Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 11.04.2024 wird zurückgewiesen.
Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
Das Sozialgericht hat im Ergebnis zu Recht die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt.
Nach § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. §§ 114, 115 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Eine hinreichende Erfolgsaussicht ist gegeben, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Klägers auf Grund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung ausgeht (vgl. hierzu im Einzelnen Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl. 2023, § 73a Rn. 7a ff.). Die Rechtsverfolgung darf zudem gemäß § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht mutwillig erscheinen. Der Begriff der Mutwilligkeit ist nunmehr durch Übernahme des in der Rechtsprechung entwickelten Begriffs in § 114 Abs. 2 ZPO legaldefiniert. Danach ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung mutwillig, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht. Mutwilligkeit kann angenommen werden, wenn es zweckmäßig wäre, die Entscheidung in einem Parallelverfahren abzuwarten (Schmidt, a.a.O., § 73a Rn. 8 m.w.N.). Es ist auch verfassungsrechtlich nicht geboten, wenn ein unbemittelter Beteiligter in einem Verfahren unter Bewilligung von Beratungs- oder Prozesskostenhilfe rechtskundig vertreten ist, ihm die anwaltliche Beratung oder Vertretung durch Bewilligung von Beratungs- oder Prozesskostenhilfe in einem weiteren Verfahren zu ermöglichen, in dem offensichtlich die gleichen Sach- und Rechtsfragen streitig sind (vgl. Bundesverfassungsgericht <BVerfG>, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 18.11.2009 - 1 BvR 2455/08 -, juris Rn. 10 f.; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 02.09.2010 - 1 BvR 1974/08 -, juris Rn. 16 f.; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 30.05.2011 - 1 BvR 3151/10 -, juris Rn. 12, 16; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 08.02.2012 - 1 BvR 1120/11 u.a. -, juris Rn. 13). Von daher ist auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts in dem offensichtlichen Parallelverfahren nicht im Sinne von § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 121 Abs. 2 ZPO erforderlich (vgl. insoweit auch Landessozialgericht <LSG> Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18.09.2013 - L 9 SO 192/13 -, juris Rn. 6 ff.).
Nach diesen Grundsätzen scheidet die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts im vorliegenden Verfahren aus.
Die Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 09.05.2023 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.10.2023, mit dem diese einen Anspruch auf Verletztenrente wegen eines Ereignisses vom 06.03.2019 allein mit der Begründung abgelehnt hat, dass es sich dabei nicht um einen Arbeitsunfall im Sinne von § 8 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) gehandelt habe und es deshalb an einem Versicherungsfall im Sinne von § 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII fehle. Die Beklagte hat jedoch bereits mit Bescheid vom 23.12.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.02.2022 die Anerkennung des Ereignisses vom 06.03.2019 als Arbeitsunfall abgelehnt. Die dagegen beim Sozialgericht Dortmund erhobene Klage (S 17 U 201/22) wurde mit Urteil vom 21.08.2023 abgewiesen, die hiergegen eingelegte Berufung ist beim erkennenden Senat unter dem Aktenzeichen L 15 U 481/23 anhängig. In diesem Verfahren ist dem Kläger Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Bevollmächtigten bewilligt und für den 20.08.2024 ein Termin zur Erörterung des Sachverhalts und zur Beweisaufnahme anberaumt worden. Der Kläger ist damit in einem Parallelverfahren, in dem offensichtlich dieselben Sach- und Rechtsfragen streitig sind, finanziert durch die Landeskasse rechtskundig vertreten. Dies hat der Kläger auch erkannt, denn er wiederholt im vorliegenden Verfahren im Wesentlichen seine Argumentation aus dem Verfahren S 17 U 201/22/L 15 U 481/23 und befasst sich dementsprechend allein mit den Voraussetzungen eines Arbeitsunfalls im Sinne von § 8 Abs. 1 SGB VII. Auf die besonderen Voraussetzungen der Gewährung einer Verletztenrente, namentlich die Minderung der Erwerbsfähigkeit im Sinne von § 56 Abs. 2 SGB VII, geht er hingegen nicht ein.
Vor diesem Hintergrund erscheint die Rechtsverfolgung im vorliegenden Verfahren zum einen mutwillig. Vor der abschließenden Klärung, ob es sich bei dem Ereignis vom 06.03.2019 um einen Arbeitsunfall handelt, kann eine Entscheidung über die Gewährung von Verletztenrente nicht ergehen. Weil die Beklagte zunächst selbstständig über das Vorliegen eines Arbeitsunfalls durch den Bescheid vom 23.12.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.02.2022 ablehnend entschieden hat (zur Notwendigkeit einer Entscheidung über die Anerkennung eines Versicherungsfalls vor einer Entscheidung über die Gewährung von Verletztenrente siehe Bundessozialgericht <BSG>, Urteil vom 17.12.2015 - B 2 U 17/14 R -, juris Rn. 13), muss der Abschluss des gerichtlichen Verfahrens gegen diesen Bescheid abgewartet werden, bevor über die Gewährung von Verletztenrente entschieden werden kann (siehe hierzu auch BSG, Urteil vom 16.03.2021 - B 2 U 17/19 R -, juris Rn. 28). Unter Verkennung dieser Zusammenhänge hat der anwaltlich vertretene Kläger dennoch zuletzt mit Schreiben vom 12.04.2023 unter Androhung der Erhebung einer Untätigkeitsklage auf die Bescheidung seines Antrags auf Gewährung einer Verletztenrente gedrungen, obwohl sich ihm hätte aufdrängen müssen, dass diese Entscheidung wegen der zuvor erfolgten Ablehnung der Anerkennung eines Arbeitsunfalls nur negativ für ihn ausgehen konnte. Die vom Kläger gewünschte Entscheidung über die Gewährung von Verletztenrente brachte ihm in Bezug auf den geltend gemachten Rentenanspruch keinerlei Vorteile. Die Verjährung eines etwaigen Anspruchs auf Gewährung von Verletztenrente wurde gemäß § 45 Abs. 3 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) bereits durch den schriftlichen Antrag vom 18.11.2021 gehemmt. Diese Hemmung hätte für die Dauer des Verfahrens S 17 U 201/22/L 15 U 481/23 fortbestanden (siehe hierzu auch Aubel, NZS 2021, 376, 379). Ein vernünftiger, auf die Wahrung seiner finanziellen Interessen bedachter bemittelter Beteiligter hätte deshalb bei verständiger Würdigung aller Umstände nicht auf einer Bescheidung des Rentenantrags bestanden, sondern den Ausgang des gerichtlichen Verfahrens gegen den Bescheid vom 23.12.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.02.2022 abgewartet.
So hätte die begründete Aussicht bestanden, ein weiteres kostenträchtiges Verfahren unter anwaltlicher Vertretung zu vermeiden. Wenn sich nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens S 17 U 201/22/L 15 U 481/23 herausstellen sollte, dass kein Versicherungsfall vorliegt, kann dem Kläger auch keine Verletztenrente zustehen, so dass die Bescheidung des Rentenantrags sinnlos wäre. Sollte der Kläger mit seinem Begehren auf Anerkennung eines Arbeitsunfalls Erfolg haben, hätte die Beklagte die übrigen Voraussetzungen des § 56 SGB VII zu prüfen. Diese Prüfung könnte zur Gewährung von Verletztenrente führen, so dass ein weiterer Rechtsstreit entbehrlich sein könnte. Es drängt sich auf, dass der Kläger sich dieser Aussicht, kostenträchtige weitere Verfahren zu vermeiden, nur deshalb beraubt hat, weil er davon ausging, das Verfahren gegen die allein zu erwartende Ablehnung der Gewährung von Verletztenrente wegen der Ablehnung der Anerkennung eines Arbeitsunfalls ebenfalls über die Gewährung von Prozesskostenhilfe finanzieren zu können. Hierfür spricht, dass er nachdrücklich auf die Bescheidung seines Rentenantrags gedrungen hat, nachdem ihm der Senat mit Beschluss vom 28.02.2023 für das Verfahren S 17 U 201/22 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Bevollmächtigten bewilligt hat.
Die Mutwilligkeit der Rechtsverfolgung ist auch nicht deshalb zu verneinen, weil die Beklagte möglicherweise verfahrensrechtlich fehlerhaft vor Eintritt der Bestandskraft des Bescheides vom 23.12.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.02.2022 (vgl. BSG, Urteil vom 16.03.2021 - B 2 U 17/19 R -, juris Rn. 28) über die Gewährung von Verletztenrente einen ablehnenden Bescheid erlassen hat und der Kläger bei vernünftiger Wahrnehmung seiner Interessen gehalten war, den Eintritt der Bestandskraft dieses Bescheids durch Erhebung von Widerspruch und Klage zu verhindern. Unabhängig davon, ob ein mutwillig eingeleitetes Verfahren, wie es hier nach vorstehenden Ausführungen vorliegt, dadurch seine Mutwilligkeit verlieren kann, dass der handelnde Versicherungsträger zur Vermeidung einer angedrohten Untätigkeitsklage verfahrensfehlerhaft einen Bescheid erlässt, hätte es der Erhebung der Klage gegen den Bescheid vom 09.05.2023 nicht bedurft. Vielmehr hätte der Kläger mit der Einlegung des Widerspruchs gegen diesen Bescheid das Ruhen des Widerspruchsverfahrens bis zum rechtskräftigen Abschluss der gerichtlichen Verfahren gegen den Bescheid vom 23.12.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.02.2022 anregen können. Dies hat er jedoch nicht getan. Vielmehr hat er in seiner Widerspruchsbegründung ausdrücklich auf seinen Vortrag im Klageverfahren S 17 U 201/22 verwiesen. Damit hat er seinen Willen bekundet, trotz eines bereits unter Bewilligung von Prozesskostenhilfe mit anwaltlicher Hilfe geführten gerichtlichen Verfahrens ein weiteres gerichtliches Verfahren mit im Wesentlichen identischem Inhalt führen zu wollen. Die Mutwilligkeit der Einleitung des Verfahrens wirkt deshalb bei der Fortführung des Widerspruchs- und Klageverfahrens fort, denn ein vernünftiger Beteiligter, der nach seinen wirtschaftlichen Verhältnissen keine Prozesskostenhilfe beanspruchen kann, hätte das Ruhen des Widerspruchsverfahrens angeregt und von der Durchführung des Widerspruchs- und des Klageverfahrens bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens S 17 U 201/22/L 15 U 481/23 abgesehen.
Zum anderen und unabhängig von den vorstehenden Ausführungen ist die Beiordnung eines Rechtsanwalts im vorliegenden Verfahren jedenfalls gegenwärtig, d.h. vor dem rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens S 17 U 201/22/L 15 U 481/23, nicht im Sinne von § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 121 Abs. 2 ZPO erforderlich. Wie bereits ausgeführt, hat die Beklagte die Ablehnung der Gewährung von Verletztenrente allein mit dem Nichtvorliegen eines Arbeitsunfalls begründet. Zudem beschränken sich die Ausführungen des anwaltlich vertretenen Klägers im vorliegenden Verfahren auf eine Bezugnahme auf die Argumentation im Verfahren S 17 U 201/22/L 15 U 481/23 bzw. auf deren Wiederholung. Hierzu wäre der Kläger auch ohne anwaltliche Vertretung ohne weiteres in der Lage.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht erstattungsfähig (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde angreifbar (§ 177 SGG).