einmalzahlung ergebe sich bereits aus der Benennung als „Einwohner-Energie-Geld“, es handele sich um einen Zuschuss zu den nach dem SGB II gewährten Unterkunftskosten. Die Zahlung verfolge somit das gleiche Ziel und den gleichen Zweck, die Sicherung des Lebensunterhalts des Leistungsberechtigten. Die Zahlung sei zudem aufgrund rechtlicher Verpflichtung, der von der Stadtverordnetenversammlung beschlossenen Förderrichtlinie der Stadt Kassel, erfolgt, sodass auch eine Anrechnungsfreiheit gemäß § 11a Absatz 5 SGB II ausscheide.
Die Kläger erhoben am 20.01.2023 Klage zum Sozialgericht Kassel. Zur Begründung verweisen sie im Wesentlichen auf ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren und ergänzend darauf, die Stadt Kassel habe eine Verwendung nur für Zwecke der Heiz- und somit Unterkunftskosten offengelassen und allgemein auf die Abmilderung der gestiegenen Energiekosten abgestellt. Sie hätten das Einwohner-Energie-Geld tatsächlich auch nicht für Kosten der Unterkunft eingesetzt. Deswegen sei die Berücksichtigung des Einwohner-Energie-Geldes als Einkommen auch grob unbillig, Der Beklagte habe zudem entgegen seiner im Widerspruchsverfahren vertretenen Rechtsauffassung die Zahlung vorwiegend dem Regelbedarf zugeordnet.
Die Kläger beantragen sinngemäß,
den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 15.12.2022 in Gestalt des Widerspruchbescheids vom 03.01.2023 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist der Beklagte im Wesentlichen auf sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung jeweils zugestimmt.
Entscheidungsgründe
Die Kammer konnte aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten gem. § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Die gemäß § 54 Abs. 1 SGG als Anfechtungsklage statthafte und auch im Übrigen zulässige Klage ist unbegründet. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 15.12.2022 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 03.01.2023 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.
Formelle Bedenken bestehen nicht, insbesondere sind die Kläger vor Erlass des Aufhebungs- und Erstattungsbescheids ordnungsgemäß angehört worden im Sinne des § 24 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X).
Der Bescheid und der Widerspruchsbescheid sind auch materiell rechtmäßig.
Die Rechtmäßigkeit der (Teil-)Aufhebung für den Monat November 2022 misst sich an § 40 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 3 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 3 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) und § 48 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Danach ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt (§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Betrifft er – wie vorliegend – Leistungen nach dem SGB II, so ist er mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit u.a. nach seinem Erlass Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (§ 40 Abs. 2 Nr. 4 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III und § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X).
So liegt es hier im Hinblick auf den Monat November 2022. Nach Erlass des Bescheides vom 21.03.2022, zuletzt in der Änderungsfassung vom 06.09.2022, ist eine wesentliche Änderung eingetreten. Wesentlich ist jede tatsächliche oder rechtliche Änderung, die sich – zugunsten oder zulasten des Betroffenen – auf den Grund oder die Höhe der bewilligten Leistung auswirkt (BSG, Urteil vom 24. Juni 2020 – B 4 AS 7/20 R –, SozR 4-4200 § 22 Nr 107, SozR 4-1500 § 86 Nr 5, Rn. 26). Die Kläger haben nach Erlass des Bescheides Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der im streitgegenständlichen Zeitraum gültigen Fassung erzielt, das in dem genannten Bescheid noch nicht berücksichtigt war.
Denn als Einkommen zu berücksichtigen sind gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der im streitgegenständlichen Zeitraum gültigen Fassung alle Einnahmen in Geld abzüglich der nach § 11b SGB II abzusetzenden Beträge mit Ausnahme der in § 11a SGB II genannten Einnahmen. Den Klägern floss unter dem 15.10.2022 jeweils das Einwohner-Energie-Geld der Stadt Kassel zu, mithin eine Einnahme in Geld im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II.
