I. Auch ein außerhäuslicher Weg zur Nahrungsaufnahme in der Mittagspause arbeitenden und an betriebliche Vorgaben gebundenen Beschäftigten ist ein versicherter Weg nach § 8 Abs. 1 Satz 3 SGB VII.
II. Der Anwendungsbereich des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII ist durch die Neuregelung des § 8 Abs. 1 Satz 3 SGB VII nicht erweitert worden.
I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 14.06.2023 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Ziffer I. des Tenors der erstinstanzlichen Entscheidung wie folgt gefasst wird: Der Bescheid vom 04.10.2022 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.01.2023 wird aufgehoben. Es wird festgestellt, dass es sich bei dem Ereignis vom 10.01.2022 um einen Arbeitsunfall handelt.
II. Die Beklagte hat der Klägerin auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d :
Zwischen den Beteiligten ist streitig ist, ob die Klägerin und Berufungsbeklagte (im Folgenden: Klägerin) am 10.01.2022 auf dem Weg von einem Mitnahme-Restaurant zurück in das Home-Office in der Mittagspause einen versicherten Arbeitsunfall nach § 8 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) erlitten hat.
Die 1990 geborene Klägerin war zu dem Zeitpunkt des Unfalls als kaufmännische Angestellte bei der B GmbH & Co KG mit einer Arbeitszeit von 38,5 Stunden/Woche Vollzeit beschäftigt. Sie hat mit ihrem Arbeitgeber eine "Zusatzvereinbarung Telearbeit" (nachfolgend: Home-Office-Vereinbarung) vom 13.09.2019 geschlossen, wonach die Klägerin berechtigt ist, jeweils montags von zu Hause aus zu arbeiten. Die Verteilung der Arbeitszeit ist von 05:00 - 22:00 Uhr möglich. Die im Unternehmen geltende Pausenregelung, die auch bei der Arbeit zu Hause gilt, sieht ab fünf Stunden Arbeitszeit eine Pause von 15 Minuten, ab sechs Stunden Arbeitszeit eine Pause von 30 Minuten und ab sieben Stunden Arbeitszeit eine Pause von 45 Minuten vor. Die Pause kann individuell gestaltet werden. Die Erfassung der Arbeitszeit erfolgt durch Buchen der Klägerin am PC.
Am 10.01.2022 (Montag) arbeitete die Klägerin von zu Hause aus (Home-Office). Zur Mittagszeit begab sie sich auf dem direkten Weg zu A Restaurant im G in H (die einfache Wegstrecke zwischen dem Wohnort der Klägerin und dem Restaurant beträgt ca. 8,2 km, 12 min mit dem KFZ), wo sie sich ein warmes Mittagessen (Döner) holte. Nach der Rückkehr beabsichtigte sie ihre Arbeit fortzusetzen, um 14.00 Uhr war ein weiteres Online-Meeting per Microsoft-Teams geplant. Auf dem Weg von dem Restaurant nach Hause erlitt die Klägerin auf der Staatsstraße xxx zwischen G und R um ca. 12:50 Uhr einen (unverschuldeten) Verkehrsunfall mit ihrem PKW, als sie mit einem entgegenkommenden Fahrzeug, das den Mittelstreifen überschritten hatte, frontal zusammenstieß. Sie zog sich bei dem Unfall eine dislozierte mehrfragmentäre Pilon tibiale Fraktur und distale Fibulafraktur vom Typ Weber C links sowie eine dislozierte Klaviculaschaftfraktur (mittleres Drittel) links zu. Es erfolgte eine stationäre Krankenhausbehandlung mit operativer Versorgung am 14.01.2022. Ab 27.06.2022 begann die Klägerin eine stufenweise Wiedereingliederung, ab 16.07.2022 war sie wieder voll arbeitsfähig.
Am 12.01.2022 teilte der Lebensgefährte der Klägerin der Beklagten und Berufungsklägerin (im Folgenden: Beklagte) mit, dass die Klägerin am 10.01.2022 in der Mittagspause auf dem Heimweg zur Arbeitsstätte einen Verkehrsunfall erlitten habe. Am 11.02.2022 erfolgte die Unfallanzeige des Arbeitgebers. Auf Nachfrage der Beklagten teilte die Klägerin am 26.04.2022 telefonisch mit, dass sie sich bei A Restaurant ein warmes Essen für den Verzehr in ihrer Mittagspause im Home-Office geholt habe. Sie habe keine anderen Besorgungen erledigt und sei dann mit dem warmen Essen direkt nach Hause gefahren.
Mit Bescheid vom 04.10.2022 lehnte die Beklagte (durch ihre Geschäftsführung) eine Anerkennung des Verkehrsunfalls vom 10.01.2022 als Arbeitsunfall ab, da Wege zur Nahrungsaufnahme aus dem Home-Office heraus keine versicherten Wege im Sinne des SGB VII darstellten. Der Weg habe persönlichen Zwecken gedient und sei daher dem privaten Lebensbereich zuzurechnen.
