L 2 BA 3128/22

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Betriebsprüfungen
Abteilung
2.
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 6 BA 1656/20
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 BA 3128/22
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 11. Oktober 2022 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, welche ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 7.082,48 € festgesetzt.

Die Revision wird nicht zugelassen.



Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines Bescheides, mit welchem im Rahmen eines Betriebsprüfungsverfahrens Gesamtsozialversicherungsbeiträge nachgefordert und Säumniszuschläge erhoben wurden. In diesem Zusammenhang streiten sie über die Frage, ob die Voraussetzungen einer sozialversicherungsfreien, weil zeitgeringfügigen Beschäftigung für die Beigeladenen Ziff. 1 bis 3 vorliegen, insbesondere um das Merkmal der berufsmäßigen Ausübung.

Der Kläger ist Inhaber eines landwirtschaftlichen Obst- und Weinbaubetriebes in E1 und als solcher ins Handelsregister des Amtsgerichts F1 eingetragen. Er beschäftigte im Prüfzeitraum vom 01.01.2015 bis 31.12.2018 insgesamt 47 Saisonarbeitskräfte als Erntehelfer, u.a. auch zahlreiche aus Osteuropa.

Die Beigeladenen Ziff. 1 und 2 sind rumänische Staatsangehörige, die Beigeladene Ziff. 3 ist polnische Staatsangehörige. Die Beigeladene Ziff. 1 (geb. 1986) war vom 24.07.2015 bis 11.09.2015 (Entgelt: 2.919,30 €) und vom 25.07.2016 bis 09.09.2016 (Entgelt: 2.864,00 €) beim Kläger beschäftigt (vgl. befristete Arbeitsverträge vom 24.07.2015 und 15.07.2016, Bl. I19 ff. und Bl. I25 ff. VerwA und Stundenaufzeichnungen, Bl. I17 ff. VerwA) und im Anschluss daran jeweils wieder in ihr Heimatland zurückgekehrt.
Die Beigeladene Ziff. 2 (geb. 1965) war vom 30.07.2018 bis 26.09.2018 (Entgelt: 3.810,04 €) beim Kläger beschäftigt (vgl. befristete Arbeitsvertrag vom 30.07.2018 Bl. I39 ff. VerwA und Stundenaufzeichnungen, Bl. I37 ff. VerwA) und im Anschluss daran wieder in ihr Heimatland zurückgekehrt.
Die Beigeladene Ziff. 3 (geb. 1999) war vom 28.05.2018 bis 28.07.2018 (Entgelt: 4.603,43 €) beim Kläger beschäftigt (vgl. befristeter Arbeitsvertrag vom 28.05.2018, Bl. I29 ff. VerwA und Stundenaufzeichnungen, Bl. I24 ff. VerwA) und im Anschluss daran wieder in ihr Heimatland zurückgekehrt.
Der jeweilige Arbeitsvertrag zwischen dem Kläger und den Beigeladenen Ziff. 1 bis 3 war auf zwei Monate befristet. Das monatliche Arbeitsentgelt betrug für die Beigeladenen Ziff. 1 bis 3 mehr als 450,00 €. Dies ist zwischen den Beteiligten auch unstreitig.
Teilweise vor Abschluss eines Arbeitsvertrages, teilweise am selben Tag des Vertragsschlusses füllten die Beigeladenen Ziff. 1 und 2 einen in deutscher und rumänischer Sprache und die Beigeladene Ziff. 3 einen in deutscher und polnischer Sprache abgefassten „Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht/Versicherungsfreiheit rumänischer bzw. polnischer Staatsangehöriger“ aus. Die Fragen „Stehen Sie in einem Beschäftigungsverhältnis im Heimatland?“ (Frage 1), „Üben Sie im Heimatland (Rumänien/Polen) eine selbständige Tätigkeit aus?“ (Frage 2), „Sind Sie im Heimatland (Rumänien/Polen) arbeitslos oder arbeitssuchend gemeldet?“ (Frage 3), „Besuchen Sie zur Zeit eine Schule, Hochschule, Universität oder eine andere Bildungseinrichtung im Heimatland?“ (Frage 4) und „Beziehen Sie eine Rente im Heimatland (Rumänien/Polen)?“ (Frage 5) verneinten die Beigeladenen Ziff. 1 und 2. Die Fragen Nr. 1 bis 3 und 5 verneinte auch die Beigeladene Ziff. 3, die Frage Nr. 4 bejahte sie mit dem Zusatz, dass während ihrer Beschäftigung in Deutschland Schul-/Semesterferien seien. Diese Angabe bestätigte die Bildungseinrichtung („L1.“) mittels Stempel. Die unter Nr. 6 aufgeführte Frage „Sind Sie Hausfrau/Hausmann?“ bejahten die Beigeladenen Ziff. 1 bis 3. Unter Nr. 7 des Fragebogens heißt es: „Wenn sämtliche vorstehenden Fragen mit nein beantwortet wurden: Wovon bestreiten Sie in Rumänien/Polen Ihren Lebensunterhalt?“ Diese Frage beantwortete die Beigeladene Ziff. 1 mit „Rente der Eltern“ und die Beigeladene Ziff. 2 mit „Hinterbliebenenrente des Sohnes“. Die Beigeladene Ziff. 3 machte keine Angaben zu der Frage. Die Frage Nr. 8 „Haben Sie in den letzten 12 Kalendermonaten vor dieser Beschäftigung in Deutschland bereits Beschäftigungen im Inland oder Ausland ausgeübt?“ verneinten die Beigeladenen Ziff. 1 bis 3. Vor dem Unterschriftsfeld befindet sich in den Fragebögen die folgende Erklärung: „Ich versichere, dass ich sämtliche Angaben in diesem Vordruck nach besten Wissen gemacht habe. Mir ist bekannt, dass wissentlich falsche Angaben zu einer strafrechtlichen Verfolgung führen können.“ Dies unterzeichneten die Beigeladenen Ziff. 1 bis 3.

Die Klägerin ging davon aus, dass es sich in allen Fällen um kurzfristige, sozialversicherungsfreie Beschäftigungsverhältnisse handelte und entrichtete für die Beigeladenen Ziff. 1 bis 3 lediglich Umlagen an die Minijob-Zentrale.

Im Frühjahr 2019 führte die Deutsche Rentenversicherung Bund (Beklagte) beim Kläger eine Betriebsprüfung nach § 28p Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) für den Prüfzeitraum vom 01.01.2015 bis 31.12.2018 durch.

Mit Schreiben vom 09.05.2019 (Bl. I12 ff. VerwA) hörte die Beklagte den Kläger dazu an, dass sie beabsichtige, Sozialversicherungsbeiträge und Säumniszuschläge i.H.v. insgesamt 7.082,48 € zu erheben. Die Beigeladenen Ziff. 1 bis 3 seien in den maßgeblichen Zeiträumen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nachgegangen, da sie diese Tätigkeit berufsmäßig ausgeübt hätten. Hausfrauen bzw. Hausmänner, die nicht zum Personenkreis der potentiellen Arbeitnehmer bzw. Arbeitsuchenden gehörten, seien Personen, die im Rahmen einer in der privaten Sphäre liegenden Arbeitsteilung einen Haushalt für sich und andere Haushaltsmitglieder führten, die anstehenden Haushaltsarbeiten verrichteten und im Gegenzug von einem oder mehreren Haushaltsmitgliedern unterhalten würden, also im Prinzip zur Bestreitung ihres Lebensunterhaltes nicht selbst auf die Aufnahme einer Beschäftigung angewiesen seien.
Die der Beurteilung der Berufsmäßigkeit zugrundeliegenden Fragebögen seien zum Teil unvollständig ausgefüllt oder enthielten unplausible Angaben. Darüber hinaus habe sich der Kläger auch nicht auf das bloße Ankreuzen des Feldes „Hausmann/Hausfrau“ verlassen dürfen, wenn die allgemeine Lebenserfahrung dagegenspreche. Der Kläger habe auf unplausible Angaben in den Fragebögen vertraut, ohne diese selbst zu hinterfragen und aufzuklären. Die vorgelegten Unterlagen würden nicht die Aufzeichnungspflichten des Arbeitgebers erfüllen.

Mit Bescheid vom 02.08.2019 (Bl. I1 ff. VerwA) erhob die Beklagte beim Kläger für die Beigeladenen Ziff. 1 bis 3 Sozialversicherungsbeiträge (5.828,98 €) und Säumniszuschläge (1.253,50 €) i.H.v. insgesamt 7.082,48 € für die Zeit vom 01.01.2015 bis 31.12.2018. Sie stellte im Übrigen fest, dass für die bislang als zeitgeringfügig beschäftigten Mitarbeiter Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung bestehe, weil der Nachweis der Versicherungsfreiheit nicht erbracht worden bzw. die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt worden sei. Anlässlich der Besprechung der Spitzenverbände der Sozialversicherungsträger am 06./07.05.1998 sei klargestellt worden, dass für die Beurteilung der Berufsmäßigkeit einer kurzfristigen Beschäftigung bei Beschäftigten aus dem Ausland keine strengeren Voraussetzungen als für inländische Arbeitnehmer gelten würden. Es sei somit auch bei der Beschäftigung von Saisonarbeitskräften aus dem Ausland zu prüfen, ob die Personen dem Kreis der Erwerbstätigen zuzuordnen seien.
Die Fragebögen seien vorliegend zum Teil unvollständig ausgefüllt und enthielten zum Teil unplausible Angaben. Die persönliche Lebens- und Erwerbssituation von Saisonarbeitskräften lasse sich nicht allein durch das bloße Ankreuzen von Feldern und Abstempeln belegen, wenn die Angaben grundsätzlich realitätsfremd oder im Gesamtkontext unplausibel seien.
Die Beigeladene Ziff. 3 habe im Fragebogen angegeben, dass sie Schülerin sei. Der Fragebogen enthalte diesbezgl. zwar den Stempel einer Schule, jedoch keine weiterführenden bestätigenden Vermerke oder Informationen der Schule. Darüber hinaus habe die Beigeladene Ziff. 3 angekreuzt, dass sie Hausfrau sei. Vor diesem Hintergrund sei ihr Status als nicht geklärt anzusehen. Der Kläger könne sich in diesem Fall deshalb nicht auf eine zutreffende sozialversicherungsrechtliche Beurteilung des Beschäftigungsverhältnisses berufen, da diese anhand der Angaben im Fragebogen zu Beginn der Beschäftigung schlicht nicht möglich gewesen sei. Der Nachweis für das Vorliegen einer versicherungsfreien, kurzfristigen Beschäftigung könne in diesem Fall aufgrund der nicht ordnungsgemäß erfüllten Aufzeichnungspflichten nicht erbracht werden.
Die Beigeladenen Ziff. 1 und 2 hätten in den Fragebögen angegeben, Hausfrauen zu sein und ihren Lebensunterhalt von der Rente der Eltern bzw. des Sohnes zu bestreiten. Auch in diesem Falle könne sich der Kläger nicht auf eine zutreffende sozialversicherungsrechtliche Beurteilung der Beschäftigungsverhältnisse berufen. Dass sich der Arbeitgeber zur eigenen Absicherung den Fragebogen aushändigen lasse und diesen als Grundlage für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung nehme, sei zwar grundsätzlich zutreffend, greife jedoch vor dem Hintergrund des Vorgenannten zu kurz und stehe in der Folge diametral zur Verpflichtung des Arbeitgebers zur gewissenhaften Sachverhaltsaufklärung.
Die persönliche Lebens- und Erwerbssituation von Saisonarbeitskräften lasse sich nicht allein durch das bloße Ankreuzen von Feldern und Abstempeln mit (vermeintlich echten) Bestätigungsstempeln belegen, wenn die Angaben grundsätzlich realitätsfremd oder im Gesamtkontext, z.B. wegen zusätzlicher Angaben der Arbeitnehmer, unplausibel seien. Der Arbeitgeber müsse die im Fragebogen enthaltenen Angaben vielmehr im Einzelfall prüfen und beurteilen, ob diese geeignet seien, die Voraussetzungen einer kurzfristigen Beschäftigung - vor allem mit Blick auf die Berufsmäßigkeit - zu begründen. Durch das Ankreuzen des Feldes Hausfrau/Hausmann könne die Zugehörigkeit zum Kreis der potentiellen Erwerbstätigen hier nicht ausgeschlossen werden, da keine Differenzierung zwischen tatsächlichen Hausfrauen/Hausmännern und lediglich Erwerbslosen vorgenommen werde. Der Arbeitgeber müsse daher weitere Ermittlungen vornehmen, um den Sachverhalt zweifelsfrei aufzuklären und belegen zu können. Dies müssen vor allem dann gelten, wenn der Fragebogen weiterführende Informationen enthalte, die im Widerspruch zur Angabe „Hausfrau/Hausmann“ stünden. Die Überprüfung des Status im Herkunftsgebiet erfolge ansonsten rudimentär und unreflektiert.
In den vorliegenden Fällen habe der Kläger auf unplausible Angaben vertraut, ohne diese selbst zu hinterfragen und aufzuklären, so dass die vom Kläger vorgelegten Unterlagen nicht die Aufzeichnungspflichten erfüllten und daher auch nicht als Nachweis für die in Anspruch genommene Versicherungsfreiheit kurzfristiger Beschäftigungsverhältnisse anerkannt werden könnten. Die Beigeladenen Ziff. 1 bis 3. seien vielmehr dem Kreis der grundsätzlich Erwerbstätigen bzw. Erwerbsfähigen zuzuordnen.
Daher hätten die Beigeladenen Ziff. 1 bis 3 ihre Beschäftigungen im Rahmen versicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse ausgeübt und damit grundsätzlich in vollem Umfang der Beitragspflicht in der Sozialversicherung unterlegen.

