Zur Tätigkeit als Küchenmonteur als selbstständige Tätigkeit.
Gericht: |
Sozialgericht Heilbronn |
Datum: |
19.04.2023 |
Aktenzeichen: |
Entscheidungsart: |
Urteil |
Normenkette: |
§ 28p Abs 1 SGB 4, § 7 Abs 1 SGB 4, § 5 Abs 1 Nr 1 SGB 5, § 1 Satz 1 Nr 1 SGB 6, § 25 Abs 1 SGB 3, § 20 Abs 1 Satz 2 Nr 1 SGB 11 |
Titelzeile: |
Sozialversicherungspflicht bzw -freiheit - Küchenmonteur - abhängige Beschäftigung - selbstständige Tätigkeit - Abgrenzung |
Leitsatz: |
Zur Tätigkeit als Küchenmonteur als selbstständige Tätigkeit. |
Tenor: |
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
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Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über eine Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 22.207,40 Euro.
Der Kläger betreibt eine Einzelfirma, die die Planung, den Verkauf und den Aufbau von Küchen zum Gegenstand hat.
Der Beigeladene zu 1. meldete am 30.04.2012 ein Gewerbe zur Montage von Küchen und Möbel an.
Der Kläger und der Beigeladene zu 1. schlossen am 05.01.2015 einen Werkvertrag ab mit folgendem Inhalt:
§ 1 Vertragsgegenstand
- Gegenstand des Vertrages ist die Erbringung von werkvertraglichen Leistungen durch den Auftragnehmer.
- Bestandteile dieses Vertrages sind:
Montagearbeiten; Liefertätigkeiten und Kundendienste; Anschlussarbeiten Herd und Kochfeld sowie Spüle und Armatur.
§ 2 Leistungsumfang
Der Auftragnehmer führt die in diesem Vertrag beschriebenen werkvertraglichen Leistungen (nachfolgend – Leistungen – genannt) aus. Die Leistungen sind wie folgt definiert:
Richten sich nach den jeweiligen Einzel Aufträgen! Siehe § 1
Der Auftraggeber ist berechtigt, sich jederzeit über die vertragsmäßige Ausführung der Leistung zu informieren.
[…]
§ 4 Pflichten des Auftragnehmers
[…]
2. Der Auftragnehmer ist verpflichtet, sich bei der Leistungserbringung an den Rahmen der vom Auftraggeber festgelegten und genehmigten Kostenvorgaben zu halten. Bei Kostenabweichungen hat der Auftragnehmer den Auftraggeber unverzüglich zu unterrichten, die Kostenabweichungen zu begründen und bei Kostenüberschreitungen Einsparungsmöglichkeiten vorzuschlagen.
[…]
§ 5 Pflichten des Auftraggebers
Der Auftraggeber stellt dem Auftragnehmer auf Anforderung die bei ihm vorhandenen, für die Erbringung der Leistungen benötigten Unterlagen und Daten zur Verfügung, soweit der Auftraggeber diese Daten selbst erhoben hat, sie in seinem Auftrag erhoben wurden oder ihm aus allgemein zugänglichen Quellen bekannt geworden und bei ihm noch verfügbar sind.
§ 6 Vergütung
1. Der Auftragnehmer erhält für die Erbringung der unter § 2 beschriebenen Leistungen einen pauschalen Tagessatz in Höhe von 350 Euro Netto zzgl. der gesetzlichen MWSt für das Werk. Die Abrechnung erfolgt jeweils mit gesonderter Rechnung nach Fertigstellung des Werkes.
2. Aufträge an Dritte werden aus dieser Vergütung abgedeckt. Mit der gezahlten Vergütung sind alle Ansprüche abgegolten.
§ 7 Rechnungslegung und Zahlungsweise
Die Rechnungsstellung erfolgt nach Abnahme der Leistung durch den Auftraggeber. Die Zahlung durch den Auftraggeber erfolgt spätestens 14 Tage nach Rechnungseingang.
[…]
§ 12 Laufzeit / Kündigung
- Der Vertrag wird beginnend mit dem 01.01.2015 geschlossen. Er endet und beginnt mit Abnahme und Erteilung des Werkes, ohne dass es einer neuen Werkvertragsverlängerung oder besonderen Kündigung bedarf.