Den hiergegen am 19.10.2022 erhobenen und mit Schreiben vom 23.10.2022 begründeten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12.01.2023 zurück. Bei einer Tätigkeit in der Unternehmensstätte seien Wege zur Nahrungsaufnahme versichert, wenn die Nahrungsaufnahme zum Erhalt der Arbeitskraft und damit zur Fortsetzung der versicherten Tätigkeit erforderlich sei, obwohl am aufgesuchten Ort eine unversicherte Tätigkeit verrichtet werde. Dieser Ausnahmetatbestand schließe für auf der Unternehmensstätte Tätige nicht nur Wege auf dem Betriebsgelände, sondern auch solche außerhalb zum nahegelegenen Bäcker, Kiosk, einer Gaststätte etc. ein. Der Grund hierfür sei die Vorgabe des Einsatzortes und dass die versicherten Personen durch die betrieblichen Gegebenheiten in der Vorbereitung und Durchführung der Essenseinnahme gewissen Restriktionen unterlägen, die ein Ausweichen auf externe Angebote mit sich bringe. Diese Gründe träfen bei im Home-Office tätigen versicherten Personen nicht zu, daher gebe es für eine unterschiedliche versicherungsrechtliche Beurteilung dieser Wege einen sachlichen Grund. Auch der Gesetzgeber habe keine Veranlassung gesehen, Wege zur Essensbesorgung im Home-Office außerhalb des häuslichen Bereichs den entsprechenden Wegen im betrieblichen Bereich gleichzustellen.
Hiergegen hat die Klägerin mit Schreiben vom 18.01.2023 Klage zum Sozialgericht (SG) Nürnberg erhoben. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei das Zurücklegen eines Weges durch einen Beschäftigten mit der Handlungstendenz, sich an einem vom Ort der Tätigkeit verschiedenen Ort Nahrungsmittel zu besorgen oder einzunehmen, grundsätzlich versichert. Dieser Versicherungsschutz beruhe darauf, dass der während einer Arbeitspause zurückgelegte Weg zur Nahrungsaufnahme oder zum Einkauf von Lebensmitteln für den alsbaldigen Verzehr am Arbeitsplatz in zweierlei Hinsicht mit der Betriebstätigkeit verknüpft sei: Zum einen diene die beabsichtigte Nahrungsaufnahme während der Arbeitszeit im Gegensatz zur bloßen Vorbereitungshandlung vor der Arbeit der Aufrechterhaltung der Arbeitsfähigkeit und damit der Fortsetzung der betrieblichen Tätigkeit. Zum anderen handle es sich um einen Weg, der in seinem Ausgangs- und Zielpunkt durch die Notwendigkeit geprägt sei, persönlich im Beschäftigungsbetrieb anwesend zu sein und dort betriebliche Tätigkeiten zu verrichten. Das Handlungsziel der Klägerin sei vorliegend unbestreitbar die Aufrechterhaltung der Arbeitsfähigkeit gewesen. Die Klägerin habe ihre abhängige Beschäftigung aufgrund der Vorgaben des Arbeitgebers zu Ort und Zeit sowie Dauer der Mittagspause zu verrichten gehabt. Am Unfalltag sei nach der Mittagspause ein Teams-Meeting geplant gewesen. Auch der Weg vom Home-Office zur Nahrungsaufnahme sei daher dem entsprechenden Weg im betrieblichen Bereich gleichzustellen. Die Klägerin habe gerade keine eigenwirtschaftliche Tätigkeit innerhalb des persönlichen Lebens- und Risikobereichs verrichtet.
Mit Urteil vom 14.06.2023 hat das SG der Klage stattgegeben, die streitgegenständlichen Bescheide aufgehoben und entschieden, dass das Ereignis vom 10.01.2022 als Arbeitsunfall anzuerkennen sei. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, dass nach ständiger Rechtsprechung des BSG auch Wege zur Nahrungsaufnahme während der Arbeitszeit unter Versicherungsschutz stünden, weil sie dadurch gekennzeichnet seien, dass sie regelmäßig unaufschiebbare, notwendige Handlungen seien, um die Arbeitskraft des Versicherten zu erhalten und es ihm zu ermöglichen, die jeweilige betriebliche Tätigkeit fortzusetzen. Mit dem "Gesetz zur Förderung der Betriebsratswahlen und der Betriebsratsarbeit in einer digitalen Arbeitswelt (Betriebsrätemodernisierungsgesetz)" vom 14.06.2021 sei mit Wirkung zum 18.06.2021 der Unfallversicherungsschutz bei Tätigkeiten außerhalb der Unternehmensstätte modifiziert worden. Konkret sei - den Arbeitsunfall betreffend - im Wortlaut des § 8 Abs. 1 SGB VII ein neuer Satz 3 angefügt worden. Der Gesetzgeber habe damit klargestellt, dass es für den Umfang des Versicherungsschutzes keinen Unterschied mache, ob die versicherte Tätigkeit auf der Unternehmensstätte oder im Home-Office durchgeführt werde. Schon aus diesem Grund sei (auch im Wege der Gleichbehandlung) der Unfall als Arbeitsunfall anzuerkennen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der Tatsache, dass ein Wegeunfall unter § 8 Abs. 2 SGB VII zu subsumieren sei. Nach Ansicht der Kammer gelte § 8 Abs. 1 Satz 3 SGB VII als grundlegende Feststellung auch für die Beurteilung von Wegen nach Abs. 2. Das Urteil ist der Beklagten am 18.08.2023 zugestellt worden.
