Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 21.01.2022 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Kraftfahrzeughilfe.
Die 0000 geborene Klägerin ist als Sachbearbeiterin bei der Stadt Z. angestellt. Ihr monatliches Nettoarbeitsentgelt belief sich laut Bescheinigung ihrer Arbeitgeberin vom 05.02.2019 im Januar 2019 auf 1.616,77 € netto. Die Klägerin ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 90. Des Weiteren sind bei ihr die Merkzeichen G, aG, H und B anerkannt.
Am 21.10.2018 verkaufte die Klägerin ihren PKW (U., abgelesener km-Stand 60200, Erstzulassung: 18.04.2016), welches an die M. sicherungsübereignet war. Nach eigenen Angaben hatte sie dieses Fahrzeug selbst mithilfe eines Kredites finanziert. Der Kaufpreis betrug 20.000,00 €. Die Fahrzeugübergabe war zum 28.10.2018 vereinbart. Noch im Dezember 2017 war eine Reparatur durchgeführt worden, die Kosten in Höhe von 2.205,27 € verursacht hatte. Am 24.10.2018 bestellte die Klägerin einen Neuwagen mit Automatikgetriebe zu einem Kaufpreis von 39.157,00 €.
Mit Schreiben vom 06.02.2019 bestätigte die M., dass der Darlehensvertrag der Klägerin mit der Zahlung i.H.v. 23.514,40 € am 29.10.2018 beendet worden sei. Den Differenzbetrag von 3.514,40 € beglich die Klägerin nach ihren Angaben selbst mit zuvor privat geliehenem Geld.
Am 21.02.2019 stellte die Klägerin bei Deutschen Rentenversicherung Westfalen einen Antrag auf Kraftfahrzeughilfe, den diese zuständigkeitshalber an die Beklagte weiterleitete. In dem Antrag gab sie an, dass ihr von dem Autohaus ein Rabatt wegen ihrer Behinderung gewährt worden sei. Aufgrund dessen habe sie den Kaufvertrag bereits im Oktober 2018 abschließen müssen.
Mit Bescheid vom 04.03.2019 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin ab. Die Klägerin habe eine Leistung in Anspruch genommen, ohne vorher einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gestellt zu haben.
Hiergegen legte die Klägerin am 13.03.2019 Widerspruch ein. Bei einem Telefonat am 17.10.2018 mit einer Mitarbeiterin der Beklagten, deren Namen sie nicht mehr wisse, sei ihr mitgeteilt worden, dass es besser sei, den Antrag erst im Jahr 2019 zu stellen, da sich Zuständigkeiten und Gesetze zum 1. Januar ändern würden. Ihr sei gesagt worden, dass die Antragstellung auch nach der Bestellung des Fahrzeugs möglich sei, sie solle nur den Grund hierfür im Antrag erläutern. Das alte Fahrzeug habe sie Ende Oktober verkaufen müssen. Für den Zeitraum der Überbrückung bis zur Lieferung des neuen Fahrzeugs sei ihr vom Autohaus ein Mietwagen angeboten worden. Die Bereitstellung des Mietwagens sei aber nur in Verbindung mit der Bestellung eines neuen Wagens möglich gewesen. Aus diesem Grund sei ihr gar keine andere Möglichkeit geblieben, als das Fahrzeug vor Antragstellung zu bestellen, zumal sie vorher telefonisch nachgefragt habe. Ende 2011 sei ihr schon einmal eine Leistung nach der getätigten Bestellung gewährt worden, damals noch vom Arbeitsamt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 24.05.2019 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Eine schnelle Kaufentscheidung sei nicht erforderlich gewesen, weil ein Behindertenrabatt von den Autohäusern in der Regel immer gewährt werde. Zudem sei der Antrag auf Kostenübernahme auch nicht innerhalb einer Frist von einem Monat nach Abschluss des Kaufvertrages gestellt worden. Der Vortrag der Klägerin, ihr sei gesagt worden, sie solle den Antrag erst im folgenden Jahr stellen, weil zum 01.01.2019 eine Gesetzesänderung eintrete, begründe nicht, warum der Antrag erst am 21.02.2019 gestellt worden sei.