[…]
Am 07.01.2020 schlossen die beiden einen identischen Werkvertrag ab.
Vom 10.02.2020 bis zum 11.02.2020 führte die Beklagte bei dem Kläger eine Betriebsprüfung nach § 28p des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) durch.
Nach Auswertung der Fragebögen zur Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status vom 27.02.2020 und vom 29.02.2020 hörte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 20.04.2020 dazu an, dass beabsichtigt sei, Nachforderungen zur Sozialversicherung in Höhe von insgesamt 22.207,40 Euro für die Zeit vom 01.01.2015 bis 31.12.2019 zu erheben. Der Beigeladene zu 1. sei abhängig beschäftigt gewesen. Der Beigeladene zu 1. sei weisungsgebunden. In zeitlicher Hinsicht sei er an einen vom Kläger festgelegten Terminplan gebunden. In örtlicher Hinsicht weise ihm der Kläger die zu montierenden Küchen beim Endkunden zu. Ferner erhalte er Anweisungen, die die Art und Weise der Ausführungen der Tätigkeit beträfen. Diese hätten sich nach den Kundenvorgaben und der Abnahme der geleisteten Arbeit gerichtet. Die Ausführung der Arbeiten sei durch die Küchenabnahmeprotokolle kontrolliert worden. Der Beigeladene zu 1. habe keine Möglichkeit gehabt, die Modalitäten der Leistungserbringung mitzubestimmen. Er sei in den Betrieb des Klägers eingegliedert gewesen. Rechnungssteller sei die Firma des Klägers gewesen. Der Beigeladene zu 1. habe teilweise die gleichen Tätigkeiten verrichtet, wie ein festangestellter Mitarbeiter. Zeitweise habe der Beigeladene zu 1. auch mit festabgestellten Mitarbeitern des Klägers zusammengearbeitet und habe den Kläger zur Auftragsbesprechung in dessen Betriebsräumen aufgesucht. Der Beigeladene zu 1. Trage auch kein Unternehmerrisiko. Er habe hauptsächlich seine Arbeitskraft eingesetzt und deshalb lediglich das Risiko des Arbeitsausfalles gehabt. Ein nennenswerter Einsatz von Kapital habe nicht stattgefunden. Der Beigeladene zu 1. unterhalte keine eigenen Betriebsräume und keine eigene Betriebsorganisation und beschäftige selbst keine versicherungspflichtigen Arbeitnehmer. Allenfalls die Honorarhöhe der Pauschale sei ein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit. Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und bezahlter Urlaub seien nicht vereinbart gewesen. Dies habe jedoch keine Indizwirkung. Ferner sei die Gewerbeanmeldung des Beigeladenen zu 1. für dessen sozialversicherungsrechtliche Beurteilung nicht relevant. Auch die dem Beigeladene zu 1. eingeräumte Delegationsbefugnis, und der Umstand, dass der Beigeladene zu 1. Aufträge habe ablehnen könne, führten zu keiner anderen rechtlichen Bewertung. Die Merkmale für eine abhängige Beschäftigung überwögen vorliegend. Der Beigeladene zu 1. habe die Tätigkeit als Küchenmonteur für den Betrieb des Klägers daher im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt.
Mit Schreiben vom 14.07.2020 führte der Kläger hierzu aus, dass nach dem Willen der hiesigen Vertragsparteien, des Beigeladenen zu 1. und ihm, durch den Beigeladenen zu 1. eine selbstständige Tätigkeit ausgeübt werden sollte. Ferner sei der Beigeladene zu 1. nicht zeitlich weisungsgebunden. Zwar sei ein fester Zeitplan vereinbart, jedoch sei dies bei jedem selbstständigen Handwerker ähnlich. Halte er sich nicht an die von den Kunden vorgegebenen Termine, drohe ihm die Kündigung des Werkvertrages. Der Beigeladene zu 1. sei auch nicht örtlich weisungsgebunden. Die Küche könne nur beim Endkunden eingebaut werden. Des Weiteren sei der nicht fachlich und inhaltlich weisungsgebunden. Zwar habe er sich an den Küchenplan zu halten, doch andernfalls würde er ein mangelhaftes Werk herstellen.
