1. Wenn ein Patient mit Aszites bei bekannter Leberzirrhose stationär aufgenommen wird und nur der Aszites durch eine Punktion behandelt wird, ist der Aszites die Hauptdiagnose, so dass die DRG Z01B zugrunde zu legen ist.
2. Die Leberzirrhose wurde im vorliegenden Fall als unumkehrbare und damit auch unheilbare Erkrankung nicht behandelt.
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird mit 1.446,90 € festgesetzt.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Vergütung einer Krankenhausbehandlung und insbesondere die zutreffende Kodierung der Hauptdiagnose streitig.
Das Krankenhaus der Klägerin behandelte die bei der beklagten Krankenkasse Versicherte in dem Zeitraum vom 12. bis 14. Februar 2013 stationär. Die Diagnose lautete Leberzirrhose ethyltoxischer Genese (aktuell Child Pugh B, d.h. mäßige Leberfunktion). Es sei eine Aszitesdrainage von insgesamt 21 Litern erfolgt. Eine spontan bakterielle Peritonitis habe ausgeschlossen werden können. Es erfolgte eine Substitution mit Humanalbumin. Die Aufnahme sei wegen progredienter Bauchumfangzunahme bei bekannter Leberzirrhose erfolgt. Die letzte Aszitesdrainage war nach den Unterlagen am 22. Januar 2013 erfolgt.
Mit Rechnung vom 26. Februar 2013 (Rechnungs-Nr. 1176598) machte die Klägerin einen Betrag in Höhe von 3.921,63 € geltend. Dabei legte sie die Hauptdiagnose K70.3 (alkoholische Leberzirrhose), als Nebendiagnose R18 (Aszites inkl. Flüssigkeitsansammlung in der Bauchhöhle) und damit die DRG H12A (verschiedene Eingriffe am hepatobiliären System mit äußerst schweren CC oder komplexem Eingriff) zu Grunde.
Am 14. März 2013 teilte die Beklagte der Klägerin mit, man habe den in Rechnung gestellten Betrag unter Vorbehalt zur Zahlung angewiesen. Es beständen Zweifel, ob die angegebene Hauptdiagnose der DRG-Abrechnung zugrunde gelegt werden könne. Diesbezüglich habe man eine Stellungnahme des Sozialmedizinischen Dienstes (SMD) angefordert.
Dieser legte im Weiteren dar, als Hauptdiagnose sei der Aszites (R18) aufzuführen, woraus sich die DRG Z01B ergebe (OR-Prozeduren bei anderen Zuständen, die zur Inanspruchnahme des Gesundheitswesens führen, ohne komplexen Eingriff, ohne komplizierende Konstellation). Eine besondere Diagnostik sei nicht festzustellen.
Unter dem 4. Juni 2014 teilte die Beklagte der Klägerin mit, aufgrund der Stellungnahme des SMD errechne sich ein Zahlbetrag in Höhe von 2.474,73 €. Man werde den überzahlten Betrag von einer der nächsten Rechnungen einbehalten.
Dem widersprach die Klägerin und führte aus, aufgrund der Fortführung der spezifischen medikamentösen Therapie der Grunderkrankung im stationären Aufenthalt sei als Hauptdiagnose K70.3 mit der Nebendiagnose R18 und die daraus resultierende DRG zugrunde zu legen. Der SMD wies in seiner erneuten Stellungnahme am 19. Januar 2015 darauf hin, dass die Aufnahme ganz konkret zur Aszitespunktion und nicht zur Weiterführung der häuslichen Medikation bei bekannter Leberzirrhose ohne Aszites erfolgt sei. Die Weiterführung der medikamentösen Therapie hätte keinen stationären Krankenhausaufenthalt erfordert. In einer Sammelrechnung vom 11. Juni 2014 rechnete die Beklagte daraufhin einen Betrag von 1.446,90 € mit anderen Forderungen der Klägerin auf.
Am 27. August 2015 hat die Klägerin Klage erhoben und darauf hingewiesen, die Feststellung der Hauptdiagnose richte sich nach D002f der allgemeinen deutschen Kodierrichtlinien. Hier sei nicht nur das Symptom der Erkrankung (der Aszites) behandelt worden, sondern durch die Medikamentengabe auch die Leberzirrhose. Am 27. September 2016 hat der SMD seine bisherige Ansicht bekräftigt.
