1. Ein als selbstständiger Garten- und Landschaftsbauer nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a SGB VII Versicherter ist arbeitsunfähig, wenn er die bisher (auch) ausgeübten körperlich schweren Arbeiten nicht mehr verrichten kann. Für selbstständig Tätige gelten gegenüber abhängig Beschäftigten hinsichtlich der Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit keine abweichenden Maßstäbe.
2. Schränkt der Versicherte als Betriebsinhaber seine Tätigkeit wegen der sich verschlimmernden unfallbedingten Gesundheitsstörungen immer weiter ein bis hin zu einer reinen Bürotätigkeit im Umfang von maximal drei Stunden, löst er sich damit nicht von seiner versicherten Tätigkeit mit der Folge, dass als neuer Maßstab für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit eine Teilzeittätigkeit im Büro maßgeblich wäre.
3. Bei Hinzutreten unfallunabhängiger Arbeitsunfähigkeit zu der fortbestehenden Arbeitsunfähigkeit infolge des Arbeitsunfalls bleibt der Anspruch auf Verletztengeld bestehen.
4. Die ärztliche Feststellung von Arbeitsunfähigkeit ist auch dann beachtlich, wenn sie nicht durch einen D-Arzt bescheinigt wurde.
Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 13.02.2023 aufgehoben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 09.11.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.01.2021 verurteilt, dem Kläger Verletztengeld für die Zeit vom 15.10.2016 bis 18.07.2024 zu gewähren.
Die Beklagte erstattet die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Verletztengeld über den 14.10.2016 hinaus.
Der 1960 geborene Kläger führt seit 1984 einen Garten- und Landschaftsbaubetrieb und ist als Unternehmer bei der Beklagten kraft Gesetzes versichert. Zusätzlich hat er eine Zusatzversicherung nach § 68 der Satzung der Beklagten über einen höheren Jahresarbeitsverdienst (58.421,52 €) abgeschlossen. Ein Grad der Behinderung von 80 mit Merkzeichen „G“ ist seit 27.03.2018 anerkannt (S. 3069 f. VerwA).
Am 03.05.2010 stolperte der Kläger im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit und fiel rückwärts in einen Holzhaufen (vgl. Unfallanzeige vom 11.05.2010, S. 1 VerwA). Nachdem er nach einer Woche noch immer Beschwerden in der rechten Thoraxhälfte verspürte, stellte er sich am 10.05.2010 bei dem D-Arzt C1 vor, der nach einer Röntgenuntersuchung eine nicht dislozierte Fraktur im Bereich der 8. Rippe diagnostizierte (S. 4 VerwA). Am 09.06.2010 wurde beim Kläger eine Unterschenkelvenenthrombose links festgestellt, nachdem er sich zuvor sehr geschont und in der letzten Zeit viel gelegen hatte (Zwischenbericht vom 09.06.2010, S. 40 VerwA). S1, Universitäts-Hautklinik T1, bestätigte nachfolgend eine 3-Etagen-Thrombose links infolge einer Immobilisation sowie eine chronisch venöse Insuffizienz Grad I nach Widmer (Arztbrief vom 02.09.2010, S. 93 f. VerwA). Bei fortbestehender starker Schwellneigung des linken Beines und wiederholt aufgetretenen Erysipelen stellte sich der Kläger am 22.12.2010 in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T1 (BGU) vor. Dort wurde ein postthrombotisches Syndrom linkes Bein mit abklingendem Erysipel linker Unterschenkel bei Zustand nach (Z.n.) Rippenfraktur rechts und folgender 3-Etagen-Thrombose diagnostiziert. Aufgrund des bestehenden postthrombotischen Syndroms, das auch längerfristig zu einer Schwellneigung des gesamten linken Beines führen könne, werde das Erreichen vollschichtiger Arbeitsfähigkeit als fraglich angesehen (ambulanter Untersuchungsbericht mit fachärztlicher Stellungnahme vom 22.12.2010, S. 223 ff. VerwA). Bei einem Erstbesuch der Berufshilfe am 08.02.2011 (S. 271 ff. VerwA) gab der Kläger an, im Rahmen der Arbeits- und Belastungserprobung sei er aktuell vier bis sechs Stunden tätig mit Bürotätigkeit und Transportfahrten zu Baustellen. Die Existenz des Betriebs sei gefährdet, wenn er nicht wieder körperlich mitarbeiten könne. Die Beklagte gewährte dem Kläger zunächst Verletztengeld im Zeitraum vom 10.05.2010 (Tag der erstmaligen ärztlichen Feststellung von Arbeitsunfähigkeit) bis 29.07.2011.
Im Ersten Rentengutachten aufgrund einer Untersuchung vom 05.08.2011 führte F1 aus, als wesentliche Unfallfolgen bestehe eine Stauungsdermatose und chronisches Phlebo-Lymphödem des linken Beines nach Ausbildung einer tiefen 3-Etagenbeinvenenthrombose nach Immobilisation nach Rippenfraktur sowie eine wiederkehrende Erysipelneigung. Die aktive Mitarbeit im eigenen Gartenbaubetrieb werde nur noch eingeschränkt mit maximal 4 Stunden pro Tag - wenn überhaupt - möglich sein; koordinierende, verwaltende, planende und leitende Aufgaben könnten weiter ausgeübt werden (S. 438 ff. VerwA). Im Rahmen einer lymphologisch-phlebologischen Zusatzbegutachtung nach Untersuchung am 08.08.2011 führte S2 aus, der Kläger gebe eine ausgeprägte Schwellneigung trotz maximaler physikalischer Therapie an, Schmerzen beim Tragen der Arbeitsschuhe, rasche Ermüdbarkeit und deutlich geminderte Leistungsfähigkeit sowie schwere Beine; dies stehe in Übereinstimmung mit dem klinischen Befund. Koordinierende, verwaltende, planende und leitende Aufgaben könnten weiter ausgeübt werden (S. 428 f. VerwA). Nachdem der beratende Arzt T2 u.a. Zweifel an der Kausalität geäußert hatte (Stellungnahme vom 09.09.2011, S. 478 VerwA), holte die Beklagte das phlebologische Zusammenhangsgutachten nach Aktenlage vom 16.11.2011 bei K1 ein (S. 511 ff. VerwA). Dieser führte aus, die unfallbedingte Immobilisation müsse als wesentlicher Faktor für die Entstehung der 3-Etagen-Thrombose angenommen werden und sah ein postthrombotisches Syndrom mit chronisch-venöser Insuffizienz Grad 2 links als Unfallfolge an.
Mit Bescheid vom 15.12.2011 (S. 537 ff. VerwA) in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.06.2012 (S. 592 ff. VerwA) verfügte die Beklagte die Anerkennung des Unfalls vom 03.05.2010 als Arbeitsunfall und die Ablehnung einer Verletztenrente, da keine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von wenigstens 30 v.H. bestehe. Im nachfolgenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht Konstanz (SG) hob die Beklagte im Erörterungstermin vom 23.10.2013 (S 5 U 297/13) die angefochtenen Bescheide auf und verpflichtete sich, im Rahmen eines anhängigen Widerspruchsverfahrens (gegen den Bescheid vom 23.04.2013, dazu sogleich) zu prüfen, ob (ggf. auch rückwirkend) dem Kläger höhere Verletztenrente zu gewähren sei (S. 1031 f. VerwA).