Dagegen hat die Beklagte sich mit der Berufung vom 22.08.2023 gewandt und zur Begründung ausgeführt: Bei einer gewünschten Gleichstellung sowohl für Arbeits- als auch Wegeunfälle hätte der Gesetzgeber diese in einem eigenen Absatz, der sich auf beide Rechtsgebiete beziehe, aufnehmen müssen und nicht lediglich in dem für Arbeitsunfälle geltenden Abs. 1. Eine analoge Anwendung von § 8 Abs. 1 Satz 3 SGB VII für den Wegeunfallversicherungsschutz scheide aus, da keine Anhaltspunkte für eine planwidrige Regelungslücke vorlägen. Es sei daher festzustellen, dass sich die mit der gesetzlichen Neuregelung gewollte Gleichstellung ausweislich der Gesetzesbegründung nur auf die Wege im eigenen Haushalt beziehe. Wegeunfälle seien von der Gesetzesänderung - abgesehen von dem explizit geregelten Tatbestand der Unterbringung von Kindern aus dem Home-Office heraus - nicht erfasst. Auch sei darauf zu verweisen, dass im Gegensatz zu der Beurteilung des SG Nürnberg die Verhältnisse im Home-Office nicht denen auf einer Unternehmensstätte entsprächen und die im Home-Office tätigen Mitarbeitenden in keiner vergleichbaren Weise den auf einer Unternehmensstätte geltenden Bedingungen und damit in ihrer Gestaltung der Pausen zur Nahrungsaufnahme ähnlichen äußeren Einwirkungen unterliegen würden. Gerade im Home-Office hätten die Mitarbeitenden eine wesentlich höhere Freiheit im Hinblick auf die Möglichkeiten der Gestaltung der Pausen. Eine Vergleichbarkeit sei nicht gegeben. Damit stelle die unterschiedliche Beurteilung des Versicherungsschutzes bei Wegen aus dem Home-Office zur Nahrungsaufnahme zu Wegen von der Unternehmensstätte keine Ungleichbehandlung dar.
Auf Nachfrage des Senats mit Schreiben vom 27.09.2023 bei dem Arbeitgeber der Klägerin hat dieser mit Schreiben vom 10.10.2023 die "Zusatzvereinbarung Telearbeit" vom 13.09.2019 vorgelegt.
Zur Berufungserwiderung hat der Klägerbevollmächtigte im Schreiben vom 24.10.2023 ausgeführt, dass es nicht gerechtfertigt sei, einen Unterschied zwischen Privatwohnung und betrieblichem Arbeitsplatz zu sehen. Die sich durch Corona gewandelte Arbeitswelt, verbunden mit einer Tätigkeit im Home-Office, was inzwischen den Normalzustand darstelle, rechtfertige es nicht, einen Unterschied zu machen, ob die Unternehmensstätte zum Erwerb von Nahrungsmitteln verlassen werde oder die Privatwohnung. Auch der im Home-Office Beschäftigte müsse das Recht haben, sich in der Mittagspause ein Mittagessen zu besorgen, ohne dabei gegenüber Beschäftigten in der Unternehmensstätte benachteiligt zu werden. Sowohl der Beschäftigte im Home-Office als auch der Beschäftigte in der Unternehmensstätte seien beim Verlassen des Betriebsortes den gleichbleibenden Gefahren im öffentlichen Straßenverkehr ausgesetzt. Sofern man tatsächlich einen Unterschied annehmen wolle, wäre der Arbeitnehmer, der seine Arbeit zu Hause verrichtet, regelrecht gezwungen, sein Home-Office bzw. seine Wohnung überhaupt nicht mehr zu verlassen. Hier läge eine gravierende Ungleichbehandlung vor. In Anbetracht des Wandels der Zeit sei im vorliegenden Verfahren Versicherungsschutz zu bejahen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 14.06.2023 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogene Akte der Beklagten verwiesen. Hinsichtlich der näheren Einzelheiten wird insbesondere gemäß § 153 Abs. 1 i.V.m. § 136 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtgesetz (SGG) auf die genannten Schreiben der Beteiligten Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt (§ 105 Abs. 2 Satz 1, §§ 143, 151 SGG) und bedarf gemäß § 144 SGG keiner Zulassung.
Die Berufung der Beklagten ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das SG Nürnberg festgestellt, dass es sich bei dem Ereignis vom 10.01.2022 um einen Arbeitsunfall gem. § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 SGB VII handelt. Der Bescheid der Beklagten vom 04.10.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.01.2023 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin stand zum Zeitpunkt des Unfalls unter dem Schutz der Wegeunfallversicherung nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII, da sie bei dem Weg von dem Restaurant zurück ins Home-Office einen mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit (Home-Office) mit der Handlungstendenz, sich ein verzehrfertiges Gericht an einem dritten Ort für die Mittagsmahlzeit zu besorgen, zurückgelegt hat. Auch ein außerhäuslicher Weg zur Nahrungsaufnahme in der Mittagspause eines mit Zustimmung und Billigung des Arbeitgebers im Home-Office arbeitenden und an betriebliche Vorgaben gebundenen Beschäftigen ist ein versicherter Weg nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII.
1.
Die auf die Anerkennung des Ereignisses vom 10.01.2022 als Arbeitsunfall gerichtete Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Alt 1 i.V.m. § 55 Abs. 1 Nr. 1, § 56 SGG) zulässig. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG haben die Verletzten ein Wahlrecht zwischen einer zulässigen Feststellungs- und einer zulässigen Verpflichtungsklage (BSG, Urteil vom 31.03.2022 - B 2 U 13/20 R, Rn. 11 juris).