Am 13.06.2019 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht (SG) Dortmund erhoben. Sie sei zur Erreichung und Aufrechterhaltung ihres Arbeitsplatzes auf ein behindertengerechtes Fahrzeug angewiesen. Aufgrund ihrer Einschränkungen sei eine Nutzung des Altwagens mit Schaltgetriebe zukünftig nicht mehr möglich gewesen, da es aufgrund der einschränkungsbedingten Bedienung wiederholt zu einem Verschleiß bzw. Defekt des Kupplungsgetriebes gekommen sei. Aufgrund der telefonischen Beratung durch die Beklagte habe sie mit der Antragstellung bis 2019 gewartet, dann das neue Antragsformular heruntergeladen und begonnen, die erforderlichen Unterlagen zu beschaffen. Erst im Februar 2019 habe sie die Bescheinigung der örtlichen Behörde (Bescheinigung vom 05.02.2019) und die Arbeitgeberauskunft zum Einkommen erhalten. Danach habe sie den Antrag unverzüglich gestellt. Da sie den Altwagen, deren Eigentümerin sie nie geworden sei, mit einem Darlehen finanziert habe, sei ihr der Verkaufserlös faktisch nicht zugekommen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 04.03.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.05.2019 zu verpflichten, der Klägerin Kfz-Hilfe in Form der Förderung der Beschaffung des Kfz bis zu einem Betrag in Höhe von 6.080,00 € zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat weiterhin die Ansicht vertreten, dass der Antrag verspätet erfolgt sei. Hilfsweise hat sie darauf hingewiesen, dass ein Anspruch auch dann nicht bestehe, wenn der Antrag rechtzeitig erfolgt sei. Der Altwagen sei für einen Kaufpreis in Höhe von 20.000,00 € verkauft worden. Dieser Betrag sei von dem maximalen Zuschuss-Betrag von 9.500,00 € abzusetzen. Ein möglicher Zahlbetrag verbliebe dann nicht mehr.
Mit Urteil vom 21.01.2022 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die Hilfe zur Beschaffung des Kraftfahrzeugs. Voraussetzung für einen Anspruch auf Bewilligung einer Hilfe bei der Beschaffung eines Kraftfahrzeugs sei unter anderem nach § 10 Kraftfahrzeughilfe-Verordnung (KfzHV) ein fristgerechter Antrag. Leistungen sollen gemäß § 10 Satz 1 KfzHV vor dem Abschluss eines Kaufvertrages über das Kraftfahrzeug beantragt werden. Die Klägerin habe den Antrag auf Hilfe zur Beschaffung eines Kraftfahrzeuges verspätet gestellt. In Ausnahmefällen könne zwar der Antrag noch im Nachhinein gestellt werden, wenn der Versicherte bereits selbst seinen Bedarf gedeckt habe. Voraussetzung hierfür sei jedoch das Vorliegen eines atypischen Sachverhalts. Die Frist, innerhalb welcher der Antrag in diesen Fällen zu stellen sei, sei ein Zeitraum von einem Monat nach Rechnungsstellung. Auch die Monatsfrist entsprechend des § 10 Satz 2 KfzHV habe die Klägerin nicht eingehalten. Ein Fall der unverschuldeten Versäumung der Frist liege nicht vor. Mangels fristgerechten Antrags stehe der Klägerin mithin ein Anspruch auf Bewilligung der Hilfe bei der Beschaffung eines Kraftfahrzeuges nicht zu. Die Frage, ob der Wert des Altwagens auf die Leistung grundsätzlich anzurechnen gewesen wäre, habe dahingestellt bleiben können.
