- Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stehen in einem Wechselverhältnis: Je größer die Erfolgsaussichten in der Hauptsache sind, desto so geringer sind die Anforderungen an den Anforderungsgrund und umgekehrt.
- Nur ausnahmsweise können offene Geldforderungen aus der Vergangenheit zugleich wesentliche Nachteile bis zur Entscheidung in der Hauptsache und einen besonderen Eilbedarf begründen, insbesondere dann, wenn aus den fehlenden Geldmitteln aktuelle schwere, existenzbedrohende Nachteile für die Gegenwart oder den Zeitraum bis zur Entscheidung der Hauptsache drohen.
- Zur Aufklärung des Sachverhalts einer eheähnlichen Gemeinschaft oder eines Untermietverhältnisses ist die Nutzung sich aufdrängender Zeugenvernehmungen unverzichtbar.
- Eine Augenscheineinnahme ist keine Zeugenvernehmung oder Anhörung eines Beteiligten. Dies obliegt der Sachbearbeitung.
- Bei einer Augenscheineinnahme muss die Befragung dem Zweck dieses Beweismittels dienen. Soweit verfahrenserhebliche Äußerungen erfolgen, sind diese möglichst genau und transparent zu protokollieren.
- Der Ausspruch der vorläufigen Leistung von Bürgergeld im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes stellt keine darlehensweise Gewährung im Sinne von § 26 SGB II dar, weshalb das Jobcenter für die zugesprochenen Zeiträume die Meldung bei der gesetzlichen Krankenversicherung vorzunehmen hat.
- Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 5. Juli 2024 geändert.
- Dem Antragsgegner wird auferlegt, an den Antragsteller vorläufig Bürgergeld für die Zeit ab 5. September 2024 bis 31. Dezember 2024, längstens bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache, in Höhe von 826,30 Euro und für die freiwillige Krankenversicherung die aufgelaufenen Beitragsschulden in Höhe von 1.935,02 Euro durch direkte Überweisung an die AOK Nordost vorläufig zu zahlen und für den Zeitraum ab dem 5. September 2024 die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung bei der AOK Nordost zu melden.
- Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
- Der Antragsgegner hat dem Antragsteller dessen Kosten des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes zu drei Vierteln zu erstatten.
- Der Antrag auf Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe
I
Die Beteiligten streiten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes über die vorläufige Gewährung von Bürgergeld und die Gewährleistung der Krankenversicherung des Antragstellers.
Der 1965 geborene Antragsteller bezog ab März 2023 nach einer Beschäftigung aufstockend neben dem Bezug von Krankengeld bzw. Arbeitslosengeld vom Antragsgegner Bürgergeld. Mit Bescheid vom 29. März 2023 regelte der Antragsgegner, dass der Antragsteller ab Mai 2023 als Mitglied der Bedarfsgemeinschaft der Frau H (im Folgenden: Zeugin) behandelt werde und über seine Leistungsansprüche nicht in einem separaten Bescheid entschieden werde. Der Antragsteller wohnt in der Wohnung der Zeugin seit 2016 als deren Untermieter. Der Vermieter hat dem Untermietverhältnis mit Schreiben vom 3. Februar 2016 zugestimmt.
Am 4. Januar 2024 beantragte der Antragsteller Bürgergeld beim Antragsgegner. Er reichte einen auf den 1. Januar 2022 datierten Untermietvertrag ein. Dieser wies einen Beginn des Mietverhältnisses zum 15. Januar 2016 und eine Monatsmiete von 315,00 Euro, wobei in den dabei berücksichtigten Nebenkosten enthalten seien: Strom, Heizung, Warmwasser, Betriebskosten, Internet und Telefon, TV Kabel, GEZ (separat zu tragen: DigitalTV), aus. Zugleich legte er neben verschiedenen weiteren Unterlagen, wie die ausgefüllten Vordrucke zur Einkommens- und Vermögenssituation und zur Wohnsituation sowie Kontoauszügen, seine eidesstattliche Versicherung vom 15. November 2023 vor, mit der er versicherte: „Wir sind kein Paar, sondern bewohnen lediglich im Rahmen einer Wohngemeinschaft eine Wohnung. Wir wirtschaften nicht zusammen und stehen auch nicht füreinander ein.“
Nachdem am 18. und 31. Januar 2024 sowie am 2. und 8. Februar 2024 Außendienstprüfungen des Antragsgegners erfolglos waren, versagte der Antragsgegner mit Bescheid vom 12. März 2024 Leistungen ab 1. Januar 2024 wegen fehlender Mitwirkung. Wegen des Inhalts dieses Bescheides und des den Widerspruch zurückweisenden Widerspruchsbescheides vom 23. April 2024 wird auf den Inhalt der Gerichtsakte (Bl. 5 f. und 7 f.) Bezug genommen. Am 21. März 2024 erfolgte ein Hausbesuch. Das darüber gefertigte Protokoll (Dokument Nr. 133 der eAkte des Jobcenters) wurde von den beiden beteiligten Außendienstmitarbeitenden des Jobcenters nicht unterschrieben. Wegen des Inhalts des Protokolls wird auf den Inhalt der eAkte des Jobcenters Bezug genommen.