Verfahrensgegenstand ist der Bescheid vom 04.10.2022 (Widerspruchsbescheid vom 12.01.2023), womit die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 10.01.2022 als Arbeitsunfall abgelehnt hat.
2.
Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass die Verrichtung zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer oder sachlicher Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität; st. Rspr, vgl. BSG, Urteil vom 27.11.2018 - B 2 U 7/17 R, Rn. 8 juris m.w.N.). Nach § 8 Abs. 1 Satz 3 SGB VII besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte, wenn die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt wird.
Gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII ist versicherte Tätigkeit auch das Zurücklegen des mit der nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Die in § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII gebrauchte Formulierung "des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges" kennzeichnet den sachlichen Zusammenhang des unfallbringenden Weges mit der eigentlichen versicherten Tätigkeit. Versichert ist in der gesetzlichen Unfallversicherung mithin als Vorbereitungshandlung der eigentlichen Tätigkeit das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit, wobei nicht der Weg als solcher, sondern dessen Zurücklegen versichert ist, also der Vorgang des Sichfortbewegens auf einer Strecke, die durch einen Ausgangs- und einen Zielpunkt begrenzt ist (st. Rspr., vgl. BSG, Urteil vom 06.10.2020 - B 2 U 9/19 R, Rn. 19 juris; BSG, Urteil vom 23.01.2018 - B 2 U 3/16 R, Rn. 12 juris).
Nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII ist das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit versichert.
Dabei kann nach der Rechtsprechung des BSG grundsätzlich auch ein Arbeitsplatz zu Hause (Home-Office) Tätigkeitsort im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII sein, wenn es sich um einen arbeitsvertraglich geregelten Arbeitsort handelt, der aufgrund arbeitsvertraglicher (Individual-)Vereinbarungen innerhalb eines Gebäudes dauerhaft eingerichtet ist und in dem Beschäftigte im Rahmen ihrer Arbeit regelmäßig (ausschließlich oder alternierend) die geschuldete Arbeitsleistung erbringen (vgl. BSG, Urteil vom 18.06.2013 - B 2 U 7/12 R, Rn. 20 juris; BSG, Urteil vom 27.11.2018 - B 2 U 28/17 R, Rn. 19 juris; BSG, Urteil vom 08.12.2021 - B 2 U 4/21 R, Rn. 18 juris). In diesem Fall liegt der arbeitsvertraglich vereinbarte Erfüllungsort (§ 269 BGB) für die Arbeitsleistung (Arbeitsort) auch an dem Ort, an dem das Home-Office eingerichtet ist. Erledigt der Beschäftigte seine Arbeit (ggf. eigeninitiativ außerhalb der Arbeitszeit) jedoch zu Hause, ohne dies arbeitsvertraglich vereinbart zu haben oder dazu aufgrund einer (Einzel-)Weisung des Arbeitgebers angehalten worden zu sein, scheidet eine "Home-Office"-Konstellation regelmäßig aus (BSG, Urteil vom 27.11.2018 - B 2 U 28/17 R, Rn. 19 juris).
Mit Durchschreiten der Außentür des häuslichen Bereichs ist der Anwendungsbereich des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII eröffnet, da dieser nur einen Unfall beim Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit voraussetzt. Begründet wird der Versicherungsschutz auf dem Weg nach und von dem Ort der versicherten Tätigkeit damit, dass diese Wege nicht aus privaten Interessen, sondern wegen der versicherten Tätigkeit, also mit einer auf die versicherte Tätigkeit bezogenen Handlungstendenz unternommen werden (BSG, Urteil vom 18.06.2013 - B 2 U 7/12 R, Rn. 18 juris). Das Zurücklegen eines Weges durch einen in Vollzeit Beschäftigten in der betrieblichen Mittagspause mit der Handlungstendenz, sich an einem vom Ort der Tätigkeit verschiedenen Ort Nahrungsmittel für die Mittagsmahlzeit zu besorgen oder dort das Mittagessen einzunehmen, um seine Arbeitsfähigkeit zu erhalten, ist als eine solche regelmäßig unaufschiebbare, notwendige Handlung angesehen worden, die geeignet ist, die Arbeitskraft des Versicherten zu erhalten und ihm damit zu ermöglichen, die betriebliche Tätigkeit fortzusetzen (BSG, Urteil vom 27.04.2010 - B 2 U 23/09 R -, Rn. 15 juris). Diese Rechtsprechung bezieht sich aber nur auf solche Wege zur Nahrungsaufnahme oder zum Einkauf von Lebensmitteln für den alsbaldigen Verzehr am betrieblichen Arbeitsplatz, die während einer Arbeitspause von der Unternehmensstätte aus angetreten werden bzw. dorthin zurückführen (BSG, Urteil vom 31.08.2017 - B 2 U 11/16 R, Rn. 18 juris; BSG, Urteil vom 02.07.1996 - 2 RU 34/95, Rn. 15 juris). In seinen Entscheidungen vom 02.12.2008 (B 2 U 17/07 R, Rn. 30 juris) und vom 18.06.2013 (B 2 U 7/12 R, Rn. 20 ff. juris) hat das BSG für die Unterschutzstellung des Weges zur Nahrungsaufnahme in einer Betriebspause zwei Gründe genannt: Zum einen muss es sich um einen Weg handeln, der in seinem Ausgangs- und Zielpunkt durch die Notwendigkeit geprägt ist, persönlich im Beschäftigungsbetrieb anwesend zu sein und dort betriebliche Tätigkeiten zu verrichten. Der Versicherte unterliegt in diesem Fall hinsichtlich der Nahrungsaufnahme betrieblichen Vorgaben oder Zwängen, z.B. konkret hierfür vorgesehenen betrieblichen Pausen, und ist hinsichtlich der Nahrungsaufnahme zeitlich und örtlich in eine objektiv bestehende betriebliche Ablauforganisation eingebunden. Zum anderen muss die beabsichtigte Nahrungsaufnahme während der Arbeitszeit im Gegensatz zur bloßen Vorbereitungshandlung vor der Arbeit der Aufrechterhaltung der Arbeitsfähigkeit und damit der Fortsetzung der betrieblichen Tätigkeit dienen. Aufgrund des Zusammentreffens dieser beiden betriebsbezogenen Merkmale, das Handlungsziel und die Betriebsbedingtheit des Wegs, ist der wesentliche innere Zusammenhang zwischen dem Betrieb und einem zur Nahrungsaufnahme zurückgelegten Weg angenommen worden.
Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt, da die Klägerin als kraft Gesetzes nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII Versicherte (vgl. dazu unter a) einen Unfall und einen Gesundheitserstschaden (vgl. dazu unter b) erlitten hat. Sie befand sich zwar nicht auf einem Betriebsweg, so dass § 8 Abs. 1 Satz 3 SGB VII nicht zur Anwendung kommt (vgl. dazu unter c), der Rückweg von dem Restaurant ins Home-Office ist jedoch nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII versichert (vgl. dazu unter d).
a)
Die Klägerin zählte zum Unfallzeitpunkt als kaufmännische Angestellte unstreitig zu dem in der gesetzlichen Unfallversicherung gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII versicherten Personenkreis.
b)
Durch den Verkehrsunfall mit frontalem Zusammenstoß mit einem anderen PKW hat die Klägerin auch einen Unfall im Sinne eines plötzlich von außen auf den Körper einwirkendes Ereignisses, das zu einem Gesundheitserstschaden (dislozierte mehrfragmentäre Pilon-tibiale-Fraktur, distale Fibulafraktur vom Typ Weber C links sowie dislozierte Klaviculaschaftfraktur), geführt hat, erlitten.
c)
Die Klägerin befand sich bei dem Unfall nicht auf einem versicherten Betriebsweg im Sinne des § 8 Abs. 1 Sätze 1 und 3 i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII, der nach der Neuregelung des § 8 Abs. 1 Satz 3 SGB VII auch für im Home-Office tätige Versicherte gilt.
Betriebswege sind Wege, die in Ausübung der versicherten Tätigkeit zurückgelegt werden, Teil der versicherten Tätigkeit sind und damit der Betriebsarbeit gleichstehen (vgl. BSG, Urteil vom 27.11.2018 - B 2 U 28/17 R, Rn. 17 juris m.w.N.). Sie werden im unmittelbaren Betriebsinteresse unternommen und unterscheiden sich von Wegen nach und von dem Ort der Tätigkeit im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII dadurch, dass sie der versicherten Tätigkeit nicht lediglich vorausgehen oder sich ihr anschließen. Sie sind nicht auf das Betriebsgelände beschränkt, sondern können auch außerhalb der Unternehmensstätte anfallen.
Nach den objektiven Umständen hat die Klägern den Zielort - das Restaurant - ausschließlich zu dem Zweck angesteuert, Essen zum Mitnehmen zu holen. Mithin fand die Fahrt ihren hauptsächlichen Motivationsgrund in dem Bedürfnis der Klägerin, Nahrung zu sich zu nehmen. Ihre versicherte Tätigkeit als kaufmännische Angestellte hat die Klägerin zu dieser Zeit nicht verrichtet, so dass sie sich nicht auf einem Betriebsweg befunden hat (vgl. dazu BSG, Urteil vom 18.06.2013 - B 2 U 7/12 R, Rn. 16 juris).
d)
Die Klägerin stand zum Zeitpunkt des Unfalls jedoch unter dem Schutz der Wegeunfallversicherung nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII, da sie bei dem Weg von dem Restaurant zurück ins Home-Office einen mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit (Home-Office) mit der Handlungstendenz, sich ein verzehrfertiges Gericht an einem dritten Ort für die Mittagsmahlzeit zu besorgen, zurückgelegt hat.
Der Anwendungsbereich des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII ist durch die Neuregelung des § 8 Abs. 1 Satz 3 SGB VII zwar nicht erweitert worden (vgl. dazu unter aa). Bei dem Home-Office-Arbeitsplatz der Klägerin liegt aber ein "Ort der Tätigkeit" im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII vor (siehe dazu unter bb). Die in der Rechtsprechung des BSG entwickelten Grundsätze zu den Wegen der auf der Unternehmensstätte tätigen Versicherten zur Nahrungsaufnahme oder -beschaffung finden grundsätzlich auch auf die im Home-Office Beschäftigten Anwendung (vgl. dazu unter cc). Die Klägerin war durch betrieblich bedingte Zwänge persönlich in die betriebliche Ablauforganisation eingebunden und hat die Nahrung mit der objektivierten Handlungstendenz besorgt, ihre auch noch am Nachmittag benötigte Arbeitskraft aufrechtzuerhalten, so dass dieser Weg unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung zu stellen ist (vgl. dazu unter dd).
