Aufwandsentschädigungen eines Lehrkrankenhauses für die Tätigkeit eines Medizinstudentens im Praktischen Jahr stellen steuerbaren und steuerpflichten Arbeitslohn im Sinne der einkommensteuerrechtlichen Vorschriften (§ 19 EStG) dar und sind daher als Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit im Sinne des § 2c BEEG beim Elterngeld zu berücksichtigen.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist die endgültige Festsetzung von Elterngeld nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) sowie die Erstattung einer Überzahlung in Höhe von 2.928,30 Euro.
Der 1982 geborene, verheiratete Kläger ist Vater des am XX.X1.2016 geborenen Kindes C. und des am XX.Y1.2018 geborenen Kindes D. Vor der Geburt seiner Tochter war Kläger, bis einschließlich zum 30.11.2017, als Rettungssanitäter zur Aushilfe beim DRK Kreisverband A-Stadt e. V. unbefristet und ohne feste Wochenarbeitszeit beschäftigt; hieraus bezog er auch Arbeitslohn. Seit dem 01.01.2018 ist der Kläger als Arzt bei der Asklepios Stadtklinik A-Stadt beschäftigt.
Der Kläger beantragte unter dem 08.08.2016 Elterngeld für seine Tochter C. Der Beklagte bewilligte dem Kläger vorläufig Elterngeld unter dem Vorbehalt der Rückforderung gemäß § 8 Abs. 3 BEEG mit Bescheid vom 12.09.2016 für den ersten bis vierten Lebensmonat vom XX.X1.2016 bis zum XX.X2.2016 in Höhe von jeweils 346,17 Euro in Form von Elterngeld Plus sowie für den fünften bis 14. Lebensmonat vom XX.X3.2016 bis zum XX.X4.2017 in Höhe von jeweils 648,71 Euro in Form von Basiselterngeld (Bl. 30–34 d. Verwaltungsakte). Im Begründungsteil des Bescheids führte der Beklagte aus, dass die Festsetzung des Elterngelds unter dem Vorbehalt des Widerrufs erfolge und sich die Rückforderung bereits ausgezahlten Elterngelds aufgrund Änderungen der tatsächlichen Arbeitszeit oder Einkommens vorbehalten werde.
Der Kläger leistete als eingeschriebener Medizinstudent seine praktische Ausbildung (sog. „Praktisches Jahr) nach § 3 Approbationsordnung für Ärzte in der Fassung vom 07.01.20213 (ÄApprO) im Zeitraum vom 21.11.2016 bis zum 12.03.2017 und vom 13.03.2017 bis zum 02.07.2017 bei der Asklepios Stadtklinik A-Stadt als Lehrkrankenhaus sowie beim Universitätsklinikum Marburg als Lehrkrankenhaus vom 03.07.2017 bis zum 22.10.2017 ab. Hierbei gewährte ihm die Asklepios Stadtklinik A-Stadt vom 21.11.2016 bis zum 02.07.2017 Zuwendungen in Höhe von 415,00 Euro monatlich und ab dem 03.07.2017 bis zum 31.12.2017 ein monatliche Zuwendungen in Höhe von ebenso 415,00 Euro aufgrund eines „Stipendium“. Das Universitätsklinikum Marburg gewährte dem Kläger während des Praktischen Jahres im Zeitraum vom 03.07.2017 bis zum 22.10.2017 Zuwendungen in Höhe von 300,00 Euro monatlich.
Mit Schreiben vom 24.10.2017 forderte der Beklagte zur endgültigen Festsetzung des Elterngeldes den Kläger zur Vorlage der Lohn- und Gehaltsbescheinigungen der Kalendermonate August 2016 bis September 2017 sowie Bescheinigungen der jeweiligen Arbeitsgeber über Umfang der Teilzeittätigkeit während des Elterngeldbezugs auf (Bl. 40–41 d. Verwaltungsakte).
Mit Schreiben vom 10.11.2017 gab der Kläger an, dass die Arbeitszeit während des Praktischen Jahres vom 21.11.2106 bis 22.10.2017 in den Lehrkrankenhäusern in Vollzeit 40 Wochenstunden betragen und er hierbei Zuwendungen in Form von „Aufwandsentschädigungen“ erhalten habe. Die Tätigkeit als Rettungssanitäter beim DRK A-Stadt e. V. habe geruht bzw. sei durch ihn nur geringfügig ausgeübt worden. Darüber hinaus sei das gesamte Familieneinkommen aus den Aufwandsentschädigungen sowie dem Aushilfslohn bestritten worden. Insbesondere habe man auch keine sonstigen Einkünfte oder Zuschüsse wie BAföG, ALG 2 etc. bezogen. Dazu reichte der Kläger Verdienst- und Gehaltsabrechnungen des DRK Kreisverbands A-Stadt e. V. für die Kalendermonate August 2016 bis September 2017, der Asklepios Klinik A-Stadt GmbH für die Kalendermonate November 2016 bis Juli 2017 und des Universitätsklinikum Marburg für die Juli 2017 bis Oktober 2017 zur Verwaltungsakte der Beklagten.
Der Beklagte forderte mit Schreiben vom 19.12.2017 den Kläger zur Vorlage von Bescheinigungen seiner Arbeitgeber über den Umfang der Teilzeittätigkeiten während des Elterngeldbezugs auf. Mit Schreiben des Klägers vom 12.01.2018 reichte dieser unter anderem eine Bescheinigung über „Ergänzende Angaben des Arbeitgebers bei Ausübung einer zulässigen (Teilzeit-)Erwerbstätigkeit im Bezugszeitraum“ der Asklepios Klinik A-Stadt GmbH vom 28.12.2017 zur Verwaltungsakte des Beklagten. Auf besagter Bescheinigung befand sich der Vermerk „ab 03.07.2017 bis zum 31.12.2017 Stipendium […]“. Ein steuerpflichtiger Bruttolohn oder Entgelt wurde dazu nicht vermerkt (Bl. 79 d. Verwaltungsakte).
Mit (Änderungs-)Bescheid vom 09.05.2018 setzte der Beklagte das Elterngeld endgültig fest. Für den ersten bis vierten Lebensmonat blieb es bei der ursprünglichen Bewilligung von jeweils 346,17 Euro. Für den fünften bis 14. Lebensmonat änderte der Beklagte die Bewilligung auf jeweils 413,48 Euro ab. Hierdurch ergab sich eine Überzahlung in Höhe von 2.352,30 Euro.
Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 23.05.2018 Widerspruch ein. Mit Schreiben vom 26.06.2018 trug der Kläger im Wesentlichen zur Begründung des Widerspruchs vor, dass es sich bei den erhaltenen Zuwendungen nicht um Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit i. S. d. Einkommensteuergesetzes (EStG) handle. Vielmehr habe er nur eine Aufwandsentschädigung für Unkosten erhalten, die ihm aufgrund des Praktischen Jahres im Rahmen seines Medizinstudiums entstanden sind. Das Praktische Jahr sei gerade keine Erwerbstätigkeit, sondern Teil seiner studentischen Medizinausbildung. Zudem würden die geleisteten Zuwendungen Aufwandsentschädigung darstellen und damit einer steuerfreien Sozialleistung gleichstehen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06.09.2018 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, dass dem Kläger aufgrund dessen erzielten Einkommen aus Erwerbstätigkeit während des Bezugszeitraums des Elterngelds gemäß § 2 Abs. 3 BEEG nur Teilelterngeld zustehe. Zudem seien die Zuwendungen, die der Kläger während seines Praktischen Jahres von den Lehrkrankenhäusern erhalten habe, als Erwerbseinkommen bei der Berechnung des Teilelterngelds zu berücksichtigen.
In der Zwischenzeit beantragte der Kläger Elterngeld für seinen am XX.Y1.2018 geborenen Sohn D. Zum am 02.07.2018 eingegangen Elterngeldantrag reichte der Kläger Lohn- und Gehaltsbescheinigungen für den Zeitraum Juni 2017 bis Mai 2018 zur Verwaltungsakte des Beklagten. Hierunter waren auch Verdienstabrechnungen der Asklepios Klinik A-Stadt GmbH von August 2017 und September 2017 mit jeweils einer monatlichen Vergütung in Höhe von 415,00 Euro brutto (Bl. 125–126 d. Verwaltungsakte). Die Verdienstabrechnung für August 2017 wurde am 18.08.2017 und die Verdienstabrechnung für September 2017 am 15.09.2017 erstellt.
Mit Schreiben vom 10.09.2018 hörte der Beklagte den Kläger zur beabsichtigten Rücknahme und Änderung der endgültigen Festsetzung des Elterngelds durch Bescheid vom 09.05.2018 und der sich hierdurch ergebenden Erstattungsforderung aufgrund überzahlten Elterngeldes in Höhe von insgesamt 2.928,30 Euro an.
Am 08.10.2018 hat der anwaltlich vertretene Kläger Klage vor dem Sozialgericht Marburg erhoben.