Der Antragsteller beantragte am 30. Mai 2024 für einen Zeitraum von längstens sechs Monaten den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Anfang des Jahres 2021 hätten er und die Zeugin sich dauerhaft getrennt. Er habe ein eigenes Zimmer, ein eigenes Konto, versorge sich selbst, nehme seine Mahlzeiten getrennt von der Zeugin ein und wasche seine Wäsche selbst. Welche Mitwirkungspflichten er verletzt haben solle, habe der Antragsgegner auf Nachfrage nicht erklären können. Der Anordnungsgrund ergebe sich daraus, dass er keine anderen Einkünfte als das Bürgergeld habe und das Restguthaben auf seinem Konto aus einem Schadensersatz lediglich noch etwa 1.000 Euro betrage. Zudem würden die Zahlungsrückstände der Krankenversicherungsbeiträge mit unabsehbaren Folgen monatlich anwachsen. Er legte die eidesstattliche Versicherung der Zeugin vom 24. November 2023 vor, die weitgehend den gleichen Wortlaut wie die eidesstattliche Versicherung des Antragstellers hat. Wegen der gestiegenen Unterkunftskosten hätten sich auch die Mietzahlungen an die Zeugin seit April 2024 erhöht. Zu den von ihm eingereichten Kontoauszügen trug er vor, dass er regelmäßig Auszahlungen und Einzahlungen vornehme, um über die Zahlungseingänge die Kontoführungsgebühren zu beeinflussen, die ab einer bestimmten Höhe der Zahlungseingänge in geringerer Höhe anfielen.
Das Sozialgericht Berlin hat den Antrag durch Beschluss vom 5. Juli 2024 abgelehnt. Es sei nicht glaubhaft, dass der Antragsteller hilfebedürftig sei. Er verfüge offenbar über Einnahmen, mit denen er seinen Lebensunterhalt finanzieren könne und bislang finanziert habe, denn er habe unregelmäßig Barzahlungen auf sein Konto geleistet. Zudem habe er, obgleich ohne jeglichen Bezug von staatlichen Transferleistungen, bereits seit Januar 2024 seine Mietzahlungen pünktlich geleistet. Unerheblich für die Frage der Hilfebedürftigkeit sei die Feststellung einer Bedarfsgemeinschaft mit der Zeugin. Es werde angemerkt, dass die bei derselben Kammer geführte Anfechtungsklage gegen den Versagungsbescheid aufschiebende Wirkung habe. Es sei jedoch nicht erkennbar, dass der Antragsgegner die Suspendierung des Versagungsbescheides nicht beachte.
Gegen den am 8. Juli 2024 zugestellten Beschluss richtet sich die am 6. August 2024 eingelegte Beschwerde des Antragstellers. Er erklärte eidesstattlich, dass er für die Mietzahlung für Juni das Geld bereits am 16. Mai 2024 abgehoben habe. Die Sachverhaltsannahmen der Richterin seien falsch. Er trug weiter vor, dass die AOK Nordost ihm eine letzte Zahlungsfrist bis zum 31. Juli 2024 für den Beitragsrückstand gesetzt habe. Der Beschwerde waren ausführliche Erklärungen zu den Prüfberichten vom März 2023 und vom März 2024 sowie eine Entgeltinformation der kontoführenden Bank, wonach die Kontoführung ab einem monatlichen Geldeingang von mindestens 700 Euro entgeltfrei ist, beigelegt. Er hat im Rahmen des Erörterungstermins am 2. September 2024 die geltend gemachten Unterkunftskosten auf einen Betrag von 263,30 Euro reduziert.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 5. Juli 2024 aufzuheben und dem Antragsgegner aufzuerlegen, ihm vorläufig Bürgergeld in Höhe von 826,30 Euro monatlich bis zum 31. Dezember 2024, längstens bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache und für die freiwillige Krankenversicherung die aufgelaufenen Beitragsschulden in Höhe von 1.935,02 Euro durch direkte Überweisung an die AOK Nordost zu zahlen und ab dem Zeitpunkt des Beginns der Zahlung des Bürgergeldes die Versicherungspflicht bei der AOK Nordost zu melden.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er hat im Erörterungstermin den Bescheid vom 12. März 2024 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. April 2024 aufgehoben. Er meint, dass die Augenscheineinnahme am 22. März 2024 zu der Feststellung geführt habe, dass eine Trennung nicht stattgefunden habe, da der Antragsteller die Versicherungen für sich und die Zeugin unterhalte, während sie selbst nicht versichert sei. Er habe die Höhe der Miete zunächst nicht benennen können und dann eine Miethöhe genannt, die nicht im Einklang mit dem Untermietvertrag stehe. Aufgrund des gemeinsamen Haushaltes und einem Zusammenleben von sieben Jahren werde das Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft zwischen der Zeugin und ihm gesetzlich vermutet. Es sei dem Antragsteller nicht gelungen, diese Vermutung zu entkräften. Die Hilfebedürftigkeit sei weder dargelegt noch nachgewiesen.