Gegen das ihr am 14.02.2022 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 18.02.2022 Berufung eingelegt. Ihr sei keine Fristversäumnis vorzuwerfen. Zum einen habe die Beklagte am Telefon eine fehlerhafte Beratung vorgenommen. Zum anderen sei der Verkauf des Altwagens und die Anschaffung des Neuwagens unaufschiebbar gewesen. Es sei ihr nicht zumutbar gewesen, auf die Nutzung eines möglicherweise funktionstüchtigen Altwagens verwiesen zu werden, wenn aufgrund ihrer Behinderung offenkundig sei, dass durch die behinderungsbedingte Fehlnutzung des Fahrzeugs dieses erneut mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit beschädigt werde. Der Kupplungsverschleiß sei aufgrund ihrer Erkrankung, die sich im Verlaufe der Nutzung des alten Fahrzeugs verschlechtert habe, sehr hoch gewesen. Sie habe Probleme gehabt, die Koordination der Kupplung mit dem Gasgeben und dem Schalten hinzubekommen. Zudem unterstelle eine Veräußerung, dass auch ein Verkaufserlös erzielt werde, der der Verkäuferin zugutekomme. Dies sei jedoch bei ihr nicht der Fall gewesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 21.01.2022 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 04.03.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.05.2019 zu verurteilen, ihr Kfz-Hilfe in Form der Förderung der Beschaffung des Kfz bis zu einem Betrag i.H.v. 6.080,00 € zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Selbst unter Annahme einer rechtzeitigen Antragstellung könne die Klägerin keinen Zuschussbetrag erhalten. Bei einem maximalen Zuschuss i.H.v. 9.500,00 € müsse der Altwagen von 20.000,00 € berücksichtigt werden. Der Vortrag der Klägerin, sie habe die Auskunft erhalten, dass es für sie günstiger sei, erst im Jahr 2019 den Antrag zu stellen, sei unverständlich. Im Jahr 2019 sei eine gesetzliche Änderung nicht erfolgt. Im März 2019 sei lediglich der Vordruck für die Bescheinigung der örtlichen Behörde zum Antrag auf Kraftfahrzeughilfe nicht mehr erforderlich gewesen. Diese Bescheinigung sei in den Antrag mit eingearbeitet worden. Auch unter Berücksichtigung des Urteils des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 05.10.2021 (L 2 R 293/20) sei sie weiterhin der Auffassung, dass generell immer der Verkehrswert des Altfahrzeuges zu berücksichtigen sei. Die Unterscheidung, ob sich der Altwagen im Eigentum oder lediglich im Besitz der Klägerin befinde, sei vom Verordnungsgeber dabei nicht vorgesehen. Nicht die Finanztransaktionen beim Erwerb des anzurechnenden Fahrzeuges, sondern der Wert desselben sei ihrer Auffassung nach bei der Anwendung der KfzHV von Belang. Die Anwendbarkeit des § 5 Abs. 3 KfzHV könne nicht von zufälligen schuld- und sachenrechtlichen Konstellationen abhängig sein. Ein aufgrund der Sicherungsübereignung des Altfahrzeuges unterbliebene Anrechnung würde dem Regelungswillen des Verordnungsgebers widersprechen und zu einem Ungleichgewicht in der Behandlung des zu betreuenden Personenkreises führen. Ungeachtet dessen sei sie weiterhin der Auffassung, dass von der Klägerin im hiesigen Verfahren der Beschaffungsweg nicht eingehalten worden sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klage ist unbegründet. Der Bescheid vom 04.03.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.05.2019 (§ 95 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) ist rechtmäßig und beschwert die Klägerin nicht (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Sie hat keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in Form einer Hilfe zur Beschaffung eines Kraftfahrzeugs.
Maßgebliche Rechtsgrundlagen für den von der Klägerin gegen die Beklagte geltend gemachten Anspruch sind die §§ 9, 13 und 16 SGB VI in Verbindung mit der Kraftfahrzeughilfe-Verordnung (KfZHV) zum Zeitpunkt ihrer Antragstellung auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben am 21.02.2019 bei der Deutschen Rentenversicherung Westfalen, die den Antrag zuständigkeitshalber an die Beklagte weitergeleitet hat.
