L 6 AS 46/24 B ER

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Abteilung
6.
1. Instanz
SG Kiel (SHS)
Aktenzeichen
S 28 AS 18/24 ER
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AS 46/24 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Kiel vom 27. März 2024 geändert. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller ab 31. Januar 2024 bis 30. Juni 2024, längstens jedoch bis zur bestandskräftigen Entscheidung über den Weiterbewilligungsantrag des Antragstellers vom 26. Juni 2023, Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 451,00 Euro monatlich zu gewähren.

 

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

 

Der Antragsgegner erstattet dem Antragsteller 2/3 der notwendigen außergerichtlichen Kosten für beide Rechtszüge.

 

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von Bürgergeld nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

 

Der 1963 geborene Antragsteller war seit 2010 bis zum 26. Mai 2022 im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung Geschäftsführer der seit 2008 bestehenden b UG. Die b UG ist im Handelsregister des Amtsgerichts Kiel HRB __ KI eingetragen. Gegenstand der Gesellschaft ist Handel und Dienstleistung aller Art für die Konsumgüterindustrie. Das Stammkapital der Gesellschaft beträgt 1.000,00 Euro. Der Gesellschaftsvertrag datiert vom 2. Februar 2010. Am 13. März 2020 veräußerte der alleinige Gesellschafter D.-N. als alleiniger Gesellschafter seine Anteile an A. W. . Laut dem Sachstand aus der Urkunde des Notars P (Nummer 79 der Urkundsrolle für 2020) weist die Bilanz zum 31. Dezember 2018 ein erhebliches Eigenkapital aus. Für das Jahr 2019 wird aufgrund der vorgelegten betriebswirtschaftlichen Auswertung mit einem Verlust gerechnet. Es wurde vereinbart, dass der Gewinn für 2019 der Käuferin zustehe. Der Verkaufspreis der b UG beträgt 1.000,00 Euro. Nach dem Antragsteller wurde Herr S.-V. ab dem 27. Mai 2022 Geschäftsführer der b UG (Protokoll der Gesellschafterversammlung vom 26. Mai 2022; siehe auch Ausdruck aus dem Handelsregister B – Abruf vom 28. Februar 2023).

 

Der Antragsteller war zu keinem Zeitpunkt Gesellschafter der b UG. Zeitlich anknüpfend an seine Tätigkeit als Alleingeschäftsführer ist der Antragsteller ausweislich des eingereichten Arbeitsvertrages seit dem 27. Mai 2022 für die b UG als angestellter kaufmännischer Assistent für den Onlinehandel tätig. Als Arbeitsentgelt wurde eine Vergütung in Höhe von 134,40 Euro monatlich für eine Arbeitszeit im Umfang von 2,5 Stunden wöchentlich an 5 Tagen vereinbart. Die Arbeitszeit wird in kleinsten Zeiteinheiten von nur wenigen Minuten am Stück erfasst. Nach seinen eigenen Angaben umfasse sein Tätigkeitsfeld die Vorbereitung der Buchführung und die Postannahme. Zudem nehme er regelmäßig Barabhebungen von dem Geschäftskonto der b UG bei der VR Bank __ mit der Kontonummer 3015785 vor. Für dieses Geschäftskonto sei ihm eine Kontovollmacht eingeräumt und eine Kontokarte ausgehändigt worden. Der Geschäftssitz der b UG befindet sich unter der Privatadresse des Antragstellers in der K Straße in N. Die b UG verfügt ausweislich des Kontoabrufverfahrens hinsichtlich des Antragstellers über diverse Konten bei VR Bank, die teilweise zum Zeitpunkt des Abrufverfahrens auch bereits wieder aufgelöst waren. Zu folgenden noch laufenden Konten (VR Bank __) der b UG ist der Antragsteller mit Verfügungsberechtigung ausgestattet: Kontonummer DE___ und DE___.

 

Als weiteres Einkommen bezieht der Antragsteller seit vielen Jahren eine Unfallrente von der Unfallkasse Nord. Der Zahlbetrag betrug aufgrund der Leistungsanpassung zum 1. Juli 2023 zuletzt 287,79 Euro monatlich.

 

Der Antragsteller selber verfügt über ein Paypal-Konto sowie zwei weitere laufende Konten mit den Kontonummern DE___ (Landesbank Baden-Württemberg) und DE ___ (Konto bei der Deutschen Kreditbank) sowie über ein Konto bei der VR Bank ___ mit der Kontonummer DE___. Ausweislich des Auszugs aus dem Kontoabrufverfahren vom 15. September 2022 war der Kläger Kontoinhaber von 10 weiteren Konten unterschiedlicher Bankinstitute im Zeitraum zwischen 2000 und 2022, die jedoch allesamt zum Abrufungszeitraum wieder aufgelöst waren.

