Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Köln vom 22.11.2021 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt Sozialhilfe für Deutsche im Ausland ab 01.11.2010.
Die am 00.00.0000 geborene Klägerin ist deutsche Staatsangehörige. Sie lebt mit ihren Eltern Dieter H. und Judith H. seit ihrer Geburt in Spanien. Der 00.00.0000 geborene Vater der Klägerin bezieht von der DRV Rheinland eine Altersrente, die Mutter leidet an Epilepsie, einem Gehirntumor und psychischen Störungen, sie bezieht Pflegegeld von der Pflegeversicherung und Rente wegen voller Erwerbsminderung. Für die Klägerin wird Kindergeld gezahlt.
Bis zum 31.10.2010 erhielt die Familie Sozialhilfe für Deutsche im Ausland. Deren Bewilligung wurde aufgehoben, da nach Auffassung des Beklagten die Klägerin und ihre Familie nach einem fünfjährigen Aufenthalt in Spanien dort einen eigenen Anspruch auf Leistungen zur Lebensunterhaltssicherung hätten (Bescheid vom 29.07.2010, Widerspruchsbescheid vom 28.10.2010). Nach erfolgloser Durchführung eines gerichtlichen Verfahrens (zuletzt BSG Urteil vom 09.12.2016 – B 8 SO 1/15 R) beantragten die Klägerin und ihre Eltern am 23.12.2016 nach § 44 SGB X die Rücknahme der Aufhebung der Sozialhilfe und hilfsweise erneute Zahlung der Sozialhilfe. Dieses Begehren blieb erfolglos, zuletzt wies der Senat mit Urteil vom 10.02.2022 – L 9 SO 333/19 die Berufung der Klägerin und ihrer Eltern gegen ein klageabweisendes Urteil des Sozialgerichts Köln vom 14.06.2019 (S 29 SO 236/17) zurück. Der Senat hat in jenem Verfahren ausgeführt:
„Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 09.02.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.05.2017 mit dem der Beklagte den Antrag der Kläger auf Rücknahme des Bescheides vom 29.07.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2010 und den hilfsweisen Antrag auf erneute Bewilligung von Sozialhilfe ab Dezember 2016 ablehnte. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist die Klage nicht nur von dem Kläger zu 1, sondern auch von den Klägern zu 2 und 3 erhoben worden. Das im Streitgegenstand identische Verfahren L 9 SO 484/11 ist von den drei Klägern geführt worden. Der über § 44 SGB X zu Überprüfung gestellte Aufhebungsbescheid vom 29.07.2010 ist ausdrücklich an die „Eheleute“ gerichtet und betrifft – ebenso wie der Widerspruchsbescheid vom 28.10.2010 – ausdrücklich Leistungen für „Sie und Ihre Familie“, also alle drei Haushaltsangehörigen. Es gibt keinen nachvollziehbaren Grund, weshalb nun das Verfahren ausschließlich Leistungen des Klägers zu 1 betreffen sollte. Die Klage der zum damaligen Zeitpunkt noch unvertretenen Kläger ist daher im Wege der Meistbegünstigung (BSG Urteil vom 23.03.2021 – B 8 SO 16/19 R mwN) so auszulegen, dass sie von allen drei Klägern erhoben wurde. Das gilt auch für das Berufungsverfahren. Zwar nennt der Berufungsschriftsatz – entsprechend dem fehlerhaften Rubrum des Sozialgerichts – nur den Kläger zu 1. Hierbei handelt es sich aber um eine unbeachtliche – weil für beide Seiten erkennbare – Falschbezeichnung. Zudem nimmt der Bevollmächtigte in der Berufungsbegründung Bezug auf die Verhältnisse der Klägerin zu 2 und er stellt dar, dass die „Eheleute H.“ in Spanien keine Sozialhilfe erhalten könnten. Es ist unschädlich, dass das Sozialgericht nur über die Ansprüche des Klägers zu 1 entschieden hat. Nach der Rechtsprechung des BSG kann ein Verfahrensgegenstand – über ein Rechtsmittel des durch die Nichteinbeziehung Beschwerten – in die nächste Instanz "heraufgeholt" werden, wenn alle Beteiligten zugestimmt haben. Diese Zustimmung kann auch konkludent erfolgen (BSG Beschluss vom 18.12.2019 – B 14 AS 317/18 B). So liegt der Fall hier, denn die Kläger haben im Berufungsverfahren ausdrücklich moniert, dass nur über die Ansprüche des Klägers zu 1 entschieden wurde, und der Beklagte ist dem nicht entgegengetreten. Mit dem Hauptantrag begehren die Kläger die Rücknahme des Aufhebungsbescheides vom 29.07.2010 im Überprüfungsverfahren nach § 44 SGB X. Insoweit ist die von den Klägern erhobene Anfechtungs- und Verpflichtungsklage statthaft. Die Anfechtungs- und Leistungsklage ist für den zulässigen Hilfsantrag statthaft.“
Am 15.03.2019 leitete das Konsulat der Bundesrepublik Deutschland Malaga einen Antrag der Klägerin vom 01.02.2019 auf Sozialhilfe für Deutsche im Ausland an den Beklagten weiter. Mit Bescheid vom 11.04.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.2019 lehnte der Beklagte den Antrag ab, weil die Voraussetzungen des § 24 SGB XII nicht vorlägen.