Hiergegen legte der Kläger, vertreten durch seinen damaligen Bevollmächtigten, mit Schreiben vom 09.08.2019 (Eingang 12.08.2019) Widerspruch ein (Bl. II1, Bl. II10 ff. VerwA). Die Beklagte habe ihre bisherige Prüfpraxis und ständige Übung umgestellt, überspanne die Anforderungen, die an die Prüfintensität bei Feststellung der Sozialversicherungspflicht/-freiheit gestellt werden dürften, breche mit ihrer eigenen bisherigen Prüfpraxis und verkenne die Beweislastregeln. Bei der Berufsmäßigkeit handele es sich um eine Rückausnahme von der Sozialversicherungsfreiheit bei zeitgeringfügigen Beschäftigungen, sodass der Arbeitgeber die Zeitgeringfügigkeit zu beweisen haben und die Beklagte die Berufsmäßigkeit. Der Fragebogen sei ein von der Deutschen Rentenversicherung bundeseinheitlich herausgegebenes Formular zur Prüfung und zum Nachweis von Versicherungsfreiheit. Die Beklagte verkenne die in dem Fragebogen von den Arbeitnehmern unterzeichnete Erklärung bzgl. der Wahrheitspflicht und damit, dass das Formular ein besonderes Mittel der Beweisführung sei. Der Arbeitgeber könne die Verhältnisse eines Erntehelfers im Heimatland nicht persönlich überprüfen und mittels behördlicher Auskünfte verifizieren lassen. Daher sei er auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben des Arbeitnehmers angewiesen. Er dürfe sich in Bezug auf seine Prüfintensität darauf verlassen, dass das von der Beklagten verwandte Formular die relevanten Gesichtspunkte vollständig abfragt und die dort gemachten Angaben der Beurteilung zugrunde gelegt werden dürften.

Mit Widerspruchsbescheid vom 07.05.2020 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Von den vom Kläger zur Sozialversicherung gemeldeten insgesamt 47 kurzfristig Beschäftigten hätten die Angaben der drei Arbeitnehmer (Beigeladene Ziff. 1 bis 3) im Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht/Versicherungsfreiheit osteuropäischer Saisonarbeitnehmer nicht den Anforderungen genügt. Bei diesen Arbeitnehmern sei nicht erkennbar, ob sie die Beschäftigungen berufsmäßig ausgeübt hätten.
Die Angaben in dem bundeseinheitlichen Fragebogen (Hausfrau- oder Hausmanneigenschaft) seien kein Beweis, sondern lediglich ein Anhaltspunkt dafür, als was sich die Saisonarbeitskraft selbst beurteile. Soweit die damit verbundene Angabe, dass der Lebensunterhalt durch eine andere Person aufgebracht werde, sich nicht aus den Unterlagen ergebe, müsse der Arbeitgeber als Beitragsschuldner entsprechende Unterlagen bei den Beschäftigten anfordern. Die Angabe Hausfrau/Hausmann werde erst plausibel, wenn dem Arbeitgeber Unterlagen vorlägen, dass die Beschäftigung in Deutschland für den Arbeitnehmer nur von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung sei.
Wesentliches Indiz für den Status einer Hausfrau/eines Hausmannes sei, dass ein gemeinschaftlicher Haushalt geführt werde, sich die eine Person überwiegend um den Haushalt kümmere, während sich die andere Person überwiegend um den Lebensunterhalt kümmere.
Eine versicherungsrechtliche Beurteilung der Beigeladenen Ziff. 3 sei nicht möglich gewesen, da nicht bekannt sei, auf welche Art sie ihren Lebensunterhalt bestreite. Die Beigeladenen Ziff. 1 und Ziff. 2 hätten beide angegeben, von der Rente ihrer Familienmitglieder zu leben. Es sei jedoch nicht bekannt, ob mit diesen Familienangehörigen ein gemeinsamer Haushalt geführt werde und die Höhe der Renten ausreiche, den gemeinsamen Lebensunterhalt zu bestreiten. Bestätigungen amtlicher Stellen oder Rentenbescheide seien nicht vorgelegt worden. Eine Erklärung, dass eine Person eine andere Person (freiwillig) finanziell unterstütze oder versorge, könne zwar von dem Erklärenden selbst abgegeben werden. Die Orts-/Heimatgemeinde könne allerdings die Abgabe einer solchen Erklärung sowie die Vorlage entsprechender Verdienstbescheinigungen bestätigen. Bei den Beigeladenen Ziff. 1 bis 3 hätten Unterlagen gefehlt, die eine Beurteilung der Berufsmäßigkeit ermöglicht hätten. Versicherungsfreiheit habe daher nicht vorliegen können.
 
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat am 19.05.2020 Klage zum Sozialgericht (SG) Freiburg mit dem Ziel der Aufhebung des Bescheides/Widerspruchsbescheides erhoben und zur Begründung das Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt.
Der Kläger habe als Arbeitgeber alles in seiner Macht und seiner Möglichkeit Stehende getan, die tatsächlichen Verhältnisse im Heimatland der Saisonarbeitskräfte aufzuklären. Die von den Arbeitnehmern gemachten Angaben seien explizit als wahrheitsgemäß versichert worden. Die Beklagte habe das Formular entworfen, welches für die Prüfung von Sozialversicherungspflicht oder Sozialversicherungsfreiheit verwendet werden solle und verwendet worden sei. Hier werde eine “Erklärung“ der Arbeitnehmer verlangt. Es sei der Beklagten daher verwehrt, heute zu argumentieren, die dort abgefragten Angaben seien nicht belastbar, weswegen der Arbeitgeber seiner Verpflichtung zur Aufklärung des Sachverhaltes nicht oder nur unzureichend nachgekommen sei.

Mit Beschluss vom 24.09.2020 (Bl. 48 f., 63 SG-Akte) hat das SG die Beigeladenen beigeladen.