Mit Urteil vom 25. Oktober 2017 hat das Sozialgericht Halle die Klage abgewiesen und ergänzend zu der Argumentation der Beklagten auf das Beispiel 4 in den Kodierrichtlinien hingewiesen. Die Argumentation der Klägerseite, dass es sich bei der Fortführung der Medikation um eine therapeutische Maßnahme gehandelt habe, sei zwar zutreffend. Dies sei jedoch nur relevant für die Definition der Nebendiagnose DKR D003. Vorliegend gehe es aber um die Frage der Hauptdiagnose. Der Anwendungsbereich der Kodierung des Symptoms als Hauptdiagnose sei unabhängig davon, ob die nicht die Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit verursachende Medikation der Grunderkrankung weitergeführt worden sei. Die Regelung der DKR diene klar dazu, die an sich schwere Grunderkrankung, die nicht mit den Mitteln des Krankenhauses behandelt werden müsse, dann als nicht maßgeblich zu betrachten, wenn sie nicht behandelt werde, sondern ausschließlich das Symptom. Die marginale Änderung der Medikation mit dem Medikament Torem könne keine andere Betrachtung rechtfertigen, da im Entlassungsbericht die Änderung nicht einmal begründet worden sei, sondern nur in der Medikamentenliste mit „erhöht“ benannt werde. Die Gabe von Humanalbumin im Rahmen des Ablassens des Aszites sei keine Behandlung der Grunderkrankung, sondern standardmäßiges Vorgehen bei dem Ablassen von Aszites gestaffelt nach der Menge.
Gegen die ihr am 23. November 2017 zugestellte Entscheidung hat die Klägerin am 18. Dezember 2017 Berufung eingelegt und nochmals betont, auch die Grunderkrankung sei behandelt worden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 25. Oktober 2017 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an sie für die stationäre Behandlung der Versicherten Frau M. B. (Aufnahme-Nr. 1XXXXXX) im Zeitraum vom 12. bis
14. Februar 2013 einen Betrag i. H. v. 1.446,90 € nebst Zinsen hieraus i. H. v. 4% pro Jahr seit dem 12. Juni 2014 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Mit Schreiben vom 13. Oktober 2020 hat der Berichterstatter darauf hingewiesen, dass fraglich sei, mit welchen Medikamenten hier die Leberzirrhose medikamentös behandelt worden sei und nicht nur ein Symptom wie der Aszites. Mit Schreiben vom 12. November 2020 hat die Klägerin ausgeführt, die Leberzirrhose sei eine unumkehrbare und damit auch unheilbare Erkrankung. Ein zerstörtes Lebergewebe könne nicht wiederhergestellt werden. Die Behandlung müsse sich daher auf die Verlangsamung des Zerstörungsprozesses sowie dessen Folgen, der Beseitigung bzw. Abschwächung von Ursachen und Symptombehandlung konzentrieren. Der Bluthochdruck sei beispielsweise ein Symptom der Leberzirrhose, so dass mit der Behandlung des Bluthochdrucks ein weiteres Symptom der Leberzirrhose behandelt worden sei. Zusammenfassend hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass eine hepatische Enzephalopathie, der Bluthochdruck, eine Flüssigkeitseinlagerung, ein komplizierter Diabetes, der Albuminmangel sowie ein Aszites medikamentös behandelt worden sei.
In einer Stellungnahme vom 10. März 2021 hat der SMD der Beklagten (Dr. M.) ausgeführt, in den Kodierrichtlinien sei im Beispiel 4 genau der vorliegende Fall dargestellt. Die Fortführung der häuslichen Medikation sei dazu geeignet, im Sinne der DKR D003 bei den Nebendiagnosen berücksichtigt zu werden. Das begründe aber nicht die Notwendigkeit einer stationären Aufnahme. Diese sei hier lediglich durch das Symptom des Aszites erforderlich geworden.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten der Beklagten ergänzend verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte, form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 Abs. 1 SGG) und auch ansonsten zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Über sie konnte der Senat ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten ihr Einverständnis mit einem derartigen Verfahren erklärt haben (§§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG).
Der Klägerin steht der mit der Klage weiter verfolgte Vergütungsanspruch aus unstrittigen Behandlungsfällen nicht zu. Die sich daraus ergebenden Forderungen sind durch Aufrechnung mit einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch erloschen. Die Klägerin durfte die zu Gunsten der Versicherten erbrachten Leistungen nicht im Umfang des noch klagebefangenen (Teil-)Betrages abrechnen.