Nach § 301 Abs. 1 Satz 1 SGB VI sind für Leistungen zur Teilhabe bis zum Ende der Leistungen die Vorschriften weiter anzuwenden, die im Zeitpunkt der Antragstellung oder, wenn den Leistungen ein Antrag nicht vorausging, der Inanspruchnahme galten.
Nach § 9 Abs. 1 SGB VI in der Fassung Gesetzes zur Flexibilisierung des Übergangs vom Erwerbsleben in den Ruhestand und zur Stärkung von Prävention und Rehabilitation im Erwerbsleben (Flexirentengesetz) vom 08.12.2016 erbringen die Träger der Rentenversicherung Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, um den Auswirkungen einer Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit vorzubeugen, entgegenzuwirken oder sie zu überwinden und dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit des Versicherten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben wiedereinzugliedern. Die Leistungen nach Abs. 1 sind zu erbringen, wenn die persönlichen und die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind (§ 9 Abs. 2 SGB VI).
Der Rentenversicherungsträger ist bei Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach §§ 5, 6 SGB IX als Rehabilitationsträger i.S.d. SGB IX tätig. Bei Erfüllung der persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen (§§ 10, 11 SGB VI) entscheidet der Rentenversicherungsträger über die zu gewährenden Leistungen gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 SGB VI unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts des Versicherten und unter Wahrung der Grundätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit über Art, Dauer, Umfang, Beginn und Durchführung der Leistungen sowie der Rehabilitationseinrichtung nach pflichtgemäßem Ermessen.
Die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach §§ 9 und 10 SGB VI sind, was zwischen den Beteiligten auch unstreitig ist, gegeben. Die Klägerin ist aufgrund ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf die Benutzung eines PKW zur Erreichung der Arbeitsstelle angewiesen. Die Wartezeit von 15 Jahren ist ebenfalls erfüllt.
Nach § 16 SGB VI in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz – BTHG) vom 23.12.2016 erbringen die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach den §§ 49 bis 54 SGB IX. Nach § 49 SGB IX in der Fassung des BTHG werden zur Teilhabe am Arbeitsleben die erforderlichen Leistungen erbracht, um die Erwerbsfähigkeit von Menschen mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern. Die Leistungen umfassen nach Abs. 3 insbesondere Hilfen zur Erhaltung oder Erlangung eines Arbeitsplatzes einschließlich Leistungen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung (Nr. 1) und sonstige Hilfen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben, um Menschen mit Behinderungen eine angemessene oder geeignete Beschäftigung oder eine selbstständige Tätigkeit zu ermöglichen oder zu erhalten (Nr. 7). Nach § 49 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 SGB VI umfassen Leistungen nach Abs. 3 Nr. 1 und 7 auch die Kraftfahrzeughilfe nach der Kraftfahrzeughilfe-Verordnung.
Rechtsgrundlage für die Bewilligung einer Hilfe bei der Beschaffung eines Kraftfahrzeugs ist § 2 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 4 der KfzHV in der bis zum 09.06.2021 geltenden Fassung. Danach umfasst die Kraftfahrzeughilfe Leistungen zur Beschaffung eines Kraftfahrzeugs. Nach § 4 Abs. 1 KfzHV setzt die Hilfe zur Beschaffung eines Kraftfahrzeugs voraus, dass der behinderte Mensch nicht über ein Kraftfahrzeug verfügt, dass die Voraussetzungen nach Abs. 2 erfüllt und dessen weitere Benutzung ihm zumutbar ist. Nach Abs. 2 muss das Kraftfahrzeug nach Größe und Ausstattung den Anforderungen entsprechen, die sich im Einzelfall aus der Behinderung ergeben und, soweit erforderlich, eine behinderungsbedingte Zusatzausstattung ohne unverhältnismäßigen Mehraufwand ermöglichen.