Mit weiterem Bescheid vom 23.04.2013 (S. 847 ff. VerwA), gegen den der Kläger Widerspruch einlegte, verfügte die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 15.12.2011 (erneut) die Anerkennung des Arbeitsunfalls vom 03.05.2010 und gewährte dem Kläger ab 30.07.2011 eine Verletztenrente auf unbestimmte Zeit als Stützrente nach einer MdE von 20 v.H. (neben einer Stützrente aufgrund eines Versicherungsfalls vom 28.09.2006 nach einer MdE von 10 v.H.).
Im Widerspruchsverfahren holte die Beklagte ein fachunfallchirurgisches Zusammenhangsgutachten bei V1 ein, der aufgrund einer Untersuchung am 19.03.2014 ausführte, sichere Hinweise auf einen frischen knöchernen Schaden der 8. Rippe könne er auf der Röntgenaufnahme vom 10.05.2010 nicht erkennen; jedenfalls sei eine ggf. vorgelegene Fraktur folgenlos ausgeheilt. Aufgrund einer Rippenfraktur sei mit einer Arbeitsunfähigkeit von drei Wochen zu rechnen, eine MdE ergebe sich nicht. Aus seiner Sicht bestünden zudem Zweifel, ob das Ereignis vom 03.05.2010 tatsächlich wesentliche Bedingung für die Venenthrombose gewesen sei. Für die rezidivierend auftretenden Erysipele sei die unfallunabhängig bestehende Lymphabflussstörung des linken Beines wesentliche Bedingung; die stattgehabte Venenthrombose habe hieran keinen wesentlichen Anteil (S. 1168 ff. VerwA).
Die Beklagte holte ein weiteres gefäßchirurgisches Gutachten bei dem Chefarzt der der O1-klinik, M1, ein (S. 1287 ff. VerwA). Dieser äußerte nach Untersuchung des Klägers am 16.06.2014, gutachterlich könne im Sinne einer Brückensymptomatik der Zusammenhang zwischen Unfallereignis und tiefer Beinvenenthrombose (Anfang Juni 2010) bestätigt werden. Als alleiniger endogener Risikofaktor habe zum damaligen Zeitpunkt eine Adipositas permagna vorgelegen, die aber nur einen geringen Risikofaktor darstelle. Die unfallbedingte Immobilisation müsse als hauptsächlich verantwortlicher Risikofaktor angesehen werden. Die rezidivierenden Erysipele des linken Unterschenkels seien auf das postthrombotische Syndrom zurückzuführen. Aus gefäßchirurgischer Sicht sei die MdE mit 20 v.H. zu bewerten. V1 sah in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 06.08.2014 (S. 1318 ff. VerwA) seine Bedenken wegen des Kausalzusammenhangs nicht zerstreut durch das Gutachten von M1. Letzterer verblieb in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 16.09.2014 (S. 1338 ff. VerwA) bei seiner Auffassung.
Der Widerspruch wegen der Rentenhöhe blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 17.12.2014, S. 1383 ff. VerwA). Die anschließende Klage vor dem SG (S 5 U 115/15) nahm der Kläger wieder zurück. Das SG hatte ein orthopädisches Gutachten bei K2 vom 09.11.2015 (S. 1585 ff. VerwA) eingeholt, der keine unfallchirurgischen Folgen bezüglich des Arbeitsunfalls vom 03.05.2010 (ohne Bewertung der Folgeschäden des linken Beines) mehr feststellen konnte und eine MdE von unter 10 v.H. annahm.
Nachdem der D-Arzt F1 am 09.11.2012 erneut Arbeitsunfähigkeit attestiert hatte, gewährte die Beklagte erneut Verletztengeld ab 10.11.2012. Mit Bescheid vom 29.07.2013 (S. 932 f. VerwA) in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.12.2014 (S. 1388 ff. VerwA) stellte sie das Verletztengeld mit Ablauf des 31.07.2013 ein mit der Begründung, mit dem Eintritt der Arbeitsfähigkeit sei nicht zu rechnen und Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA) seien nicht zu erbringen. Nach dem Bericht des F1 vom 18.06.2013 (dort: „der UV wird in seinem Beruf als Garten- und Landschaftsbauer nicht mehr vollschichtig arbeitsfähig werden. […] Fiktive Arbeitsfähigkeit besteht ab dem 17.06.2013“, S. 908 f. VerwA) sei die Behandlung soweit abgeschlossen, dass der Kläger im angestammten Beruf vier bis fünf Stunden täglich arbeiten könne und zusätzlich vorwiegend administrative oder anleitende Tätigkeiten ausführen könnte. Das nachgehende Klageverfahren vor dem SG wegen (Weiter-)Gewährung von Verletztengeld ab 01.08.2013 (S 5 U 116/15) endete mit einem im Erörterungstermin vom 01.12.2016 (S. 2219 f. VerwA) geschlossenen Vergleich, in dem sich die Beklagte verpflichtete, ein gefäßchirurgisches sowie ggf. kardiologisch-internistisches Gutachten einzuholen und mit rechtsmittelfähigem Bescheid nochmals zu prüfen, ob über den 10.11.2012 hinaus Anspruch auf Verletztengeld bestehe.
Zwischenzeitlich hatte die Beklagte dem Kläger bereits in der Zeit vom 23.10. bis 12.11.2014, vom 07.01. bis 25.03.2016 und vom 18.04. bis 14.10.2016 aufgrund von Krankschreibungen durch F1 erneut Verletztengeld gezahlt.
Am 19.07.2016 stellte sich der Kläger erneut in der BGU vor, wo sich im Bereich des linken Unterschenkels deutliche Ödeme zeigten bei geschlossenen Hautverhältnissen, trophische Veränderungen am linken Unterschenkel mit livider Hautverfärbung, pergamentartige Haut, reizlose Narben, jedoch in den Narbenbereichen sehr dünne Haut mit deutlichen Rötungen, keine Überwärmung, zum Untersuchungszeitpunkt kein aktives Erysipel. Weitere Arbeitsunfähigkeit bis Mitte August 2016 wurde bestätigt (S. 2003 ff. VerwA). Vom 02.10. bis 05.10.2016 wurde der Kläger wegen eines Erysipels am linken Unterschenkel in der O1-klinik stationär behandelt (S. 2166 f. VerwA). Beratungsärztlich wurde die Auffassung vertreten, die Behandlung wegen Erysipels gehe nicht zu Lasten des Unfalls (Stellungnahme vom 05.12.2016, S. 2199 VerwA), die Einholung eines gefäßchirurgischen Gutachtens sei jedoch zweckmäßig (Stellungnahme vom 05.01.2017, S. 2237 VerwA).
