L 2 R 2395/23

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2.
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 13 R 3060/21
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 R 2395/23
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30. Juni 2023 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.



Gründe

I.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Anerkennung von Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung sowie die Gewährung einer Altersrente.

Die 1953 geborene Klägerin ist kosovarische Staatsangehörige. Sie ist Mutter von sieben Kindern (V1 G1, geb. 1977, G2 G1, geb. 1980, V2 G1, geb. 1982, S1 G1, geb. 1985, R1 G1, geb. 1987, K1 G1, geb. 1988 und R2 G1, geb. 1990). Die Klägerin reiste mit ihrem 2019 verstorbenen Ehemann sowie ihren bis dahin geborenen Kindern am 18.09.1988 in die Bundesrepublik Deutschland (BRD) ein. Nach der Einreise stellte sie einen Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte, der mehrfach, zuletzt mit Bescheid des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 30.09.1996 rechtskräftig abgelehnt wurde (vgl. hierzu ausführlich Schreiben der Stadt R3 vom 18.03.2020, Bl. 177 VA). Abschiebungshindernisse nach dem damaligen § 53 Ausländergesetz (AuslG) wurden nicht festgestellt. Der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis wurde vom Landratsamt R3 ebenfalls abgelehnt (vgl. hierzu ausführlich Schreiben der Stadt R3 vom 18.03.2020, a.a.O.). Die Klägerin und ihr verstorbener Ehemann verfügten seit der Einreise über folgende Aufenthaltszeiten (vgl. Schreiben der Stadt R3 vom 13.06.2023 unter Bezugnahme auf die Abschlussmitteilung des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 09.06.2004, Bl. 130 ff. SG-Akte): 
26.06.1988 - 06.10.1996 Aufenthaltsgestattung
07.10.1996 - 12.08.2009 Duldung
13.08.2009 - 31.12.2009 Aufenthaltserlaubnis nach § 104c Abs.1 S. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG; Altfallregelung)
08.12.2009 - 14.11.2020 Aufenthaltsgewährung durch die obersten Landesbehörden nach § 23 Abs. 1 AufenthG
Seit 15.11.2020 Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AufenthG
Die Stadt R3 als zuständige Ausländerrechtsbehörde teilte zudem mit, dass bis zur Ersterteilung der Aufenthaltserlaubnis am 13.08.2009 alle Anträge auf Asyl bzw. Wiederaufnahme, Klage etc. abgelehnt worden seien (vgl. Schreiben der Stadt R3 vom 13.06.2023, a.a.O.).

Am 24.10.2019 beantragte die Klägerin bei der Stadtverwaltung R3, die den Antrag an die Beklagte weiterleitete, die Gewährung einer Regelaltersrente ab Oktober 2019.
Nach Auskunftsersuchen bei der Ausländerbehörde der Stadt R3 (s.o.) stellte die Beklagte mit Bescheid vom 15.04.2020 (Bl. 13 VA) nach § 149 Abs. 5 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) die in dem beigefügten Versicherungsverlauf enthaltenen Daten für die Zeit bis 31.12.2013 verbindlich fest, soweit sie nicht bereits früher festgestellt worden waren. Als versicherungsrechtliche Zeiten erkannte die Beklagte ausweislich der Anlage zum Bescheid vom 15.04.2020 für die Zeit vom 05.04.1977 bis 12.07.1977 Schwangerschaft/Mutterschutz, für die Zeit vom 01.03.2011 bis 30.11.2011 den Bezug von Arbeitslosengeld II und für die Zeit vom 13.03.2019 bis 06.09.2019 Pflichtbeitragszeit für Pflegetätigkeit an. Außerdem merkte sie die Zeit vom 13.08.1999 bis 21.06.2000 als Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung für das Kind R2 G1 vor. Im Übrigen lehnte die Beklagte die Vormerkung von Kindererziehungszeiten bzw. Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung im Zeitraum 17.05.1977 bis 12.08.1999 mit der Begründung ab, dass während der Erziehung der Aufenthalt in der BRD nicht auf einem zukunftsoffenen Aufenthaltstitel beruhte und deshalb kein gewöhnlicher Aufenthalt im Inland vorgelegen habe. Die Zeiten vom 01.06.1977 bis 30.11.1979 (für V1), vom 01.04.1980 bis 30.09.1982 (für G2), vom 01.07.1982 bis 31.12.1984 (für V2), vom 01.04.1985 bis 30.09.1987 (für S1), vom 01.07.1987 bis 21.09.1988, vom 22.09.1988 bis 30.06.1989 und vom 01.07.1989 bis 31.12.1989 (für R1), vom 01.12.1988 bis 30.11.1989, vom 01.12.1989 bis 30.11.1990 und vom 01.12.1990 bis 31.05.1991 (für K1) sowie vom 01.07.1990 bis 30.06.1991, vom 01.07.1991 bis 30.06.1992 und vom 01.07.1992 bis 31.12.1992 (für R2) könnten nicht als Kindererziehungszeiten und die Zeiten vom 17.05.1977 bis 16.05.1987 (für V1), vom 25.03.1980 bis 21.09.1988 und vom 22.09.1988 bis 24.03.1990 (für G2), vom 16.06.1982 bis 21.09.1988 und vom 22.09.1988 bis 15.06.1992 (für V2), vom 11.03.1985 bis 21.09.1988, vom 22.09.1989 bis 10.03.1995 (für S1) und vom 22.06.1987 bis 21.09.1988 und vom 22.09.1988 bis 21.06.1997 (für R1, vom 18.11.1988 bis 17.11.1998 (für K1) sowie vom 22.06.1990 bis 12.08.1999 (für R2) könnten nicht als Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung anerkannt werden.

