Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 10.07.2020 wird zurückgewiesen.
Die Beteiligten haben einander auch im Berufungsverfahren außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten steht die Erstattung der Kosten für drei im Jahr 2019 durchgeführte Eingriffe zur Liposuktion im Streit.
Die am 00.00.0000 geborene Klägerin ist bei der Beklagten krankenversichert. Erstmals mit E-Mail vom 05.09.2018 informierte sie die Beklagte darüber, dass bei ihr ein Lipödem festgestellt worden sei und sie erkundigte sich, wie genau sie vorgehen müsse, da sie beabsichtige, es operieren zu lassen. Sie erwarte noch entsprechende medizinische Unterlagen und beabsichtige dann, bei der Beklagten einen Antrag auf Kostenübernahme zu stellen. Sie erkundigte sich, ob es Formulare dafür gebe. Die Beklagte lehnte den als solchen aufgefassten Antrag der Klägerin auf „Kostenübernahme für eine stationär durchzuführende Liposuktion bei Lipödem“ vom 05.09.2018 ab (Bescheid vom 06.09.2018), wobei sie auf die Rechtsprechung (BSG vom 24.04.2018 – B 1 KR 10/17 R) verwies und der Klägerin empfahl, sich wegen der konservativ anzuwendenden Therapie (wie Lymphdrainagen, Kompression, Bewegungstherapie) mit ihrem behandelnden Arzt zu besprechen.
Am 21.09.2018 beantragte die Klägerin im Rahmen einer persönlichen Vorsprache (Gesprächsnotiz vom 21.09.2018) unter Bezugnahme auf einen Arztbrief der Internistin und Angiologin Z. vom 07.09.2018 und ein „Fachärztliches Gutachten zur Vorlage beim Medizinischen Dienst“ der Fachärztin für Chirurgie T. (V. R.) vom 03.09.2018 die Kostenübernahme als Einzelfallentscheidung für medizinisch notwendige ambulante Operationen (insgesamt drei Operationen an den Unterschenkeln, Oberschenkeln und Armen) des bei ihr bestehenden schmerzhaften Lipödems beider Arme und Beine (Stadium I). Nach einer fachärztlichen Diagnose eines Lipödems sei eine konservative Entstauungstherapie mittels flachgestrickter Kompressionsbestrumpfung verordnet und konsequent durchgeführt worden. Die Beschwerden hätten jedoch nur anfangs gelindert werden können. Die Klägerin wolle eine Liposuktion bereits in einem frühzeitigen Stadium durchführen lassen, um eine Befundverschlechterung zu vermeiden. Ebenfalls beigefügt waren drei (weder adressierte noch datierte) Kostenvoranschläge der V. R. für entsprechende Eingriffe an den Armen, den Unterschenkeln und den Oberschenkeln über je 5.995 Euro sowie ein „ärztlicher Befundbericht“ der T. vom 03.09.2018.
Durch Bescheid vom 18.10.2018 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin vom 21.09.2018 auf Übernahme der „Kosten für eine Liposuktion an beiden Unterschenkeln, beiden Oberschenkeln und beiden Armen in der V. R. in Q.“ ab. Hiergegen erhob die Klägerin am 13.11.2018 Widerspruch, zu dessen Begründung sie im Wesentlichen ausführte, es sei eine Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a SGB V eingetreten. Der am 21.09.2018 bei der Beklagten eingegangene Antrag der Klägerin sei erst nach Ablauf der dreiwöchigen Bearbeitungsfrist abgelehnt worden. Auch die übrigen Voraussetzungen einer Kostenübernahme nach § 13 Abs. 3a SGB V lägen vor. Mit Widerspruchsbescheid vom 22.01.2019 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Eine abschließende Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) zur Liposuktion liege nicht vor. Daher sei die Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) ausgeschlossen. Des Weiteren sei die Privatklinik V. R. nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.
Mit ihrer am 14.02.2019 vor dem Sozialgericht Dortmund erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt und zunächst weiter die Gewährung von Liposuktionsoperationen der Arme, Ober- und Unterschenkel bei der V. R. als Sachleistung begehrt. Nachdem sie sich die begehrten Eingriffe am 09.07.2019, 03.09.2019 und 27.11.2019 auf eigene Kosten selbst beschafft hat (Sitzungsniederschrift vom 10.09.2019), hat sie die Erstattung der aufgewendeten Kosten begehrt. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen geltend gemacht, dass seit dem Ablauf des 12.10.2018 ihr Antrag als genehmigt gelte. Eine Liposuktion sei nach der ständigen Rechtsprechung eine Leistung, die grundsätzlich einer Genehmigungsfiktion nach § 13 Abs. 3a SGB V zugänglich sei. Dem stehe auch nicht der Bescheid der Beklagten vom 06.09.2018 entgegen, da sich dieser auf eine stationäre Liposuktion im Allgemeinen und nicht auf die letztlich beantragte ambulante Leistungserbringung bezogen habe. Die Klägerin habe die Leistung aufgrund der erfolgten ärztlichen Beratung auch als medizinisch notwendig annehmen dürfen. Zudem sei das Begehren der Klägerin nicht auf eine privatärztliche Behandlung gerichtet gewesen. Sie habe ihren Antrag nicht auf einen konkreten Leistungserbringer beschränkt. Für die Frage der Kostentragung komme es allein auf die zivilrechtliche Verbindlichkeit nach § 12 Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) an. Die Fälligkeit nach § 12 GOÄ werde durch das materielle Gebührenrecht nicht berührt. Zudem seien die Rechnungen auch materiell gebührenrechtlich nicht zu beanstanden. Die mehrfache Abrechnung der Ziffer 2454 sei möglich, da jeweils eine andere Region behandelt und abgerechnet worden sei. Zudem könne die Leistung bei einer einfachen Abrechnung je Extremität nicht wirtschaftlich erbracht werden. Die Klägerin hat drei Rechnungen über eine Gesamtsumme von 17.985 Euro (je 5.995 Euro) – im Einzelnen für eine am 09.07.2019 erfolgte Liposuktion an den Unterschenkeln (Rechnung vom 17.07.2019), eine am 03.09.2019 erfolgte Liposuktion an den Oberschenkeln (Rechnung vom 20.09.2019) und eine am 18.11.2019 erfolgte Liposuktion an den Armen (Rechnung vom 27.11.2019) – vorgelegt. Die Rechnungen sind jeweils nach Nummern des Gebührenverzeichnisses der GOÄ aufgeschlüsselt und enthalten Steigerungssätze von 1, 1,8, 2,3, 3,5 und 6,5. Die Ziffer 491 für die Infiltrationsanästhesie großer Bezirke wird jeweils 12mal berechnet und die Ziffer 2454 für die Entfernung überstehenden Fettgewebes jeweils 13mal. Es ergeben sich aus den GOÄ-Nummern und den gesondert abgerechneten Materialien Gesamtsumme von 5.995,11 Euro (Rechnung vom 17.07.2019), 5.995,04 Euro (Rechnung vom 20.09.2019) und 5.995,40 Euro (Rechnung vom 27.11.2019) die jeweils ohne Angabe eines Grundes durch Abzug (0,11 Euro, 0,04 Euro und 0,4 Euro) auf eine Gesamtsumme von 5.995 Euro gebracht wurden. Wegen der Einzelheiten wird auf die vorgelegten Rechnungen Bezug genommen.