Leistungen sollen gemäß § 10 Satz 1 KfzHV vor dem Abschluss eines Kaufvertrages über das Kraftfahrzeug beantragt werden. Dies soll dem Rentenversicherungsträger eine zukunftsorientierte und mit prognoseähnlichen Elementen vermischte abwägende Entscheidung ermöglichen. Der Antrag ist grundsätzlich so rechtzeitig zu stellen, dass die Beklagte ihrer Verpflichtung zur Sachverhaltsaufklärung, zur Beratung und zur Ermessensentscheidung über die sinnvollste Rehabilitation des Versicherten ordnungsgemäß nachkommen kann. Infolgedessen entfaltet der Antrag Rechtswirkungen grundsätzlich nur für die Zukunft. Er ist somit im Regelfall zwingende Voraussetzung für die Gewährung einer Kfz-Hilfe und nicht nur eine bloße Ordnungsvorschrift (BSG Urteil vom 16.12.1993 – 4 RA 16/93 – SozR 3-5765 § 10 Nr. 2, SozR 3-1300 § 27 Nr. 5 Rdn. 21).
Die Klägerin hat den Antrag auf Hilfe zur Beschaffung eines Kraftfahrzeuges nicht vor dem Kauf des Neuwagens im Oktober 2018, sondern erst im Februar 2019 und damit grundsätzlich verspätet gestellt.
Es bedarf hier keiner Entscheidung, ob der Klägerin eine unzutreffende telefonische Auskunft erteilt worden ist und aus diesem Grunde eine Antragstellung der Klägerin erst im Februar 2019 erfolgt und damit eine rechtzeitige Antragstellung nach § 10 Satz 1 KfzHV unterblieben ist oder eine rechtzeitige Antragstellung unter dem Gesichtspunkt eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs fingiert werden kann. Ebenso kann dahinstehen, ob die Klägerin mit dem Altwagen (U., Erstzulassung: 18.04.2016) und der Mitte Dezember 2017 durchgeführten Reparatur in Höhe von 2.205,27 € sowie einer Laufleistung von 60.200 km zum Zeitpunkt des Verkaufs im Oktober 2018 über ein Kraftfahrzeug verfügte, dessen weitere Benutzung ihr zumutbar gewesen wäre. Die Hilfe zur Beschaffung eines Kraftfahrzeuges setzt nach § 4 Abs. 1 KfzHV voraus, dass der behinderte Mensch nicht über ein Kraftfahrzeug verfügt, dass die Voraussetzungen nach Abs. 2 erfüllt und dessen weitere Benutzung ihm zumutbar ist. Nach Absatz 2 muss das Kraftfahrzeug nach Größe und Ausstattung den Anforderungen entsprechen, die sich im Einzelfall aus der Behinderung ergeben und, soweit erforderlich, eine behinderungsbedingte Zusatzausstattung ohne unverhältnismäßigen Mehraufwand ermöglichen und dessen weitere Benutzung ihr zumutbar gewesen wäre.
Selbst unter Zugrundelegung einer rechtzeitigen Antragstellung, eines nicht mehr für die Klägerin geeigneten Altwagens und der Annahme einer Ermessensreduzierung auf Null steht der Klägerin der geltend gemachte Anspruch nicht zu. Sie muss sich den Verkehrswert des Altwagens in Höhe von zumindest 20.000,00 €, der den maximalen Förderungsbetrag von 9.500,00 € überschreitet, anrechnen lassen. Die Sicherungsübereignung des Altwagens steht der Anrechnung nicht entgegen. Maßgeblich ist der Verkehrswert des Altwagens. Eine Unterscheidung zwischen einem darlehensfinanzierten, sicherungsübereigneten Kraftfahrzeug mit einem beim Kauf vollständig bezahlten Kaufpreis sieht die KfzHV nicht vor.
Nach § 5 Abs. 1 KfzHV in der bis zum 09.06.2021 geltenden Fassung wird die Beschaffung eines Kraftfahrzeugs bis zu einem Betrag in Höhe des Kaufpreises, höchstens jedoch bis zum einem Betrag von 9.500,00 € gefördert. Die Kosten einer behinderungsbedingten Zusatzausstattung bleiben bei der Ermittlung unberücksichtigt. Von diesem Höchstbetrag nach § 5 Abs. 1 KfzHV ist nach § 5 Abs. 3 KfzHV der Verkehrswert des Altwagens abzusetzen.