Der Berichterstatter hat im Erörterungstermin am 2. September 2024 die Zeugin vernommen. Wegen der Ergebnisse der Beweiserhebungen wird auf den Inhalt des Protokolls vom 2. September 2024 Bezug genommen. Aus den vom Antragsgegner vorgelegten Akten des Vorgangs der Zeugin ergibt sich, dass diese seit Januar 2024 als Küchenmitarbeiterin bei einer Cateringfirma gegen ein Nettogehalt von ca. 1.270 Euro monatlich beschäftigt ist.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der vorliegenden Gerichts- und elektronischen Verwaltungsakten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde ist teilweise begründet.
Weil der Antragsteller eine Änderung des bestehenden Zustandes verlangt, ist die Entscheidung auf der Grundlage von § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG zu treffen. Danach kann das Gericht eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint. Wegen § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO erscheint die Regelung nötig, wenn die Rechtsverfolgung erhebliche Erfolgsaussicht hat (Anordnungsanspruch) und bei Abwägung der Interessen der Beteiligten die Interessen des Antragstellers an der vorläufigen Regelung diejenigen der anderen Beteiligten überwiegen und für ihre Realisierung ohne die Regelung erhebliche Gefahren drohen, also ein besonderer Eilbedarf für eine Entscheidung besteht und die besondere Eile rechtfertigt (Anordnungsgrund). Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen. Sie stehen nicht beziehungslos nebeneinander, sondern in einem Wechselverhältnis (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt: SGG, 14. Aufl., § 86b RdNr. 27 m.w.N.; Beschluss des erkennenden Senats vom 06.03.2024, L 32 AS 39/24 B ER, juris-RdNr. 16): Je größer die Erfolgsaussichten in der Hauptsache sind, umso geringer sind die Anforderungen an den Anforderungsgrund und umgekehrt. Die Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes verlangt grundsätzlich die Möglichkeit eines Eilverfahrens, wenn ohne sie dem Betroffenen eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Rechten droht, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann (BVerfG, Beschlüsse vom 06.02.2013, 1 BvR 2366/12, RdNr. 2, und vom 12.05.2005, 1 BvR 569/05, RdNr. 23 m.w.N.). Dies gilt sowohl für Anfechtungs- wie für Vornahmesachen. Die Entscheidungen dürfen sowohl auf eine Folgenabwägung wie auch auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden, erforderlichenfalls unter eingehender tatsächlicher und rechtlicher Prüfung des im Hauptverfahren geltend gemachten Anspruchs (BVerfG, Beschluss vom 06.02.2013, 1 BvR 2366/12, RdNr. 2). Dabei sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des Einzelnen stellen (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005, 1 BvR 569/05, RdNr. 26 m.w.N.).
Eine Vorwegnahme der Hauptsache kann bei drohenden schweren und unzumutbaren Nachteilen geboten sein (BVerfG, Beschluss vom 25.02.2009, 1 BvR 120/09 RdNr. 17). Eine Vorwegnahme der Hauptsache liegt nur dann vor, wenn die begehrte vorläufige Entscheidung faktisch keine vorläufige wäre, sondern einer endgültigen gleichkäme (BVerfG, Beschluss vom 03.05.2012, 2 BvR 2355/10, 2 BvR 1443/11, RdNr. 13). Vorläufige Geldleistungen bzw. vorläufige Leistungserbringung durch Kostenübernahme stellen nach dieser Rechtsprechung des BVerfG keine Vorwegnahme der Hauptsache dar, sofern nicht die Rückforderung der Zahlung ausgeschlossen ist (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt: SGG, 14. Aufl., § 86b RdNr. 31).
Im vorliegenden Fall sind vorläufige Zahlungen im Streit, für welche die Rückforderung nicht ausgeschlossen ist, so dass die strengeren Maßstäbe für den Fall einer Vorwegnahme der Hauptsache nicht anzuwenden sind.
Ein Anordnungsgrund besteht grundsätzlich nicht, wenn Leistungen für die Vergangenheit Gegenstand des Verfahrens sind. Für derartige Situationen besteht grundsätzlich kein Eilbedarf, weil es Sinn des einstweiligen Rechtsschutzes ist, aktuelle und drohende wesentliche Nachteile abzuwenden, die hinzunehmen bis zum Abschluss der Hauptsacheverfahren unzumutbar erscheinen. Kein besonderer Eilbedarf kann regelmäßig angenommen werden bei der Verfolgung offener Geldforderungen aus der Vergangenheit. Nur ausnahmsweise können derartige offene Forderungen zugleich wesentliche Nachteile bis zur Entscheidung in der Hauptsache begründen, insbesondere dann, wenn aus den fehlenden Geldmitteln aktuelle schwere, existenzbedrohende Nachteile für die Gegenwart oder den Zeitraum bis zur Entscheidung der Hauptsache drohen. Anderenfalls ist den Antragstellern bei bloßen Geldforderungen zuzumuten, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten, weil das Risiko, die geltend gemachte Zahlungsforderung prozessual nicht realisieren zu können, der mit jedem gerichtlichen Verfahren verbundene mögliche Nachteil ist, der nicht als besonderer Nachteil ein besonderes Eilbedürfnis zu begründen vermag.
