1.) Im Kontext der Feststellung der Verfügbarkeit bei der Absolvierung von Weiterbildungsmaßnahmen ist die Gesamtbelastung aus Weiterbildung und Arbeitstätigkeit nach höchstrichterlicher Rechtsprechung auf insgesamt 48 Stunden in der Woche zu begrenzen. Diese Begrenzung ist unter dem Aspekt einer Belastungsobergrenze definiert worden, da § 3 des Arbeitszeitgesetzes für Arbeitnehmer von einer wöchentlichen Gesamtbelastungsgrenze von 48 Stunden ausgeht. Diese Rechtsprechung ist auf Studenten sinngemäß übertragbar, da eine tatsächliche Belastungsobergrenze auch besteht, wenn ein Studium und eine Arbeitstätigkeit kombiniert werden. 2.) Der Gesetzgeber legt in den §§ 138 Abs 5 SGB III und 139 Abs 2 SGB III zu Grunde, dass ein Studium im Normalfall bereits der Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung im Umfang von mindestens 15 Stunden pro Woche (sowie daraus folgend einem Anspruch auf Arbeitslosengeld) entgegensteht und dies nur ausnahmsweise nicht der Fall ist. Wird vom Leistungsbezieher ein Zeitaufwand für das Studium von 30-35 Stunden pro Woche angegeben und geht er nach Beendigung des Arbeitslosengeldbezugs parallel zu diesem Studium lediglich einer versicherten Tätigkeit im zeitlichen Umfang von 50 % nach, spricht dies unter Berücksichtigung einer Belastungsobergrenze von 48 Stunden pro Woche jedenfalls gegen eine objektive Verfügbarkeit im Umfang von mehr als 20 Stunden pro Woche.
Gericht: |
Sozialgericht Heilbronn |
Datum: |
14.05.2024 |
Aktenzeichen: |
Entscheidungsart: |
Urteil |
Normenkette: |
§§ 138 Abs 5,139 Abs 2 149 und 151 SGB 3 |
Titelzeile: |
Zum Umfang der objektiven Verfügbarkeit für Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit bei Arbeitslosengeldbezug und gleichzeitigem Studium; Übertragbarkeit der Rechtsprechung zur wöchentlichen Gesamtbelastungsgrenze von 48 Stunden.
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Leitsatz: |
1.) Im Kontext der Feststellung der Verfügbarkeit bei der Absolvierung von Weiterbildungsmaßnahmen ist die Gesamtbelastung aus Weiterbildung und Arbeitstätigkeit nach höchstrichterlicher Rechtsprechung auf insgesamt 48 Stunden in der Woche zu begrenzen. Diese Begrenzung ist unter dem Aspekt einer Belastungsobergrenze definiert worden, da § 3 des Arbeitszeitgesetzes für Arbeitnehmer von einer wöchentlichen Gesamtbelastungsgrenze von 48 Stunden ausgeht. Diese Rechtsprechung ist auf Studenten sinngemäß übertragbar, da eine tatsächliche Belastungsobergrenze auch besteht, wenn ein Studium und eine Arbeitstätigkeit kombiniert werden.
2.) Der Gesetzgeber legt in den §§ 138 Abs 5 SGB III und 139 Abs 2 SGB III zu Grunde, dass ein Studium im Normalfall bereits der Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung im Umfang von mindestens 15 Stunden pro Woche (sowie daraus folgend einem Anspruch auf Arbeitslosengeld) entgegensteht und dies nur ausnahmsweise nicht der Fall ist. Wird vom Leistungsbezieher ein Zeitaufwand für das Studium von 30-35 Stunden pro Woche angegeben und geht er nach Beendigung des Arbeitslosengeldbezugs parallel zu diesem Studium lediglich einer versicherten Tätigkeit im zeitlichen Umfang von 50 % nach, spricht dies unter Berücksichtigung einer Belastungsobergrenze von 48 Stunden pro Woche jedenfalls gegen eine objektive Verfügbarkeit im Umfang von mehr als 20 Stunden pro Woche. |
Tenor: |
Die Klage wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
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Die Klägerin begehrt höheres Arbeitslosengeld unter Berücksichtigung eines ungeminderten Bemessungsentgelts für den Zeitraum vom 01.12.2022 bis 31.01.2023.
Die im Jahr 1989 geborene ledige Klägerin meldete sich am 17.10.2022 mit Wirkung zum 01.12.2022 arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. Vom 01.10.2017 bis 30.09.2019 hatte sie studiert und vom 01.05.2019 bis 30.11.2022 war sie bei einem Ingenieurbüro sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Laut der Arbeitsbescheinigung des letzten Arbeitgebers hatte die Klägerin als Projektbearbeiterin seit 13.01.2022 nur noch 36 Stunden pro Woche gearbeitet. Die Reduzierung der Arbeitszeit von den vereinbarten 40 Stunden pro Woche für eine Vollzeittätigkeit sei auf Wunsch der Klägerin erfolgt. Zudem erklärte die Klägerin, sich hinsichtlich einer Beschäftigung nicht zeitlich einschränken zu müssen. Zu Beginn des Jahres habe für sie die Lohnsteuerklasse 1 gegolten und sie habe keine Kinder. Im Antrag auf Arbeitslosengeld gab die Klägerin an, ab 01.10.2022 bis voraussichtlich 30.09.2024 erneut zu studieren.
In einem Vermerk vom 23.11.2022 hielt eine Arbeitsvermittlerin der Beklagten fest, dass die Klägerin im Rahmen eines persönlichen Kontakts angegeben habe, seit Oktober ein berufsbegleitendes Studium im Umfang von 30 Stunden pro Woche zu absolvieren. Sie könnte sich einen Job im Umfang von 20 Stunden pro Woche vorstellen.
In einem am 04.12.2022 unterschriebenen Zusatzblatt „Schülerinnen, Schüler und Studierende“ gab die Klägerin an, im Rahmen des Studiums einen „Master of Acoustic“ anzustreben. Die wöchentliche Stundenzahl belaufe sich ohne Vor- und Nachbereitungszeiten auf 30-35 Stunden.
Mit Bescheid vom 14.12.2022 bewilligte die Beklagte der Klägerin Arbeitslosengeld ab 01.12.2022 mit einer Anspruchsdauer von 360 Tagen und einem täglichen Leistungsbetrag von 25,12 €. Der Berechnung legte die Beklagte ein tägliches Bemessungsentgelt von 56,21 € zu Grunde. Das Bemessungsentgelt sei das durchschnittlich auf einen Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das die Klägerin im letzten Jahr vor Entstehung des Leistungsanspruchs am 01.12.2022 verdient habe und welches bei Beendigung der Beschäftigung abgerechnet gewesen sei. Das Arbeitslosengeld werde nach einem täglichen Arbeitsentgelt von 112,42 € berechnet. Die Klägerin könne nicht mehr die im Bemessungszeitraum angefallenen durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitsstunden leisten. Das Bemessungsentgelt vermindere sich daher entsprechend dem Verhältnis der aktuell möglichen wöchentlichen Arbeitsstunden (20 Stunden) zu den früher geleisteten 40 Stunden.
Die Klägerin legte mit einem von ihr selbst verfassten Schreiben vom 29.12.2022 Widerspruch gegen die Bewilligung ein. Die Verminderung des Bemessungsentgelts sei nicht nachvollziehbar, weil die Klägerin dem Arbeitsmarkt ab 01.12.2022 grundsätzlich wie zuvor zur Verfügung stehen könnte. Die Angabe einer Arbeitszeit von 20 Stunden pro Woche habe hier möglicherweise zu einer Fehlinterpretation ihrer Verfügbarkeit geführt, da lange Zeit unklar gewesen sei, ob das berufsgeleitende Studium von der Beklagten „anerkannt werden“ könne. Die Klägerin habe ab 01.02.2023 eine Zusage für eine Stelle in Teilzeit (50%) als Sachbearbeiterin für Lärmminderungsplanung bei der Stadt X. Die Stelle habe sie angenommen, weil Angebote im Bereich des Schallschutzes rar seien und sie ihre Arbeitslosigkeit schnellstmöglich habe beenden wollen.
