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Die Erinnerung gegen die Festsetzung der Kostenbeamtin vom 08.01.2024 wird zurückgewiesen. Die Vergütung für das Gutachten des HNO-Facharztes G. I. vom 16.09.2023 im Verfahren S 18 KR 2660/21 KH , Sozialgericht Münster, wird auf 0,00 EUR festgesetzt.
Das Verfahren ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über die Vergütung für ein Sachverständigengutachten schon dem Grunde nach. In der vorangehenden Hauptsache S 18 KR 2660/21 KH , Sozialgericht (SG) Münster, klagte das Universitätsklinikum N. seit 13.12.2021 auf vollständige Kostentragung für eine Behandlung des bei der beklagten AOK O. versicherten Herrn B. B. L., geb. 00.00.1970. Bei dem Versicherten Herrn L. ging es um eine OPS 5-218.20, Plastische Rekonstruktion der inneren und äußeren Nase [Septo-Rhinoplastik], mit Korrektur des Knorpels und Knochens; mit lokalen autogenen Transplantaten. Die Universitätsklinik begehrte dafür von der AOK O. noch Zahlung von 1.033,25 Euro (Hauptforderung) zzgl. 2 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit 01.08.2017.
Die damalige Vorsitzende der 18. Kammer erörterte am 26.07.2023 den Sachstand mit den Beteiligten in nichtöffentlicher Video-Sitzung. Beide Beteiligte regten an, ein Sachverständigengutachten einzuholen. Das Gericht ist dem durch Beweisanordnung vom 26.07.2023 nachgekommen. Als Gutachter für die Beurteilung nach Aktenlage wurde benannt: „Herr G. I. 00000 V., Fachgebiet: Hals-Nasen-Ohrenheilkunde.“ Der Sachverständigen-Auftrag mit Akten ging am Dienstag, 01.08.2023 bei der Erinnerungsführerin ein. Bereits zuvor, noch am Donnerstag, 27.07.2023, 16:50:39 Uhr, war hier jedoch die Klage S 18 KR 2660/21 der Universitätsklinik N. von deren Bevollmächtigten Rechtsanwalt Herrn I. in I. mit einem auf den 26.07.2023 datierten Anwaltsschriftsatz wirksam zurückgenommen worden (Bl. 102 E-Akte S 18 KR 2660/21). Am Montag, 31.07.2023 nahm die damalige Vorsitzende der 18. Kammer, Frau Richterin N., dazu folgenden schriftlichen Vermerk zur Gerichtsakte (Bl. 103 E-Akte S 18 KR 2660/21): „Ich telefoniere GUMED (Gutachteninstitut) und teile vorab mit, dass die Beweisanordnung aufgrund der Klagerücknahme nicht bearbeitet werden muss und die Akten direkt zurückgeschickt werden sollen.“ In der Klage- Abschlussverfügung vom 31.07.2023 (Bl. 104 E-Akte S 18 KR 2660/21) ordnete die Vorsitzende Frau Richterin N. zugleich an : „ Schreiben an SV: Das Verfahren wurde durch Rücknahme erledigt. Um Rücksendung der Gerichtsakten wird gebeten.“
Gleichwohl ging am 02.10.2023 ein vom 16.09.2023 datiertes Akten-Gutachten des HNO-Arztes G. I. beim SG Münster ein ( Bl. 112 bis Bl. 127 der E-Akte S 18 KR 2660/21). Mit Vfg. vom 04.10.2023 wurde den Beteiligten das Gutachten noch zur Kenntnisnahme übermittelt: zugleich vermerkte die Kammervorsitzenden erneut: „Das Verfahren wurde durch Rücknahme erledigt.“ (Bl. 128 E-Akte S 18 KR 2660/21). Mit dem Gutachten des Herrn I. zusammen ging am 02.10.2023 zudem eine vom 26.09.2023 datierte Rechnung der Erinnerungsführerin in Höhe von insg. 1.144,66 Euro für das HNO-Gutachten vom 16.09.2023 beim Gericht ein. Das führte sodann zu folgendem Dialog zwischen Kostenbeamtin und zuständiger Kammervorsitzenden: „ Vfg.: 27.11.2023 ( der Kostenbeamtin) : Lt. Vermerk der KV vom 31.07.2023 wurden die Akten telefonisch zurückgefordert, da Klagerücknahme vorliege und das Gutachten daher nicht mehr bearbeitet werden muss. In den Akten befindet sich ein Gutachten mit Rechnung vom 16.09.2023, Eingang bei Gericht am 02.10.2023. Soll die Rechnung gleichwohl angewiesen werden?“ Frau Richterin N. notierte daraufhin am 06.12.2023 u.a. : “ es dürfte kein Vergütungsanspruch bestehen,.“ (Bl. IV Kostenheft zu S 18 KR 2660/21 KH ).