1. Dass die Grundvoraussetzungen eines Anspruchs auf Krankenhausvergütung für die stationäre Behandlung der Versicherten erfüllt sind, ist zwischen den Beteiligten zu Recht nicht streitig (dazu a). Die Kodierung der Hauptdiagnose für die Behandlung war jedoch unzutreffend (dazu b).
a) Die Klägerin erfüllte die Grundvoraussetzungen eines Anspruchs auf Krankenhausvergütung, indem sie die Versicherte stationär vom 12. bis 14. Februar 2013 behandelte. Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung - wie hier - in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und im Sinne von § 39 Abs. 1 S. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) erforderlich ist. Diese Voraussetzungen sind erfüllt, wie sich aus den Gutachten des SMD ergibt. Dies ist auch zwischen den Beteiligten nicht umstritten.
b) Die von der Klägerin geltend gemachte Krankenhausvergütung bemisst sich nach vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage (dazu aa). Die von der Klägerin kodierte Hauptdiagnose DRG H12A (verschiedene Eingriffe am hepatobiliären System mit äußerst schweren CC oder komplexem Eingriff) traf aber nicht zu (dazu bb).
aa) Die Fallpauschalenvergütung für die Krankenhausbehandlung Versicherter in zugelassenen Einrichtungen ergibt sich gesetzlich aus § 109 Abs. 4 S. 3 SGB V (i.d.F. durch Art. 1 Nr. 3 Gesetz zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser [Fallpauschalengesetz - FPG]) und § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG). Der Anspruch wird auf Bundesebene durch Normsetzungsverträge (Normenverträge) konkretisiert. Nach § 1 Abs. 1 KHEntgG werden die vollstationären und teilstationären Leistungen der Krankenhäuser nach diesem Gesetz und dem KHG vergütet.
§ 7 S. 1 Nr. 1 KHEntgG bestimmt: „Die allgemeinen Krankenhausleistungen werden gegenüber den Patienten oder ihren Kostenträgern mit folgenden Entgelten abgerechnet: 1. Fallpauschalen nach dem auf Bundesebene vereinbarten Entgeltkatalog (§ 9).“ (KHEntgG in der Fassung vom 22.12.2010 durch Gesetz vom 17.3.2009 I 534 m.W.v. 25.3.2009) Mit diesen Entgelten werden alle für die Versorgung des Patienten erforderlichen allgemeinen Krankenhausleistungen vergütet (§ 7 S. 2 KHEntgG). Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und der Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam vereinbaren nach § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 KHEntgG mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft als „Vertragsparteien auf Bundesebene“ mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 KHEntgG einen Fallpauschalen-Katalog einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelten oder vorzunehmenden Abschläge. Ferner vereinbaren sie insoweit Abrechnungsbestimmungen nach § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 KHEntgG.
Vereinbarungen auf Landesebene zwischen den in § 18 Abs. 1 S. 2 KHG genannten Vertragsparteien mit Wirkung für die („lokalen“) Vertragsparteien nach § 18 Abs. 2 KHG (§ 10 KHEntgG), Vereinbarungen zwischen den Krankenhausträgern und den Sozialleistungsträgern für das einzelne Krankenhaus (§§ 3 bis 6 KHEntgG, § 11 KHEntgG) und vertragliche Regelungen nach § 112 SGB V können den Vergütungsanspruch ebenfalls konkretisieren.
Die vertraglichen Fallpauschalen ergeben sich daraus, dass die nach den aufgezeigten gesetzlichen Regelungen hierzu berufenen Vertragspartner eine Fallpauschalenvereinbarung (FPV) mit einem Fallpauschalen-Katalog als Teil derselben und Allgemeine und Spezielle Kodierrichtlinien für die Verschlüsselung von Krankheiten und Prozeduren (Deutsche Kodierrichtlinien [DKR]) vereinbart haben. DKR und FPV bilden den konkreten vertragsrechtlichen Rahmen, aus dem die für eine Behandlung maßgebliche DRG-Position folgt (vgl. näher dazu BSG, 8. 11.2011, B 1 KR 8/11 R, juris Rn. 17). Im vorliegenden Fall sind maßgebend - jeweils normativ wirkend (vgl. dazu BSG a.a.O. Rn. 18) - die Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2013 (FPV 2013) einschließlich der Anlagen 1 bis 6 und die von den Vertragspartnern auf Bundesebene getroffene Vereinbarung zu den DKR für das Jahr 2013.