Diese einmalige Einnahme ist auch nicht gemäß § 11a SGB II von der Anrechnung ausgenommen.
Eine Ausnahme gemäß dem Privilegierungstatbestand des § 11a Abs. 3 Satz 1 SGB II kommt nicht in Betracht. Danach sind Leistungen, die aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, nur so weit als Einkommen zu berücksichtigen, als die Leistungen nach dem SGB II im Einzelfall demselben Zweck dienen. Hiermit soll einerseits vermieden werden, dass die besondere Zweckbestimmung einer Leistung durch die Berücksichtigung im Rahmen des SGB II verfehlt wird, und andererseits verhindert werden, dass für einen identischen Zweck Doppelleistungen erbracht werden (BSG, Urteil vom 12. September 2018 – B 14 AS 36/17 R –, SozR 4-4200 § 11b Nr 11, SozR 4-4200 § 11a Nr 4 – juris Rn. 22).
Eine öffentlich-rechtliche Vorschrift liegt hier vor. Öffentlich-rechtliche Vorschriften im Sinne des § 11a Abs. 3 SGB II sind solche, die einen Träger öffentlich-rechtlicher Verwaltung zur Leistung ermächtigen oder verpflichten. Auf die Art der Rechtsvorschrift kommt es nicht an, so dass gesetzliche Leistungen umfasst sind, aber auch solche, die aufgrund von Verordnungen, Satzungen, Verwaltungs- bzw. Förderrichtlinien usw. gewährt werden (Söhngen in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 11a (Stand: 07.03.2023), Rn. 37). Das Einwohner-Energie-Geld ist den Klägern auf Grundlage der Zuwendungsbescheide der Stadt Kassel gewährt worden, die wiederum in Umsetzung der Förderrichtlinien der Stadt Kassel vom 30.09.2022 ergangen sind.
Die Leistungen dienen zur Überzeugung des Gerichts auch demselben Zweck. Insoweit ist in einem ersten Schritt zu prüfen, ob mit der zu prüfenden Leistung ausdrücklich ein bestimmter Verwendungszweck auferlegt worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 23. März 2010 – B 8 SO 17/09 R –, BSGE 106, 62-78, SozR 4-3500 § 82 Nr 6, SozR 4-3500 § 83 Nr 1 – juris Rn. 24 f.). Dies ist hier der Fall: Der Zuschuss dient bereits nach seinem Wortlaut, aber auch nach der Bestimmung in § 1 Abs. 1 Satz 2 der Förderrichtlinien und gemäß den Zuwendungsbescheiden der Stadt Kassel der Abmilderung finanzieller Belastungen durch gestiegene Kosten der Energieversorgung während des Winterhalbjahres 2022/2023. Dass die Leistung potentiell auch zur Deckung von Bedarfen nach SGB II eingesetzt werden kann, steht einer möglichen Privilegierung nicht von vornherein entgegen (so auch Schmidt in: Eicher/Luik/Harich, 5. Aufl. 2021, SGB II § 11a Rn. 20; anders: Entwurfsbegründung BT-Drs. 17/3404, 94).
Mit der Leistung wird jedoch kein Zweck verfolgt, der über die vom SGB II verfolgte Sicherung des Lebensunterhalts hinausgeht, sodass eine Privilegierung ausscheidet. Eine Zweckidentität liegt vor, wenn die zweckbestimmte Leistung dem Grunde nach denselben Bedarf decken soll wie die Grundsicherung für Arbeitsuchende (Hengelhaupt in: Hauck/Noftz SGB II, 5. EL 2023, § 11a SGB 2 Rn. 179; Landessozialgericht Hamburg, Beschluss vom 7. Juli 2005 – L 5 B 116/05 ER AS –, juris Rn. 26). Dies ist hier nach Auffassung der Kammer zu bejahen. Das Einwohner-Energie-Geld sollte nach seiner Zweckbestimmung gerade dazu dienen, die finanziellen Belastungen für die Einwohnerinnen und Einwohner Kassels durch – im Zusammenhang mit dem Ukrainekrieg – gestiegene Energiekosten und ggfs. auch Lebenshaltungskosten abzumildern. Die Leistungen des SGB II dienen der Sicherung des Lebensunterhalts und umfassen in Form des Regelbedarfes insbesondere auch Kosten für Haushaltsenergie oder persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens und Kosten der (Unterkunft und) Heizung. Das Einwohner-Energie-Geld dient somit dem gleichen Zweck wie die Leistungen des SGB II. Ein über die Sicherung des Lebensunterhalts hinausgehender Zweck ist nicht erkennbar.