Die Klägerin hat am 04.08.2020 Klage erhoben. Sie gehe bis mindestens 2023 zur Schule und sei dringend auf Sozialhilfeleistungen angewiesen.
Sie hat beantragt,
„den Bescheid des Beklagten vom 11.04.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.10.2019 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, die am 29.07.2019 rechtswidrig gekündigte Sozialhilfe für sie zum 31.10.2020 gem. § 24 SGB XII ab dem 01.11.2010 nachzuzahlen und die Weiterzahlung ab sofort wiederaufzunehmen.“
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Sozialgericht hat die Beteiligten zu einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört und die Klage mit Gerichtsbescheid vom 22.11.2021 (zugestellt am 02.12.2021) abgewiesen. Soweit die Klägerin Sozialhilfe vor der Antragstellung im Februar 2019 begehre, sei die Klage unzulässig. Gegenstand des angefochtenen Bescheides sei nur ein Anspruch ab diesem Zeitpunkt. Im Übrigen sei die Klage unbegründet, da die Voraussetzungen des § 24 SGB XII nicht vorlägen.
Hiergegen richtet sich die am 28.02.2022 erhobene Berufung der Klägerin. Die Klägerin meint, die Voraussetzungen des § 24 SGB XII seien in ihrem Fall erfüllt. Mit Schriftsatz vom 02.12.2022 hat die Klägerin einen Widerspruchsbescheid der Familienkasse Bayern Nord vorgelegt, mit dem ein Antrag auf Kinderzuschlag nach § 6a BKGG für Juli 2022 abgelehnt wird, weil Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II auch durch den Kinderzuschlag nicht vermieden werde. Dies dokumentiere ihre finanzielle Unterversorgung.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts vom 22.11.2021 zu ändern und wie erstinstanzlich beantragt zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.
Die Klägerin hat auf Aufforderung durch den Senat eine auf ihren Vater bezogene Vollmacht vorgelegt.
Mit Beschluss vom 18.07.2022 hat der Senat das Verfahren gem. § 153 Abs. 5 SGG auf den Berichterstatter übertragen, der zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheidet. Beide Beteiligte hatten nach der Anhörung erklärt, hiergegen keine Einwände zu erheben. Ein Zustellnachweis für den Beschluss liegt aber nur von dem Beklagten vor, hinsichtlich der Klägerin fehlt der Zustellnachweis. Dieser ist nach Auskunft der Geschäftsstelle auch dort nicht vorhanden.