Mit Bescheid vom 16.04.2020 (Bl. 202 VA) lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Regelaltersrente ab, da die Klägerin die Mindestversicherungszeit („allgemeine Wartezeit“) für diese Rente nicht erfülle. Das Versicherungskonto der Klägerin enthalte bis zum 30.09.2019 statt der erforderlichen 60 Monate allgemeine Wartezeit nur sieben Wartezeitmonate. Hierzu verweise man auf den beigefügten Versicherungsverlauf.

Sowohl gegen den Bescheid vom 15.04.2020 als auch den Bescheid vom 16.04.2020 lies die Klägerin mit Schreiben vom 04.05.2020 (Bl. 254 VA) Widerspruch erheben und hierzu vortragen, dass die Nichtanrechnung von Kinderziehungszeiten sowie Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung nicht nachzuvollziehen seien. Es habe entgegen der Ansicht der Beklagten ein zukunftsoffener Aufenthaltstitel vorgelegen, da die zuvor erteilten Aufenthaltsgestattungen bzw. Duldungen in einer Aufenthaltserlaubnis gemündet hätten. Unter einem zukunftsoffenen Aufenthaltstitel verstehe man in der Regel den gewöhnlichen Aufenthalt, der sich während der maßgeblichen Zeiten unstreitig im Bundesgebiet vollzogen haben dürfte. Die Klägerin habe auch nicht etwa nur vorübergehend in Deutschland verweilt, sondern gemeinsam mit ihrem Ehemann und den Kindern, um einen langfristigen Aufenthalt zu begründen. Dieser sei in der Folge tatsächlich auch umgesetzt worden.

Nach vorheriger Anhörung (Schreiben vom 29.03.2021, Bl. 239 VA) nahm die Beklagte mit Bescheid vom 19.04.2021 (Bl. 318 VA) den Bescheid vom 15.04.2020 nach § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) mit Wirkung für die Zukunft zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Anerkennung der Berücksichtigungszeiten wegen Kinderziehung für die Zeit vom 13.08.1999 bis 21.06.2000 im Versicherungskonto der Klägerin sei zu Unrecht erfolgt, da erst ab dem 13.08.2009 eine Aufenthaltserlaubnis und somit ein zukunftsoffener Aufenthaltstitel nach Angaben der Ausländerbehörde R3 vorliege. Bis zum 12.08.2009 habe damit kein gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland vorgelegen. Die Beklagte betrachte das Vertrauen der Klägerin in den Bescheid vom 15.04.2020 unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme für die Zukunft als nicht schutzwürdig, da bisher keine Leistungen aufgrund der Feststellungen in diesem Bescheid geleistet worden seien. Auch im Rahmen ihres Ermessens halte die Beklagte die Rücknahme des genannten Bescheides für gerechtfertigt. Es überwiege das Interesse der Versichertengemeinschaft auf Herstellung eines gesetzmäßigen Zustandes, weil dadurch vermieden werde, dass Leistungen in rechtswidrig zu hoch festgestellter Höhe gezahlt würden. Die Verwaltung sei zur zweckentsprechenden Mittelverwendung verpflichtet. Ohne eine Bescheidrücknahme wäre die Klägerin besser gestellt als vergleichbare Versicherte. Das Interesse der Versichertengemeinschaft überwiege dabei gegenüber den Interessen der Klägerin. Im Übrigen seien keine Umstände bekannt, um im Wege des Ermessens von einer Bescheidrücknahme abzusehen. Dieser Bescheid werde nach § 86 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des anhängigen Widerspruchsverfahrens.

Mit Widerspruchsbescheid vom 08.10.2021 (Bl. 328 VA) wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 15.04.2020 in der Gestalt des Rücknahmebescheides vom 19.04.2021 zurück. Die Anrechnung von Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung erfordere grundsätzlich den gewöhnlichen Aufenthalt des Erziehenden und des Kindes im Gebiet der BRD. Ausländer könnten ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der BRD nur haben, wenn ihnen ein Aufenthaltstitel erteilt worden sei, der ihren Aufenthalt materiell-rechtlich billige und nicht nur vorübergehend - und damit nicht rechtlich beständig - gestatte. Rechtlich beständig (dauerhaft) sei ein Aufenthalt, wenn und solange er nicht auf Beendigung ausgelegt, also zukunftsoffen sei. Darüber hinaus müsse der Aufenthalt rechtmäßig sein. Asylbewerber könnten in der Regel vor Beendigung des Asylverfahren keinen zukunftsoffenen Aufenthaltstitel erlangen. Die für die Dauer des Asylverfahrens erteilte Aufenthaltsgestattung begründe für den Asylbewerber während des Verfahrens keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet. Werde der Asylantrag abgelehnt, müsse der Antragsteller grundsätzlich mit der Abschiebung rechnen. Ein gewöhnlicher Aufenthalt in der BRD liege somit nicht vor. Dies gelte auch für die Fälle, in denen die Abschiebung ausgesetzt und eine Duldung ausgesprochen werde. Der gewöhnliche Aufenthalt beginne im Falle einer späteren Erteilung eines zukunftsoffenen Aufenthaltstitels erst ab dessen Erteilung. Im Falle der Klägerin liege damit erst ab dem 13.08.2009 ein gewöhnlicher Aufenthalt im Gebiet der BRD vor. Auch der Bescheid vom 19.04.2021 sei nicht zu beanstanden. Zur Begründung wurden hier im Wesentlichen die Ausführungen aus dem Bescheid vom 19.04.2021 wiederholt.

Mit einem weiteren Widerspruchsbescheid vom 08.10.2021 (Bl. 335 VA) wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 16.04.2020 hinsichtlich der Gewährung einer Regelaltersrente ebenfalls zurück. Neben den im Versicherungskonto enthaltenen sieben Wartezeitmonaten lägen keine weiteren auf die allgemeine Wartezeit anrechenbare Zeiten vor. Hierzu verweise man auf den Bescheid vom 15.04.2020 in Gestalt des Bescheides vom 19.04.2021.

Die Klägerin hat gegen die Widerspruchsbescheide vom 08.10.2021 am 11.11.2021, einem Montag, Klage zum Sozialgericht (SG) Karlsruhe erhoben. Zur Begründung hat sie erneut darauf hingewiesen, dass sie ihrer Meinung nach ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland gehabt habe. Regelmäßig dürfe davon ausgegangen werden, dass am angemeldeten Wohnsitz auch der gewöhnliche Aufenthalt begründet werde. Er sei daher von der Dauer des Verweilens nicht abhängig, sofern mehr vorliege als nur ein zeitlich eng begrenztes, kurzphasiges Verweilen. Nicht nachvollziehbar sei, weshalb nach Ansicht der Beklagten ein langdauernder Aufenthalt (Duldung) nicht anrechnungsfähig sein solle, während ein kurzphasiger Aufenthalt, der aber mit einer bestimmten aufenthaltsrechtlichen höheren Qualität ausgestattet sei, die Anrechnungsfähigkeit auslösen könne.

Mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom 27.04.2023 (Bl. 89 SG-Akte) hat die Klägerin auf Nachfrage des SG weitere Angaben insbesondere zur Erziehung der Kinder und einer Tätigkeit ihres verstorbenen Ehemannes im Kosovo gemacht. Die Klägerin habe die Kinder gemeinsam mit ihrem verstorbenen Ehemann erzogen. Sie habe unmittelbar vor den Geburten im Kosovo und auch während der Erziehung keine Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit ausgeübt. Ihr Mann sei im Kosovo als selbständiger Metzger tätig gewesen. Im Übrigen sei einem Asylantrag ihres verstorbenen Ehemannes stattgegeben worden. 2008 (gemeint wohl 2009) sei eine Aufenthaltserlaubnis nach § 104a AufenthG erteilt worden.

Das SG hat sodann bei der Ausländerbehörde der Stadt R3 weitere Informationen zum Aufenthaltsstatus der Klägerin im streitigen Zeitraum eingeholt (s.o., Antwortschreiben der Stadt R3 vom 13.06.2023, Bl. 130 SG-Akte).

Das SG hat aufgrund mündlicher Verhandlung die Klage mit Urteil vom 30.06.2023 abgewiesen. Gegenstand des Klageverfahrens sei zum einen der Bescheid vom 15.04.2020 und der Rücknahmebescheid vom 19.04.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.10.2021 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte die Anerkennung von Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung für die Kinder der Klägerin abgelehnt habe. Der während des Vorverfahrens ergangene Rücknahmebescheid vom 19.04.2021 ersetze den ursprünglich angefochtenen Bescheid vom 15.04.2020 insofern und sei deshalb gemäß § 86 Halbsatz 1 SGG Gegenstand des Vorverfahrens. Weiterer Gegenstand des Verfahrens sei der die Gewährung einer Altersrente ablehnende Bescheid vom 16.04.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.10.2021.
Diese Bescheide seien rechtmäßig, denn die Klägerin habe keinen Anspruch auf Anerkennung von Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung (Kindererziehungszeiten vom 01.06.1977 bis 30.11.1979, vom 01.04.1980 bis 30.09.1982, vom 01.07.1982 bis 31.12.1984, vom 01.04.1985 bis 30.09.1987, vom 01.07.1987 bis 31.12.1989, vom 01.12.1988 bis 31.05.1991 und vom 01.07.1990 bis 31.12.1992 sowie Berücksichtigungszeiten die vom 17.05.1977 bis 16.05.1987, vom 25.03.1980 bis 24.03.1990, vom 16.06.1982 bis 15.06.1992, vom 11.03.1985 bis 10.03.1995, vom 22.06.1987 bis 21.06.1997, vom 18.11.1988 bis 17.11.1998 und vom 22.06.1990 bis 12.08.1999) für ihre sieben Kinder und mangels Vorliegen der allgemeinen Wartezeit auch keinen Anspruch auf eine Regelaltersrente.

Anspruchsgrundlage für das Vormerkungsbegehren der Klägerin sei § 149 Abs. 5 SGB VI. Nach Satz 1 dieser Vorschrift stelle der Versicherungsträger, nachdem er das Versicherungskonto geklärt habe oder der Versicherte innerhalb von sechs Kalendermonaten nach Versendung des Versicherungsverlaufs seinem Inhalt nicht widersprochen habe, die im Versicherungsverlauf enthaltenen und nicht bereits festgestellten Daten, die länger als sechs Kalenderjahre zurückliegen, durch Bescheid fest (sog. Vormerkungsbescheid).
Rechtsgrundlage für die begehrte Zuordnung von Kindererziehungs- und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung seien die §§ 56, 57, 249 SGB VI in ihrer nach dem Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts maßgeblichen Fassung. Die Voraussetzungen des § 56 SGB VI seien vorliegend nicht gegeben. Die Anerkennung einer Kindererziehungszeit und Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung scheitere vorliegend schon an dem Erfordernis der Erziehung im Gebiet der BRD bzw. einer der Inlandserziehung gleichstehenden Erziehung.
Soweit die Klägerin die Erziehungstatbestände für die Erziehung der Kinder in der Zeit von1977 bis September 1988 im Kosovo, also im Ausland, geltend mache, sei zu beachten, dass die Erziehung von Kindern im Ausland grundsätzlich die Tatbestände von Pflichtbeitragszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung nicht erfüllen könne; nur ausnahmsweise stelle das Gesetz eine Auslandserziehung (und den gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland) der Inlandserziehung gleich (§ 56 Abs. 3 Satz 2 und 3 SGB VI). Nach § 56 Abs. 3 Satz 2 SGB VI stehe einer Erziehung im Gebiet der BRD gleich, wenn der erziehende Elternteil sich mit seinem Kind im Ausland gewöhnlich aufgehalten habe und während der Erziehung oder unmittelbar vor der Geburt des Kindes wegen einer dort ausgeübten Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit in der deutschen Rentenversicherung Pflichtbeitragszeiten habe. Dies gelte nach Satz 3 bei einem gemeinsamen Aufenthalt von Ehegatten oder Lebenspartnern im Ausland auch, wenn der Ehegatte oder Lebenspartner des erziehenden Elternteils solche Pflichtbeitragszeiten habe oder nur deshalb nicht habe, weil er zu den in § 5 Abs. 1 und 4 genannten Personen gehörte oder von der Versicherungspflicht befreit gewesen sei. Diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor. Es sei im vorliegenden Fall nichts dafür ersichtlich, dass die Erziehung der Kinder V1, G2, V3, S1 und R1 G1 im Kosovo der Erziehung im Gebiet der BRD gleichzustellen sei. Die Klägerin erfülle den Gleichstellungstatbestand des § 56 Abs. 3 Satz 2 SGB VI nicht, weil sie im Kosovo unmittelbar vor den Geburten ihrer Kinder oder während der Erziehung keine Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit ausgeübt habe. Eine Anknüpfung über eine Auslandstätigkeit ihres verstorbenen Ehemannes mit Inlandsbezug sei ebenfalls nicht möglich. Dieser habe nach Angaben der Klägerin seit 1976 bis zum Umzug nach Deutschland im Jahr 1988 eine selbstständige Tätigkeit als Metzger ausgeübt.
Die Klägerin habe ihre Kinder aber auch nicht ab dem 18.09.1988 i.S. von § 56 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB VI im Gebiet der BRD erzogen. Dies sei nämlich nur dann der Fall, wenn der erziehende Elternteil sich mit dem Kind dort gewöhnlich aufgehalten habe (§ 56 Abs. 3 Satz 1 SGB VI). Der gewöhnliche Aufenthalt bestimme sich nach § 30 Abs. 3 Satz 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I). Danach habe den gewöhnlichen Aufenthalt jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhalte, die erkennen liesen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweile. Die darin enthaltene Definition gelte für alle Sozialleistungsbereiche des SGB, soweit sich nicht aus seinen übrigen Büchern etwas anderes ergebe (§ 37 Satz 1 SGB I). Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts sei in erster Linie nach den objektiv gegebenen tatsächlichen Verhältnissen während des Beurteilungszeitraums zu beurteilen. Der Elternteil und das Kind müssten während der als Erziehungszeit geltend gemachten Zeit faktisch dauerhaft den Schwerpunkt ihrer Lebensverhältnisse im Inland gehabt haben.
Dauerhaft sei ein solcher Aufenthalt, wenn und solange er nicht auf Beendigung angelegt, also zukunftsoffen sei. Ein Domizilwille, der mit den tatsächlichen Umständen nicht übereinstimme, sei unbeachtlich. Zwar hätten die Klägerin und ihre Kinder seit dem 18.09.1988 den örtlichen Schwerpunkt ihrer Lebensverhältnisse faktisch dauerhaft im Inland gehabt. Dies reiche zur Überzeugung der Kammer für die Annahme eines gewöhnlichen Aufenthaltes für die Zeit vor dem 13.08.2009 nicht aus, da es im Hinblick auf dessen Umstände, insbesondere dem ausländerrechtlichen Status der Klägerin, an dem weiteren Erfordernis der Zukunftsoffenheit gefehlt      habe.
Das SG hat unter Hinweis auf umfassende Rechtsprechung (vgl. BSG, Urteil vom 03.04.2001 - B 4 RA 90/00 R -, juris Rn. 17 ff. und Urteil vom 25.02.1992 - 4 RA 34/91 -, juris Rn. 17 sowie Urteil vom 27.01.1994 - 5 RJ 16/93 -, juris Rn. 25 ff.; Urteil vom 28.07.1992 - 5 RJ 4/92 -, juris Rn. 16 ff. und Urteil vom 28.07.1992 - 5 RJ 24/91 -, juris Rn. 15 ff.) weiter ausgeführt, dass zunächst offen gelassen werden könne, ob die in der älteren Rechtsprechung des BSG vertretene „Einfärbungslehre“ zugrunde zu legen sei. Denn es sei selbst unter Kritikern der sogen. „Einfärbungslehre“ anerkannt (vgl. Spellbrink, Kasseler Kommentar, Sozialversicherungsrecht, Werkstand: 118. EL März 2022, SGB I § 30, Rn. 29, 30; Pitz in: jurisPK-SGB I, 3. Aufl. 2018, § 30 Rn. 57; BSG, Urteil vom 09.08.1995, a.a.O., Rn. 36 ff.; Urteil vom 16.06.2015 - B 13 R 36/13 R -, juris Rn. 26; s.a. Urteil vom 18.02.1998 - B 5 RJ 12/97 R -, juris Rn. 16 ff), dass im Rahmen des § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I der ausländerrechtliche Status insofern, als zu den Umständen, aus denen sich für die Annahme eines gewöhnlichen Aufenthalts ergeben müsse, dass der Ausländer nicht nur vorübergehend im Bundesgebiet verweile, zu berücksichtigen sei. Denn immer dann, wenn die aufenthaltsrechtliche Position auf Beendigung des Aufenthalts im Inland angelegt sei, stehe dies der Annahme eines gewöhnlichen Aufenthalts trotz faktisch andauernden Verbleibens und einem entsprechenden Bleibewillen entgegen; denn der Ausländer habe es nicht in der Hand, über die Dauer seines Aufenthalts im Inland frei zu bestimmen. Dabei sei bei befristeten oder zweckgebundenen Aufenthaltsberechtigungen, Gestattungen oder Duldungen der Aufenthalt aber nicht erst dann auf Beendigung angelegt, wenn zusätzlich besondere ausländerbehördliche Maßnahmen dazu getroffen seien. Insoweit werde die Aufenthaltsposition durch den Inhalt der von der Ausländerbehörde erteilten Bescheinigungen bestimmt, wie es sich nach der behördlichen Praxis und der gegebenen Rechtslage darstelle. Auf einen bestimmten ausländerrechtlichen Titel komme es dagegen nicht an. Bei ausländerrechtlichen Duldungen, die nur eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung eines Ausländers darstellten, da sie weder die Ausreisepflicht  noch deren Vollziehbarkeit beseitigten, lasse sich eine Prognose dahingehend, dass der Ausländer sich voraussichtlich auf Dauer in Deutschland aufhalten werde, nicht treffen. Da der geduldete Ausländer nach Ablauf der Duldung jederzeit mit der Abschiebung rechnen müsse, werde auch bei wiederholten Verlängerungen der Duldung (sog. Kettenduldungen) und einem damit faktisch einhergehenden langjährigen Verweilen im Inland das der Duldung innewohnende provisorische Element seines Aufenthaltes nicht beseitigt. Nur vorübergehend sei auch der Aufenthalt, der auf Grund einer Aufenthaltsgestattung zur Durchführung des Asylverfahrens gestattet sei. Ausländer hätten vor bindender oder rechtskräftiger Feststellung des Asylrechts ihren gewöhnlichen Aufenthalt regelmäßig nicht im Inland. Ausnahmsweise komme bei einer Duldung oder einer endgültigen Ablehnung eines Antrages auf ein dauerhaftes Bleiberecht (z.B. Asyl) ein gewöhnlicher Aufenthalt in Betracht, wenn der Betreffende aufgrund besonderer ausländer- bzw. aufenthaltsrechtlicher Bestimmungen oder behördlicher Praxis, z.B. aufgrund einer länderspezifischen Weisungslage, nicht mit einer Abschiebung zu rechnen brauche, d.h. wenn von einem Abschiebehindernis auf unabsehbare Zeit auszugehen sei. Hierbei könne auch die familiäre Situation, etwa der Aufenthaltsstatus des Ehegatten, eine Rolle spielen.
Dies zugrunde gelegt, vermöge die Kammer eine Zukunftsoffenheit des Aufenthalts der Klägerin in der BRD vor dem 13.08.2009 und damit einen gewöhnlichen Aufenthalt im Gebiet der BRD im streitigen Zeitraum nicht festzustellen. Der Aufenthalt der Klägerin im Gebiet der BRD sei nach Auskunft der Ausländerbehörde der Stadt R3 im streitigen Zeitraum bzw. bis zum 12.08.2009 nur nach § 20 AsylVfG a.F. bzw. (§ 55 i.V.m.) § 63 AsylG zur Durchführung des Asylverfahrens gestattet bzw. zuletzt nach § 60a AufenthG geduldet gewesen. Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG seien nicht festgestellt gewesen (s. auch Abschlussmitteilung des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 09.06.2004) und es lägen auch ansonsten keine Anhaltspunkte für ein Abschiebehindernis auf unabsehbare Zeit vor. Vielmehr seien bis zur Ersterteilung der Aufenthaltserlaubnis am 13.08.2009 alle Anträge der Klägerin auf Asyl bzw. Wiederaufnahme abgelehnt bzw. Klagen abgewiesen worden. Dies gelte auch für den Asylantrag des verstorbenen Ehemannes. Die ausgesprochenen Aufenthaltsgestattungen und Duldungen seien auf Beendigung des Aufenthalts der Klägerin und ihrer Familie ausgerichtet gewesen. Es ergebe sich auch nicht anderes daraus, dass die zuvor erteilten Aufenthaltsgestattungen bzw. Duldungen in einer Aufenthaltserlaubnis gemündet hätten. Denn es sei die Aufenthaltsposition des Ausländers, wie sie im Zeitraum der geltend gemachten Erziehungszeit vorlegen habe, maßgeblich. Die der Klägerin erst später erteilte Aufenthaltserlaubnis müsse daher außer Betracht bleiben und mache den bis dahin nur vorübergehenden Aufenthalt nicht rückwirkend für die Zeit vor Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zum gewöhnlichen Aufenthalt.
Es bestünden auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Nichtanerkennung der Kindererziehungszeiten. Insbesondere handle es sich bei der Anerkennung um Kindererziehungszeiten auch nicht um eine konkrete existenzsichernde Leistung, so dass eine pauschale Differenzierung nach dem Aufenthaltsstatus nicht bedenklich sei. Nach alledem seien die Voraussetzungen für die von der Klägerin begehrte Vormerkung nicht gegeben.
Nicht zu beanstanden sei ferner der Rücknahmebescheid vom 19.04.2021. Nach § 45 Abs. 1 SGB X dürfe ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründe oder bestätigt habe (begünstigender Verwaltungsakt) nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 dieser Vorschrift ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Bei einer wie hier erfolgten Änderung zu Ungunsten der Klägerin im Widerspruchsverfahren (sog. reformatio in peius) sei ebenfalls § 45 SGB X anzuwenden. Die Voraussetzungen für eine Rücknahme lägen hier vor. Die Vormerkung der Berücksichtigungszeit wegen Kindererziehung vom 13.08.1999 bis 21.06.2000 sei zunächst rechtswidrig erfolgt, da die Klägerin sich damals nicht gewöhnlich in Deutschland aufgehalten habe (s.o.). Das Vertrauen der Klägerin auf den Bestand der Vormerkung dieser Zeiten sei auch nicht schutzwürdig i.S.d. § 45 Abs. 2 SGB X gewesen, da noch keine Leistungen im Hinblick auf die Vormerkung erbracht oder Vermögensdisposition getroffen worden seien. Ermessensfehler seien nicht ersichtlich und die Rücknahme innerhalb der Zwei-Jahresfrist nach Bekanntgabe des Vormerkungsbescheides vom 15.04.2020 (§ 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X) erfolgt. 
Da die geltend gemachten Kindererziehungszeiten nicht gegeben seien, sei auch der Bescheid der Beklagten vom 16.04.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.10.2021 mit dem der Antrag auf eine Altersrente abgelehnt worden sei, nicht zu beanstanden. Die Klägerin erfülle die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 235 Abs. 1 Satz 1 SGB VI nicht, da die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren nicht erfüllt sei. Das Versicherungskonto der Klägerin enthalte nur sieben Wartezeitmonate (vgl. Anlage zum Bescheid vom 15.04.2020).

Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 27.07.2023 gegen elektronisches Empfangsbekenntniszugestellte Urteil hat die Klägerin am 18.08.2023 Berufung zum Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg erheben lassen. Zur Begründung hat sie vortragen lassen, dass sie seit dem Zuzug nach Deutschland am 18.09.1988 ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland gehabt habe. Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts werde nach den objektiven gegebenen tatsächlichen Verhältnissen beurteilt. In diesem Zeitraum habe sie mit ihren Kindern faktisch dauerhaft ihren Lebensschwerpunkt in Deutschland gehabt. Der Aufenthalt sei dauerhaft gewesen, da er nicht auf Beendigung angelegt, sondern zukunftsoffen gewesen sei. Dies ergebe sich schon daraus, dass die der Klägerin erteilten Aufenthaltsgestaltungen bzw. Duldungen in einer Aufenthaltserlaubnis gemündet hätten. Die Klägerin sei während des gegenständlichen Zeitraums unstreitig im Bundesgebiet gemeldet gewesen und habe dort ihren Lebensschwerpunkt gehabt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 30. Juni 2023 aufzuheben sowie

1. die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 15.04.2020 und des Rücknahmebescheid vom 19.04.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.10.2021 zu verurteilen, die Zeiten vom 01.06.1977 bis 30.11.1979, vom 01.04.1980 bis 30.09.1982, vom 01.07.1982 bis 31.12.1984, vom 01.04.1985 bis 30.09.1987, vom 01.07.1987 bis 31.12.1989, vom 01.12.1988 bis 31.05.1991 und vom 01.07.1990 bis 31.12.1992 als Kindererziehungszeiten sowie die Zeiten vom 17.05.1977 bis 16.05.1987, vom 25.03.1980 bis 24.03.1990, vom 16.06.1982 bis 15.06.1992, vom 11.03.1985 bis 10.03.1995, vom 22.06.1987 bis 21.06.1997, vom 18.11.1988 bis 17.11.1998 und vom 22.06.1990 bis 12.08.1999 als Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung vorzumerken und

