L 2 SO 1634/22

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
2.
1. Instanz
SG Reutlingen (BWB)
Aktenzeichen
S 5 SO 792/21
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 SO 1634/22
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 10. Mai 2022 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.



Tatbestand

Die Klägerin begehrt als Rechtsnachfolgerin ihres 2022 verstorbenen Ehemannes P.E. anstelle der darlehensweise gewährten Leistungen der Hilfe zur Pflege diese (zumindest teilweise) als Zuschuss.

Am 16. Juli 2019 beantragte P.E. vertreten durch seinen Sohn E1, die Gewährung von Leistungen der Hilfe zur Pflege beim Beklagten. Im Rahmen der Vermögenserklärung wurde angegeben, auf dem Girokonto befänden sich 12.024,29 €. Darüber hinaus besitze P.E. einen PKW Audi A3 Baujahr 2003, dessen Wert er nicht kenne. In den letzten zehn Jahren seien keine Vermögenswerte veräußert, übertragen oder verschenkt worden.
Mit Schreiben vom 22. August 2019 (irrtümlich mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen) hörte der Beklagte P.E. zu einer möglichen Ablehnung seines Antrages wegen übersteigenden Vermögens an, nachdem ausweislich der dort vorgenommenen Berechnung u.a. noch ein Rückkaufswert der Lebensversicherung der Ehefrau (jetzigen Klägerin) mit 3.876,30 € anzusetzen sei.
In der Folge legte P.E. den Fahrzeugschein des PKW vor und teilte mit, der Kilometerstand belaufe sich auf 120.641 km. Am 13. Januar 2020 teilte der Sohn des P.E. ferner mit, bei dem monatlichen Dauerauftrag in Höhe von 300,00 € vom Konto des P.E. an ihn handele es sich um eine übergangsweise Unterstützung für einen Baukredit, da durch seine Scheidung von seiner Ehefrau ein kurzzeitiger Engpass entstanden sei. Die Zahlungen würden seit Juli 2017 geleistet. Der Hintergrund sei, dass P.E. jahrelang in dem Gebäude, in dem sich seine Eigentumswohnung befinde, die Tätigkeit eines Hausmeisters ausgeübt habe. Für diese Tätigkeit habe er von der Hausverwaltung eine monatliche Vergütung in einer Größenordnung zwischen 200,00 € und 300,00 € erhalten. Hierbei sei er von seinem Sohn unterstützt worden. In der Zeit von 2000 bis 2016 habe der Sohn die Pflege der Außenanlagen und gegebenenfalls den Winterdienst übernommen. Insoweit sei vereinbart gewesen, dass er für diese Arbeiten eine Vergütung erhalten solle. Nachdem der Sohn im Zusammenhang mit der Scheidung im Laufe des Jahres 2017 in eine finanzielle Notlage geraten sei, sei vereinbart worden, dass die vereinbarte Vergütung in monatlichen Zahlungen in Höhe von 300,00 € ab Juli 2017 habe gezahlt werden solle.
Mit Schreiben vom 24. März 2020 wurde P.E. erneut zu einer beabsichtigten Ablehnung wegen übersteigenden Vermögens angehört. In der Folge wurde von P.E., vertreten durch seinen Sohn, ein Darlehensvertrag über die darlehensweise Gewährung von Sozialhilfe wegen Barvermögens, ausgehend von einem (zu berücksichtigenden) Vermögen in Höhe von 17.801,94 € abgeschlossen.

Mit Bescheid vom 2. April 2020 bewilligte der Beklagte P.E. darlehensweise Leistungen der Hilfe zur Pflege, wobei er von einem einzusetzenden Vermögen in Höhe von 17.801,94 € ausging. Hierbei war unter anderem auch der Pkw mit 2.500 € und ein Schenkungsrückforderungsanspruch gegen den Sohn in Höhe von 7.200 € berücksichtigt worden.