Mit Schriftsatz vom 09.10.2018 hat der Kläger ausführlich Stellung im Rahmen der Anhörung genommen. Am 28.10.2018 hat der Beklagte einen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid erlassen, der sich in „I. Bescheid“ nach § 45 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) und „II. Rückforderungsbescheid“ nach § 50 SGB X gliedert (Bl. 139 d. Verwaltungsakte). Unterhalb der Überschrift „II. Rückforderungsbescheid“ befindet sich der Satz: „Der genannte Bescheid wird für den Zeitraum vom 12.07.2016 bis 11.09.2017 durch diesen Bescheid ersetzt.“ In diesem Satz ist das Wort „genannte“ handschriftlich durchgestrichen und daneben handschriftlich die Angabe „vom 09.05.2018“ eingefügt worden. Hierdurch ergibt sich nunmehr der Satz: „Der Bescheid vom 09.05.2018 wird für den Zeitraum vom 12.07.2016 bis 11.09.2017 durch diesen Bescheid ersetzt.“ Im Bereich der handschriftlichen Datumsangabe ist der Dienststempel der Beklagten, des Hessischen Amtes für Versorgung und Soziales Kassel, angebracht worden. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 28.10.2018 ist ohne Namenswiedergabe und Namensunterschrift, allerdings mit Hinweis, dass der Bescheid „[…] mit Hilfe automatischer Einrichtungen gefertigt“ worden ist und daher auf eine „[…] Unterschrift und Namenswiedergabe verzichtet“ werde, ergangen (Bl. 138 d. Verwaltungsakte).
Mit besagten Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 28.10.2018 hat der Beklagte den (Änderungs-)Bescheid vom 09.05.2018 nach § 45 SGB X (teilweise) zurückgenommen und setzte das Elterngeld für den fünften bis 14. Lebensmonat vom XX.X3.2016 bis zum XX.X4.2017 in Höhe von jeweils 355,88 Euro in Form von Basiselterngeld neu fest. Die Bewilligung des Elterngeld Plus für den ersten bis vierten Lebensmonat vom XX.X1.2016 bis zum XX.X2.2016 blieb hierbei unverändert bei jeweils 346,17 Euro. Dies führte zu einer Überzahlung des bereits ausgezahlten Elterngelds in Höhe von nunmehr 2.928,30 Euro. Im Begründungsteil des vorgenannten Bescheides ist hingegen eine Zahlungsaufforderung in Höhe von 3.198,10 Euro enthalten (Bl. 139R d. Verwaltungsakte).
Weiter hat die Beklagte am 07.10.2022 einen mit Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheid erlassen, mit dem der Kläger zur Zahlung des überzahlten Elterngeldes in Höhe von 2.928,30 Euro aufgefordert wurde. In der mündlichen Verhandlung vom 25.05.2023 hat der Kläger die Einrede der Verjährung gegen die Erstattungsforderung erhoben.
Der Kläger trägt vor, dass es sich bei den Zuwendungen der beiden Lehrkrankenhäuser aufgrund des Praktischen Jahres im Rahmen seines Medizinstudiums um steuerfreie Aufwandsentschädigungen handle. Zudem seinen die Zuwendungen aufgrund des „Stipendiums“ der Asklepios Stadtklinik A-Stadt steuerfrei. Das „Stipendium“ sei ihm aufgrund seiner überzeugenden Leistung während des Praktischen Jahres gewährt worden; auch deshalb habe er eine Stellenzusage erhalten. Der Beklagte habe besagte Zuwendungen zu Unrecht als steuerpflichte Einnahmen i. S. d. Einkommensteuerrechts behandelt und somit unzutreffend bei der Berechnung des Elterngeldes als Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit während des Bezugs des Elterngeldes berücksichtigt. Auch sei der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 28.10.2018 aufgrund den handschriftlichen Ergänzungen sowie mangels Namensangabe oder Namensunterschrift des hierfür Verantwortlichen bereits formell rechtswidrig. Daneben ergebe sich aus vorgenannten Bescheid nicht eindeutig die Höhe der Erstattungsforderung, sodass dieser inhaltlich unbestimmt sei. Zudem sei die Erstattungsforderung verjährt.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 09.05.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.09.2018 in der Fassung des Bescheides vom 25.10.2018 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, ihm höheres Elterngeld ohne Berücksichtigung von Einkommen aus Erwerbstätigkeit in Form von Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit für den ersten bis 14. Lebensmonat, vom XX.X1.2016 bis zum XX.X4.2017, ausgenommen der Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit aus der Beschäftigung beim DRK Kreisverband A-Stadt, zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte trägt vor, dass die Zuwendungen der beiden Lehrkrankenhäuser einschließlich der Stipendiatszahlungen seien steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und daher als Erwerbseinkommen bei der Ermittlung des Elterngeldes zu berücksichtigen. Weiter sei der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 28.10.2018 auch nicht formell rechtswidrig aufgrund den nachträglichen handschriftlichen Änderungen, da dieser den Hinweis auf die Erstellung mit Hilfe automatischer Einrichtungen enthalte.
Wegen der weiteren Einzelheiten und Unterlagen sowie wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten, sowie die Inhalte der mündlichen Verhandlung Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, in der Hauptsache jedoch unbegründet.
Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1 S. 1 und Abs. 4 SGG Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig.
Streitgegenständlich ist der Änderungsbescheid vom 09.05.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.09.2018 und der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 28.10.2018. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid des Beklagten vom 28.10.2018 ist nach § 96 SGG Gegenstand des laufenden Verfahrens geworden. Nach Klageerhebung wird ein neuer Verwaltungsakt dieser Vorschrift nur dann Gegenstand des Klageverfahrens, wenn er nach Erlass des Widerspruchsbescheides ergangen ist und den angefochtenen Verwaltungsakt abändert oder ersetzt. Nach Maßgabe des § 96 SGG wird der neue Verwaltungsakt automatisch Klagegegenstand, ohne dass es einer gewillkürten Klageänderung oder eines Vorverfahrens bedarf; es handelt sich also um eine Klageänderung kraft Gesetzes (vgl. Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, Kommentar, 13. Aufl. 2020, § 96 SGG Rn. 1a). Geändert oder ersetzt wird ein Verwaltungsakt immer, wenn er denselben Streitgegenstand wie der Ursprungsverwaltungsakt betrifft, bzw. wenn in dessen Regelung eingegriffen und damit die Beschwer des Betroffenen vermehrt oder vermindert wird (vgl. BSG, Urt. v. 09.12.2016 – B 8 SO 1/15 R, Juris Rn. 12; Urt. v. 17.12.2015 – B 8 SO 14/14 R, Juris Rn. 11; Urt. v. 20.07.2005 – B 13 RJ 23/04 R, SozR 4-1500 § 96 Nr. 3, Juris Rn. 14). Vorliegend wurde die endgültige Elterngeldfestsetzung durch den Änderungsbescheid vom 09.05.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.09.2018 mit dem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid des Beklagten vom 28.10.2018 hinsichtlich der endgültigen Festsetzung des Elterngeldes in Form von Basiselterngeld für den Zeitraum vom XX.X3.2016 bis zum XX.X4.2017 zurückgenommen und neu festgesetzt. Sein Regelungsgegenstand ist damit identisch mit dem des Änderungsbescheid vom 09.05.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.09.2018.
Der Leistungsbescheid der Beklagten vom 07.10.2022, mit dem der Kläger zur Zahlung des überzahlten Elterngeldes in Höhe von 2.928,30 Euro aufgefordert worden ist, ist nicht gemäß § 96 SGG zum Gegenstand des hiesigen Klageverfahrens geworden, da dieser keinen vorhergehenden Verwaltungsakt ändert oder ersetzt.
Nicht streitgegenständlich ist die zulässigerweise nach § 8 Abs. 3 BEEG erfolgte vorläufige Bewilligung von Elterngeld durch den Bescheid vom 12.09.2016. Dieser hat mit Erlass der endgültigen Elterngeldbewilligung durch den Bescheid vom 09.05.20218 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.09.2018 seine Erledigung gefunden. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ersetzt die endgültige Festsetzung des Elterngeldes die vorläufige Festsetzung und führt zu deren Erledigung i. S. d. § 26 Abs. 1 BEEG i. V. m. § 39 Abs. 2 SGB X (BSG, Urt. v. 25.06.2020 – B 10 EG 3/19 R, BSGE 130, 237, Juris Rn. 48; Urt. v. 13.12.2018 – B 10 EG 9/17 R, Juris Rn. 14 m. w. N.).
Der angefochtene (Änderungs-)Bescheid des Beklagten vom 09.05.20218 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.09.2018 (siehe hierzu II.) in der Fassung des Aufhebungs- (siehe hierzu I.) und Erstattungsbescheides (siehe hierzu III.) vom 28.10.2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG). Zutreffend hat der Beklagte die Höhe des Teilelterngeldes und die Erstattungsforderung festgesetzt.
I. Die teilweise Rücknahme des Bescheids vom 09.05.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.09.2018 hinsichtlich der endgültigen Elterngeldfestsetzung in Form von Basiselterngeld für den fünften bis 14. Lebensmonat vom XX.X3.2016 bis zum XX.X4.2017 durch den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 28.10.2018 rechtmäßig.
1. Ermächtigungsgrundlage für den rechtmäßigen Aufhebungsbescheid des Beklagten vom 28.10.2018 ist die Regelung des § 45 SGB X.
Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Abs. 2 bis 4 des § 45 SGB X mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Gemäß § 45 Abs. 2 S. 1 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Dabei ist das Vertrauen in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann (§ 45 Abs. 2 S. 2 SGB X). Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte gemäß § 45 Abs. 2 S. 3 SGB X allerdings nicht berufen, soweit
1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
Gemäß § 45 Abs. 3 S. 1 SGB X kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach § 45 Abs. 2 SGB X nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Das gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 Zivilprozessordnung (ZPO) vorliegen (§ 45 Abs. 3 S. 2 SGB X). Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann nach § 45 Abs. 3 S. 3 SGB X ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach § 45 Abs. 2 SGB X zurückgenommen werden, wenn
1. die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 oder Nr. 3 gegeben sind oder
2. der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des § 45 Abs. 3 S. 3 SGB X kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung der Vorschrift des § 45 Abs. 3 S. 4 SGB X zufolge auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde.