In einem internen Vermerk der Arbeitsvermittlung der Beklagten vom 29.12.2022 wurde festgehalten, dass die Verfügbarkeit mit der Klägerin mehrmals besprochen worden sei. Sie habe sich immer nur für eine Teilzeitbeschäftigung zur Verfügung gestellt und ab 01.02.2023 die Aufnahme einer Teilzeitstelle mit 50 % mitgeteilt. Die Verfügbarkeit könne daher nicht „rückwirkend in Vollzeit anerkannt“ werden.
Mit Änderungsbescheid vom 12.01.2023 bewilligte die Beklagte der Klägerin ab 01.12.2022 höheres Arbeitslosengeld nach einem täglichen Leistungsbetrag von 27,05 €. Der Berechnung legte die Beklagte ein Bemessungsentgelt von 61,65 € zu Grunde. Das Bemessungsentgelt werde (nach wie vor) von einem Arbeitsentgelt von 112,42 € aus berechnet. Dieses vermindere sich entsprechend dem Verhältnis der aktuell möglichen wöchentlichen 20 Arbeitsstunden zu den früher geleisteten 36,47 Stunden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 16.01.2023 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sei der Arbeitslose nicht mehr bereit oder in der Lage, die im Bemessungszeitraum durchschnittlich auf die Woche entfallende Zahl von Arbeitsstunden zu leisten, vermindere sich das Bemessungsentgelt für die Zeit der Einschränkung entsprechend dem Verhältnis der Zahl der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden, die der Arbeitslose künftig leisten wolle oder könne, zu der Zahl der durchschnittlich auf die Woche entfallenden Arbeitsstunden im Bemessungszeitraum. Die Klägerin habe am 23.11.2022 im persönlichen Erstgespräch bei der Arbeitsvermittlung erklärt, dass Sie dem Arbeitsmarkt für 20 Stunden pro Woche zur Verfügung stehe. Wegen der Aufnahme des berufsbegleitenden Studiums mit einem Aufwand von wöchentlich ca. 30 Stunden könne „der Verfügbarkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur für 20 Stunden wöchentlich zugestimmt“ werden.
Mit Bescheid vom 25.01.2023 wurde die Arbeitslosengeldbewilligung ab 01.02.2023 wegen der Aufnahme einer Beschäftigung aufgehoben.
Die nun anwaltlich vertretene Klägerin hat am 16.02.2023 Klage beim SG Heilbronn erhoben. Sie begehre höheres Arbeitslosengeld nach einem ungeminderten Bemessungsentgelt. Die Sachbearbeiterin der Beklagten habe im Erstgespräch empfohlen, allenfalls halbtags arbeiten zu gehen und auch nur Halbtagsstellen anzufragen, um das von der Klägerin im Oktober 2022 begonnene berufsbegleitende Studium bewältigen zu können. Dies sei jedoch nur eine subjektive Einschätzung der Sachbearbeiterin, nicht aber der Klägerin gewesen, was nicht zu einer Minderung des Bemessungsentgelts führen könne. Die Klägerin habe nicht erklärt, dem Arbeitsmarkt nur noch für 20 Stunden pro Woche zur Verfügung zu stehen. Sie absolviere das „Studium Master Online Akustik“ an der Universität Y. Das Masterstudium sei als berufsbegleitendes Studium konzipiert und modular aufgebaut. Deswegen sei eine sehr flexible Ausgestaltung des Studiums möglich. Der „Workload“ des Studiums könne so angepasst werden, dass eine Vollzeittätigkeit erfolgen könne. Zum Beleg der Angaben der Klägerin zum Studium ist ein entsprechendes Schreiben der Universität Y vom 08.02.2023 vorgelegt worden. Zuletzt hat die Klägerin klargestellt, dass sich die Klage auf den Zeitraum vom 01.12.2022 bis 31.01.2023 bezieht.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 14.12.2022 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 12.01.2023 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.01.2023 in der Fassung des Bescheids vom 25.01.2023 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihr für den Zeitraum vom 01.12.2022 bis 31.01.2023 höheres Arbeitslosengeld unter Berücksichtigung eines ungeminderten Bemessungsentgelts zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Nach den eigenen Angaben der Klägerin im Zusatzblatt „Schülerinnen, Schüler und Studierende“ betrage die wöchentliche Stundenzahl für das Studium (ohne Vor- und Nachbereitungszeiten) 30-35. Die zeitliche Inanspruchnahme entspreche annährend einer üblichen Vollzeittätigkeit. Auch bei flexiblen Studienzeiten sei es nicht möglich, parallel noch eine Vollzeittätigkeit auszuüben. Die pauschale Bescheinigung der Universität Y vom 08.02.2023 ändere hieran nichts. Auch der Umstand, dass die Klägerin seit 01.02.2023 eine Teilzeittätigkeit mit 19,5 Wochenstunden ausübe, spreche nicht für das klägerische Vorbringen. Soweit vorgetragen werde, die Klägerin habe nicht erklärt, dem Arbeitsmarkt nur noch für 20 Stunden pro Woche zur Verfügung zu stehen, so sei dies falsch. Auf die (mit der Klageerwiderung vorgelegten Verbis-Vermerke) vom 23.11.2022, 29.11.2022 und 02.12.2022 werde verwiesen. Erst im Widerspruchsschreiben vom 29.12.2022 habe die Klägerin erklärt, sie könnte eine Vollzeittätigkeit ausüben. Die Beklagte hat zudem eine von der Klägerin nicht unterschriebene Eingliederungsvereinbarung vorgelegt. Diese sei am 23.11.2022 erstellt worden, sie sei aber leider versehentlich nicht in das Fachverfahren Verbis eingestellt worden. Dies sei am 09.05.2023 erfolgt, weshalb die vorgelegte Eingliederungsvereinbarung dieses Datum trage.
Die Klägerin hat hierzu erklärt, am 23.11.2022 um ca. 09 Uhr den ersten Kontakt mit der Beklagten nach der Arbeitslosenmeldung in Form eines Telefongesprächs gehabt zu haben. In diesem sei eine „Eingliederungsvereinbarung“ nicht Thema gewesen.
Auf Nachfrage des Gerichts hat die Beklagte erklärt, dass sich bei einem unverminderten täglichen Bemessungsentgelt in Höhe von 112,42 € ein täglicher Leistungsbetrag von 44,57 € ergeben würde. Abzüglich des zuletzt bewilligten täglichen Arbeitslosengeldes von 27,05 € errechne sich eine Differenz von 17,52 €. Da es um 2 volle Monate gehe, liege der Streitwert bei insgesamt 1.051,20 € (17,52 € x 30 Tage x 2).
In der mündlichen Verhandlung ist die Klägerin dazu befragt worden, wie sich ihr Vortrag im Klageverfahren (wonach sie nie erklärt habe, dem Arbeitsmarkt nur noch für 20 Stunden pro Woche zur Verfügung zu stehen) zu ihrem Vortrag im Widerspruchsverfahren verhalte (wonach die „Angabe einer Arbeitszeit von 20 Stunden pro Woche [...] möglicherweise zu einer Fehlinterpretation“ geführt habe). Hinsichtlich der Antwort wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß § 54 Abs. 4 SGG statthafte kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid vom 14.12.2022 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 12.01.2023 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.01.2023 in der Fassung des Bescheids vom 25.01.2023 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf höheres Arbeitslosengeld unter Berücksichtigung eines ungeminderten Bemessungsentgelts für den Zeitraum vom 01.12.2022 bis 31.01.2023.
1. Die Klägerin hatte im Zeitraum vom 01.12.2022 bis 31.01.2023 dem Grunde nach einen Anspruch auf Arbeitslosengeld gem. § 137 Abs. 1 SGB III, da sie in dieser Zeit arbeitslos war, sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet und die Anwartschaftszeit erfüllt hatte.
2. Sie hat aber keinen Anspruch auf höheres Arbeitslosengeld. Die Beklagte hat die Höhe des der Klägerin zustehenden täglichen Leistungsbetrags zutreffend bestimmt.
a) Die Höhe des Anspruchs auf Arbeitslosengeld ist in den §§ 149 ff. SGB III geregelt.
Das Arbeitslosengeld beträgt nach § 149 SGB III für Arbeitslose, die mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 des Einkommensteuergesetzes haben, sowie für Arbeitslose, deren Ehegattin, Ehegatte, Lebenspartnerin oder Lebenspartner mindestens ein Kind im Sinne des § 32 Abs. 1, 3 bis 5 des Einkommensteuergesetzes hat, wenn beide Ehegatten oder Lebenspartner unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und nicht dauernd getrennt leben, 67 Prozent (Nr. 1), für die übrigen Arbeitslosen 60 Prozent (Nr. 2) des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das die oder der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt).
Der Bemessungszeitraum umfasst die beim Ausscheiden aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen. Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs (§ 150 Abs. 1 S. 1, 2 SGB III). Der Bemessungsrahmen wird gemäß § 150 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB III auf 2 Jahre erweitert, wenn der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält.
Bemessungsentgelt ist gemäß § 151 Abs. 1 S. 1 1. Hs. SGB III das durchschnittlich auf den Tag entfallende beitragspflichtige Arbeitsentgelt, das die oder der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat. Ist die oder der Arbeitslose nicht mehr bereit oder in der Lage, die im Bemessungszeitraum durchschnittlich auf die Woche entfallende Zahl von Arbeitsstunden zu leisten, vermindert sich das Bemessungsentgelt gemäß § 151 Abs. 5 S. 1 SGB III für die Zeit der Einschränkung entsprechend dem Verhältnis der Zahl der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitsstunden, die die oder der Arbeitslose künftig leisten wolle oder könne, zu der Zahl der durchschnittlich auf die Woche entfallenden Arbeitsstunden im Bemessungszeitraum.
b) Der Bemessungszeitraum umfasst vorliegend (unter Berücksichtigung der Beantragung von Arbeitslosengeld zum 01.12.2022 und der Beendigung des letzten Beschäftigungsverhältnisses mit Ablauf des 30.11.2022) die Entgeltabrechnungszeiträume vom 01.12.2021 bis 30.11.2022. Im Bemessungszeitraum wurde in 365 Tagen ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt von insgesamt 41.035,00 € erzielt. Hieraus ergibt sich ein durchschnittliches tägliches Bemessungsentgelt von 112,42 €.
c) Dennoch hat die Beklagte zutreffend lediglich ein tägliches Bemessungsentgelt in Höhe von 61,65 € zu Grunde gelegt. Die Klägerin hat im Bemessungszeitraum durchschnittlich 36,47 Stunden wöchentlich gearbeitet. Unabhängig von der Frage, in welchem zeitlichen Umfang eine subjektive Bereitschaft der Klägerin bestand, im streitgegenständlichen Zeitraum einer beruflichen Tätigkeit zusätzlich zu Studium nachzugehen, war sie nach Überzeugung der Kammer nach den Wertungen des SGB III jedenfalls objektiv nicht mehr in der Lage, mehr als die von der Beklagten angesetzten 20 Stunden pro Woche zu leisten.
Zu berücksichtigen ist insoweit die Wertung des Gesetzgebers in den §§ 138 Abs. 5 SGB III und 139 Abs. 2 SGB III. Nach § 138 Abs. 5 Nr. 1 SGB III steht den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit steht zur Verfügung, wer eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des für sie oder ihn in Betracht kommenden Arbeitsmarktes ausüben kann und darf. Gem. § 139 Abs. 2 S.1 u. 2 SGB III wird bei Schülerinnen, Schülern, Studentinnen oder Studenten einer Schule, Hochschule oder sonstigen Ausbildungsstätte vermutet, dass sie nur versicherungsfreie Beschäftigungen ausüben können. Die Vermutung ist widerlegt, wenn die Schülerin, der Schüler, die Studentin oder der Student darlegt und nachweist, dass der Ausbildungsgang die Ausübung einer versicherungspflichtigen, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassenden Beschäftigung bei ordnungsgemäßer Erfüllung der in den Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen vorgeschriebenen Anforderungen zulässt.