Der Antragsteller macht auch Bürgergeld als Geldleistungen für Zeiträume in der Vergangenheit geltend. Insofern ist seine Beschwerde unbegründet. Einen besonderen Eilbedarf für in der Vergangenheit liegende Zeiträume, also die Zeiträume vor dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, hat er nicht glaubhaft gemacht.
Für die Zeiträume ab Entscheidung des Senats liegen sowohl ein Anordnungsanspruch wie auch ein Anordnungsgrund hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs auf Bürgergeld vor.
Es liegt ein Anordnungsanspruch vor. Der Antragsteller hat Anspruch auf die Leistung nach §§ 19 Abs. 1 Satz 1, 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II für die Zeiträume ab Entscheidung des Senats.
Der Antragsteller ist erwerbsfähiger Leistungsberechtigter im Sinne von §§ 19 Abs. 1 Satz 1, 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Er erfüllt mit seinem Geburtsjahr 1965 die Altersvoraussetzung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II, ist erwerbsfähig (Nr. 2, i.v.m. § 8 SGB II) und wohnt im Bundesgebiet (Nr. 4). Er ist ausweislich der vorgelegten Kontoauszüge nicht in der Lage, die Bedarfe für seinen Lebensunterhalt (Regelbedarfe) und für seine Unterkunft zu decken, und damit hilfebedürftig (Nr. 3). Nachvollziehbar hat der Antragsteller dargelegt, dass er die vorgenommenen Bareinzahlungen auf seinem Girokonto aus Abhebungen von seinem Tagesgeldkonto bzw. vom Girokonto finanziert hat, um die Kontoführungsgebühren zu sparen. Unter diesen Umständen ist die Herkunft der eingezahlten Mittel überzeugend aufgeklärt. Es gibt keinen Anlass, an diesem Vorgehen des Antragstellers zu zweifeln, zumal sich das Guthaben auf dem Tagesgeldkonto des Antragstellers innerhalb des letzten Jahres massiv reduziert hat.
Nach §§ 19 Abs. 1 Satz 3, 22 Abs. 1 SGB II umfassen die Leistungen auch den Bedarf für Unterkunft und Heizung. Entscheidend ist allein, dass Aufwendungen für die Unterkunft tatsächlich entstanden und Zahlungen erfolgt sind bzw. der Betroffene einem ernsthaften Zahlungsbegehren ausgesetzt ist (Piepenstock in jurisPK-SGB II, 5. Aufl. 2020, Stand 06.02.2023, § 22 RdNr. 54 m.w.N.). Davon ist im vorliegenden Fall auszugehen. Nachdem der Antragsteller im Erörterungstermin die geltend gemachten Unterkunftskosten reduziert und die in dem an die Zeugin zu zahlenden Pauschalbetrag enthaltenen Posten, wie Strom, Internet, GEZ etc., herausgerechnet hat, bestehen für den Senat keine Zweifel daran, dass der berücksichtigte Betrag von 263,30 Euro tatsächlich geschuldet und grundsicherungsrechtlich angemessen ist sowie dass er vom Antragsteller auch laufend gezahlt wird. Es besteht in dieser Höhe mithin ein Bedarf, der nicht gedeckt ist, so dass auch insofern Hilfebedürftigkeit besteht.
Hilfebedürftigkeit scheidet beim Antragsteller nicht dadurch aus oder reduziert sich, weil das Einkommen der Zeugin nach § 9 Abs. 2 SGB II anzurechnen sein könnte. Der Antragsteller und die Zeugin leben nicht in einer Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 SGB II. Die vorhandenen Beweismittel begründen eine volle Überzeugung des Senats, so dass eine Folgenabwägung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005, 1 BvR 569/05) nicht geboten erscheint.