Mit Urteil vom 11.10.2022 hat das SG den Bescheid vom 02.08.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.05.2020 aufgehoben.
Für die Beigeladenen Ziff. 1 bis 3 liege Versicherungsfreiheit vor. Eine Ausnahme von der Versicherungspflicht begründe die zeitgeringfügige Beschäftigung im Sinne des § 8 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV). Eine geringfügige Beschäftigung liege danach vor, wenn die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens 2 Monate oder 50 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflege oder im Voraus vertraglich begrenzt sei. In der Zeit vom 01.01.2015 bis zum 31.12.2018 hätten gemäß § 115 SGB IV abweichende Zeitgrenzen von 3 Monaten oder 70 Arbeitstagen gegolten. Die maßgeblichen Zeitgrenzen seien bezüglich der Beigeladenen Ziff. 1. bis 3. eingehalten worden.
Auch hätten die Beigeladenen Ziff. 1. bis 3. ihre Beschäftigung beim Kläger nur gelegentlich und nicht regelmäßig ausgeübt. Diese Unterscheidung sei erforderlich, da bei einer regelmäßigen Beschäftigung allein § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV einschlägig sei und die Beigeladenen Ziff. 1. bis 3. wegen des Überschreitens der Entgeltgrenzen danach versicherungspflichtig gewesen wären. Aus diesem Grund sei die ungeschriebene Voraussetzung des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV, dass die Beschäftigung nur gelegentlich ausgeübt werde. Andernfalls würde das Merkmal der Berufsmäßigkeit leerlaufen. Als regelmäßig sei dabei eine Beschäftigung anzusehen, die bei vorausschauender Betrachtung von vornherein auf ständige Wiederholung gerichtet sei und über mehrere Jahre hinweg ausgeübt werden solle. Da es an einer solchen von vornherein vorgesehenen ständigen Wiederholung über mehrere Jahre hinweg mangele, seien die hier in Rede stehenden Erntehelfereinsätze von daher nicht als regelmäßig, sondern nur als gelegentlich anzusehen. Die danach allein erhebliche Frage der Berufsmäßigkeit der von der Beigeladenen Ziff. 1. bis 3. ausgeübten Beschäftigung sei - entgegen der Auffassung der Beklagten - zu verneinen, sodass keine Versicherungspflicht bestehe. Eine Beschäftigung oder Tätigkeit werde dann berufsmäßig ausgeübt im Sinne von § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV, wenn sie für den Beschäftigten nicht nur von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung sei und er damit seinen Lebensunterhalt überwiegend oder doch in einem solchen Umfang bestreite, dass seine wirtschaftliche Situation zu einem erheblichen Teil auf dieser Beschäftigung beruhe. Berufsmäßigkeit liege dementsprechend nicht vor, wenn Personen nach ihrer Lebensstellung in der Regel keine versicherungspflichtige Beschäftigung auszuüben pflegen, wie z.B. Schüler, Studenten während der Semesterferien oder für die Zeit bis zur Aufnahme des Studiums, Rentner und Hausfrauen. Denn diese Personen lebten in der Regel von anderen Einnahmen wie Rente, Unterhalt der Eltern, BAföG usw.
Die Beigeladenen Ziff. 1. bis 3. hätten in den Fragebögen angegeben, Hausfrauen zu sein und zählten damit gerade zu einer Personengruppe, die nach ihrer Lebensstellung in der Regel keine versicherungspflichtige Beschäftigung ausübe, weil sie den Haushalt führe und ein Partner den gemeinsamen Lebensunterhalt hauptsächlich bestreite. Weshalb diese Erklärungen unplausibel sein sollten, habe die Beklagte nicht näher dargelegt. Eine von ihr behauptete Widersprüchlichkeit erschließe sich der Kammer auch nicht vor dem Hintergrund weiterer Angaben der Beigeladenen Ziff. 1. bis 3., die zusätzlich erklärt hätten, Schülerin zu sein oder den Lebensunterhalt aus verschiedenen Renten zu bestreiten. Nur weil noch weitere Gründe die Berufsmäßigkeit ausschlössen, werde der Ausschluss nicht widersprüchlich, sondern im Gegenteil erst Recht plausibel, da der Lebensunterhalt dann sogar aus mehr als einer anderen Quelle bestritten werde.
Vor diesem Hintergrund habe der Kläger keinen Anlass gehabt, an der Richtigkeit der Angaben der Beigeladenen Ziff. 1. bis 3. zu zweifeln und etwa selbst weitere Aufklärungsmaßnahmen zu ergreifen. Weder habe er seine Aufklärungs- noch seine Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten aus § 8 Beitragsverfahrensverordnung (BVV) verletzt. Es verbleibe daher dabei, dass die Beklagte die Feststellungslast für die Berufsmäßigkeit trage, die im Rahmen eines Streits um die Versicherungspflicht nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV eine die Geringfügigkeit möglicherweise ausschließende und damit den angefochtenen Beitragsbescheid stützende Tatsache darstelle. Wären demnach Ermittlungen veranlasst gewesen, hätte im Übrigen die Beklagte sie spätestens im Widerspruchsverfahren durchführen müssen. Hierzu sei sie zum einen im Rahmen der Amtsermittlungspflicht selbst verpflichtet und zum anderen allein sie als Behörde mit entsprechenden hoheitlichen Befugnissen ausgestattet, sodass sie diese Ermittlungen nicht auf den Kläger als privaten Arbeitgeber abwälzen dürfe. Welche konkreten Ermittlungen vorzunehmen hätten gewesen sein sollen, habe die Beklagte zudem nicht näher darlegen können. Der von ihr maßgeblich verantwortete Fragebogen verlange insoweit gerade nur die Angabe hinsichtlich der Hausfraueneigenschaft mit „ja“ oder „nein“, ohne überhaupt nähere Nachweise zu fordern. Ungeachtet der Unklarheit, welche Nachweise das sein könnten, müsse schon deshalb davon ausgegangen werden, dass gar keine Nachweise vorzulegen seien, weil in allen anderen abgefragten Fällen ausdrücklich bestimmte Nachweise zu erbringen seien (z.B. eine Bestätigung der Schule, falls „Schülerin“ angegeben wird). Der von der Beklagten zur Verfügung gestellte Fragebogen solle im Übrigen sogar nach ihren eigenen Angaben (S. 4 des angefochtenen Bescheides) sicherstellen, dass die für die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung ausländischer Saisonarbeiter notwendigen Ermittlungen bereits zu Beginn des Beschäftigungsverhältnisses umfassend erfolgen und hierdurch zu einem späteren Zeitpunkt (z.B. im Rahmen von Betriebsprüfungen) grundsätzlich keine erneuten Ermittlungen anzustellen seien. Letztlich könnten diese Unklarheiten hinsichtlich der Nachweise und das Vertrauen des Klägers in das Ausreichen der bloßen Fragebogenerklärungen aber dahinstehen, weil die hiesigen Angaben der Beigeladenen Ziff. 1. bis 3. wie dargestellt bereits aus sich heraus ausreichend und plausibel gewesen seien, weshalb gerade keine weiteren Ermittlungen anzustellen gewesen seien, sondern für die Kammer hinreichend sicher feststehe, dass die Beigeladenen Ziff. 1. bis 3. nicht berufsmäßig tätig gewesen seien.

Die Beklagte hat am 07.11.2022 gegen das ihr am 25.10.2022 gegen elektronisches Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt.

Zur Begründung trägt sie vor, das SG verkenne, dass bei - wie hier - unplausiblen Angaben auf dem „Fragbogen zur Feststellung der Versicherungspflicht/Versicherungsfreiheit rumänischer Saisonarbeitskräfte“ ein Arbeitgeber nicht ohne weiteres davon ausgehen könne, dass die „Hausmann/Hausfrau“-Eigenschaft einer Saisonarbeitskraft gegeben sei und eine Berufsmäßigkeit der Beschäftigung auszuschließen sei. Dass die Entgeltgrenze von 450 Euro überschritten worden sei, sei unstrittig. Sinn der Vorschrift des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IX sei es, dass nur für solche Personen eine kurzfristige Beschäftigung möglich sein solle, die nicht zum Personenkreis der Erwerbstätigen gehörten. Das Vorliegen einer kurzfristigen Beschäftigung sei vor deren Aufnahme zu prüfen. Die Berufsmäßigkeit der Beschäftigung sei dabei Teil dieser Prüfung. Bei osteuropäischen Saisonarbeitskräften wie den Beigeladenen Ziff. 1 bis 3 diene der bereits angeführte „Fragebogen zur Feststellung der Versicherungspflicht/Versicherungsfreiheit rumänischer Saisonarbeitnehmer“ als Hilfestellung bei der Beurteilung. Zudem könnten Arbeitgeber auf die Geringfügigkeits-Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes, der Beklagten, der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See und der Bundesagentur für Arbeit, welche weitergehende Informationen zu Begriffen wie der Berufsmäßigkeit gäben, zurückgreifen.
Im vorliegenden Fall hätten die Beigeladenen Ziff. 1 und 3 in den eingereichten Fragebögen unter Nr. 6 jeweils angegeben, Hausfrauen zu sein. Diese vorgesehene mögliche Angabe „Hausmann/Hausfrau“ sei für die Beurteilung der Berufsmäßigkeit dahingehend von Bedeutung, als das für diese Personengruppe gelte: "Diese Personen leben in der Regel von anderen Einnahmen wie Rente, Unterhalt der Eltern, BAföG usw." Somit sei eine Berufsmäßigkeit nicht anzunehmen, da eine wirtschaftliche Bedeutung der Beschäftigung nicht gegeben sei, da die Haupteinkünfte aus einer anderen Quelle herrührten.
Die Frage, die sich nun stelle, sei, ob der Arbeitgeber seiner Pflicht zur Beurteilung der Berufsmäßigkeit genüge getan habe, indem er auf die Angaben der Beigeladenen Ziff. 1 und 3 im Fragebogen vertraut habe oder ob er aufgrund der Umstände weitere Ermittlungen hätte anstellen bzw. sich weitere Unterlagen hätte vorlegen lassen müssen. Das SG meine, dass ein Arbeitgeber keine weiteren Nachforschungen anzustellen habe und sich auf die Angabe verlassen dürfe, da die Sozialversicherungsträger die Beweislast für den Nachweis einer Berufsmäßigkeit habe. Jedoch überzeuge diese Ansicht nicht. Nur weil die Beklagte im Streitfall die Beweislast für die Berufsmäßigkeit treffe, bedeute das nicht, dass ein Arbeitgeber keine eigene Beurteilung durchzuführen habe. Das BSG habe zudem wiederholt darauf hingewiesen, dass eine Betriebsprüfung unmittelbar im Interesse der Versicherungsträger und mittelbar im Interesse der Versicherten nur den Zweck habe, die Beitragsentrichtung zu einzelnen Zweigen der Sozialversicherung zu sichern und nicht, den Arbeitgebern „Entlastung“ zu erteilen was die korrekte Zahlung von Beiträgen oder die Beurteilung von Beschäftigungen angehe. Dieser Grundsatz sei auch auf die Beurteilung einer kurzfristigen Beschäftigung zu übertragen.
So ändere es zwar nichts an der Beweislast bzgl. der Berufsmäßigkeit, wenn ein Arbeitgeber keine Lohnunterlagen vorhalte, aus denen sich ergebe, dass er vor Aufnahme der Beschäftigung geprüft habe, ob eine kurzfristige Beschäftigung vorliegen könnte. Jedoch sei der Fragebogen auch bzgl. der zeitlichen Grenzen der kurzfristigen Beschäftigung aussagekräftig, da Vorbeschäftigungszeiten anzugeben seien, und diene somit dem Nachweis, dass der Arbeitgeber diese Voraussetzung geprüft habe.
Zudem führe die Beweislast nicht dazu, dass offensichtlich unplausible Angaben als richtig zu unterstellen seien und nicht durch den Arbeitgeber hinterfragt werden müssten. Dies habe bereits auch die Arbeitsgruppe Beitragsüberwachung (AGBEIUE) in ihrer Sitzung 02/2018 vom 05. bis 06.07.2018 festgehalten. In ihrem Besprechungsergebnis führe die Arbeitsgruppe überzeugend aus, dass bei begründeten Zweifeln an der Hausmanns- bzw. Hausfraueneigenschaft diese Angaben zu hinterfragen seien, auch vom Arbeitgeber. Dieses Besprechungsergebnis folge aufgrund des Umstandes, dass in der Praxis festgestellt worden sei, dass in den Fragebögen bei fast ausschließlich allen Saisonarbeitskräften die Angabe „Hausmann/Hausfrau“ erfolge.
Diese Ansicht werde auch in der Literatur unterstützt. So führe zum Beispiel der (frühere) Richter am BSG Prof. Dr. Schlegel in einem Artikel (NZS 2020, 335) aus: „Ob eine derartige Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird, kann nur aufgrund einer Beurteilung der gesamten Umstände des Einzelfalles und der gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse dieser Person beurteilt werden. Lebt der betreffende Arbeitnehmer ausschließlich oder zu einem großen Teil von solchen Einsätzen als Saisonarbeiter, übt er die Beschäftigung im Sinne des Gesetzes berufsmäßig aus. Das hat zur Konsequenz, dass der Beschäftigte versicherungs- und beitragspflichtig ist und es allenfalls aus anderen Gründen als Zeitgeringfügigkeit an der Beitragspflicht in Deutschland fehlen kann, zum Beispiel, weil der Arbeitnehmer von einem im EU-Ausland ansässigen Unternehmen zur Arbeitsleistung nach Deutschland entsandt wird.“
Auch Latzel (NZS 2022, 281) hinterfrage, ob eine zeitgeringfügige Beschäftigung anzunehmen sei, wenn die ausländischen Saisonarbeitskräfte in ihrer Heimat einige Zeit von den aus ihr generierten Einkünften leben.
Daher könne die Argumentation des SG nicht überzeugen. Dem Kläger hätten aufgrund der Umstände der Beschäftigung Zweifel an der Korrektheit der Angabe „Hausmann“ kommen müssen, dass die Berufsmäßigkeit nicht bereits aufgrund deren Erwerbsstatus ausgeschlossen sei.
Der Kläger habe nicht überprüft, ob die Angaben der Beigeladenen Ziff. 1 bis 3 der Wahrheit entsprochen hätten. Er habe sich keinen Rentenbescheid der Eltern der Beigeladenen Ziff. 1 vorlegen lassen oder hinterfragt, ob die zu dem damaligen Zeitpunkt Ende 20jährige Beigeladenen Ziff. 1 tatsächlich im Haushalt ihrer Eltern gelebt habe. Auch habe der Kläger keine weiteren Unterlagen zur Überprüfung der Angaben der Beigeladenen Ziff. 2 angefordert, so z.B. ob das Kind der im Jahr 1965 geborenen Beigeladenen Ziff. 2 überhaupt in deren Haushalt gelebt habe.
Die Angaben der Beigeladene Ziff. 3 habe der Kläger ebenfalls nicht hinterfragt, obwohl auch diese unplausibel gewesen seien, da sie bei der Frage nach der Hausfraueneigenschaft ein halbes Kreuz bei „nein“ und ein ganzes Kreuz bei „ja“ gesetzt habe und angegeben habe, Schülerin zu sein. Insbesondere habe er keine Bescheinigung der Schule angefordert. Die Mutter der Beigeladenen zu Ziff. 3, für die mit gleichem Datum ein Fragebogen vorgelegt worden sei (Bl. I/34 Rs. f. VerwA), habe ebenfalls angegeben, Hausfrau zu sein. Wer für den Unterhalt der Beigeladenen Ziff. 3 und ihrer Mutter aufgekommen sei, habe der Kläger nicht erforscht.
In einem ähnlich gelagerten Fall, in dem polnische Saisonarbeitskräfte wiederholt nach Deutschland als Erntehelfer gekommen sind, habe das LSG Niedersachsen-Bremen eine Berufsmäßigkeit angenommen (Urteil vom 17.10.2012 - L 1 KR 273/11 -). Auch das LSG Rheinland-Pfalz habe in zwei Urteilen die Berufsmäßigkeit bereits aufgrund des Lohngefälles im Heimatland der Saisonarbeiter und Deutschland festgestellt (Urteil vom 26.04.2007 - L 1 KR 36/05 -, Urteil vom 25.06.2007 - L 2 RI 340/04 -).
Die Auffassung des 11. Senats des LSG Baden-Württemberg im Urteil vom 11.10.2022 - L 11 BA 3083/20 -, wonach es gegen Treu und Glauben verstoße, wenn ein Sozialversicherungsträger die Angaben im Fragebogen zur Versicherungspflicht/-freiheit als nicht plausibel ansehe, weil der Fragebogen so gestaltet sei, dass keine näheren Angaben zum Lebensunterhalt getroffen werden müssten, überzeuge nicht. Die Fragebögen würden nicht nur von den Sozialversicherungsträgern erstellt, sodass bereits keine Grundlage für eine unzulässige Rechtsausübung bestehe. Zum anderen stelle der Fragebogen nicht die einzige Möglichkeit für die Beurteilung der Berufsmäßigkeit dar, wie bereits durch das Zurverfügungstellen der Geringfügigkeits-Richtlinien deutlich werde.
Vielmehr sei die Auffassung des 13. Senats des LSG Baden-Württemberg im Urteil vom 25.10.2022 - L 13 BA 2532/20 - überzeugend, der ausgeführt habe: „Der Kläger kann sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen, weil die Beklagte zuvor die Angaben in den Fragebögen ungeprüft akzeptiert hat. Denn die Beklagte hat zu keinem Zeitpunkt eine entsprechende Behandlung auch für die Zukunft schriftlich zugesichert oder durch konkretes Verhalten den Eindruck erweckt, sie werde auch in Zukunft weiterhin die Angaben in den Fragebögen übernehmen, ohne diese einer eigenen Prüfung zu unterziehen.“
Die Beigeladene Ziff. 1 sei zudem in zwei aufeinanderfolgenden Jahren bei dem Kläger beschäftigt gewesen, sodass zumindest eine regelmäßig zeitlich begrenzte Tätigkeit zu prüfen wäre. Zudem sei in keinem der Fragebögen angegeben worden, seit wann die Hausfraueneigenschaft bestand. Denn diese ist aufgrund des Erwerbsstatus begründet und muss daher nicht „ein Leben lang“ bestehen.
Die sich hier stellenden Rechtsfragen, wann Berufsmäßigkeit bei Saisonarbeitskräften gegeben sei, wann eine Hausmanns bzw. Hausfraueneigenschaft anzunehmen sei und ob das Hinterfragen des Fragebogens zu Feststellung der Versicherungspflicht bzw. -freiheit von Saisonarbeitskräften durch die Beklagte gegen Treu und Glauben verstoße, habe grundsätzliche Bedeutung. Aufgrund der Vielzahl von zu diesen Fragen anhängigen Verfahren, nicht nur beim LSG Baden-Württemberg, und der unterschiedlichen Auslegungen des Merkmals "Berufsmäßigkeit", welcher nicht nur für die Beurteilung von östeuropäischen Saisonarbeitskräften bedeutsam sei, sei ein Grund für die Zulassung der Revision gegeben.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 11. Oktober 2022 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise die Revision zuzulassen.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt,