Schließlich nutze der Beigeladene zu 1. ein eigenes Fahrzeug und sein eigenes Werkzeug. Gerade der Einsatz von eigenen Arbeitsmitteln, in diesem Fall Werkzeuge und ein eigenes Fahrzeug spräche gegen eine Eingliederung in den Betrieb. Auch aus dem kurzen Aufenthalt in den klägerischen Firmenräumen zwecks Besprechungen könne nicht auf eine Eingliederung in den klägerischen Betrieb geschlossen werden. Die fehlenden Urlaubs- oder Entgeltfortzahlungsansprüche seien starke Indizien für eine Selbstständigkeit. Schließlich trage der Beigeladene zu 1. auch unternehmerisches Risiko. Hilfsweise werde darauf hingewiesen, dass der Beigeladene zu 1. ein weiteres abhängiges Beschäftigungsverhältnis habe. Somit wäre der Anteil der „Arbeitgeber“ bis zur Höchstgrenze in Ausgleich zu bringen.
In der Folge stellte die Beklagte entsprechend der vorherigen Anhörung eine Beitragsnachforderung in Höhe von 22.207,40 Euro für den Zeitraum vom 01.01.2015 bis 31.12.2019 durch Bescheid vom 06.08.2020 fest. Die Merkmale für eine abhängige Beschäftigung überwögen weiterhin. Der Beigeladene zu 1. setze im Wesentlichen nur seine Arbeitskraft ein.
Hiergegen erhob der Kläger am 11.09.2020 Widerspruch. Handwerker beziehungsweise Nachunternehmer seien stets auf eine gewisse Weise weisungsgebunden. Beispielsweise habe der Architekt oder der Bauleiter ein Weisungsrecht gegenüber den Unternehmern bezüglich Zeit, Ort und Art der Ausführung. Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass beispielsweise die Telekom ebenfalls Subunternehmer beschäftigte, die vor Ort beim Kunden die technischen Vorbereitungen treffen. Hier sei keinerlei Unterschied zu der Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. zu erkennen. Dasselbe gelte für selbstständig Tätige bei Paketdienstleistern. Diese hätten als eigenes Betriebsmittel lediglich ein Fahrzeug. Sie könnten sich ebenfalls nicht aussuchen, wohin sie die Pakete lieferten.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12.01.2021 als unbegründet zurück. Obwohl die zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen zu 1. getroffenen Vereinbarungen einige Elemente enthielten, die auf eine selbstständige Tätigkeit hindeuteten (z. B. keine Kontrolle der Arbeitszeit oder die Möglichkeit, eine Ersatzkraft zu stellen), spräche die tatsächliche Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses, wie sie sich aus den Angaben der Beteiligten erschließt, überwiegend für eine abhängige Beschäftigung. Insbesondere ließen sich keine wesentlichen, die Selbstständigkeit prägenden Freiräume für die Tätigkeit feststellen, die einem in vergleichbarer in der Montage von Küchen tätigen abhängigen Beschäftigten nicht zugestanden hätten. Für die Annahme, dass der Beigeladene zu 1. im Betrieb eingegliedert war, genüge es, dass Weisungen im organisatorischen Bereich erteilt worden seien. Solle bei einem Kunden eine Küche montiert werden, würden alle Details des Auftrags zwischen dem Kläger und dem Kunden geklärt. Die Montage erfolge dann durch den Subunternehmer. Dieser habe jedoch – anders als der Kläger – keinen Einfluss auf die Einzelheiten des Auftrages. Dass der Monteur keine detaillierten Anweisungen hinsichtlich seiner Arbeitsausführung erhalten