Entscheidungsgründe
Der Senat entscheidet trotz der mit Beschluss vom 18.07.2022 erfolgten Übertragung auf den „kleinen Senat“ in seiner vollständigen Besetzung iSd § 33 Abs. 1 SGG. Der Übertragungsbeschluss ist gem. § 133 Satz 2 SGG zuzustellen. Entscheidet das LSG durch den kleinen Senat, ohne dass die übrigen Voraussetzungen hierfür erfüllt sind, verletzt die Entscheidung das grundrechtsgleiche Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) und stellt damit einen Verfahrensfehler und absoluten Revisionsgrund (§ 202 Satz 1 SGG iVm § 547 Nr. 1 ZPO) dar. Dies ist etwa der Fall, wenn es gar keinen Übertragungsbeschluss gab oder dieser den Beteiligten nicht zugestellt worden ist. Eine rügelose Einlassung ist insoweit nicht möglich (BSG Beschluss vom 14.02.2018 – B 14 AS 423/16; Burkiczak in JurisPK SGG § 153 Rn. 122). Nachdem die wirksame Zustellung des Übertragungsbeschlusses nicht nachweisbar ist, ist davon auszugehen, dass diese nicht erfolgt ist und hat der Senat in seiner vollständigen Besetzung zu entscheiden. Zwar wird ein ohne mündliche Verhandlung ergangener Beschluss mit der ersten Verlautbarung an einen Beteiligten zwecks Zustellung wirksam, denn ab diesem Zeitpunkt ist die Entscheidung nach § 202 SGG iVm § 318 ZPO für alle Beteiligten unabänderlich (Sächsisches LSG Beschluss vom 10.01.2013 – L 3 AS 44/11 B PKH). Diese Rechtsprechung, die der Senat grundsätzlich teilt, gilt jedoch nur für die eigentliche Sachentscheidung (vergl. § 318 ZPO), nicht aber für Entscheidungen, die sich auf das Verfahren beziehen, insbesondere Auswirkungen auf das rechtliche Gehör der Beteiligten und die Besetzung der Richterbank haben. Anders als bei Sachentscheidungen besteht bei verfahrensgestaltenden Entscheidungen kein Bedürfnis, diese bereits wirksam werden zu lassen, wenn eine Zustellung an nur einen Beteiligten erfolgt ist, da eine Sachentscheidung noch aussteht. Angesichts der erheblichen Bedeutung der Wahrung des gesetzlichen Richters (dazu BSG Beschluss vom 14.02.2018 – B 14 AS 423/16; OVG Nordrhein-Westfalen Beschluss vom 02.11.2017 – 4 B 891/17) ist daher vorliegend die Übertragung nach § 153 Abs. 5 SGG als nicht erfolgt zu betrachten.
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Soweit die Klägerin Sozialhilfe für die Zeit bis zum 10.02.2022, dem Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung zu dem Urteil des Senats im Verfahren L 9 SO 333/19 begehrt, war die Klage wegen doppelter Rechtshängigkeit unzulässig, denn insoweit ist der Anspruch – bis November 2016 über § 44 SGB X, für die Zeit danach im Wege der Anfechtungs- und Leistungsklage - Streitgegenstand des Verfahrens L 9 SO 333/22 gewesen. Auf die o.a. Ausführungen des Senats wird verwiesen. Nach der rechtskräftigen Entscheidung im Verfahren L 9 SO 333/22 ist die Klage - jetzt wegen entgegenstehender Rechtskraft einer Entscheidung über den selben Streitgegenstand - weiterhin unzulässig (dazu nur Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl. § 141 Rn. 6a mwN).
Soweit die Klägerin Sozialhilfe für die darüberhinausgehende Zeit bis zur Entscheidung des Senats begehrt, ist die Berufung unbegründet. Insoweit ist der angefochtene Bescheid nicht rechtswidrig iSd § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Die Kläger hat keinen Anspruch auf Sozialhilfe für Deutsche im Ausland gem. § 24 SGB XII.
Hierzu hat der Senat im Urteil vom 10.02.2022 – L 9 SO 333/19 – auch die Klägerin (dort als „Tochter“ bezeichnet) betreffend - ausgeführt:
„Die Kläger haben am 23.12.2016 einen neuen Antrag auf Sozialhilfe gestellt, der gem. § 24 Abs. 4 SGB XII vorausgesetzt wird. Die Kläger erfüllen jedoch ab Dezember 2016 nicht mehr die Voraussetzungen der Sozialhilfe für Deutsche im Ausland nach § 24 Abs. 1 SGB XII. Nach dieser Vorschrift erhalten Deutsche, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben, keine Leistungen. Hiervon kann im Einzelfall nur abgewichen werden, soweit dies wegen einer außergewöhnlichen Notlage unabweisbar ist und zugleich nachgewiesen wird, dass eine Rückkehr in das Inland aus folgenden Gründen nicht möglich ist: 1. Pflege und Erziehung eines Kindes, das aus rechtlichen Gründen im Ausland bleiben muss, 2. längerfristige stationäre Betreuung in einer Einrichtung oder Schwere der Pflegebedürftigkeit oder 3. hoheitliche Gewalt.