Gemäß § 45 Abs. 4 S. 1 SGB X wird der Verwaltungsakt nur in den Fällen des § 45 Abs. 2 S. 3 und des Abs. 3 S. 2 SGB X mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies nach § 45 Abs. 4 S. 2 SGB X innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.
2. Zunächst ist der Aufhebungsbescheid vom 28.10.2018 formell rechtmäßig.
Der Beklagte hat vor Bekanntgabe des besagten Aufhebungsbescheides als eingreifenden Verwaltungsakt den Kläger verfahrensgerecht gemäß § 24 Abs. 1 SGB X angehört. Daneben leidet der angefochtene Änderungsbescheid auch nicht an einem Formmangel. Nach § 33 Abs. 5 S. 1 HS. 1 SGB X sind Unterschrift und Namenswiedergabe (§ 33 Abs. 3 S. 1 SGB X) entbehrlich, weil der schriftliche Verwaltungsakt mit Hilfe einer automatischen Einrichtung erlassen wurde. Die nachträglichen manuellen Änderungen im Kopf des Bescheides unter „II. Rückforderungsbescheid“ führen vorliegend zu keiner abweichenden Bewertung. Ein mittels elektronischer Datenverarbeitung gefertigter, ohne Unterschrift und Namenswiedergabe gültiger Bescheid verliert diese Eigenschaft mit der Folge der Unanwendbarkeit des § 33 Abs. 5 S. 1 HS. 1 SGB X erst dann, wenn nachträgliche manuelle Änderungen oder Hinzufügungen seine Prägung durch den Einsatz der elektronischen Datenverarbeitung aus der Sicht des Adressaten aufheben und den Verwaltungsakt somit wieder zu einem Entwurf werden lassen (vgl. ausführlich dazu, BVerwG, Urt. v. 22.01.1993 – 8 C 57/91, NJW 1993, 1667, 1668, Juris Rn. 14 m. w. N.).
Nach verständiger Würdigung durch die Kammer stellt die nachträgliche handschriftliche Streichung des Wortes „genannte“ und die Einfügung der Angabe „vom 09.05.2018“ nur eine unbeachtliche Klarstellung dar, die nicht dazu führt, dass der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 28.10.2018 wieder zu einem Entwurf geworden ist. Dem Bedürfnis des Klägers nach Rechtssicherheit trägt der in der Verwaltungspraxis übliche Hinweis Rechnung, der Bescheid sei mit Hilfe einer elektronischen Datenverarbeitungsanlage gefertigt worden und ohne Unterschrift gültig. Eine derartige Erläuterung – wie sie auch der angefochtene Aufhebungs- und Erstattungsbescheid enthält – verdeutlicht für den Kläger als Empfänger, dass es sich nicht um einen nicht unterzeichneten Entwurf, sondern um einen Verwaltungsakt handelt. Nach Auffassung der Kammer verdeutlich zudem die Anbringung des Dienststempels des Hessischen Amtes für Versorgung und Soziales Kassel die beabsichtigte Verbindlich- und Endgültigkeit des erlassenen Verwaltungsaktes. Im Übrigen betreffen die manuellen Änderungen gerade nicht den den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid charakterisierenden Inhalt, die Feststellung der Höhe des Elterngeldanspruches und die sich daraus ergebene Erstattungsforderung (vgl. BFH, Beschl. v. 04.12.2013 – X B 155/12, Juris Rn. 3; Pattar, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, Kommentar, 2. Aufl. 2017 (Stand: 12/2017), § 33 SGB XRn. 101). Eine andere Wertung würde gerade der vom Gesetzgeber bezweckten Verwaltungsvereinfachung des § 33 Abs. 5 S. 1 HS. 1 SGB X zu widerlaufen.
3. Der Aufhebungsbescheid vom 28.10.2018 ist auch materiell rechtmäßig. Die tatbestandlichen Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage für die teilweise Rücknahme für die Vergangenheit gemäß § 45 Abs. 1 und Abs. 4 S. 1 i. V. m. Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X liegen vor und der Beklagte hat sein gesetzlich eingeräumtes Ermessen ermessenfehlerfrei ausgeübt.
a) Bei dem teilweise aufgehobenen Bescheid vom 09.05.20218 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.09.2018 handelt es sich um einen begünstigenden Verwaltungsakt, der von Anfang an rechtswidrig war. Rechtswidrig im Sinne des § 45 SGB X ist ein Bescheid, wenn bei seinem Erlass entweder das Recht unrichtig angewandt oder aber von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist. Für die Frage, ob der Bescheid bereits bei seinem Erlass rechtswidrig war, kommt es darauf an, ob im Zeitpunkt der Erteilung des ursprünglichen Bescheides eine andere als die getroffene Entscheidung hätte ergehen müssen (LSG Hessen, Urt. v. 08.06.2018 – L 5 R 138/15, Juris Rn. 44). Dies ist im vorliegenden Fall nach Auffassung der Kammer zu bejahen.
aa) Vorliegend hat der Kläger nur einen Anspruch auf sog. Teilelterngeld gemäß § 2 Abs. 3 S. 1 BEEG, da er Einkommen aus Erwerbstätigkeit während des ersten bis 14. Lebensmonat vom XX.X3.2016 bis zum XX.X4.2017 aus nichtselbständiger Arbeit hatte.
Der Anspruch des Klägers auf Elterngeld richtet sich nach den am 01.01.2007 in Kraft getretenen Vorschriften des BEEG vom 05.12.2006 (BGBl. I 2006, S. 2748) in der aufgrund Art. 4 des Gesetzes zur Einführung des Elterngeld Plus mit Partnerschaftsbonus und einer flexibleren Elternzeit im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (FlexEZeitEGeldPlEG) vom 18.12.2014 (BGBl. I 2014, S. 2325) ff.) geltenden Neufassung vom 27.01.2015 mit Wirkung zum 01.01.2015 bis 31.12.2019 (BGBl. I 2015, S. 33 ff.).
Zunächst steht fest, dass der Kläger die Grundvoraussetzungen für die Entstehung eines Anspruchs auf Elterngeld gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 BEEG für das am XX.X1.2016 geborene Kind C. erfüllt. Nach § 1 Abs. 1 S. 1 BEEG hat Anspruch auf Elterngeld,
1. wer einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland,
2. mit seinem Kind in einem Haushalt lebt,
3. dieses Kind selbst betreut und erzieht und
4. keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt.
All diese Voraussetzungen erfüllte der Kläger. Er hatte während des gesamten Bezugszeitraums ihren Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, lebte mit dem Kind C. in einem Haushalt, betreute und erzog sie selbst und übte entsprechend seiner Ankündigung im Elterngeldantrag während des Bezugszeitraums keine volle Erwerbstätigkeit aus. Gemäß § 1 Abs. 6 BEEG stellt die Ausübung einer Beschäftigung zur Berufsausbildung keine volle Erwerbstätigkeit dar und ist deshalb unabhängig von der zeitlichen Inanspruchnahme des Auszubildenden unschädlich für den Anspruch auf Elterngeld (vgl. Graue, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB Sozialrecht Besonderer Teil, 1. Aufl. 2023, § 1 BEEG Rn 50; Helmke/Bauer, Familienleistungsausgleich, 115. EL (Stand: 05/203), § 1 BEEG Rn. 83). Dies war vorliegend beim Kläger hinsichtlich des Medizinstudiums und des dazugehörigen Praktischen Jahres der Fall. Zudem lag ein ordnungsgemäßer Antrag vor. Dies alles ist hier ausweislich der Angaben des Klägers im Verwaltungsverfahren und im Übrigen unstreitig der Fall.
Die Bemessung der Höhe des Elterngeldanspruchs richtet sich nach § 2 BEEG als Basisnorm. Soweit für den vorliegenden Fall von Bedeutung, lauten diese Regelungen wie folgt:
Nach § 2 Abs. 1 S. 1 BEEG wird Elterngeld in Höhe von 67 Prozent des Einkommens aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes gewährt. Gemäß § 2 Abs. 1 S. 2 BEEG wird das Elterngeld bis zu einem Höchstbetrag von 1.800 Euro monatlich für volle Lebensmonate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat.
In § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG erfolgt die Bestimmung des Begriffs Einkommens aus Erwerbstätigkeit (auch sog. Erwerbseinkommen) unter Verweisung auf die Vorschriften des Einkommensteuergesetzes (EStG). Nach § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG errechnet sich das Einkommen aus Erwerbstätigkeit nach Maßgabe der §§ 2c bis 2f BEEG aus der um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben verminderten Summe der positiven Einkünfte aus
1. nichtselbständiger Arbeit nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG sowie
2. Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 3 EStG,
die im Inland zu versteuern sind und die die berechtigte Person durchschnittlich monatlich im Bemessungszeitraum nach § 2b BEEG oder in Monaten der Bezugszeit nach § 2 Abs. 3 BEEG hat.
§ 2 Abs. 2 BEEG regelt die Höhe des Elterngeldes, indem die Ersatzrate des Elterngelds bei niedrigen Erwerbseinkommen erhöht und bei hohen Erwerbseinkommen reduziert wird. Gemäß § 2 Abs. 2 S. 1 BEEG erhöht sich in den Fällen, in denen das durchschnittlich erzielte monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt geringer als 1.000 Euro war, der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses Einkommen den Betrag von 1.000 Euro unterschreitet, auf bis zu 100 Prozent. Nach § 2 Abs. 2 S. 2 BEEG sinkt in den Fällen, in denen das durchschnittlich erzielte monatliche Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt höher als 1.200 Euro war, der Prozentsatz von 67 Prozent um 0,1 Prozentpunkte für je 2 Euro, um die dieses den Betrag von 1.200 Euro überschreitet, auf bis zu 65 Prozent.