aa)
Die gesetzliche Regelung des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII hat durch die Neuregelung des § 8 Abs. 1 Satz 3 SGB VII, wonach Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte besteht, wenn die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt wird, nach Auffassung des Senats weder eine Erweiterung noch eine Einschränkung erfahren (vgl. dazu auch Bayerisches LSG, Urteil vom 15.01.2024 - L 3 U 168/23, Rn. 30 juris). § 8 Abs. 1 Satz 3 SGB VII bezieht sich nach dem Wortlaut ("Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte") und der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drs. 19/29819, S. 17 unten, S. 18) nur auf Wege im eigenen Haushalt (z.B. zur Nahrungsaufnahme oder zum Toilettengang), bei denen ein Durchschreiten der Außentüre des eigenen Wohnbereichs gerade nicht stattfindet und die somit mit entsprechenden Betriebswegen im Betriebsgebäude oder auf dem Betriebsgelände vergleichbar wären.
Der Neuregelung ist nach Auffassung des Senats auch nicht zu entnehmen, dass die Tätigkeit im Home-Office in jeglicher Hinsicht derjenigen in einer Unternehmensstätte gleichzustellen ist (so Mühlheims, NZS 2022, 5 ff.). Auf Wege nach § 8 Abs. 2 SGB VII findet die Regelung des § 8 Abs. 1 Satz 3 SGB VII keine Anwendung. Die Gesetzesbegründung nimmt ausschließlich auf die Rechtsprechung des BSG zu den Betriebswegen im häuslichen Bereich Bezug und stellt klar, dass diese Unterscheidung zwischen Betriebswegen im betrieblichen und im häuslichen Bereich nicht aufrechterhalten werden soll ("Der Versicherungsschutz erstreckt sich neben der eigentlichen versicherten Tätigkeit auch auf sogenannte Betriebswege, zum Beispiel den Weg zum Drucker in einem anderen Raum. Dies gilt sowohl auf der Unternehmensstätte als auch bei mobiler Arbeit. Unterschiede und damit Lücken im Versicherungsschutz gibt es dagegen bei Wegen im eigenen Haushalt zum Holen eines Getränks, zur Nahrungsaufnahme, zum Toilettengang etc. Diese Wege sind nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auf der Unternehmensstätte versichert, im Homeoffice dagegen nicht. Diese Unterscheidung lässt sich vor dem Hintergrund der zunehmenden Bedeutung mobiler Arbeitsformen nicht aufrechterhalten."; BT-Drs. 19/29819, S. 18). Der Gesetzgeber hat eine Gleichstellung der Wege nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII im Home-Office und in der Unternehmensstätte - obwohl er im Zuge der Einführung des § 8 Abs. 2 Nr. 2a SGB VII auch Änderungen an § 8 Abs. 2 SGB VII vorgenommen hat - nicht in § 8 Abs. 2 SGB VII verankert.
bb)
Der von der Klägerin in der Mittagspause zurückgelegte Weg von dem Restaurant zurück in das Home-Office fällt grundsätzlich unter den Anwendungsbereich des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII. Der Home-Office-Arbeitsplatz der Klägerin ist ein "Ort der Tätigkeit" im Sinne des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII und die Klägerin befand sich auf dem Weg nach dem Ort der Tätigkeit.
Die Klägerin hat mit dem Arbeitgeber eine arbeitsvertragliche Regelung (Home-Office-Vereinbarung) geschlossen, wonach sie jeweils montags die Möglichkeit hatte, an ihrem Wohnort zu arbeiten. Erfüllungsort der Arbeitsleistung war daher an dem Unfalltag der Wohnort der Klägerin. Die Klägerin befand sich auf dem unmittelbaren Rückweg zu diesem vertraglich festgelegten Ort der Tätigkeit als sich der Unfall ereignete, so dass der Anwendungsbereich des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII grundsätzlich eröffnet ist.
cc)
Der Senat ist der Auffassung, dass die in der Rechtsprechung des BSG entwickelten Grundsätze zu den Wegen der auf der Unternehmensstätte tätigen Versicherten zur Nahrungsaufnahme oder -beschaffung grundsätzlich auch auf die im Home-Office Beschäftigten sinngemäß Anwendung finden, da weder der Schutzzweck des § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII noch eine aus der Neuregelung des § 8 Abs. 1 Satz 3 SGB VII zu entnehmende Wertung dagegen sprechen (vgl. dazu ausführlich: Bayerisches LSG, Urteil vom 15.01.2024 - L 3 U 168/23, Rn. 36 ff. juris).
Der Sachverhalt unterfällt dem Schutzzweck der Wegeunfallversicherung. Diese schützt vor Gefahren für Gesundheit und Leben, die aus der Teilnahme am öffentlichen Verkehr als Fußgänger oder Benutzer eines Verkehrsmittels, also aus eigenem oder fremdem Verkehrsverhalten oder äußeren Einflüssen während der Zurücklegung des Weges hervorgehen (vgl. etwa BSG, Urteil vom 17.12.2015 - B 2 U 8/14 R, Rn. 23 juris). Anders als bei einem Unfall in der Wohnung des Beschäftigten, bei dem die Außentür der Wohnung nicht durchschritten wird und sich nur die Gefahren des eigenen Haushalts auswirken, ergeben sich bei einem Gang zur Nahrungsbeschaffung aus dem Home-Office heraus nach Durchschreiten der Außentür des häuslichen Bereichs keine Unterschiede zu einem Beschäftigten, der die Unternehmensstätte zu dem gleichen Zweck verlässt. Es wirken vielmehr in gleicher Weise die üblichen Gefahren der Teilnahme am öffentlichen Verkehr auf den Beschäftigten ein, wie dies auch bei einem vergleichbaren Weg von der Unternehmensstätte aus der Fall wäre (Bayerisches LSG, Urteil vom 15.01.2024 - L 3 U 168/23, Rn. 36 juris).