Mit Bescheid vom 14.12.2016 (S. 2214 f. VerwA) stellte die Beklagte das Verletztengeld vorläufig mit Ablauf des 14.10.2016 ein, da die Arbeitsunfähigkeit wegen Erysipel nicht unfallbedingt sei. Eine gutachterliche Prüfung folge.
K3, Kreiskliniken R1, führte nach Untersuchung des Klägers am 16.02.2017 in seinem Zusammenhangsgutachten vom 09.03.2017 (S. 2358 ff. VerwA) aus, Ursache der am 09.06.2010 festgestellten Bein-Venenthrombose links sei die schmerzbedingte Schonung und eingeschränkte Mobilität mit Phasen längerer Bettruhe infolge der Rippenfraktur. Die Unterschenkelvenenthrombose stelle die initiale Ursache für die Schwellneigung des linken Unterschenkels dar. Da sich bei der aktuellen Venenuntersuchung ein jetzt kompetentes tiefes und oberflächliches Venensystem zeige, sei die Ursache des Schwellungszustands des linken Beines zum jetzigen Zeitpunkt in der chronisch rezidivierenden Lymphabflussstörung bedingt durch rezidivierende Erysipele mit konsekutiver Vernarbung der das linke Bein drainierenden Lymphbahnen zu sehen. Die Beinschwellung links mit Unterschenkelödem, Lymphödem und eine braune Hautverfärbung des linken Unterschenkels seien daher unfallbedingt. Arbeitsunfähigkeit wegen Erysipel bzw. Rezidiv habe nach Aktenlage in näher genannten Zeiträumen (dazu S. 2366 VerwA) zwischen 09.11.2012 und 25.03.2016 und zuletzt vom 18.04.2016 bis 27.01.2017 bestanden. Im Rückblick sei unklar, ob sich die diagnostizierten Erysipele infolge einer arbeitsbedingten Hautverletzung oder durch den Eintritt von Bakterien in den Subkutanraum im Bereich von Zehenzwischenräumen oder Fersenrhagaden entwickelt hätten. Unabhängig vom auslösenden Modus bestehe durch die beschriebenen Unfallfolgen eine heilungsverzögernde und komplizierende Komponente.
In seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 13.06.2017 führte K1 aus, das gefäßchirurgische Gutachten sei schlüssig und überzeugend, insbesondere auch zur Zusammenhangsfrage. Die Erysipele seien auf die dauerhaft vorhandene Schwellneigung zurückzuführen, da hiermit immer Eintrittspforten für Streptokokken verbunden seien. Die Pigmentstörung im Bereich des linken Unterschenkels bestätige ein postthrombotisches Syndrom. Die bekannt gewordenen Erysipele seien als unfallbedingt im Sinne postthrombotischer Komplikationen anzunehmen, sodass die Arbeitsunfähigkeitszeiten hierauf zurückzuführen seien (S. 2414 VerwA).
Am 04.08.2017 fand in der Anwaltskanzlei des damaligen Bevollmächtigten des Klägers ein Gesprächstermin statt, bei dem der Kläger, sein Anwalt und eine Berufshelferin der Beklagten zugegen waren (S. 2525 VerwA). Der Kläger gab dort an, sein linkes Bein schmerze nach längerem Gehen/Stehen, er müsse dieses dann hochlegen oder sich hinlegen. An sog. „guten Tagen“ könne er ca. drei bis vier Stunden arbeiten, die Tätigkeit beschränke sich auf administrative Büro- und Organisationstätigkeiten; auf den Baustellen könne er nicht mehr körperlich mitarbeiten. Aktuell beschäftige er drei Arbeitnehmer, darunter sein Sohn. Zudem wurde ein Tätigkeitsprofil in den „arbeitsfähigen“ Zeiträumen vom 13.11.2014 bis 06.01.2016 und vom 26.03. bis 17.04.2016 schriftlich aufgenommen. Festgehalten wurde hierin, dass der Kläger täglich ca. zwei Stunden Bürotätigkeiten und ca. eine Stunde Organisation (Kundentermine, Besichtigung Baustellen, Besprechungen Vorarbeiter, Einweisung vor Ort) verrichte (S. 2439 ff. VerwA).
Mit beratungsärztlicher Stellungnahme vom 25.09.2017 führte T2 aus, nach dem Tätigkeitsprofil führe der Kläger noch zwei Stunden leichte Bürotätigkeiten und eine Stunde organisatorische Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung durch. Eine durchgehende Arbeitsunfähigkeit sei nicht plausibel, da durchaus leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung in arbeitsüblicher Vollschicht möglich seien. Arbeitsunfähigkeit sei allenfalls für kurze Zeiten bei akuten Krankheitserscheinungen durch das Erysipel mit Fieber gerechtfertigt, wobei sich dies für die Vergangenheit unmöglich exakt festlegen lasse (S. 2510 ff. VerwA).
Mit Bescheid vom 25.09.2017 (S. 2514 f. VerwA) teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass für den Zeitraum der Wiedererkrankung ab 18.04.2016 kein Anspruch auf Verletztengeld bestehe. Nach dem erhobenen Tätigkeitsprofil stehe fest, dass der Kläger vor dem 18.04.2016 im Wesentlichen nur noch Büroarbeiten ausgeübt habe, die trotz der Wiedererkrankung weiter ausgeübt werden könnten. Damit fehle es an dem Grundmerkmal der Arbeitsunfähigkeit, dass die zuvor ausgeübte Tätigkeit nicht mehr ausgeübt werden könne. Den Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.2017 (S. 2593 ff. VerwA) zurück. Hiergegen erhob der Kläger am 15.01.2018 Klage beim SG (S 5 U 124/18).
Vom 26.01. bis 29.01.2018 wurde der Kläger erneut in der O1-klinik wegen eines Erysipels stationär behandelt (S. 3066 ff. VerwA). Mit Schreiben vom 13.11.2018 berichtete S1 über die ambulante Vorstellung des Klägers im Hinblick auf die Überprüfung geeigneter Heilmaßnahmen („Lokalbefund: Die Unterschenkel beidseits hyperpigmentiert, links führend, hier auch flächig die gesamte Zirkumferenz des Unterschenkels einnehmend mit tastbarer beginnender Sklerose der Haut. Retikuläre Varikose der Unterschenkel. ... Die Vorfüße blande, das Stemmer´sche Zeichen negativ. Es zeigt sich eine Umfangsdifferenz am Knöchel von links 28 cm zu rechts 26,5 cm. Mitte Wade ist der linke Unterschenkel eher schlanker durch eine Atrophie der Muskulatur bei Fehlbelastung, hier links 40 cm, rechts 42 cm. Derzeit kein Hinweis auf eine Entzündung im Sinne eines Erysipels, keine trophischen Läsionen.“). Im Bereich der Fußsohlen falle eine ausgeprägte Hyperkeratose auf, hier komme es rezidiv immer wieder zu Einrissen, sodass auch hier eine Eintrittspforte für die rezidivierenden Erysipele zu sehen sei (S. 2956 ff. VerwA). Mit beratungsärztlicher Stellungnahme vom 11.12.2018 äußerte O2, unter Berücksichtigung der neuen Erkenntnisse (Begleiterkrankung chronisch-venöse Insuffizienz, Hyperkeratosen im Bereich der Fußsohlen) könne nicht von einer ausschließlich unfallbedingten Genese der Erysipele ausgegangen werden. Ein dermatologisches Zusammenhangsgutachten werde empfohlen (S. 2969 ff. VerwA).