 

Der Kläger bewohnt eine Zweizimmerwohnung im Dachgeschoss links in der K Straße in N. Die Zweizimmerwohnung ist eine von sechs Eigentumswohnungen in dem Mehrfamilienhaus K Straße. Eigentümerin der Eigentumswohnung ist seit 2004 die Mutter des Antragstellers. Zuvor war der Antragsteller Eigentümer dieser Wohnung. Nach dem am 1. Juli 2004 geschlossenen Mietvertrag betrug der monatliche Mietzins 200,00 Euro bruttokalt zuzüglich eines Betriebskostenvorschusses in Höhe von 42,00 Euro monatlich. Aus den Leistungsbescheiden der Vergangenheit folgt, dass der Antragsgegner auf Bedarfsseite zu späteren Zeiträumen Unterkunftskosten in unterschiedlicher Höhe berücksichtigt hat. Für Mai 2020 gewährte der Antragsgegner eine monatliche Grundmiete in Höhe von 231,00 Euro zuzüglich Heizkostenvorauszahlung in Höhe von 54,27 Euro. Der Antragsteller teilte dem Antragsgegner zum 1. Mai 2021 einen Umzug mit. Tatsächlich verblieb der Antragsteller jedoch in seiner Wohnung. Mit Bescheid vom 10. Juni 2021 bewilligte der Antragsgegner vorläufig Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft in Höhe von insgesamt 351,00 Euro (251,00 Euro Grundmiete zuzüglich 50,00 Euro Betriebskostenvorauszahlung und 50,00 Euro Heizkostenvorauszahlung). Mit dem Weiterbewilligungsantrag vom 7. Oktober 2021 für den Bewilligungszeitraum ab 1. November 2021 gab er an, dass die Grundmiete 381,00 Euro, die Betriebskosten- und Heizkostenvorauszahlung jeweils 50,00 Euro monatlich betrage.

 

Die Vermieterin teilte Anfang 2022 mit, dass die Miete für die Zweizimmerwohnung weiterhin an sie gezahlt werde, sich diese allerdings – ohne konkrete Angabe eines Betrages – erhöht habe. Mit Schreiben vom 3. April 2022 mahnte die Vermieterin Mietrückstände an. Nach der Aufschlüsselung betrug die Nettokaltmiete für November 2021 bis März 2022 331,00 Euro zuzüglich Betriebskosten- und Heizkostenvorauszahlung in Höhe von jeweils 60,00 Euro. Die Gesamtmiete betrug monatlich mithin 451,00 Euro.

 

Der Antragsgegner gewährte ab Juli 2022 vorläufig Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft in Höhe von 242,00 Euro, obwohl mit dem Beschluss des LSG vom 23. März 2022 nur ein Regelbedarf in Höhe von 80% des Regelbedarfs eines Alleinstehenden und keine Unterkunftskosten zugesprochen worden waren.

 

Zum Nachweis seiner Mietzahlungen in Höhe von 451,00 Euro monatlich übersandte der Antragsteller im Widerspruchsverfahren gegen den Bewilligungsbescheid für den Leistungszeitraum Juli 2022 bis Dezember 2022 entsprechende Ausschnitte aus seinen Kontoauszügen. Danach wurde per Dauerauftragsbelastung am 3. August 2021 und 3. September 2021 unter dem Verwendungszweck Miete K ein Betrag in Höhe von 451,00 Euro zum Soll gestellt. Am 5. Juli 2021 erfolgte eine Belastung in Höhe von 351,00 Euro unter dem Stichwort B. Für Mai 2021 und Juni 2021 erfolgte jeweils ein Überweisungsauftrag von der b UG für die Miete der Wohnung K Straße in Höhe von 451,00 Euro. Den Mietzins in Höhe von 451,00 Euro bestätigte die Vermieterin mit Mietbescheinigung vom 17. Juni 2022.

 

Mit schriftlicher Vereinbarung vom 2. November 2022 erklärten die Vermieterin und der Antragsteller, dass sich die Mietparteien mündlich darauf geeinigt haben, dass ab Mai 2021 die Grundmiete 331,00 Euro betrage zuzüglich Betriebskosten- und Heizkostenvorauszahlung von jeweils 60,00 Euro. Zudem hielten die Mietparteien diese Vereinbarung noch einmal schriftlich fest. Als Reaktion hierauf teilte der Antragsgegner mit, dass nach seiner Auffassung die rechtlichen Voraussetzungen für eine Mieterhöhung nicht gegeben seien (§ 558 BGB), so dass auch künftig nur der bisherige Bedarf in Höhe von 242,00 Euro anerkannt werde.

 

Mit weiteren Kontoauszügen wies der Antragsteller die Zahlung des Mietzinses in Höhe von 451,00 Euro durch Überweisung auf das Konto der Vermieterin für Juni 2022, August 2022, November 2022 und Januar 2023 nach. Für Februar 2023 und April 2023 erfolgte eine Abschlagszahlung in Höhe von 250,00 Euro bzw. 260,00 Euro. Für ausstehende Mietzahlungen erhielt der Antragsteller am 10. August 2023 ein mit jährlich 5% zu verzinsendes Darlehen in Höhe von 2.800,00 Euro von G. Es wurde die direkte Auszahlung auf das Konto der Vermieterin vereinbart. Zur Rückzahlung des Darlehens wurde eine Ratenvereinbarung getroffen, wonach monatliche Raten in Höhe von 50,00 Euro ab dem 1. September 2023 zu zahlen sind.

 

Der Antragsgegner begann im Jahr 2021 mit Ermittlungen zur Mietsituation und den Einkommensverhältnissen des Antragstellers und lehnte zunächst die Weitergewährung von Leistungen nach dem SGB II ab November 2021 ab. Auf die Beschwerde des Antragstellers gegen den ablehnenden Beschluss des Sozialgerichts Kiel (Beschluss vom 25. Januar 2022 – S 36 AS 10106/21 ER) verpflichtete das Landessozialgericht den Antragsgegner vorläufig zur Zahlung von Leistungen in Höhe von 80% des Regelbedarfs im Rahmen einer Folgenabwägung (Beschluss des Senats vom 23. März 2022 – L 6 AS 19/22 B ER). Der 6. Senat führte in seinem Beschluss aus, dass es zwar denkbar sei, dass der Antragsteller höheres Einkommen aus seiner Tätigkeit für die b UG erziele. Andererseits ergäben sich jedoch keine Anhaltspunkte, dass der Antragsteller über weiteres Einkommen verfüge oder nennenswerte Vermögenswerte besitze. Der Antragsgegner habe in dieser Situation nachvollziehbar Einsichtnahme in die Kontoauszüge der Geschäftskonten der b UG verlangt, diesen Anspruch bisher jedoch nicht gegenüber der b UG selbst geltend gemacht. Diese Sachverhaltsermittlung habe der Antragsgegner nachzuholen.

