L 3 R 153/23

Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 6 R 283/22
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
L 3 R 153/23
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Soweit nach der Übergangsregelung in § 244 Abs 5 Satz 3 SGB VI Zeiten des Bezugs von Arbeitslosenhilfe und Arbeitslosengeld II keine Grundrentenzeiten für einen Zuschlag an Entgeltpunkten iSv § 76g Abs 1 SGB VI sind, bestehen keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit dieser Ausklammerung von Zeiten der Arbeitslosigkeit.

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 3. Juli 2023 wird zurückgewiesen.

Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin macht als Sonderrechtsnachfolgerin ihres am 16. Mai 2022 verstorbenen Ehemannes eine höhere Rente wegen Erwerbsminderung nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI) und die Auszahlung der Nachzahlung ab Rentenbeginn geltend.

Die Klägerin ist Alleinerbin ihres Ehemannes J. W. (im Folgenden: der Versicherte) und wohnte zum Zeitpunkt seines Todes mit ihm in einem gemeinsamen Haushalt.

Der am ... 1964 geborene Versicherte durchlief von September 1979 bis Februar 1981 eine Berufsausbildung zum Maurer (18 Monate) und war im Anschluss daran bis April 1984 (38 Monate), von September 1986 bis Dezember 1989 (40 Monate), von März bis April 1991 (zwei Monate), von September 1991 bis September 1992 (13 Monate), von Dezember 1993 bis November 1994 (zwölf Monate), von Juli bis Dezember 1996 (sechs Monate), von September bis Dezember 1997 (vier Monate), von März 1998 bis Januar 2004 (71 Monate), von Juni bis November 2004 (sechs Monate), von April bis Dezember 2005 (neun Monate), im April 2006 (einen Monat), von Juni bis Dezember 2006 (sieben Monate), von Mai 2007 bis November 2008 (19 Monate), von Juni 2009 bis September 2012 (40 Monate), von November bis Dezember 2012 (zwei Monate), von März bis Dezember 2013 (zehn Monate) und von März 2014 bis August 2020 (78 Monate) versicherungspflichtig beschäftigt. Die anderen Monate seit Eintritt in das Erwerbsleben sind im Versicherungsverlauf nicht oder ausschließlich mit Zeiten der geringfügigen nicht versicherungspflichtigen Beschäftigung, des Bezuges von Leistungen der Bundesagentur für Arbeit oder von Arbeitslosengeld II belegt. Für den Monat Februar 2014 ist für den 10. bis zum 21. Februar 2014 im Versicherungsverlauf „Beitragszeit mit Pflichtbeiträgen für berufliche Ausbildung - Bezug von Leistungen der Bundesagentur für Arbeit“ festgestellt. Der Versicherte selbst hat auf Anfrage des beklagten Rentenversicherungsträgers für die vorgenannten Monate der versicherungspflichtigen Beschäftigung September 1992, September 1994 und Oktober 1994 mitgeteilt, nicht im Bezug von Arbeitslosengeld, Arbeitslosengeld II oder Arbeitslosenhilfe, sondern anderer Leistungen (ohne nähere Angaben) gestanden zu haben.