Nach § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II (in der geltenden Fassung des Gesetzes vom 22.12.2023, BGBl I Nr. 408) gehört als Partner der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person zur Bedarfsgemeinschaft eine Person, die mit dieser in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Dieser Wille wird nach § 7 Abs. 3a SGB II vermutet, wenn Partner länger als ein Jahr zusammenleben (Nr. 1), mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben (Nr. 2), Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen (Nr. 3) oder befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen (Nr. 4). Es obliegt den Jobcentern und ggf. den zuständigen Gerichten zu ermitteln (§§ 20, 21 SGB X) und darüber zu entscheiden, ob eine leistungsberechtigte Person aktuell in einer Bedarfsgemeinschaft lebt (BSG, Urteil vom 12.10.2016, B 4 AS 60/15 R, RdNr. 30). Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 Nr. 3 Buchst. c SGB II hat das BSG dahingehend konkretisiert, dass drei Merkmale kumulativ gegeben sein müssen (BSG ebd. RdNr. 25 m.w.N.). Bei den fraglichen Personen muss es erstens sich um Partner handeln, die zweitens in einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft leben (objektive Voraussetzung), und zwar so, dass drittens nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen (subjektive Voraussetzung). Der Begriff der „Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft“ greift die Voraussetzung des Gesetzes auf, dass die Partner in einem gemeinsamen Haushalt zusammenleben (Haushaltsgemeinschaft), und wird gegenüber der (bloßen) Wohngemeinschaft dadurch gekennzeichnet, dass ihre Mitglieder nicht nur vorübergehend in einer Wohnung leben, sondern einen gemeinsamen Haushalt in der Weise führen, dass sie aus einem „Topf“ wirtschaften (BSG ebd. m.w.N.). § 7 Abs. 3a SGB II stellt eine Regelung auf, unter welchen Voraussetzungen der Wille, füreinander Verantwortung zu tragen und einzustehen, widerleglich vermutet wird. Insbesondere sehen die Regelungen in § 7 Abs. 3, 3a SGB II nicht vor, dass Leistungsberechtigte, zwischen denen irgendwann eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft bestanden hat, einen „nach außen erkennbaren Trennungswillen“ dokumentieren müssten (BSG ebd.). Das BSG verlangt in ständiger Rechtsprechung, dass ein „Wirtschaften aus einem Topf“ als Voraussetzung für die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft und vorab vor der Klärung des subjektiven Umstandes, dass ein Wille, füreinander Verantwortung zu übernehmen und einzustehen, besteht, zu prüfen ist. Dabei gibt es nur für dieses subjektive Element der Voraussetzungen eine gesetzliche, widerlegbare Vermutung (BSG, Urteil vom 23.08.2012, B 4 AS 34/12 R, RdNr. 19). Von dem Bestehen einer Partnerschaft ist unter Berücksichtigung der Rechtsprechung von BVerfG und BSG auszugehen, wenn eine gewisse Ausschließlichkeit der Beziehung gegeben ist, die keine vergleichbare Lebensgemeinschaft daneben zulässt (BSG ebd. RdNr. 20 m.w.N. für die Rspr. des BVerfG und des BSG). Zur Aufklärung des Sachverhaltes einer eheähnlichen Gemeinschaft oder eines Untermietverhältnisses ist die Nutzung sich aufdrängender oder beantragter Zeugenvernehmungen unverzichtbar (BSG, Beschluss vom 16.05.2007, B 11b AS 37/06 B, RdNr. 9)
Nach diesen Maßstäben scheidet die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft aus. Es fehlt schon an einer Partnerschaft und an einer Haushaltsgemeinschaft. Auf die vom Antragsgegner herangezogene Vermutung des subjektiven Moments kommt es nicht an. Bereits in seinem Schreiben vom 28. April 2023 (Dok.Nr. 77 der eAkte des Jobcenters) hatte der Antragsteller darauf hingewiesen, dass die Zeugin einen neuen Freund habe. Hätte der Antragsgegner Zweifel an dieser Angabe gehabt, hätte er diesem für das Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft wesentlichem Umstand nachgehen müssen. Die neue Beziehung hat die Zeugin nachvollziehbar in ihrer Zeugenaussage bestätigt. Danach begann diese neue Beziehung im März 2023. Spätestens seit diesem Zeitpunkt war das Merkmal eine Partnerschaft, dass eine Ausschließlichkeit der Beziehung bestehen muss, im Verhältnis zum Antragsteller nicht mehr gegeben. Insofern erscheint auch nachvollziehbar, dass bei dem Hausbesuch im März 2023 das Doppelbett vollständig bezogen war, denn die Zeugin erklärte auch, dass sie und ihr damaliger ukrainischer Freund auch bei ihr gemeinsam übernachteten. Im Übrigen erscheint es dem Senat nicht ungewöhnlich, dass ein Doppelbett vollständig mit Bettwäsche belegt wird, selbst wenn es nur von einer Person genutzt wird. Auf eine formale Trennung oder einen nachvollziehbaren Akt der Trennung kommt es wie bereits ausgeführt nicht an. Nachvollziehbar und übereinstimmend haben die Zeugin und der Antragsteller angegeben, bereits im Februar 2021 ihre partnerschaftliche Beziehung beendet zu haben. Plausibel ist, dass diese Trennung jedenfalls eine gewisse Zeit vor Beginn der neuen Beziehung der Zeugin erfolgte. Für die zwischen den Beteiligten streitigen Zeiträume muss dies nicht näher aufgeklärt werden, weil jedenfalls seit März 2023 keine Partnerschaft mehr bestand und auch nicht wieder begründet wurde.
Seit dem lässt sich auch kein „Wirtschaften aus einem Topf“ mehr annehmen. Dies gilt jedenfalls für die hier strittigen Zeiträume ab Januar 2024. Die bei intensiver Befragung erfolgten Aussagen des Antragstellers und der Zeugin, dass die für die Wohngemeinschaft notwendigen gemeinsamen Aufwendungen durch beide finanziert und über die Zeugin abgewickelt werden, im Übrigen aber jeder separat agiert erscheinen plausibel. Beide lagern ihre Sachen getrennt, auch in Küche und Bad. Beide kaufen separat ein. Der Antragsteller hat darauf hingewiesen, dass selbst die Rechnungen separat aufbewahrt werden. Für die Wohnungseinrichtung sind keine Gegenstände gemeinsam angeschafft worden. Überzeugend und nicht abgestimmt erscheinen die Ausführungen, dass nicht gemeinsam gekocht und gegessen wird. Insofern ist es nachvollziehbar, dass dies schon wegen des unterschiedlichen Tagesablaufs nicht geschieht, denn der Antragsteller ist eher abends/nachts aktiv, während die Zeugin ein Tagmensch ist. Glaubhaft erscheint, dass der Antragsteller eher von Fertiggerichten lebt, während ihm die von der Zeugin zubereiteten Gerichte geschmacklich nicht liegen. Dies hat die Zeugin selbst für die Zeit der Beziehung bestätigt und angemerkt, dass nur bestimmte Speisen (wie Borschtsch) auch von ihm gemocht wurden. Es wird nach den Aussagen beider separat gewaschen und es wird separat geputzt. Wiewohl die Aussagen inhaltlich übereinstimmen, ergibt sich aus Wortwahl und Äußerungszusammenhang, dass sie nicht abgestimmt waren. Dies bestätigt die Glaubhaftigkeit der Aussagen. Die weitgehend wörtlich protokollierte Formulierung der Zeugin: „Ich mache alles alleine: Ich kaufe alleine ein, ich koche alleine, ich wasche alleine, ich gehe alleine spazieren. Er macht auch seine Sachen alleine. Er interessiert mich nicht mehr.“ Ist plastisch und bringt die Gefühlslage der Zeugin zum Ausdruck. Sie wirkt sehr authentisch und ist daher überzeugend. Dass beide für sich reklamieren, die Trennungsabsicht angesprochen zu haben, erscheint angesichts der angegebenen, inzwischen aufgetretenen Defizite in der Beziehung ebenfalls nachvollziehbar. In der Sache kommt es nicht darauf an, von wem der letzte Schritt zur Trennung ausgegangen ist. Die noch während der Zeit der gemeinsamen Beziehung auch für die Zeugin abgeschlossene Haftpflichtversicherung ist inzwischen (durch Austragung der Zeugin) korrigiert. Die Versicherungen im Bereich Haftpflicht und Hausrat stellen von der Ausgabenhöhe her und ihrem Zweck nach keine die Haushaltsführung prägenden Umstände dar, so dass es sich verbietet, allein aus diesen Tatsachen etwas für ein gemeinsames Wirtschaften schließen. Der Zeugin waren diese Versicherungen zudem nicht wichtig; vielmehr lehnt sie den Abschluss von Versicherungen ab. Nach Korrektur der Haftpflichtversicherung hat sie noch immer keine neue für sich abgeschlossen. Es ist auch nicht erkennbar, dass etwa aus der Hausratversicherung etwas ersetzt wurde, was auf gemeinsame Haushaltsführung schließen ließe.
Bei der Gesamtschau finden sich keine prägenden, tatsächlichen Aspekte, die über eine Wohngemeinschaft bzw. ein Untermietverhältnis hinausgehen. Gemeinsames Wirtschaften, eine gemeinsame Haushaltsführung lassen sich unter diesen Umständen nicht annehmen. Dem können die Prüfberichte der Hausbesuche nicht entgegengehalten werden. Deren Aussagekraft und Beweiswert ist äußerst gering.
Der Prüfbericht vom 21. März 2023 (Bl. 20 LSG-Akte) erscheint schon als Vordruck problematisch. Er ist suggestiv, weil er eine gemeinsame Haushaltsführung bereits mit der Überschrift „Betroffener Haushalt“ unterstellt und insofern eine unbefangene Prüfung erschwert. Die durch das Gesetz und die Rechtsprechung vorgegebene Unterscheidung zwischen Prüfung von Haushaltsgemeinschaft und Willen zur Verantwortungs-/Einstehensgemeinschaft wird bei der Checkliste vermengt. Die Erstellerin des Prüfberichts ließ zudem schon die Vordruckfragen der Checkliste, die eher auf Sachverhalte für ein gemeinsames Wirtschaften, die Aufklärung der Haushaltsgemeinschaft abzielen, unbeantwortet. Es wird lediglich bei den besonderen Bemerkungen ausgeführt: „Es wird gemeinsam gewirtschaftet. Er gibt an, dass sie das Geld zusammenlegen und gemeinsam einkaufen, sie kocht dann, weil er nicht kochen kann.“ Diese Ausführungen sind unsubstantiiert, weil sie viel zu ungenau und zu abstrakt sind. „Gemeinsames Wirtschaften“ ist eine Schlussfolgerung, für die die näheren Umstände mitgeteilt sein müssten. Dass Geld zusammengelegt wird, wenn es um wesentliche gemeinsame Nutzungen, wie Strom, Internet, Telefon, GEZ geht, ist auch für eine bloße Wohngemeinschaft nicht unüblich und begründet noch nicht eine gemeinsame Haushaltsführung. Dass die Kosten für diese Ausgaben einheitlich von der Zeugin beglichen wurden und der Antragsteller diese zur Hälfte mitgetragen hat, erklärt zwanglos seine Aussage zum Zusammenlegen von Geld. Dem hätte daher angesichts der bereits bekannten gemeinsamen Zahlung wesentlicher Ausgaben, wie in einer Wohngemeinschaft üblich, im Detail nachgegangen werden müssen. Wie oft gemeinsam eingekauft wird und wie oft die Zeugin für beide kocht, bleibt im Ungewissen. Auch dabei handelt es sich um Vorgänge, die auch in einer Wohngemeinschaft vorkommen. Ohne den Umfang und die Intensität dieser Umstände aufzuklären, erscheint ein Schluss auf ein gemeinsames Wirtschaften nicht ausreichend. Dies setzt sich mit der sehr subjektiven Bewertung, dass das Zimmer einen unwohnlichen Eindruck erwecke und mehr wie ein Abstellraum wirke, fort. Aus derart unsubstantiierten Bewertungen statt Mitteilungen zu den tatsächlichen Umständen, zu denen nicht die subjektive Einschätzung und Gefühlslage der Außendienstmitarbeiter zählt, können weder Sachbearbeitung des Jobcenters noch Gericht etwas schließen. Schließlich ist fraglich, inwieweit dem Protokoll hinreichende Ernstlichkeit zukommen soll, wenn es weder (wie im Vordruck vorgesehen) unterschrieben, elektronisch signiert oder zumindest mit einem Vermerk wie: „Dieses Protokoll ist unter Nutzung von Informationstechnik erstellt und daher ohne Unterschrift beachtlich.“ versehen wurde. Eine Befragung der Zeugin erfolgte zeitnah nicht. Schon unter Berücksichtigung der fehlenden Angaben in den Standardfragen in der Checkliste und der weitgehend unsubstantiierten Angaben bei den besonderen Bemerkungen kommt dem Protokoll ein sehr schwacher Beweiswert zu. Es verliert letztlich jegliche Bedeutung durch das Fehlen einer Partnerschaft wegen der zu diesem Zeitpunkt bestehenden Beziehung der Zeugin mit ihrem ukrainischen Freund.
Das Protokoll vom 21. März 2024 bestätigt eine getrennte Haushaltsführung, weil die Checkliste die Trennung des Haushaltes ergibt: Getrennt finden sich die Schlafgelegenheiten, der PC, Kleidung und Hygieneprodukte („Kosmetik“). Zu den Lebensmitteln findet sich keine Aussage. Die weiteren angekreuzten Angaben werden vom Antragsteller bestritten. Hier fehlen nähere Angaben zu den tatsächlichen Umständen, die die angekreuzten Umstände belegen. So hat die Zeugin nachvollziehbar ausgeführt, nicht auf die Dokumente des Antragstellers Zugriff und von der Versicherung bis zu der Prüfung nichts gewusst zu haben. Dass der Außendienstmitarbeiter es für merkwürdig hält, dass die Zeugin kein Interesse an einer Versicherung hat, ist für die Aufklärung des Sachverhalts unerheblich. Es hat aber offensichtlich die von ihm nicht zu treffenden, aber vorgenommenen Bewertungen beeinflusst. Anstatt Tatsachen bei der Augenscheineinnahme zu ermitteln und detailliert zu protokollieren, befasst er sich mit den Äußerungen des Antragstellers. Eine Augenscheineinnahme ist jedoch keine Zeugenvernehmung oder Anhörung eines Beteiligten, was der Sachbearbeitung obliegt. Die Befragung muss dem Zweck der Augenscheineinnahme dienen. Soweit verfahrenserhebliche Äußerungen erfolgen, sind diese möglichst genau und transparent zu protokollieren. Bei der hier vorgenommenen Befragung erfolgte offensichtlich keine genaue Protokollierung und verwendete der Außendienstmitarbeiter ausweislich der festgehaltenen Formulierungen suggestive und vorwerfende Fragetechniken, die es dem Antragsteller und der Zeugin erschwerten, hinreichend differenziert zu antworten. Eine Differenzierung, dass eine gemeinsame Wohnungssuche erfolgt sein könnte, während die Partnerschaft noch bestand oder die Zeugin ihm auch nach der Trennung dabei geholfen haben könnte, eine Wohnung zu finden, bekommt keinen Raum, so dass sich der Außendienstmitarbeiter über das verwendete „Wir“ wundert. Beweiswert hat dies unter diesen Umständen nicht. Wie der Mitarbeiter zu der Aussage fehlender Bemühungen bei der Wohnungssuche kommt, wird nicht erklärt. Dem Hinweis, dass der Antragsteller die genaue Aufschlüsselung der Untermiete nicht überzeugend lieferte, kommt – weil es keine Frage des Augenscheins ist – und weil diese Aufschlüsselung zwei Jahre vor der Befragung erfolgte, kein erheblicher Beweiswert zu. Nachweise für die Zahlung der Untermiete einzufordern, ist Aufgabe der Sachbearbeitung, nicht der Tatsachenaufklärung durch Augenschein. Dass der Antragsteller die Reparaturen vornimmt, ist angesichts der beruflichen Tätigkeiten (Technischer Hausmeister) des Antragstellers und der Zeugin (Erzieherin/Küchenmitarbeiterin) auch beim Bestehen einer Wohngemeinschaft nicht auffällig. Die gesehenen „Unstimmigkeiten“ verlieren daher Relevanz, werden alle Beweismittel erhoben und berücksichtigt. Auch dieses Prüfprotokoll ist nicht unterschrieben, weshalb zu fragen ist, welcher Ernstlichkeit dem Dokument beigemessen werden soll.