Nach zwischenzeitlicher Mahnung der Erinnerungsführerin vom 02.12.2023 beschied die Kostenbeamtin dann am 08.01.2024 (Bl. VIII, IX Kostenheft zu S 18 KR 2660/21 KH ) den HNO-Arzt Herrn I. wie folgt „…die Bearbeitung Ihrer Rechnung vom 26.09.2023 konnte leider erst jetzt erfolgen, ich bitte dies zu entschuldigen. Eine Vergütung Ihrer o.g. Rechnung wird abgelehnt. Begründung: Durch Beweisanordnung vom 26.07.2023 wurden Sie zur Erstellung eines Gutachtens über den o. g. Patienten beauftragt. Mit Schriftsatz vom 26.07.2023 wurde die Klage durch den Prozessbevollmächtigten der Klägerin zurückgenommen. Dieser Umstand wurde Ihnen durch die Vorsitzende der Kammer 18 am 31.07.2023 telefonisch mitgeteilt mit der gleichzeitigen Bitte, die Akte unbearbeitet an das Sozialgericht zurückzuschicken. Gleichwohl ging am 02.10.2023 Ihr Gutachten vom 16.09.2023 mit den Akten bei Gericht ein. Da Sie vorab telefonisch angewiesen worden sind, den Gutachtenauftrag nicht mehr zu bearbeiten und dennoch das Gutachten mit späterem Datum erstellt worden ist, besteht kein Vergütungsanspruch. Gegen diese Festsetzung kann gemäß § 4 JVEG Erinnerung eingelegt werden.“
Mit einem am 22.01.2024 bei Gericht eingegangenen, vom 13.01.2024 datierten Schreiben wandte sich nun die C. V. GmbH (fortan: Erinnerungsführerin) durch den Ärztlicher Direktor, Herr Prof. Dr. Dr. h.c. U., dagegen. Dieser schrieb u.a. : „..vielen Dank für die Übersendung des Kostenbescheids. Herr Dr. I. hat seine Honoraransprüche an die C. V. abgetreten. Daher legen wir frist- und formgerecht Widerspruch ein. In der Regel sind zwar nur der Anspruchsberechtigte nach § 1 JVEG und der Vertreter der Staatskasse antragsberechtigt. Hat jedoch ein Sachverständiger bzw. sein für ihn abrechnender Dienstherr den entstandenen Vergütungsanspruch abgetreten - wie im vorliegenden Fall-, so kann auch der Abtretungsnehmer die gerichtliche Festsetzung beantragen (vgl. LSG Bayern, Beschluss vom 23.12.2009-L 15 SF 352/09, BeckRS 2010, 65669; LSG Bayern, Beschluss vom 22.12.2009 - L 15 SF 348/09, BeckRS 2010, 65668). Angesichts der bereits durch die C. V. GmbH gestellten Rechnung, die mit dem Gutachten des Antragstellers vorgelegt wurde, ohne dass eine eigene Rechnung des Antragstellers gestellt worden wäre, ist dies hier der Fall. Im vorliegenden Fall wurde - nach aktuellem Schreiben - der Gutachtenauftrag lediglich mündlich storniert. Einen Schriftsatz hierzu oder ein Fax gibt es nicht. Wir bestreiten mit Nichtwissen, dass ein entsprechendes Telefonat stattgefunden hat. Entsprechende Unterlagen oder Telefonvermerke liegen hier ebenfalls nicht vor. Nach der laufenden Rechtsprechung des OLG Stuttgart und OLG München sind telefonische Stornierungen nicht rechtsgültig, die Aufhebung einer Beweisanordnung bedarf der Schriftform. Diese liegt im vorliegenden Fall - nicht zuletzt bewiesen durch den Kürzungsbescheid - gerade nicht vor.“
Die Erinnerungsführerin beantragt wörtlich,
die Vergütung in voller Höhe zu gewähren; richterliche Festsetzung wird ausdrücklich beantragt.
Der Erinnerungsgegner beantragt,
die Rechnung vom 26.09.2023 auf einen Betrag in Höhe von 0 € festzusetzen und die Erinnerung (den Antrag auf richterliche Festsetzung) vom 13.01.2024 zurückzuweisen.
Der nunmehr hinzu gezogene Bezirksrevisor für die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit des Landes Nordrhein-Westfalen tritt im Schreiben vom 13.02.2024(Bl. XXI Kostenheft zu S 18 KR 2660/21 KH) der Erinnerung wie folgt entgegen:„ Nach Durchsicht der Streitakte und des Kostenheftes stelle ich fest, dass die Kostenbeamtin nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen und damit gesetzeskonform, aber auch ermessensfehlerfrei festgesetzt hat. Aufgrund der Rücknahme der Beweisanordnung durch die Kammervorsitzende persönlich ist der Sachgrund für die Erstellung des Gutachtens entfallen und dem Gutachter steht kein Anspruch auf Vergütung zu. Dabei ist es unerheblich, das die Rücknahme mündlich erfolgte. Nach § 346 BGB ist ein Rücktritt wirksam. Als Formerfordernis ist in § 349 BGB lediglich festgehalten: Der Rücktritt erfolgt durch Erklärung gegenüber dem anderen Teil.“
Wegen des Sachstandes im Übrigen und insbes. zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf den Inhalt dieser Kostenrechts-Akte S 30 SF 51(23 E ( alleinige E Akte) , des Kostenheftes zu S 18 KR 2660/21 KH ( elektronisch und in Papierakten-Form) sowie der Ausgangs-Streitakte an sich, S 18 KR 2660/21 KH, SG Münster ( ebenso elektronisch und in Papierakten-Form) , Bezug genommen. Sämtliche vorgenannten Akten bzw. ihre Bestandteile lagen der Überprüfung und Entscheidungsfindung der Kammer zugrunde.
II.
Über den Antrag bzw. die Erinnerung entscheidet die Kammer 30 unter Vorsitz des erkennenden Richters. Als Kostenkammer ist diese aufgrund der Geschäftsverteilung bei dem Sozialgericht Münster in Gestalt des Präsidiumsbeschlusses Nr. 1/2024 und ab 01.04.2024 durch Beschluss Nr. 2/2024 zuständig für alle ab dem 01.04.2024 eingehenden Verfahren betreffend die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscher*innen, Übersetzer*innen, ehrenamtlichen Richter*innen, Zeug*innen (JVEG) (Kostenkammer) sowie für alle diesbezüglich ab dem 01.01.2024 in Kammer 14 eingegangen (gewesenen) Verfahren, mithin auch diese am 14.03.2024 von der Kostenbeamtin dem erkennenden Vorsitzenden zur Entscheidung vorgelegte Gutachten-Kostensache.
Der Antrag auf richterliche Festsetzung gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Justizvergütungs- und Entschädigungs-Gesetz (JVEG) ist zulässig. Gemäß § 4 Abs. 1 JVEG erfolgt die Festsetzung durch gerichtlichen Beschluss, wenn der Berechtigte oder die Staatskasse die gerichtliche Festsetzung beantragt. Dies hat die Erinnerungsführerin mit Schriftsatz vom 13.01.2024 hier beantragt. Der zugleich erhobenen Erinnerung wurde zudem von der Kostenbeamtin am 14.03.2024 nicht abgeholfen.
Gleichwohl bleibt es dabei, dass die rechtzeitig (§ 2 Abs. 1 JVEG) mit Rechnung vom 26.09.2023 von der Erinnerungsführerin geltend gemachte Gesamtvergütung für das HNO-Gutachten von Herrn I. vom 16.09.2023 - wie bisher schon durch die Kostenbeamtin geschehen - allein auf insgesamt 0,00 EUR festzusetzen, mithin die Erinnerung vom 13.01.2024 zurück zu weisen war. Die Festsetzung vom 08.01.2024 durch die Kostenbeamtin wird vollauf bestätigt. Dazu kann zunächst weitgehend auf die zutreffenden Ausführungen auch im Schreiben des Erinnerungsgegners vom 13.02.2024 Bezug genommen werden.
Neben neueren, beachtlichen Rechtszweifeln bezüglich wirksamer Forderungsabtretung ( 1.) ist in jedem Fall hier kein der Zession zugänglicher eigener Vergütungsanspruch des HNO Arztes G. I. für die Erstellung des Akten-Gutachtens vom 16.09.2023 entstanden, weil der Gutachten-Auftrag wirksam und insbesondere rechtzeitig von der dafür zuständigen Kammervorsitzenden aufgehoben/widerrufen worden war (2.) .
1.) Rechtszweifel bezüglich wirksamer Forderungsabtretung ergeben sich jedenfalls aus Folgendem: Inhaber von Vergütungsansprüchen können an sich nur die vom Gericht beauftragten Sachverständigen sein. Dies stellt § 1 Abs. 1 Satz 3 JVEG unmissverständlich klar. Danach steht die Vergütung demjenigen zu, der (vom Gericht) beauftragt worden ist. Dies sind die vom Gericht ernannten Sachverständigen. Es wurde bisher soweit ersichtlich vom Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) Beschluss vom 17.09.2015 – L 15 SB 183/15 B –, juris Rn. 30 , zur Frage der Abtretungsmöglichkeit der Sachverständigenvergütung - in länger zurückliegender Vergangenheit - , eher beiläufig, und noch wenig vertieft konzediert „Sachverständige könnten ihre Vergütungsansprüche auch an Dritte wie etwa Abrechnungsstellen etc, übertragen ( = abtreten).“
Doch das ist mittlerweile soweit erkennbar auch nicht mehr einhellige Auffassung der bundesweit relevanter neuerer obergerichtlicher Beschwerde-Entscheidungen zu § 4 JVEG. So wandte z.B. das Thüringer Landessozialgericht (LSG) im Beschluss vom 21.12.2021 – L 1 JVEG 1033/20 –, juris Rn. 13 , Rn. 14 kritisch ein, dass die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) grundsätzlich auf die Heranziehung von Sachverständigen keine Anwendung fänden. Danach wäre auch der hier am 13.02.2024 erfolgte schriftliche Hinweis der Erinnerungsführerin auf ältere „Rechtsprechung des LSG Bayern, Beschluss vom 23.12.2009-L 15 SF 352/09, BeckRS 2010, 65669; LSG Bayern, Beschluss vom 22.12.2009 - L 15 SF 348/09, BeckRS 2010, 65668, zeitlich und inhaltlich überholt, mithin jedenfalls für die Kammer nicht mehr weiter relevant.
Jedenfalls zur Klarstellung für alle Beteiligten hier nochmals: Die gerichtliche Heranziehung eines Sachverständigen ist eine öffentlich-rechtliche Indienstnahme, die nicht zivilrechtlichen Vorschriften unterliegt. Der vom Gericht bestellte Sachverständige handelt daher nicht im Rahmen eines Dienst- oder Werkvertrags, also ausdrücklich kein Fall der gesetzlichen Vertragstypen-Regelungen in den §§ 611 ff BGB bzw. §§ 631 ff BGB.
Angesichts dieses primär öffentlich- rechtlichen Hintergrundes , namentlich wegen der dienenden Funktion auch medizinischer Sachverständigen als sog. Hilfspersonen nach dem SGG i.V.m. der Zivilprozessordnung (ZPO) beim Erkenntnisprozess des Gerichts – letztlich die Abtretung eines Vergütungsanspruches eines Sachverständigen nach dem JVEG entsprechend §§ 398 ff BGB und der damit verbundene Eintritt des Zessionars bzw. hier der Erinnerungsführerin als Abtretungsempfängerin in die verfahrensrechtliche Stellung als Berechtigter im Sinne des § 4 Abs 1 S 1 JVEG überhaupt (gegebenenfalls mit welchen Modifikationen) zulässig ist, ist daher zu Recht mit dem Thüringer LSG ,aaO, Rn. 13 zu bezweifeln.
Abgesehen davon, und das ist hier wiederum ausschlaggebend für die Überzeugungsbildung des Gerichts, können derlei Vergütungsansprüche nur insoweit entsprechend den §§ 398 ff BGB im Abtretungswege dem Grunde sowie der Höhe nach übertragen werden bzw. auf Empfänger wie die Erinnerungsführerin übergehen, als sie bei dem oder den Sachverständigen entstanden sind. Der sog. abgetretene Anspruch der C. V. GmbH wäre danach hier dann Gegenstand einer denkbaren Zession, wenn der HNO Arzt G. I. überhaupt erst einmal selbst einen Zahlungsanspruch auf Vergütung für die Erstellung des Gutachtens vom 16.09.2023 gegen das Auftrag gebende Gericht und mithin die dahinter stehende Landeskasse NRW gehabt und diesen wiederum auch noch wirksam auf die Erinnerungsführerin übertragen hätte. Dem ist allerdings zur Überzeugung des Gerichts (rechtentsprechend § 128 SGG) nicht so.
2.) Denn ein wie auch immer der Zession zugänglicher eigener Vergütungsanspruch des HNO Arztes G. I. für das Akten-Gutachten vom 16.09.2023 scheidet aus, weil der Gutachten-Auftrag wirksam und insbesondere rechtzeitig von der dafür zuständigen Kammervorsitzenden aufgehoben/widerrufen worden war. Im Einzelnen gilt nun insoweit: Das JVEG regelt gemäß § 1 Satz 1 Nr. 1 JVEG die Vergütung von Sachverständigen, die von dem Gericht herangezogen worden sind. Eine solche Heranziehung des HNO-Arztes G. I. als Sachverständiger erfolgte ursprünglich in der richterlichen Beweisanordnung (§§ 103, 106 SGG) vom 26.07.2023. Dieser Vergütungsanspruch ist dann allerdings durch den actus contrarius dazu, die Aufhebung des Beweisbeschluss anchweislich am 31.07.2023, weggefallen. Im Gesamtzusammenhang ist mit telefonsicher Mitteilung an die C. V. GmbH über deren zentralen Festnetz-Anschluss „0731-14 033 40“ durch Frau Richterin N. am 31.07.2023 den Umständen nach sogar davon auszugehen, dass dem hier nun erinnerungsführenden Gutachten-Institut die Beschluss-Aufhebung wegen Klagerücknahme in der Hauptsache bereits bei Erst- Zugang der schriftlichen Gutachten-Unterlagen nebst Akten des Gerichts bzw. Vorgänge der Universitätsklinik N. sowie der AOK O., nämlich ausweislich Empfangsbekenntnis der Erinnerungsführerin, nachweislich unterzeichnet am 01.08.2023, Bl. 93 Papierakte S 18 KR 2660/21 KH,, positiv bekannt war bzw. bei hinreichenden organisatorischen Vorkehrungen hätte bekannt sein können.
Hieraus folgt auch definitiv, dass das gleichwohl erstellte Gutachten des HNO-Arztes I. vom 16.09.2023 in keinem Fall vom Land NRW zu vergüten wäre. Die sich in den doch vollständig aktenkundigen zeitlichen Abläufen ( 6 Wochen Zeit erstreichen lasen , bis ein nicht mehr benötigtes Gutachten in einer bereits vollständig erledigten Sache verschriftlicht wird) abzeichnende Fehl- oder fehlende Kommunikation sowie der damit einhergehende ebenfalls zweifelhafte interne Organisationsrahmen (in der Sphäre der Erinnerungsführerin) kann doch hier nicht ernsthaft zu Lasten der hiesigen Landeskasse gehen. Das gleichwohl fortgesetzte Zahlungsverlangen der Erinnerungsführerin erscheint angesichts dieser erwiesenen zeitlichen und institutseigenen Abläufe in hiesiger Wahrnehmung weniger der nachvollziehbaren Forderungsverfolgung geschuldet, sondern ist an sich schon eher als bewusst uneinsichtig zu bezeichnen: Nach Information über die Klagerücknahme bereits Ende Juli 2023 sowie ebenfalls erfolgter Mitteilung „dass die Beweisanordnung aufgrund der Klagerücknahme nicht bearbeitet werden muss und die Akten direkt zurückgeschickt werden sollen“ dann gleichwohl noch Ende September 2023 das mit der Rechnung vom 26.09.2023 versehene Akten-Gutachten abzusenden, wird nach zutreffender Ablehnung jedweder Vergütung durch die Kostenbeamtin im Januar 2024 schließlich auch noch im Wege der Erinnerung nach „§ 4 JVEG hier weiter verfolgt. All das kommentiert sich aus richterlicher Sicht an sich auch entsprechend selbst. Nochmals systematisch dazu im Einzelnen :
- Der Verlust beziehungsweise die Kürzung des Vergütungsanspruchs ist vorrangig in § 8a JVEG geregelt. Dessen Voraussetzungen liegen indes nicht vor, da der HNO Arzt G. I. durch sein Akten-Gutachten vom 16.09.2023 keine im gesetzlichen Sinne mangelhafte Leistung erbracht hat (§ 8a Abs. 2 Nr. 1 JVEG) und auch die übrigen in § 8a JVEG geregelten Fällen hier ersichtlich nicht einschlägig sind.
-Der Vergütungsanspruch kann unabhängig von § 8a JVEG zudem entfallen, wenn es an einer Heranziehung als solcher fehlt. Dabei ist von „fehlender Heranziehung“ nicht nur dann auszugehen, wenn von vornherein keine Heranziehung als Sachverständiger erfolgte, sondern auch dann, wenn die Heranziehung widerrufen wird, namentlich durch verantwortliche richterliche Aufhebung der Beweisanordnung.