Im September 2020 wurde bei dem Versicherten die Erstdiagnose eines primär metastasierten multilokulären Gallengangkarzinoms gestellt und eine palliative Chemotherapie eingeleitet. Er beantragte am 30. August 2021 bei der Beklagten die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Mit Bescheid vom 31. Januar 2022 bewilligte die Beklagte dem Versicherten Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer mit Rentenbeginn am 1. August 2021 (Zahlbetrag ab dem 1. März 2022 859,94 €). Für die Zeit vom 1. August 2021 bis zum 28. Februar 2022 errechnete sie eine Nachzahlung von 6.026,30 €. Zur Berechnung der Rente ist in dem Bescheid ausgeführt, ein Zuschlag für langjährige Versicherung (so genannter Grundrentenzuschlag) habe sich bei der Berechnung der Rente nicht ergeben, weil nicht mindestens 33 Jahre Grundrentenzeiten (396 Monate), sondern nur insgesamt 376 Monate vorhanden seien. Zu den berücksichtigten Monaten, die sich mit den vorstehend im Tatbestand angegebenen Zeiten der Berufsausbildung und versicherungspflichtigen Beschäftigung vollständig decken, wird auf die Anlage „Grundrentenzeiten“ des Bescheides (u.a. Blatt 14 Rückseite bis 15 Rückseite der Gerichtsakte) Bezug genommen. Der Nachzahlungsbetrag wurde nachfolgend in Höhe von 4.582,21 € an die Krankenkasse des Versicherten für das dem Versicherten gezahlte Krankengeld erstattet und im Übrigen auf das vom Versicherten angegebene Konto überwiesen.

Am 15. Februar 2022 legte der Versicherte gegen „den erlassenen Rentenbescheid“ vom 31. Januar 2022 Widerspruch ein. Er sei „deutlich länger versichert“ gewesen, als dies in dem Rentenbescheid berücksichtigt worden sei, sodass er einen Anspruch auf einen Rentenzuschlag habe. Die Beklagte habe den Nachzahlungsbetrag für die Rente nicht an die Krankenkasse erstatten dürfen, sondern müsse auch den Betrag von 4.582,21 € an ihn, den Versicherten, zahlen.

Die Beklage wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19. Mai 2022 als unbegründet zurück. Ein Anspruch des Versicherten auf den Zuschlag für langjährige Versicherung (Grundrentenzuschlag) bestehe nicht. Dieser Zuschlag werde nach § 76g Abs. 1 SGB VI ermittelt, wenn mindestens 33 Jahre mit Grundrentenzeiten, d.h. anrechenbaren Zeiten im Sinne des § 51 Abs. 3a Satz 1 Nr. 1 bis 3 SGB VI, vorhanden seien. Bei dem Kläger lägen insgesamt 376 Monate mit Grundrentenzeiten vor, die in der Anlage „Grundrentenzeiten“ zu dem angefochtenen Bescheid aufgeführt seien. Ein Anspruch des Versicherten auf Auszahlung des vollen Nachzahlungsbetrages der Rente bestehe nicht. Die diesbezügliche Aufstellung stelle keinen Verwaltungsakt dar. Der Erstattungsanspruch der Krankenkasse bis zur Höhe der rückwirkend bewilligten Rente richte sich nach § 103 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X) in Verbindung mit § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bzw. Nr. 5 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Krankenversicherung - SGB V).

Die Klägerin hat mit ihrer am 20. Juni 2022 vor dem Sozialgericht Magdeburg erhobenen Klage - in der ersten Instanz als Erbin - die Aufhebung des Rentenbewilligungsbescheides in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Mai 2022 und die Verurteilung der Beklagten, „dem Erblasser ab Antragstellung Versichertenrente wegen voller Erwerbsminderung zu der vom Erblasser beantragten Höhe zu gewähren“, geltend gemacht. Der Versicherte sei ab dem 16. Dezember 1988, d.h. länger als 394 Monate, versichert gewesen und habe damit Anspruch auf den Zuschlag zur Rente. Im Übrigen habe er ein deutlich höheres „Einsatzeinkommen“, als in dem Rentenbescheid angesetzt, erzielt. Der Nachzahlungsbetrag für die Rente sei neu zu berechnen und dann vollständig an sie, die Klägerin, auszukehren. Die Beklagte sei keine Inkassostelle für die Krankenkasse. Dieser sei es zumutbar, etwaige Forderungen selbst zu verfolgen. Die Beklagte habe die längst fällige Zahlung zurückbehalten, um sich bei der Krankenkasse nach der Höhe der Erstattungsforderung zu erkundigen.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 3. Juli 2023 abgewiesen. Die Beklagte habe zutreffend 376 Monate mit Grundrentenzeiten, d.h. weniger als die erforderlichen 33 Jahre (= 396 Monate), ermittelt. Der Nachzahlungsbetrag für die Rente sei rechtmäßig von der Beklagten einbehalten worden, da gemäß § 103 SGB X Erstattungsansprüche Dritter vorab zu befriedigen seien.

