L 11 KR 1815/24

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11.
1. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11KR 557/24
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 1815/24
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Das Berufungsverfahren L 11 KR 557/24 ist durch die Berufungsrücknahme der Klägerin vom 14.05.2024 erledigt.

Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.



Tatbestand

Streitig ist die Fortführung des Verfahrens L 11 KR 557/24 vor dem Senat nach Berufungsrücknahme und in der Sache die Auszahlung von Rentenleistungen.

Die 1969 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. In der Zeit vom 18.05.2020 bis 19.10.2021 war sie arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte gewährte der Klägerin für den Zeitraum vom 29.06.2020 bis 19.10.2021 Krankengeld. Im Zeitraum vom 01.12.2020 bis 19.10.2021 wurde der Klägerin Krankengeld in Höhe von insgesamt 9.204,42 € ausgezahlt.

Am 13.08.2020 stellte die Klägerin bei der Deutschen Rentenversicherung (DRV) B1 einen Antrag auf Rente wegen voller Erwerbsminderung. Mit Schreiben vom 22.10.2021 meldete die Beklagte einen Erstattungsanspruch bei der DRV B1 an. Diese teilte der Beklagten mit Schreiben vom 20.01.2023 mit, der Klägerin eine Rente wegen voller Erwerbsminderung rückwirkend ab dem 01.12.2020 bewilligt zu haben. Daraufhin informierte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom 01.02.2023 über das Ende der Krankengeldzahlung mit Beginn des Rentenzuges zum 01.12.2020 und über die Rückerstattung von zu viel gezahlten Rentenbeiträgen für den Zeitraum vom 01.12.2020 bis 19.10.2021 in Höhe von insgesamt 251,58 €. Mit Schreiben vom 02.02.2023 rechnete die Beklagte ihren Erstattungsanspruch nach § 50 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i.V.m. § 103 SGB X in Höhe von 7.030,26 € für den Zeitraum vom 01.12.2020 bis 19.10.2021 mit der DRV Baden-Württemberg ab. Die DRV B1 befriedigte den geltend gemachten Erstattungsanspruch.

Mit undatierten Schreiben, eingegangen bei der Beklagten am 09.10.2023, forderte die Klägerin diese auf, die einbehaltene Nachzahlung i.H.v. 7.030,26 € auszuzahlen. Sie habe nur Krankengeld bezogen, keine zusätzlichen Rentenleistungen. Deshalb müsse sie auch keine Nachzahlung/Rückforderung an die Beklagte leisten. Der Betrag i.H.v. 7.030,26 € stehe ihr zu.

Zudem hat die Klägerin am 26.10.2023 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben und vorgetragen, sie habe keine Rentenzahlungen erhalten. Auch seien ihr keine zusätzlichen Leistungen überwiesen worden. Das Bundessozialgericht (BSG) habe bereits 1992 entscheiden, dass ein Versicherter den Spitzbetrag nicht an die Krankenkasse zurückzahlen müsse, weil er auf den rechtmäßigen Bezug des Krankengeldes habe vertrauen und seinen Verbrauch darauf habe einstellen dürfen.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat vorgetragen, von der Klägerin keine Zahlungen zurückgefordert zu haben. Der Klägerin stehe kein Auszahlungsanspruch in Höhe von 7.030,26 € zu, da sie diesen Betrag in Form von Krankengeld für die Zeit vom 01.12.2020 bis 19.10.2021 bereits erhalten habe.

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 23.01.2024 abgewiesen. Das Begehren der Klägerin könne nur dahingehend auszulegen sein, dass sie von der beklagten Krankenkasse die Auszahlung von Rentenleistungen in Höhe von 7.030,26 € begehre. Lediglich diese seien nämlich von der DRV B1 von den an die Klägerin bewilligten Rentenleistungen einbehalten und an die Beklagte aufgrund des geltend gemachten Erstattungsanspruches ausbezahlt worden. Krankengeldzahlungen für diesen Zeitraum seien seitens der Beklagten bereits - wenn auch im Nachhinein unzutreffend - geleistet worden, so dass diese nicht im Streit stehen könnten. Streitgegenstand könnten demnach lediglich Leistungen nach dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) sein. Unabhängig von der Frage, ob eine Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vorliegend überhaupt statthaft sein könne, sei die Beklagte jedenfalls nicht passivlegitimiert. Für die Auszahlung von Leistungen nach dem SGB VI sei die Beklagte als Krankenversicherung nicht der zuständige Leistungsträger.