            die Berufung zurückzuweisen.

Er tritt dem Berufungsvorbringen entgegen und trägt vor, dass das SG im angegriffenen Urteil zu Recht ausgeführt habe, dass die Angaben der betroffenen Arbeitnehmerinnen gerade deswegen plausibel und glaubhaft seien, weil jede Arbeitnehmerin Angaben dazu gemacht habe, wovon sie ihren Lebensunterhalt bestreite: Die Beigeladene Ziff. 1 von der Rente ihrer Eltern, also von Unterhaltsleistungen, die Beigeladene Ziff. 2 von der Rente ihres Kindes. Und die Beigeladene Ziff. 3 habe angegeben, Schülerin und zugleich Hausfrau zu sein. Dass sie von Unterhaltsleistungen ihrer Eltern oder anderer Familienangehörigen lebe, dränge sich auf. In allen Fällen gelte, dass selbst die Maßstäbe, welche die Beklagte anlege, nicht zu einer anderen Beurteilung führten: „Offensichtliche Unrichtigkeit“ oder „begründete Zweifel“ drängten sich nicht auf.
Die Beklagte selbst sei der Auffassung, dass anhand des „Fragebogens zur Feststellung der Versicherungspflicht/Versicherungsfreiheit“ osteuropäischer Erntehelfer eine indizienbasierte, zugleich aber abschließende und rechtssichere Beurteilung des anzuwendenden Rechts und der sozialversicherungsrechtlichen Einordnung erfolgen solle. Infolgedessen könne es grundsätzlich nicht beanstandet werden, wenn sich ein Arbeitgeber zur Beurteilung seiner Einschätzung dieses Fragebogens bediene. Die Angabe, Hausfrau zu sein, habe nach allgemeiner Auffassung ein hinreichendes Indiz dafür geboten, dass die Arbeitnehmerin bei typisierender Betrachtung nicht zum Kreis der berufsmäßig Erwerbstätigen zu zählen sei. Hieran habe sich bis heute nichts geändert.
Die Beklagte stütze die Nachforderung vielmehr auf den Umstand, dass sie einerseits die Angaben in Nr. 1 bis 5 des Fragebogens für glaubwürdig halte, die Angabe in Ziff. 6 hingegen nicht. Sie verwerfe nicht alle Angaben im Fragebogen, sondern nur die ihr nicht genehmen; denn andernfalls hätte sie konsequenterweise der Frage nachgehen müssen, ob die Arbeitskraft im Heimatland einer selbstständigen oder abhängigen Beschäftigung nachgehe, was zur Anwendbarkeit des rumänischen, resp. polnischen Sozialversicherungsrechts führen würde und ihr jedwede Zuständigkeit für Feststellungen oder Beitragserhebungen abgesprochen werden müsste. Nach hier vertretener Auffassung sei es nicht konsequent zu unterstellen, eine Arbeitnehmerin sei tatsächlich auf Erwerbstätigkeit zur Bestreitung ihres Unterhaltes angewiesen, gleichzeitig aber auch davon auszugehen, dass dieses unterstellte Erfordernis nur zu Tätigkeiten im Beschäftigungsstaat führe und nicht auch zu Tätigkeiten im Staat des Wohnortes.
Der Arbeitgeber habe keinerlei Möglichkeiten, Angaben der beschäftigten Aushilfskräfte zu verifizieren. Er könne nicht mehr tun, als was er getan habe, nämlich Informationen zur Person des Beschäftigten abzufragen. Die Richtigkeit dieser Angaben könne er nicht überprüfen. Den Fragebogen habe die Berufungsführerin zu diesem Zweck empfohlen und in Umlauf gebracht.
Im Streit stehe vorliegend nicht die Auslegung des unbestimmten Tatbestandsmerkmals „berufsmäßig“, sondern ob eine Beweislastumkehr eintrete, wenn der Arbeitgeber bei seiner Prüfung der Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV für von der Beklagten und Berufungsführerin für „unplausibel“ gehaltene Angaben nicht unter Beweis stellen könne. Auch wenn Zweifel an der Hausmanns- bzw. Hausfraueneigenschaft eines Erntehelfers begründet würden, dürfe Berufsmäßigkeit und damit Sozialversicherungspflicht nicht unterstellt werden. Die Nichterweislichkeit von diesbezüglichen Tatsachen gehe zu Lasten der beweisverpflichteten Rentenversicherung. Es gebe keine gesetzliche Regel, wonach eine Tätigkeit „im Zweifel“ sozialversicherungspflichtig sei.
Die Voraussetzungen einer Beweislastumkehr lägen nicht vor. Beweisschwierigkeiten führten nicht zur Umkehr der Darlegungs- oder Beweislast. Zudem verwies die Klägerseite auf das vorgelegte Urteil des 8. Senats des LSG Baden-Württemberg vom 25.10.2023 - L 8 BA 2385/22 - (n.v.).

Die Beigeladenen stellen keine Anträge in der Sache.

Das Berufungsverfahren, das zunächst vor dem 4. Senat geführt worden ist, ist aufgrund von Änderungen im Geschäftsverteilungsplan im August 2023 an den 2. Senat abgegeben worden.

Die Beteiligten sind mit gerichtlichen Schreiben vom 07.03.2023 darauf hingewiesen worden, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg haben dürfte und der Senat beabsichtigt, gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) im Wege eines Beschlusses über die Berufung zu entscheiden.

Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.


II.

Der Senat hat gemäß § 153 Abs. 4 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz (SGG) die zulässige Berufung der Beklagten durch Beschluss zurückweisen können, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten hat. Die Beteiligten sind hierzu vorher gehört worden (vgl. § 153 Abs. 4 Satz 2 SGG).

Die form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingelegte sowie statthafte (§ 144 Abs. 1 Satz 1 SGG) und damit zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 02.08.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.05.2020 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Das SG hat der zulässigen Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 und 2 SGG) des Klägers daher zu Recht stattgeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben.

Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist § 28p SGB IV. Nach Abs. 1 dieser Vorschrift prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen mindestens alle vier Jahre. Die Prüfung soll in kürzeren Zeitabständen erfolgen, wenn der Arbeitgeber dies verlangt. Die Einzugsstelle unterrichtet den für den Arbeitgeber zuständigen Träger der Rentenversicherung, wenn sie eine alsbaldige Prüfung bei dem Arbeitgeber für erforderlich hält. Die Prüfung umfasst auch die Lohnunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt wurden. Die Träger der Rentenversicherung erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern; insoweit gelten § 28h Abs. 2 SGB IV sowie § 93 i.V.m. § 89 Abs. 5 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) nicht.

Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch [SGB V], § 20 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch [SGB XI], § 1 S. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI], § 25 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch [SGB III]).

Der Senat stellt fest, dass die Beigeladenen Ziff. 1 bis 3 in den im Tatbestand festgestellten Zeiträumen in den Jahren 2015 und 2016 sowie 2018 gegen das im Tatbestand festgestellte Entgelt, das monatlich mehr als 450,00 € betrug, im Geltungsbereich des Sozialgesetzbuchs (vgl. § 3 Nr. 1 SGB IV) im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV bei der Klägerin abhängig beschäftigt waren.

Sie waren aber jeweils in ihrer Beschäftigung wegen (Zeit-)Geringfügigkeit gem. § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV versicherungsfrei in der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 SGB V i.d.F. des Zweiten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002, BGBl I 4621), sozialen Pflegeversicherung (§ 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 SGB V) und gesetzlichen Rentenversicherung (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VI i.d.F. des Gesetzes vom 23.12.2002, a.a.O.) sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 27 Abs. 2 Satz 1 SGB III i.d.F. des Gesetzes zur Neuregelung der geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse vom 24.3.1999, BGBl I 388) und damit nicht beitragspflichtig.

Gem. § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV i.d.F. vom 05.12.2012 i.V.m. § 115 SGB IV (in der durch Art. 9 Nr. 3 Tarifautonomiestärkungsgesetz vom 11.08.2014 [BGBl I 1348] bis zum 31.12.2018 geltenden Fassung vom 11.08.2014) liegt eine geringfügige und damit versicherungs- und beitragsfreie Beschäftigung vor, wenn die Beschäftigung innerhalb eines Kalenderjahres auf längstens drei Monate oder 70 Arbeitstage nach ihrer Eigenart begrenzt zu sein pflegt oder im Voraus vertraglich begrenzt ist, es sei denn, dass die Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird und ihr Entgelt 450,00 € im Monat übersteigt (sog. Zeitgeringfügigkeit).

Für das Vorliegen von Versicherungsfreiheit nach dieser Vorschrift müssen folgende Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein:
Zeitgrenze
sog. Unstetigkeit
Überschreiten der monatlichen Entgeltgrenze
Kein Eingreifen des Ausschlusskriteriums der Berufsmäßigkeit der Beschäftigung.

Die Feststellungslast (Beweislast) hinsichtlich der Voraussetzungen Nr. 1 bis 3 trifft dabei den Kläger und hinsichtlich des Vorliegens/Eingreifens des Ausschlusskriteriums der Berufsmäßigkeit (Nr. 4) die Beklagte (vgl. Bundessozialgericht [BSG] Urteil vom 11.05.1993 - 12 RK 23/91
 - juris Rn. 25; LSG Baden-Württemberg Urteil vom 11.10.2022 - L 11 BA 3083/20 - juris Rn. 31 und LSG Baden-Württemberg Urteil vom 25.10.2023 - L 8 U 2385/22 - n.v.; Beschluss vom 09.04.2024 - L 5 BA 3595/23 ER-B - juris Rn. 2; Knispel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 4. Aufl. Stand 02.12.2022, § 8 Rn. 61.1; Ziegelmeier, NZA 2021, 1534, 1536), da die Berufsmäßigkeit im Rahmen eines Streits um die Versicherungspflicht nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV eine die Geringfügigkeit möglicherweise ausschließende und damit den angefochtenen Beitragsbescheid stützende Tatsache darstellt. Denn bei der Berufsmäßigkeit der ausgeübten Beschäftigung (bei gleichzeitigem Überschreiten des monatlichen Arbeitsentgelts von 450,00 €) handelt es sich um eine Rückausnahme zur Ausnahme der Versicherungsfreiheit (vgl. Wortlaut § 8 Nr. 2 Hs 2 SGB IV: „es sei denn“).

1. Der Senat stellt fest, dass die maßgeblichen Zeitgrenzen i.S.d. § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV bezüglich der Beigeladenen Ziff. 1 bis 3 jeweils eingehalten wurden; davon geht auch die Beklagte aus.

2. Der Senat stellt zudem fest, dass die Beigeladenen Ziff. 1 bis 3 ihre Tätigkeit nur gelegentlich und nicht regelmäßig ausübten (sog. Unstetigkeit).

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist es geboten, bei (geringfügigen) Beschäftigungen eine Zuordnung zu einer der beiden Fallgruppen des § 8 Abs. 1 SGB IV vorzunehmen. Diese unterscheiden sich dadurch, dass entgeltgeringfügige (§ 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV: monatliches Entgelt nur bis 450,00 €) Beschäftigungen regelmäßig und zeitgeringfügige Beschäftigungen (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV) nur gelegentlich ausgeübt werden (vgl. BSG Urteil vom 24.11.2020 - B 12 KR 34/19 R - juris Rn. 13, Urteil vom 05.12.2017 - B 12 R 10/15 R - juris Rn. 16; Urteil vom 07.05.2014 - B 12 R 5/12 R - juris Rn. 20; Urteil vom 11.05.1993 - 12 RK 23/91 - juris Rn. 12; Knispel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 4. Aufl. Stand 02.12.2022, § 8 Rn. 32 ff.). Die Unterscheidung ergibt sich zwar nicht klar aus dem Wortlaut, jedoch aus dem Sinn der Vorschrift des § 8 SGB IV. Denn - so das BSG (Urteil vom 11.05.1993 - 12 RK 23/91 - juris Rn. 12) - wenn die Nr. 1 neben regelmäßigen auch gelegentliche Beschäftigungen erfassen würde, müsste bspw. eine auf zwei Monate befristete Tätigkeit, mit der die Entgeltgrenze überschritten wird, als versicherungspflichtig beurteilt werden, ohne dass es auf das Merkmal "berufsmäßig" ankäme; dann würde dieses nur in Nr. 2 des § 8 Abs. 1 SGB IV enthaltene Merkmal leerlaufen. Es ist daher immer zunächst zu prüfen, ob eine regelmäßige oder eine nur gelegentliche Beschäftigung gegeben ist.

Regelmäßig ist nach der Rechtsprechung des BSG eine Beschäftigung, die bei vorausschauender Betrachtung von vornherein auf ständige Wiederholung gerichtet ist (BSG Urteil 07.05.2014 - B 12 R 5/12 R - juris Rn. 21; Urteil vom 11.05.1993 - 12 RK 23/91 - juris Rn. 13; vgl. auch Knispel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 4. Aufl. Stand 02.12.2022, § 8 Rn. 39 ff.; Knospe in: Hauck/Noftz SGB IV, 2. EL 2024, § 8 Rn. 50 ff.); nicht erforderlich ist hingegen, dass sie über mehrere Jahre hinweg ausgeübt werden soll (BSG Urteil vom 05.12.2017 - B 12 KR 16/15 R - juris Rn. 14). So kann auch im Fall einer auf nicht mehr als ein Jahr befristeten Beschäftigung eine „regelmäßige“ Beschäftigung vorliegen (BSG, a.a.O.). Erforderlich ist - neben der Ausrichtung auf eine ständige Wiederholung - (lediglich) die Bereitschaft der Parteien des Beschäftigungsverhältnisses zu regelmäßiger Zusammenarbeit beim ersten Arbeitseinsatz (BSG Urteil vom 05.12.2017 - B 12 KR 16/15 R - juris Rn. 14). Ist die Beschäftigung hiernach nicht als regelmäßig anzusehen, wird sie nur gelegentlich ausgeübt.

An einer Regelmäßigkeit nach diesen Maßgaben fehlte es für die hier streitgegenständlichen Beschäftigungen zwischen dem Kläger und den Beigeladenden Ziff. 1 bis 3 zur Überzeugung des Senats. Denn die jeweilige Beschäftigung der Beigeladenen Ziff. 1 bis 3 war nicht von vornherein auf ständige Wiederholung gerichtet und die einzelnen Erntehelfer-Arbeitseinsätze waren nicht in ihrer Dauer und ihrem Zeitpunkt hinreichend vorhersehbar.
Gerade der Umstand, dass sich die von den Beigeladenen Ziff. 1 bis 3 ausgeübten Beschäftigungen nach saisonalen Gegebenheiten (Ernte) richteten, spricht für eine nur gelegentlich ausgeübte Beschäftigung (LSG Baden-Württemberg Urteil vom 11.10.2022 - L 11 BA 3083/20 - juris Rn. 30; Latzel, NZS 2022, 281, 282). Vorliegend hatten die Beigeladenen Ziff. 1 bis 3 jeweils auf zwei Monate befristete Arbeitsverträge, welche keine automatische Regelung beinhalteten, dass sie bei der nächsten Ernteperiode wieder zur Verfügung stehen würden. Auch ergeben sich aus den Vertragsunterlagen oder sonstigen Dokumenten keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger und die Beigeladenen Ziff. 1 bis 3 ständig wiederholt zusammenarbeiten wollten. Ein solcher Parteiwille zu regelmäßiger Zusammenarbeit zwischen dem Kläger und der Beigeladenen Ziff. 1 sowie dem Kläger und den Beigeladenen Ziff. 2 und 3 ist hier weder bei dem Kläger noch bei einer der Beigeladenen Ziff. 1 bis 3 festzustellen. Die Anzahl der Arbeitseinsätze (bei der Beigeladenen Ziff. 1 vorliegend 2015 und 2016 - im Abstand von 12 Monaten - für die Dauer von jeweils 2 Monaten) allein reicht für die Abgrenzung einer regelmäßigen von einer gelegentlichen Beschäftigung nicht aus (vgl. auch LSG Baden-Württemberg Urteil vom 25.10.2023 - L 8 U 2385/22 - n.v.).

3. Der Senat stellt weiter fest, dass das monatliche Arbeitsentgelt der Beigeladenen Ziff. 1 bis 3 jeweils 450,00 € überschritt. Davon gehen auch die Beteiligten aus. Da die monatliche Entgeltgeringfügigkeitsgrenze (vgl. § 8 Abs. 1 Nr. 1 SGB IV) überschritten war, kommt es auf das Vorliegen der weiteren Voraussetzung der fehlenden Berufsmäßigkeit an (zum kumulativen Vorliegen der Voraussetzungen vgl. auch Knospe in Hauck/Noftz SGB IV, 2. EL 2024, § 8 Rn. 54 ff.; Latzel in NZS 2022, 281, 282 f.).

4. Der Senat stellt fest, dass die Beigeladenen Ziff. 1 bis 3 ihre jeweilige Beschäftigung auch nicht berufsmäßig ausübten.