Die Klägerin hat gegen den ihr am 6. Juli 2023 zugestellten Gerichtsbescheid am 4. August 2023 Berufung bei dem Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt eingelegt. Zur Begründung hat sie ihr Vorbringen aus der ersten Instanz wiederholt und vertieft. Das Sozialgericht habe nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht ohne mündliche Verhandlung entscheiden dürfen, da es an dem erforderlichen Einverständnis gefehlt habe. Es fehle an einer wirksamen Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides, da der Versicherte bereits am 16. Mai 2022 verstorben gewesen sei. Mit dem von ihm vorgetragenen deutlich höheren „Einsatzeinkommen“ habe sich das Sozialgericht nicht auseinandergesetzt. In Bezug auf die Erstattungsforderung der Krankenkasse habe sich die Beklagte bereits am 5. September 2021 in Zahlungsverzug befunden und habe sich nachfolgend bei der Krankenkasse nicht nach der Höhe der Erstattungsforderung erkundigen dürfen. Die monatelange Nichtzahlung der Rente trotz Fälligkeit sei rechtswidrig, die Erstattungsforderung der Krankenkasse nicht bekannt.

Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt:

Der Gerichtsbescheid S 6 R 283/22 wird abgeändert und der Beklagtenbescheid vom 31.01.2022 in Gestalt des Widerspruchsbescheides v. 19.5.2022 [Az. 08150564W006/08-2200888/7120] wird aufgehoben.

Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,

die Berufung vom 04.08.2023 als unbegründet zurückzuweisen.

Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend.

Im Rahmen des Berufungsverfahrens ist vom Senat aufgeklärt worden, dass die Klägerin den Rechtsstreit als Sonderrechtsnachfolgerin des Versicherten im Sinne des § 56 Abs. 1 Satz 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (Allgemeiner Teil - SGB I) führen kann.

Der Senat hat die Berufung mit Beschluss vom 3. Juli 2023 dem Berichterstatter übertragen.

Die Klägerin hat aus eigener Initiative mitgeteilt, mit einer Entscheidung des „kleinen Senats“ ohne mündliche Verhandlung einverstanden zu sein. Die Beklagte hat daraufhin mitgeteilt, ebenfalls mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden zu sein.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Berichterstatter hat nach Übertragung der Berufung mit den ehrenamtlichen Richterinnen entschieden können (§ 153 Abs. 5 SGG).

Es ist davon auszugehen, dass die anwaltlich vertretene Klägerin nicht, wie beantragt, die Änderung des Gerichtsbescheides und die Aufhebung des Rentenbewilligungsbescheides geltend macht, sondern die Aufhebung des Gerichtsbescheides, die Abänderung des Rentenbewilligungsbescheides und die Verurteilung der Beklagten zur Bewilligung einer höheren Rente wegen voller Erwerbsminderung ab Rentenbeginn unter Berücksichtigung eines Grundrentenzuschlags und weiterer Entgelte sowie die Auszahlung des Nachzahlungsbetrages in voller Höhe an die Sonderrechtsnachfolgerin des Versicherten erstrebt.

Die Berufung ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Soweit die Klägerin eine fehlende Bekanntgabe des Widerspruchsbescheides rügt, also im Ergebnis die Unzulässigkeit ihrer Klage geltend macht, bedarf es keiner vertieften Auseinandersetzung mit dieser nicht ihren Interessen entsprechenden Argumentation. Der Zugang des Widerspruchsbescheides bei Klägerin unter Adressierung des Bescheides mit dem Namen des unter derselben Adresse wohnenden Inhaltsadressaten durch die Beklagte, die bei Absendung des Widerspruchsbescheides keine Kenntnis vom Tod des Versicherten hatte, führt nicht zum Fehlen eines abgeschlossenen Widerspruchsverfahrens, da die Klägerin durch die testamentarische Einsetzung als Alleinerbin auch die Gesamtrechtsnachfolge des Versicherten angetreten hat (vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22. Januar 2014 - L 6 R 926/08 -, juris, RdNr. 34ff).