Hiergegen erhob P.E. am 6. Mai 2020 Widerspruch mit der Begründung, die Zahlungen an den Sohn würden auf einer sittlichen Pflicht beruhen. Eine sittliche Verpflichtung bestehe dann, wenn besondere Umstände vorliegen würden, die das Ausbleiben einer Belohnung als sittlich anstößig erscheinen lassen würden. Der Sohn des P.E. habe über 16 Jahre die Pflege der Außenanlagen übernommen. Mit den Zahlungen sei P.E. nunmehr einer sittlichen, sowie einer rechtlichen Verpflichtung nachgekommen. Es würden besondere Umstände vorliegen, die das Ausbleiben der Zahlungen an den Sohn als sittlich anstößig erscheinen lassen würden. Außerdem sei der Wert des Fahrzeuges mit 0 anzusetzen, dieses sei im Zeitpunkt der Antragstellung über 16 Jahre alt gewesen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 3. März 2021 wurde dem Widerspruch insoweit abgeholfen und der Bescheid vom 2. April 2020 insoweit abgeändert, als die Darlehenshöhe auf 14.861,02 € verringert wurde. Insoweit wurde von einem Kontostand des Girokontos in Höhe von 9.780,65 € ausgegangen, nachdem noch Heimkosten getilgt worden seien. Im Übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen.

Hiergegen hat P.E. am 6. April 2021 Klage zum Sozialgericht (SG) Reutlingen erhoben und zur Begründung ergänzend vorgetragen, der einzufordernde Betrag sei um weitere 9.700,00 € zu reduzieren. Die darlehensweise Hilfegewährung sei auf diese Höhe zu beschränken.