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin die Kosten für die Liposuktionsoperation gemäß den Rechnungen der V. R. vom 17.07.2019, 20.09.2019, und 27.11.2019 in Höhe von insgesamt 17.985,- € zu erstatten,
2. den Bescheid der Beklagten vom 18.10.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.01.2019 aufzuheben.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig gehalten. Ergänzend hat sie ausgeführt, ein Anspruch nach § 13 Abs. 3a SGB V komme nicht in Betracht, da eine Leistung eines Privatarztes begehrt werde. Des Weiteren liege kein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin bezüglich ihres Antrages vor, da die Klägerin bereits mit Schreiben vom 06.09.2018 umfassend von der Beklagten informiert worden sei. Die Klägerin sei zudem bereits durch das Schreiben der V. R. vom 21.09.2018 aufgeklärt worden. Überdies handele es sich bei den streitgegenständlichen Rechnungen um rechtsunwirksame Rechnungen, da jeweils ein Pauschalhonorar abgerechnet worden sei. Die Rechnungen entsprächen auch nicht § 12 GOÄ, da je Körperteil die Ziffer 2454 jeweils viermal abgerechnet worden sei. Für eine Leistung dürfe jedoch nur eine Ziffer abgerechnet werden. Der erhöhte Aufwand solle nach der Konzeption der GOÄ durch die Steigerungsfaktoren abgebildet werden und nicht durch den mehrfachen Ansatz einer Ziffer.
Mit Einverständnis der Beteiligten hat das Sozialgericht die Klage mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 10.07.2020 abgewiesen. Es besteht insbesondere kein Anspruch auf Erstattung von Kosten für selbstbeschaffte Leistungen nach § 13 Abs. 3a SGB V, denn der Klägerin seien keine Kosten für die Selbstbeschaffung entstanden. Die Klägerin sei zivilrechtlich nicht zur Zahlung der ärztlichen Leistung verpflichtet gewesen. Nach § 12 Abs. 1 GOÄ werde erst mit der Erstellung einer den Vorschriften der GOÄ entsprechenden Rechnung die Vergütung fällig. Die vorgelegten Rechnungen der V. R. mit den dort angesetzten Steigerungsfaktoren von 1, 1,8, 2,3, 3,5 und 6,5 entsprächen nicht den Voraussetzungen der GOÄ, weshalb keine Zahlungsverpflichtung der Klägerin gegenüber den behandelnden Ärzten bestehe und bereits geleistete Zahlungen zurückverlangt werden könnten. Insbesondere fehle es bereits an verständlichen und nachvollziehbaren schriftlichen Begründungen für das Überschreiten des 2,3fachen Steigerungssatzes (§ 12 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 1 GOÄ). Soweit hier teilweise eine Steigerung von 6,5 berechnet worden sei, sei ein Steigerungsfaktor über 3,5 nur aufgrund einer gesonderten Vereinbarung zulässig (§ 2 Abs. 1 GOÄ), die Klägerin habe jedoch angegeben, dass keinerlei schriftliche Vereinbarungen vor der Behandlung zustande gekommen seien. Damit seien die Voraussetzungen des § 2 GOÄ offenkundig nicht erfüllt und die Abrechnung des Steigerungssatzes von 6,5 ebenfalls nicht zulässig. Überdies liege der Eindruck nahe, dass mit den Rechnungen den Verpflichtungen aus der GOÄ entgegenstehende Pauschalabrechnungen verschleiert werden sollten. Dieser Eindruck entstehe nicht nur durch den Vergleich der Rechnungen, in denen für drei Operationen an verschiedenen Körperregionen die exakt gleiche Summe berechnet werde, sondern auch daraus, dass die Summierung der Einzelposten nicht exakt die im Kostenvoranschlag angegebene Summe von 5.995,- Euro ergeben und jede Rechnung ohne Angabe von Gründen auf 5.995,- Euro gekürzt worden sei. Es bestehe auch kein Anspruch auf Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 18.10.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.01.2019; die Klägerin habe keinen Anspruch auf die abgelehnte Leistung als Sachleistung gehabt. Die ambulante Liposuktion sei nicht von einem Leistungsanspruch gegenüber der GKV nach dem SGB V erfasst. Insbesondere fehle es insoweit an den Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V, wonach die Qualität und Wirksamkeit der Behandlung dem aktuellen Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen und den medizinischen Fortschritt berücksichtigen müsse. Die ambulante Liposuktion sei eine neue Behandlungsmethode im Sinne des § 135 Abs. 1 SGB V, die in der vertragsärztlichen Versorgung nur dann zu Lasten der Krankenkassen erbracht werden dürfe, wenn der G-BA in einer Richtlinie nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V eine positive Empfehlung über den diagnostischen und therapeutischen Nutzen der Methode abgegeben habe (§ 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Eine solche positive Empfehlung des G-BA liege nicht vor. Ein Anspruch auf eine ambulante Liposuktion ergebe sich auch nicht aus den Grundsätzen des sogenannten Systemversagens. Der G-BA habe nach Antrag ein Bewertungsverfahren durchgeführt und am 20.07.2017 festgestellt, dass keine ausreichenden Studien für eine positive Empfehlung vorlägen.