In § 2 Abs. 3 BEEG ist das sog. Teilelterngeld geregelt. Nach § 2 Abs. 3 S. 1 BEEG wird für Monate nach der Geburt des Kindes, in denen die berechtigte Person ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat, das durchschnittlich geringer ist als das Einkommen aus Erwerbstätigkeit vor der Geburt, Elterngeld in Höhe des nach § 2 Abs. 1 oder 2 BEEG maßgeblichen Prozentsatzes des Unterschiedsbetrages dieser Einkommen aus Erwerbstätigkeit gezahlt. Gemäß § 2 Abs. 3 S. 3 BEEG ist der Unterschiedsbetrag nach § 2 Abs. 3 S. 1 BEEG für das Einkommen aus Erwerbstätigkeit in Lebensmonaten, in denen die berechtigte Person Basiselterngeld in Anspruch nimmt, und in Lebensmonaten, in denen sie Elterngeld Plus im Sinne des § 4a Abs. 2 BEEG in Anspruch nimmt, getrennt zu berechnen.
Demnach setzt § 2 Abs. 3 S. 1 BEEG voraus, dass die berechtigte Person in Monaten nach der Geburt des Kindes ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit hat, das durchschnittlich geringer ist als das Einkommen vor der Geburt (siehe dazu grundlegend, BSG, Urt. v. 27.10.2022 – B 10 EG 4/20 R, Juris Rn. 28 ff).
Vorliegend hat der Kläger nur einen Anspruch auf Teilelterngeld nach § 2 Abs. 3 S. 1 BEEG, da er während des Bezugs von Elterngeld Einkommen aus Erwerbstätigkeit hatte. So hatte der Kläger zu berücksichtigendes Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit i. S. d. § 2c i. V. m. § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 BEEG während des Zeitraum vom ersten bis zum 14. Lebensmonat, also während der gesamten Bezugsdauer des Elterngeldes vom XX.X1.2016 bis zum XX.X4.2017.
Die Zuwendungen der beiden Lehrkrankenhäuser an den Kläger stellen Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit nach §§ 2c, 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 BEEG dar, da es sich hierbei um Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i. S. d. § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 i. V. m. § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG handelt. Insbesondere sind auch die aufgrund des „Stipendiums“ an den Kläger geleisteten Zuwendungen der Asklepios Klinik A-Stadt GmbH für den Zeitraum vom 03.07.2017 bis zum 11.09.2017 bei der Ermittlung des Teilelterngeldes – wie durch den Aufhebungs- und Erstattungsbeschied des Beklagten vom 28.10.2018 erfolgt – zu berücksichtigten.
Der Begriff des Einkommens aus Erwerbstätigkeit des BEEG ist aufgrund der Verweisung des § 2 Abs. 1 S. 3 BEEG auf das Einkommensteuergesetz – genauer auf ausgewählte Einkunftsarten des § 2 EStG – durch das Einkommensteuerrecht geprägt (vgl. BSG, Urt. v. 05.04.2012 – B 10 EG 3/11 R, SozR 4-7387 § 2 Nr. 16, Juris Rn. 15; Urt. v. 25.06.2009 – B 10 EG 9/08 R, SozR 4-7837 § 2 Nr. 3, Juris Rn. 20). Maßgeblich ist damit die einkommensteuerrechtliche Beurteilung von Einnahmen bzw. Einkünften, also den Zuwendungen der Lehrkrankenhäuser an den Kläger, unter Beachtung der finanzgerichtlichen Rechtsprechung.
(1) Einkommensteuerrechtlich unterliegen die Zuwendungen der beiden Lehrkrankenhäuser an den Kläger gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG der (Einkommens-)Besteuerung, da es sich hierbei um Arbeitslohn und somit steuerbare Einnahmen bzw. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nach § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG handelt.
Der Begriff der „nichtselbständigen Arbeit“ erfährt in der steuerlich maßgeblichen Zuordnungsvorschrift des § 19 EStG keine konkrete Definition (vgl. Geserich, in: Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, Kommentar, 167. EL (Stand: 05/2023), § 19 EStG Rn. 45; Haversath, in: Wagner, Lohnsteuer, Kommentar, Stand: 01.03.2023, Abschn. E Rn. 2). Vielmehr wird in besagter Zuordnungsvorschrift beispielhaft aufgezählt, welche Bezüge und Vorteile zu den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit zählen und damit Arbeitslohn darstellen (vgl. Krüger, in: Schmidt: EStG, Kommentar, 42. Aufl. 2023, § 19 EStG Rn. 10; Geserich, in: Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, Kommentar, 167. EL (Stand: 05/2023), § 19 EStG Rn. 45). Eine Zuordnung von Einnahmen zu der Einkunftsart der „nichtselbständige Arbeit“ erfolgt im Wege einer Qualifikation. Maßgeblich ist hierfür, ob die zu beurteilenden Einnahmen des Steuerpflichtigen der beispielhaften Aufzählung des § 19 EStG zuzuordnen sind und durch die Betätigung des Steuerpflichtigen als Arbeitnehmer veranlasst sind. Arbeitslohn i. S. d. § 19 EStG sind daher nach der ständigen finanzgerichtlichen Rechtsprechung alle Güter in Geld und Geldeswert, die durch ein Arbeitsverhältnis veranlasst sind (a), die den Arbeitnehmer bereichern (b) und dem Arbeitnehmer zufließen (c) (vgl. Haversath, in: Wagner, Lohnsteuer, Kommentar, Stand: 01.03.2023 Abschn. E Rn. 20). Da die Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV) erlassen auf Grundlage des § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a EStG nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes den Arbeitnehmerbegriff zutreffend auslegt, sind deren Grundsätze bei der Qualifikation, ob ein (steuerrechtliches) Arbeitsverhältnis vorliegt, heranzuziehen (BFH, Urt. vom 18.06.2015 – VI R 77/12, BFHE 250, 132, BStBl II 2015, 903, Juris Rn. 11).
(a) Arbeitnehmer ist nach § 1 Abs. 1 S. 1 LStDV wer, in einem öffentlichen oder privaten Dienst angestellt oder beschäftigt ist oder es war und aus diesem oder einem früheren Dienstverhältnis Arbeitslohn beziehen. Ein Dienstverhältnis i. S. d. § 1 Abs. 1 LStDV liegt vor, wenn der Betroffene dem Arbeitgeber seien Arbeitskraft schuldet (§ 1 Abs. 2 S. 1 LStDV). Dies ist der Fall, wenn der Betroffene in der Betätigung seines geschäftlichen Willens unter der Leistung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers Weisungen zu folgen verpflichtet ist (§ 1 Abs. 2 S. 2 LStDV).
Ob eine steuerpflichtige Person mit einer bestimmten Betätigung Arbeitnehmer ist, richtet sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse. Beim Begriff des „Arbeitnehmers“ als nichtselbständig Tätigen handelt sich um einen offenen Typusbegriff, der nur durch eine größere und unbestimmte Zahl von Merkmalen beschrieben werden kann (ständige Rspr., BFH, Urt. v. 14.06.2007 – VI R 5/06, BFHE 218, 233 = BStBl. II 2009, 931, Juris Rn. 10 m. w. N.). Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtwürdigung sind nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung insbesondere die folgenden Merkmale von Bedeutung, die für eine Arbeitnehmereigenschaft sprechen können (vgl. die Aufzählungen, BFH, Urt. v. 14.06.1985 – VI R 150-152/82, BFHE 144, 225 = BStBl. II 1985, 661, Juris Rn. 17 ff.; Urt. v. 30.05.1996 – V R 2/95, BFHE 180, 213 = BStBl. II 1996, 493, Juris Rn. 14 ff.; hierauf Bezug nehmend auch die neuere Rechtsprechung, vgl. BFH, Urt. v. 14.06.2007 – VI R 5/06; v. 29.05.2008 – VI R 11/07, BFHE 221, 182 = BStBl. II 2008, 933, Juris Rn. 16): persönliche Abhängigkeit, Weisungsgebundenheit hinsichtlich Ort, Zeit und Inhalt der Tätigkeit, feste Arbeitszeiten, Ausübung der Tätigkeit gleichbleibend an einem bestimmten Ort, feste Bezüge, Urlaubsanspruch, Anspruch auf sonstige Sozialleistungen, Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall, Überstundenvergütung, zeitlicher Umfang der Dienstleistungen, Unselbständigkeit in Organisation und Durchführung der Tätigkeit, fehlendes Unternehmerrisiko, fehlende Unternehmerinitiative, kein Kapitaleinsatz, keine Pflicht zur Beschaffung von Arbeitsmitteln, Notwendigkeit der engen ständigen Zusammenarbeit mit anderen Mitarbeitern, Eingliederung in den Betrieb, geschuldet wird die Arbeitskraft, nicht aber ein Arbeitserfolg, Ausführung von einfachen Tätigkeiten, bei denen eine Weisungsabhängigkeit die Regel ist (BFH, Urt. v. 22.02.2012 – X R 14/10, BFHE 236, 464 = BStBl. II 2012, 511, Juris Rn. 31). Hierbei ist zu beachten, dass der steuerliche Begriff des Dienstverhältnisses nicht identisch mit dem Begriff des arbeitsrechtlichen Arbeitsverhältnisses oder des sozialrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses ist (siehe dazu BFH, Urt. v. 23.04.2009 – VI R 81/06, BStBl. II 2012, 262 = DStR 2009, 1355, 1356; Geserich, in: Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, Kommentar, 167. EL (Stand: 05/2023), § 19 EStG Rn. 50).