Welche DRG-Position abzurechnen ist, ergibt sich rechtsverbindlich aus der Eingabe und Verarbeitung von Daten in einem automatischen Datenverarbeitungssystem, das auf einem zertifizierten Programm basiert (vgl § 1 Abs. 6 S. 1 FPV 2013). Zugelassen sind nur solche Programme, die von der InEK GmbH - Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus -, einer gemeinsamen Einrichtung der in § 17b Abs. 2 S. 1 KHG und § 9 Abs. 1 S. 1 Nr.1 KHEntgG genannten Vertragspartner auf Bundesebene, zertifiziert worden sind. Das den Algorithmus enthaltende und ausführende Programm greift dabei auch auf Dateien zurück, die entweder als integrale Bestandteile des Programms mit vereinbart sind (z.B. die Zuordnung von ICD-10-Diagnosen und Prozeduren zu bestimmten Untergruppen im zu durchlaufenden Entscheidungsbaum) oder an anderer Stelle vereinbarte Regelungen wiedergeben. Zu letzteren gehören die Fallpauschalen selbst, aber auch die Internationale Klassifikation der Krankheiten (ICD-10) in der jeweiligen vom Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) herausgegebenen deutschen Fassung ([ICD-10-GM] hier in der Version 2013), die Klassifikation des vom DIMDI im Auftrag des BMG herausgegebenen Operationen- und Prozedurenschlüssels (OPS; hier in der Version 2013) sowie die von den Vertragspartnern auf Bundesebene getroffene Vereinbarung zu den DKR für das Jahr 2013.
Die Anwendung der normenvertraglichen Abrechnungsbestimmungen ist nicht automatisiert und unterliegt als Mitsteuerung der prozesshaften Tatbestandsbildung im Zusammenspiel mit den Vorgaben zertifizierter Grouper ihrerseits grundsätzlich den allgemeinen Auslegungsmethoden der Rechtswissenschaft. Die Abrechnungsbestimmungen sind gleichwohl wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstatbestandes innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen. Eine Vergütungsregelung, die für die routinemäßige Abwicklung von zahlreichen Behandlungsfällen vorgesehen ist, kann ihren Zweck nur erfüllen, wenn sie allgemein streng nach ihrem Wortlaut sowie den dazu vereinbarten Anwendungsregeln gehandhabt wird und keinen Spielraum für weitere Bewertungen sowie Abwägungen belässt. Demgemäß sind Vergütungsregelungen stets eng nach ihrem Wortlaut und allenfalls ergänzend nach ihrem systematischen Zusammenhang auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht (vgl. (BSG, 20.3.2018, B 1 KR 25/17 R, SozR 4-5562 § 9 Nr.11).
bb) Grundsätzlich ist - vorbehaltlich spezieller abweichender Regelungen - die „Krankheit“ zu kodieren und nicht ein durch sie ausgelöstes Symptom (BSG, 20.3.2018, B 1 KR 25/17 R, juris Rn. 16). Die Krankheit meint insbesondere eine die Symptomatik erklärende definitive Krankheitsdiagnose. Eine erklärende definitive Diagnose schließt den Anwendungsbereich des Kapitels XVIII ICD-10-GM und damit auch die Kodierung des Symptoms (hier: Aszites) aus. Ob eine Diagnose eine die Symptomatik erklärende definitive Diagnose ist, bestimmt sich nicht nach einem außerhalb der Abrechnungsbestimmungen liegenden Maßstab i.S. eines besonders qualifizierten medizinisch-wissenschaftlichen Verständnisses des Krankheitsgeschehens. Insbesondere geht es auch nicht um die Feststellung einer „Letztursache“. Maßstab sind allein die Abrechnungsbestimmungen selbst. Ist eine zutreffend gestellte Diagnose einer Diagnose im ICD-10-GM zuzuordnen, die dort als erklärende definitive Diagnose eingeordnet ist, schließt sie ungeachtet ihrer Erklärungstiefe die Kodierung einer Symptomdiagnose aus. Dies folgt aus Wortlaut und Regelungssystem von DKR D002f und Kapitel XVIII ICD-10-GM (vgl. dazu BSG a.a.O. Rn. 16).
Nach DKR D002f ist Hauptdiagnose die „Diagnose, die nach Analyse als diejenige festgestellt wurde, die hauptsächlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes des Patienten verantwortlich ist“. In den Erläuterungen hierzu heißt es weiter: „Der Begriff „nach Analyse“ bezeichnet die Evaluation der Befunde am Ende des stationären Aufenthaltes, um diejenige Krankheit festzustellen, die hauptsächlich verantwortlich für die Veranlassung des stationären Krankenhausaufenthaltes war. (…) Wenn sich ein Patient mit einem Symptom vorstellt und die zugrunde liegende Krankheit zum Zeitpunkt der Aufnahme bekannt ist und behandelt wird bzw. während des Krankenhausaufenthaltes diagnostiziert wird, so ist die zugrunde liegende Krankheit als Hauptdiagnose zu kodieren. (…) Wenn sich ein Patient mit einem Symptom vorstellt und die zugrunde liegende Krankheit zum Zeitpunkt der Aufnahme bekannt ist, jedoch nur das Symptom behandelt wird, ist das Symptom als Hauptdiagnose und die zugrunde liegende Krankheit als Nebendiagnose zu kodieren.“ (vgl. BSG, 20.3.2018, B 1 KR 25/17 R, SozR 4-5562 § 9 Nr.11). Letzteres war hier der Fall.