Gegen dieses Urteil hat die Klägerin am 11.08.2020 Berufung eingelegt. Zur Begründung nimmt sie im Wesentlichen Bezug auf ihr bisheriges Vorbringen. Vertiefend führt sie aus, es sei zwar kein schriftlicher Behandlungsvertrag geschlossen worden, jedoch lägen schriftliche Vergütungsvereinbarungen vor. Die Klägerin legt Vergütungsvereinbarungen vom 09.07.2019, 03.09.2019 und 18.11.2019 vor.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 10.07.2020 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.10.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.01.2019 zu verurteilen, der Klägerin die Kosten für die Liposuktionsoperationen gemäß den Rechnungen der V. R. vom 17.07.2019, 20.09.2019, und 27.11.2019 in Höhe von insgesamt 17.985,- Euro zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend und nimmt im Wesentlichen darauf, sowie auf ihr bisheriges Vorbringen Bezug.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Der Inhalt dieser Akten ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
I. Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist nicht begründet.
Das Sozialgericht Duisburg hat die zulässig erhobene Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1, Abs. 4 SGG) der Klägerin zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 18.10.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.01.2019, mit dem die Beklagte es abgelehnt hat, der Klägerin die begehrten Liposuktionsbehandlungen zu gewähren, ist rechtmäßig (dazu unter 1). Die Klägerin hat insbesondere auch keinen Anspruch auf Erstattung der verauslagten Kosten in Höhe von insgesamt 17.985 Euro (dazu unter 2).
1. Der Bescheid der Beklagten vom 18.10.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.01.2019 ist nicht zu beanstanden. Die Klägerin hatte keinen Sachleistungsanspruch auf die begehrten ambulanten Liposuktionsbehandlungen. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird insoweit auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen, denen sich der Senat nach eigener Prüfung anschließt (§ 153 Abs. 2 SGG).
2. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erstattung ihr (für die am 09.07.2019, 03.09.2019 und 18.11.2019 erfolgten operativen Versorgungen) entstandener Behandlungskosten in Höhe von insgesamt 17.985 Euro. Ein solcher Anspruch folgt insbesondere nicht aus § 13 Abs. 3a SGB V (dazu unter a), er folgt auch nicht aus § 13 Abs. 3 SGB V (dazu unter b).
a) Nach § 13 Abs. 3a SGB V i.d.F. vom 23.12.2016 (a.F.) hat die Krankenkasse über einen Antrag auf Leistungen zügig, spätestens bis zum Ablauf von drei Wochen nach Antragseingang oder in Fällen, in denen eine gutachtliche Stellungnahme, insbesondere des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (Medizinischer Dienst), eingeholt wird, innerhalb von fünf Wochen nach Antragseingang zu entscheiden. Wenn die Krankenkasse eine gutachtliche Stellungnahme für erforderlich hält, hat sie diese unverzüglich einzuholen und die Leistungsberechtigten hierüber zu unterrichten. Der Medizinische Dienst nimmt innerhalb von drei Wochen gutachtlich Stellung (Satz 1 bis 3). Kann die Krankenkasse Fristen nach Satz 1 oder Satz 4 nicht einhalten, teilt sie dies den Leistungsberechtigten unter Darlegung der Gründe rechtzeitig schriftlich mit. Erfolgt keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes, gilt die Leistung nach Ablauf der Frist als genehmigt. Beschaffen sich Leistungsberechtigte nach Ablauf der Frist eine erforderliche Leistung selbst, ist die Krankenkasse zur Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten verpflichtet (Satz 5 bis 7).
aa) Die Klägerin hat sich nach Ablauf der Frist des § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V a.F. eine erforderliche Leistung im Sinne von § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V selbst verschafft.