Unter dem 05.02.2024 hat der Widerspruchsausschuss der Beklagten einen Widerspruchsbescheid erlassen, mit welchem er das Schreiben der Klägerin vom 09.10.2023, welches dieser als Widerspruch gegen die Abrechnung des Erstattungsanspruchs mit der DRV B1 auslegte, als unzulässig zurückgewiesen hat. Bei der Anmeldung des Erstattungsanspruchs bei der DRV B1 handle es sich nicht um einen Verwaltungsakt, da dies bereits keine hoheitliche Maßnahme darstelle. Zwischen zwei Sozialversicherungsträgern bestehe ein sogenanntes Gleichordnungsverhältnis, d.h. dass sie im Verhältnis zueinander nicht hoheitlich tätig würden. Darüber hinaus ergäben sich aus der Anmeldung des Erstattungsanspruchs keine unmittelbaren Rechtswirkungen für die Klägerin. Vielmehr habe die DRV B1 in eigener Zuständigkeit zu prüfen, ob der Rentennachzahlungsbetrag der Klägerin oder - im Umfang des angemeldeten Erstattungsanspruchs - der Beklagten zustehe. Soweit die Klägerin mit der Abrechnung des Erstattungsanspruchs dessen Erfüllung meine, handle es sich ebenfalls nicht um eine hoheitliche Maßnahme und zudem keine von der Beklagten getroffene Entscheidung. Auch insoweit fehle es mithin an einem Verwaltungsakt, den der Widerspruchsausschuss hätte überprüfen können.

Gegen den Gerichtsbescheid vom 23.01.2024 richtete sich die von der Klägerin am 20.02.2024 beim Landessozialgericht Baden-Württemberg erhobene Berufung (L 11 KR 557/24), mit welcher sie ihr Begehren weiterverfolgte. Sie habe das Problem, dass die Beklagte die Nachzahlung ihrer EM-Rente nicht an sie auszahlen möchte. Sie habe diese nicht erhalten. Auch habe sie keine doppelten Leistungen bezogen.

Die Klägerin hat ihre Berufung in der Senatssitzung am 14.05.2024 zurückgenommen.

In der Niederschrift ist diesbezüglich u.a. Folgendes vermerkt:

„Der Vorsitzende eröffnet die mündliche Verhandlung und die Berichterstatterin trägt den Sachverhalt vor. Sodann erhalten die Beteiligten das Wort. Das Sach- und Streitverhältnis wird erörtert.

Die Klägerin erklärt:

„Ich nehme die Berufung zurück.“

v.u.g.“


Mit Schreiben vom 27.05.2024, gerichtet an das BSG, hat die Klägerin „den Bescheid vom Landessozialgericht Baden-Württemberg vom 14.05.2024“ widerrufen. Sie könne den Bescheid vom Gericht nicht annehmen, da sie nicht einmal die Möglichkeit bekommen habe, ihre Begründung bzw. Stellung vorzutragen. Die Hauptverhandlung habe 15 Minuten gedauert. Die Beklagte sei nicht befragt worden. Der Richter habe zu ihr gesagt, sie solle den Beschluss annehmen. Sie sei gegen den Beschluss gewesen, jedoch habe sie nicht die Möglichkeit bekommen, mit gesetzlichen Vorgaben ihre Stellung zu beziehen. Ihre Aussagen seien abgelehnt worden und es sei zu einer kurzen Verhandlung gekommen. Sie habe sich gedrängt gefühlt, da sie den Beschluss habe annehmen müssen. Das sei für sie kein Urteil. Das BSG hat dem Senat das Schreiben der Klägerin zur weiteren Veranlassung vorgelegt. Die Klägerin wünsche sinngemäß die Fortführung des Berufungsverfahrens.

Die Berichterstatterin hat mit Verfügung darauf hingewiesen, dass die Klägerin ihre Berufung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 14.05.2024 zurückgenommen habe und eine solche Rücknahmeerklärung nicht zurückgenommen, angefochten oder widerrufen werden könne.

Hierauf ist keine Reaktion durch die Klägerin erfolgt.

Die Klägerin beantragt (sinngemäß),

das Berufungsverfahren L 11 KR 557/24 fortzuführen, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 23.01.2024 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr einen Betrag in Höhe von 7.030,26 € auszuzahlen.