 

Auf das Auskunftsersuchen gegen die Gesellschafterin der b UG, Frau A. W., legte diese dem Antragsgegner unter anderem Kontounterlagen und Stundennachweise vor. Daraufhin bewilligte der Antragsgegner für den Zeitraum vom 1. Januar 2023 bis 30. Juni 2023 vorläufig Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung des vollen Regelbedarfs und von Kosten der Unterkunft in Höhe von 242,00 Euro monatlich.

 

Auf den am 26. Juni 2023 gestellten Weiterbewilligungsantrag nahm der Antragsgegner erneut Ermittlungen, insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Antragsteller weiterhin über einen Zugang zu den Konten der b UG verfügte, auf. Der Antragsgegner forderte den Antragsteller auf, Kontounterlagen – auch der b UG – einzureichen, zu erläutern, weshalb die b UG Zahlungen außerhalb der Gehaltszahlungen an den Antragsteller leiste, weshalb weiterhin eine Kontovollmacht für die Konten der b UG bestehe und bat um Nachweise/Zahlungsbelege zu den vom Antragsteller getätigten Auslagen für die b UG und um Dokumentation der geleisteten Arbeitsstunden. Zudem sollte der Antragsteller erklären, wovon er seit dem 1. Juli 2023 lebe und weshalb auf den eingereichten Kontoauszügen die monatliche Rückzahlung aus dem privaten Darlehen vom 3. August 2023 nicht ersichtlich sei. Der Antragsgegner forderte ebenfalls die b UG zur Mitwirkung auf (Schreiben vom 29. Dezember 2023 und 25. Januar 2024) und forderte neben einer Einkommensbescheinigung die Jahresbilanzen für 2022 und 2023 sowie lückenlose Kontoauszüge der letzten 24 Monate für die bestehenden Konten sowie des PayPal-Kontos an.

 

Am 31. Januar 2024 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Kiel um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Er hat geltend gemacht, seinen Weiterbewilligungsantrag rechtzeitig gestellt zu haben und es seien keine Gründe ersichtlich, warum der Antragsgegner ihm keine Leistungen bewillige. Seine Einkünfte aus der Tätigkeit bei der b UG seien dem Antragsgegner bekannt. Auch wenn er weder Gesellschafter noch Geschäftsführer der b UG sei, sei er über die Geschäftskonten verfügungsbefugt. Dies sei jedoch nur für den Fall, dass der Geschäftsführer ausfalle und zur Erleichterung des Alltagsgeschäfts. Er lege weiterhin Kosten der b UG aus und erhalte hierfür Erstattungen. Hinsichtlich der Höhe der Kosten der Unterkunft habe er ausreichende Nachweise beigebracht, die den vereinbarten Mietzins in Höhe von insgesamt 451,00 Euro belegten. Seinen Lebensunterhalt bestreite er unter anderem durch weitere Darlehen. Insoweit verweise er auf die eingereichten Darlehensverträge.

 

Der Antragsteller hat sinngemäß beantragt,

 

den Antragsgegner im Rahmen einer einstweiligen Anordnung zu verurteilen, ihm ab Eingang bei Gericht Leistungen in Höhe von monatlich 711,80 Euro zu bewilligen.

 

Der Antragsgegner hat beantragt,

 

den Antrag abzulehnen.

 

Zwischen dem Antragsteller und der b UG bestünden weiterhin diverse weder erforderliche noch zu erklärende finanzielle Verflechtungen. Aus den von der b UG am 1. Februar 2024 eingereichten Unterlagen sei zu entnehmen, dass der Antragsteller weiterhin regelmäßig Barabhebungen von den Konten der UG vornehme. Zudem sei unklar, wie der Firmensitz – die Privatwohnung des Antragstellers – von dem Geschäftsführer aufgesucht werden könne. Die Vereinbarungen zur Miethöhe seien weiterhin undurchsichtig.

 

Auf Veranlassung des Sozialgerichts hat der Geschäftsführer der b UG mit Schreiben vom 26. Februar 2024 mitgeteilt, dass zwei Geschäftskonten und ein Paypal-Konto bestehe. Die Übernahme von Verträgen, die der Antragsteller abgeschlossen habe, durch die b UG sei bei seiner Amtsübernahme als Geschäftsführer nicht prioritär gewesen. Eine Änderung werde jedoch in die Wege geleitet. Dabei sei auch eine neue Abrechnungsvariante ausprobiert worden, was zu einer Überzahlung bei dem Antragsteller geführt habe. Ihm seien die Beträge im Januar 2024 und Februar 2024 in bar erstattet worden. Die b UG habe sich aus wirtschaftlichen Gründen entschieden, die Betriebsstätte K Straße weiter zu nutzen, weil die Annahme von Kundenrücksendungen und Geschäftspost durch den Antragsteller vorteilhaft gewesen sei. Die Bearbeitung der eingehenden Post habe aber anderweitig stattgefunden. Zahlungen außerhalb der Darlehensgewährung und des monatlichen Gehalts fänden an den Antragsteller nicht statt.

 

Dem Schreiben waren Kontoauszüge des Paypal-Kontos für Januar 2024 und Februar 2024, des Kontos bei der VR Bank ___ mit der Kontonummer DE___ für den Zeitraum 2. Januar 2024 bis 20. Februar 2024, das Kassenbuch für Januar 2024 sowie die Kontoauszüge des Kontos bei der VR Bank ___ mit der Kontonummer DE___ für den Zeitraum 11. November 2023 bis 20. Februar 2024 beigefügt. Aus den Kontoauszügen zu letzterem Konto ist ersichtlich, dass im Januar 2024 und im Februar 2024 auf das Konto der Vermieterin des Antragstellers durch die b UG eine Lagermiete in Höhe von 250,00 Euro für die K Straße überwiesen worden ist. Daneben zeigen die Kontoauszüge monatliche Überweisungen für eine Lagermiete an B in Höhe von 135,00 Euro.

 

Mit Beschluss vom 27. März 2024 hat das Sozialgericht dem Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz teilweise stattgegeben. Es hat den Antragsgegner verurteilt, für den Zeitraum vom 31. Januar 2024 bis zum 30. Juni 2024 Leistungen in Höhe von 80% des Regelbedarfs sowie Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 242,00 Euro unter Berücksichtigung des von dem Antragsteller erzielten Einkommens zu gewähren. Im Übrigen hat es den Antrag abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Antragsteller dem Grunde nach einen ungedeckten Hilfebedarf glaubhaft gemacht habe, jedoch hinsichtlich des Umfangs gewisse Restzweifel bestünden, so dass nur 80% des Regelbedarfs zugesprochen werden könne. Eine weitergehende Klärung und Schaffung von Transparenz könne nur der Antragsteller herbeiführen, indem er insbesondere eine komplette Trennung der Geschäfts- und Privatkonten vornehme und die Kontokarte des Kontos der b UG abgebe. Es sei wenig nachvollziehbar, weshalb der Antragsteller als geringfügig Beschäftigter der b UG mit einem Arbeitsstundenanteil von 2,5 Stunden wöchentlich weiterhin seine privaten Wohnräume für die Geschäftstätigkeiten zur Verfügung stelle, zwei für die b UG sehr wichtige Verträge halte (DSL-Anschluss und die Strato-Hostin Verträge für Domains und Marken der b UG) sowie mit eigener Kontokarte Zugriff auf die Geschäftskonten habe und von der Möglichkeit der Barabhebungen umfangreich Gebrauch gemacht werde. Im Zeitraum November 2023 bis Februar 2024 habe er in einem Umfang zwischen 500,00 Euro bis 2.100,00 Euro monatlich Barabhebungen getätigt. Die Verwendung der Barabhebungen sei bisher nicht betragsgenau erläutert und nachgewiesen worden. Die seitens des Gerichts von der b UG angeforderten Unterlagen seien nicht lückenlos vorlegt worden und die im Antwortschreiben vom 14. März 2024 angekündigten Dokumente waren nicht alle beigefügt. Es sei aber nicht Aufgabe des Gerichts, im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens diese Lücken in den Erklärungen und den lückenhaft vorgelegten Dokumenten interpretativ zu füllen. Bei einem derartigen gelebten Geschäftsmodell zwischen dem Antragsteller und der b UG, wonach Zweifel erhalten bleiben, ob nicht Teile des Geldes bei dem Antragsteller verbleiben, gingen die Unklarheiten zu Lasten des Antragstellers. Allerdings sei das Gericht von dem Bestehen eines Hilfebedarfs des Antragstellers überzeugt, weil die Differenz zwischen den getätigten Barabhebungen und den zur Erläuterung der Verwendung vorgelegten Unterlagen überschaubar sei. Die Erhöhung des Mietzinses könne jedoch bedarfsseitig nicht berücksichtigt werden. Der Antragsteller habe die Mieterhöhung ohne rechtliche Verpflichtung getroffen, ohne dass diese zum Erhalt der Unterkunft erforderlich gewesen wäre. Die Mieterhöhung könne insofern nicht zu Lasten der Allgemeinheit im Rahmen der Berechnung existenzsichernder Leistungen berücksichtigt werden. In zeitlicher Hinsicht genüge die vorläufige Leistungsgewährung bis zum 30. Juni 2024. Dem Antragsteller stehe damit ausreichend Zeit zur abschließenden Klärung offener Punkte zur Verfügung und auch der Antragsgegner habe die Möglichkeit, im Rahmen bußgeldbewehrter Auskunftspflicht der b UG weitere Ermittlungen anzustellen.

 

Gegen diesen dem Antragsteller am 27. März 2024 zugegangenen Beschluss hat er am 25. April 2024 Beschwerde beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingelegt. Zur Begründung führt er aus, der ursprünglich im Mietvertrag vom 1. Juli 2004 vereinbarte Mietzins sei zwischen den Mietparteien mehrfach einvernehmlich angehoben worden. Der Mietzins sei vor Januar 2014 auf eine Gesamtmiete in Höhe von 300,00 Euro erhöht und bis Mai 2015 auch gezahlt worden. Ab 3. Juni 2015 sei ein Mietzins in Höhe von 351,00 Euro und ab Mai 2021 in Höhe von 451,00 Euro geschuldet. Nachgewiesen werde dies durch die beigefügten Überweisungsbelege des Antragstellers und die Kontoauszüge der Mutter als Vermieterin. Diesen Mietänderungen habe der Antragsgegner auch Rechnung getragen, indem der in den Bescheiden vom 27. April 2018, 4. April 2019, 22. April 2020 und 10. Juni 2021 einen Bedarf für Kosten der Unterkunft in Höhe von 351,00 Euro anerkannt habe. Den Ausführungen des Sozialgerichts zu den Unterkunftskosten könne nicht gefolgt werden, weil es dazu führe, dass ein Mieter einer Mieterhöhung durch Vereinbarung im Sinne des § 557 Abs. 1 BGB nicht zustimmen dürfe. Vorliegend sei die Mieterhöhung einvernehmlich erfolgt und nicht nach den Vorschriften der §§ 558 BGB ff. Die Mieterhöhung sei auch angemessen gewesen. Die Kappungsgrenze, wonach eine einseitige Mieterhöhung innerhalb von drei Jahren nicht um mehr als 20% vorgenommen werden dürfe, greife nicht, weil drei Jahre deutlich überschritten seien. Auch der Vergleich zu den Daten aus dem Mietspiegel der Stadt N vom 1. April 2020 und 1. April 2022 zeige, dass für eine Altbauwohnung (bezugsfertig bis 1965) bei einfacher Wohnlage (mit Modernisierung unter  anderem mit Heizung, Voll- bzw. Duschbad) der Mittelwert 5,90 Euro/qm² betrage, was eine Kaltmiete von 295,00 Euro für 2020 und bei einem Mittelwert von 6,375 Euro/qm² eine Kaltmiete von 318,75 Euro für 2022 ergebe. Der Mietspiegel für das Jahr 2024 sei noch nicht veröffentlicht, es sei aber mit einer weiteren Anhebung zu rechnen. Dieses Ergebnis ergebe sich zudem unter Berücksichtigung der Tabellen des Antragsgegners seit dem Jahr 2022. Danach sei für einen 1–Personenhaushalt von der Nettokaltmiete pro Quadratmeter bei energetischer Sanierung von 7,00 Euro ansonsten von 5,72 Euro auszugehen. Unter Berücksichtigung von Betriebs- und Heizkosten ergebe sich unter Berücksichtigung dieser Werte eine Warmmiete in Höhe von 494,00 Euro bzw. 428,00 Euro. Die von dem Antragsteller bewohnte Wohnung sei nur in einem kleineren Teilbereich nach außen nicht saniert worden. Schließlich habe der Antragsgegner keine gültige Unterkunftsrichtlinie. Wohnungen im unteren Preissegment seien zudem in N nicht zu bekommen. Was die Einkünfte des Antragstellers bei der b UG betreffe, seien die Verträge über den DSL-Anschluss und die STRATO Hosting Verträge für die Domains und Marken ab Anfang April 2024 auf die b UG umgestellt worden. Die dem Antragsteller erteilte Vollmacht für die Geschäftskonten der b UG sei widerrufen worden. Lediglich der Umzug in anderweitige Geschäftsräume konnte noch nicht realisiert werden, sei aber geplant. Die benannten Barabhebungen habe der Antragsteller als Bote auf Bitten des Geschäftsführers vorgenommen und seien im Kassenbuch als Einnahmen erfasst worden. Ein Abgleich mit Ausgaben müsse insofern schon nicht erfolgen. Ausgaben habe der Antragsteller von diesen Geldern nicht getätigt. Dies habe der Geschäftsführer in seinem Schreiben vom 25. April 2024 auf Veranlassung des Antragsgegners noch einmal klargestellt. Die Anfrage des Antragsgegners bezüglich eines Darlehens G beruhe auf der Annahme falscher Tatsachen. Die b UG habe Frau G im April 2023 ein Darlehen in Höhe von 4.000,00 gewährt, welches in bar ausgezahlt worden sei und in Raten zurückgezahlt werde.

 

Der Antragsteller beantragt,

 

den Beschluss des Sozialgerichts Kiel vom 27. März 2024 zu ändern und dem gestellten Antrag in voller Höhe zu entsprechen.

 

Der Antragsgegner beantragt,

 

die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Kiel vom 27. März 2024 zurückzuweisen.

 

Die Unstimmigkeiten in den Angaben des Antragstellers machten es unmöglich, den tatsächlichen Leistungsanspruch des Antragstellers zu berechnen. Weiterhin könne das Geschäftsmodell zwischen der b UG und dem Antragsteller nicht nachvollzogen werden. Weshalb erhalte ein einfacher Angestellter der b UG wie der Antragsteller, der im Monat zudem nur ca. 9,45 Stunden arbeite, Vollmacht für die Geschäftskonten und erledige mehrfach im Monat Botengänge für den Geschäftsführer, weil dieser vorgeblich hierfür keine Zeit habe. Dies stehe im Widerspruch zu dem Vortrag, der Geschäftsführer fahre mehrfach zur Wohnung des Antragstellers, welche zugleich auch die Firmenanschrift sei, um Geschäftspost abzuholen. Ein einfacher Angestellter mit nur einem monatlichen Verdienst in Höhe von 105,00 Euro stelle seine Privatwohnung nicht als Firmensitz zur Verfügung, erhalte keine Kontovollmachten und schließe in seinem Namen keine Verträge für die Firma. Hinsichtlich der Mieterhöhung fehle es an den inhaltlichen Voraussetzungen und der rechtlichen Durchsetzung des Begehrens. Eine Mieterhöhung auf Zuruf könne nicht anerkannt werden.

 

Den Beschluss des Sozialgerichts Kiel hat der Antragsgegner zunächst mit Bescheid vom 2. April 2024 umgesetzt. Hierauf teilte der Antragsteller mit, dass nur ein Bedarf an Kosten der Unterkunft in Höhe von 121,00 Euro monatlich anerkannt worden sei. Sein Einkommen sei unzutreffend angesetzt worden. Sein Einkommen aus der Tätigkeit bei der b UG betrage monatlich 134,40 Euro brutto bzw. 122,01 Euro netto. Die Unfallrente betrage seit dem 1. Juli 2023 monatlich 287,79 Euro.

 

Auf die Beschwerdeerwiderung des Antragsgegners replizierte der Antragsteller ergänzend zum bisherigen Vorbringen, dass die Geschäfte der Gesellschaft im Wesentlichen über Amazon abgewickelt und der anfallende Schriftverkehr nahezu ausschließlich über das Handy und den Computer des Geschäftsführers erfolgten. Die Wohnung des Antragstellers werde hierfür nicht benötigt. Post an die Firmenadresse komme nur ein- bis zweimal monatlich. Mittlerweile habe der Geschäftsführer anderweitige Räumlichkeiten angemietet. Die Ummeldung der Geschäftsanschrift müsse noch im Handelsregister vorgenommen werden.

 

Am 21. Mai 2024 hat der Antragsteller für den Zeitraum ab dem 1. Juli 2024 einen Weiterbewilligungsantrag gestellt. Mit Bescheid vom 23. Mai 2024 hat der Antragsgegner dem Antragsteller für den Zeitraum 1. Juli 2024 bis 31. Dezember 2024 vorläufig Leistungen nach dem SGB II nach der Maßgabe des Beschlusses des Sozialgerichts Kiel vom 27. März 2024 bewilligt. Dieser Bescheid ist nach Auskunft des Antragsgegners bestandskräftig geworden.

 

Mit Änderungsbescheid vom 22. Mai 2024 hat der Antragsgegner Kosten der Unterkunft als Bedarf in Höhe von 242,00 Euro anerkannt und die Einkommensanrechnung den tatsächlichen Verhältnissen angepasst.

 

Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten sowie den beigezogenen Verwaltungsvorgang des Antragsgegners Bezug genommen.

 

 

II.

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den eine einstweilige Anordnung teilweise ablehnenden Beschluss des Sozialgerichts vom 27. März 2024 hat im tenorierten Umfang Erfolg.

 

Die nach § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht erhobene Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Kiel vom 27. März 2024 ist zulässig. Sie ist nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG i. V. m. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG ausgeschlossen, da der Beschwerdewert in Höhe von 750,00 Euro überschritten wird. Der Antragsteller begehrt die Gewährung des vollen Regelbedarfs für Alleinstehende in Höhe von 563,00 Euro statt der bewilligten 80% des Regelbedarfs in Höhe von 540,60 Euro – mithin verlangt er die Differenz in Höhe von 112,40 Euro monatlich – sowie weitere Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 209,00 Euro monatlich.

 

Die Beschwerde ist im Hinblick auf das Begehren, die Unterkunftskosten in Höhe von 451,00 Euro zu erhalten, begründet, im Übrigen – betreffend die vorläufige Gewährung eines erhöhten Regelbedarfs – unbegründet.

 

Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d. h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufigen Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d. h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Scheidet eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren aus, ist auf der Grundlage einer an der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 12. Mai 2005 – 1 BvR 569/05 – juris, Rn. 26; BVerfG, Beschluss vom 6. Februar 2013 –1 BvR 2366/12 – juris, Rn. 3; BVerfG, Beschluss vom 26. Juni 2018 – 1 BvR 733/18 – juris, Rn. 3f; BVerfG, Beschluss vom 14. März 2019 – 1 BvR 169/19 – juris, Rn. 15).

 

Die Voraussetzungen für eine Folgenabwägung sind hier – wie das Sozialgericht in seinem Beschluss zutreffend ausgeführt hat – jedenfalls bezogen auf den abgesenkten Regelbedarf in Höhe von 80 % des Alleinstehenden Regelbedarfs gegeben. Insoweit macht sich der Senat nach eigener Prüfung die Ausführungen des Sozialgerichts zu Eigen und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab, § 142 Abs. 2 Satz 3 SGG.

 