Aus der Neuregelung des § 8 Abs. 1 Satz 3 SGB VII, der sich nach Auffassung des Senats nur auf Betriebswege bezieht (vgl. oben unter aa), ergibt sich kein Argument gegen die Gleichstellung eines Weges vom häuslichen Bereich zur Nahrungsaufnahme bzw. zur Versorgung mit Nahrungsmitteln zum alsbaldigen Verzehr mit entsprechenden Wegen von der Unternehmensstätte aus (so auch Bayerisches LSG, a.a.O., Rn. 36 ff. juris). Nach der Rechtsprechung des BSG fielen vor der gesetzlichen Neuregelung Wege im häuslichen Bereich z.B. zur Nahrungsaufnahme - anders als in der Unternehmensstätte - grundsätzlich nicht unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung (BSG, Urteil vom 05.07.2016 - B 2 U 5/15 R, Rn. 22 juris; anders für den Weg, um die häusliche Arbeitsstätte zu erreichen BSG, Urteil vom 27.11.2018 - B 2 U 28/17 R, Rn. 17 ff. juris und für den innerhäuslichen Weg zur erstmaligen Aufnahme der Tätigkeit im Home-Office BSG, Urteil vom 08.12.2021 - B 2 U 4/21 R, Rn. 17 ff. juris). Nunmehr hat der Gesetzgeber in § 8 Abs. 1 Satz 3 SGB VII verankert, dass auch Betriebswege im häuslichen Bereich unter den Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung fallen.
Eine derartige gesetzliche Klarstellung ist für den Bereich der Wegeunfälle nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII nicht erfolgt. Dies war für den Bereich der Wegeunfallversicherung nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII nach Auffassung des Senats auch nicht notwendig, denn das BSG hat für die Wegeunfallversicherung nach § 8 Abs. 2 SGB VII nicht ausgeschlossen, dass eine Arbeitsstätte im Home-Office Ausgangs- oder Endpunkt eines versicherten Weges sein kann, sondern vielmehr zur Voraussetzung gemacht, dass die Gründe für die Unterschutzstellung des Weges zur Nahrungsaufnahme - wie sie auch für den Weg zur Nahrungsaufnahme von der Unternehmensstätte aus gelten - auch in der Home-Office Konstellation vorliegen (vgl. BSG, Urteil vom 18.06.2013 - B 2 U 7/12 R, Rn. 20 juris).
dd)
Die Klägerin war durch betrieblich bedingte Vorgaben und Zwänge persönlich in die betriebliche Ablauforganisation eingebunden (vgl. dazu unter (1)) und hat die Nahrung mit der objektivierten Handlungstendenz besorgt, ihre auch noch am Nachmittag benötigte Arbeitskraft aufrechtzuerhalten (vgl. dazu unter (2)).
(1)
Nach Auffassung des Senats war der von der Klägerin zurückgelegte Weg in seinem Ausgangs- und Zielpunkt durch die Notwendigkeit geprägt, persönlich am Beschäftigungsort anwesend zu sein und dort betriebliche Tätigkeiten zu verrichten. Die Klägerin unterlag hinsichtlich der Nahrungsaufnahme auch betrieblichen Vorgaben oder Zwängen, die es in diesem konkreten Fall rechtfertigen, den zurückgelegten Wegen unter den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung zu stellen.
Die Klägerin war nach der Home-Office-Vereinbarung berechtigt jeden Montag - wie hier am 10.01.2022 - von ihrem Wohnort aus zu arbeiten. Die Klägerin war daher nicht - wie dies in anderen Fällen des mobilen Arbeitens der Fall sein mag - frei darin zu bestimmen, wo sie sich zum Arbeiten aufhielt, sondern sie war an ihren häuslichen Arbeitsplatz gebunden. Die Home-Office-Vereinbarung sah explizit vor, dass die Klägerin ihre Tätigkeit von zu Hause aus zu erbringen hatte. Damit war die Klägerin - ähnlich wie bei der Tätigkeit in einem Betrieb - an eine bestimmte Unternehmensstätte - nämlich den häuslichen Arbeitsplatz als Erfüllungsort der Arbeitsleitung - räumlich gebunden und musste dort persönlich anwesend sein.
Die Klägerin war an ihrem häuslichen Arbeitsplatz in vergleichbarer Weise wie bei ihrer Tätigkeit im Betrieb an betriebliche Vorgaben gebunden. Die Arbeitszeit war mit einem Rahmen von 5.00 Uhr bis 22.00 Uhr zumindest grob vertraglich umrissen. Durch die Teilnahme an Meetings und Teams-Sitzungen war die Klägerin an bestimmte Termine gebunden. Die Pausen konnten zwar - im Rahmen dieser Möglichkeiten - individuell gestaltet werden, jedoch war die Dauer der Pause (45 Minuten) festgelegt. Durch diese Vorgaben war die Klägerin in ihrem Home-Office - anders als in dem von BSG entschiedenen Fall (B 2 U 7/12 R) - räumlich und zeitlich in den betrieblichen Ablauf eingebunden. Die Klägerin konnte nicht quasi "rund um die Uhr" zeitlich beliebig geschützt durch die Unfallversicherung zur Nahrungsaufnahme einen anderen Ort aufsuchen. Sie konnte zwar den Zeitpunkt ihrer Pause individuell festlegen, war jedoch hinsichtlich der Dauer der Pause (und damit auch der zeitlichen Möglichkeiten, ein Restaurant aufzusuchen) gebunden.