Der Annahme eines steuerlichen Dienstverhältnisses steht es auch nicht entgegen, dass der Arbeitnehmer im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber in seinem eigenen Interesse tätig wird. Daher sind auch sog. „Ausbildungsdienstverhältnisse“ Dienstverhältnisse im steuerrechtlichen Sinne, unabhängig davon, ob sie dem privaten oder öffentlichen Recht unterliegen. Ausbildungsdienstverhältnisse sind dadurch im Wesentlichen gekennzeichnet, dass der Auszubildende dem Dienstherrn seine Dienste zum Zwecke der Ausbildung zu Verfügung stellt und sich dessen Weisungen unterwirft. Der Ausbildungszweck kann neben dem Erwerb eines Berufsabschlusses, auch der Erwerb von Allgemeinbildung oder ein Studium sein (vgl. BFH, Urt. v. 28.09.1984 – VI R 144/83, BStBl. II 1985, 89, Juris Rn. 18 f.; Geserich, in: Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, Kommentar, 167. EL (Stand: 05/2023), § 19 EStG Rn. 97).
Aufgrund des oben dargestellten Maßstabes kommt die Kammer im Rahmen der Gesamtabwägung zum Ergebnis, dass der Kläger während seines Praktischen Jahres mit den jeweiligen Lehrkrankenhäusern in einem steuerrechtlichen Ausbildungsdienstverhältnis stand und damit steuerrechtlich als Arbeitnehmer zu beurteilen ist. Während der Absolvierung des Praktischen Jahres war der Kläger gegenüber dem jeweiligen Lehrkrankenhaus zur Leistung persönlicher Arbeitskraft verpflichtet, unterlag hierbei Weisungen hinsichtlich Ort, Zeit und Inhalt der Tätigkeit und war unselbständig in Organisation und Durchführung seiner Ausbildungstätigkeit in das jeweilige Lehrkrankenhaus eingebunden. In der Gesamtschau handelt es sich bei dem Praktische Jahr nach § 3 ÄApprO um ein typisches Ausbildungsverhältnis zwischen Medizinstudent und Lehrkrankenhaus und damit auch um ein steuerrechtliches Ausbildungsdienstverhältnis. Mithin war der Kläger (steuerrechtlicher) Arbeitnehmer.
Die Zuwendungen der beiden Lehrkrankenhäuser an den Kläger sind auch durch das jeweilige (Ausbildungs-)Dienstverhältnis veranlasst. Nach § 2 Abs. 1 S. 1 LStDV sind Arbeitslohn alle Einnahmen, die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis zufließen. Hierbei ist es gemäß § 2 Abs. 1 S. 2 LStDV unerheblich, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form die Einnahmen gewährt werden. Arbeitslohn setzt deshalb voraus, dass die Einnahme durch das (steuerrechtliche) Dienstverhältnis veranlasst ist. Es muss ein objektiver Zusammenhang zwischen Einnahme und Dienstverhältnis bestehen, d. h. die Zuwendung muss mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis (wegen des Dienstverhältnisses) eingeräumt sein. Der objektive Zusammenhang wird durch die subjektiven Vorstellungen des Arbeitnehmers und vor allem des Arbeitgebers erhellt. Der Arbeitgeber oder ein Dritter muss die Zuwendung (subjektiv) weitesten im Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erbringen. Ob dies zutrifft, kann nur unter Berücksichtigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Hierbei sind insbesondere Zweck der Zuwendung und äußere Umstände wie Anlass, Zuwendungsgegenstand und Begleitumstände eingehend zu würdigen (BFH, Urt. v. 22.03.1985 – VI R 170/82, BStBl. II 85, 529, Juris Rn. 15; Urt. v. 20.11.2008 – VI R 25/05, BStBl. II 2009, 382, Juris Rn. 16; Urt. v. 30.06.2011 – VI R 80/10, BStBl. II 11, 948, Juris Rn. 13 f.; Urt. v. 01.09.2016 – VI R 67/14, BStBl. II 17, 69, Juris Rn. 21 f.). Nicht entscheidend ist, dass die Leistung des Arbeitgebers für eine konkrete (einzelne) Dienstleistung des Arbeitnehmers erbracht wird (BFH, Urt. v. 07.12.1984 – VI R 164/79, BStBl, II 85, 164, Juris Rn. 28). Der Arbeitgeber kann auch ganz auf die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers verzichten, ohne dass dies dem Vorliegen von Arbeitslohn entgegenstehen muss, sofern die Zahlung durch das Arbeitsverhältnis veranlasst ist (BFH, Urt. v. 12.03.2019 – IX R 44/17, BStBl. II 19, 574, Juris Rn. 15). Auch dass der Arbeitgeber mit der Zuwendung gleichzeitig soziale oder sonstige Ziele verfolgt, lässt die Veranlassung durch das individuelle Dienstverhältnis unberührt (Krüger, in: Schmidt, EStG, Kommentar, 42. Aufl. 2023, § 19 Rn. 45; Geserich, in: Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, Kommentar, 167. EL (Stand: 05/2023), § 19 EStG Rn. 190 ff).
Unter Anwendung der zuvor dargestellten Maßstäbe ist die Kammer davon überzeugt, dass die Zuwendungen der Lehrkrankenhäuser gegenüber dem Kläger durch das jeweilige (Ausbildungs-)Dienstverhältnis mit dem Kläger veranlasst gewesen sind. Andere Rechtsverhältnisse oder Sonderrechtsbeziehungen einer anderen Einkunftsart zwischen dem Kläger und den Lehrkrankenhäuser bestanden im Streitfall nicht. Alleiniger Grund war somit das Ausbildungsdienstverhältnis, sodass die Zuwendungen als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft anzusehen ist.
Allein die Bezeichnung der Zuwendungen als Praktikumsvergütung oder Aufwandsentschädigung vermag keine andere rechtliche Beurteilung rechtfertigen, denn wie § 2 Abs. 1 S. 2 LStDV anordnet, ist die Bezeichnung der Einnahmen für die Qualifikation als Arbeitslohn unerheblich.
(b) Durch die Zuwendungen der Lehrkrankenhäuser wurde der Kläger auch offenkundig bereichert. Die Geringfügigkeit der Zuwendungen steht einer Qualifizierung dieser als Arbeitslohn nicht entgegen (vgl. Krüger, in: Schmidt, EStG, Kommentar, 42. Aufl. 2023, § 19 EStG Rn. 41). Bereichert ist der (steuerrechtliche) Arbeitnehmer, wenn sich sein Vermögen wirtschaftlich vermehrt und damit seine (wirtschaftliche) Leistungsfähigkeit erhöht hat (vgl. Geserich, in: Brandis/ Heuermann, Ertragsteuerrecht, Kommentar, 167. EL (Stand: 05/2023), § 19 EStG Rn. 163; Pflüger, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, Kommentar, 318. EL (Stand: 05/2023) § 19 EStG Rn. 113; ebenso BFH, Urt. v. 17.09.1982 – VI R 75/79, BStBl. II 1983, 39, Juris Rn. 18 m. W. N.). Dies war vorliegend der Fall.
(c) Offenkundig sind die Zuwendungen der Lehrkrankenhäuser dem Kläger auch steuerrechtlich zugeflossen, da er über sie tatsächlich wirtschaftlich verfügen konnte (vgl. ständige Rspr., BFH, Urt. v. 09.03.1990 – VI 48/87, BStBl. II 1990, 711, Juris Rn. 32 m. w. N.; Geserich, in: Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, Kommentar, 167. EL (Stand: 05/2023), § 19 EStG Rn. 244 m. w. N).
Aufgrund den obigen Ausführungen sind auch die „Stipendiatszahlungen“ der Asklepios Klinik A-Stadt GmbH vom 03.07.2017 bis 30.09.2017 an den Kläger als Arbeitslohn zu qualifizieren. Im hier gegebenen Fall ist die Kammer zur Überzeugung gelangt, dass die „Stipendiatszahlungen“ Gegenleistungen für eine zukünftige Arbeitnehmertätigkeit des Klägers darstellen. Gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 LStDV sind auch Einnahmen im Hinblick auf ein künftiges Dienstverhältnis als Arbeitslohn zu qualifizieren (Arbeitslohn als Vorschuss auf ein künftiges Arbeitsverhältnis, siehe Pflüger, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, Kommentar, 318. EL (Stand: 5/2023, § 19 EStG Rn. 53). Dies war vorliegend der Fall. Nach dem eigenen Vortrag des Klägers wurde diesem während der Ausbildung in praktischen Ausbildungsstation des Asklepios Stadtklinik A-Stadt eine Arbeitsstelle nach erfolgreichen Abschluss des Medizinstudiums in Aussicht gestellt. Zum 01.01.2018 wurde der Kläger als Assistenzarzt von der Asklepios Klinik A-Stadt beschäftigt und mit der der ersten Gehaltszahlung endete das „Stipendium“. Nach Ansicht der Kammer besteht in der Gesamtschau zwischen den „Stipendiatszahlungen“ und dem späteren Arbeitsverhältnis ab dem 01.01.20218 eine eindeutige Konnexität.
Zusammenfassend stellen alle vom Kläger bezogenen Zuwendungen der beiden Lehrkrankenhäuser Arbeitslohn und damit auch steuerbare Einnahmen bzw. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG i. V. m. § 2 LStDV dar.