Die Leberzirrhose war bekannt. Der Aszites war ein Symptom; nur sie hat zu der stationären Aufnahme geführt. Die Leberzirrhose wurde nicht behandelt. Letztlich hat auch die Klägerin mit Schreiben vom 12. November 2020 eingeräumt, dass die Leberzirrhose als unumkehrbare und damit auch unheilbare Erkrankung nicht behandelt worden ist. Medikamentös behandelt wurden auch nach ihrer Darstellung die hepatische Enzephalopathie, der Bluthochdruck, die Flüssigkeitseinlagerung, der Diabetes, ein Albuminmangel sowie ein Aszites. Damit nennt sie selbst nicht (mehr) die Leberzirrhose als behandelte Erkrankung. Ein stationärer Krankenhausaufenthalt war für die von ihr genannten Erkrankungen - abgesehen von dem Aszites - nicht erforderlich.
Hier gilt das Beispiel 4 der Kodierrichtlinien 2013 (D002f Hauptdiagnose), wie der SMD zutreffend ausführt:
„Beispiel 4
Ein Patient wird mit Aszites bei bekannter Leberzirrhose stationär aufgenommen. Es wird nur der Aszites durch eine Punktion behandelt.
Hauptdiagnose:
Aszites
Nebendiagnose(n):
Leberzirrhose“
Dies ist objektiv im vorliegenden Fall nachvollziehbar. Denn die in den Behandlungsunterlagen genannten Medikamente werden nicht gegen die (nicht behandelbare) Leberzirrhose eingesetzt.
Bifiteral® ist ein Abführmittel, welches auf dem Wirkstoff Lactulose basiert. (100 ml Bifiteral® enthalten ca. 67g Lactulose). Es wird bei Verstopfung (Obstipation) verwendet, wenn diese nicht mehr auf natürlichem Wege zu beheben ist.
Beloc-Zok ist ein Arzneimittel, das die Betarezeptoren des Herzens blockiert und dadurch das Herz gegen Übererregbarkeit schützt.
Amlodipin ist ein blutdrucksenkender Arzneistoff aus der Gruppe der Calciumkanalblocker (Calciumantagonisten) des Nifedipin-Typs. Es wird als Basistherapeutikum bei einem essentiellen Bluthochdruck (arterielle Hypertonie) eingesetzt.
Aldactone enthält den Wirkstoff Spironolacton. Dieser ist zugelassen für die Behandlung von Wassereinlagerungen (Ödemen) und zu hohe Aldosteron-Blutspiegel, die sich klinisch durch Bluthochdruck und niedrige Kaliumwerte im Blut äußern können:
Torem fördert die Ausscheidung von Natrium-, Kalium- und Chlorid-Ionen aus dem Körper. Gleichzeitig schwemmt es verstärkt Wasser aus. Dadurch senkt es den Blutdruck und beseitigt Ödeme (Wassereinlagerungen).
Actrapid® ist ein Humaninsulin zur Behandlung von Diabetes.
Protaphane hilft, Komplikationen des Diabetes zu verhindern.
Hierauf hat der Berichterstatter die Klägerin auch hingewiesen, ohne dass diese widersprochen hätte.
Allein die Fortführung der bisherigen Medikation genügt nicht zur Begründung der Hauptdiagnose. Dafür ist eine stationäre Behandlung nicht notwendig.
cc) Nach der Groupierungslogik steuert die Diagnose R18 die DRG Z01B an. Hieraus und den weiteren - zwischen den Beteiligten im Übrigen nicht streitigen - Vergütungsbestandteilen ergibt sich der von der Beklagten gezahlte Betrag.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
Die endgültige Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 3 Satz 1, § 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG). Dabei war der Verzinsungsantrag nicht streitwerterhöhend zu berücksichtigen, da es sich insofern um eine Nebenforderung im Sinne von § 43 Abs. 1 GKG handelt.