Mit Urteil vom 10. Mai 2022 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat hierbei die Auffassung vertreten, dass die Voraussetzungen für eine darlehensweise Hilfegewährung vorgelegen hätten und P.E. über entsprechendes einzusetzendes Vermögen in Höhe von 14.861,02 € verfügt habe.
P.E. sei unstreitig dem Grunde nach leistungsberechtigt für Hilfe zur Pflege gemäß den §§ 19 Abs. 3, 61 ff. Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe – (SGB XII). Rechtsgrundlage für die Bewilligung der hier streitigen Hilfe zur Pflege als Darlehen sei § 91 Satz 1 SGB XII. Soweit nach § 90 SGB XII für den Bedarf der nachfragenden Person Vermögen einzusetzen sei, jedoch der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung des Vermögens nicht möglich sei oder für die, die es einzusetzen habe, eine Härte bedeuten würde, solle danach die Sozialhilfe als Darlehen geleistet werden.
Hinsichtlich des PKW sei der Wertansatz des Beklagten mit 2.500,00 € rechtlich nicht zu beanstanden. Die Ermittlung über das Portal mobile.de spiegle dabei erfahrungsgemäß einen angemessenen Marktwert wider. Bei einem Kilometerstand von 120.000 km habe der PKW die geringste Laufzeit von den neu zum Vergleich herangezogenen Kraftfahrzeugen aufgewiesen. Auch sei die Laufleistung gemessen am Baujahr verhältnismäßig gering. Demgegenüber seien bei den neu verglichenen Fahrzeugen lediglich drei Fahrzeuge für unter 2.500,00 € angeboten, eines mit 2.300,00 €, eines mit 1.500,00 € und eines mit 1.950,00 €. Demgegenüber hätten sich die rechtlichen sechs Fahrzeuge teilweise deutlich über diesem Gebotspreis bewegt, weshalb der Ansatz mit 2.500,00 € zur Überzeugung des SG einen realistischen Verkaufswert widerspiegele.
Hinsichtlich des weiter im Streit stehenden Schenkungsrückforderungsanspruches würden die Voraussetzungen eines Ausschlusses der Rückforderung im Sinne von § 534 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nicht vorliegen. Es handele sich weder um eine Schenkung, durch die einer sittlichen Pflicht noch einem auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen worden sei. Für die Annahme einer sittlichen Pflicht zur Schenkung reiche es nicht aus, dass der Schenker nach den Geboten der Sittlichkeit aus Nächstenliebe dem Beschenkten helfe. Eine Rückforderung nach § 534 BGB sei vielmehr nur dann ausgeschlossen, wenn dem Schenker eine besondere Pflicht für die Zuwendung oblegen habe, eine Pflicht, die aus den konkreten Umständen des Falles erwachsen sei und in den Geboten der Sittlichkeit wurzele, wobei das Vermögen und die Lebensstellung der Beteiligten sowie ihre persönlichen Beziehungen untereinander zu berücksichtigen seien (mit Hinweis auf BGHZ 91, 273, 277).
Eine sittliche Verpflichtung zur Belohnung werde im Allgemeinen nur angenommen, wenn besondere Umstände vorliegen würden, die das Ausbleiben einer solchen Belohnung als sittlich anstößig erscheinen lassen würden (mit Hinweis auf BGH, Urteil vom 7. März 1984 – IVa ZR 152/82 – juris Rn. 18). Für den Fall der Belohnung von Pflegeleistungen würden derartige besondere Umstände anerkannt, wenn der Leistende schwerwiegende Opfer erbringe und deswegen in eine Notlage gerate.
Gemessen an diesen Grundsätzen könne vorliegend nicht von einer Pflicht- und Anstandsschenkung ausgegangen werden. Vielmehr sei die Schenkung losgelöst von der Übernahme der Hausmeistertätigkeiten durch den Sohn des P.E. zu sehen. Insoweit hätten die Eltern (P.E. und die Klägerin) während der Ausübung der Tätigkeit ein sittlich gebundenes Erfordernis nicht gesehen und sich nicht verpflichtet gesehen, dem Sohn auch nur einen Teil der selbst vereinnahmten Vergütung zukommen zu lassen. Soweit man indessen aus dem Umstand, dass der Sohn die Entlohnung der Eigentümergemeinschaft seinen Eltern gelassen habe, nunmehr schließen wollte, dass selbige sittlich verpflichtet wären, ihm in der gleichen Form Geldbeträge zukommen zu lassen, so mangele es an den oben dargestellten besonderen Umständen. Damit sei das hierin bestehende Vermögen grundsätzlich einzusetzen und nachdem eine sofortige Verwertbarkeit nicht gegeben sei, die Leistung darlehensweise zu gewähren.