Auch eine Ausnahme gemäß dem Privilegierungstatbestand des § 11a Abs. 5 SGB II kommt nicht in Betracht. Danach sind Zuwendungen, die ein anderer erbringt, ohne hierzu eine rechtliche oder sittliche Pflicht zu haben, nicht als Einkommen zu berücksichtigen, soweit 1. ihre Berücksichtigung für die Leistungsberechtigten grob unbillig wäre oder 2. sie die Lage der Leistungsberechtigten nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach dem SGB II gerechtfertigt wären.
Nach Auffassung der erkennenden Kammer ist bereits nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber mit der Schaffung von § 11a Abs. 5 SGB II zum 01.04.2011 (Art. 2 Nr. 14, 15 und Art. 14 Abs. 3 des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch <RBEG/SGB II/ SGB XII-ÄndG> vom 24.03.2011, BGBl. I 453, 460 ff., 496) Fallgestaltungen wie die vorliegende überhaupt erfassen wollte. Dagegen spricht die Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drucks. 17/3404, S. 94), wonach Absatz 5 Nummer 1 beispielhaft Anwendung finden soll auf Soforthilfen bei Katastrophen, gesellschaftliche Preise zur Ehrung von Zivilcourage, Ehrengaben aus öffentlichen Mitteln (z. B. bei Alters- oder Ehejubiläum, Lebensrettung), Spenden aus Tombolas für bedürftige Menschen und „Begrüßungsgelder“ für Neugeborene (vgl. BT-Drucks. 17/3404, S. 94). Dass aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften – hier: Förderrichtlinien – erbrachte Leistungen von dieser Vorschrift erfasst werden sollten, liegt fern. Dem steht auch entgegen, dass Leistungen aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften bereits von § 11a Abs. 3 Satz 1 SGB II erfasst und nur unter den dort genannten Voraussetzungen nicht als Einkommen zu berücksichtigen sind. Es stellte einen Verstoß gegen die Gesetzessystematik und eine Aushebelung von § 11a Abs. 3 Satz 1 SGB II dar, hiernach als Einkommen zu berücksichtigende Leistungen als nicht als Einkommen zu berücksichtigende Zuwendungen im Sinne von § 11a Abs. 5 SGB II anzuerkennen. Dies kann gesetzgeberisch erkennbar nicht gewollt gewesen sein.
Darüber hinaus liegt aber auch nicht eine ohne rechtliche oder sittliche Pflicht erbrachte Zuwendung im Sinne von § 11a Abs. 5 SGB II vor. Eine Zuwendung liegt nach allgemeinem Begriffsverständnis regelhaft nur vor bei einer freiwilligen Geldleistung. Dies unterscheidet sie gerade von einer Leistung, mit der regelhaft ein Tun oder Unterlassen zur Erfüllung einer Schuld gemeint ist (vgl. § 241 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch). Wesentlich für die Privilegierung gemäß § 11a Abs. 5 SGB II ist dementsprechend das Fehlen einer rechtlichen oder sittlichen Verpflichtung. Die Bestimmung setzt mit anderen Worten voraus, dass der Dritte die Zuwendung aus freien Stücken erbringt (Hengelhaupt in: Hauck/Noftz SGB II, 5. EL 2023, § 11a SGB 2 Rn. 387).