Die Beklagte beantragt,

festzustellen, dass das Berufungsverfahren L 11 KR 557/24 durch Berufungsrücknahme der Klägerin erledigt ist,
hilfsweise, die Berufung zurückzuweisen.

Mit Schreiben vom 20.06.2024 (Eingang beim LSG am 26.06.2024) hat die Klägerin um Terminverlegung ersucht aufgrund eines Klinikaufenthaltes sowie Urlaubs. Sie ist daraufhin vom Senat aufgefordert worden, Nachweise hierzu vorzulegen. Danach werde über ihren Antrag auf Terminverlegung entschieden. Hierauf hat die Klägerin nicht mehr reagiert. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 16.07.2024 hat der Beklagtenvertreter vorgetragen, die Klägerin befinde sich seit dem 24.06.2024 in teilstationärer Behandlung im Städtischen Klinikum K1.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten, die Gerichtsakten des sowie Akten des Senats (L 11 KR 557/24 und L 11 KR 1815/24) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe


Der Senat konnte in Abwesenheit der Klägerin verhandeln und entscheiden, da die Klägerin in der Terminsmitteilung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist. Die Terminsmitteilung ist der Klägerin ordnungsgemäß am 18.06.2024 zugestellt worden. Erscheint ein Beteiligter trotz ordnungsgemäßer Terminsmitteilung nicht zur Verhandlung, kann das Gericht nach Lage der Akten (§ 126 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) oder aufgrund „einseitiger“ mündlicher Verhandlung entscheiden (BSG 26.05.2014, B 12 KR 67/13 B, juris; BSG 07.07.2011, B 14 AS 35/11 B, juris).

Insbesondere hat die Klägerin ihren am 26.06.2024 gestellten Antrag auf Terminverlegung nicht durch Vorlage etwaiger Nachweise über einen geplanten Klinikaufenthalt bzw. Urlaub glaubhaft gemacht, so dass der Senat um Vorlage diesbezüglicher Nachweise mit Schreiben vom 26.06.2024 gebeten und darauf hingewiesen hat, erst nach Vorlage entsprechender Nachweise über den Antrag zu entscheiden. Hierauf hat die Klägerin nicht reagiert. Mangels Beschlusses des Senats über eine Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung musste die Klägerin damit rechnen, dass der Termin wie geplant stattfindet. Im Übrigen stellt auch ein stationärer oder teilstationärer Klinikaufenthalt keinen „erheblichen“ Grund im Sinne des § 202 Satz 1 SGG i.V.m. § 227 Zivilprozessordnung (ZPO) dar, da insoweit die Möglichkeit einer Beurlaubung besteht und nur bei Verhandlungsunfähigkeit, die von der Klägerin jedoch selbst nicht vorgetragen wird, ein rechtfertigender Verhinderungsgrund angenommen werden könnte.


Das Berufungsverfahren war fortzuführen, nachdem die Klägerin die Wirksamkeit der Berufungsrücknahme in Abrede gestellt hat. Der Senat entscheidet in dem weitergeführten Berufungsverfahren durch Urteil und dahin, dass das Berufungsverfahren L 11 KR 557/24 durch Rücknahme erledigt ist. Dies hat zur Folge, dass die Klägerin ihres Rechtsmittels verlustig gegangen ist (§ 156 Abs. 3 Satz 1 SGG), was von Amts wegen zu berücksichtigen ist und nicht zur Disposition der Beteiligten steht (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl. 2023, § 156 Rn. 5b).

Die Klägerin hat am 14.05.2024 im Rahmen der öffentlichen Sitzung vor dem Senat durch ihre eigene Erklärung: „Ich nehme die Berufung zurück“ ihre Berufung im Verfahren L 11 KR 557/24 wirksam zurückgenommen. Der (hilfsweise) erklärte Widerruf der Berufungsrücknahme ist unzulässig.

Gemäß § 156 Abs. 1 SGG kann die Berufung bis zur Rechtskraft des Urteils oder des nach § 153 Abs. 4 oder § 158 Satz 2 SGG ergangenen Beschlusses zurückgenommen werden. Eine Rücknahme ist Ausfluss der Dispositionsmaxime (Burkiczak, in: jurisPK-SGG, 2. Aufl. 2024, § 156 Rn. 9). Die Berufungsrücknahme ist eine Prozesshandlung, der eindeutig zu entnehmen sein muss, dass die Rücknahme gewollt ist (Keller a.a.O., § 156 Rn. 2). Als Prozesshandlung ist die Berufungsrücknahme bedingungsfeindlich, sie kann grundsätzlich nicht angefochten oder widerrufen werden (z.B. BSG 09.04.2021, B 13 R 276/20 B, juris Rn. 7; BSG 24.04.03, B 11 AL 33/03 B; BSG 19.03.2002, B 9 V 75/01 B, juris Rn. 3; BSG 24.04.1980, 9 RV 16/79, juris Rn. 18; Burkiczak a.a.O. § 156 Rn. 40 ff.; Keller a.a.O. § 156 Rn. 2a). Die Rücknahme ist gegenüber dem Gericht zu erklären. Sie kann zu Protokoll in einer Verhandlung i.S.d. § 122 SGG erklärt werden. Die Berufungsrücknahme ist im Protokoll festzustellen (§ 122 SGG i.V.m. § 160 Abs. 3 Nr. 8 ZPO). Das Protokoll ist insoweit den Beteiligten vorzulesen oder zur Durchsicht vorzulegen (§ 122 SGG i.V.m. § 162 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Ist der Inhalt des Protokolls - wie vorliegend - nur vorläufig aufgezeichnet worden, so genügt es, wenn die Aufzeichnungen vorgelesen oder abgespielt werden (§ 122 SGG i.V.m. § 162 Abs. 1 Satz 2 ZPO). In dem Protokoll ist zu vermerken, dass dies geschehen und die Genehmigung erteilt ist oder welche Einwendungen erhoben worden sind (§ 122 SGG i.V.m. § 162 Abs. 1 Satz 3 ZPO). Dabei ist die Wirksamkeit der Berufungsrücknahme nicht von der Beachtung der Protokollierungsvorschriften abhängig, sondern diese dienen Beweiszwecken (BSG 12.03.1981, 11 RA 52/80, juris; Burkiczak a.a.O. § 156 Rn. 18; Keller a.a.O. § 156 Rn. 2).

Ausgehend von diesen rechtlichen Maßstäben hat die Klägerin ihre Berufung durch Erklärung in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 14.05.2024 wirksam zurückgenommen. Der Wortlaut ihrer Erklärung ist eindeutig und lässt keinerlei andere Auslegung zu. Zweifel an der Prozessfähigkeit der Klägerin bestanden nicht. Die Rücknahmeerklärung ist auch im Protokoll festgestellt worden (§ 122 SGG i.V.m. § 160 Abs. 3 Nr. 8 ZPO). Die Prozesserklärung ist protokolliert und danach den Beteiligten nochmals vorgelesen worden (§ 122 SGG i.V.m. § 162 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Die Klägerin hat ihre Erklärung genehmigt. Einwendungen sind von ihr nicht erhoben worden. Diese Vorgänge sind ebenfalls im Protokoll dokumentiert (§ 122 SGG i.V.m. § 162 Abs. 1 Satz 2 und 3 ZPO). Schließlich ist das Protokoll mit einer elektronischen Signatur des Vorsitzenden des Senats versehen.

Die Berufungsrücknahme kann auch nicht widerrufen werden. Wie bereits dargelegt, sind die Berufungsrücknahme wie auch die Klagerücknahme als Prozesshandlungen grundsätzlich unwiderruflich und nicht wegen Irrtums anfechtbar. Die Rücknahmeerklärung kann nur ausnahmsweise widerrufen werden, wenn die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens (§ 179 Abs. 1 SGG i.V.m. § 578 ff. ZPO bzw. § 179 Abs. 2 SGG) erfüllt sind und die Notfrist von einem Monat (§ 586 ZPO) eingehalten wird (BSG 09.04.2021, B 13 R 276/20 B, juris Rn. 7; BSG 14.06.1978, 9/10 RV 31/77, juris). Dem Vorbringen der Klägerin sind keine Umstände zu entnehmen, aufgrund derer eine Wiederaufnahme des Verfahrens zulässig sein könnte. Wie dargelegt, ist die klägerische Erklärung eindeutig. Die Sach- und Rechtslage, insbesondere die nach Aktenlage fehlende Erfolgsaussicht der Berufung ist ausführlich erörtert worden. Dafür, dass sich die Klägerin über die verfahrensbeendende Wirkung ihrer Rücknahmeerklärung geirrt hat, haben keinerlei Anhaltspunkte bestanden.

Der Vollständigkeit halber sei noch darauf hingewiesen, dass die Berufung ohnehin keine Aussicht auf Erfolg hatte.


So war die Klage bereits mangels ordnungsgemäß durchgeführten Verwaltungs- und Vorverfahrens unzulässig, da die Beklagte bislang nicht über den Antrag der Klägerin vom 09.10.2023 mittels Bescheid entschieden hat. Eine Untätigkeitsklage hatte die Klägerin aber nicht erhoben, sondern die Verurteilung der Beklagten zur Auszahlung eines Betrages von 7.030,26 € begehrt.

Ein entsprechendes Auszahlungsbegehren besteht aber nicht.

So hat das SG bereits zutreffend darauf hingewiesen, dass sich die Klage nicht gegen den richtigen Beklagten richtet. Die vorliegend beklagte Krankenkasse ist
nicht passivlegitimiert, da für die Auszahlung einer Erwerbsminderungsrente die Krankenkasse nicht der zuständige Leistungsträger ist.

Ein entsprechender Auszahlungsanspruch stünde der Klägerin jedoch auch nicht gegen den Rentenversicherungsträger - hier die DRV B1 - zu.


Vorliegend hat die Klägerin im Zeitraum vom 01.12.2020 bis 19.10.2021 Krankengeld bezogen, obwohl ihr in dieser Zeit - nunmehr so auch rückwirkend zuerkannt - Rente wegen voller Erwerbsminderung zustand. Gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) endet für Versicherte, die Renten wegen voller Erwerbminderung oder Vollrente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen, der Anspruch auf Krankengeld vom Beginn dieser Leistung an. Krankengeld und Erwerbsminderungsrente können mithin nicht zeitgleich bezogen werden (vgl. z.B. Brinkhoff, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl. 2020, § 50 SGB V Rn. 9, 10; Prange, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 3. Aufl. 2024, § 105 SGB X Rn. 40). Da die Klägerin in dem genannten Zeitraum bereits Krankengeld bezogen hat, wird ihr für diese Zeit vom Rentenversicherungsträger keine Rente mehr ausgezahlt. Vielmehr gilt der der Klägerin zustehende Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung im Zeitraum vom 01.12.2020 bis 19.10.2021 durch die bereits erfolgte Zahlung von Krankengeld als erfüllt (vgl. § 107 SGB X, Brinkhoff a.a.O. Rn. 33). Die Verrechnung erfolgt - aufgrund der gesetzlichen Regelungen in §§ 102 ff. SGB X - intern zwischen den Leistungsträgern, also der - hier beklagten - Krankenkasse und der DRV B1.

Das von der Klägerin thematisierte Rückforderungsverbot für den Krankengeldspitzbetrag betrifft nur den Teil des Krankengeldes, der den Auszahlungsbetrag der Rente wegen voller Erwerbsminderung übersteigt (
Brinkhoff a.a.O. Rn. 31). Der Krankengeldspitzbetrag ist die Differenz zwischen Krankengeld (im Fall der Klägerin 822,60 € monatlich) und der Rente wegen voller Erwerbsminderung (im Fall der Klägerin 726,46 € monatlich). Diese Differenz (von 96,14 € monatlich) muss vom Versicherten nicht zurückgezahlt werden, wie sich aus § 50 Abs. 1 Satz 2 SGB V ergibt. Dementsprechend hat die Beklagte auch nur in Höhe des der Klägerin zustehenden Anspruchs auf EM-Rente verrechnet, obwohl sie der Klägerin im Zeitraum vom 01.12.2020 bis 19.10.2021 Krankengeld in Höhe von insgesamt 8.746,98 € ausgezahlt hat. Die Beklagte hat den Krankengeldspitzbetrag mithin nicht verrechnet, wie sich aus dem Schreiben der Beklagten an die DRV B1 vom 02.02.2023 auch unschwer ergibt (vgl. Bl. 86 Verwaltungsakte). Dies kann die Klägerin auch aus den ihr übersandten Mitteilungen der Beklagten über die erhaltenen Entgeltersatzleistungen vom 28.02.2023 (Bl. 89 bis 92 der Verwaltungsakte) ersehen, in welchen diese die Bescheinigung für das Finanzamt korrigiert und nunmehr im genannten Zeitraum nur noch den die Erwerbsminderungsrente übersteigenden Krankengeldbetrag (einschließlich enthaltener Beiträge) aufweist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.


 

Rechtskraft
Aus
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