Es kann offenbleiben, ob die Kläger an der Rückkehr in das Inland aus einem von den in § 24 Abs. 1 SGB XII genannten Gründen gehindert waren oder sind. Insoweit kommt nur die Schwere der Pflegebedürftigkeit der Klägerin zu 2 nach § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 in Betracht, die auch die anderen Kläger aufgrund von Art. 6 GG ebenfalls an der Rückkehr hindern würde (vgl. Schlette in: Hauck/Noftz, SGB XII, 04/20, § 24 SGB XII, Rn. 34). Es kommt bei der Prüfung, ob stationäre Behandlungsbedürftigkeit oder Pflegebedürftigkeit iS des § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB XII an einer Rückkehr hindert, nicht auf die Zumutbarkeit der Rückkehr, sondern ausschließlich auf die Unmöglichkeit einer Rückkehr aus objektivierbaren (medizinischen) Gründen an. Die Schwere der Pflegebedürftigkeit stellt nur dann ein Rückkehrhindernis iS des § 24 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB XII dar, wenn Art und Ausmaß der erforderlichen Pflege einen Rücktransport nicht zulassen. Darüber hinaus kann das Merkmal der Unmöglichkeit der Rückkehr auch dann erfüllt sein, wenn eine Rückkehr einen Schaden hervorruft, der bei wertender Abwägung unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des § 24 SGB XII ein Rückkehrverlangen der Behörde schlechthin ausschließt, etwa wenn im Falle einer Rückkehr schwere gesundheitliche Schäden zu erwarten sind (vgl. BSG Urteil vom 21.09.2017 – B 8 SO 5/16 R).
Im vorliegenden Verfahren bestehen Zweifel, dass die Klägerin zu 2 diese Voraussetzungen erfüllt, denn sie ist im Jahr 2011 gemeinsam mit den beiden anderen Klägern vorübergehend nach Deutschland zurückgekehrt, nachdem der Beklagte die Leistungsbewilligung aufgehoben hatte. Darüber hinaus haben sie in dem Verfahren S 42 SO 398/19 ER vor dem Sozialgericht Köln selbst beantragt, dass die Kosten für einen Ambulanzjet übernommen werden, damit sie sich in Deutschland einer zahnärztlichen Behandlung unterziehen kann. Demnach wäre nicht davon auszugehen, dass die Rückkehr in das Inland aus medizinischen Gründen unmöglich ist. Letztlich kommt es darauf jedoch nicht an, denn ein Anspruch auf Leistungen der Sozialhilfe für Deutsche im Ausland scheitert schon aus anderen Gründen. Der Senat musste daher auch nicht das nach § 109 SGG beantragte Gutachten zur Reisefähigkeit der Klägerin einholen, da diese Tatsachen nicht erheblich sind. Als Ausnahme von der fehlenden Bindung an Beweisanträge regelt § 109 SGG die Pflicht des Gerichts, unter den dort näher genannten Voraussetzungen dennoch einen „bestimmten“ Arzt gutachtlich zu hören. Die Ausnahmeregelung soll aber nicht von dem allgemeinen prozessrechtlichen Grundsatz entbinden, dass nur über solche Tatsachen Beweis zu erheben ist, die für die Entscheidung erheblich sind (BSG Urteil vom 20.04.2010 − B 1/3 KR 22/08 R). Das ist vorliegend nicht der Fall, denn der Anspruch auf Sozialhilfe für Deutsche im Ausland scheitert schon aus anderen Gründen.
