S 15 AL 1084/23

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Frankfurt (HES)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 15 AL 1084/23
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AL 134/23
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 11 AL 14/24 BH
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid


Die Klage wird abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.


Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen Mahnungen und Zahlungserinnerungen von Forderungen der Beklagten. 

Der 1975 geborene Kläger ist ausgebildeter Energieelektroniker und hat eine Weiterbildung als Automatisierungstechniker abgeschlossen. Er befand sich von Oktober 2011 bis 5. November 2018 als Strafgefangener in der Justizvollzugsanstalt B-Stadt. Ausweislich der Arbeitgeberbescheinigung war der Antragsteller vom 6. Oktober 2011 bis 11. April 2017 in Vollzeit in der Haft beschäftigt. Er war sodann mit Ausnahme eines Arbeitstags am 10. August 2018 arbeitsunfähig bis zur Entlassung erkrankt ohne Krankengeld zu beziehen. Seit der Haftentlassung im November 2018 führte und führt der Kläger eine Vielzahl von Verfahren vor dem Sozialgericht Frankfurt sowie vor dem Hessischen Landessozialgericht, insbesondere auf dem Gebiet der Grundsicherung für Arbeitssuchende, der Sozialhilfe sowie gegen die Beklagte. 

Mit zwei Bescheiden vom 17. März 2021 bewilligte die Beklagte dem Kläger ab 26. März 2021 vorläufig Arbeitslosengeld. Bereits ab dem 22. März 2021 bis 30. April 2021 war der Kläger bei der B. Facility Management GmbH in C-Stadt in Vollzeit angestellt. Mit Email vom 26. März 2021 schrieb der Kläger der Beklagten „Ich weise darauf hin, dass wegen Arbeitsaufnahme ein Alg1 Anspruch vermutlich NICHT besteht § 60 SGB I. NOCHMAL. Ich habe eine Arbeit aufgenommen!“. Die Beklagte hob die Bewilligung vom 17. März 2021 mit Aufhebungsbescheid vom 1. April 2021 auf. Mit bestandskräftigem Erstattungsbescheid vom 6. April 2021 forderte die Beklagte vom Kläger die Erstattung überzahlten Arbeitslosengeldes für den Zeitraum 26.03.2021-31.03.2021. Der offene Forderungsbetrag beläuft sich auf eine Summe von 228,81 €.

Keine der offenen Forderungen befindet sich aktuell in einem Vollstreckungsverfahren. 

Mit Klage vom 12. August 2023 beantragt der Kläger wörtlich,
„1. Es wird beantragt, festzustellen, dass die von den Beklagten an den Kläger gerichteten Forderungen u.a. aus den Anlagen dem Verfahren HessLSG L 7 AS 455/22 WB der Ag. 4. V. 28.07.2023 XXX1, Wb der Ag 3. aus August 2023 und weitere nicht bestehen (neg. Feststellungsklage).
Hilfsweise
Es wird beantragt, die Beklagten zu verurteilen ihre angeblichen Ansprüche gem. § 76 II SGB IV §§ 59, 79 BHO niederzuschlagen
Hilfsweise
Es wird beantragt, die Beklagten werden verurteilt dem Kläger ein vernünftiges Ratenzahlungs- und Sanierungskonzept vorzulegen.
2. Die Vollstreckung wird untersagt“

Die Beklagten stellen keinen Antrag.

Das Gericht hat den Beteiligten mit Schreiben vom 23. Juli 2023 mitgeteilt, dass es eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid beabsichtigt und eine Frist zur Stellungnahme von zwei Wochen gesetzt. Das Schreiben ist jedem Beteiligten zugestellt worden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Gerichtsakte im Verfahren S 15 AL 1085/23 ER sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.


Entscheidungsgründe

Der Rechtstreit konnte gemäß § 105 Abs. 1 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nach Anhörung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschieden werden, da die Streitsache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist.

Der Entscheidung der Kammer steht nicht das Ablehnungsgesuch gegen die Vorsitzende entgegen. Denn das Ablehnungsgesuch ist unzulässig, da offensichtlich rechtsmissbräuchlich. 

Nach § 60 Abs. 1 S. 1 SGG in Verbindung mit § 42 Abs. 1 Alt. 2 ZPO kann ein Richter wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden. Sie findet statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen (§ 42 Abs. 2 ZPO). Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Richter tatsächlich befangen ist; maßgeblich ist vielmehr allein, ob ein Beteiligter, von einem vernünftigen Standpunkt aus betrachtet, berechtigten Anlass hat, an der Unparteilichkeit und objektiven Einstellung des Richters zu zweifeln. Subjektive, unvernünftige Erwägungen scheiden als Ablehnungsgrund aus. Zweifel an der Unparteilichkeit müssen ihren Grund in einem Verhalten des Richters haben.

Ausweislich der Vielzahl der Verfahren und dem nicht vorhandenen Vortrag zu den Gründen einer möglichen Befangenheit ist der Antrag rechtsmissbräuchlich. Dem Antragsteller geht es nicht um die Verhinderung der Befassung der Vorsitzenden mit dem vorliegenden Verfahren (und dem materiellen Recht), sondern lediglich um die Beschäftigung der Vorsitzenden mit einem weiteren Antrag. Dies reiht sich ein in die übliche Praxis des Antragstellers, in den ersten Schriftsätzen eines Verfahrens in der weit überwiegenden Mehrheit der Verfahren neben dem Befangenheitsantrag Verzögerungsrüge zu erheben, Prozesskostenhilfe ohne Einreichung der erforderlichen Unterlagen zu beantragen sowie die Beiordnung nach § 72 SGG zu beantragen.

Die Klage hat in dem Umfang, der nach Abtrennung der Verfahren hinsichtlich Forderungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch, Verfahren gegen die (vormals) Klägerin zu 4) und insoweit auch Klägerin zu 1) (S 16 AS 1547/23 ER) sowie bezüglich der Widerspruchsgebühr nach dem Informationsfreiheitsgesetz, Verfahren gegen die (vormals) Klägerin zu 2) und insoweit auch Klägerin zu 1) (S 15 AL 1103/23 ER), verbleibt, keine Aussicht auf Erfolg.

Es fehlt das Rechtschutzbedürfnis. Denn die Klägerin zu 1) treibt derzeit keine Forderungen der Klägerin zu 2) bei.

Soweit der Kläger hilfsweise die Niederschlagung von Forderungen begehrt, ist der Antrag unbestimmt, da nicht erkennbar ist, auf welche Forderungen der Kläger sich bezieht. Zudem fehlt es an der Durchführung eines ordnungsgemäßen Vorverfahrens. 

Der weiter hilfsweise verfolgte Antrag auf Verurteilung der Klägerinnen, dem Kläger ein Sanierungskonzept o.ä. vorzulegen, ist mangels Rechtschutzbedürfnisses unzulässig. Es ist für das Gericht, auch im Hinblick auf die erfolgte Ratenzahlungsvereinbarung bzgl. Forderungen aus dem SGB II nicht ersichtlich, dass der Kläger diesbezüglich Rechtschutzes bedarf.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 S. 1 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens.
 

Rechtskraft
Aus
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