aaa) Die bei der Beklagten versicherte und damit „leistungsberechtigte“ Klägerin hat am 21.09.2018 einen „Antrag auf Leistungen“ im Sinne des § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V a.F. gestellt. Sie hat einen von der Regelung umfassten Antrag auf Krankenbehandlung nach § 27 Abs. 1 SGB V bei der Beklagten eingereicht. Der Antrag bezog sich hinreichend bestimmt auf Liposuktionsbehandlungen an den Armen und Beinen (Arme, Oberschenkel und Unterschenkel).
bbb) Die von der Klägerin beantragten Liposuktionsbehandlungen galten wegen Fristablaufs als genehmigt. Die Beklagte hat nicht fristgemäß über den Antrag der Klägerin entschieden. Über den Antrag vom 21.09.2018, zu dessen Entscheidung die Beklagte keine gutachterliche Einschätzung des MDK angefordert hat, hatte die Beklagte vorliegend binnen drei Wochen zu entscheiden. Die Beklagte hat der Klägerin nicht mitgeteilt, dass und warum sie diese Frist nicht einhalten konnte und hat ihr auch nicht taggenau ein Datum genannt, bis zu dem die Entscheidung ergehen werde. Eine Verlängerung der Drei-Wochen-Frist ist damit nicht eingetreten. Nach Eingang des Antrags am 21.09.2018 begann die Frist zu laufen und endete drei Wochen später am 12.10.2018. Mit ihrem Bescheid vom 18.10.2018 hat die Beklagte somit nicht fristgemäß über den Antrag der Klägerin entschieden.
ccc) Dem durch die Genehmigungsfiktion begründeten Recht der Klägerin auf Selbstbeschaffung auf Kosten der Beklagten steht nicht entgegen, dass die Klägerin materiell keinen Anspruch auf die Liposuktionen hatte (dazu siehe oben zu 1.). Denn sie hatte im Zeitpunkt der Selbstbeschaffung keine Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis vom Nichtbestehen des materiellen Leistungsanspruchs. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG vom 26.05.2020 – B 1 KR 9/18 R Rn. 19 ff.) liegt der spezifische Zweck der Genehmigungsfiktion in dem Druck, den diese auf die Krankenkassen dadurch ausübt, sich nach Ablauf der Frist nicht mehr auf „materielle Rechtswidrigkeit“ der beantragten Leistung berufen zu können, wenn sich die Versicherten die Leistung beschafft haben. Sie entfaltet ihre Wirkung insbesondere in Fällen, in denen nach materiellem Leistungsrecht der GKV kein Naturalleistungsanspruch besteht. Das durch die Genehmigungsfiktion begründete Recht zur Selbstbeschaffung auf Kosten der Krankenkasse besteht auch bei materieller Rechtswidrigkeit der selbstbeschafften Leistung, sofern der Versicherte im Zeitpunkt der Selbstbeschaffung keine Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis vom Nichtbestehen des materiellen Leistungsanspruchs hat. Grob fahrlässig handelt nach der Legaldefinition des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X, wer die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, d.h. wer schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt und daher nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss (vgl. BSG vom 26.05.2020 – B 1 KR 9/18 R Rn. 24 m.w.N.). Dabei ist das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen des Beteiligten sowie den besonderen Umständen des Falles zu beurteilen (vgl. BSG vom 26.05.2020 – B 1 KR 9/18 R Rn. 24 m.w.N.). Eine nähere Kenntnis des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung darf den Versicherten nicht abverlangt werden (vgl. BSG vom 26.05.2020 – B 1 KR 9/18 R Rn. 24). Das Tatbestandsmerkmal der groben Fahrlässigkeit soll nur eine Kostenerstattung offensichtlich rechtswidriger Leistungen ausschließen (BSG vom 26.05.2020 – B 1 KR 9/18 R Rn. 24). Je offensichtlicher die beantragte Leistung außerhalb des GKV-Leistungskatalogs liegt, desto eher ist von einer zumindest grob fahrlässigen Unkenntnis der Versicherten im Zeitpunkt der Selbstbeschaffung auszugehen (vgl. BSG vom 26.05.2020 – B 1 KR 9/18 R Rn. 24). Das ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG vom 26.05.2020 – B 1 KR 9/18 R Rn. 25) dann der Fall, wenn sich Versicherte trotz erdrückender Sach- und Rechtslage besserer Erkenntnis verschließen. Allein der Umstand, dass ein Arzt Versicherten verdeutlicht, Krankenkassen sähen die Rechtslage zuungunsten der Versicherten anders, er als Vertragsarzt deshalb im Verhältnis zu den Krankenkassen nicht das Vergütungsrisiko übernehmen wolle und er dem Versicherten daher einen Leistungsantrag bei der zuständigen Krankenkasse empfehle, begründet noch keine grob fahrlässige Unkenntnis oder gar Kenntnis der Rechtswidrigkeit der beantragten Leistung (vgl. BSG vom 26.05.2020 – B 1 KR 9/18 R Rn. 25). Es kommt auch nicht auf formale Ablehnungsentscheidungen an, sondern auf die Qualität der fachlichen Argumente und ihre Nachvollziehbarkeit durch die Versicherten; deshalb folgt aus einer ablehnenden Entscheidung der Krankenkasse für sich genommen noch keine grobe Fahrlässigkeit; selbst dann nicht, wenn die Entscheidung der Krankenkasse auf einer Stellungnahme des MDK beruht (vgl. BSG vom 26.05.2020 – B 1 KR 9/18 R Rn. 25). Ein Meinungsstreit über rechtliche und tatsächliche Umstände, insbesondere unterschiedliche gutachtliche Bewertungen, schließt Gutgläubigkeit grundsätzlich nicht aus; dies gilt auch noch während eines Klage- und Rechtsmittelverfahrens (vgl. BSG vom 26.05.2020 – B 1 KR 9/18 R Rn. 25).