(2) Die vom Kläger erzielten Einnahmen bzw. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sind auch steuerpflichtig gewesen. Aus der Definition des Einkommens aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit in § 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 BEEG und der Verweisung in das Einkommensteuerrecht ergibt sich, dass nach §§3 bi s 3c EStG steuerfreie Einnahmen wie z. B. Zuschläge für Sonntags-, Nacht- und Feiertagsarbeit bei der Ermittlung des Einkommens aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit ebenso wenig zu berücksichtigen sind wie Sozialleistungen (Helmke/Bauer, in: Familienleistungsausgleich, Kommentar, 115. EL (Stand: 05/2023) § 2c Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit, Rn. 5). Dies ist vorliegend nicht der Fall, da die vom Kläger erzielten Einnahmen bzw. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit – entgegen der Ansicht des Klägers – nicht steuerfrei sind. Denn für die vom Kläger erzielten Einnahmen bzw. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit ergibt sich gerade keine Steuerbefreiung aufgrund den Vorschriften der §§ 3 bis 3c EStG.
(a) Besonders handelt es sich bei den vom Kläger erzielten Einkünften nicht um steuerfreie Aufwandsentschädigungen i. S. d. EStG. Begrifflich sind Aufwandsentschädigungen grundsätzliche alle Leistungen zur Abgeltung von Aufwendungen, die steuerlich als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abziehbar sind (vgl. Bordewin/Brand, EStG, Kommentar, 455. EL (Stand: 08/2023), § 3 Nr. 12 EStG Rn. 31; Pflüger, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, Kommentar, 318. EL (Stand: 05/2023), § 19 EStG Rn. 215). Folglich stellen Aufwandsentschädigungen steuerpflichtige Einnahmen i. S. d. § 8 EStG dar, wenn sie im Zusammenhang mit einer Einkunftsart – wie hier mit Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit nach § 19 EStG – stehen (vgl. Krüger, in: Schmidt, EStG, Kommentar, 42. Aufl. 2023, § 19 EStG Rn. 67). Aufwandsentschädigungen sind einkommensteuerrechtlich nur dann steuerbefreit, wenn diese nach § 3 Nr. 12 EStG aus öffentlichen Kassen gewährt werden. Demgegenüber sind Aufwandsentschädigungen eines privaten Arbeitgebers im Rahmen eines Dienstverhältnisses stets steuerpflichtiger Arbeitslohn (vgl. Bergkemper, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, Kommentar, 318. EL (Stand: 05/2023), § 3 Nr. 12 EStG Rn. 8; Aufwandsentschädigungen als Bezüge und damit Arbeitslohn i. S. d. § 19 Abs. 1 S. 1 EStG, Pflüger, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, Kommentar, 318. EL (Stand: 05/2023), § 19 EStG Rn. 215). Letzteres vorliegend bei den Zuwendungen der Lehrkrankenhäuer der Fall gewesen.
(b) Auch stellen die vom Kläger bezogenen Einkünfte keine steuerfreien Stipendien i. S. d. EStG dar. Begrifflich sind Stipendien finanzielle Unterstützungen, die Studenten, Doktoranden und Wissenschaftlern zur Finanzierung von Studium, Promotion, Habilitation, Auslandsaufenthalten, bestimmte Forschungsvorhaben, Teilnahme an Graduiertenkollegs u. a. gewährt werden (vgl. Bergkemper, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, Kommentar, 318. EL (Stand: 05/2023), § 3 Nr. 44 EStG Rn. 3; Valta, in: Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, Kommentar, 167. EL (Stand: 05/2023), § 3 Nr. 44 EStG Rn. 2). Steuerbefreit sind solche finanziellen Unterstützungen einkommensteuerrechtlich nur dann, wenn diese nach § 3 Nr. 44 EStG aus öffentlichen Mitteln, von zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtungen, von Einrichtungen aus öffentlicher Trägerschaft oder solchen öffentlichen Trägern stammen. Dies gilt nicht für den klägerischen Fall, da hier das „Stipendium“ weder aus öffentlichen Mitteln noch von einem besonderen Träger oder von einem solchen Träger kontrollierte Einrichtung i. S. d. § 3 Nr. 44 EStG, sondern von einer privaten Arbeitgeberin in Gestalt einer juristischen Person des Privatrechts, der Asklepios Kliniken A-Stadt GmbH stammt und an der keine Hoheitsträger mehrheitlich beteiligt sind. Zudem kommt eine Steuerbefreiung auch nicht in Betracht, da sich die Zuwendungen im vorliegenden Fall – wie bereits ausgeführt – als Gegenleistung für eine künftige Arbeitnehmertätigkeit qualifizieren.
(c) Im Übrigen haben die beiden Lehrkrankenhäuser in den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen gerade keine steuerfreien Bezüge als Arbeitslohn ausgewiesen. Gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 4 LStDV sind steuerfreie Bezüge gesondert bei jeder Lohnabrechnung im Lohnkonto des Arbeitsnehmers aufzuzeichnen (vgl. Deck/Geiermann/Imping/Voss, ABC des Lohnbüros 2023, Stand: 07/2023, Lohnkonto, Rn. 2874 f.). Die Erfüllung dieser Nachweis- und Belegnahmepflicht ist allerdings Voraussetzung für die Zahlung von steuerfreien Arbeitslohn im Lohnsteuerverfahren (FG Saarland, Urt. v. 24.05.2017 – 2 K 1082/14, Juris Rn. 25 m. W. N.; BFH, Urt. v. 06.03.1980 – VI R 65/77, BStBl. II 1980, 289, Juris Rn. 12 ff.). Insoweit greift die gesetzliche Richtigkeits- und Vollständigkeitsvermutung der Lohn- und Gehaltsbescheinigung des § 2c Abs. 2 S. 2 BEEG. Damit fehlt es neben den inhaltlichen auch den formalen Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung.
Nach alledem waren die Zuwendungen der Lehrkrankenhäuser steuerbare und steuerpflichte Einnahmen bzw. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 i. V. m. § 19 EStG und damit Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit i. S. d. §§ 2c, 2 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 BEEG.
bb) Mithin war die Entscheidung über die endgültige Leistungsbewilligung von Elterngeld durch den Bescheid vom 09.05.20218 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.09.2018 unzutreffend und von Beginn an rechtswidrig, soweit der Beklagte die Einnahmen bzw. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit des aufgrund des „Stipendiums“ mit der Asklepios Klinik A-Stadt GmbH vom 03.07.2017 bis zum 30.09.2017 während des Elterngeldbezugszeitraums nicht bei der Ermittlung des durchschnittlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit in den Lebensmonaten nach der Geburt des Kindes berücksichtigte. Hierdurch ermittelte der Beklagte ein zu niedriges Erwerbseinkommen im Bezugszeitraums des Elterngeldes, sodass sich bei der Differenzberechnung des Teilelterngelds nach § 2 Abs. 3 S. 1 BEEG ein zu hoher Elterngeldanspruch zugunsten des Klägers ergab. Die endgültige Leistungsbewilligung des Basiselterngeldes war insoweit rechtswidrig begünstigend.
b) Der Änderungsbescheid vom 09.05.20218 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 06.09.2018 durfte auch mit Wirkung für die Vergangenheit – ab XX.X3.2016 – (teilweise) zurückgenommen werden, weil die Voraussetzungen des § 45 Abs. 4 S. 1 i. V. m. Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X erfüllt sind. Zur Überzeugung der Kammer beruhte die endgültige Elterngeldfestsetzung aufgrund des Änderungsbescheides vom 09.05.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.09.2018 insoweit auf Angaben, die der Kläger jedenfalls grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig bzw. unvollständig gemacht hat. Er war mithin bösgläubig im Sinne von § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X.
Ob eine betroffene Person die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maß verletzt hat, ist nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen des Beteiligten sowie den besonderen Umständen des Falles zu beurteilen, d.h. es ist bei der Beurteilung ein subjektiver Maßstab anzulegen (BSG, Urt. v. 05.09.2006 – B 7a AL 14/05 R, BSGE 97, 73, Juris Rn. 21).
Grob fahrlässig handelt nach der Legaldefinition in § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3, HS. 2 SGB X, wer die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt. Die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, wer schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt und daher nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchtet; dabei ist das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen des Beteiligten sowie der besonderen Umstände des Falles zu beurteilen (subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff, dazu BSG, Urt. v. 26.08.1987– 11a RA 30/86, BSGE 62, 103, Juris Rn. 19; Urt. v. 08.02.2001 – B 11 AL 21/00 R, Juris Rn. 23 m. w. N.).
Zudem besteht für den Elterngeldberechtigten eine Obliegenheit, Bewilligungsbescheide zu lesen und zur Kenntnis zu nehmen, auch wenn sie nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt ist (vgl. Gedanke aus BSG, Urt. v. 01.07.2010 – B 13 R 77/09 R, SozR 4-1300 § 48 Nr. 18, Juris Rn. 33). Denn die Beteiligten haben sich gegenseitig vor vermeidbarem, das Leistungsverhältnis betreffenden Schaden zu bewahren (vgl. ständige Rspr., BSG, Urt. v. 08.02.2001 – B 11 AL 21/00 R, SozR 3 1300 § 45 Nr. 45, Juris Rn. 25; Urt. v. 01.07.2010 – B 13 R 77/09 R, SozR 4-1300 § 45 Nr. 9, Juris Rn. 33; LSG Hessen, Urt. v. 12.03.2002 – L 12 RJ 32/01, Juris Rn. 29).