Die Klägerin hat gegen das ihrem Bevollmächtigten am 30. Mai 2022 mit Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil am 2. Juni 2022 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung hat der Klägerbevollmächtigte geltend gemacht, nach Auffassung des SG handele es sich bei der Schenkung an den Sohn in Höhe von 7.200,00 € (monatliche Zahlungen in Höhe von 300,00 € für die Zeit vom 1. Juli 2017 bis 30. Juni 2019) nicht um eine Schenkung, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen worden sei. Dieser Auffassung werde entgegengetreten. Mit den Zahlungen an den Sohn habe der P.E. einer sittlichen Pflicht entsprochen. So habe P.E. jahrelang im Gebäude, in dem sich seine Eigentumswohnung befunden habe, die Tätigkeit eines Hausmeisters ausgeübt. Für diese Tätigkeit habe er eine monatliche Vergütung in der Größenordnung zwischen 200,00 € und 300,00 € erhalten. Bei der Ausübung dieser Tätigkeit sei er von seinem Sohn unterstützt worden. In der Zeit von 2000 bis 2016 habe der Sohn des P.E. die Pflege der Außenanlagen (Rasen mähen, Hecken schneiden, Reinigungs- und Kehrarbeiten, Entsorgung von Grüngut) sowie in Einzelfällen auch die Ausführung des Winterdienstes übernommen. Er habe auch im Gebäude kleinere Reparaturarbeiten wie etwa der Austausch von Glühlampen durchgeführt. Zwischen P.E. und seinem Sohn sei vereinbart gewesen, dass er für diese Arbeiten eine Vergütung habe erhalten sollen. Nachdem der Sohn des P.E. im Zusammenhang mit seiner Ehescheidung im Laufe des Jahres 2017 in einen finanziellen Engpass geraten sei, hätten beide vereinbart, dass die vereinbarte Vergütung mit monatlichen Zahlungen in Höhe von 300,00 € ab Juli 2017 hätte gezahlt werden sollen. Der Sohn des P.E. habe also über einen Zeitraum von 16 Jahren (!) unterstützende Arbeiten für den P.E. ausgeführt. Hier würden besondere Umstände vorliegen, die das Ausbleiben der Zahlungen an den Sohn als sittlich anstößig erscheinen lassen würden. Insbesondere wäre es sittlich anstößig, wenn der Sohn des P.E. einerseits über Jahre hinweg umfangreiche Hilfsdienste erbringe und andererseits der P.E. während des finanziellen Engpasses seines Sohnes nicht aufgeholfen hätte. Das gelte erst recht vor dem Hintergrund der familiären Beziehungen zwischen Vater und Sohn.
Das SG habe des Weiteren das Fahrzeug des P.E. mit einem Wertsatz von 2.500,00 € berücksichtigt und in dem Zusammenhang sich darauf beschränkt, über das Portal mobile.de (angeblich) vergleichbare Fahrzeuge zugrunde zu legen. Das SG gehe ohne nähere Begründung davon aus, dass der Ansatz von 2.500,00 € den realistischen Verkaufswert widerspiegeln würde. Insoweit sei zu rügen, dass das SG seiner Aufklärungspflicht in Anwendung des Amtsermittlungsgrundsatzes nicht nachgekommen sei. Das SG wäre gehalten gewesen, den Wert des Fahrzeuges gegebenenfalls durch ein Sachverständigengutachten bewerten zu lassen. Bei der Bewertung des Verkaufswertes spielten selbstverständlich individuelle Merkmale des Fahrzeugs wie Laufleistung, Allgemeinzustand, konkrete Ausstattung, nächste Anmeldung zur Hauptuntersuchung und anderes eine Rolle.

Mit Schreiben vom 18. August und 30. August 2022 hat der Klägerbevollmächtigte mitgeteilt, dass P.E. verstorben sei und die Ehefrau, die Klägerin, das Verfahren als Rechtsnachfolgerin fortführe.


Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 10. Mai 2022 aufzuheben und den Bescheid des Beklagten vom 2. April 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. März 2021 dahingehend abzuändern, dass das einzusetzende Vermögen des P.E. noch 5.161,02 € betrage.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die Entscheidung des SG für zutreffend.

Ergänzend hat der Beklagte ausgeführt, hinsichtlich der Einwendungen zum Schenkungsrückforderungsanspruch könne nur nochmals darauf hingewiesen werden, dass auch unter Beachtung des angeführten Urteils des BGH vom 9. April 1986 - IVa ZR 125/84 - keine sittliche Pflicht für den damals 79-jährigen P.E. erkannt werden könne, dem Sohn ab Juli 2017 monatlich Geld zu schenken, um bei diesem die finanziellen Folgen seiner Ehescheidung abzumildern. Auch wenn dieser ihm im Zeitraum 2000 bis 2016 bei seiner Tätigkeit als Hausmeister in dem Gebäude, in dem sich die Eigentumswohnung befinde, unterstützt gehabt habe, begründe dies aus Sicht des Beklagten keinen Umstand, von einer Pflicht-  oder Anstandsschenkung auszugehen.
Hinsichtlich der strittigen Wertermittlung des Fahrzeugs sei festzuhalten, dass von Klägerseite der Wert des Fahrzeugs bei der Antragstellung nicht beziffert und im Widerspruchsverfahren mit 0 € angegeben worden sei. Zur Wertbestimmung sei von Seiten des Beklagten eine Recherche auf dem Internetportal mobile.de unter Nutzung von entsprechenden Filtern mit Bezug auf die individuellen Merkmale des Fahrzeugs des P.E. durchgeführt worden.