Die dargestellten Vorschriften gehen also davon aus, dass ein Studium im Normalfall bereits der Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung im Umfang von mindestens 15 Stunden pro Woche (und damit einem Anspruch auf Arbeitslosengeld) entgegensteht und dies nur ausnahmsweise nicht der Fall ist. Die Klägerin hat in dem am 04.12.2022 unterschriebenen Zusatzblatt „Schülerinnen, Schüler und Studierende“ bestätigt, für ihr Studium ohne Vor- und Nachbereitungszeiten 30-35 Stunden pro Woche zu benötigen und geht parallel zu diesem Studium seit Februar 2023 lediglich einer versicherten Tätigkeit im zeitlichen Umfang von 50 % nach. Unter Berücksichtigung dieser Einzelfallumstände und der dargestellten gesetzgeberischen Wertung kann nicht festgestellt werden, dass sie im streitgegenständlichen Zeitraum objektiv für mehr als 20 Stunden pro Woche verfügbar war. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass bereits eine zusätzlich zu einem Studium absolvierte versicherte Tätigkeit im Umfang von 15 Stunden pro Woche nur ausnahmsweise möglich ist. Aus den dargelegten Einzelfallumständen ergibt sich nicht, dass die Klägerin trotz dieser gesetzgeberischen Wertung ausnahmsweise mehr als 20 Stunden pro Woche neben dem Studium hätte arbeiten können. Schließlich hätte dies zu einer zeitlichen Gesamtbelastung von mehr als 50-55 Stunden pro Woche geführt. Im Kontext der Feststellung der Verfügbarkeit bei der Absolvierung von Weiterbildungsmaßnahmen ist die Gesamtbelastung aus Weiterbildung und Arbeitstätigkeit nach höchstrichterlicher Rechtsprechung auf insgesamt 48 Stunden in der Woche zu begrenzen (BSG vom 25.01.1996, 7 RAr 30/94, Rn. 25 juris) Diese Begrenzung ist unter dem Aspekt einer Belastungsobergrenze definiert worden (BSG aaO Rn. 27 juris), da § 3 des Arbeitszeitgesetzes für Arbeitnehmer von einer wöchentlichen Gesamtbelastungsgrenze von 48 Stunden ausgeht (BSG aaO Rn. 29 juris). Die dargestellte Rechtsprechung ist auf die vorliegende Konstellation sinngemäß übertragbar, da eine tatsächliche Belastungsobergrenze auch besteht, wenn ein Studium und eine Arbeitstätigkeit kombiniert werden. Eine Gesamtbelastung von mehr als 50-55 Stunden pro Woche überschreitet die dargelegte Begrenzung. Dass die Klägerin zusätzlich zu ihrem Studium lediglich einer versicherten Tätigkeit im zeitlichen Umfang von 50 % nachgeht, bestätigt diese Bewertung.
Gemäß § 151 Abs. 5 S. 1 SGB III vermindert sich das tägliche Bemessungsentgelt unter Berücksichtigung einer Verfügbarkeit von 20 Stunden pro Woche im streitgegenständlichen Zeitraum auf 61,65 €.
Unter Zugrundelegung der im vorliegenden Fall einschlägigen Lohnsteuerklasse 1 ergibt sich aus dem Bemessungsentgelt von 61,65 € ein Leistungsentgelt von 45,09 €. Bei der Klägerin ist nach § 149 SGB III kein Kind zu berücksichtigen. Sie hat Anspruch auf Arbeitslosengeld nach dem Leistungssatz von 60 Prozent des Leistungsentgelts, sodass ein Anspruch auf Arbeitslosengeld in Höhe von täglich 27,05 € besteht.
d) Die Klage war daher abzuweisen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.