Der nach diesen Maßstäben zugrunde zu legende und anzurechnende Verkehrswert des Altwagens überschreitet den Höchstförderungsbetrag. Der von der Klägerin bis Oktober 2018 für ihre Fahrten zum Arbeitsplatz benutzte U. hatte im Zeitpunkt des Verkaufs einen Verkehrswert von mindestens 20.000,00 €. § 5 Abs. 3 KfzHV beantwortet die Frage, was unter dem „Verkehrswert“ des Altwagens zu verstehen und wie dieser zu ermitteln ist, selbst nicht. Allgemein ist in dem hier vorliegenden Regelungszusammenhang der Verkehrswert jener Wert, den man für das Fahrzeug im normalen Alterszustand auf dem Gebrauchtwagenmarkt üblicherweise erzielt (so BSG Urteil vom 31.03.2004 – B 4 RA 8/03 R – juris Rnr. 24). Auch die Empfehlungen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen – BIH – für Leistungen der begleitenden Hilfen zum Erreichen des Arbeitsplatzes nach der Kraftfahrzeughilfeverordnung gehen davon aus, dass es in der Regel auf den Verkehrswert eines Wagens mit einem entsprechenden Alter ankommt, „also auf den Wert, den man auf dem Gebrauchtwagenmarkt für das Altfahrzeug üblicherweise erzielt“. Die Klägerin hat beim Verkauf ihres Fahrzeugs einen Preis von 20.000,00 € erzielt. Hinweise darauf, dass der Verkauf des Fahrzeugs Merkmale aufwies, die von einem üblichen Verkauf auf dem Gebrauchtwagenmarkt abwichen, sind nicht erkennbar. Daher und in Anbetracht des den Förderungshöchstbetrag von 9.500,00 € weit überschreitenden Verkaufserlöses waren weitere Ermittlungen nicht erforderlich.
Bei dem zuvor im Besitz der Klägerin befindlichen U. handelt es sich auch um einen Altwagen im Sinne dieser Vorschrift. Unter dem Begriff Altwagen ist ein Kfz zu verstehen, das der Antragstellerin zur Benutzung zur Verfügung steht und dessen wirtschaftlicher Wert der Antragstellerin im Falle eines Verkaufs zukommt. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt bei lediglich leihweise zur Verfügung gestellten oder gemieteten Fahrzeugen. Der Fall eines sicherungsübereigneten Fahrzeugs ist mit dem einer Miete oder Leihe jedoch nicht vergleichbar. Während im Fall einer Miete oder Leihe das Eigentum an dem Fahrzeug und damit der wirtschaftliche Wert unbedingt dem Vermieter oder Verleiher zusteht, fällt das Eigentum an einem sicherungsübereigneten Fahrzeug mit der vollständigen Ablösung des Darlehens in der Regel automatisch an den Darlehensnehmer zurück. Dies war hier mit der Ablösung des Darlehens bei der M. am 29.10.2018 der Fall. Erst danach konnte die zwischen der Klägerin und dem Käufer vertraglich vereinbarte Übereignung des Fahrzeugs an den Käufer erfolgen. Der Kaufpreis ist der Käuferin auch unmittelbar zugeflossen. Der Einwand der Klägerin, das Fahrzeug habe aufgrund der bei der M. bestehenden Darlehensschuld für sie keinen Wert gehabt, führt zu keinem anderen Ergebnis. Zur Überzeugung des Senats hat bei der Ermittlung des nach dem Wortlaut des § 5 Abs. 3 KfzHV anzurechnenden Verkehrswertes keine Saldierung des Wertes mit den auf dem Kfz lastenden Schulden der Klägerin zu erfolgen. Anders als beispielsweise im Grundsicherungsrecht, wo bei der Ermittlung des zu berücksichtigenden Wertes eines Vermögensgegenstandes die darauf unmittelbar lastenden Verbindlichkeiten vom Verkehrswert in Abzug zu bringen sind (BSG Urteil vom 15.04.2008 – B 14 AS 27/07 R – juris Rdn 44), findet im Rahmen der Hilfen zur Anschaffung eines Kfz keine Bedürftigkeitsprüfung statt, die es gebieten würde, nur solche Vermögenswerte zu berücksichtigen, die auch tatsächlich für den verfolgten Zweck zur Verfügung stehen. Bei der Kfz-Hilfe handelt es sich nicht um eine Fürsorgeleistung, die (nur) dann erbracht wird, wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers die Anschaffung eines Kfz nicht zulassen. Zwar ist die Höhe der Förderung abhängig von der Höhe des Einkommens (§ 6 KfzHV), beträgt jedoch auch bei hohen Einkommen mindestens 16% des Höchstbetrages. Von der Vermögenssituation des Antragstellers ist die Gewährung der Hilfe gänzlich unabhängig. Mit dem Höchstbetrag von 9.500,00 € war es zudem bereits im Jahr 2018 grundsätzlich nicht möglich, ein behinderungsgerechtes Kraftfahrzeug der unteren Mittelklasse - auch als Gebrauchtwagen - ohne Eigenmittel oder die Inanspruchnahme eines Kredits zu erwerben. Denn nach § 4 Abs. 3 KfzHV kann auch bei der Beschaffung eines Gebrauchtwagens dieser nur gefördert werden, wenn er die Voraussetzungen nach § 4 Abs. 2 erfüllt und sein Verkehrswert mindestens 50 vom Hundert des seinerzeitigen Neuwagenpreises beträgt. Dementsprechend hat der Gesetzgeber den Zuschussbetrag nach § 5 Abs. 1 KfzHV mit Wirkung zum 10.06.2021 von 9.500,00 € auf 22.000,00 € erhöht. Er wollte damit dem Umstand Rechnung tragen, dass die Neuwagenpreise seit 1987 erheblich gestiegen sind, und dennoch weiterhin die Anschaffung eines Wagens der unteren Mittelklasse ermöglichen (BT-Drucks 19/28834 Seite 61). Systematisch ist daher die Anrechnung des Verkehrswertes des Altwagens nicht als Berücksichtigung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu sehen. Vielmehr soll damit sichergestellt werden, dass die behinderte Person nur in dem Umfang gefördert wird, in dem der spezifische, für die Integration erforderliche Gegenstand nicht für dessen Neuanschaffung eingesetzt werden kann.
Eine andere Betrachtungsweise würde dagegen zu einer Ungleichbehandlung des zu fördernden Personenkreises führen. Die von der Klägerin begehrte Unterscheidung beinhaltet eine Ungleichbehandlung derjenigen, die ein Darlehen aufgenommen hatten, um ihren Altwagen anzuschaffen, mit den Antragstellern, die ihr Fahrzeug anderweitig finanziert (z.B. Privatkredit, Sparvermögen) oder ihr Darlehen bereits abgelöst haben. Dabei würde die Anrechenbarkeit auf den Bemessungsbetrag unter Umständen auch von der gewählten Höhe der Kreditrate und der daraus resultierenden Laufzeit abhängen. Eine solche beabsichtigte Ungleichbehandlung würde der Konzeption der Verordnung angesichts der oben dargestellten Außerachtlassung der Vermögenssituation der antragstellenden Personen nicht entsprechen.
Nicht zu prüfen ist, ob der Gesetzgeber die gerechteste, zweckmäßigste und vernünftigste Lösung gewählt hat (BVerfG Beschluss vom 28.04.2022 – 1 BvL 12/20 – juris Rdn. 9,19; BSG Urteil vom 18.10.2023 – B 5 R 49/21 R – juris Rdn. 41).
Steht der Klägerin der Zuschuss bereits aufgrund der Anrechnung des Verkehrswertes des Altwagens nicht zu, erübrigt sich eine Prüfung, ob der von der Klägerin geltend gemachte Zuschuss von ihr in zutreffender Höhe berechnet worden ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revisionszulassung beruht auf § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Der Senat misst der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung zu.