Im Klageverfahren S 5 U 124/18 holte das SG das orthopädische Gutachten des B1 ein (S. 3008 ff. VerwA). Bei der Untersuchung am 04.12.2018 gab der Kläger an, er habe vor dem Unfall im Betrieb „noch voll mitgeschafft“, er habe nur „wegen seinem Kreuz“ etwas aufpassen müssen und die ganz schweren Belastungen nicht mehr machen können. Seit dem Unfall habe er leichtere Tätigkeiten gemacht, seit 2016 nur noch im Büro. B1 führte aus, als Unfallfolgen bestünden eine folgenlos verheilte Fraktur der 8. Rippe rechts sowie ein rezidivierendes Erysipel am linken Unterschenkel bei chronisch venöser Insuffizienz mit Stauungsdermatose, venösem und lymphatischem Ödem bei Z.n. 3-Etagen-Beinvenenthrombose links durch posttraumatische Immobilisation nach Rippenfraktur. Die im Abstand von wenigen Wochen zum Ereignis vom 03.05.2010 aufgetretene Mehr-Etagen-Thrombose sei hinlänglich wahrscheinlich durch das Ereignis hervorgerufen worden. Selbst bei anderer Auffassung wäre jedenfalls der weitere Verlauf des venösen und lymphatischen Leidens durch das Ereignis vom 03.05.2010 wesentlich mitgeprägt und insoweit eine erheblich dauerhafte Verschlimmerung abzuleiten. Nicht eindeutig gestützt werde durch die aktenkundigen Unterlagen, dass der Kläger seit dem Unfall im Bezugsberuf nie mehr arbeitsfähig gewesen sei. Dauerhafte Arbeitsunfähigkeit vom 18.04.2016 bis 30.11.2017 sei belegt, ab 04.10.2017 jedoch auch wegen Pankreatitis. Ferner bestehe durchgehende Arbeitsunfähigkeit wegen Unfallfolgen ab 26.02. bis 09.04.2018; vom 26.04. bis 08.06.2018 sei eine Schulterverletzung führende Grundlage der Arbeitsunfähigkeit gewesen. Ab 22.06.2018 begründe sich die Arbeitsunfähigkeit dann wieder in den („mittelbaren“) Unfallfolgen. Lege man die bis zum 03.05.2010 vollschichtig ausgeübte körperlich schwere Tätigkeit als Garten- und Landschaftsbauer zugrunde, ergäben sich Zweifel hinsichtlich des tatsächlichen Wiedereintritts von Arbeitsfähigkeit im Bezugsberuf aufgrund der dokumentierten Befunde auf gefäßmedizinischem Fachgebiet. Danach müsse retrospektiv davon ausgegangen werden, dass die körperlich belastende Tätigkeit nur noch mit zeitlichen Einschränkungen habe ausgeübt werden können. Insbesondere hinsichtlich des (offenbar strittigen) Zeitraums ab 18.04.2016 könne von einem seither aufgehobenen Leistungsvermögen im Beruf als Garten- und Landschaftsbauer ausgegangen werden. Lege man leichte Tätigkeiten im administrativen Bereich zugrunde, habe nur temporär unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit bestanden. Dies sei jedoch eine juristische Frage.
Die Beklagte holte ein dermatologisches Gutachten vom 22.10.2019 bei S3 ein (S. 3275 ff. VerwA). Ihm gegenüber gab der Kläger an, die aktive Mitarbeit auf den Baustellen habe er direkt nach dem Erysipel um 100 % zurückgefahren. Innerhalb des ersten Jahres nach dem Unfall habe er Baustellenbesichtigungen auf 50 % der zuvor geleisteten Arbeit reduziert, innerhalb der letzten 7 bis 8 Jahre auf 20 %. Reine Bürotätigkeit habe er auf 30 % innerhalb des ersten Jahres reduziert, jetzt auf 20 % des ursprünglichen Zeitaufwands im Büro. S3 führte ferner aus, dass der Meinung des überwiegenden Teils der Gutachter unbedingt zu folgen sei, dass es aufgrund der Rippenfraktur zu einer schmerzbedingten Immobilisation, infolgedessen zu einer tiefen Beinvenenthrombose gekommen sei und sich aufgrund dessen ein sekundäres Lymphödem mit zusätzlicher venöser Stauung (sog. Phlebo-Lymphödem) ausgebildet habe, infolgedessen es zu multiplen Erysipelen gekommen sei. Die - nur einmalig am 13.11.2018 beschriebenen - Hyperkeratosen spielten keine ursächliche Rolle für das Entstehen der Erysipele. Die Gehfähigkeit des Klägers habe seit 2010 abgenommen (möglich 100 bis 200 Meter mit Gehstützen), eine Stehzeit von maximal 30 bis 40 Minuten sei möglich, eine sitzende Tätigkeit müsse nach 2 bis 3 Stunden unterbrochen werden. Arbeiten im Beruf als Landschaftsgärtner seien nicht mehr möglich. Bürotätigkeiten seien maximal 2 bis 3 Stunden täglich möglich. Längere sitzende Tätigkeiten führten zu einem Anschwellen des linken Unterschenkels und Vorfußes mit zunehmender Schmerzhaftigkeit. Die genauen Arbeitsunfähigkeitszeiten ab 2010 könnten retrograd nicht mehr festgelegt werden.
Zur Erledigung des Rechtsstreits (S 5 U 124/18) schlossen die Beteiligten im Erörterungstermin am 02.09.2020 einen Vergleich, in welchem die Beteiligten Einigkeit erklärten, dass Streitgegenstand des Verfahrens lediglich der Zeitraum 18.04. bis 14.10.2016 ist und dieser Zeitraum bereits abgerechnet und bezahlt worden ist. Zudem hob die Beklagte den „ins Leere“ gehenden Bescheid vom 25.09.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.12.2017 auf und verpflichtete sich, mit rechtsmittelfähigem Bescheid darüber zu entscheiden, ob dem Kläger „über den 15.10.2016 hinaus“ ein Anspruch auf Verletztengeld zusteht (S. 3586 f. VerwA).
Am 16.12.2020 stellte sich der Kläger nochmals in der BGU vor. Im ambulanten Untersuchungsbericht mit fachärztlicher Stellungnahme vom 17.12.2020 (S. 3709 ff. VerwA) führte H1 u.a. aus, die rezidivierenden Erysipele seien unfallbedingt zu werten, weshalb die ärztliche Behandlung unfallbedingt fortzuführen sei.