Die Berufsmäßigkeit ist an Hand der ausgeübten Beschäftigung und dem Erwerbsverhalten der beigeladenen Arbeitskräfte zu untersuchen (BSG Urteil vom 11.05.1993 - B 12 RK 23/91 - juris Rn. 20). Eine Beschäftigung oder Tätigkeit wird dann berufsmäßig ausgeübt i.S.v. § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV, wenn sie für den Beschäftigten nicht nur von untergeordneter wirtschaftlicher Bedeutung ist und er damit seinen Lebensunterhalt überwiegend oder doch in einem solchen Umfang bestreitet, dass seine wirtschaftliche Situation zu einem erheblichen Teil auf dieser Beschäftigung beruht (st. Rspr. BSG, vgl. BSG Urteil vom 24.11.2020 - B 12 KR 34/19 R - juris Rn. 14, Urteil vom 14.03.2018 - B 12 KR 17/16 R - juris Rn. 12, Urteil vom 28.10.1960 - 3 RK 31/56 - juris Rn. 18, Urteil vom 26.09.1972 - 12 RJ 352/71 - juris Rn. 15).
Die Bestimmung von Berufsmäßigkeit geht dabei insbesondere einher mit der Frage, ob der Arbeitnehmer zum Personenkreis der berufsmäßig Erwerbstätigen zu zählen ist. Als Personengruppen, die nicht berufsmäßig tätig werden, kommen danach u.a. solche in Betracht, die nach ihrer Lebensstellung i.d.R. keine versicherungspflichtige Beschäftigung auszuüben pflegen, wie z.B. - wovon im vorliegenden Fall in dem vorgefertigten Fragenbogen selbst ausgegangen wird - Schüler, Studenten während Schul- oder Semesterferien oder für die Zeit bis zur Aufnahme des Studiums, Rentner und Hausfrauen. Diese Personen leben in der Regel von anderen Einnahmen wie Rente, Unterhalt der Eltern, BAföG usw. (vgl. Zieglmeier in Beck-online Großkommentar [Kasseler Kommentar] SGB IV, Stand 114. EL Mai 2021, § 8 Rn. 30 und in NZA 2021, 1534, 1536, so im Übrigen auch die Beklagte in ihrer Berufungsbegründung).
Die Angabe des Status „Hausfrau oder -mann“ in einem zweisprachigen „Fragebogen“ führt nicht per se dazu, dass diese Personengruppe versicherungs- und beitragsfrei in der jeweiligen zeitgeringfügigen Tätigkeit ist. Der Status „Hausfrau" oder „Hausmann" setzt ebenso voraus, dass diese (Saison-)Arbeitnehmer dem Arbeitsmarkt grundsätzlich nicht zur Verfügung stehen (z.B. bei Pflege von Familienangehörigen) und auch nicht als „Arbeitslose" beurteilt werden können (vgl. LSG Baden-Württemberg Urteil vom 11.10.2022 - L 11 BA 3083/20 -, juris Rn. 32; LSG Baden-Württemberg Urteil vom 25.10.2023 - L 8 BA 3083/20 -, n.v.; Zieglmeier, NZA 2021, 1534, 1536), mithin generell nicht zum Kreis der Erwerbstätigen gehören.
Ob eine derartige Beschäftigung berufsmäßig ausgeübt wird, ist grundsätzlich aufgrund einer Gesamtbeurteilung aller Einzelfallumstände und der gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse dieser Person zu beurteilen (vgl. Knispel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 4. Aufl. Stand 02.12.2022, § 8 Rn. 61; Schlegel, NZS 2020, 335, 335).

Im vorliegenden Fall besteht die Besonderheit, dass der Kläger zur Beurteilung der Versicherungspflicht der Beigeladenen Ziff. 1 bis 3 einen bundeseinheitlich von den Sozialversicherungsträgern zur Verfügung gestellten zweisprachigen Fragebogen
für Saisonarbeitnehmer aus dem (osteuropäischen) Ausland, verwendete (abrufbar bspw. unter https://www.minijob-zentrale.de/SharedDocs/Downloads/DE/Formulare/Fragebogen_VP_ausl._Saisonarbeitnehmer/Fragebogen_Versicherungspflicht_ungarisch.pdf?__blob=publicationFile&v=1;
https://www. svlfg.de/auslaendische-saisonarbeitskraefte;
https://www.aok.de/fk/sozialversicherung/beschaeftigung-auslaendischer-arbeitnehmer/saisonkraefte-aus-dem-ausland-beschaeftigen/;
https://www.arbeitsagentur.de/datei/fragebogen-zur-feststellung-der-versicherungspflicht_ba032045.pdf).

Die Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg führte in ihren Geringfügigkeitsrichtlinien in der Fassung vom 12.11.2014 (abrufbar unter https://www.deutsche-rentenversicherung.de/SharedDocs/Downloads/DE/Fachliteratur_Kommentare_Gesetzestexte/summa_summarum/rundschreiben/2014/november_2014_geringfuegigkeitsrichtlinien.html) zur Frage der Berufsmäßigkeit u.a. Folgendes aus (S. 61):
            „Die Bestimmung von Berufsmäßigkeit geht einher mit der Frage, ob der Arbeitnehmer
zum Personenkreis der Erwerbstätigen zu zählen ist. Sie ist anhand von Indizien im jeweiligen Einzelfall bei Beginn der zu beurteilenden Beschäftigung (…) unabhängig von
der tatsächlichen Einkommenssituation des Arbeitnehmers zu beantworten
. Berufsmäßigkeit kann sich beispielsweise aufgrund des Erwerbsverhaltens des Arbeitnehmers ergeben (…) oder bereits im Status der Person des Arbeitnehmers begründet sein (…).
In ihren Geringfügigkeitsrichtlinien in der Fassung vom 21.11.2018 (abrufbar unter https://rvrecht.deutsche-rentenversicherung.de/SharedDocs/rvRecht/05_Normen_und_Vertraege/10_Rundschreiben_SpV/10_geringfuegigkeits-richtlinien/68_geringfuegigkeitsrichtl_2018_11_21.html) führte sie u.a. ergänzend aus (S. 65):
„Aufgrund ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts lassen sich beim Vorliegen bestimmter Fallgestaltungen, die die Lebenswirklichkeit abbilden, Rückschlüsse auf das Vorliegen einer berufsmäßigen Beschäftigung auch ohne konkrete Prüfung der Einkommensverhältnisse ziehen.“

Die Beigeladenen Ziff. 1 bis 3 gaben in den Fragebögen alle an, bei Aufnahme der Erntehelfer-tätigkeit beim Kläger in keinem (anderen) Beschäftigungsverhältnis gestanden zu haben und innerhalb der letzten 12 Monate vor dieser Erntehelfer-Tätigkeit keine Beschäftigung ausgeübt zu haben. Gleiches gaben sie bzgl. einer selbständigen Tätigkeit an. Einen Nachweis darüber, dass sie keiner Beschäftigung im Heimatland nachgehen, konnten die Beigeladenen Ziff. 1 bis 3 schon aus der Natur der Sache heraus nicht vorlegen. Ungeachtet dessen wurde ein Nachweis in Form einer Bestätigung des Arbeitgebers mittels Stempel und Unterschrift im Fragebogen nur angefordert für den Fall, dass einer Beschäftigung nachgegangen wird. Das Erfordernis, eine sog. A1-Bescheinigung vorzulegen (so die Beklagte im Schriftsatz vom 12.04.2023, Bl. 35 f. Senats-Akte) greift zudem nur bei einer (versicherungspflichtigen) Beschäftigung im Heimatland (mit der Folge der Versicherungsfreiheit in der deutschen Sozialversicherung), der hier - ausweislich der Angaben der Beigeladenen Ziff. 1 bis 3 - gerade nicht nachgegangen wurde.
Die Beigeladenen Ziff. 1 bis 3 verneinten auch eine Arbeitslosigkeit und Arbeitssuchendmeldung.
Die Beigeladene Ziff. 3 gab an, dass sie eine Bildungseinrichtung besuche und während ihrer Beschäftigung in Deutschland Ferien habe. Diese Angaben wiederum wurden - entsprechend der Aufforderung im Fragebogen („Kopie der Schul-/Studienbescheinigung als Nachweis bitte beifügen oder lassen Sie die obigen Angaben durch die Einrichtung bestätigen“, vgl. Bl. I33 Rs VerwA) vom „L1“, mithin einer allgemeinbildenden Oberschule (vgl. xxx) mittels Stempel, auf dem die vollständigen Kontaktdaten der Schule wiedergegeben sind (abrufbar unter: xxx) bestätigt.
Die Beigeladene Ziff. 3 gab dazu ergänzend an, dass sie Hausfrau sei. Die Beigeladenen Ziff. 1 und 2 gaben ebenfalls an, dass sie im Heimatland Hausfrauen sind und von den Renten ihrer Familienangehörigen lebten. Ihre Angaben bestätigten die Beigeladenen Ziff. 1 bis 3 jeweils mit ihrer Unterschrift.
Aufgrund dieser Angaben steht für den Senat fest, dass die Beigeladenen Ziff. 1 bis 3 generell nicht zum Kreis der Erwerbstätigen gehörten, weshalb bereits aus diesem Grund keine Berufsmäßigkeit vorliegt (vgl. zur fehlenden Berufsmäßigkeit einer Person, die eine kurzfristige Tätigkeit ausübt, ohne zum Kreis der Erwerbstätigen zu gehören: Latzel, NZS 2022, 281, 283, BSG Urteil vom 30.11.1978 - 12 RK 32/77 - juris Rn. 14).
Denn die Angaben der Beigeladenen Ziff. 1 und 2, wonach sie ihren Lebensunterhalt von der Rente eines Familienangehörigen bestreiten, sind gerade in der Gesamtschau mit der Beantwortung der übrigen Fragen plausibel, weil es in solchen Fällen nicht unüblich ist, dass Verwandte als Großfamilie zusammenleben und füreinander sorgen, etwa indem einer den Haushalt führt und im Gegenzug von den Verwandten (auch finanziell) versorgt wird (vgl. dazu auch LSG Baden-Württemberg Beschluss vom 09.04.2024 - L 5 BA 3595/23 ER-B - juris Rn. 3). Im Übrigen hat die Beklagte selbst in Ihrem Schriftsatz vom 01.02.2023 (Bl. 25 Senats-Akte) unter Zitierung der Kommentierung im Kasseler Kommentar zu § 8 SGB IV („Diese Personen leben in der Regel von anderen Einnahmen wie Rente, Unterhalt der Eltern, BAföG usw. [vgl. Schlegel NZS 2020, 335]“) selbst darauf verwiesen, dass eine Berufsmäßigkeit in solchen nicht anzunehmen sei, da eine wirtschaftliche Bedeutung der Beschäftigung nicht gegeben sei, da die Haupteinkünfte aus einer anderen Quelle herrührten. Genau dies ist hier - wie dargelegt - im Fall der Beigeladenen Ziff. 1 und 2 der Fall.
Zudem ist auch die Angabe der Beigeladenen Ziff. 3, sie sei Schülerin einer Oberschule plausibel, weil sie - wie im Fragebogen angefordert - von der Oberschule mittels Stempel bestätigt wurde. Soweit die Beigeladene Ziff. 3 zudem angab, sie sei Hausfrau, ist diese für den Senat nicht unplausibel, sondern ergänzt vielmehr ihren Status neben dem der Schülerin.