Dabei verkennt der Senat nicht, dass ein häuslicher Arbeitsplatz sich zweifelsohne von einem betrieblichen Arbeitsplatz unterscheidet. In der Regel bestehen im häuslichen Bereich Kochgelegenheiten und es können Lebensmittel zum sofortigen Verzehr vorgehalten werden. Dies rechtfertigt es jedoch nach Auffassung des Senats nicht, den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung zu beschränken. Auch im Home-Office besteht das betrieblich bedingte Erfordernis, durch eine rasche und unkomplizierte Nahrungsbeschaffung oder -aufnahme die Arbeitsfähigkeit für den weiteren Arbeitstag zu erhalten. Die Annahme, dass zu Hause stets eine verzehrfertige Mahlzeit zur Verfügung steht, die von dem im Home-Office Beschäftigten nur eingenommen zu werden braucht, entspricht nicht der heutigen Lebensrealität (so auch Bayerisches LSG, Urteil vom 15.01.2024 - L 3 U 168/23, Rn. 40 juris). Insoweit ist die Versorgung innerhalb von Unternehmensstätten vielfach sogar besser als bei einer Tätigkeit im Home-Office. Im betrieblichen Umfeld besteht durch Betriebskantinen zumindest in großen Betrieben die Möglichkeit einfach und schnell eine warme Mahlzeit einzunehmen oder sich in Teeküchen mitgebrachte Mahlzeiten zu erwärmen. Dennoch werden Arbeitnehmer im betrieblichen Umfeld nicht darauf verwiesen, diese Möglichkeiten wahrzunehmen oder ansonsten den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung zu verlieren. Dies muss auch bei einer Tätigkeit im Home-Office gelten.
(2)
Die beabsichtigte Nahrungsaufnahme zu Hause diente bei der Klägerin auch der Aufrechterhaltung der Arbeitsfähigkeit und damit der Fortsetzung der betrieblichen Tätigkeit.
Die Klägerin war an dem Unfalltag seit 08:00 Uhr im Home-Office und hatte um 14.00 Uhr einen weiteren Termin in Form eines Online-Meetings. Die Arbeitszeit endete an dem Unfalltag erst um ca. 17.00 Uhr. Sie war damit genauso wie ein auf der Unternehmensstätte tätiger Beschäftigter über einen vollen Arbeitstag hinweg in betriebliche Abläufe eingebunden. Die Klägerin konnte somit am Unfalltag nicht nach ihrem freien Belieben die Tätigkeit im Home-Office jederzeit unterbrechen oder beenden, vielmehr schuldete sie im Home-Office dieselbe Arbeitsleistung, die sie auch vor Ort im Betrieb als in Vollzeit tätige Beschäftigte hätte erbringen müssen.
Die Klägerin hat hier nach ihren glaubhaften Ausführungen auch nichts unternommen, was für eine überwiegend eigenwirtschaftlich motivierte Handlungstendenz sprechen könnte, welche die betrieblich motivierte Handlungstendenz (Erhalt der Arbeitsfähigkeit für den Nachmittag) abgelöst haben könnte. Sie hat vielmehr mit zeitlichem Bezug zu der betriebsüblichen Pausenzeit mittags in dem ca. 8 km entfernten Restaurant (Fahrzeit ca. 24 Minuten hin und zurück) eine verzehrfertige Mahlzeit eingekauft, so dass auch ein räumlicher Bezug zum Ort der Tätigkeit im Home-Office gegeben ist. Es wäre ihr somit ohne den Unfall möglich gewesen, die übliche Pausenzeit von 45 Minuten einzuhalten. Die Kläger hatte auch nicht vor, die Arbeit im Home-Office unmittelbar im Anschluss an die Mittagspause zu beenden, vielmehr war die Mittagspause umrahmt von der betrieblichen Tätigkeit, die am Nachmittag fortgesetzt werden sollte. Es sind auch keine anderen Umstände erkennbar, die nahelegen könnten, dass eigenwirtschaftliche Handlungsziele hier im Vordergrund gestanden haben. Insbesondere hat die Klägerin weder zusätzliche private Einkäufe erledigt, noch hatte sie an diesem Tag bereits weitere Gänge zur Nahrungsbeschaffung oder Nahrungsaufnahme außer Haus unternommen, vielmehr war sie nach ihren glaubhaften Schilderungen seit 8:00 Uhr morgens mit betrieblichen Aufgaben befasst gewesen.
Die Berufung der Beklagten war daher zurückzuweisen.
3.
Der Tenor der erstinstanzlichen Entscheidung war klarstellend abzuändern. Die Klägerin hat eine Feststellungsklage erhoben. Soweit sich dies nicht eindeutig aus dem Tenor der erstinstanzlichen Entscheidung ergeben hat, wurde dieser zur Klarstellung neu gefasst.
4.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 193, 183 SGG.
5.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen, § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG.