1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Anerkennung eines Arbeitsunfalles nach dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch – gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII).
Der Beigeladene zu 1) war Angestellter der Beigeladenen zu 2) und seit dem 18. September 2017 als Leiharbeitnehmer im Betrieb der Klägerin auf dem Frankfurter Flughafen tätig. Die Klägerin fertigt im Frachtbereich des Frankfurter Flughafens Luftfracht für den Flugverkehr in Frankfurt ab. Der Beigeladene zu 1) war am 21. September 2018 in der Spätschicht von 13:45 Uhr bis 22:00 Uhr als Helfer im Bereich Ordnung und Sauberkeit für die Sauberhaltung der Kommissionierungsplätze mit einem Besen und anderen Hilfsmitteln im M. Cargo Tor 25 Gebäude 420 für die Klägerin tätig.
Gegen 20:30 Uhr bat der Beigeladene zu 1) seinen Schichtkollegen, den Beigeladenen zu 3), ihm ein Getränk für eine Trinkpause zu besorgen. Der Beigeladene zu 3) fuhr sodann mit einem Liftfahrzeug los, um das Getränk zu besorgen. Der Beigeladene zu 1) saß gegen 21:06 Uhr auf einen Betonpoller neben dem Tor des Gebäudes 420 und rauchte eine Zigarette. Als der Beigeladene zu 3) zurückkam, fuhr er in die Richtung des auf dem Betonpoller sitzenden Beigeladenen zu 1) zu und fuhr auf den Beigeladenen zu 1) auf, der zwischen dem Liftfahrzeug und einer Außenwand eingequetscht wurde. Der Beigeladene zu 3) setzte sein Liftfahrzeug zurück, wobei der Beigeladene zu 1) ein Stück weit mitgeschleift wurde, da er unter dem Fahrzeug eingeklemmt war. Der Beigeladene zu 1) erlitt massive Brust- und innere Verletzungen und wurde aufgrund der lebensgefährlichen Verletzungen sofort in die Notaufnahme der Frankfurter Universitätsklinik verbracht, wo ihm unter anderem ein Bein amputiert werden musste.
Mit Bescheid vom 10. Juli 2019 stellte die Beklagte gegenüber dem Beigeladenen zu 1) fest, dass Ansprüche auf Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung aus Anlass des Ereignisses vom 21. September 2018 nicht bestünden. Verunglücke ein Beschäftigter während einer Arbeitspause infolge einer privaten Tätigkeit, die er während der Pause ausübe, bestehe grundsätzlich kein Versicherungsschutz. Das Einlegen einer Zigarettenpause sei grundsätzlich dem privaten Bereich zuzuordnen, weil diese regelmäßig unabhängig von jeglicher betrieblicher Tätigkeit durchgeführt werde. Unter gewissen Umständen könne das Besorgen von Getränken in der Pause unter Versicherungsschutz stehen, weil dies auch der Erhaltung und Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit und damit betrieblichen Belangen diene und das Zurücklegen des Weges nötig sei, weil der Beschäftigte sich nicht zu Hause aufhalte, sondern seiner versicherten Tätigkeit nachgehe. Das Warten darauf, dass jemand Getränke bringe, sei vom Versicherungsschutz jedoch nicht erfasst. Warten hätte der Beigeladene zu 1) überall können, auch an seinem Arbeitsplatz. Darüber hinaus sei festzuhalten, dass nach Aussage des Arbeitgebers der Bereich außerhalb des Lagers nicht zu dem Arbeitsbereich des Beigeladenen zu 1) gehöre. Dadurch, dass er das Lager verlassen und außerhalb der Halle neben der Zufahrt gesessen habe, habe er den räumlich-zeitlichen Bereich seines Arbeitsplatzes verlassen. Das Sitzen außerhalb der Lagerhalle auf einen Betonpoller sei keine Verrichtung im Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit gewesen.
Hiergegen hat die Klägerin fristgerecht Widerspruch erhoben. Entgegen den Ausführungen im Bescheid sei die Unfallstelle eindeutig dem Arbeitsbereich des Beigeladenen zu 1) zuzuordnen. Der Unfallort sei Teil des Arbeitsbereiches, da die Frachtabfertigung in und vor der Halle durch die Mitarbeiter der Klägerin vorgenommen würden. Insbesondere würden die fertigen Einheiten nach Fertigstellung der Paletten auf dem Außenbereich abgestellt. Zu diesem Zweck würden Schlepper und Stapler das Tor neben der Unfallstelle passieren. Auch die Zuordnung der Umstände spreche für einen Arbeitsunfall, da sich mit dem Ereignis gerade die arbeitstypische Gefahr benutzter Arbeitsmittel verwirklicht habe. Der Beigeladene zu 1) habe seine regulären (privaten) Ruhepausen bereits vorher wahrgenommen. Für die regelmäßigen Ruhepausen der Mitarbeiter gebe es einen entsprechenden Raum. Die Unterbrechung seiner Arbeit sei im Rahmen einer kurzen Trinkpause erfolgt, weil der Beigeladenen zu 1) arbeits- und erschöpfungsbedingt Durst hatte. Die Pause sei mit dem Schichtleiter kurz nach 20:30 Uhr abgestimmt worden. Entgegen der Annahme des Bescheides habe die Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit und die arbeitsbedingte Unterbrechung und nicht der private Bereich einer Ruhepause im Vordergrund gestanden. Auch die wesentlichen kausalen Umstände seien der betrieblichen Sphäre zuzuordnen, da ein Kollege des Beigeladenen zu 1) den Schlepper gefahren sei und der Schlepper ein direktes Betriebsmittel sei.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 12. Dezember 2019 gegenüber der Klägerin zurückgewiesen. Zum Unfallzeitpunkt habe der Beigeladene zu 1) keine arbeitsvertraglichen Pflichten ausgeübt, da das Warten darauf, dass ein Arbeitskollege ein Getränk vorbeibringe, nicht zu den sich aus dem Beschäftigungsverhältnis ergebenden Haupt- oder Nebenpflichten zähle. Dies sei unabhängig davon, ob das Trinken notwendig gewesen wäre, die Arbeitstätigkeit aufrecht zu erhalten oder wiederherzustellen. Damit eine betrieblich bedingte Nahrungsaufnahme ausnahmsweise versichert sei, bedürfe es außergewöhnlicher Begleitumstände. So sei von Bedeutung, ob gerade die Tätigkeit ein besonderes Durstgefühl verursacht habe. Entscheidend sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, das betriebliche Interesse die Nahrungsaufnahme im Wesentlichen und abweichend vom normalen Trinkverhalten beeinflussen. Die Tätigkeit vor dem Unfall sei nicht mehr als jede andere Tätigkeit geeignet, ein Durstgefühl hervorzurufen. Es sei nicht ersichtlich, dass der Beigeladene zu 1) einen akuten Flüssigkeitsmangel ausgleichen wollte, da vorliegend jedenfalls nicht objektiv nachvollziehbar sei, dass bei einem großen Durstgefühl ein Getränk nicht sogleich, sondern erst nach weiterer Arbeit erst etwa 30 Minuten später zu sich genommen werden sollte. Dies spricht gegen die Annahme, dass außergewöhnliche betriebsbedingte Umstände vorgelegen hätten, die eine vom normalen Trinkverhalten abweichende Getränkeaufnahme erforderlich machen würden. Zudem habe sich die Nahrungsaufnahme auch nicht abweichend von dem normalen Ess-und Trinkverhalten abgespielt. Es sei zur eigentlichen Nahrungsaufnahme überhaupt nicht gekommen. Es seien auch keine Umstände ersichtlich, die den Beigeladenen zu 1) zwangen, seine Mahlzeit an einem bestimmten Ort, etwa einer Kantine einzunehmen. Die entsprechenden Räume für Ruhepausen habe der Beigeladenen zu 1) zum Unfallzeitpunkt gerade nicht aufgesucht. Es käme auch kein Versicherungsschutz im Rahmen des Zurücklegens der Wege von und zur Nahrungsaufnahme in Betracht. Der Beigeladene zu 1) habe sich zum Unfallzeitpunkt nicht auf dem Weg zur Nahrungsaufnahme befunden, sondern wartete darauf, dass sein Kollege ihm ein Getränk vorbeibringe. Der Aufenthaltsort des Wartens finde jedoch, anders als der Weg, seine Prägung nicht in einem definierten Ausgangs- und Zielpunktes, sondern sei vielmehr überall möglich, insbesondere am eigentlichen Arbeitsplatz selbst. Der Beigeladene zu 1) sei daher rein eigenwirtschaftlich tätig gewesen. Ein Versicherungsschutz ergebe sich auch nicht aus einer besonderen Betriebsgefahr. Der Beigeladene zu 1) befand sich in einer abgesprochenen Pause, hatte seinen konkreten Arbeitsplatz verlassen und habe seine Tätigkeit mehr als nur geringfügig unterbrochen. Es bestehe folglich kein räumlich-zeitlicher Zusammenhang mit seinem Arbeitsplatz. Dass der Außenbereich der Halle zum konkreten Arbeitsplatz des Beigeladenen zu 1) zähle, entspreche nicht den übereinstimmenden Angaben gegenüber den ermittelnden Aufsichtspersonen, dürfte aber vorliegend ohnehin unerheblich sein. Zumindest sei beim Sitzen auf dem Betonelement selbst ein räumlicher Zusammenhang nicht gegeben.
Hiergegen hat die Klägerin am 30. Dezember 2019 vor dem Sozialgericht Darmstadt Klage erhoben.
Sie ist der Auffassung, dass der Unfall vom 21. September 2018 als Arbeitsunfall anzuerkennen sei. Die Handlungen des Beigeladenen zu 1) sowie dessen Exponiertheit zum Zeitpunkt des Unfalles würden, wenngleich als Ausnahmefall zur Ruhepausen-Rechtsprechung, einem Arbeitsunfall unterfallen. Die Unterbrechung der Arbeit sei durch den Beigeladenen zu 1) nur zur Wiedererlangung der Leistungsfähigkeit bis zum Ende der Schicht erfolgt. Es handle sich bei der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1) um eine körperliche Tätigkeit, die die ganze Schicht im Stehen und Bewegung zu verrichten sei. Die Tätigkeit sei schon deshalb anstrengend und geeignet, einen betrieblich veranlassten Trinkwunsch zu begründen. Der Beigeladene zu 1) sei zudem Staub und Abrieb der Palettierungsarbeiten ausgesetzt. Er habe sich im Eingangsbereich der Abfertigungshalle, innerhalb seines erweiterten Arbeitsbereiches aufgehalten. Der Unfallort sei Teil des Arbeitsbereiches, da die Frachtabfertigung in und vor der Halle durch die Mitarbeiter der Klägerin vorgenommen würden. Ursächlich für den Unfall sei darüber hinaus die sich mit dem Unfall verwirklichte Betriebsgefahr des Schleppers, einem Arbeitsmittel dem der Beigeladene zu 1) sonst durchweg im Rahmen seiner Tätigkeit ausgesetzt gewesen sei. Der Unfall hätte sich in entsprechender Weise auch in der Halle ereignen können. Da der Beigeladenen zu 1) noch innerhalb seines Arbeitsbereiches auf das Getränk wartete, sei der konkrete Fall auch als Wegeunfall zur Nahrungsaufnahme zu qualifizieren.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 10. Juli 2019 sowie den Bescheid in Form des Widerspruchsbescheides vom 12. Dezember 2019 aufzuheben und festzustellen, dass es sich bei dem Unfall vom 21. September 2018 um einen bei der Beklagten versicherten Arbeitsunfall handelt.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie nimmt Bezug auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten ergänzend Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 10. Juli 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Dezember 2019 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Die Klägerin ist als Arbeitgeberin des Beigeladenen zu 1) im Wege der Prozessstandschaft befugt, die Verfolgung des Anspruchs auf Feststellung eines Arbeitsunfalls im Klageverfahren geltend zu machen. Gemäß § 109 SGB VII können Personen, deren Haftung nach den §§ 104 bis 107 SGB VII beschränkt ist und gegen die Versicherte, ihre Angehörigen und Hinterbliebene Schadenersatzforderungen erheben, statt der Berechtigten die Feststellungen nach § 108 SGB VII beantragen oder das entsprechende Verfahren nach dem Sozialgerichtsgesetz betreiben. Nach § 104 Abs. 1 SGB VII sind Unternehmer den Versicherten, die für ihre Unternehmen tätig sind oder zu ihren Unternehmen in einer sonstigen die Versicherung begründenden Beziehung stehen, sowie deren Angehörigen und Hinterbliebenen nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz des Personenschadens, den ein Versicherungsfall verursacht hat, nur verpflichtet, wenn sie den Versicherungsfall vorsätzlich oder auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII versicherten Weg herbeigeführt haben. Der Beigeladene zu 1) war im Rahmen eines Leiharbeitsvertrages in dem Unternehmen der Klägerin tätig und macht im Rahmen eines arbeitsrechtlichen Verfahrens gegenüber der Klägerin Ansprüche geltend.
Der Unfall des Beigeladenden zu 1) am 21. September 2018 ist nicht als Arbeitsunfall anzuerkennen.
Nach § 8 Abs. 1 S. 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Abs. 1 S 2). Für einen Arbeitsunfall ist danach im Regelfall erforderlich, dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls einer versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist (innerer beziehungsweise sachlicher Zusammenhang), diese Verrichtung wesentlich ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis (Unfallereignis) verursacht hat (Unfallkausalität) und das Unfallereignis wesentlich einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität) (vgl. die ständige Rechtsprechung BSG, Urteil vom 5. Juli 2016 – B 2 U 5/15 R –, BSGE 122, 1-11, SozR 4-2700 § 2 Nr. 35, SozR 4-2700 § 8 Nr. 56, Rn. 13; BSG vom 17.12.2015 - B 2 U 8/14 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 55 RdNr 9; BSG vom 26.6.2014 - B 2 U 7/13 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 53 RdNr. 11; BSG vom 4.7.2013 - B 2 U 3/13 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 50 RdNr. 10 und - B 2 U 12/12 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 49 RdNr. 14; BSG vom 18.6.2013 - B 2 U 10/12 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 47 RdNr. 12; BSG vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr 46, RdNr 20; BSG vom 24.7.2012 - B 2 U 9/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 44 RdNr. 26 f; BSG, Urteil vom 31.01.2012 – B 2 U 2/11 R –, SozR 4-2700 § 8 Nr. 43, Rn. 16; BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 10/11 R; BSG vom 18.1.2011 - B 2 U 9/10 R - BSGE 107, 197 = SozR 4-2700 § 2 Nr. 17 RdNr. 10; BSG vom 18.11.2008 - B 2 U 27/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 30 RdNr. 10 mwN).
Für die Beweiswürdigung gilt bezüglich der Tatbestandsmerkmale "versicherte Tätigkeit", "Verrichtung zur Zeit des Unfalls", "Unfallereignis" sowie "Gesundheitsschaden" der Vollbeweis, also, dass diese Merkmale mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen müssen (BSG, Urteil vom 31. Januar 2012 – B 2 U 2/11 R –, SozR 4-2700 § 8 Nr. 43, Rn. 17). Demgegenüber genügt für den Nachweis der naturphilosophischen Ursachenzusammenhänge zwischen diesen Voraussetzungen der Grad der (hinreichenden) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die Glaubhaftmachung und erst Recht nicht die bloße Möglichkeit (vgl. BSG vom 2.4.2009 - B 2 U 30/07 R - BSGE 103, 45 = SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 3101 Nr. 4 mwN).
Besonderheiten ergeben sich für Unterbrechungen der verrichteten Tätigkeit. Die tatsächliche Unterbrechung ist nur dann versicherungsrechtlich relevant, wenn sie auch zu einer Unterbrechung des Versicherungsschutzes führt (vgl BSGE 91, 293 = SozR 4-2700 § 8 Nr. 3 mwN). Dient die Unterbrechung privaten Verrichtungen, so wird in der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zwischen erheblichen und unerheblichen Unterbrechungen unterschieden. Danach besteht während einer privaten Zwecken dienenden, erheblichen Unterbrechung kein Versicherungsschutz (BSGE 43, 113, 114 f = SozR 2200 § 550 Nr 26 S 58; BSGE 74, 159, 161 = SozR 3-2200 § 550 Nr 9 S 33; BSG SozR 3-2200 § 550 Nr 16; BSGE 91, 293 = SozR 4-2700 § 8 Nr 3). Der Versicherungsschutz besteht hingegen fort, wenn die Unterbrechung zeitlich und räumlich nur ganz geringfügig ist und einer Verrichtung dient, die "im Vorbeigehen" und "ganz nebenher" erledigt wird. Sie darf nach natürlicher Betrachtungsweise und in Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalles nur zu einer geringfügigen, tatsächlichen Unterbrechung der versicherten Verrichtung geführt haben, zB Kauf einer Zeitung an einem Kiosk während eines versicherten Weges (BSGE 20, 219, 221 = SozR Nr. 49 zu § 543 RVO aF; BSGE 43, 113, 114 f = SozR 2200 § 550 Nr. 26 S 58; BSG SozR 3-2200 § 550 Nr. 1; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr. 8, 38). Die Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes in diesen Fällen findet ihre Rechtfertigung darin, dass die in sachlichem Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehende Verrichtung der wesentliche Grund dafür ist, dass der Versicherte in dieser Situation ist, in der er dann ganz nebenher oder im Vorbeigehen die private Verrichtung ausübt. Es wird für die Abgrenzung maßgeblich auf die praktisch andauernde Ausübung einer versicherten Verrichtung, in die eine räumliche und zeitliche unerhebliche private Verrichtung eingeschoben wird, abgestellt (BSG, Urteil vom 12. April 2005 – B 2 U 11/04 R –, BSGE 94, 262-268, SozR 4-2700 § 8 Nr 14, Rn. 18 - 19).
Der Beigeladene zu 1) war als Beschäftigter kraft Gesetzes versichert und erlitt einen Unfall mit Gesundheitserstschaden. Die Verrichtung zur Zeit des Unfallereignisses stand aber nicht in einem sachlichen Zusammenhang zur versicherten Tätigkeit. Zum Unfallzeitpunkt übte der Beigeladene zu 1) keine Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII aus.
Eine versicherte Tätigkeit als Beschäftigter nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII liegt vor, wenn der Verletzte zur Erfüllung eines von ihm begründeten Rechtsverhältnisses, insbesondere eines Arbeitsverhältnisses, eine eigene Tätigkeit in Eingliederung in das Unternehmen eines anderen (vgl. § 7 Abs. 1 SGB IV) zu dem Zweck verrichtet, dass die Ergebnisse seiner Verrichtung diesem und nicht ihm selbst unmittelbar zum Vorteil oder Nachteil gereichen (vgl. § 136 Abs. 3 Nr. 1 SGB VII). Es kommt objektiv auf die Eingliederung des Handelns des Verletzten in das Unternehmen eines anderen und subjektiv auf die zumindest auch darauf gerichtete Willensausrichtung an, dass die eigene Tätigkeit unmittelbare Vorteile für das Unternehmen des anderen bringen soll (BSG, Urteil vom 30. März 2017 – B 2 U 15/15 R –, Rn. 15, juris). Eine Beschäftigung wird danach ausgeübt, wenn die Verrichtung zumindest dazu ansetzt und darauf gerichtet ist, entweder eine eigene objektiv bestehende Haupt- oder Nebenpflicht aus dem zugrundeliegenden Rechtsverhältnis zu erfüllen, oder der Verletzte eine objektiv nicht geschuldete Handlung vornimmt, um einer vermeintlichen Pflicht aus dem Rechtsverhältnis nachzugehen, sofern er nach den besonderen Umständen seiner Beschäftigung zurzeit der Verrichtung annehmen durfte, ihn treffe eine solche Pflicht, oder er unternehmensbezogene Rechte aus dem Rechtsverhältnis ausübt ((BSG, Urteil vom 30. März 2017 – B 2 U 15/15 R –, Rn. 15, juris; BSG, Urteil vom 23.4.2015 – B 2 U 5/14 R - SozR 4-2700 § 2 Nr. 33; BSG, Urteil vom 26.6.2014 - B 2 U 7/13 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 53; vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - BSGE 111, 37 = SozR 4-2700 § 2 Nr. 20, RdNr. 27 ff; BSG, Urteil vom 13.11.2012 - B 2 U 27/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr. 45 RdNr. 23 f und BSG, Urteil vom 14.11.2013 - B 2 U 15/12 R - SozR 4-2700 § 2 Nr. 27 RdNr. 13).
Bei der Pause des Beigeladenen zu 1), um auf ein Getränk für eine beabsichtigte Nahrungsaufnahme zu warten, handelt es sich nicht um eine versicherte, sondern um eine privatnützige Verrichtung, für die kein Unfallversicherungsschutz besteht.
Der Unfallversicherungsschutz besteht grundsätzlich nicht, wenn der Unfall während einer vom Versicherten selbst bestimmten Arbeitsunterbrechung (Pause) eintrat. Verunglückt ein Versicherter während einer derartigen Pause infolge einer Tätigkeit, die er während der Pause ausübt, besteht der innere Zusammenhang nur, wenn diese Tätigkeit dem Betrieb zu dienen bestimmt war (BSG, Urteil vom 20. Februar 2001 – B 2 U 6/00 R –, Rn. 16 - 17, juris; BSG SozR 2200 § 548 Nr 15; Becker/Franke/Molketin, SGB VII, 5. Aufl, § 8 RdNr 68 ff).
Zu den privatnützigen Verrichtungen gehören alle Tätigkeiten, die jeder Mensch unabhängig von der versicherten Tätigkeit ausübt, wie Ruhen, Schlafen, Schwimmen, Einkaufen, aber auch Essen, Trinken und Rauchen (nur BSG, Urteil vom 6. Dezember 1989 – 2 R U 5/89 – juris Rn. 13; BSG, Urteil vom 12. April 2005 – B 2 U 11/04 R – juris Rn. 20). Insbesondere die Nahrungsaufnahme wird in der Rechtsprechung seit jeher grundsätzlich dem privaten, unversicherten Lebensbereich zugeordnet, wenn sie nicht aufgrund der besonderen Umstände der versicherten Tätigkeit ausnahmsweise unmittelbar Teil derselben ist (Hessisches Landessozialgericht (HLSG), Urteil vom 26. Januar 2021 – L 3 U 131/18 –, Rn. 49 - 50, juris; HLSG, Urteil vom 24. März 2015 – L 3 U 225/10 – juris Rn. 21; Wagner, in: jurisPK-SGB VII, 2. Auflage, § 8 Rn. 64). Dabei ist zu berücksichtigen, dass auch Unternehmen ein Interesse daran haben, dass Pausen zur Einnahme von Essen genutzt werden, um die Leistungsfähigkeit der Versicherten zu erhalten. Dieses Interesse genügt jedoch nicht, um eine versicherte Tätigkeit zu begründen (BSG, Urteil vom 29. Januar 1960 – 2 RU 265/56 – juris Rn. 20; Urteil vom 24. Februar 2000 – B 2 U 20/99 R – juris Rn. 19; Urteil vom 18. November 2008 – B 2 U 31/07 R – juris Rn. 16). Denn vordergründig soll mit dem Essen und Trinken ein menschliches Grundbedürfnis abgedeckt werden, welches jeder Mensch unabhängig davon hat, ob er einer versicherten Tätigkeit nachgeht oder nicht. Das betriebliche Interesse an der Erhaltung der Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers tritt hinter diesem Grundbedürfnis regelmäßig zurück (Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 26. Januar 2021 – L 3 U 131/18 –, Rn. 49 - 50, juris; BSG, Urteil vom 10. Oktober 2002 – B 2 U 6/02 R – juris Rn. 17; BSG, Urteil vom 24.02.2000 – B 2 U 20/99 R – juris Rn. 19).
Es hat somit eine klare Abgrenzung zwischen der versicherten und unversicherten Verrichtung zu erfolgen. Vorliegend ist das Ereignis nicht bei der Nahrungsaufnahme selbst vorgefallen; vielmehr wartete der Beigeladene zu 1) darauf, dass ihm das Getränk vorbeigebracht werde. Die Ausnahme-Rechtsprechung bezüglich eines Versicherungsschutzes bei betrieblich bedingter Nahrungsaufnahme während der Pause ist vorliegend somit nicht einschlägig.