Mit Bescheid vom 09.11.2020 (S. 3636 f. VerwA) in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.01.2021 (S. 3736 ff. VerwA) lehnte die Beklagte sodann die Gewährung von Verletztengeld ab 15.10.2016 ab. Im Falle der Wiedererkrankung liege Arbeitsunfähigkeit dann vor, wenn der Versicherte aufgrund der Folgen des Arbeitsunfalls nicht in der Lage sei, seine zuletzt konkret vor der Wiedererkrankung ausgeübte Tätigkeit auszuüben. Nach dem auf den eigenen Angaben des Klägers beruhenden Tätigkeitsprofil habe er zuletzt im täglichen Umfang von drei Stunden noch Büroarbeiten verrichtet und diese auch während der bescheinigten (Wiedererkrankungs-)Arbeitsunfähigkeitszeiten weiter ausüben können. Unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit habe damit (bereits ab 18.04.2016) nicht vorgelegen (bis 14.10.2016 sei Verletztengeld bereits zu Unrecht abgerechnet und bezahlt worden).
Hiergegen richtet sich die am 24.02.2021 beim SG erhobene - hier gegenständliche - Klage (S 5 U 404/21). Zur Begründung hat der Kläger ausgeführt, erst mit der Aufnahme einer neuen beruflichen Tätigkeit ende der Bezug zur zuletzt vor Eintritt des Versicherungsfalls konkret ausgeübten Tätigkeit. Der Kläger habe seine Tätigkeit als Inhaber und Leiter eines Garten- und Landschaftsbaubetriebs nicht aufgegeben, er habe weder sein Gewerbe abgemeldet noch eine Löschung aus dem Handelsregister beantragt. Mitarbeiter und betriebsbezogene Versicherungen oder Verträge seien ebenfalls nicht gekündigt worden. Vielmehr habe er seinen Betrieb, soweit ihm dies unfallbedingt möglich gewesen sei, zeitlich auf unter drei bis maximal drei Stunden täglich eingeschränkt, fortgeführt. Dadurch sei die Arbeitsunfähigkeit nicht beseitigt worden. Die Ausführung der Bürotätigkeit stelle keine Aufnahme einer neuen Tätigkeit dar, sondern die beschränkte bisherige Tätigkeit, was zeige, dass der Kläger an dem Fortbestand und der Fortführung seines Betriebs größtes Interesse habe. Die Tätigkeiten, die das Berufsbild eines Garten- und Landschaftsbauers wesentlich prägten - die Arbeiten im Freien wie Baustellen einrichten, Erdarbeiten verrichten, befestigte Wege, Plätze und Treppen erstellen, Mauern errichten, Teiche und Becken anlegen, Bepflanzung von Garten- und Parkanlagen - habe der Kläger nach dem Arbeitsunfall nicht mehr ausführen können. Auch wenn er leichte Büroarbeiten in zeitlich geringerem Umfang ausgeübt habe, sei er weiterhin arbeitsunfähig gewesen. Der Kläger habe nicht seinen Beruf gewechselt, sondern die Arbeiten im Betrieb ausgeführt, die ihm aufgrund der gesundheitlichen Einschränkungen durch die Unfallfolgen noch möglich gewesen seien. Selbst wenn der Kläger zu irgendeinem Zeitpunkt arbeitsfähig gewesen wäre, lägen nach Wegfall der Arbeitsfähigkeit die Voraussetzungen des § 48 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch (SGB VII) vor. Auch die Fortsetzung der Zahlungen von Verletztengeld durch die Beklagte belege, dass sie selbst von einer Wiedererkrankung ausgegangen sei. Die Voraussetzungen für eine Beendigung des Anspruchs seien nicht erfüllt.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten und hat auf ihre Ausführungen im vorangegangenen Klageverfahren S 5 U 124/18 Bezug genommen.
Der Kläger hat sich am 16.01.2023 erneut in der Universitäts-Hautklinik T1 zur Wundsprechstunde vorgestellt (Arztbrief vom 17.01.2023, S. 4177 f. VerwA). Vom 02.02. bis 23.02.2023 hat er eine Arbeitsplatzspezifische Rehabilitation (ASR) in W1 absolviert (Aufnahmebefund: am linken Unterschenkel vermehrte Pigmentierung der Haut, Schwellung sowie livide-bläuliche Verfärbung des linken Fußes bei deutlich atrophierter Muskulatur des Oberschenkels; deutliche Bewegungseinschränkung der gesamten linken unteren Extremität; links keine Hockbewegung, kein Zehenspitzen- und Fersenstand oder Einbeinstand möglich; ASR-Eingangsbericht vom 03.02.2023, S. 4190 ff. VerwA). Im Abschlussbericht vom 23.02.2023 (S. 4223 ff. VerwA) wird festgehalten, dass der Kläger aufgrund der fortbestehenden Schmerzsymptomatik als Landschaftsgärtner nicht arbeitsfähig, sondern nur für leichte Tätigkeiten kurzfristig am Schreibtisch einsatzfähig sei. Insgesamt habe sich die Belastungsfähigkeit und der Funktionszustand des linken Beines nicht verändert, Gehen ohne Hilfsmittel sei aufgrund hoher Schmerzangaben nicht möglich gewesen.
Nach Anhörung der Beteiligten hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 13.02.2023 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, ein Anspruch auf Verletztengeld über den 14.10.2016 hinaus scheide aus, da keine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit mehr vorgelegen habe. Eine durchgehende Arbeitsunfähigkeit seit Eintritt des Versicherungsfalls habe nicht nachgewiesen werden können. In Übereinstimmung mit der Beklagten gehe das SG davon aus, dass für die Beurteilung einer unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit auf die zuletzt vor der Wiedererkrankung ausgeübte Tätigkeit abzustellen sei. Da diese trotz Erkrankung weiter ausgeführt werden könne, seien die Voraussetzungen für die weitere Gewährung von Verletztengeld nicht nachgewiesen.
Gegen den seinem Bevollmächtigten am 13.02.2023 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich die am 24.02.2023 eingelegte Berufung des Klägers. Das SG sei weder auf das tatsächliche noch das rechtliche Vorbringen des Klägers eingegangen. Der Gerichtsbescheid lasse völlig offen, welche Erwägungen zu der Entscheidung geführt hätten, er enthalte daher keine Entscheidungsgründe und stelle eine Zumutung für den Rechtsuchenden dar. Ergänzend hat der Kläger die Einkommenssteuerbescheide für die Jahre 2017 bis 2020 (S. 20 ff. Senatsakte) sowie weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt.
Im Anschluss an im Erörterungstermin am 08.02.2024 erteilte rechtliche Hinweise hat der Bevollmächtigte des Klägers ergänzend vorgetragen, nachdem die Beklagte den im Termin geschlossenen Vergleich widerrufen hat. Er hat u.a. ausgeführt, dass in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bislang nicht geklärt sei, ob die Grundsätze zur Aufgabe der bisherigen Tätigkeit und Aufnahme einer neuen beruflichen Tätigkeit bei Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit auch auf einen selbständigen landwirtschaftlichen Unternehmer anzuwenden seien. Nehme ein Unternehmer innerhalb des eigenen Betriebs eine Änderung seiner Tätigkeit vor, liege darin keine Aufnahme einer neuen Beschäftigung. Unfallbedingte Einschränkungen des Betriebsinhabers im handwerklichen Bereich führten nicht zu einer Lösung vom bisherigen Beruf. Eine Änderung des rechtlichen Status als Unternehmer habe nicht stattgefunden, der Kläger sei in der Ausgestaltung seiner Tätigkeit frei. Er könne nicht auf eine Halbtagstätigkeit im Sinne einer leitenden Tätigkeit verwiesen werden. Er arbeite maximal drei Stunden täglich, soweit dies die Unfallfolgen zuließen und habe den Betrieb, der seine Lebensgrundlage sei, fortgeführt. Soweit der Kläger seine Arbeitszeit reduziert und seinen Tätigkeitsbereich überwiegend auf Bürotätigkeit beschränkt habe, könne von einer freiwilligen Tätigkeitsaufgabe keine Rede sein, dies sei vielmehr den Unfallfolgen geschuldet. Im Beruf als Garten- und Landschaftsbauer sei der Kläger seit 03.05.2010 durchgehend arbeitsunfähig. Dies habe auch der Gutachter B1 bestätigt, der zudem ein aufgehobenes Leistungsvermögen in diesem Beruf ab Mitte April 2016 angenommen habe.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Konstanz vom 13.02.2023 sowie den Bescheid der Beklagten vom 09.11.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.01.2021 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 03.05.2010 Verletztengeld über den 14.10.2016 hinaus bis zum 18.07.2024 zu gewähren,
hilfsweise, ein Gutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bei H2, R2 Straße, in W1 einzuholen,
weiter hilfsweise, zum Beweis dafür, dass der Kläger nach dem 03.05.2010 keine schweren körperlichen Arbeiten mehr durchführen konnte und nur in geringem zeitlichen Umfang mit Maschinen arbeitete, die ihm keine körperlichen Belastungen abverlangten, folgende Zeugen zu vernehmen:
F2, F3-weg, in W1
F4, F3-weg, in W1
F5, F3-weg, in W1
C2, J1-straße, in B2.
weiter hilfsweise zum Beweis dafür, dass der Kläger im Zeitraum vom 16.02.2016 bis 09.04.2018 dauerhaft wegen der Unfallfolgen arbeitsunfähig war, F1, R2 Straße, W1, als sachverständigen Zeugen bzw. Zeugen zu hören,
weiter hilfsweise zum Beweis dafür, dass der Kläger seit dem Arbeitsunfall durchgehend arbeitsunfähig ist, den Gutachter B1, H3-str., in S4 und den Gutachter S3, L1-str., in H4 zu hören,
weiter hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise, bezüglich der Unfälle vom 07.07.2012, 26.09.2012 und 05.07.2013 die jeweiligen, vom Kläger zu benennenden Geschäftspartner/Kunden vom Gericht hinsichtlich der Art und des Umfangs der vom Kläger verrichteten Tätigkeiten im Rahmen der jeweiligen Projekte/Aufträge zu befragen bzw. zu vernehmen,
weiter hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Sie hat unter Berücksichtigung der vorgelegten Einkommenssteuerbescheide dargelegt, dass sich im Falle einer Anrechnung des erzielten Einkommens nach § 52 SGB VII auf einen etwaigen Anspruch auf Verletztengeld für die Jahre 2016 bis 2020 für einen etwaigen Anspruch nach § 47 Abs. 5 SGB VII ein Zahlbetrag von 0 € und für den Anspruch aus der Zusatzversicherung gekürzte Zahlbeträge ergäben (im Jahr 2017 0 €).
Der Senat hat die Beteiligten mit Schreiben vom 23.04.2024 vorab darauf hingewiesen, dass an der im Erörterungstermin vorläufig mitgeteilten Rechtsauffassung nicht mehr festgehalten werde.
Die Beklagte hat ergänzend vorgetragen, es sei nicht nachvollziehbar, dass seit dem 03.05.2010 (Unfalltag) durchgehend Arbeitsunfähigkeit bestanden habe. Für die Verrichtung körperlicher Arbeiten außerhalb des Büros auch danach fänden sich belastbare Argumente. So habe der Kläger nachfolgend zahlreiche weitere Unfälle erlitten im Rahmen der Ausübung körperlicher Tätigkeiten (am 01.12.2010 auf dem Lagerplatz in B2, am 10.09.2011 beim Abladen des Hängers gestürzt, am 02.03.2012 beim Hervorziehen einer Platte unter dem Anhänger rechte Hand angeschlagen, am 07.07.2012 beim Aufladen von Steinen auf den Anhänger gestürzt, am 26.09.2012 beim Zusägen einer Granitplatte mit dem rechten Daumen an das Sägeblatt geraten, am 05.07.2013 beim Aussteigen aus dem Kompaktlader auf einer Gartenbaustelle rechtes Schienbein geprellt, am 06.09.2013 bei einer Besichtigung vor Ort vom Hund des Kunden gebissen, am 21.03.2014 beim Vorbeigehen im Lager Risswunde zugezogen, am 15.12.2018 nach Kontrolle der Frostwächter im Betriebslager Anhänger zum Kundendienst gefahren und dort beim Aussteigen Knie verdreht). Am 27.09.2011 habe der Kläger einen Kostenzuschuss für einen Radlader beantragt und dabei angegeben, „Ich verrichte derzeit Arbeiten auf der Baustelle mit Maschinen“. Entsprechendes habe der Kläger auch gegenüber dem Technischen Aufsichtsbeamten G1 im Rahmen eines am 12.07.2011 geführten Gesprächs angegeben. Nach Beendigung des Verletztengelds mit dem 29.07.2011 datiere der nächste ärztliche Bericht von F1 vom 13.07.2012 mit der zutreffenden Bezeichnung als Wiedererkrankungsbericht bei bestehender Arbeitsfähigkeit, danach liege erneut eine Lücke vor bis zum nächsten Wiedererkrankungsbericht vom 26.10.2012. Mit Erstbescheinigung vom 09.11.2012 habe F1 erstmals wieder Arbeitsunfähigkeit ab 12.11.2012 bescheinigt. Bereits damit könne eine durchgehende unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit nicht plausibel angenommen werden. Hätte durchgehend Arbeitsunfähigkeit bestanden, bestünde auch kein Anspruch des Klägers auf Verletztenrente ab 30.07.2011, die er jedoch seither in Empfang genommen habe, sodass offensichtlich auch für ihn klar gewesen sei, dass ab diesem Zeitpunkt Arbeitsfähigkeit wieder eingetreten sei. Die Rechtsprechung zu Fällen der Wiedererkrankung betreffe Sachverhalte von als Arbeitnehmer versicherten Personen und dürfe nicht auf den vorliegenden Sachverhalt eines als selbständigen Unternehmers eines Gartenbaubetriebs Versicherten übertragbar sein. Habe sich der Kläger von seinem früheren Beruf gelöst, könne eine spätere Tätigkeit als Bezugsberuf für die Arbeitsunfähigkeit maßgebend sein, auch wenn der bisherige Beruf aus gesundheitlichen Gründen oder sonst unfreiwillig aufgegeben worden sei. Vorliegend sei insoweit nicht außer Acht zu lassen, dass dem Kläger aufgrund einer unfallunabhängigen dilatativen Kardiomyopathie mit hochgradig eingeschränkter Pumpfunktion im Juni 2014 ein Herzschrittmacher implantiert werden musste.