Soweit die Beklagte von Anfang an bis zuletzt im Berufungsverfahren geltend macht, dass die Angaben der Beigeladenen Ziff. 1 bis 3 nicht plausibel seien, folgt dem der Senat nicht.
Die Beklagte geht von einer Unplausibilität aus, weil die Antworten der Beigeladenen Ziff. 1 und Ziff. 2 auf die Frage Nr. 6 („Hausfrau“) und die Frage Nr. 7 (Lebensunterhalt wird von Rente eines Familienangehörigen bestritten) im Fragebogen widersprüchlich und daher unplausibel seien. Es sei nämlich nicht bekannt, ob mit diesen Familienangehörigen ein gemeinsamer Haushalt geführt werde und die Höhe der Renten ausreiche, den gemeinsamen Lebensunterhalt zu bestreiten. Bestätigungen amtlicher Stellen oder Rentenbescheide seien nicht vorgelegt worden. Der Kläger habe nicht überprüft, ob die Angaben der Wahrheit entsprächen. In Bezug auf die Beigeladene Ziff. 3 macht die Beklagten geltend, deren Angaben seien unplausibel, weil sie zum einen angegeben habe, eine Bildungseinrichtung zu besuchen (Frage Nr. 4), was von der betreffenden Bildungseinrichtung lediglich durch einen Stempel und nicht durch weitere Anmerkungen bestätigt worden sei und zum anderen angeben habe, Hausfrau zu sein (Frage Nr. 6), ohne weitere Angaben dazu zu machen (wie z.B. zur Dauer dieser Tätigkeit) und ohne mitzuteilen, wovon sie ihren Lebensunterhalt bestreite (Frage Nr. 7). Auf diese Art und Weise bestreitet die Beklagte den Status der Beigeladenen Ziff. 1 bis 3 als Hausfrau bzw. Schülerin bzw. zieht diese in Zweifel und hält dem Kläger vor, er sei zu weiteren Nachforschungen der persönlichen Lebensumstände der Beigeladenen Ziff. 1 bis 3 verpflichtet gewesen. Da er dies nicht getan habe, habe er seine Aufzeichnungs- und Mitwirkungspflichten als Arbeitgeber verletzt, woraus die Beklagte wiederum eine Beweislastumkehr ableitet.
Dabei verkennt die Beklagte nach Auffassung des Senats, dass aufgrund der Angaben der Beigeladenen Ziff. 1 bis 3 für den Kläger keine Veranlassung bestand, weitere „Nachforschungen“ anzustellen, da sie gerade - wie zuvor dargestellt - sehr wohl plausibel waren. Zudem waren die von der Beklagten geforderten Nachweise für den Fall der Bejahung des Hausfrauenstatus (Frage Nr. 6) zu der Frage, mit wem und seit wann ein Haushalt geführt wird und bei Angabe, wovon der Lebensunterhalt bestritten wird (Frage Nr. 7), Nachweise hierüber vorzulegen, in dem Fragebogen gerade nicht gefordert worden. Soweit die Beklagte in Bezug auf die Angaben der Beigeladenen Ziff. 3 hinsichtlich ihrer Schülereigenschaft zudem „weiteren Anmerkungen“ der Bildungseinrichtung fordert, war auch dies laut Fragebogen nicht erforderlich. Dort wurde explizit entweder eine Schul-/Studienbescheinigung oder (alternativ) eine Bestätigung der Bildungseinrichtung auf einem im Fragebogen vorgesehenen Feld für ausreichend erachtet.

Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass der hier in den Jahren 2015, 2016 und 2018 zur Verfügung gestellte und verwendete Fragebogen unter Nr. 7 den Hinweis enthält, dass die Frage, wovon der Saisonarbeitnehmer in seinem Heimatland seinen Lebensunterhalt verdient, nur beantwortet werden muss, wenn sämtliche vorstehenden Fragen - darunter die Frage: „Sind Sie Hausfrau/Hausmann?“ - mit nein beantwortet wurden. Wurde die Frage nach einer Tätigkeit als Hausfrau/Hausmann dagegen - wie in den hier zu beurteilenden Fällen - bejaht, mussten die Saisonarbeitnehmer die Frage, wovon sie in ihrem Heimatland ihren Lebensunterhalt bestreiten, in der Konsequenz nicht beantworten. Zwischenzeitlich - für Zeiten nach dem hier streitgegenständlichen Zeitraum - wurde der Fragebogen so geändert, dass die Frage Nr. 7 nach dem Bestreiten des Lebensunterhalts auch dann beantwortet werden muss, wenn angegeben wird, Hausfrau oder Hausmann zu sein und die Fragen nach einer Beschäftigung bzw. selbständigen Tätigkeit und einer Arbeitslosigkeit verneint wurden (vgl. zum Download bereitgestellter Fragebogen unter https://www.minijob-zentrale.de; hierzu ausführlich Latzel, NZS 2022, 281, 286).
Hier haben die Beigeladenen Ziff. 1 und 2 - entgegen der eigentlichen Anforderung im Fragebogen - sogar angegeben, wovon sie ihren Lebensunterhalt bestreiten (Renten von Familienangehörigen), obwohl sie hierzu nach der in Nr. 7 des Fragebogens formulierten Frage in der Konsequenz gar nicht verpflichtet gewesen wären.

Der Senat teilt die Auffassung des 11., 8. und 5. Senats des LSG Baden-Württemberg (Urteile vom 11.10.2022 - L 11 BA 3083/20 - [juris], vom 25.10.2023 - L 8 BA 2385/22 - [n.v.], Beschluss vom 09.04.2024 - L 5 BA 3595/23 ER-B - [juris]), wonach der Arbeitgeber mit der Verwendung des in der streitgegenständlichen Zeit bereitgestellten bundeseinheitlichen zweisprachigen Fragebogens für Saisonkräfte aus dem (osteuropäischen) Ausland, in dem die Saisonarbeitnehmer als Status „Hausfrau“ oder „Hausmann“ angeben und in dem sie die Frage Nr. 7 nach dem Bestreiten des Lebensunterhalts in ihrem jeweiligen Heimatland nicht beantworten mussten, seiner Aufzeichnungspflicht ausreichend nachkommt und nicht gegen seine Mitwirkungspflicht verstößt, zumindest soweit die Angaben der Saisonarbeitnehmer insgesamt plausibel sind und der Arbeitgeber keinen durch Tatsachen begründeten Verdacht hatte, dass die Auskünfte wahrscheinlich falsch sind.
Denn der Fragebogen verlangt Angaben dazu, wovon der Lebensunterhalt bestritten wird (Frage Nr. 7), ausdrücklich nur, wenn die Fragen Nr. 1 bis 6 verneint wurden. Auch ist der Arbeitgeber selbst bei Angaben der Saisonarbeitnehmer (zu Frage Nr. 7), wovon sie ihren Lebensunterhalt bestreiten, nicht dazu verpflichtet, diese Angaben zu überprüfen und sich hierüber Nachweise vorlegen zu lassen, soweit sie plausibel sind und er keinen durch Tatsachen begründeten Verdacht hatte, dass die Auskünfte wahrscheinlich falsch sind. Denn die Notwendigkeit solcher Nachweise werden ausdrücklich nicht im Fragebogen verlangt und muss sich dem Arbeitgeber bei Plausibilität der Angaben und mangels entgegenstehender Tatsachen auch nicht aufdrängen. Der Fragebogen konkretisiert insoweit den Umfang der erforderlichen Mitwirkung des Arbeitgebers. Dieser Mitwirkung ist der Kläger im konkreten Einzelfall nachgekommen.
Dies gilt umso mehr vor dem Hintergrund der (oben dargestellten) Ausführungen der Beklagten in den Geringfügigkeitsrichtlinien („anhand von Indizien…unabhängig von der tatsächlichen Einkommenssituation des Arbeitnehmers […] Berufsmäßigkeit kann sich beispielsweise aufgrund des Erwerbsverhaltens des Arbeitnehmers ergeben […] oder bereits im Status der Person des Arbeitnehmers begründet sein […]. Aufgrund ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts lassen sich beim Vorliegen bestimmter Fallgestaltungen, die die Lebenswirklichkeit abbilden, Rückschlüsse auf das Vorliegen einer berufsmäßigen Beschäftigung auch ohne konkrete Prüfung der Einkommensverhältnisse ziehen.“)
Der Kläger war aufgrund der insgesamt plausiblen Angaben der Beigeladenen Ziff. 1 bis 3 nicht verpflichtet, die Angaben der beigeladenen Saisonarbeitnehmer in den Fragebogen zu hinterfragen und insbesondere zu ermitteln, wovon sie ihren Lebensunterhalt bestreiten (Beigeladene Ziff. 3) bzw. ob - wie hier von den Beigeladenen Ziff. 1 und 2 angegeben - die Rente des Familienangehörigen zum Bestreiten des Lebensunterhalts ausreicht und ob sie mit diesen Familienangehörigen zusammenleben. Denn hierzu gab der Fragebogen schon als solcher keinen Anlass, da er gerade die Vorlage entsprechender Nachweise nicht verlangte. Auch waren bzgl. der Beigeladenen Ziff. 3 keine weiteren Anmerkungen der Bildungseinrichtung vom Kläger einzuholen. Denn auch solche „Anmerkungen“ (wobei vollkommen offen bleibt, welcher Art) werden im Fragebogen ausdrücklich nicht verlangt. Ausreichend ist vielmehr eine Kopie der Schul-/Studienbescheinigung oder eine Bestätigung der Bildungseinrichtung, für die im Fragebogen ein Feld die Eintragung des Orts/Datums und des Dienststempels vorgesehen ist. Auch Tatsachen, die Verdacht hätten begründen können, dass die Angaben falsch sein könnten, gab es für den Kläger nicht.

Wenn die Beklagte den von den Sozialversicherungsträgern in Umlauf gebrachten Fragebogen nicht mehr akzeptieren möchte, bedarf es entweder einer vorherigen Information darüber, wie die Arbeitgeber zukünftig ihre Mitwirkungspflichten ordnungsgemäß erfüllen können, ggf. auch einer Änderung der Fragebögen (insbes. bzgl. des Nachweises zum Bestreiten des Lebensunterhalts bei Angabe des Hausfrauen-/Hausmannstatus).