Die Beteiligten haben mit Schreiben vom 11. Januar 2023 (Beklagter) und 15. Februar 2023 (Klägerin) einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.








Entscheidungsgründe

I.

Der Senat konnte aufgrund der Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden.

Die nach den §§ 143, 144 Abs. 1, Abs. 3 SGG statthafte, unter Beachtung der maßgeblichen Form- und Fristvorschriften (§ 151 Abs. 1 und Abs. 3 SGG) eingelegte Berufung ist zulässig.

II.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 2. April 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. März 2021 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Die Klägerin als Sonderrechtsnachfolgerin des P.E. gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch SGB I bzw. Erbin gemäß § 58 Satz 1 SGB I in Verbindung mit den Vorschriften des BGB zum Erbrecht hat keinen Anspruch auf Gewährung von Darlehen unter Anrechnung eines Vermögens in Höhe von lediglich 5.161,02 €. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat der Beklagte zutreffend den PKW mit einem Wert von 2.500,00 € und einen Schenkungsrückforderungsanspruch gegen den Sohn der Klägerin in Höhe von 7.200,00 € als zu berücksichtigendes Vermögen eingesetzt.

1.
Gemäߧ 19 Abs. 3 SGB XII werden Hilfen zur Gesundheit, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten und Hilfen in anderen Lebenslagen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel dieses Buches geleistet, soweit den Leistungsberechtigten, ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern und, wenn sie minderjährig und unverheiratet sind, auch ihren Eltern oder einem Elternteil die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels dieses Buches nicht zuzumuten ist.

Gemäß § 61 SGB XII haben Personen, die pflegebedürftig im Sinne des § 61a SGB XII sind, Anspruch auf Hilfe zur Pflege, soweit ihnen und ihren nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartnern nicht zuzumuten ist, dass sie die für die Hilfe zur Pflege benötigten Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des Elften Kapitels aufbringen (Satz 1).
Pflegebedürftig sind gemäß § 61a Abs. 1 Satz 1 SGB XII Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Pflegebedürftige Personen im Sinne des Satzes 1 können körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbstständig kompensieren oder bewältigen (Satz 2).

Maßgeblich für die Beurteilung der Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder Fähigkeit sind die im Einzelnen in § 61a Abs. 2 unter den Nrn. 1 bis 6 aufgeführten Kriterien.

Hierzu ist festzustellen, dass P.E. sowohl dem Grunde nach die Voraussetzungen nach § 19 Abs. 3 SGB XII als auch nach den §§ 61 und 61a SGB XII erfüllt. Bei P.E. bestand auf der Grundlage eines MDK-Gutachtens für die Pflegekasse vom 20. Mai 2019 der Pflegegrad III gemäߧ 61 Abs. 1 Nr. 3 SGB XII vor.

2.
Der Beklagte hat des Weiteren auf der Grundlage der Einnahmen des P.E. und seiner Ehefrau und unter Beachtung der Regelungen zum Einsatz des Einkommens über der Einkommensgrenze gemäß § 87 SGB XII und hier zusätzlich auch zum Einsatz des Einkommens unter der Einkommensgrenze gemäß §  88 SGB XII im Hinblick darauf, dass P.E. hier für voraussichtlich längere Zeit Leistungen in einer stationären Einrichtung bedurfte (§ 88 Abs. 1 Satz  2 SGB XII), den von PE aus seinem Einkommen zu leistenden Beitrag sowie den vom Beklagten danach zu tragenden noch ungedeckten Teil der Heimkosten berechnet (siehe hierzu im Einzelnen die Berechnung der Einkommensanrechnung Bl. 107/106 VA). Danach war hier ursprünglich von einem Einkommenseinsatz bzw. Kostenbeitrag des P.E. und seiner Ehefrau, der Klägerin, in Höhe von 1.046,77 € auszugehen. Auf dieser Grundlage hat der Beklagte in nicht zu beanstandender Weise im Bescheid vom 2. April 2020 ausweislich der jeweiligen (monatlichen) Berechnungsbögen für die Zeit ab Juli 2019 auch unter Berücksichtigung dieses Kostenbeitrags bzw. des anzurechnenden Einkommens des P.E. und seiner Ehefrau, der Klägerin, den jeweiligen noch durch den Sozialhilfeträger zu tragenden ungedeckten Bedarf festgestellt.