habe, stehe seiner Eingliederung im Betrieb nicht entgegen. Die Weisungen in Bezug auf Ort, Zeit, Art und Weise der Tätigkeit hätten sich stets aus dem jeweils erteilten Auftrag ergeben. Wenn der Auftrag übernommen worden sei, stelle der Monteur entsprechend seine Arbeitskraft zur Verfügung. Selbst unterstellt, dass dem Monteur die freie Gestaltung der Arbeitszeit überlassen worden sei, seien seine Gestaltungsmöglichkeiten durch die Vorgaben der jeweiligen Endkunden faktisch begrenzt gewesen, weil er die Montage vor Ort habe durchführen müssen. Ein Indiz für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit lasse sich hieraus jedenfalls nicht ableiten. Hinsichtlich des Arbeitsortes seien insofern auch keine besonderen Weisungen erforderlich, denn bei den Montagearbeiten habe es in der Natur der Sache gelegen, dass diese direkt bei den Kunden (Vertragsnehmer) des Klägers stattfanden. Die Möglichkeit, auch für andere Auftraggeber tätig zu sein, stehe der Eingliederung im Betrieb nicht entgegen. Jedes Beschäftigungsverhältnis sei stets getrennt voneinander zu beurteilen. Das Vorhandensein mehrerer Auftraggeber begründe nicht zwangsläufig eine selbständige Tätigkeit. Typische Merkmale unternehmerischen Handelns lägen im streitbefangenen Fall nicht vor bzw. seien weder vorgetragen noch nachgewiesen worden. Ein gewichtiges Indiz für eine selbständige Tätigkeit sei das mit dem Einsatz eigenen Kapitals verbundene erhebliche Unternehmerrisiko. Ein nennenswertes unternehmerisches Risiko sei hier jedoch nicht festzustellen. Der Monteur setze für seine Arbeiten lediglich seine eigene Arbeitskraft ein. Die mit dem Beigeladenen zu 1. vereinbarte Pauschalvergütung stelle dabei keinen für eine selbständige Tätigkeit sprechenden erfolgsabhängigen Dienstleistungs- oder Werkvertrag dar. Der Beigeladene zu 1. verwende zwar eigenes Werkzeug, jedoch könne eine selbständige Tätigkeit nicht allein an diesem Merkmal festgemacht werden, da ein über die Kleinwerkzeuge hinaus gehender größerer Maschinenbedarf nicht erforderlich gewesen sei. Das nach aufgewendeter Arbeitszeit abgerechnete Entgelt beinhalte kaum echte Gewinnchancen. Eigene Werkstatträume seien weder benutzt, noch angemietet worden. Die zu installierenden Küchen und zu liefernden Möbel seien nicht vom Monteur, sondern von den Kunden bezahlt worden. Dem Monteur fehle zudem die Möglichkeit, seinen finanziellen Erfolg durch den Einsatz eigener finanzieller Mittel zu beeinflussen, da lediglich eine pauschalierte regelmäßige Abrechnung nach geleistetem Auftrag erfolge. Die Rechnungen ließen erkennen, dass weder eigene Betriebsmittel noch Subunternehmer bzw. eigene Arbeitnehmer eingesetzt wurden, zumindest seien keine derartigen Mittel in den Rechnungen ausgewiesen worden. Die Vergütung basiere allein auf der vorgenannten Tages-/Stundenpauschale. Der Monteur trete gegenüber den Kunden des Klägers auch nicht in eigenem Namen und auf eigene Rechnung auf. Der Beigeladene zu 1. habe stets mit dem Kläger abgerechnet. Somit habe der Küchenmonteur lediglich das für einen Arbeitnehmer typische Entgeltrisiko getragen, jedoch kein relevantes unternehmerisches Risiko. Daher sei der angefochtene Bescheid nicht zu beanstanden.