Daran gemessen ist dem elterngeldberechtigten Kläger zur Überzeugung der Kammer unter den gegebenen Umständen eine Sorgfaltspflichtverletzung in besonders schwerem Maße vorzuwerfen, als er es unterlassen hat, die Lohn- und Gehaltsbescheinigungen der Asklepios Stadtklinik A-Stadt für die Kalendermonate August 2017 und September 2017 dem Beklagten vorzulegen. Er verletzte die gebotene Sorgfalt, die von ihm erwartet werden konnte und musste, in besonders schwerem Maße, weil er einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellte, obwohl die Vorlagepflicht für ihn deutlich und einfach erkenntlich sowie erfüllbar war. Der Kläger hätte in Ansehung seiner – angesichts seines Bildungsstandes als herangehender Arzt gut ausgeprägten –Urteils- und Kritikfähigkeit aufgrund einfachster und naheliegender Überlegungen mit Sicherheit hätte erkennen können und auch müssen, dass die von ihm gemachten Angaben in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren.
So enthielt bereits die vorläufige Elterngeldfestsetzung durch den Bescheid vom 12.09.2016 im Begründungsteil den ausdrücklichen und hervorgehobenen Hinweis auf die Vorlagepflicht der Lohn- und Gehaltsbescheinigungen für die Kalendermonate August 2016 bis September 2017. Des Weiteren wurde der Kläger mit Schreiben des Beklagten vom 24.10.2017 unter Hinweis auf seine Mitwirkungspflicht nach § 60 Sozialgesetzbuch Erstes Buch – Allgemeiner Teil – (SGB I) ausdrücklich zur Vorlage der Lohn- und Gehaltsbescheinigungen für die Kalendermonate August 2016 bis September 2017 aufgefordert. Hierfür wurde ihm eine Frist durch den Beklagten bis 21.11.2017 gesetzt. Obwohl dem Kläger bereits die Lohn- und Gehaltsbescheinigungen für August 2017 und September 2017 des Asklepios Klinikum A-Stadt vorlagen, reichte er diese nicht ein. Vielmehr erklärte er mit Schreiben vom 10.11.2017, dass er keine weiteren Tätigkeiten ausgeübt und keine sonstigen Einkünfte sowie Zuschüsse bezogen habe. Ausgehend von den vorgenannten Lohn- und Gehaltsbescheinigungen waren dem Kläger bereits auch der Arbeitslohn, also die Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit für die Kalendermonate August und September 2017 zugeflossen. Damit entsprach die Angabe des Klägers in seinen Schreiben vom 10.11.2017, dass er keine weiteren Einkünfte bzw. Zuwendungen bezogen habe, nicht den tatsächlichen Begebenheiten und war folglich unzutreffend. An dieser Beurteilung ändert auch die Angabe des „Stipendiums“ in der Bescheinigung über „Ergänzende Angaben des Arbeitgebers bei Ausübung einer zulässigen (Teilzeit-)Erwerbstätigkeit im Bezugszeitraum“ der Asklepios Klinik A-Stadt GmbH vom 28.12.2017 nichts. Aus besagter Bescheinigung ergibt sich gerade nicht die Höhe der „Stipendiatszahlungen“, was für die Feststellung, ob ein Anspruch auf Teilelterngeld und in welcher Höhe besteht, erforderlich gewesen wäre. Dementsprechend wurde dem Beklagten hierdurch keine eigene Kenntnis über die Unrichtigkeit bzw. Unvollständigkeit der vom Kläger gemachten Angaben vermittelt. Zudem hätte dies den Kläger nicht von seiner eindeutigen und ohne Weiteres erfüllbaren Vorlagepflicht der Lohn- und Gehaltsbescheinigungen entbunden. Im Übrigen steht auch der von dem Kläger in der mündlichen Verhandlung gewonnene persönliche Eindruck der Bejahung grober Fahrlässigkeit nicht entgegen. Ob ein dementsprechender Schuldvorwurf gerechtfertigt ist, richtet sich nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen und dem Verhalten des Betroffenen sowie nach den besonderen Umständen des Einzelfalls. Dies berücksichtigend ist in der Gesamtschau für die Kammer nicht zweifelhaft, dass das passive Verschweigen der „Stipendiatszahlungen“ auf grober Fahrlässigkeit im Sinne des Gesetzes beruht.
c) Die einjährige Handlungsfrist des § 45 Abs. 4 S. 2 SGB X ist vorliegend eingehalten. Für den Lauf dieser Frist ist auf die Kenntnis des für die Rücknahme bzw. deren Vorbereitung zuständigen Sachbearbeiters des Beklagten abzustellen (vgl. BSG, Urt. v. 08.02.1996 – 13 RJ 35/94, BSGE 77, 295, Juris Rn. 28; Urt. v. 09.09.1986 – 11a RA 2/85, BSGE 60, 239, Juris Rn. 16), die regelmäßig erst nach erfolgter Anhörung des Betroffenen gegeben sein wird (vgl. BSG, Urt. v. 27.07.2000 – B 7 AL 88/99 R, SozR 3-1300 § 45 Nr. 42, Juris Rn. 24). Vorliegend hat der Beklagte Kenntnis von den Zuwendungen der Asklepios Klinik A-Stadt aufgrund des „Stipendium“ gegenüber dem Kläger erst aufgrund des am 02.07.2018 eingegangenen Antrages auf Elterngeld für das weitere Kind D. erlangt. Unabhängig von der späteren Anhörung vom 10.09.2018 ist die Jahresfrist unzweifelhaft eingehalten, weil der die Rücknahme regelnde Aufhebungs- und Erstattungsbescheid am 28.10.2018 und damit bereits drei Monate nach erstmaliger Kenntnis von dem besagten weiteren Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit während des Elterngeldbezuges erteilt worden ist.
d) Die Rücknahmeentscheidung des Beklagten ist auch ermessensfehlerfrei ergangen. § 45 Abs. 1 SGB X ordnet als Rechtsfolge an, dass die Rücknahme der Begünstigung im Ermessen des Leistungsträgers steht, sofern sich aus den besonderen Teilen des Sozialgesetzbuches (vgl. § 37 SGB I) nichts Abweichendes ergibt (ständige Rspr., BSG, Urt. v. 15.02.1990 – 7 RAr 28/88, BSGE 66, 204, Juris. Rn. 21; Urt. v. 17.10.1990 – 11 RAr 3/88, SozR 3-1300 § 34 Nr. 5, Juris Rn. 22; Urt. v. 19.10.2011 – B 13 R 9/11 R, SozR 4-2600 § 77 Nr. 10, Juris Rn. 15; Urt. v. 20.12.2012 – B 10 LW 2/11 R, SozR 4-5868 § 12 Nr. 1, Juris Rn. 35; Urt. vom 30.10.2012 – B 12 R 14/11 R, SozR 4-1300 § 45 Nr. 15, Juris Rn. 19).
Für eine fehlerfreie Ermessensentscheidung ist es gemäß § 39 Abs. 1 S. 1 SGB I erforderlich, dass der Verwaltungsträger sein Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung (überhaupt) ausübt und dass er dabei die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einhält. Der gemäß § 39 Abs. 1 SGB I von der Ermessensentscheidung Betroffene hat einen damit korrespondierenden Anspruch auf pflichtgemäße Ausübung fehlerfreien Ermessens (§ 39 Abs. 1 S. 2 SGB I). Nur in diesem – eingeschränkten – Umfang unterliegt nach Maßgabe des § 54 Abs. 2 S. 2 SGG die Ermessensentscheidung einer gerichtlichen Kontrolle. Rechtswidrig können Verwaltungsakte demnach nur in Fällen des Ermessensfehlgebrauchs sein. Hierzu zählt vor allem der Ermessensnichtgebrauch, der dann vorliegt, wenn die Behörde ihrer Pflicht zur Ermessensbetätigung nicht nachgekommen ist, bspw., weil sie fälschlicherweise davon ausgegangen ist, es handele sich um eine gebundene Entscheidung. Eine Ermessensentscheidung erweist sich aber auch dann als fehlerhaft, wenn die Behörde die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschreitet, das heißt eine nach dem Gesetz nicht zugelassene Rechtsfolge setzt (Ermessensüberschreitung), oder ein Abwägungsdefizit und Ermessenfehl- bzw. -missbrauch vorliegt, mithin die Behörde von unzutreffenden, in Wahrheit nicht gegebenen, unvollständigen oder falsch gedeuteten tatsächlichen oder rechtlichen Voraussetzungen ausgeht, Gesichtspunkte tatsächlicher oder rechtlicher Art berücksichtigt, die rechtlich nicht relevant sind, oder umgekehrt wesentliche Gesichtspunkte außer Acht lässt, die zu berücksichtigen wären (vgl. BSG, Urt. v. 14.12.1994 – 4 RA 42/94, SozR 3-1200 § 39 Nr. 1, Juris Rn. 20). Die Frage, ob überhaupt eine Ermessensentscheidung ergangen ist und ob diese ggf. rechtmäßig war, beurteilt sich nach dem Inhalt des Bescheides, insbesondere nach seiner Begründung (§ 35 Abs. 1 S. 3 SGB X). Diese muss erkennen lassen, dass eine Ermessensentscheidung getroffen wurde, und sie muss darüber hinaus grundsätzlich auch diejenigen Gesichtspunkte aufzeigen, von denen der Verwaltungsträger bei der Ausübung des Ermessens ausgegangen ist (vgl. BSG, Urt. v. 17.10.1990 – 11 RAr 3/88, SozR 3-1300 § 45 Nr. 5, Juris Rn. 23). Dafür ist zu prüfen, ob die Beklagte für die zur Ausschöpfung ihres Ermessensspielraums notwendige Interessenabwägung alle nach Lage des Einzelfalls wesentlichen (öffentlichen und privaten) Abwägungsbelange ermittelt, in diese Abwägung eingestellt, mit dem ihnen zukommenden objektiven Gewicht bewertet und bei widerstreitenden (öffentlichen und privaten) Belangen einen angemessenen Ausgleich hergestellt hat. Dabei steht es der dem Verwaltungsträger – in den gesetzlichen Grenzen ihres Ermessens – grundsätzlich frei zu entscheiden, auf welche der abwägungsrelevanten Umstände sie die zu treffende Ermessenentscheidung im Ergebnis stützen möchte (vgl. BSG, Urt. v. 30.10.2013 – B 12 R 14/11 R, Juris Rn. 30; LSG Hessen, Urt. v. 13.09.2022 – L 2 R 332/20, Juris Rn. 53).