Das ist hier vollauf der Fall. Entgegen der wiederum rechtsirrigen Ansicht der Erinnerungsführerin kommt es auf den Inbegriff ihrer Gründe für den sog. „Widerspruch“ vom 13.01.2024 nicht an. Die nachträgliche Aufhebung der Heranziehung mit Vollverlust des Vergütungsanspruches ist vielmehr in bestimmten Konstellationen mit der obergerichtlichen Rechtsprechung vollauf wie folgt gerechtfertigt : Es geht erkennbar nicht etwa um Leistungen, die der HNO-Sachverständige Herr I. bis zur Aufhebung der Heranziehung erbracht hätte. Zeitlich ist das ausgeschlossen, den die Gerichtsakten und weiteren Unterlagen waren erst am 01.08.2024 und damit einen Tag nach dem – fernmündlich wirksamen- Widerruf der Beweisanordnung vom 26.07.2024 am 31.07.2023 durch die damalige Kammervorsitzende Frau N. in der Sphäre des erinnerungsführenden Gutachteninstituts nachweislich angekommen. Etwaige Gutachter-Leistungen von Herrn I. sind bis dahin schon rein zeitlich-sachlogisch gar nicht möglich gewesen. Zum anderen folgt zugleich daraus, dass auch diejenigen Leistungen, die nach Beweisbeschluss-Aufhebung vom 31.07.2023 erbracht wurden, erkennbar nicht mehr im gerichtlichen Klageverfahren, rechtwirksam beendet durch schriftliche Rücknahme am 27.07.2023, in sinnvoller Weise verwertet werden konnten. Das zeigt bereits das Gutachtendatum „16.09.2023“ des HNO-Sachverständigen.
Darüber hinaus ist es im Einzelfall auch aus Billigkeitsgründen nicht gerechtfertigt, nach Aufhebung der Heranziehung zum Sachverständigen die erbrachte Leistung, das HNO-Gutachten vom 16.09.2023, zu vergüten. Entscheidend gegen einen solchen Vergütungsanspruchs spricht hier, dass das Gutachten im Verfahren S 18 KR 2660/21 KH aus den bekannten, hier nicht nochmals zu wiederholenden, Gründen keinerlei Relevanz mehr entfalten konnte, zumal bei schriftlichem Eingang am 02.10.2023 bei Gericht, mehr als zwei Monate nach der Klagerücknahme der Universitätsklinik N. durch ihren Bevollmächtigten am 27.07.2023.
Damit hatte das HNO-Gutachten des Herrn I. zu keinem Zeitpunkt irgend eine Auswirkung auf den Ausgang des seit Monaten in der Hauptsache hier bereits rechtwirksam abgeschlossen gewesenen Klageverfahrens S 18 KR 2660/21 KH.. Der Grund für die Aufhebung aus der Sphäre der Klägerin im Ausgangsverfahren- die Klagerücknahme vom 27.07.2023 – ergab sich zudem derart zeitnah nach dem Beweisbeschluss vom Vortage, dass damit zur Überzeugung des Gerichts ( rechtsentsprechend § 128 SGG ) feststeht, dass hier keinerlei irgend relevante Sachverständigentätigkeit des Herrn I. angesichts Aufhebung des Beweisbeschlusses durch Frau Richterin N. im Telefonat vom 31.07.2023 erfolgt war bzw. auch nur erfolgen konnte.
Die anderslautende Sichtweise der Erinnerungsführerin geht vollständig fehl. So rügt sie zwar am 13.01.2024 u.a., es sei unbeachtlich, wenn der Gutachtenauftrag lediglich mündlich storniert werde. Einen Schriftsatz hierzu oder ein Fax gäbe es nicht. Sie bestreite mit Nichtwissen, dass ein entsprechendes Telefonat stattgefunden habe. Entsprechende Unterlagen oder Telefonvermerke lägen ihr ebenfalls nicht vor. Nach „laufender Rechtsprechung des OLG Stuttgart und OLG München“ seien telefonische Stornierungen nicht rechtsgültig, die Aufhebung einer Beweisanordnung bedürfe der Schriftform. Diese liege im vorliegenden Fall - nicht zuletzt bewiesen durch den Kürzungsbescheid - gerade nicht vor.“