Ergänzend hat der Senat die Übersichten der Krankenkasse des Klägers über vorliegende Zeiten der Arbeitsunfähigkeit mit Diagnosen beigezogen (S. 415 ff. und 429 ff. Senatsakte).
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge, die Akte S 5 U 124/18 und die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte Berufung des Klägers ist zulässig und begründet.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 09.11.2020 in der Gestalt (§ 95 SGG) des Widerspruchsbescheids vom 27.01.2021, mit dem es die Beklagte abgelehnt hat, dem Kläger wegen der Folgen des mit dem Bescheid vom 23.04.2013 als Arbeitsunfall anerkannten Ereignisses vom 03.05.2010 ab 15.10.2016 Verletztengeld (weiter) zu zahlen.
Gegen die Ablehnung der Zahlung von Verletztengeld ab 15.10.2016 durch die Beklagte wendet sich der Kläger statthaft mit der kombinierten Anfechtungs- und (unechten) Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 und Abs. 4, § 56 SGG). Die Anfechtungsklage ist dabei auf die Aufhebung der Ablehnungsentscheidung (Zahlung von Verletztengeld ab 15.10.2016) gerichtet, die Leistungsklage auf entsprechende Zahlung von Verletztengeld ab diesem Tag bis - entsprechend der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärten zeitlichen Beschränkung - 18.07.2024. Die Zahlung von Verletztengeld bis zum 14.10.2016 erfolgte ohne Erlass eines entsprechenden (bewilligenden) Dauerverwaltungsakts, sondern vielmehr durch (Zwischen-)Abrechnungen für jeweils begrenzte Zeiträume; die Verlautbarung im Bescheid vom 09.11.2020 enthält dementsprechend auch keine Entziehung oder Herabsetzung einer Leistung (i.S. einer ganz oder teilweisen Beseitigung eines früheren Bescheids), sondern eine Leistungsablehnung für die Zeit ab 15.10.2016 (vgl. dazu nur Senatsurteil vom 21.03.2024, L 10 U 2452/23, in juris, Rn. 29 und vom 26.01.2024, L 10 U 1638/20, n.v.). Nichts anderes folgt aus dem Bescheid vom 14.12.2016 über die vorläufige Einstellung von Verletztengeld mit Ablauf des 14.10.2016, denn - wie bereits dargelegt - erfolgte vor diesem Zeitpunkt keine Dauerbewilligung (vgl. die letzte Zwischenabrechnung vom 20.10.2016 über den Zeitraum vom 01.10. bis 14.10.2016, S. 2121 ff. VerwA). Der Bescheid vom 14.12.2016 über die vorläufige Einstellung zum 14.10.2016 ist durch den Ablehnungsbescheid vom 09.11.2020 mit der endgültigen Ablehnung der Gewährung von Verletztengeld ab 15.10.2016 ersetzt worden und hat sich damit erledigt (§ 39 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - SGB X -). In zeitlicher Hinsicht ist Streitgegenstand der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage die gesamte Spanne zwischen dem geltend gemachten Leistungsbeginn (15.10.2016) bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat (vgl. Bundessozialgericht - BSG - 17.02.2022, B 3 P 6/20 R, Rn. 10, zitiert - wie sämtliche nachfolgende Rechtsprechung - nach juris). Der Senat entscheidet daher über den geltend gemachten Anspruch nach dem Sach- und Streitstand bis zum Tag der mündlichen Verhandlung am 18.07.2024.
Unter Zugrundelegung dessen hat das SG die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Bescheid vom 09.11.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.01.2021 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Er hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von Verletztengeld wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 03.05.2010 ab 15.10.2016 bis 18.07.2024.
Dem Erlass eines Grundurteils (§ 130 Abs. 1 Satz 1 SGG; Verurteilung der Beklagten zur Gewährung von Verletztengeld dem Grunde nach) steht eine etwaige Einkommensanrechnung nach § 52 SGB VII nicht entgegen. Der Erlass eines Grundurteils setzt zumindest die Wahrscheinlichkeit voraus, dass auch tatsächlich etwas zu zahlen ist (vgl. BSG 20.04.1999, B 1 KR 15/98 R, Rn. 18). Ob auch eine Einkommensanrechnung, die den Anspruch auf Verletztengeld nicht dem Grunde nach ausschließt, sondern die Höhe des Verletztengelds betrifft (vgl. Römer in Hauck/Noftz, SGB VII, § 52 Rn. 4 m.w.N., Stand April 2024; Sächsisches Landessozialgericht - LSG - 20.01.2021, L 6 U 97/18, Rn. 46), im Falle einer „Null-Leistung“ für den gesamten (sic!) streitigen Zeitraum dem Erlass eines Grundurteils entgegensteht (so LSG Nordrhein-Westfalen 27.10.2022, L 15 U 439/19, Rn. 26, 45 f.), bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Nach den vorgelegten Berechnungen der Beklagten im Berufungsverfahren steht fest, dass auch im Falle der Einkommensanrechnung im streitigen Zeitraum ab 15.10.2016 Verletztengeld zu gewähren ist. Insoweit bedarf es vorliegend ebenfalls keiner Entscheidung, ob die Voraussetzungen für eine Einkommensanrechnung hier überhaupt gegeben sind.
Der Anspruch auf Verletztengeld richtet sich vorliegend nach § 48 i.V.m. § 45 Abs. 1 SGB VII, da eine Wiedererkrankung vorliegt und keine ununterbrochene Arbeitsunfähigkeit seit 03.05.2010 (dazu unter I.). Maßstab für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit ist jedoch auch zum Zeitpunkt der Wiedererkrankung die körperlich schwere Tätigkeit als Garten- und Landschaftsbauer und nicht eine Bürotätigkeit im zeitlichen Umfang von bis zu drei Stunden täglich (dazu unter II.). Ab dem Zeitpunkt der Wiedererkrankung im Jahr 2016 ist der Kläger dauerhaft arbeitsunfähig erkrankt infolge der unfallbedingten Schwellneigung des linken Unterschenkels mit rezidivierenden Erysipelen (dazu unter III.), und auch die sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Verletztengeld sind erfüllt (dazu unter IV).