Die hier von dem Beklagten getroffene Ermessensentscheidung entspricht diesen Kriterien. Mit seinem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 28.10.2018 hat er ausreichend zu erkennen gegeben, dass er das ihm eingeräumte Ermessen innerhalb des ihm zustehenden Spielraums unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des § 45 SGB X betätigt hat. Insoweit ist im Aufhebungs- und Erstattungsbescheid ausgeführt, dass die Fehlerhaftigkeit der endgültigen Elterngeldfestsetzung durch (Änderungs-)Bescheid vom 09.05.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.09.2018 in den Verantwortungsbereich des Klägers fiele und sich keine Gründe erkennen ließen, die einen Verzicht auf eine Rücknahme der rechtswidrigen Entscheidung begründeten, so dass das öffentliche Interesse an der Rücknahme des rechtswidrigen Bescheides überwiege. Damit hat der Beklagte offenkundig das ihm eingeräumte Ermessen betätigt. Weitergehende Ausführungen waren im Übrigen entbehrlich, da der Beklagte in nicht zu beanstandender Weise darauf abgestellt hat, dass keine Gründe für eine andere Entscheidung ersichtlich waren.
Nach alledem war der Aufhebungsbescheid vom 28.10.2018 rechtmäßig.
II. Aufgrund den obigen Ausführungen ist auch die endgültige Festsetzung des Elterngeldes in Form von Teilelterngeld aufgrund des Änderungsbescheides vom 09.05.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.09.2018, soweit diese nicht durch den Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 25.10.2018 teilweise zurückgenommen und geändert wurde, rechtmäßig. Wie ausführlich dargestellt, ist die steuerliche Erfassung der Zuwendungen der Lehrkrankenhäuser im Rahmen des Praktischen Jahres an den Kläger und die daraus folgende elterngeldrechtliche Behandlung als Einkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit zutreffend und rechtmäßig. Zutreffend und im Übrigen zwischen den Beteiligten unstreitig ist die steuerliche und elterngeldrechtliche Behandlung der Einnahmen aus der Aushilfstätigkeit des Klägers als Rettungssanitäter. Aufgrund der gesetzlich nach § 2 Abs. 3 S. 3 BEEG angeordneten getrennten Berechnung des Teilelterngeldes für Basiselterngeld und Elterngeld Plus, ergab sich nur für den Anspruch auf Basiselterngeld eine geänderte Höhe und Festsetzung.
III. Die vom Beklagten geltend gemachte Erstattungsforderung in Höhe von 2.928,30 Euro bezüglich des Basiselterngeld aufgrund des Änderungsbescheides vom 09.05.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids 06.09.2018 in der Fassung des Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 25.10.2018 ist rechtmäßig.
1. Der von dem Beklagten geltend gemachte Erstattungsanspruch aufgrund der teilweise Rücknahme der endgültigen Elterngeldfestsetzung für den Zeitraum vom XX.X3.2016 bis zum XX.X4.2017 in Form von Basiselterngeld durch den Aufhebungs- und Erstattungsbescheides vom 25.10.2018 stützt sich auf § 50 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 3 SGB X als Ermächtigungsgrundlage und stellt sich als rechtmäßig dar.
a) Die Erstattungsverfügung („II. Rückforderungsbescheid“) im Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 28.10.2023 ist formell rechtmäßig, da diesbezüglich die verfahrensrechtlich notwendige Anhörung erfolgt ist.
b) Die angefochtene Erstattungsverfügung („II. Rückforderungsbescheid“) im Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 28.10.2023 ist auch inhaltlich hinreichend bestimmt und damit materiell rechtmäßig. Der Umstand, dass im Begründungsteil des Bescheides der Kläger zur Leistung eines Betrages in Höhe von 3.198,10 Euro aufgefordert wird, führt nicht zur inhaltlichen Unbestimmtheit der Erstattungsverfügung. Die in § 33 Abs. 1 SGB X normierte Erfordernis der hinreichenden Bestimmtheit bezieht sich auf den Verwaltungsakt als Regelung, also auf den Verfügungssatz und den (Regelungs )Adressaten des Verwaltungsaktes. Nicht hingegen auf die Begründung des Verwaltungsaktes (vgl. Engelmann, in: Schütze, SGB X, Kommentar, 9. Aufl. 2020, § 33 SGB X Rn. 11). Unklarheiten und Unvollständigkeiten bei letzterem können sich nur auf die Bestimmtheit des Verfügungssatzes auswirken, wenn die Begründung zu seiner Auslegung herangezogen werden muss. Demnach ist für die Bestimmtheit i.S.v. § 33 Abs. 1 SGB X erforderlich, dass bei einer Teilaufhebung von Leistungen über mehrere Monate die geänderten Teilbeträge für jeden Monat den Bescheiden, ggf. nebst den Anlagen, entnommen werden können. Es muss objektiv erkennbar sein, in welcher Höhe Leistungen für die jeweiligen Monate zuerkannt bleiben (BSG, Urt. v. 14.05.2020 – B 14 AS 10/19 R, SozR 4-4200 § 40 Nr. 15, Juris Rn. 18; Urt. v. 20.06.2020, B 4 AS 10/20 R, SozR 4-1300 § 45 Nr. 23, Juris Rn. 27; LSG Sachsen-Anhalt, Urt. vom 09.11.2022 – L 5 AS 252/19, Juris Rn. 75). Dies ist anhand der Anlage zum Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 28.10.2018 offenkundig der Fall. So lässt sich aus der in der Anlage enthaltenen „Leistungsübersicht“ (Bl. 136R d. Verwaltungsakte) für jeden Lebensmonat unter Angabe des jeweiligen Zeitraums, dass dem Kläger zustehende Elterngeld nach Art und Höhe entnehmen. Daneben kann der anliegenden „Abrechnung über erhaltenes/zustehendes Elterngeld“ (Bl. 136 d. Verwaltungsakte) auch für jeden einzelnen Lebensmonat die Höhe des dem Kläger zustehenden Elterngelds und des an ihn tatsächlich ausgezahlten Elterngelds entnommen werden. Auch kann eindeutig und ohne Weiteres der Abrechnung entnommen werden, dass sich rechnerisch eine Überzahlung und damit Rückerstattungsforderung von Elterngeld in Höhe von insgesamt 2.928,30 Euro ergibt. Daher ist nach Auffassung der Kammer die zu hohe Zahlungsaufforderung im Begründungsteil ohne Weiteres als offenbare Unrichtigkeit erkennbar, die dementsprechend der erforderlichen Bestimmtheit der Erstattungsverfügung nicht abträglich ist.
2. Die Erstattungsforderung in Höhe von insgesamt 2.928,30 Euro ist rechnerisch nicht zu beanstanden. Denn die Kammer vermag auch im Übrigen in den von dem Beklagten vorgenommenen Berechnungen hinsichtlich der besagten Erstattungsverfügung in Höhe von 2.928,30 Euro keine sachlichen oder rechtlichen Fehler, die sich zu Ungunsten der Kläger auswirken könnten, zu erkennen – solche sind im Übrigen auch insoweit vom Klägern nicht geltend gemacht worden –, sodass sich auch die angegriffen Erstattungsverfügung des Beklagten vom 28.10.2018 insgesamt als rechtmäßig erweist, ohne dass der Kläger hierdurch in seinen beschwert ist (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG).
4. Die Erstattungsforderung in Höhe von insgesamt 2.928,30 Euro ist auch nicht verjährt. Die Verjährungsfrist des Erstattungsanspruchs beginnt nach § 50 Abs. 4 S. 1 SGB X erst mit Ablauf des Kalenderjahres zu laufen, in dem der Erstattungsbescheid unanfechtbar geworden ist und beträgt vier Jahre. Es kommt also nicht auf das Entstehen des Erstattungsanspruchs, sondern auf den die Erstattung festsetzenden Bescheid an (vgl. Merten, in: Hauck/Noftz SGB X, Kommentar, 2. EL (Stand: 2023), § 50 SGB X Rn. 94; Schütze, in: Schütze, SGB X, Kommentar, 9. Aufl. 2020, § 50 Rn. 33; BSG, Urt. v. 04.03.2011 – B 11 Al 5/20 R, BSGE 131, 286, Juris Rn. 22). Infolge des Widerspruches und der erhobenen Klage ist die Erstattungsverfügung aber bis zur Entscheidung durch die Kammer nicht bestandskräftig geworden; demgemäß konnte die Verjährung der Erstattungsforderung nicht beginnen.
Nach alledem haben sich die angefochtenen Bescheide des Beklagten als rechtmäßig erwiesen. Die Klage war demgemäß abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens.