L 15 U 437/23

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
15
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 1 U 19/23
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 15 U 437/23
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 24/24
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Detmold vom 18.08.2023 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand:

 

Der Kläger begehrt die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung aufgrund eines am 10.11.2021 erlittenen Arbeitsunfalls.

 

Der am 00.00.0000 in Spanien geborene Kläger war als Postzusteller bei einem Unternehmen in J. beschäftigt. Am 10.11.2021 erlitt er einen Arbeitsunfall, als er nach eigenen Angaben während seiner Tätigkeit beim Aussteigen aus seinem Fahrzeug auf nassem Laub ausrutschte, stürzte und auf das linke Knie fiel.

 

Laut Durchgangsarztbericht vom 15.11.2021 stellte sich der Kläger an diesem Tag beim Durchgangsarzt F. vor und klagte über Knieschmerzen. Der Durchgangsarzt diagnostizierte am 15.11.2021 eine Prellung des linken Kniegelenkes.

 

Eine MRT-Untersuchung des linken Kniegelenkes am 23.11.2021 ergab als Befund u.a. eine vorstellbare initiale Rissbildung Innenmeniskushinterhorn/Pars intermedia und eine drittgradige Chondropathie mediofemoral und femoropatellar. Da der Befund nach Auffassung des behandelnden Orthopäden keine traumatische Läsion zeigte, erfolgte die weitere Behandlung zu Lasten der Krankenkasse.

 

Mit Verlaufsbericht vom 01.03.2022 teilte der Durchgangsarzt der Beklagten mit, der Kläger gebe an, am 10.11.2021 auch auf die rechte Schulter gefallen zu sein und seitdem unter Beschwerden und einer Bewegungseinschränkung der rechten Schulter zu leiden. Bis dato hätten nur die Beschwerden im Knie bestanden, die zu Lasten der Krankenkasse behandelt worden seien. Er äußerte den Verdacht auf eine Läsion der Rotatorenmanschette. Eine MRT-Untersuchung am 02.03.2022 bestätigte den Verdacht. Laut Befundbericht vom 02.03.2022 zeigte sich u.a. eine partiale Ruptur der dorsalen Anteile der Supraspinatussehne und eine Tendinopathie der Supraspinatussehne und der Bizepssehne. Der Durchgangsarzt überwies den Kläger an einen Chirurgen zur Abklärung der weiteren Therapie. Am 05.05. und 06.05.2022 erfolgte im Rahmen eines stationären Aufenthaltes eine diagnostische Arthroskopie, bei der u.a. eine Glättung des Bizepssehnenankers und der Rotatorenmanschette durchgeführt wurde. Im Entlassungsbericht vom 05.05.2022 wurde mitgeteilt, die bg-liche Behandlung sei beendet worden, da sich intraoperativ keine Unfallfolgen gezeigt hätten.

 

Der Kläger trug im weiteren Verlauf vor, er habe bereits seit dem ersten Unfall am 03.08.2021 Schmerzen in der rechten Schulter gehabt, was sein Arzt jedoch nicht berücksichtigt habe. 

 

Am 25.08.2022 erfolgte eine weitere operative Behandlung der rechten Schulter, bei der eine offene Rotatorenmanschettenrekonstruktion sowie eine Tenotomie der langen Bizepssehne durchgeführt wurde. Laut Befundbericht vom 14.03.2023 kam es in Folge dieser Behandlung zu einer postoperativen Bewegungseinschränkung.

 

Der beratende Arzt der Beklagten L. kam in einer Stellungnahme vom 01.08.2022 zu dem Ergebnis, durch das angeschuldigte Ereignis vom 10.11.2021 habe der Kläger eine unfallbedingte Prellung des rechten Kniegelenkes erlitten. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit seien allenfalls für vier Wochen anzunehmen. Danach seien die Folgen einer Prellung des Kniegelenkes ohne jegliche nachgewiesene Kniebinnenschädigung sicher abgeheilt. Am 23.11.2021 seien durch das MRT substanzielle unfallbedingte Schädigungen des rechten Kniegelenkes ausgeschlossen worden. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem angeschuldigten Ereignis und der Behandlung der rechten Schulter ab dem 28.02.2022 bestehe nicht. Erst über drei Monate nach dem Ereignis seien überhaupt Schulterbeschwerden geklagt und dokumentiert worden. Im MRT vom 02.03.2022 seien ausschließlich degenerative Veränderungen gesehen worden, die mit dem Ereignis vom 10.11.2021 überhaupt nicht in Verbindung zu bringen gewesen seien.

 

Mit Bescheid vom 25.08.2022 erkannte die Beklagte eine Prellung des rechten Kniegelenkes als Folge des Arbeitsunfalls vom 10.11.2021 an und führte weiter aus, unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit hätten bis einschließlich 08.12.2021 bestanden. Über diesen Zeitpunkt hinaus habe der Kläger keinen Anspruch auf Leistungen, insbesondere keinen Anspruch auf Verletztengeld und Übernahme von Behandlungskosten. Die Schulterbeschwerden rechts sowie die degenerativen Knieveränderungen rechts seien keine Folgen des Arbeitsunfalls.

 

Der Kläger legte hiergegen Widerspruch ein. Mit Bescheid vom 08.09.2022 berichtigte die Beklagte den Bescheid vom 25.08.2022 dahingehend, dass Unfallfolge eine Prellung des linken und nicht des rechten Kniegelenkes sei und die darüber hinaus bestehenden Vorschäden des linken Kniegelenkes (und nicht des rechten Kniegelenkes) nicht als Unfallfolgen anerkannt würden.

 

Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13.12.2022 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, der Kläger habe bei dem Arbeitsunfall eine Prellung des linken Kniegelenkes erlitten, welche unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit bis zum 08.12.2021 bedingt habe. Zugleich sei festgestellt worden, dass die Schulterbeschwerden rechts und die degenerativen Knieveränderungen links keine Folgen des Arbeitsunfalls seien. Am 23.11.2021 seien substanzielle unfallbedingte Schädigungen im Bereich des linken Knies ausgeschlossen worden.

 

Der Kläger hat am 13.01.2023 Klage beim Sozialgericht Detmold erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt, sowohl die im linken Kniegelenk als auch in der rechten Schulter festgestellten Schäden seien Folgen seines Arbeitsunfalls. 

 

Der Kläger hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt, 

 

die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 25.08.2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2022 zu verurteilen, ihm Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung über den 08.12.2021 hinaus zu gewähren.

 

Die Beklagte hat beantragt,

 

die Klage abzuweisen. 

 

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens von Amts wegen von dem Orthopäden C.. Dieser hat den Kläger am 12.04.2023 unter Anwesenheit eines Dolmetschers für die spanische Sprache untersucht. In seinem Gutachten vom 13.06.2023 ist er zu dem Ergebnis gekommen, das Unfallereignis habe zu einer Prellung des linken Kniegelenkes geführt, die eine Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit von 8 bis 10 Tagen nach sich gezogen habe. Die durchgangsärztliche Behandlung von 4 Wochen sei großzügig bemessen gewesen. Die kernspintomographische Untersuchung vom 23.11.2021 habe keine Verletzungsfolgen, sondern nur verschleißbedingte Rückbildungen im Sinne einer fortgeschrittenen medial betonten Gonarthrose, einer Retropatellararthrose und degenerativer Rückbildungen des Innenmeniskus gezeigt. Dies spreche für eine längerdauernde entzündlich-aktivierte Arthrose. Eine Beteiligung des rechten Schultergelenkes aus Anlass des Ereignisses vom 10.11.2021 sei nicht aktenkundig.

 

Das Sozialgericht hat nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 18.08.2023 die Klage gestützt auf das Gutachten von C. abgewiesen. Voraussetzung für die Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung sei, dass durch einen Arbeitsunfall ein Körperschaden rechtlich wesentlich verursacht sei. Daran fehle es. Die über den 08.12.2021 hinaus bestehenden Beschwerden des Klägers im Bereich des linken Knies und der rechten Schulter seien nicht rechtlich wesentlich durch den Arbeitsunfall vom 10.11.2021 verursacht worden.

 

Gegen den dem Kläger am 22.08.2023 zugestellten Gerichtsbescheid hat dieser am 29.08.2023 Berufung eingelegt. Er verfolgt sein Begehren auf Gewährung von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung anlässlich des Arbeitsunfalls vom 10.11.2021 weiter.

 

Der Kläger beantragt,

 

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Detmold vom 18.08.2023 zu ändern und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 25.08.2022 in Gestalt des Bescheides vom 08.09.2022 sowie des Widerspruchsbescheids vom 13.12.2022 zu verurteilen, ihm aufgrund des Arbeitsunfalls vom 10.11.2021 Verletztengeld und im Anschluss daran Verletztenrente nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

 

Die Beklagte beantragt,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

Die Beklagte hält die Entscheidung des Sozialgerichts Detmold für zutreffend.

 

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und der beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen. Ihr wesentlicher Inhalt war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

 

Entscheidungsgründe:

 

Die zulässige Berufung ist nicht begründet

 

Das Sozialgericht hat zu Recht die zulässige kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage, mit der der Kläger Leistungen in Form des Verletztengeldes und der Verletztenrente anlässlich des anerkannten Arbeitsunfalls vom 10.11.2021 begehrt, abgewiesen.

 

Der Kläger ist durch den Bescheid vom 25.08.2022 in der Gestalt des Bescheides vom 06.09.2021 sowie in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.12.2022 nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG, denn diese Bescheide sind rechtmäßig. Dem Kläger steht weder ein Anspruch auf Gewährung von Verletztengeld noch auf Verletztenrente zu.

 

Nach § 45 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII wird Verletztengeld u.a. erbracht, wenn ein Versicherter infolge eines Versicherungsfalls arbeitsunfähig ist. Es wird in diesem Fall von dem Tag an gezahlt, ab dem die Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird (§ 46 Abs. 1 1. Halbsatz SGB VII). Aufgrund der in § 52 SGB VII geregelten Anrechnung von Einkommen auf das Verletztengeld kommt im Falle der Lohnfortzahlung ein Anspruch auf Zahlung von Verletztengeld jedoch erst nach Beendigung der Lohnfortzahlung in Betracht.

 

Der Begriff der Arbeitsunfähigkeit in § 45 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII entspricht dem Begriff in der gesetzlichen Krankenversicherung. Danach liegt Arbeitsunfähigkeit vor, wenn ein Versicherter nicht in der Lage ist, seiner zuletzt ausgeübten oder einer gleich- oder ähnlich gearteten Tätigkeit nachzugehen (vgl. Urteil des Senats v. 06.09.2022 - L 15 U 316/17 -, juris Rn. 187).

 

Arbeitsunfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls ist nur dann gegeben, wenn Gesundheitsstörungen, die wesentlich kausal auf den Versicherungsfall zurückzuführen sind, dazu führen, dass Arbeitsunfähigkeit besteht (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 23.04.2015 - L 10 U 495/14 -, juris Rn. 35). Die die Arbeitsunfähigkeit begründenden Gesundheitsstörungen müssen dabei vollbeweislich gesichert sein. Demgegenüber genügt für den Nachweis der wesentlichen Ursachenzusammenhänge zwischen dem Versicherungsfall und der eingetretenen Gesundheitsstörung bzw. der eingetretenen Arbeitsunfähigkeit die hinreichende Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings die Möglichkeit (vgl. BSG, Urt. v. 02.04.2009 - B 2 U 30/07 R -, juris Rn. 16 m.w.N.).

 

Für die erforderliche Beurteilung des Ursachenzusammenhangs zwischen dem Versicherungsfall und der die Arbeitsunfähigkeit begründenden Gesundheitsstörung gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung (vgl. u.a. BSG, Urt. v. 17.02.2009 - B 2 U 18/07 R -, juris Rn. 12 m.w.N.).

 

Diese Kausalitätsprüfung erfordert zunächst die Ermittlung der objektiven - naturwissen-schaftlichen - Verursachung, bei der es darauf ankommt, ob die versicherte Verrichtung für das Unfallereignis und dadurch für den Gesundheitserstschaden eine Ursache war (BSG, Urt. v. 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R -, juris Rn. 33 ff.). Ursachen in diesem Sinne sind nur solche Bedingungen, die erfahrungsgemäß die infrage stehende Wirkung ihrer Art nach notwendig oder hinreichend herbeiführen. Insoweit ist Ausgangspunkt die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie, nach der schon jeder beliebige Umstand als notwendige Bedingung eines Erfolges gilt, der nicht hinweg gedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio-sine-qua-non). Ob die versicherte Verrichtung eine Ursache in diesem Sinne war, ist eine rein tatsächliche Frage. Sie muss aus der nachträglichen Sicht (ex post) nach dem jeweils neuesten anerkannten Stand des Fach- und Erfahrungswissens über Kausalbeziehungen beantwortet werden (grundlegend BSG, Urt. v. 24.07.2012 - B 2 U 9/11 R -, juris Rn. 55 ff.; BSG, Urt. v. 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R -, juris Rn. 33 ff.). Dies schließt die Prüfung mit ein, ob ein Ereignis nach medizinisch-wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet ist, eine bestimmte körperliche oder seelische Störung hervorzurufen und welche Vorerkrankungen/Schadensanlagen ggfls. bestanden haben, die nach den genannten wissenschaftlichen Kriterien ebenfalls geeignet sind, die geltend gemachte Gesundheitsstörung zu bewirken (BSG, Urt. v. 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R -, juris Rn. 17). Die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit eines naturwissenschaftlich-philosophischen Ursachenzusammenhangs zwischen Gesundheitsschaden und einem Unfall ist gegeben, wenn nach der geltenden ärztlich-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen Zusammenhang spricht und ernstliche Zweifel hinsichtlich einer anderen Verursachung ausscheiden (vgl. BSG, Urt. v. 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R -, juris Rn. 20).

 

Steht fest, dass neben der versicherten auch eine konkurrierende, nicht versicherte Ursache das Unfallereignis objektiv kausal (mit-)bewirkt hat, ist auf der 2. Stufe juristisch zu entscheiden, welche der Ursachen rechtserheblich nach der Theorie der wesentlichen Bedingung gewesen sind. Selbst wenn eine versicherte Verrichtung als Ursache für einen Gesundheitsschaden feststeht, muss auf der 2. Stufe die Einwirkung rechtlich unter Würdigung auch aller auf der 1. Stufe festgestellten weiteren mitwirkenden nicht versicherten Ursachen die Realisierung einer in den Schutzbereich des jeweils erfüllten Versicherungstatbestandes fallenden Gefahr sein. Bei dieser reinen Rechtsfrage nach der „Wesentlichkeit“ der versicherten Verrichtung für den Erfolg der Einwirkung muss entschieden werden, ob sich durch die Verrichtung ein Risiko verwirklicht hat, gegen das der jeweils erfüllte Versicherungstatbestand gerade Schutz gewähren soll (vgl. zum Ganzen BSG, Urt. v. 06.05.2021 - B 2 U 15/19 R -, juris Rn. 21 m.w.N.).

 

Demnach kann der Kläger von der Beklagten kein Verletztengeld beanspruchen, da jedenfalls nach dem 08.12.2021 keine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit mehr gegeben war. Folglich bestand im gesamten Zeitraum der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit vom 10.11.2021 bis längstens 08.12.2021 ein Lohnfortzahlungsanspruch, der eine Verletztengeldzahlung ausschließt.

 

Ausgehend von den seit dem 15.11.2021 von den behandelnden Ärzten ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen kann zwar zugunsten des Klägers unterstellt werden, dass er seit dem Ereignis vom 10.11.2021 nicht mehr in der Lage war, seiner zuletzt ausgeübten oder einer gleich oder ähnlich gearteten Tätigkeit nachzugehen, jedoch ist diese Arbeitsunfähigkeit jedenfalls ab 09.12.2021 nicht mehr auf einen Gesundheitsschaden zurückzuführen, der wesentlich kausal durch das Ereignis vom 10.11.2021 verursacht wurde. Wie C. für den Senat schlüssig ausführt, kam es durch das Ereignis vom 10.11.2021 allenfalls zu einer Prellung des linken Kniegelenkes. Die in der Kernspintomographie vom 23.11.2021 zur Darstellung gekommenen Schäden im linken Kniegelenk, die Gonarthrose, die Retropatellararthrose und die degenerative Veränderung des Innenmeniskus sowie das Vorhandensein einer Baker-Zyste belegen einen rein anlagebedingten, fortgeschrittenen Verschleiß des Kniegelenkes, der für die über den 08.12.2021 hinaus fortbestehenden Kniegelenkbeschwerden des Klägers verantwortlich ist. Hinweise auf traumatische Verletzungen gibt es nicht. Nach Einschätzung des Sachverständigen ist bei einer Knieprellung längstens eine Arbeitsunfähigkeit von 8 bis 10 Tagen anzunehmen, so dass die auf das Ereignis vom 10.11.2021 zurückzuführende Knieverletzung jedenfalls – wie von der Beklagten angenommen – nach dem 08.12.2021 keine Arbeitsunfähigkeit mehr begründet hat.

 

Ein Verletztengeldanspruch lässt sich auch nicht mit den beim Kläger in der rechten Schulter diagnostizierten Gesundheitsschäden begründen. Da der Kläger nach der vorliegenden ärztlichen Dokumentation erstmals ca. 5 Monate nach dem Unfallereignis über Schulterbeschwerden klagte und er auch erstmals in diesem Zusammenhang einen Sturz auf die rechte Schulter angab, bestehen bereits erhebliche Zweifel an dem Vortrag des Klägers, er sei am 10.11.2021 auf die rechte Schulter gefallen, zumal er bei Meldung des Unfalls ursprünglich nur angegeben hatte, auf das linke Knie gefallen zu sein. Bereits aus diesem Grunde ist ein irgendwie gearteter unfallbedingter Primärschaden der rechten Schulter nicht vollbeweislich gesichert. Im Übrigen haben sich sowohl in den bildgebenden Untersuchungen als auch der Arthroskopie am 05.05.2022 nur verschleißbedingte Schäden der rechten Schulter gezeigt und keine Verletzungsfolgen eines Sturzes. Die auf die Schulterbeschwerden zurückzuführende Arbeitsunfähigkeit bestand demnach unfallunabhängig.

 

Ein Verletztengeldanspruch besteht darüber hinaus auch nicht für die zwei Tage der stationären Behandlung am 05. und 06.05.2022, währenddessen die erste diagnostische Arthroskopie der rechten Schulter durchgeführt wurde, und eine gegebenenfalls sich daran anschließende postoperative Arbeitsunfähigkeit. Zwar wurde diese Arthroskopie dem entsprechenden Entlassungsbericht nach als bg-liche Maßnahme zur Prüfung etwaiger Unfallfolgen durchgeführt, doch führt dies vorliegend nicht über § 11 SGB VII zu einem Verletztengeldanspruch, da auch bei Nichtdurchführung der Arthroskopie durchgängig Arbeitsunfähigkeit aufgrund der unfallunabhängigen Schulterbeschwerden bestanden hätte. Wenn während einer unfallunabhängigen Arbeitsunfähigkeit ein unfallbedingter Zustand eintritt, der für sich ebenfalls Arbeitsunfähigkeit bedingen würde, besteht ein Anspruch auf Verletztengeld erst nach Beendigung der unfallfremden Arbeitsunfähigkeit (vgl. Beschluss des Senats v. 22.03.2018 - L 15 U 769/17 B -, juris Rn. 3; BSG, Urt. v. 26.05.1977 - 2 RU 80/76 -, BSGE 44, 22-25, SozR 2200 § 1504 Nr. 4). Demnach führt die durch die erste Arthroskopie im Mai 2022 begründete Arbeitsunfähigkeit nicht zu einem Verletztengeldanspruch, da diese zu der bereits bestehenden, unfallunabhängigen Arbeitsunfähigkeit hinzugetreten ist.

 

Dem Kläger steht weiterhin kein Anspruch auf Verletztenrente zu. Als Verletztenrente ist dem Versicherten nach § 56 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 2, 2. Halbsatz SGB VII der Teil der Vollrente zu gewähren, der dem Grad der durch den Unfall verursachten Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) entspricht, solange die Erwerbsfähigkeit des Verletzten in Folge des Arbeitsunfalls um wenigstens 20 v.H. über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus gemindert ist. Ein Anspruch auf Verletztenrente setzt somit u.a. voraus, dass unfallbedingte Gesundheitsstörungen über die 26. Woche nach dem Arbeitsunfall hinaus bestehen. Wie bereits hinsichtlich eines Verletztengeldanspruches dargelegt, lassen sich bei dem Kläger über den 08.12.2021 hinaus jedoch keine unfallbedingten Gesundheitsstörungen feststellen, so dass ein Anspruch auf Verletztenrente bereits aus diesem Grunde ausscheidet.   Es ergeben sich auch keine Hinweise auf mittelbare Unfallfolgen gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII aufgrund der Arthroskopie vom 05.05.2022, die gegebenenfalls mit einer Verletztenrente zu entschädigen wären. Laut den Befundberichten wird eine postoperative Bewegungseinschränkung erst in Folge der zweiten Arthroskopie vom 25.08.2022 beschrieben. Diese wurde jedoch offensichtlich aufgrund unfallunabhängiger Gesundheitsstörungen zu Lasten der Krankenkasse und nicht als bg-liche Maßnahme durchgeführt, so dass es sich bei der Arthroskopie vom 25.08.2022 weder objektiv noch aus Sicht des Klägers um eine unfallbedingte Heilbehandlungsmaßnahme gehandelt hat. Demnach fehlt es am erforderlichen Ursachenzusammenhang zwischen der postoperativen Bewegungseinschränkung und einer unfallbedingten Heilbehandlungsmaßnahme. Diese ist vielmehr Folge einer unfallunabhängigen Behandlung. 

 

Die Kostenentscheidung folgt aus §§193, 183 SGG.

 

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), liegen nicht vor.

 

 

Rechtskraft
Aus
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