Im Hinblick darauf, dass bei P.E. darüber hinaus noch einzusetzende Vermögenswerte vorhanden waren, deren Verwertung jedoch nicht unmittelbar möglich war, hat der Beklagte des Weiteren in ebenfalls nicht zu beanstandender Weise hier zunächst die Leistungen nur als Darlehen gemäß § 91 SGB XII gewährt.

Gemäß § 90 Abs. 1 SGB XII unter Berücksichtigung der in § 90 Abs. 2 Nrn. 1 bis 9 SGB XII (in der bis zum 31. Dezember 2019 bzw. bis 30. Juni 2021 geltenden Fassung) genannten Vermögenswerte war das danach nach Abzug der Freibeträge in der hier streitigen Höhe von 14.861,02 € verwertbare Vermögen einzusetzen.
Der Beklagte hat - wie im Widerspruchsbescheid vom 3. März 2021 korrigiert - nunmehr in auch nicht zu beanstandender Weise einerseits ausgehend vom Kontostand vom 18. Juni 2019 unter Berücksichtigung der noch am 25. Juni 2019 gezahlten Heimkosten für den Monat Juli 2019 Geldvermögen in Höhe von 9.780,65 €, des Weiteren ein Geldmarktkonto in Höhe von 1.504,07 €, den Rückkaufswert einer Lebensversicherung der Ehefrau zum 1. Dezember 2018 in Höhe von 3.876,30 € sowie unter Berücksichtigung der hier streitigen Vermögenswerte bezogen auf den PKW einen Betrag in Höhe von 2.500,00 € und den Schenkungsrückforderungsanspruch gegen den Sohn der Klägerin bzw. des P.E. in Höhe von 7.200,00 € ein Gesamtvermögen von 24.861,02 € und unter Berücksichtigung der zum damaligen Zeitpunkt noch nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII geltenden Freibeträge in Höhe von insgesamt 10.000,00 € ein zu berücksichtigendes Vermögen in Höhe von 14.861,02 € zugrunde gelegt.
Der Beklagte hat vor dem Hintergrund, dass sowohl die Abwicklung der Lebensversicherung der Ehefrau des P.E., der Klägerin, als auch die Verwertung des PKW und die Realisierung des Schenkungsrückforderungsanspruches gegen den Sohn der Klägerin und des P.E. Zeit in Anspruch nimmt in zutreffender Weise hier gemäß § 91 SGB XII daher in der Größenordnung des zu verwertenden Vermögens die Leistungen darlehensweise gewährt, da andernfalls der Verlust des Pflegeheimplatzes im Raum gestanden hätte.

3.
Soweit nun von Klägerseite geltend gemacht wird, bei dem zu berücksichtigenden Vermögen und damit letztlich auch im Rahmen des Darlehens zurückzuzahlender Hilfe zur Pflege seien der PKW wie auch der Schenkungsrückforderungsanspruch nicht zu berücksichtigen, greift dies nicht durch.
Hinsichtlich des PKW ist auch zur Überzeugung des Senates festzustellen, dass im Hinblick auf die vom Beklagten durchgeführte Recherche der mit 2.500,00 € festgesetzte Wert unter Berücksichtigung vergleichbarer Fahrzeuge, die auf dem Internetportal zum Teil auch noch mit deutlich höheren Beträgen angesetzt waren und der Betrag von 2.500,00 € eher im unteren Bereich war, letztlich nicht zu beanstanden ist. Auch aus Sicht des Senates ist im Hinblick darauf die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht notwendig.

4.
Hinsichtlich des Schenkungsrückforderungsanspruchs hat das SG zutreffend ausgeführt, dass hier die Voraussetzungen der Einrede nach § 534 BGB, dass es sich in diesem Falle um eine Schenkung handele, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird, nicht vorliegen.

Gemäß § 528 BGB kann der Schenker, soweit er nach der Vollziehung der Schenkung außerstande ist, seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten und die ihm seinen Verwandten, seinem Ehegatten, seinem Lebenspartner oder seinem früheren Ehegatten oder Lebenspartner gegenüber gesetzlich obliegende Unterhaltspflicht zu erfüllen, vom Beschenkten die Herausgabe des Geschenkes nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern (Satz 1). Der Beschenkte kann gemäß § 528 Abs. 1 Satz 2 BGB die Herausgabe durch Zahlung des für den Unterhalt erforderlichen Betrags abwenden.
Dies gilt gemäß § 534 BGB nicht, für Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wurde.

Mit dem SG ist jedoch auch der Senat der Überzeugung, dass die hier in § 534 BGB genannten Voraussetzungen für den Ausschluss einer Rückforderung nach § 528 BGB nicht gegeben sind. Eine Rückforderung nach § 534 BGB ist nur dann ausgeschlossen, wenn dem Schenker eine besondere Pflicht für die Zuwendung oblegen hat, eine Pflicht, die aus den konkreten Umständen des Falles erwachsen ist und in den Geboten der Sittlichkeit wurzelt, wobei das Vermögen und die Lebensstellung der Beteiligten sowie ihre persönlichen Beziehungen untereinander zu berücksichtigen sind (BGH, Urteil vom 7. März 1984 – IVa ZR 152/82 – juris Rn. 18). Eine sittliche Verpflichtung zur Belohnung wird im Allgemeinen nur angenommen, wenn besondere Umstände vorliegen, die das Ausbleiben einer solchen Belohnung als sittlich anstößig erscheinen lassen (siehe BGH a.a.O.). Für den Fall der Belohnung von Pflegeleistungen wurden derartige besondere Umstände anerkannt, wenn der Leistende schwerwiegende persönliche Opfer bringt und deswegen in eine Notlage gerät.
Gemessen daran, kann auch nach Auffassung des Senates vorliegend nicht von einer Pflicht- oder Anstandsschenkung ausgegangen werden. Vielmehr ist diese Schenkung losgelöst von der Übernahme der Hausmeistertätigkeiten in der Zeit von 2000 bis 2016 durch den Sohn des P.E. zu sehen. Denn in der Tat – wie bereits vom SG ausgeführt – hatten die Eltern während der Ausübung der Tätigkeit kein sittlich gebundenes Erfordernis dahingehend gesehen, zumindest einen Teil der für Hausmeistervergütung an ihren Sohn weiterzuleiten.
Auslöser für die hier im Streit stehende Schenkung war vielmehr alleine der Umstand, dass der Sohn der Klägerin und des P.E. im Zusammenhang mit seiner Ehescheidung hinsichtlich der Kreditverpflichtungen aus einem Baukredit für die Eigentumswohnung des Sohnes in finanzielle Schwierigkeiten geriet und dieser auf diesem Wege hier unterstützt werden sollte. Dies stellt zwar auch aus Sicht des Senates den durchaus nachvollziehbaren Wunsch der Eltern dar, den Sohn in einer schwierigen Situation zu unterstützen, eine allerdings sittliche Pflicht der Eltern oder auf den Anstand nehmenden Rücksicht der Eltern hinsichtlich dieser Schenkung vermag der Senat darin nicht zu sehen.

Aus diesen Gründen ist die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.




III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.   


 

Rechtskraft
Aus
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