Betreffend den Regelbedarf für Alleinstehende in voller Höhe rechtfertigt das Beschwerdevorbringen aus Sicht des Senats keine andere Entscheidung. Die wirtschaftlichen Verflechtungen zwischen dem Antragsteller und der b UG sind weiterhin noch nicht hinreichend aufgeklärt, auch wenn diverse Schritte zur Entflechtung vorgenommen worden sind. So verkennt der Senat nicht, dass die b UG am 9. April 2024 den Strato-Vertrag und am 12. April 2024 den 1&1 Vertrag statt des Antragstellers übernommen hat. Kontoauszüge des Antragstellers, die belegen könnten, dass auch keine Abbuchungen mehr von dem Privatkonto des Antragstellers erfolgen, hat dieser jedoch für den streitigen Zeitraum bisher nicht lückenlos vorgelegt. Den Beleg über den Widerruf der Bankvollmacht hält der Senat jedoch für unzureichend. Es handelt sich dabei vermutlich um einen Screenshot, der von der Bankmitarbeiterin per E‑Mail übersandt worden ist. Daraus ist jedoch nicht erkennbar, ob die Vollmacht für alle Konten der b UG widerrufen worden ist. Auch hat der Antragsteller bisher nicht erklärt, ob und wann er die von ihm erhaltene Kontokarte, mit welcher er die Barabhebungen für die b UG getätigt hat, zurückgegeben hat. Die seitens des Sozialgerichts Kiel angeforderten Nachweise und Belege zur Verwendung und zum Verbleib der Barabhebungen hat die b UG zwar nicht im erstinstanzlichen Verfahren, jedoch mit Schreiben vom 24. April 2024 dem Antragsgegner übersandt. Bei den Nachweisen handelt es sich um Quittungen aus einem Quittungsblock und einen Bewirtungsbeleg. Diese Belege können seitens des Senats weitestgehend nachvollzogen werden. Die Auslagenerstattung an den Geschäftsführer lassen jedoch Fragen offen. Hierzu wurden sog. „Proforma-Rechnungen“ für eine pauschale Fahrtkostenerstattung erstellt. Eine Auflistung von Fahrten oder zum  Beispiel Tankbelege oder andere Nachweise für Fahrten waren nicht aufgeführt noch Belege beigefügt. Im Hinblick auf die Barabhebungen bleibt, selbst wenn die Barabhebungen des Antragstellers an den Geschäftsführer übergeben worden und in das Kassenbuch eingetragen worden sind, unklar, wer diese Gelder verwaltet, wo diese Bareinnahmen aufbewahrt werden und ob der Antragsteller hierauf Zugriff hat. Letztlich könnte hierzu auch die Gewinnermittlung der b UG für die anfallende Gewerbesteuer möglicherweise erhellend sein. Aufgrund der früheren engen personellen Verquickung der b UG mit dem Antragsteller aus seiner ehemaligen Geschäftsführerposition sowie aufgrund des Umstandes, dass sich die Geschäftsräume in der Privatwohnung des Antragstellers befinden, hält der Senat Erklärungen und Nachweise hierzu zumindest für die Zeiträume für zumutbar und erforderlich, in denen der Antragsteller Barabhebungen für die b UG getätigt hat. Soweit vorgetragen worden ist, dass die b UG aus den Räumlichkeiten des Antragstellers ausgezogen ist, fehlt hierzu ein entsprechender Nachweis. Laut Handelsregisterauszug (21. August 2024) firmiert die b UG weiterhin unter der Adresse K Straße. Für den Senat ist insofern nicht nachvollziehbar, ob ein Umzug stattgefunden hat und ob die Geschäftstätigkeit in der Privatwohnung des Antragstellers vollständig eingestellt worden ist.

 

Soweit der Antragsgegner mit Schreiben vom 11. April 2024 auch die Vorlage lückenloser Kontoauszüge aller Konten der b UG für den Zeitraum 1. Januar 2021 bis 31. Oktober 2023 angefordert hat, betrifft dies zwar nicht den streitgegenständlichen Zeitraum. Aus ihnen lassen sich jedoch hinsichtlich des Geschäftsmodells durch Vergleich Rückschlüsse ziehen, die auch für den streitigen Zeitraum relevant sein könnten. Die Kontoauszüge waren jedoch weder dem Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers noch der Verwaltungsakte des Antragsgegners zu entnehmen.

 

Der Senat weist jedoch auch darauf hin, dass letztlich die Anforderungen an die Aufklärung zur Beurteilung der Hilfebedürftigkeit nicht überspannt werden dürfen. Soweit aus den weitergehenden Ermittlungen resultiert, dass der Antragsteller keine Barabhebungen mehr tätigt, alle Kontovollmachten des Antragstellers für die b UG widerrufen worden sind, die dem Antragsteller ausgehändigte Kontokarte zurückgegeben worden ist, kein Zugriff auf die Bareinnahmen möglich ist und sich die Geschäftsräume nicht mehr in der Privatwohnung des Antragstellers befinden, dürfte die Frage nach dem gelebten Geschäftsmodell der b UG für die Beurteilung der Hilfebedürftigkeit des Antragstellers kaum mehr Relevanz besitzen.

 

Hinsichtlich der Bedarfe für Unterkunft und Heizung hat der Antragsteller sowohl einen Anordnungsanspruch als auch einen Anordnungsgrund in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen glaubhaft gemacht. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für die Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Nach dieser Regelung sind als Mietzinsen die tatsächlichen Aufwendungen des Hilfebedürftigen berücksichtigungsfähig, soweit sie auf der Grundlage einer mit dem Vermieter getroffenen Vereinbarung beruhen und vom erwerbsfähigen Hilfebedürftigen tatsächlich gezahlt werden (vgl. BSG, Urteil vom 22. September 2009 – B 4 AS 8/09 R – juris Rn. 16). Dabei werden die tatsächlichen Aufwendungen nicht dadurch begrenzt, dass die fragliche Vereinbarung, die zur Mietzinserhöhung geführt hat, möglicherweise zivilrechtlich unwirksam ist (vgl. bei einer Vereinbarung zu einer Staffelmiete BGS, Urteil vom 22. September 2009 – B 4 AS 8/09 R – juris Rn. 15). Allerdings sind Aufwendungen für Unterkunftskosten, die auf einer zivilrechtlich unwirksamen Grundlage beruhen, nicht dauerhaft aus öffentlichen Mitteln zu bestreiten. Hält der Grundsicherungsträger eine Vereinbarung über Unterkunftskosten für unwirksam, kann er das Kostensenkungsverfahren nach § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II betreiben, denn eine auf Grund einer unwirksamen Vereinbarung getätigte Zahlung ist nicht angemessen im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II (BSG, Urteil vom 22. September 2009 – B 4 AS 8/09 R – juris Rn. 22; BSG, Urteil vom 23. August 2012 – B 4 AS 32/12 R – juris Rn. 21). § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II enthält insoweit keine Beschränkung der zu übernehmenden tatsächlichen Unterkunftskosten auf solche Kosten, die bereits bei Eintritt der Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II zu zahlen waren. Auch eine analoge Anwendung des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II zu Lasten des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen ist in Fällen einer Mieterhöhung ohne Umzug nicht zulässig (BSG, Urteil vom 23. August 2012 – B 4 AS 32/12 R – juris Rn. 22 ff.).