Unter Anwendung dieser Maßstäbe war die Klägerin im Zeitpunkt der während des Klageverfahrens erfolgten Selbstbeschaffung am 09.07.2019, 03.09.2019 und 27.11.2019 nicht bösgläubig. Sie hatte keine Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis vom Nichtbestehen des materiellen Leistungsanspruchs. Aus den Ausführungen der Klägerin in ihrer E-Mail vom 05.09.2018 ergibt sich kein Zweifel der Klägerin an dem Bestehen eines Leistungsanspruchs. Solche Zweifel bestanden bei der Klägerin auch nicht bei ihrem Antrag vom 21.09.2018. Es kann ihr insoweit auch keine grob fahrlässige Unkenntnis vorgeworfen werden. Nähere Kenntnis des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung kann Versicherten gerade nicht abverlangt werden, zumal nicht erkennbar ist, dass die Klägerin Juristin oder Medizinerin ist. Dass sie davon ausging, es bestehe eine Leistungspflicht kann ihr als juristischem und medizinischem Laien nicht zum Vorwurf gemacht werden. Sie verschloss sich dabei auch nicht einfachsten, ganz naheliegenden Überlegungen, sondern begründete ihre Ansicht und stützte ihre Position auf ärztliche Berichte und Empfehlungen. Dass ihr Arzt sie darauf hingewiesen hatte, dass es sich nicht um eine vertragsärztliche Behandlung handele und deshalb nach der GOÄ abzurechnen sei, begründet ebenfalls weder Kenntnis noch grob fahrlässige Unkenntnis der Rechtswidrigkeit der beantragten Leistung. Diese Aussage ist allein dem mit Leistungen im Sinne des § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V typischerweise verbundenen Kostenrisiko des Behandlers geschuldet (vgl. LSG Baden-Württemberg vom 03.03.2021 – L 5 KR 4214/19 Rn. 31). Die Klägerin wurde auch nicht durch die Ablehnungsentscheidungen der Beklagten vom 06.09.2018 und vom 18.10.2018 bösgläubig. Die Bescheide enthalten neben der formalen Ablehnungsverfügung, die allein zur Begründung von Bösgläubigkeit nicht ausreichend ist, nur eine rudimentäre Begründung und verweisen im Wesentlichen unter Bezugnahme auf ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG vom 24.04.2018 – B 1 KR 10/17 R) darauf, dass Kosten einer privatärztlichen Behandlung nicht übernommen werden können und darauf, dass es sich bei der Liposuktion um eine neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode handelt, ohne auf den Einzelfall der Klägerin näher einzugehen. Gleiches gilt für die Hinweise der Beklagten im Rahmen der persönlichen Vorsprache vom 21.09.2018 (Gesprächsnotiz vom 21.09.2018). Dem standen die umfangreichen ärztlichen Empfehlungen zu der begehrten Behandlung entgegen, auf die die Klägerin sich stützen konnte. Unabhängig davon, dass sich im konkreten Einzelfall keine Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis der Klägerin vom Nichtbestehen des materiellen Leistungsanspruchs begründen lässt, spricht vieles dafür davon auszugehen, dass ein Antrag auf Leistung einer neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode, die noch dazu wie im Fall der Liposuktion im fraglichen Zeitpunkt im G-BA zur Überprüfung stand (Beschluss des GBA vom 22.05.2014, ausgesetzt am 20.07.2017), regelhaft nicht rechtsmissbräuchlich ist (vgl. insoweit LSG Baden-Württemberg vom 03.03.2021 – L 5 KR 4214/19 Rn. 34 m.w.N.). Denn dies sind gerade die typischen Fälle, in denen sich Versicherte mit einem Antrag an ihre Krankenkasse wenden, weil der Behandler das Vergütungsrisiko nicht übernehmen will. Es griffe unverhältnismäßig in die Patientenrechte ein, wenn dem Versicherten von vornherein das Antragsrecht verwehrt wäre; vielmehr muss es dem Versicherten grundsätzlich möglich sein, im Fall einer neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode eine Einzelfallprüfung und -entscheidung der Krankenkasse herbeizuführen (vgl. LSG Baden-Württemberg vom 03.03.2021 – L 5 KR 4214/19 Rn. 34 m.w.N.).
bb) Die Klägerin war zur Überzeugung des Senats vor Ablauf der Entscheidungsfrist auch nicht auf die Selbstbeschaffung der beantragten Leistung vorfestgelegt. Zwar hatte sie sich bei dem letztendlichen Leistungserbringer und einem weiteren Behandler über die begehrte Leistung informiert und Kostenvoranschläge eingeholt; es ist aber nicht erkennbar, dass sie zu diesem Zeitpunkt bereits fest entschlossen war, sich durch die V. R. behandeln zu lassen. Sowohl aus ihren Antragsschreiben wie auch aus dem tatsächlichen Geschehensablauf ergibt sich vielmehr, dass sie vor einer Selbstbeschaffung die Entscheidung der Beklagten abwarten wollte.
cc) Dem Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V a.F. steht indes entgegen, dass der Klägerin keine erstattungsfähigen Kosten entstanden sind.
aaa) Die Erstattung von Kosten setzt sowohl begrifflich wie nach Wortlaut und Zweck von § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V a.F. (wie auch nach § 13 Abs. 3 SGB V) voraus, dass dem Versicherten Kosten entstanden sind. Geht es – wie hier – um die Kosten einer ärztlichen Behandlung, so besteht ein Vergütungsanspruch des Arztes nur, wenn dem Patienten darüber eine Abrechnung nach den Vorschriften der GOÄ erteilt worden ist (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen vom 29.01.2020 – L 11 KR 465/18 Rn. 22 m.w.N.).
bbb) Die streitgegenständlichen, dem Anwendungsbereich der GOÄ unterfallenden (§ 1 Abs. 1 GOÄ) Rechnungen der V. R. begründeten keinen rechtswirksamen Vergütungsanspruch. Denn sie erfüllen nicht die für einen fälligen Vergütungsanspruch erforderlichen formellen Voraussetzungen insbesondere der Regelung des § 12 Abs. 2 Nr. 2 GOÄ (dazu unter <3>).
(1) Nach § 12 Abs. 1 GOÄ wird die Vergütung fällig, wenn dem Zahlungspflichtigen eine dieser Verordnung entsprechende Rechnung erteilt worden ist. Dabei kommt es für die Fälligkeit nach § 12 Abs. 1 GOÄ nicht darauf an, dass die Rechnung insgesamt der GOÄ entspricht (vgl. insoweit Miebach in Uleer/Miebach/Patt, Abrechnung von Arzt- und Krankenhausleistungen, 3. Auflage 2006, § 12 GOÄ Rn. 8); vielmehr wird die Fälligkeit des Vergütungsanspruchs durch die Erteilung einer Rechnung herbeigeführt, die (lediglich) die formalen Voraussetzungen des § 12 Abs. 2-4 GOÄ erfüllt (vgl. Spickhoff in Spickhoff, Medizinrecht, 4. Aufl. 2022, § 12 GOÄ Rn. 3 m.w.N.). Dementsprechend führt auch der Bundesgerichtshof (BGH vom 21.12.2006 – III ZR 117/06 Rn. 12 ff.) aus, Zweck der komplexen Regelung über den notwendigen Inhalt einer Rechnung sei es, dem Zahlungspflichtigen, von dem weder medizinische noch gebührenrechtliche Kenntnisse erwartet werden könnten, eine Grundlage für eine Überprüfung der in Rechnung gestellten Leistungen zu geben. Hierzu gehöre insbesondere die Bezeichnung der einzelnen berechneten Leistungen, deren Zuordnung zu einer bestimmten Gebührennummer sowie der jeweilige Betrag und der Steigerungssatz (BGH vom 21.12.2006 – III ZR 117/06 Rn. 13). § 12 Abs. 2 GOÄ enthält den Mindestinhalt einer Rechnung; nach § 12 Abs. 2 Nr. 2 GOÄ muss die Rechnung bei Gebühren insbesondere die Nummer und die Bezeichnung der einzelnen berechneten Leistung einschließlich einer in der Leistungsbeschreibung gegebenenfalls genannten Mindestdauer sowie den jeweiligen Betrag und den Steigerungssatz enthalten. § 12 Abs. 3 GOÄ regelt das Überschreiten einer berechneten Gebühr nach § 12 Abs. 2 Nr. 2 GOÄ um mehr als das 2,3fache des Gebührensatzes. Insoweit kann bei Bestehen einer schriftlichen abweichenden Vereinbarung nach § 2 GOÄ auch eine höhere Gebühr vereinbart werden.
(2) Es mag dahinstehen, ob der Rechtmäßigkeit der Rechnungen entgegensteht, dass abweichend von § 5 Abs. 1 GOÄ Steigerungssätze von mehr als 3,5 (hier 6,5) abgerechnet wurden. Ein Steigerungsfaktor über 3,5 ist aufgrund einer gesonderten Vereinbarung zulässig (§ 2 Abs. 1 GOÄ). Eine solche Vereinbarung ist gemäß § 2 Abs. 2 GOÄ nach persönlicher Absprache im Einzelfall zwischen Arzt und Zahlungspflichtigem vor Erbringung der Leistung des Arztes in einem Schriftstück zu treffen. Der Arzt hat dem Zahlungspflichtigen einen Abdruck der Vereinbarung auszuhändigen. Solche zwischen der Klägerin und der V. R. geschlossene Vereinbarungen hat die Klägerin im Berufungsverfahren vorgelegt. Dabei mag offenbleiben, ob eine Vereinbarung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GOÄ lediglich die Höhe der Gebühren betreffen kann, oder ob damit auch ein Vorschuss (hier in voller Höhe) vereinbart werden kann (zum Meinungsstand vgl. Spickhoff in Spickhoff, Medizinrecht, 4. Aufl. 2022, § 2 GOÄ Rn. 2). Es mag ebenfalls offenbleiben, wie der Umstand zu bewerten ist, dass die vorgelegten Vereinbarungen vom 09.07.2019 und vom 03.09.2019 jeweils am Tag der Behandlung und die Vereinbarung vom 18.11.2019 neun Tage vor der Behandlung geschlossen wurden, wobei jeweils Vorauszahlung in Höhe von 5.995 Euro, zahlbar bis spätestens drei Wochen vor der geplanten Operation, vereinbart war.
(3) Denn jedenfalls erfüllen die Rechnungen die für einen fälligen Vergütungsanspruch erforderlichen formellen Voraussetzungen der Regelung des § 12 Abs. 2 Nr. 2 GOÄ (dazu unter <3.1>) sowie des § 12 Abs. 3 Satz 1 GOÄ (dazu unter <3.2>) nicht.
(3.1) Zwar enthalten die Rechnungen formal Angaben zu Gebührennummern, Bezeichnung der einzelnen berechneten Leistung sowie dem jeweiligen Betrag und Steigerungssatz. Soweit jedoch Leistungen jedenfalls nach Ziffer 2454 GOÄ mehrfach berechnet werden, erfüllen die Rechnungen dennoch nicht die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 2 GOÄ. Denn soweit nach § 12 Abs. 2 Nr. 2 GOÄ in der Rechnung u.a. die Gebührennummer und die Bezeichnung der zugehörigen Leistung anzugeben sind, hat dies aus Gründen des Verbraucherschutzes transparent zu geschehen, wobei Gebührennummer und Leistung miteinander zu korrespondieren haben (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen vom 13.01.2022 – 1 A 3850/19 Rn. 2 unter Verweis auf VG Gelsenkirchen vom 06.09.2019 – 3 K 5691/17). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Die Leistung nach Ziffer 2454 bezeichnet die "operative Entfernung von überstehendem Fettgewebe an einer Extremität". Der Zusatz "an einer Extremität" bezeichnet nicht nur eine Behandlungsregion, sondern begrenzt die Abrechnung in der Weise, dass die Gebührenziffer nur einmal pro Extremität abrechenbar ist (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen vom 13.01.2022 – 1 A 3850/19 Rn. 12 m.w.N.). Die Leistungsbeschreibung der Ziffer 2454 GOÄ lautet ausdrücklich dahingehend, dass die Entfernung von überstehendem Fettgewebe an einer Extremität abgerechnet werden kann. Damit nimmt die GOÄ selbst in der einschlägigen Gebührennummer eine Begrenzung des von der Gebühr umfassten Leistungsumfangs insofern vor, als auf das von der operativen Maßnahme betroffene Körperteil abzustellen ist, nicht hingegen auf die Anzahl der zur Erreichung dieses Ziels - mithin die Entfernung des Fettgewebes an der jeweiligen Extremität - jeweils notwendigen Einzelschritte (vgl. LG Köln vom 15.02.2022 – 3 O 231/19 Rn. 27; OLG Düsseldorf vom 04.12.2007 – 4 U 48/07 Rn. 34). Für diese Auslegung sprechen Satz 1 und 2 der dem maßgeblichen Abschnitt L der GOÄ vorangestellten Allgemeinen Bestimmungen („Zur Erbringung der in Abschnitt L aufgeführten typischen operativen Leistungen sind in der Regel mehrere operative Einzelschritte erforderlich. Sind diese Einzelschritte methodisch notwendige Bestandteile der in der jeweiligen Leistungsbeschreibung genannten Zielleistung, so können sie nicht gesondert berechnet werden.“, LG Köln vom 15.02.2022 – 3 O 231/19 Rn. 28 f.) sowie ein systematischer, einen Wertungswiderspruch vermeidender Vergleich mit der Leistung nach Ziffer 2452 GOÄ und deren Bewertung (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen vom 13.01.2022 – 1 A 3850/19 Rn. 2 unter Verweis auf VG Gelsenkirchen vom 06.09.2019 – 3 K 5691/17). Die streitgegenständlichen Rechnungen, mit denen die Gebührenziffer 2454 GOÄ insgesamt 39mal in Ansatz gebracht wurde, genügen den dargestellten Anforderungen nicht. Die jeweilige Angabe der ärztlichen Leistung nach dem Muster "Entfernung überstehenden Fettgewebes" und Angabe der behandelten Region der Extremität (z.B.: "Knie lateral links") erweckt bei dem Patienten den – unzutreffenden – Eindruck, die Ziffer dürfe mehrmals pro Extremität abgerechnet werden, und ist für den Verbraucher daher entgegen dem Regelungsziel des § 12 GOÄ nicht transparent (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen vom 13.01.2022 – 1 A 3850/19 Rn. 23 unter Verweis auf VG Gelsenkirchen vom 06.09.2019 – 3 K 5691/17).
Es mag dahinstehen, ob Vergleichbares auch für die erfolgte Abrechnung der Ziffer 491 GOÄ gilt. Dabei mag sowohl dahinstehen, ob die Ziffer 491 GOÄ überhaupt abrechenbar war, wobei die Leistung nach Ziffer 491 GOÄ die „Infiltrationsanästhesie großer Bezirke – auch Parazervikalanästhesie –“ bezeichnet und ausweislich der Vorbemerkungen zu Abschnitt D der GOÄ bei der Anwendung mehrerer Narkose- oder Anästhesieverfahren nebeneinander nur die jeweils höchstbewertete dieser Leistungen berechnungsfähig ist. Die Ziffer 478 GOÄ bezeichnet die „Intravenöse Anästhesie einer Extremität, bis zu einer Stunde Dauer“ und die Ziffer 479 GOÄ die „Intravenöse Anästhesie einer Extremität, jede weitere angefangene Stunde“. Dabei ist die Ziffer 478 GOÄ mit 13,41 Euro (Einfachsatz) höher bewertet, als die abgerechnete Ziffer 491 GOÄ mit 3,56 Euro (Einfachsatz). Ebenfalls mag dahinstehen, ob die insgesamt 36mal erfolgte Abrechnung der Ziffer 491 GOÄ wegen fehlender Verbrauchertransparenz ebenfalls nicht die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 2 GOÄ erfüllt (während das Landgericht Köln die mehrfache Abrechenbarkeit der Ziffer je Extremität <achtmal je Bein> anerkennt <vgl. LG Köln vom 15.02.2022 – 3 O 231/19 Rn.35>, sieht das Oberlandesgericht Braunschweig die die Ziffer nur einmal je Extremität als abrechenbar an <vgl. OLG Braunschweig vom 16.09.2020 – 11 U 122/18 Rn. 91>).
Es mag ebenfalls dahinstehen, ob jedenfalls die Rechnungen vom 17.07.2019 und vom 27.11.2019 die Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 5 Halbsatz 2 GOÄ nicht erfüllen, weil hinsichtlich des abgerechneten Kompressionsmieders (Rechnung vom 17.07.2019; 76,50 Euro) und des abgerechneten Bolero (Rechnung vom 27.11.2019; 63 Euro) der Betrag der einzelnen Auslage 50,- Deutsche Mark (entspricht 25,56 Euro) übersteigt und Belege oder sonstige Nachweise nicht beigefügt waren (in den Rechnungen wird jeweils die Anlage eines Sachkostennachweises bezeichnet; die Klägerin hat diese nicht vorgelegt).
(3.2) Denn jedenfalls erfüllen die Rechnungen auch die für einen fälligen Vergütungsanspruch erforderlichen formellen Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 Satz 1 GOÄ nicht. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auch insoweit auf die zutreffenden Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen, denen sich der Senat nach eigener Prüfung anschließt (§ 153 Abs. 2 SGG). Ergänzend ist dazu auszuführen, dass auch die im Berufungsverfahren vorgelegten Vereinbarungen nach § 2 Abs. 1 Satz 1 GOÄ – ungeachtet der Frage, ob damit eine Begründung nach § 12 Abs. 3 Satz 1 GOÄ abbedungen oder ersetzt werden konnte – zu der berechneten Gebühr der Ziffer 491 jeweils mit dem 3,5fachen Gebührensatz ebenso keinerlei Angaben enthalten, wie auch die vorgelegten Rechnungen, worauf bereits das Sozialgericht zutreffend hingewiesen hat.
ccc) Letztlich steht dem Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3a Satz 7 SGB V a.F. auch entgegen, dass der Klägerin deshalb keine erstattungsfähigen Kosten entstanden sind, weil es sich bei den streitgegenständlichen Rechnungen um verdeckte Pauschalabrechnungen handelt. Versicherten entstehen dann keine Kosten im Rechtssinne, wenn der behandelnde Arzt anstelle der Vergütung von Einzelleistungen ein Pauschalhonorar ohne Bezugnahme auf das Leistungsverzeichnis der GOÄ in Rechnung stellt und den Auslagenersatz pauschaliert (vgl. BSG vom 11.07.2017 – B 1 KR 1/17 R m.w.N.). Trotzdem – ohne positive Kenntnis dieser Rechtslage – geleistete Zahlungen kann der Patient vom Arzt selbst dann zurückfordern, wenn er sich mit dem Operationsergebnis zufrieden gezeigt hat (vgl. BSG vom 11.07.2017 – B 1 KR 1/17 R m.w.N.). Von dem Vorliegen derartiger Pauschalhonorare ist hier auszugehen. Zwar erwecken die vorgelegten Kostenvoranschläge und Rechnungen zunächst den Anschein der Bezugnahme auf das Leistungsverzeichnis der GOÄ. Im Ergebnis handelt es sich aber um verdeckte Pauschalabrechnungen. Hierauf weist auch das Sozialgericht zu Recht hin. Aus einem Vergleich der Kostenvoranschläge und Rechnungen für die drei bei der Klägerin durchgeführten Operationen ergibt sich, dass hier entgegen des durch die Rechnungen und Kostenvoranschläge erweckten Anscheins jeweils das gleiche Pauschalhonorar für die Liposuktionen abgerechnet wurde, obgleich diese an unterschiedlichen Körperregionen durchgeführt wurden. Dies, sowie die „Glättung“ der sich aus den abgerechneten GOÄ-Nummern und den gesondert abgerechneten Materialien ergebenden Gesamtsumme von 5.995,11 Euro (Rechnung vom 17.07.2019), 5.995,04 Euro (Rechnung vom 20.09.2019) und 5.995,40 Euro (Rechnung vom 27.11.2019) auf jeweils 5.995 Euro, was dem in den vorgelegten Vergütungsvereinbarungen genannten Betrag „Vsl. Gesamtsumme (netto)“ entspricht, lassen einen anderen Schluss, als dass hier Pauschalhonorare vereinbart und abgerechnet wurden, nicht zu. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass mit den Vergütungsvereinbarungen eine wirksame Vereinbarung eines Pauschalhonorares nicht erfolgen konnte (vgl. Spickhoff in Spickhoff, Medizinrecht, 4. Aufl. 2022, § 2 GOÄ Rn. 3 m.w.N.).
b) Ein Anspruch auf Erstattung besteht auch nicht nach § 13 Abs. 3 SGB V, da auch insoweit die Erstattung von Kosten sowohl begrifflich wie nach Wortlaut und Zweck der Norm voraussetzt, dass dem Versicherten Kosten entstanden sind. Geht es – wie hier – um die Kosten einer ärztlichen Behandlung, so besteht ein Vergütungsanspruch des Arztes nur, wenn dem Patienten darüber eine Abrechnung nach den Vorschriften der GOÄ erteilt worden ist (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen vom 29.01.2020 – L 11 KR 465/18 Rn. 22 m.w.N.). Dies ist, wie bereits dargestellt, nicht gegeben.
II. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183 Satz 1, 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.
III. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).