Die Klägerin kann ein fehlendes Einverständnis nach § 124 Abs. 2 SGG nicht rügen, da das Sozialgericht nicht durch Urteil, sondern durch Gerichtsbescheid entschieden hat, für den nach § 105 Abs. 1 Satz 2 SGG ein Einverständnis der Beteiligten nicht erforderlich ist, sondern die Gewährung rechtlichen Gehörs genügt.

Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 31. Januar 2022 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Mai 2022 ist rechtmäßig, soweit er bei Auslegung des Klagebegehrens angefochten worden ist (§§ 153 Abs. 1 i.V.m. 54 Abs. 2 Satz 1 SGG).

Der Versicherte hatte keinen Anspruch auf einen Zuschlag an Entgeltpunkten nach § 76g SGB VI.

Ein Zuschlag an Entgeltpunkten setzt nach § 76g Abs. 1 SGB VI voraus, dass mindestens 33 Jahre mit Grundrentenzeiten vorhanden sind. Dabei sind Grundrentenzeiten nach Absatz 2 Satz 1 1. Halbsatz, Satz 2 und 3 dieser Vorschrift Kalendermonate mit anrechenbaren Pflichtbeitragszeiten oder Anrechnungszeiten nach § 51 Abs. 3a Nr. 1 bis 3 SGB VI, d.h. Zeiten mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit, Berücksichtigungszeiten und Zeiten des Bezugs von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung mit Ausnahme von Arbeitslosengeld, Leistungen bei Krankheit und Übergangsgeld sowie Kalendermonate mit Ersatzzeiten. Durch die Verweisung auf § 55 Abs. 2 SGB VI zählen zu der Anzahl an Pflichtbeiträgen auch freiwillige Beiträge, die als Pflichtbeiträge gelten, oder Pflichtbeiträge, für die aus den in § 3 oder § 4 SGB VI genannten Gründen Beiträge gezahlt worden sind oder als gezahlt gelten, sowie Beiträge für Anrechnungszeiten, die ein Leistungsträger mitgetragen hat. Nach der Übergangsregelung in § 244 Abs. 5 Satz 3 SGB VI sind auch Zeiten des Bezugs von Arbeitslosenhilfe und Arbeitslosengeld II keine Grundrentenzeiten. Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Ausklammerung von Zeiten der Arbeitslosigkeit bestehen nicht (zur Verfassungsmäßigkeit des Erfordernisses von 33 Jahren an Grundrentenzeiten: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21. September 2023 - L 10 R 2463/22 -, juris, RdNr. 20f.).

In Bezug auf die vom Versicherten auf Anfrage der Beklagten angegebenen weiteren Monate für den Bezug anderer Entgeltersatzleistungen als Arbeitslosgengeld, Arbeitslosenhilfe und Arbeitslosengeld II kann dahinstehen, dass Angaben fehlen, welche Leistung bezogen wurde. Denn die vom Versicherten angegebenen drei Monate sind von der Beklagten bereits als Monate der versicherungspflichtigen Beschäftigung, d.h. als Grundrentenzeiten berücksichtigt worden. Insoweit gilt das Monatsprinzip. Es kommt nur darauf an, dass für einen Tag des betreffenden Kalendermonats die Voraussetzungen erfüllt sind.

Soweit nach der eigenen Prüfung des Senats für den Monat Februar 2014 nicht ganz sicher ist, ob der Versicherte auch während der Berufsausbildung vom 10. bis zum 21. Februar 2014 Arbeitslosengeld bezog, waren weitere Ermittlungen nicht geboten. Die im Rahmen der Arbeitsförderung erbrachten Leistungen sind ihrer Höhe nach bereits Gegenstand der Berechnung der Entgeltpunkte des Versicherten geworden, sodass sich auch unter Berücksichtigung des Monats Februar 2014 mit einer anderen Leistung der Arbeitsförderung als Arbeitslosengeld kein höherer Rentenanspruch des Versicherten ergeben kann. Für einen Grundrentenzuschlag wären auch mit 377 Monaten der maßgebenden Zeiten die Voraussetzungen nicht erfüllt. In anderen Kontext verneinte der Versicherte, nach seiner Lehre ab September 1979 weitere Qualifikationen erworben zu haben, und gab zu dem den Monat Februar 2014 einschließenden Zeitraum „Krankheit“ an. Die Anfrage der Beklagten bei dem Versicherten blieb insoweit erfolglos.

Weitere Entgelte, die Gegenstand einer höheren Rente sein könnten, sind von der dem Versicherten bzw. der Klägerin weder konkret mitgeteilt, noch glaubhaft gemacht worden. Der Begriff des „Einsatzeinkommens“ lässt sich insoweit nicht zuordnen.

Es kann dahinstehen, dass die Auffassung der Beklagten, bei der Abrechnung des Rentennachzahlungsbetrages handele es sich nicht um einen Bescheid, nicht der höchstrichterlichen Rechtsprechung entspricht (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 7. April 2022 - B 5 R 24/21 R -, juris, RdNr. 11). Denn die Beklagte hat sich im Widerspruchsbescheid vom 19. Mai 2022 eingehend mit der Begründetheit des Widerspruchs auch in Bezug auf die Erstattung auseinandergesetzt hat.

Der von der Klägerin gerügte „faktische Forderungseinzug“ entspricht der vom Gesetz vorgegebenen Erstattungspflicht der Beklagten. Das dem Versicherten gewährte Krankengeld (mit Ausnahme des Spitzbetrages) ist nach § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 SGB V nur vom Versicherten zurückzufordern, soweit die Forderung nicht nach § 107 Abs. 1 SGB X - wie im vorliegenden Fall - als erfüllt gilt. Im Fall der Erfüllungswirkung findet der Ausgleich im Wege der Erstattung zwischen den Leistungsträgern statt. Der Erstattungsanspruch wurde hier von der das Krankengeld leistenden Krankenkasse am 6. September 2021 angemeldet und konnte erst nach der Feststellung des Rentenanspruchs beziffert werden, da eine Anbindung des Erstattungsbetrages an die Rentenhöhe besteht. Die Auffassung der Klägerin, dass für eine Rente vor ihrer Bewilligung eine Erstattung an andere Sozialleistungsträger zu leisten sein kann, ist nicht nachvollziehbar. Unabhängig davon, dass der im Bescheid festgestellte Rentenbeginn insoweit nicht maßgebend ist, ist auch eine Verfahrensverzögerung und Vorenthaltung der Rente durch die Beklagte hier in Anbetracht der von der Beklagten durchgeführten Ermittlungen mit einer Gesamtdauer des Verwaltungsverfahrens von circa fünf Monaten nicht erkennbar. Die Beklagte hatte dem Versicherten insbesondere in Bezug auf den Grundrentenzuschlag Gelegenheit zur Mitteilung weiterer Angaben zu geben, die der Versicherte auch durch Rücksendung des Fragebogens genutzt hat. Soweit die Höhe des Erstattungsbetrages gerügt wird, liegt der Klägerin der Rentenbescheid, dem die Höhe der Rente für jeden Monat zu entnehmen ist, vor. Sie hat den Rentenbescheid mit der Klageschrift bei dem Sozialgericht eingereicht. Der Spitzbetrag des Krankengeldes ist nicht Gegenstand der Erstattung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.

Rechtskraft
Aus
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