Die Kläger haben ab Dezember 2016 keinen Anspruch mehr auf Sozialhilfe für Deutsche im Ausland, denn es lag und liegt keine außergewöhnliche Notlage vor. Da in Durchbrechung des völkerrechtlich anerkannten Territorialprinzips nur ausnahmsweise Leistungen gewährt werden sollen, um in Not geratene Deutsche mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland anders als durch die Ermöglichung einer Rückkehr zu unterstützen, ist der Begriff der außergewöhnlichen Notlage restriktiv auszulegen. Gemeint sind besondere Umstände, die sich ihrer Art nach von Situationen, die im Inland einen sozialhilferechtlichen Bedarf hervorrufen, deutlich abheben. Bezogen auf die Leistungen zur Sicherung der physischen Existenz (also Leistungen für Nahrungsmittel und Getränke, Bekleidung, Wohnen, Energie und Wohnungsinstandhaltung sowie Gesundheit) müssen besondere Lebensumstände in der Person des Leistungsberechtigten vorliegen, die das physische Existenzminimum konkret und unmittelbar gefährden. Da die um Sozialhilfe nachsuchende Person im Fall des § 24 Abs. 2 SGB XII ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht mehr im Inland hat, ist die außergewöhnliche Notlage nicht allein und in erster Linie durch das vom Gesetzgeber für das Inland bestimmte Existenzminimum geprägt, das an dem jeweiligen Entwicklungsstand des Gemeinwesens und den bestehenden Lebensbedingungen in Deutschland ausgerichtet ist. Schon die Frage nach der außergewöhnlichen Notlage bestimmt sich vielmehr auch nach dem allgemeinen Lebensstandard und den Anschauungen im Aufenthaltsland; nur im Ausnahmefall (etwa bei Gefährdung von Leib und Leben durch die im Aufenthaltsland allgemein herrschenden Lebensbedingungen) können diese von vornherein nicht Maßstab sein. Keine Rolle spielt bei Prüfung einer außergewöhnlichen Notlage deshalb auch, wie sich nach Rückkehr im Inland die Lebensverhältnisse darstellen würden und ob insbesondere auch hier Sozialhilfebedürftigkeit bestehen würde; dies wird schon daraus deutlich, dass jede Rückkehrmöglichkeit Ansprüche auf Grundlage von § 24 Abs. 1 Satz 2 SGB XII ausschließt (vgl. BSG Urteil vom 21.09.2017 – B 8 SO 5/16 R).
Es kann im vorliegenden Verfahren offenbleiben, ob eine außergewöhnliche Notlage nur vorliegt, wenn existenzielle Rechtsgüter in erheblicher Weise betroffen sind bzw. eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung existenzieller Rechtsgüter droht, insbesondere das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit und/oder die Grundvoraussetzungen einer menschenwürdigen Existenz, betroffen sind (so LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 11.08.2014 – L 20 SO 481/11). Denn jedenfalls wenn das soziokulturelle Existenzminimum gedeckt ist, liegt keine außergewöhnliche Notlage vor.
Maßstab für die Bedarfsdeckung sind die im Ausland gewährten Sozialleistungen, denn nach § 24 Abs. 3 SGB XII richten sich Art und Maß der Leistungserbringung sowie der Einsatz des Einkommens und des Vermögens nach den besonderen Verhältnissen im Aufenthaltsland. Demnach ist die Bedarfsdeckung ab Dezember 2016 anhand der beitragsunabhängigen Altersrente (pension de jubilación no contributiva) zu messen. Diese Leistung, die auch Staatsangehörige anderer EU-Mitgliedsstaaten von der spanischen Sozialversicherung INSS beanspruchen können, soll für die für ältere Bürgerinnen und Bürger die Sozialhilfe ersetzen (vgl. Merkblatt Sozialhilfe in Spanien, abrufbar unter spanien.diplo.de). Der Kläger zu 1 hatte im Dezember 2016 bereits das 65. Lebensjahr vollendet, so dass für ihn nur noch diese Leistung in Betracht kam und nicht mehr die spanische Sozialhilfe. Die Klägerin zu 2 hätte aufgrund ihrer Erwerbsminderung nur noch die vergleichbare beitragsunabhängige Invalidenrente (pension de invalidez no contributiva) beziehen können und ebenfalls keine Sozialhilfe mehr. Dies deckt sich mit der Auskunft, die die Kläger selbst von der Stadtverwaltung C. bei einer Vorsprache erhalten haben (Bescheinigung vom 27.01.2006). Die beitragsunabhängige Altersrente wird für 14 Monate gewährt, der Monatsbetrag beläuft sich im Jahr (vgl. Merkblatt Sozialhilfe in Spanien, abrufbar unter spanien.diplo.de)
2016 auf 367,90 € (insgesamt 5.150,60 €)
2017 auf 368,90 € (insgesamt 5.164,60 €)
2018 auf 380,10 € (insgesamt 5.321,40 €)
2019 auf 392,00 € (insgesamt 5.488,00 €)
2020 auf 395,57 € (insgesamt 5.537,98 €)
2021 auf 402,80 € (insgesamt 5.639,20 €)
Der Kläger zu 1 hat im Jahr 2016 Renteneinkünfte von der DRV Rheinland iHv 5.351,02 € (2x 437,47 €, 4x 436,49 € und 6x 455,02) € erhalten. Damit ist der Bedarf, der durch die spanische beitragsunabhängige Altersrente definiert wird, gedeckt. Die Rente des Klägers zu 1 ist zum 01.01.2017 auf 454 € festgesetzt worden, zum 01.07.2017 wurde sie auf 462,50 € erhöht, sodass sich im Jahr 2017 ein Gesamtbetrag von 5.499,90 € ergibt, der wiederum oberhalb der spanischen Mindestrente liegt. Zum 01.07.2018 hat sich die Rente auf 477,55 € erhöht, zum 01.01.2019 auf 477,82 €, zum 01.07.2019 auf 493,04, zum 01.07.2020 auf 510,04 und zum 01.03.2021 auf 508,90 €. Damit war der Bedarf in allen Jahren gedeckt.
Weitere Bedarfe des Klägers zu 1 sind nicht ersichtlich, insbesondere war er aufgrund des Rentenbezuges kranken- und pflegeversichert. Als weitere spanische Sozialleistungen kommen lediglich noch Wohnbeihilfen (complemento de vivienda) in Betracht. Diese sind jedoch sehr gering (für 2020 belaufen sie sich auf 525 € im Jahr, vgl. Merkblatt „Ihre Rechte der sozialen Sicherheit in Spanien“ der Europäischen Kommission, abrufbar unter ec.europa.eu). Der zusätzliche Wohnbedarf kann daher aus dem überschießenden Einkommen der Klägerin zu 2 gedeckt werden. Sie bezog im Jahr 2017 Erwerbsminderungsrenten iHv 8.138,88 € (6 x 671,84 € + 6 x 684,64 €) und lag damit deutlich über dem Existenzminimum, das durch die beitragsunabhängige Rente definiert wird.
Damit war der Bedarf der Kläger zu 1 und 2 in der Zeit ab dem 01.01.2016 durch die Renten gedeckt. Der Bedarf der im Jahr 2002 geborenen Tochter wird durch das Kindergeld und das überschießende Renteneinkommen der Mutter gedeckt. Dabei kann offenbleiben, wie der Bedarf der Tochter zu bemessen ist. Selbst wenn man den Bedarf eines Erwachsenen zugrunde legen würde, der durch die Höhe der beitragsunabhängigen Renten definiert wird, wäre er mit dem Kindergeld (ab 2016 190 €) und dem überschießenden Renteneinkommen der Mutter deckt. Auf die Frage, ob auch das Pflegegeld der Klägerin zu 2 zur Bedarfsdeckung einzusetzen ist (bejahend BSG Beschluss vom 04.02.2015 – B 8 SO 1/15 R; LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 10.11.2014 – L 20 SO 484/11), kommt es daher nicht mehr an.“
Diese Ausführungen beanspruchen auch für den noch zulässig streitgegenständlichen Restzeitraum Gültigkeit. Anhaltspunkte dafür, dass die Verhältnisse sich insoweit seit Februar 2022 wesentlich geändert haben, sind nicht aktenkundig und werden von der Klägerin mit der Berufung auch nicht geltend gemacht. Vielmehr hat die Klägerin ausdrücklich ausgeführt, ihre Verhältnisse hätten sich nicht geändert und sie gehe bis 2023 zur Schule.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.