Ungeachtet dessen hat auch die Beklagte bis zuletzt im Berufungsverfahren weitere konkrete Ermittlungsmöglichkeiten des Arbeitsgebers nicht aufgezeigt, insbesondere nicht dargelegt wie der Kläger im vorliegenden Fall noch in rechtlich zulässigem Rahmen weitere Angaben hätte von den Beigeladenen Ziff. 1 bis 3 erlangen können (vgl. dazu auch LSG Baden-Württemberg Urteil vom 25.10.2023 - L 8 BA 2385/22 - n.v.). Der Kläger hat weder eine rechtliche Handhabe, eine Steuerauskunft von den Beigeladenen Ziff. 1 bis 3 zu verlangen, noch kann er als Privatunternehmer einen Datenabgleich mit Behörden im Heimatland der Beigeladenen Ziff. 1 bis 3 in die Wege leiten. Einer Meldeanfrage des Klägers an das Einwohnermeldeamt oder das Finanzamt im Heimatland dürften datenschutzrechtliche Hindernisse entgegenstehen (vgl. hierzu
LSG Baden-Württemberg Urteil vom 25.10.2023 - L 8 BA 2385/22 - n.v.; SG Lüneburg Urteil vom 26.04.2023 - S 34 BA 26/21 - juris Rn. 34 sowie SG Lüneburg Beschluss vom 19.05.2022 - S 1 BA 15/22 ER - juris Rn. 27). Auch hat der Kläger als Arbeitgeber aus dem Arbeitsverhältnis keinen Anspruch auf Offenlegung des Einkommens von Ehepartnern seiner Arbeitnehmer (vgl. Bundesarbeitsgericht [BAG], Urteil vom 26.04.2023 - 10 AZR 137/22 -, juris sowie Bundesgerichtshof [BGH] Urteil vom 18.02.2021 - III ZR 175/19 - juris) bzw. anderen Familienangehöriger. Zu beachten ist auch, dass nicht jede Falschbeantwortung einer Frage in einem vom Arbeitgeber vorgelegten Fragebogen arbeitsrechtliche Folgen hat (vgl. BAG Urteil vom 04.12.1997 - 2 AZR 750/96 - juris). Ein Fragerecht des Arbeitgebers und die damit korrespondierende Auskunftspflicht des Bewerbers ist nur dann gegeben, wenn der Arbeitgeber im Zusammenhang mit dem zu begründenden Arbeitsverhältnis ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse an der Beantwortung seiner Frage im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis hat (Landesarbeitsgericht [LAG] Baden-Württemberg Urteil vom 21.02.2019 - 3 Sa 65/17 - juris). Ein berechtigtes Interesse ist nur dann gegeben, wenn das Interesse des Arbeitgebers so gewichtig ist, dass dahinter das Interesse des Arbeitnehmers, seine persönlichen Lebensumstände zum Schutz seines Persönlichkeitsrechts und zur Sicherung der Unverletzlichkeit seiner Individualsphäre geheim zu halten, zurückzutreten hat (BAG Urteile vom 05.10.1995 - 2 AZR 923/94 - ZTR 1996, 322; vom 07.06.1984 - 2 AZR 270/83 - NZA 1985, 57). Das sich aus der Vertrags- und Abschlussfreiheit ableitende Fragerecht des Arbeitgebers ist also zivilrechtlich durch den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers begrenzt (BAG Urteil vom 20.03.2014 - 2 AZR 1071/12 - ZTR 2014, 664 sowie Breier/Dassau/Kiefer u.a., TV-L, 1.4.6 Fragerecht des Arbeitgebers und Auskunftspflicht des Bewerbers Rn. 312 ff.).

Zudem ist die Beklagte, wenn sie - wie hier - Angaben bezweifelt grundsätzlich selbst verpflichtet, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln, da ihr als Körperschaft des öffentlichen Rechts andere Ermittlungsmöglichkeiten offenstehen (so auch LSG Baden-Württemberg Urteil vom 25.10.2023 - L 8 BA 2385/22 -, n.v. unter Verweis auf SG Lüneburg Gerichtsbescheid vom 07.11.2022 - S 1 BA 23/22 - juris Rn. 33). Die Beklagte selbst ging seit Erlass des Widerspruchsbescheides davon aus, dass Unterlagen bzw. Angaben fehlten, die eine Überprüfung der Berufsmäßigkeit ermöglicht hätten. Hieraus wiederum schlussfolgerte sie, dass Versicherungsfreiheit nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV „daher nicht vorliegen konnte“. Insoweit hat sie - ausgehend von ihrer Sicht, dass sich die Berufsmäßigkeit nicht feststellen lasse - ihre Amtsermittlungspflicht nach § 20 SGB X (und im Übrigen auch die insoweit sie treffende Beweislast, s.o.) verkannt.

Der Senat stellt klar, dass er - wie oben dargelegt - nicht von dem fehlenden Nachweis der zur Berufsmäßigkeit gehörenden Tatsachen ausgeht, sondern es aufgrund der plausiblen Angaben der Beigeladenen Ziff. 1 bis 3 und mangels hier entgegenstehender Tatsachen als erwiesen ansieht, dass sie keine berufsmäßige Beschäftigung ausgeübt haben.

Soweit die Beklagte auf anderweitige Gerichtsentscheidungen verwiesen hat, sei auf Folgendes hingewiesen:
Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich zu jenem, der dem Urteil des LSG Niedersachsen-Bremen vom 17.10.2012 - L 1 KR 273/11 - (juris) zugrunde lag, dadurch, dass dort - anders als hier - eklatante Unschlüssigkeiten vorlagen. Den Urteilen des LSG Rheinland-Pfalz vom 25.06.2007 - L 2 RI 340/04 - und vom 26.04.2007, Az.: L 1 KR 36/05 (juris) lagen ebenfalls andere Sachverhalte zugrunde, da die dortigen Saisonarbeitskräfte unbezahlten Urlaub in ihrem Heimatland genommen hatten. Auch das Urteil des 13. Senats des LSG Baden-Württemberg (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.10.2022 - L 13 BA 2532/20 -, n.v.) steht der dargelegten Beurteilung des Sachverhalts durch den Senat nicht entgegen, da auch der 13. Senat die Feststellungslast der Beklagten bestätigt und nur bezüglich eines Saisonarbeitnehmers, welcher nachweislich eine Beschäftigung im Heimatland ausgeübt hatte, Berufsmäßigkeit angenommen hat.

Soweit die Beklagte auf das Urteil des SG Landshut vom 09.03.2023 - S 1 BA 3/21 (juris) - verweist, folgt dem der erkennende Senat aus denselben Gründen nicht wie der 8. Senat in seinem Urteil vom 25.10.2023 - L 8 BA 2385/22 -:
Soweit das SG Landshut im Urteil vom 09.03.2023 - S 1 BA 3/21 - (juris) die Annahme einer Berufsmäßigkeit auch bei unterstelltem Personenstatus als Hausmann als möglich ansieht, da es eben in der Allgemeinheit nicht richtig sei, dass Hausfrauen und Hausmänner generell nicht berufsmäßig tätig werden könnten, und im weiteren die Berufsmäßigkeit mit dem großen Lohngefälle zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Heimatland begründet, überzeugt dies den Senat nicht. Diese Auslegung würde zu einer Diskriminierung der ausländischen Arbeitnehmer aufgrund des unterschiedlichen Lohnniveaus führen. Eine solche Diskriminierung verstößt gegen Art. 45 AEUV, wonach innerhalb der Union die Freizügigkeit der Arbeitnehmer gewährleistet ist und diese die Abschaffung jeder auf der Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten in Bezug auf Beschäftigung, Entlohnung und sonstige Arbeitsbedingungen umfasst. Nach Art. 7 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 05.04.2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union darf ein Arbeitnehmer, der Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats ist, aufgrund seiner Staatsangehörigkeit im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten hinsichtlich der Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, insbesondere im Hinblick auf Entlohnung, Kündigung und, falls er arbeitslos geworden ist, im Hinblick auf berufliche Wiedereingliederung oder Wiedereinstellung, nicht anders behandelt werden als die inländischen Arbeitnehmer (vgl. hierzu zuletzt Europäischer Gerichtshof [EuGH], Urteil vom 15.06.2023 - C-132/22 - juris). Die Berufsmäßigkeit darf somit nicht allein unter Verweis auf das unterschiedliche Lohngefälle in Deutschland und im Heimatland osteuropäischer Saisonarbeitskräfte als gegeben angenommen werden. Zudem ist bei anderen Arbeitnehmergruppen das im Rahmen einer Beschäftigung nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV erzielte Entgelt oftmals von wirtschaftlicher Bedeutung, so dass auch bei diesen eine Berufsmäßigkeit nach der Argumentation des SG Landshut angenommen werden müsste. Auch muss die Berufsmäßigkeit im Vollbeweis feststehen und kann daher nur durch Ermittlungen im Einzelfall und nicht mit pauschalisierenden Erwägungen begründet werden.
Auch lässt das SG Landshut die Tatsache außer Acht, dass grundsätzlich die Beklagte die Feststellungslast trägt und den Sachverhalt im Rahmen der ihr obliegenden Amtsermittlungspflicht nicht ausreichend ermittelt hat. Die vom SG Landshut vorgeschlagene Lösung führt zu einer Umkehr der Feststellungslast, ohne dass dies durch eine konkret benennbare, rechtlich zumutbare weitere Aufklärungsmöglichkeit des Arbeitgebers begründbar wäre. Dies widerspricht jedoch den allgemeinen Grundsätzen der Beitragserhebung (vgl. BSG Urteil vom 24.11.2020 - B 12 KR 34/19 R - juris Rn. 22). Danach ist die mit der Erhebung von Sozialversicherungsbeiträgen verbundene Einschränkung der allgemeinen Handlungsfreiheit des Art 2 Abs. 1 GG zu beachten. Wegen dieses Grundrechtseingriffs ist das Sozialversicherungs- und Beitragsrecht in besonderer Weise von dem Grundsatz des Gesetzesvorbehalts (§ 31 SGB I), der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände sowie der Bestimmtheit entsprechender Normen geprägt. Im Interesse sowohl der Versicherten als auch der Versicherungsträger ist die Frage der Versicherungspflicht schon zu Beginn der Tätigkeit zu klären, weil es darauf nicht nur für die Entrichtung der Beiträge, sondern auch für die Leistungspflichten der Sozialversicherungsträger und die Leistungsansprüche des Betroffenen ankommt (vgl. BSG Urteil vom 12.05.2020 - B 12 R 11/19 R - juris Rn. 19 m.w.N.). Zudem bedürfen Eingriffsakte der Verwaltung einer normativen Grundlage, die so formuliert ist, dass die Folgen der Regelung für den Normadressaten erkennbar und berechenbar sind (BSG Urteil vom 04.12.2007 - B 2 U 36/06 R - juris Rn. 14; allgemein zum Bestimmtheitsgebot von Normen mit Eingriffscharakter z.B. Bundesverfassungsgericht [BVerfG] Urteil vom 27.02.2008 - 1 BvR 370/07 - juris). Es ist daher Sache des Gesetzgebers, die Voraussetzungen für die Annahme der Berufsmäßigkeit ausreichend bestimmt zu regeln, damit die Normanwendung nicht zu einer nicht vorhersehbaren Verlagerung von Ermittlungsdefiziten der Verwaltung auf die Normadressaten führt (vgl. LSG Baden-Württemberg Urteil vom 25.10.2023 - L 8 BA 2385/22 - n.v., SG Lüneburg Urteil vom 26.04.2023 - S 34 BA 26/21 - juris Rn. 63).

Nach alledem konnte die Beitragserhebung keinen Bestand haben, weshalb auch keine Säumniszuschläge zu erheben waren.

Die Berufung der Beklagten war daher zurückzuweisen.

Die Kostentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 und 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i. V. m. §§ 1 Abs. 2 Nr. 3, 47 Abs. 1 und 2, 52 Abs. 3 S 1 Gerichtskostengesetz (GKG).

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG). Vorliegend ist die Frage streitig, ob der Kläger im konkreten Einzelfall der Beigeladenen Ziff. 1 bis 3 aufgrund deren Angaben verpflichtet war, deren Angaben in den Fragebögen zu hinterfragen und weitere Ermittlungen zu ihrem Erwerbsstatus anzustellen. Hierbei handelt es sich um eine Tatsachenfrage und keine Rechtsfrage.   


 

Rechtskraft
Aus
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