 

Diese Maßgaben zugrunde gelegt sind bei dem Antragsteller bedarfsseitig Unterkunftskosten in Höhe von 451,00 Euro monatlich als tatsächliche Aufwendungen für die Wohnung K Straße zu berücksichtigen.

 

Zwischen der Vermieterin (die Mutter des Antragstellers) und dem Antragsteller ist ein monatlicher Mietzins in Höhe von 451,00 Euro vereinbart worden. Ein Kostensenkungsverfahren ist seitens des Antragsgegners nicht durchgeführt worden, so dass es für die Berücksichtigungsfähigkeit der tatsächlichen Aufwendungen auf die Frage, ob die getroffene Vereinbarung zur Mieterhöhung möglicherweise zivilrechtlich unwirksam ist, jedenfalls derzeit nicht ankommt. Auch unwirksame Mietzinsvereinbarungen sind als tatsächliche Aufwendungen bedarfsseitig einzustellen, wenn sie denn tatsächlich gezahlt werden.

 

Unbeschadet dessen geht der Senat jedoch von davon aus, dass der Mietzins in Höhe von 451,00 Euro zwischen der Vermieterin (die Mutter des Antragstellers) und dem Antragsteller nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) wirksam vereinbart worden ist. Nach § 557 Abs. 1 BGB können die Parteien eine Erhöhung der Miete während des Mietverhältnisses vereinbaren. Diese Regelung, die nur auf Wohnraumverhältnisse anwendbar ist, ist Ausfluss der auch im Mietvertragsrecht geltenden Vertragsfreiheit und stellt es den Parteien frei, sich unabhängig von den gesetzlichen Mieterhöhungsvorschriften der §§ 558 ff. BGB einvernehmlich über eine Mieterhöhung zu verständigen (vgl. Siegmund in: beck-online Großkommentar <Stand: 1. Juli 2024> BGB – § 557, Rn. 16; Dickersbach in: Erman BGB, Kommentar, 17. Auflage 2023, § 557 – Rn. 3; Emmerich in: Staudinger/Jost/Emmerich <2021> Kommentar zum BGB, § 557 Rn. 31). Die einvernehmliche Vereinbarung unterliegt mithin nicht den Grenzen bzw. den Voraussetzungen des § 558 BGB, wonach der Anspruch des Vermieters auf Zustimmung zu einer Mieterhöhung für den Fall vorgesehen ist, wenn gerade kein Einvernehmen besteht. Die einvernehmliche Vereinbarung über die Mieterhöhung nach § 557 Abs. 1 BGB unterliegt auch keinem Formzwang, so dass diese Vereinbarung auch mündlich wirksam getroffen werden kann (Dickersbach in: Erman BGB, Kommentar, 17. Auflage 2023, § 557 – Rn. 4). Selbst die konkludente Annahme beispielsweise durch Zahlung des Erhöhungsbetrages ist ausreichend (Dickersbach in: Erman BGB, Kommentar, 17. Auflage 2023, § 557 – Rn. 4). Die Voraussetzungen nach § 557 Abs. 1 BGB sieht der Senat als erfüllt an. Zum einen folgt dies bereits – wie die eingereichten Kontoauszüge zeigen – aus den tatsächlichen Zahlung des erhöhten Mietzinses in Höhe von 451,00 Euro, auch wenn die Überweisungen in der Höhe Unregelmäßigkeiten aufweisen. Jedoch hat die Vermieterin – beispielsweise für den Zeitraum November 2021 bis März 2022, für welchen sie keine Mietzahlungen erhalten hat – Mietrückstände in Höhe von 451,00 Euro gegenüber dem Antragsteller geltend gemacht. Darüber hinaus haben die Vermieterin und der Antragsteller am 2. November 2022 die mündliche Vereinbarung zur Mieterhöhung schriftlich fixiert.

 

Der Antragsteller hat die auf 451,00 Euro erhöhte Miete auch tatsächlich gezahlt, so dass es sich um tatsächliche Aufwendungen im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II handelt.

 

Auch war eine Vorabklärung vor der Vereinbarung der Mieterhöhung bei dem Antragsgegner nicht erforderlich. Lediglich für den Fall eines Umzuges in eine neue Unterkunft ist eine Vorabklärungsmöglichkeit für den Leistungsberechtigten und den Leistungsträger gesetzlich vorgesehen, die den Leistungsberechtigten vor den weitreichenden Konsequenzen des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II schützen soll (vgl. BSG, Urteil vom 23. August 2012 – B 4 AS 32/12 R – juris Rn. 26). Der Antragsteller war mithin nicht gehalten, vor dem Abschluss der Vereinbarung über die einvernehmliche Mieterhöhung eine Zustimmung des Antragsgegners einzuholen.

 

Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Die Unterkunftskosten bedarf der Antragsteller für sein menschenwürdiges Existenzminimum. Allein die drohende ordentliche Kündigung wegen noch ausstehender Mietschulden genügt im Hinblick auf die vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gesehene besondere grundrechtliche Bedeutung der Unterkunftssicherung (BVerfG, Beschluss vom 10. Oktober 2017 – 1 BvR 617/14 – juris Rn. 19) als drohender wesentlicher Nachteil.

 

In zeitlicher Hinsicht bleibt es bei der Verpflichtung des Antragsgegners bis zum 30. Juni 2024. Für den anschließenden Bewilligungszeitraum ab 1. Juli 2024 ist der die vorläufigen Leistungen gewährende Bescheid bestandskräftig geworden.

 

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG und orientiert sich am Ausgang des Verfahrens.

 

Der Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.

Rechtskraft
Aus
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