Dagegen hat der Kläger am 11.02.2021 Klage zum Sozialgericht (SG) Heilbronn erhoben. Zur Begründung hat er im Wesentlichen sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren verstärkt und ergänzend im Wesentlichen vorgetragen, dass sich aus der vorliegenden Vertragsgestaltung klar ergäbe, dass ein selbstständiges Tätigwerden des Beigeladenen zu 1. gewünscht gewesen sei. Der feste Zeitplan zwischen dem Beigeladenen zu 1. und ihm habe seine Ursache darin, dass dies für ein Küchenstudio maßgeblich sei, da die Kunden wissen möchten, wann ihre Küche eingebaut werde. Er, der Kläger, versende Anfragen an alle selbstständigen Küchenmonteure, so dass sich diese den Auftrag und die Termine aussuchen könnten. Insoweit sind sie in der Terminwahl frei. Gleiches gelte hinsichtlich der „Vorgabe“ des Ortes. Der Beigeladene zu 1. sei nicht wirtschaftlich von ihm abhängig, nicht in seinen Betrieb eingegliedert und habe ein unternehmerisches Risiko.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 06.08.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.01.2021 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte trägt vor, dass die angefochtene Entscheidung rechtmäßig sei, verweist im Wesentlichen auf die angefochtenen Bescheide und trägt im Wesentlichen ergänzend vor, dass aus dem vorliegenden Werkvertrag nicht nachvollzogen werden könne, welche konkreten Werke durch den Beigeladenen zu 1. jeweils tatsächlich geschuldet worden seien. Art und Umfang der zu erbringenden Arbeiten hätten sich aus den Vorgaben, die der Kläger in den mit seinen Kunden abgeschlossenen Verträgen vereinbart habe, ergeben. Die auf dieser Grundlage erbrachten Leistungen seien zwischen den Kunden und dem Kläger abgerechnet worden. Die von dem Beigeladenen zu 1. erbrachten Leistungen seien damit vom Kläger als Letztverantwortlichen organisiert worden. Der Beigeladene zu 1. sei insofern in die betriebliche Organisation des Klägers eingebunden gewesen und habe dessen Weisungen unterlegen. Sowohl der Kläger als auch der Beigeladene zu 1. hätten im jeweiligen Fragebogen angegeben, dass Anweisungen hinsichtlich der Ausführungen der Tätigkeit erteilt worden seien. Insofern könne dem Argument des Klägers nicht gefolgt werden, dass eine Weisungsgebundenheit und Eingliederung nicht bestanden habe. Der Beigeladene zu 1. sei in den Betrieb des Klägers eingegliedert gewesen und sei keinem unternehmerischen Risiko ausgesetzt gewesen.
Die Beigeladenen äußern sich nicht und stellen keinen eigenen Antrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und zur Darstellung des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des SG und die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
1.
Die zulässige Klage ist begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 06.08.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.01.2021 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Die Beklagte hat zu Unrecht Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 22.207,40 Euro für den Zeitraum vom 01.01.2015 bis 31.12.2019 nachgefordert.
Rechtsgrundlage des angefochtenen Bescheids ist § 28p Abs. 1 SGB IV. Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen (Satz 1) und erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern (Satz 5).
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- und Beitragspflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB V]; § 20 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB XI]; § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch [SGB VI] und § 25 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch [SGB III]). Die Tragungspflicht der Beiträge zu den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung ergeben § 253 SGB V, § 174 Abs. 1 SGB VI, § 60 Abs. 1 SGB XI sowie § 348 SGB III.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, vgl. nur Urteile vom 24.01.2007 – B 12 KR 31/06 R – und vom 04.07.2007 – B 11a AL 5/06 R –, beide in juris) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Kammerbeschluss vom 20.05.1996 – 1 BvR 21/96 –, juris). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl. Landessozialgericht [LSG] Baden-Württemberg, Beschluss vom 17.06.2013 – L 11 R 1815/13 ER-B –, juris Rn. 20 m.w.N.).
Diese Grundsätze sind auch für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der im vorliegenden Rechtsstreit zu beurteilenden Tätigkeit als Küchenmonteur maßgeblich.
Für die sozialversicherungsrechtliche Einordnung des bestehenden Rechtsverhältnisses ist jedoch weder die von den Beteiligten gewünschte Rechtsfolge noch die von ihnen gewählte Bezeichnung maßgeblich. Die Frage, ob eine Beschäftigung oder eine Selbständigkeit vorliegt, steht nicht zur Disposition der Beteiligten. Der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung schließt es aus, über die rechtliche Einordnung allein nach dem Willen der Vertragsparteien und deren Vereinbarung zu entscheiden. Vielmehr sind die relevanten Merkmale zu gewichten.
Insbesondere nach den ausführlichen Ausführungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung am 19.04.2023 gelangt die erkennende Kammer nach dem Gesamtergebnis der Ermittlungen zu der Überzeugung, dass der Beigeladene zu 1. seine Tätigkeiten als Küchenmonteur für den Kläger als Selbstständiger erbracht hat.