Bestehen weder Partnerschaft noch Haushaltsgemeinschaft, kommt es – wie ausgeführt – auf einen wechselseitigen Willen für eine Einstehens- und Verantwortungsgemeinschaft nicht an. Die Vermutung nach § 7 Abs. 3a SGB II ist unerheblich. Insofern ist anzumerken, dass der Antragsteller und die Zeugin einander keine Verfügungsbefugnisse eingeräumt haben. Ein partnerschaftliches Zusammenleben kann jedenfalls seit März 2023 nicht mehr angenommen werden, so dass ohnehin keine der Vermutungsvoraussetzungen greift.
Eine Bedarfsgemeinschaft lag mithin spätestens seit März 2023 nicht mehr vor. Das schließt eine Berücksichtigung von Einkommen der Zeugin bei der Klärung der Hilfebedürftigkeit des Antragstellers nach § 9 Abs. 2 SGB II aus. Zugleich ist damit verbunden, dass für den Antragsteller der Regelbedarf einer alleinstehenden Person maßgeblich ist. Mangels eigener Einkünfte und die Freibetragsgrenzen nicht übersteigenden Vermögens ist der gesamte Bedarf des Antragstellers ungedeckt und begründet einen Anspruch des Antragstellers auf Bürgergeld in voller Höhe ohne Anrechnung von Einkommen und Vermögen, also 826,30 Euro (Regelbedarf 563,00 Euro + KdUH 263,30 Euro). Anhaltspunkte für einen Mehrbedarf gibt es nicht und ein solcher ist auch nicht geltend gemacht. Dieser Anspruch ist unter Berücksichtigung der vorhandenen Beweismittel nicht nur überwiegend wahrscheinlich, also glaubhaft gemacht, sondern – wie ausgeführt – zur Überzeugung des Senats bewiesen. Ein Anordnungsanspruch besteht.
Für den Zeitraum ab Entscheidung des Senats besteht ein Anordnungsgrund, weil der Antragsteller dieser Mittel für sein menschenwürdiges Existenzminimum bedarf. Da der Senat von einem Anspruch überzeugt ist, der Anordnungsanspruch also besonders stark ist, sind die Anforderungen an den Anordnungsgrund – jedenfalls für die Zukunft – sehr gering. Allein, dass dem Antragsteller nicht die laufenden Leistungen zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums, also auch zur Verwirklichung der Teilhabeaspekte, die damit verbunden sind, zur Verfügung stehen, begründet die von § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG geforderten wesentlichen Nachteile. Nicht realisierte Teilhabe lässt sich später nicht mehr nachholen.
Anspruchsgrundlage für die Übernahme der Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung ist § 26 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 SGB II. Da ohne Leistungsbezug nicht die gesetzliche Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V kraft Gesetzes eintritt, bleibt es bis zu endgültigen Bewilligung durch den Antragsgegner bei einem Anspruch des Antragstellers auf den Zuschuss nach § 26 SGB II. Im Hinblick darauf, dass der Kläger bis zum 3. Januar 2024 versichert war, ist der Betrag von 1.935,02 Euro rechnerisch korrekt. Der Anordnungsgrund ergibt sich daraus, dass der Kläger in der Sache einen Leistungsanspruch hat, die Anforderungen an den Anordnungsanspruch also sehr gering sind und schon die Gefahr, dass die Krankenkasse im Hinblick auf den erheblichen Umfang der Beitragsschulden das Verfahren nach § 16 Abs. 3a Satz 2 SGB V einleiten kann, als wesentlicher Nachteil anzusehen ist. Mit einer Bewilligung von Bürgergeld für die Zeiträume vom 4. Januar 2024 bis zum 4 September 2024 würde der Anspruch auf den Zuschuss wegen der kraft Gesetzes eintretenden Krankenversicherung entfallen.
Der Ausspruch der vorläufigen Leistung von Bürgergeld stellt keine darlehensweise Gewährung im Sinne von § 26 SGB II dar, weshalb der Antragsgegner für die Zeiträume ab der Entscheidung des Senats die Meldung bei der gesetzlichen Krankenversicherung, hier bei der AOK Nordost, zu bewirken hat.
Die Kostenentscheidung für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes beruht auf der entsprechenden Anwendung von § 193 SGG und berücksichtigt den überwiegenden Erfolg des Antragstellers.
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe war abzulehnen, weil bis zum Verfahrensabschluss der zwingend zu verwendende Vordruck zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Antragstellers nicht eingereicht worden war.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).