All dies trifft hier nicht zu. Es ist dem o.g. Erinnerungsvorbringen vielmehr sachlich entgegen zu halten , dass eine bestimmte Form bereits für Anordnungen u.a., zur Beweisaufnahme im Wege der Begutachtung nach §§ 103, 106 SGG ,nicht vorgeschrieben ist. Das gilt bekanntlich bereits für den sog. Beweisbeschluss ( vgl. Schmidt in . Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG 14. Aufl. 2923, § 106 Rn. 8 ff., m.w.N.) . Bei dessen Aufhebung, quasi dem actus contrarius dazu, gilt logischerweise nichts Anderes. Die – im Übrigen völlig zitatfreien – von der Erinnerungsführerin allein behaupteten zivilistischen Meinungen des OLG Stuttgart bzw. OLG München zum Schriftform-Erfordernis für Beweisbeschluss-Aufhebungen entstammen dem gegenüber eher dem materiellen und Prozessrecht der Zivilgerichtsbarkeit. Das mag dann Ausdruck der dortigen Beibringungsmaxime sowie des Parteibetriebs nach der ZPO sein. Damit wiederum ist die Erinnerungsführerin auch nach Eigenangaben auf ihrer website www.begumed.de in medizinischen Begutachtungsfällen häufiger befasst. So führt die C. GmbH aktuell ( Aufruf Stand: 25.07.2024) dort aus, sie arbeite überwiegend im Bereich der Fragen ärztlicher Haftpflicht beziehungsweise der gutachterlichen Überprüfung möglichen ärztlichen Fehlverhaltens, … im Auftrag von Landgerichten und Oberlandesgerichten aus dem gesamten Bundesgebiet ….. wegen Schadensersatz etc. Die Verfahrensweisen bei möglicher Arzthaftung nach dem BGB in Verbindung mit der ZPO, welche die Erinnerungsführerin wiederum ebenso begutachtet, ändern an den prozessualen Vorgaben nach dem SGG jedoch rein gar nichts.
Bestätigt wird dies durch regelmäßige obergerichtliche Rechtsprechung, vgl. z.B. schon LSG Bayern Beschluss vom 15.06.2006 – L 17 B 17/05 U, juris, jm..w.N. Danach sind die Ermittlungen von Amts wegen der Beweiserhebung dienlich sind und unterfallen der freien eigenen Würdigung des Sach- und Streitstands durch das Gericht (ebenso LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 16.09.2003, Az: L 1 B 104/03 KR, juris = Breithaupt 2004, 79 bis 82 = NZS 2004, 391 bis 392). Aus alledem folgt zugleich, dass schon nach dem Willen des Prozessrechts-Gesetzgebers des SGG vor über 75 Jahren wegen der Besonderheiten des sozialgerichtlichen Verfahrens die spezifische Justiz-Förmlichkeit - wie exemplarisch in der ZPO vorgesehen – sachgebietsadäquat modifiziert wird. Mithin entfällt erforderlichenfalls eben auch die Schriftform, soweit das Gericht Anordnungen zur Beweiserhebung wieder abändert bzw. aufheben muss. Dafür wiederum bedarf es keines erneuten förmlichen Beweisanordnungs-Änderungs-/Aufhebungs-Beschlusses, ebenso bereits LSG Bayern Beschluss vom 15.06.2006 , a.a.O.
Kein erhöhter Beweisbedarf folgt schließlich aus der im Schreiben vom 13.01.2024 auch noch enthaltenen, schon in der Praxis der Zivilgerichte wenig erfolgsversprechenden, sinngemäßen Bezugnahme der Erinnerungsführerin auf § 138 Abs. 4 ZPO. Die Norm lautet insoweit: “Eine Erklärung mit Nichtwissen ist nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind.“ Das bedeutet - entgegen wiederum rechtsirriger Vorstellung der Erinnerungsführerin – hier aber nicht, dass der Inhalt des Telefonvermerkes der damaligen Kammervorsitzenden vom 31.07.2023 ( Bl. 97 der Papierakte S 18 KR 2660/21 KH) betr. die fernmündliche Unterrichtung des Gutachteninstituts über die Klagerücknahme und den Wegfall der Notwendigkeit zur Gutachtenerstellung einschließlich der Aufforderung zur unerledigten Rücksendung der gesamten Aktenlage nun nochmals Gegenstand gesonderter Beweiserhebung über den Tatsachenstand beim SG sein müssen. Denn dem Vermerk der damaligen Kammervorsitzenden vom 31.07.2023 kommt als verkörperter dienstlicher Erklärung wie einer Urkunde an sich bereits erhöhter Beweiswert zu. Der Akteninhalt bildet eine insoweit dann zusammengesetzte öffentliche Urkunde mit besonderem Beweiswert. Fehlerhafte dienstliche Äußerungen darin müsste die Erinnerungsführerin dann zumindest qualifiziert in Bezug auf Frau N. rügen. Das wiederum erfolgt nicht, wenn wie hier bloßes „Bestreiten mit Nichtwissen“ vorgetragen wird. Derlei –typischer weise weniger guter Anwalts-.Vortrag - hat schon nach allgemeinen Beweis- und Beweiswürdigungs-Prinzipien erkennbar hinter die u.a. durch den Richterin-Eid verbürgte, auch in allen schriftlichen dienstlichen Äußerungen verpflichtende, Amtsobliegenheit zu besonderer Zuverlässigkeit auch im Falle der damaligen Vorsitzenden Frau Richterin N. zurück zu treten. Das „Bestreiten mit Nichtwissen“ bleibt auch noch erkennbar insoweit inhaltslos, während der dienstlichen Äußerung in Gestalt des unterzeichneten Telefonvermerks der damaligen Kammervorsitzenden vom 31.07.2023 ( Bl. 97 der Papierakte S 18 KR 2660/21 KH), der mittlerweile ins Richteramt auf Lebenszeit berufenen Frau N., nach alledem aus sich heraus der dargelegte erhöhte Nachweis- und Erklärungswert folgt. Mangels anderslautender Sach-Argumente gegen die inhaltliche Richtigkeit des schriftlich dokumentierten Telefonvermerks der damaligen Kammervorsitzenden vom 31.07.2023 ( Bl. 97 der Papierakte S 18 KR 2660/21 KH) wäre jedenfalls jegliche Beweiserhebung darüber etwa in Form nachträglicher Befragung von Frau N. weder geboten noch verhältnismäßig. Die dienstliche Äußerung ist dieser Telefonvermerk. Und da ist nun kein Raum mehr für ein „Bestreiten mit Nichtwissen“. Im Übrigen enthalten die weiteren Ausführungen im Erinnerungsschreiben vom 13.01.2024 keinen überzeugenden Bezug oder eine Auseinandersetzung mit sonstigen tatsächlich relevanten Abläufen, so dass dazu hier auch nichts weiter auszuführen ist.
Als Fazit erachtet die erkennende Kammer –vollständig übereinstimmend mit der angefochtenen Entscheidung der Kostenbeamtin vom 08.01.2024 - die Festsetzung der Vergütung in diesem besonderen Einzelfall mit 0,00 Euro. Dies ist zutreffend und angemessen.
Es gibt hier keine Vergütung für das HNO Gutachten vom 16.09.2023 von der Landeskasse NRW. Sollte sich die Erinnerungsführerin allerdings weiterhin (noch) nicht dazu in der Lage sehen, dies nunmehr zu akzeptieren, so verkennt sie zudem ein mit wesensbildendes Elemente der Heranziehung von Gutachtern in gerichtlichen Verfahren. Es gilt nämlich nicht allein die ausschließlich ökonomische Optimierung im Rahmen der Erstellung entgeltlicher Gutachten, d.h. ein rein marktwirtschaftlich gewinnorientiertes „Gutachtengeschäft“. Es kommt letztlich noch ein gewisser anderer Ansatz zum Tragen: Neben einer generell anerkannten Zeugenpflicht besteht nämlich in einem geringeren Ausmaß als weitere Bürgerpflicht diejenige, im Rahmen des Zumutbaren deutschen Gerichten Gutachten als Sachverständiger zu erstatten (Weber in :Toussaint, Kostenrecht: KostR , 54. Aufl. 2024, ,Vor § 1 JVEG, Grdz. Rn. 4, 5 , m.w.N.). Denn auch insofern ist der Staat auf die Mitwirkung des Bürgers bei der Wahrheitsfindung angewiesen. Diese Verpflichtung ergibt sich zB aus §§ 106 ff., 202 SGG iVm § 407 der ZPO. Es handelt sich um sog. staatsbürgerliche Ehrenpflichten (OLG Bremen JurBüro 1994, 182, OVG Berlin JurBüro 2001, 485). Jedwede Bezahlung dafür ist dann allerdings auch nicht - allein - sich selbst vollziehende Gewinnrealisierung im Rahmen des „Gutachtengewerbes“, sondern erfolgt nur insoweit, wie das Gesetz Vergütung oder Entschädigung als solche ausdrücklich zubilligt (vgl. Weber in :Toussaint, Kostenrecht: KostR, a.a.O. Grdz. Rn. 10). Die Ansprüche sind damit abschließend dem Grunde und der Höhe nach geregelt. Weitergehender Ersatz steht jedem Herangezogenen nicht zu. Davon ist jedenfalls zur Überzeugung des erkennenden Gericht auch nicht über das JVEG hinaus ausgerechnet bei Gutachten die rein schematisch in bereits beendete Verfahren erstellt wurden bzw. zukünftig werden sollten, abzuweichen.
Der Kostenausspruch beruht auf § 4 Abs. 8 JVEG.