Vor dem Hintergrund der getroffenen Feststellungen ist die Kammer unter Berücksichtigung der vorliegenden Umstände des Einzelfalles zu der Überzeugung gelangt, dass der Beigeladene zu 1. für den Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum nicht abhängig beschäftigt ist. Insbesondere besteht weder ein Weisungsrecht des Klägers, noch ist der Beigeladene zu 1. in die Arbeitsorganisation des Klägers eingegliedert. Dabei ist darauf abzustellen, ob der Kläger im Verhältnis zum Beigeladenen zu 1. über diesbezügliche Rechtsmacht verfügt (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15.04.2016 – L 4 KR 1612/15 – juris Rn. 84). Dies entspricht insbesondere der Rechtsprechung des BSG, in der die Maßgeblichkeit von Rechtsmacht gegenüber bloß rein faktischem, nicht rechtlich gebundenem und daher jederzeit änderbarem Verhalten der Beteiligten betont wird (BSG, Urteil vom 29. Juli 2015 – B 12 KR 23/13 R – juris Rn. 30; BSG, Urteil vom 29. Juli 2015 – B 12 R 1/15 R – juris Rn. 25).
Ein (arbeitsrechtliches) Weisungsrecht besteht nicht. Dies gilt zum einen in zeitlicher Hinsicht. Weisungsgebundenheit in zeitlicher Hinsicht liegt nur vor, wenn der Betroffene grundsätzlich ständiger Dienstbereitschaft unterliegt und der Auftraggeber die Lage der Arbeitszeit einseitig bestimmen kann (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 18.05.2015 – L 11 R 4586/12 – juris Rn. 58; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.10.2014 – L 11 R 4761/13 – juris Rn. 32). Dies ist hier nicht der Fall. Der Kläger vergibt die Aufträge an die Subunternehmer, indem er Listen mit – mit den Endkunden – vorbesprochenen Terminen verschickt und sich die Subunternehmer nach dem „Windhund-Prinzip“ für die Aufträge entscheiden können. Danach besprechen sie die weiteren Details mit den Küchenkunden. Gleiches gilt für ein Weisungsrecht in örtlicher Hinsicht. Es ergibt sich aus der Natur der Sache, dass der Beigeladene zu 1. die Küchen nur in den Wohnungen bzw. Häusern der jeweiligen Kunden des Klägers montieren kann.
Der Kläger hat zudem überzeugend ausgeführt, dass sein im damaligen Zeitraum angestellter Küchenmonteur zwar manches Mal bei aufwendigen Küchenmontage geholfen hat, jedoch in der Regel kleinere Ausbesserungsarbeiten oder Reparaturen verrichtet hat, für die die Vergabe an einen Subunternehmer aufgrund des Tagessatzes viel zu teuer gewesen wäre. Der Beigeladene zu 1. hat daher nicht die gleichen Tätigkeiten wie der angestellte Monteur verrichtet.
Auch die Vergütungsregelung spricht für eine selbständige Tätigkeit. Der Beigeladene zu 1. hat einen Vergütungsanspruch gegen den Kläger in Gestalt eines Tagessatzes von 350 Euro. Die Beklagte räumt selbst ein, dass dessen Höhe ein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit ist.
Liegt damit bereits eine weisungsabhängige Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. und dessen Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Klägers nicht vor, kann anderen Abgrenzungskriterien keine ausschlaggebende Bedeutung zukommen (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15.04.2016 – L 4 KR 1612/15 – juris Rn. 93). Dies gilt auch für die Frage, ob der Beigeladene zu 1. ein Unternehmerrisiko, das im Rahmen der Würdigung des Gesamtbildes zu beachten ist, trägt, denn das Vorliegen eines Unternehmerrisikos ist nicht schlechthin entscheidend (BSG, Beschluss vom 16.08. 2010 – B 12 KR 100/09 B – juris Rn. 10 m.w.N.).