Der Beigeladene zu 1) hat durch seine Pause, um auf ein Getränk zu warten, kein eigenes unternehmensbezogenes, innerbetrieblichen Belangen dienendes Recht wahrgenommen (BSG, Urteil vom 5. Juli 2016 – B 2 U 5/15 R –, BSGE 122, 1-11, SozR 4-2700 § 2 Nr. 35, SozR 4-2700 § 8 Nr. 56, Rn. 18), sondern handelte aus privaten Zwecken.
Der Beigeladen zu 1) befand sich zum Zeitpunkt des Unfallereignisses weder auf dem Weg zu einer Pause, noch nahm er ein Getränk zu sich. Tatsächlich saß der Beigeladene zu 1) auf einem Betonpoller und wartete auf die Rückkehr seines Kollegen, den Beigeladenen zu 3). In diesem Wartezustand ist kein betrieblicher Belang ersichtlich, sondern dieser dient allein dem den privaten Bereich zuzuordnenden Erholungszweck. Dabei kann dahinstehen, ob der Beigeladene zu 1) zu diesem Zeitpunkt eine Zigarette rauchte oder sich in dem Arbeitsbereich der Klägerin befand. Entscheidend ist nach Überzeugung der Kammer, dass der Beigeladene zu 1) seine Arbeitstätigkeit erkennbar unterbrochen hatte, indem er sich auf den Betonpoller setzte und dass diese Unterbrechung dem allein privaten Zweck diente, auf die Rückkehr des Beigeladenen zu 3) zu warten.
Die Unterbrechung war auch nicht zeitlich und räumlich nur ganz geringfügig oder diente einer Verrichtung, die nebenher erledigt wird. Hierbei kommt es entscheidend auf die Gesamtumstände an. Der Beigeladene zu 1) verließ seinen zuvorigen Arbeitsplatz und setzte sich auf einen Poller. Augenscheinlich ergibt sich aus den Bildmaterialien, dass der Beigeladene zu 1) dort circa 6 Minuten verweilte, bevor es zu dem Ereignis kam. Damit lag gerade nicht nur eine geringfügige, tatsächliche Unterbrechung seiner versicherten Verrichtung vor. Dies wäre der Fall gewesen, wenn der Beigeladene zu 1) zum Beispiel im Rahmen seiner Tätigkeit den vorderen Bereich gesäubert und beim Heranfahren des Beigeladenen zu 3) diese Tätigkeit kurz unterbrochen hätte, um das Getränk entgegen zu nehmen.
Der Versicherungsschutz ergibt sich auch nicht aus einer verwirklichten Betriebsgefahr des Schleppers, einem Arbeitsmittel dem der Beigeladene zu 1) sonst durchweg im Rahmen seiner Tätigkeit ausgesetzt gewesen sei. In der allgemeinen Unfallversicherung besteht kein sogenannter Betriebsbann, so dass es für den Versicherungsschutz nicht maßgebend ist, ob betriebliche Gefahren beim Unfall mitgewirkt haben (BSG, Urteil vom 27. Juni 2000 – B 2 U 22/99 R –, SozR 3-2200 § 548 Nr 38, Rn. 23; BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 22 mwN). Diese Grundsätze gelten ausnahmsweise dann nicht, wenn eine besondere Betriebsgefahr auf den mit einer eigenwirtschaftlichen Tätigkeit befassten Versicherten im räumlich-zeitlichen Bereich seines Arbeitsplatzes (zB Explosion in unmittelbarer Nähe des Arbeitsplatzes während eines privaten Telefongesprächs) einwirkt, ohne dass diese private Verrichtung wesentlich zur Bedrohung durch die zum Unfall führende Betriebsgefahr beigetragen hatte (vgl BSG SozR 3-2200 § 548 Nr 22, S 71 mwN; BSG Urteil vom 18. April 2000 - B 2 U 7/99 R -). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Sofern der Beigeladene zu 1) seinen Arbeitsplatz nicht verlassen und sich auf den Betonpoller gesetzt hätte, um auf den Beigeladenen zu 3) zu warten, wäre er an dieser Stelle nicht von dem Liftfahrzeug ergriffen worden.
Die Klage war daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens.
Das Rechtsmittel der Berufung folgt aus den §§ 143 ff. SGG.