2. den Bescheid vom 16.04.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.10.2021 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin ab dem 01.10.2019 eine Altersrente zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

            die Berufung zurückzuweisen.

Sie verweist zur Begründung auf ihren Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren sowie auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil.

Die Berichterstatterin hat mit den Beteiligten am 13.12.2023 einen Termin zur Erörterung des Sachverhaltes durchgeführt. In diesem Termin ist darauf hingewiesen worden, dass beabsichtigt ist, die Berufung durch Beschluss nach § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zurückzuweisen. Die Beteiligten haben Gelegenheit zur Stellungnahme erhalten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.


II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Berufungsausschließungsgründe liegen nicht vor (§ 144 SGG). Die Berufung ist jedoch unbegründet.

Gemäß § 153 Abs. 4 SGG kann das LSG - nach vorheriger Anhörung der Beteiligten - die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zu dem Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Die Beteiligten sind auf die Möglichkeit einer Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG hingewiesen und ihnen ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Eine Zustimmung der Beteiligten ist nicht erforderlich.

Das angefochtene Urteil des SG Karlsruhe vom 30.06.2023 und der Bescheid der Beklagten vom 15.04.2020 sowie der Rücknahmebescheid vom 19.04.2021 und der Bescheid vom 16.04.2020, jeweils in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 08.10.2021 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beklagte hat zu Recht die Zeiten vom 01.06.1977 bis 30.11.1979 (für V1), vom 01.04.1980 bis 30.09.1982 (für G2), vom 01.07.1982 bis 31.12.1984 (für V2), vom 01.04.1985 bis 30.09.1987 (für S1), vom 01.07.1987 bis 21.09.1988, vom 22.09.1988 bis 30.06.1989 und vom 01.07.1989 bis 31.12.1989 (für R1), vom 01.12.1988 bis 30.11.1989, vom 01.12.1989 bis 30.11.1990 und vom 01.12.1990 bis 31.05.1991 (für K1) sowie vom 01.07.1990 bis 30.06.1991, vom 01.07.1991 bis 30.06.1992 und vom 01.07.1992 bis 31.12.1992 (für R2) nicht als Kindererziehungszeiten und die Zeiten vom 17.05.1977 bis 16.05.1987 (für V1), vom 25.03.1980 bis 21.09.1988 und vom 22.09.1988 bis 24.03.1990 (für G2), vom 16.06.1982 bis 21.09.1988 und vom 22.09.1988 bis 15.06.1992 (für V2), vom 11.03.1985 bis 21.09.1988, vom 22.09.1989 bis 10.03.1995 (für S1) und vom 22.06.1987 bis 21.09.1988 und vom 22.09.1988 bis 21.06.1997 (für R1), vom 18.11.1988 bis 17.11.1998 (für K1) sowie vom 22.06.1990 bis 12.08.1999 (für R2) nicht als Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung vorgemerkt. Da die Klägerin die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Altersrente nicht erfüllt, hat die Beklagte diesen Antrag ebenfalls zu Recht abgelehnt.
Das SG hat in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zutreffend die rechtlichen Grundlagen für die hier von der Klägerin begehrte Vormerkung der Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung (§§ 56, 57, 249 SGB VI) sowie die Voraussetzungen für die Gewährung einer Altersrente (§ 235 SGB VI) dargelegt und zutreffend ausgeführt, dass die Beklagte zur Recht die Berücksichtigung der geltend gemachten Kindererziehungszeiten/ Berücksichtigungszeiten abgelehnt hat, da die Klägerin während der Erziehungszeit ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in der BRD hatte. Da ohne Berücksichtigung dieser Zeiten weiter die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren für eine Regelaltersrente von der Klägerin nicht erfüllt wird, ist das SG auch zu Recht davon ausgegangen, dass auch keinen Anspruch auf eine Regelaltersrente besteht. Der Senat schließt sich dem nach eigener Prüfung uneingeschränkt an, sieht deshalb gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe weitgehend ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils zurück.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag im Berufungsverfahren. Wie bereits das SG zutreffend ausgeführt hat, war der Aufenthalt der Klägerin, auch wenn sie faktisch im Bundesgebiet verweilt hat, gerade bis zum Erhalt der Aufenthaltserlaubnis im Jahr 2009 nicht zukunftsoffen. Dies ist bei Asylbewerbern vor bindender oder rechtskräftiger Feststellung des Asylrechts nicht der Fall (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 07.12.2004 - L 11 RJ 1912/04 - juris). Denn der Aufenthalt war grds. auf Beendigung angelegt. Ein nicht nur vorübergehendes Verweilen i.S. der Gesetzesvorschrift setzt nämlich voraus, dass die Aufenthaltsposition des Ausländers so offen ist, dass sie wie bei einem Inländer einen Aufenthalt auf unbestimmte Zeit ermöglicht. Ist die Position hingegen auf Beendigung des Aufenthalts im Inland angelegt, steht dies der Annahme eines gewöhnlichen Aufenthalts trotz faktisch andauerndem Verbleiben und einem entsprechenden Bleibewillen entgegen; denn der Ausländer hat es dann nicht in der Hand, über die Dauer seines Aufenthalts im Inland frei zu bestimmen (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.05.2020 - L 11 R 2808/19 - juris Rn. 21 mit Verweis auf BSG Urteil vom 18.02.1998 - B 5 RJ 12/97 R - BSGE 82, 23-27 = SozR 3-2600 § 56 Nr. 11 = juris Rn. 16). Duldungen sollen gerade keinen dauerhaften Aufenthalt ermöglichen, vielmehr soll der Aufenthalt mit Wegfall des Hindernisses beendet werden (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 07.12.2004 - L 11 RJ 1912/04 - juris Rn. 32)
Der Aufenthalt der Klägerin im Gebiet der BRD ist im streitigen im streitigen Zeitraum bzw. bis zum 12.08.2009 nur nach § 20 AsylVfG a.F. bzw. (§ 55 i.V.m.) § 63 AsylG zur Durchführung des Asylverfahrens gestattet bzw. zuletzt nach § 60a AufenthG geduldet gewesen (vgl. Auskunft der Ausländerbehörde der Stadt R3 vom 13.06.2023). Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG sind nicht festgestellt gewesen (vgl. auch Abschlussmitteilung des Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge vom 09.06.2004) und es liegen auch ansonsten keine Anhaltspunkte für ein Abschiebehindernis auf unabsehbare Zeit vor. Vielmehr hat die Stadt R3 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass bis zur Ersterteilung der Aufenthaltserlaubnis am 13.08.2009 alle Anträge der Klägerin und ihres Ehemannes auf Asyl bzw. Wiederaufnahme abgelehnt bzw. Klagen abgewiesen worden sind. Die ausgesprochenen Aufenthaltsgestattungen und Duldungen sind daher auf Beendigung des Aufenthalts der Klägerin und ihrer Familie ausgerichtet gewesen.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Klägerin tatsächlich dauerhaft in der BRD verblieben ist und seit 2009 im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis ist. Denn wie bei allen anderen Umständen, die bei Anwendung des § 30 Abs. 3 Satz 2 SGB I im Rahmen des § 56 Abs. 3 Satz 1 SGB VI zu würdigen sind, ist maßgeblich die Aufenthaltsposition des Ausländers, wie sie im Zeitraum der Kindererziehung vorlag (vgl. BSG, Urteil vom 18.02.1998 - B 5 RJ 12/97 R - BSGE 82, 23-27 = SozR 3-2600 § 56 Nr 11 = juris Rn 16). Es ist nicht rechtserheblich, dass bei späterer rückschauender Betrachtung eine andere prognostische Beurteilung gerechtfertigt sein könnte (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.05.2020 - L 11 R 2808/19 - juris Rn. 23). Wenn Änderungen eintreten, kann der gewöhnliche Aufenthalt an dem Ort oder in dem Gebiet nur vom Zeitpunkt der Änderung an begründet werden oder entfallen (vgl. BSG, Urteil vom 10.12.2013 - B 13 R 9/13 R - juris Rn. 29). Die der Klägerin ab 13.08.2009 erteilte unbefristete Aufenthaltserlaubnis bleibt daher für die vorangegangene Zeit unberücksichtigt.

Nach alledem war die Berufung daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG).


 

Rechtskraft
Aus
Saved