Die erkennende Kammer gelangt im Übrigen zu dem Ergebnis, dass der Beigeladene zu 1. im streitgegenständlichen Zeitraum einem Unternehmerrisiko ausgesetzt gewesen ist. Maßgebliches Kriterium für ein solches Risiko eines Selbständigen ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen und sächlichen Mittel also ungewiss ist (vgl. BSG, Urteil vom 25.04.2012 – B 12 KR 24/10 R – juris Rn. 29). Selbständige tragen ein Unternehmerrisiko unter anderem dann, wenn der Erfolg des Einsatzes ihrer Arbeitskraft ungewiss ist; das gilt namentlich, wenn ihnen kein Mindesteinkommen garantiert ist (BSG, Urteil vom 27.03.1980 – 12 RK 26/79 – juris Rn. 23; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 24.02.2015 – L 11 R 5165/13 – juris Rn. 72). Ein Mindesteinkommen ist dem Beigeladenen zu 1. nicht garantiert, denn seine Vergütung hängt davon ab, dass er tatsächlich tätig wird. Der Einsatz eigenen Kapitals bzw. eigener Betriebsmittel ist keine notwendige Voraussetzung für eine selbständige Tätigkeit (BSG, Urteil vom 27.03.1980 – 12 RK 26/79 – juris Rn. 23). Dies gilt schon deshalb, weil anderenfalls geistige oder andere betriebsmittelarme Tätigkeiten nie selbständig ausgeübt werden könnten (vgl. BSG, Urteil vom 30.10.2013 – B 12 R 3/12 R – juris Rn. 25). Hier jedoch stellt der Beigeladene zu 1. sogar umfangreiches Werkzeug für die Küchenmontage und unterhält zwei eigene Fahrzeuge.
Gegen das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung spricht auch, dass der Beigeladene zu 1. keinen bezahlten Urlaub erhalten hat (vgl. BSG, Urteil vom 12.02.2004 – B 12 KR 26/02 R – juris Rn. 25). Beim Anspruch auf bezahlten Urlaub handelt es sich um ein Recht, das im Regelfall Arbeitnehmern vorbehalten ist. Selbständigen räumt das Gesetz vergleichbare Ansprüche gegenüber ihrem Vertragspartner nur im Ausnahmefall der arbeitnehmerähnlichen Personen ein (vgl. § 2 Satz 2 Bundesurlaubsgesetz), so dass die tatsächliche Gewährung von bezahltem Erholungsurlaub ein Indiz für das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses ist. Dem Beigeladene zu 1. wird hingegen kein bezahlter Erholungsurlaub gewährt.
Auch das Fehlen eines Anspruchs auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ist nach der Rechtsprechung des BSG als Indiz für selbständige Tätigkeit anzusehen (BSG, Urteil vom 12.02.2004 – B 12 KR 26/02 R – juris Rn. 26). Auch bei der Entgeltfortzahlung handelt es sich um ein typischerweise Arbeitnehmern vorbehaltenes Recht. Selbständigen räumt das Gesetz vergleichbare Ansprüche gegenüber ihren Vertragspartnern nicht ein. Solche Vertragsgestaltungen sind konsequent, wenn beide Seiten eine selbständige freie Mitarbeit wollen. Insofern gilt zwar, dass dem keine entscheidende Bedeutung zukommen kann, wenn die für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung maßgeblichen Kriterien – Weisungsabhängigkeit und Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers – bereits zur Annahme einer abhängigen Beschäftigung führen. In einem solchen Fall werden vertragliche Absprachen oder deren Unterlassen durch die gesetzlichen Vorschriften über die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und über Urlaubsansprüche verdrängt bzw. ersetzt. Entscheidend ist hier aber die tatsächliche Handhabung durch die Beteiligten (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 21.10.2014 – L 11 R 4761/13 – juris Rn. 35), die belegt, dass der Ausschluss eines Lohnfortzahlungsanspruchs im Krankheitsfall nicht nur zum Schein vereinbart, sondern tatsächlich auch so praktiziert worden ist; keiner der Beteiligten hat behauptet, der Beigeladene zu 1. habe solche oder andere Arbeitnehmerrechte gegenüber dem Kläger geltend gemacht.
Für die erkennende Kammer überwiegen die Merkmale für eine selbstständige Tätigkeit. Die angefochtenen Entscheidungen der Beklagten sind daher aufzuheben gewesen.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 197a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 154 Absätze 1 und 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
2.
Die Festsetzung des Streitwertes beruht vorliegend auf § 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz (GKG). Betrifft danach der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Der Kläger wendete sich gegen die Zahlung von 22.207,40 Euro. In dieser Höhe ist daher der Streitwert festzusetzen. Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung hiermit auch ihr Einverständnis erklärt.