Dies war hier nicht der Fall. Die Geldleistung in Form des Einwohner-Energie-Geldes erfolgte vielmehr auf Grundlage der Förderrichtlinien der Stadt Kassel, sodass eine rechtliche Pflicht zur Erbringung bestanden hat. Ob eine Rechtspflicht besteht, ist objektiv durch Analyse des Rechts festzustellen. Voraussetzung zum Erhalt des Einwohner-Energie-Geldes in Höhe von 75,00 € war allein die Erfüllung der Voraussetzungen in § 2 Abs. 1 der Förderrichtlinien durch die Kläger. Die endgültige Bewilligung der Zuwendung durch den Magistrat der Stadt Kassel mit entsprechenden Zuwendungsbescheiden war die zwingende Folge der Erfüllung dieser Voraussetzungen. Die Bewilligung stand zur Überzeugung der Kammer allein insoweit im Ermessen des Magistrats wie die verfügbaren Haushaltsmittel nicht erschöpft waren. Dafür spricht die Formulierung in § 1 Abs. 2 Satz 2 der Förderrichtlinien, wonach die Gewährung einer Zuwendung inhaltlich verknüpft wird mit der Verfügbarkeit von Haushaltsmitteln. Es bestehen indes keine Anhaltspunkte, dass die verfügbaren Haushaltsmittel nicht ausreichend dimensioniert waren, um allen Anspruchsberechtigten das Einwohner-Energie-Geld bewilligen zu können. Dies wird letztlich bestätigt durch die Formulierung in § 1 Abs. 1 der Förderrichtlinien, wonach die Stadt Kassel allen Einwohnerinnen und Einwohnern der Stadt Kassel bei Vorliegen der in § 2 genannten Voraussetzungen die einmalige nicht rückzahlbare Zuwendung in Höhe von 75,00 € gewährt. Dementsprechend ist im Ergebnis von einer Rechtspflicht auszugehen.
Aus den vorstehenden Gründen kommt es nicht entscheidungserheblich auf die Frage einer groben Unbilligkeit im Sinne von § 11a Abs. 5 Nr. 1 SGB II und auf die tatsächliche Verwendung des Einwohner-Energie-Geldes durch die Kläger an, sodass die Kammer diese Frage offen lassen kann.
Nach alledem hat der Beklagte zutreffend das Einwohner-Energie-Geld bei der Berechnung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II berücksichtigt und stellt sich die (Teil-)Aufhebung als rechtmäßig dar.
Soweit die Kläger offenbar eine Anrechnung des Einkommens (auch) beim Regelbedarf für unzutreffend halten, wird darauf hingewiesen, dass zu berücksichtigendes Einkommen und Vermögen nach § 19 Abs. 3 Satz 2 SGB II stets zunächst die Bedarfe nach den §§ 20, 21 und 23 SGB II und (erst dann) darüber hinaus die Bedarfe nach § 22 SGB II deckt. Jenseits dessen ist für die anspruchsberechtigten Kläger, die ihre Leistungen stets aus einer Hand erhalten, ohne Bedeutung, welche Leistung zuerst gemindert wird.
Auch die Erstattungsforderung des Beklagten ist nicht zu beanstanden. Gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X sind, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist, bereits erbrachte Leistungen zu erstatten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG.
Die angesichts des geringen Wertes des Beschwerdegegenstandes nicht von Gesetzes wegen zulässige Berufung (§ 144 Abs. Abs. 1 SGG), war durch die Kammer zuzulassen. Die Voraussetzungen hierfür (§ 144 Abs. 2 SGG) liegen vor, da die Frage, ob das Einwohner-Energie-Geld als Einkommen zu berücksichtigen ist, von grundsätzlicher Bedeutung (§ 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG) ist. Die Frage hat insbesondere Breitenwirkung, da sie über den vorliegenden Einzelfall hinaus allgemeine Bedeutung in unbestimmt vielen Fällen hat und weitere Verfahren am Sozialgericht Kassel hierzu bereits anhängig sind.