I. Rechtsgrundlage für den vom Kläger für den streitgegenständlichen Zeitraum ab 15.10.2016 geltend gemachten Anspruch auf Verletztengeld ist § 48 Abs. 1 SGB VII. Danach gelten im Fall der Wiedererkrankung an den Folgen des Versicherungsfalls die §§ 45 bis 47 SGB VII mit der Maßgabe entsprechend, dass anstelle des Zeitpunkts der ersten Arbeitsunfähigkeit auf den der Wiedererkrankung abgestellt wird. Die damit (u.a.) in Bezug genommene Vorschrift des § 45 Abs. 1 SGB VII bestimmt wiederum - soweit hier von Bedeutung -, dass Verletztengeld erbracht wird, wenn Versicherte infolge des Versicherungsfalls arbeitsunfähig sind oder wegen einer Maßnahme der Heilbehandlung eine ganztägige Erwerbstätigkeit nicht ausüben können (Nr. 1) und unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit Anspruch (u.a.) auf Arbeitsentgelt hatten (Nr. 2). Verletztengeld wird dabei von dem Tag an gezahlt, ab dem die Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird (§ 46 Abs. 1 Var. 1 SGB VII) und endet grundsätzlich mit dem letzten Tag der (versicherungsfallbedingten) Arbeitsunfähigkeit (§ 46 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Var. 1 SGB VII).
In Abgrenzung zur Ersterkrankung nach dem Arbeitsunfall liegt eine Wiedererkrankung vor, wenn nach Beendigung der ersten durch den Versicherungsfall bedingten Arbeitsunfähigkeit der Versicherte wegen der Folgen dieses Versicherungsfalls erneut arbeitsunfähig wird (vgl. Köllner in Becker/Franke/Molkentin/Hedermann, SGB VII, 6. Aufl., § 48 Rn. 1). Dabei gilt § 48 SGB VII auch für mehrmalige Wiedererkrankungen. Unstreitig lag im vorliegenden Fall nach dem Arbeitsunfall zunächst vom 10.05.2010 bis 29.07.2011 ärztlich festgestellte Arbeitsunfähigkeit vor. Danach trat jedoch im weiteren Verlauf Arbeitsfähigkeit ein, die erst durch die (erste) Wiedererkrankung am 12.11.2012 (S. 652 VerwA) beendet wurde. Insoweit führte F1 im Zwischenbericht vom 10.06.2011 (S. 364 f. VerwA) aus, dass die Belastungserprobung zum 30.06.2011 beendet werden sollte mit danach eintretender Arbeitsfähigkeit, auch wenn eine MdE verbleiben werde. Zum Untersuchungszeitpunkt bestand keine wesentliche Schwellneigung oder Induration des linken Unterschenkels. Wegen eines erneuten Erysipels verlängerte sich die Arbeitsunfähigkeit dann nochmals bis 29.07.2011 (Zwischenbericht vom 27.06.2011, S. 383 VerwA). Das Lymphödem war zum damaligen Zeitpunkt nur gering ausgeprägt (Bericht M2, F6-Klinik, vom 13.07.2011, S. 407 f. VerwA). Anlässlich der Untersuchung zum Ersten Rentengutachten vom 19.08.2011 beschrieb F1 bei der Untersuchung am 05.08.2011 einen Befund, der schweren körperlichen Arbeiten nicht grundsätzlich entgegenstand („betritt mit einem unauffälligen Gangbild das Untersuchungszimmer“, „mäßiger Druckschmerz über den fibularen Bandapparat bei endgradig eingeschränkter Beweglichkeit des linken oberen Sprunggelenks“), auch wenn er diese maximal vier Stunden täglich (neben koordinierenden, verwaltenden, planenden und leitenden Aufgaben) für möglich hielt. Dies steht im Einklang mit den von der Beklagten erwähnten Angaben des Klägers anlässlich der Beantragung eines Zuschusses für einen Radlader im Jahr 2011, die eine tatsächliche Durchführung von körperlichen Arbeiten auf den Gartenbaustellen bestätigen. Nachfolgend stellte sich der Kläger erst am 13.07.2012 wegen der Verordnung von Kompressionsstrümpfen wieder bei F1 vor, der weiterhin von Arbeitsfähigkeit ausging (D-Arztbericht S. 595 f. VerwA). Ebenso blieb dies bei der nachfolgenden Vorstellung am 26.10.2012, bei der zudem am linken Bein prätibial eine 1 cm große ältere Prellmarke auf dem Boden eines Anpralltraumas während der Arbeit beschrieben wurde (D-Arztbericht S. 645 f. VerwA), was die aktive Mitarbeit des Klägers im Betrieb jenseits von Bürotätigkeiten bestätigt, ebenso wie die von der Beklagten genannten weiteren Arbeitsunfälle. Insoweit ist auch die Angabe des Klägers gegenüber dem Gutachter S3 nicht glaubhaft, er habe direkt nach dem Erysipel die Mitarbeit auf den Baustellen „um 100 %“ zurückgefahren. Rückblickend lässt sich auch angesichts der nachfolgend eingetretenen, weiteren deutlichen Verschlechterung seines Gesundheitszustands nicht mit Sicherheit feststellen, dass der Kläger seit dem Arbeitsunfall zu keinem Zeitpunkt, insbesondere bis zum erneuten Auftreten von Arbeitsunfähigkeit im November 2012, mehr in der Lage gewesen wäre, als Garten- und Landschaftsbauer tätig zu sein. Dies bestätigt auch B1 in seinem Gutachten vom 19.12.2018, das im Wege des Urkundsbeweises verwertet wird und der ausgeführt hat, dass eine nie wieder eingetretene Arbeitsfähigkeit im Bezugsberuf seit Mai 2010 durch die aktenkundigen ärztlichen Unterlagen und Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nicht eindeutig gestützt werde (S. 3055 VerwA), auch wenn Zweifel hinsichtlich des tatsächlichen Wiedereintritts der Arbeitsfähigkeit bestünden (S. 3058 VerwA). Schließlich bezieht der Kläger seit 30.07.2011 wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 03.05.2010 eine Verletztenrente, was ebenfalls voraussetzt, dass der Anspruch auf Verletztengeld (und damit die Arbeitsunfähigkeit) geendet hat (§ 72 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII). Alle nachfolgenden erneuten Zeiten der Arbeitsunfähigkeit infolge der Unfallfolgen sind daher als Wiedererkrankung nach § 48 SGB VII zu behandeln.
II. Arbeitsunfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls liegt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (s. nur BSG 30.10.2007, B 2 U 31/06 R, Rn. 12 m.w.N.) - anknüpfend an die Auslegung des Begriffs der Arbeitsunfähigkeit im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung - vor, wenn ein Versicherter aufgrund der gesundheitlichen Folgen eines Versicherungsfalls nicht in der Lage ist, seiner zuletzt ausgeübten oder einer gleich oder ähnlich gearteten Tätigkeit nachzugehen (BSG a.a.O.). Bei der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit sind weder die Unfallversicherungsträger noch die Gerichte an ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen gebunden. Diesen kommt lediglich die Bedeutung einer ärztlich-gutachtlichen Stellungnahme zu (BSG 16.12.2014, B 1 KR 37/14 R; 10.05.2012, B 1 KR 20/11 R; Senatsurteil vom 24.03.2022, L 10 U 3002/20, Rn. 38).
Arbeitsunfähigkeit ist danach gegeben, wenn der Versicherte seine zuletzt vor Eintritt des Versicherungsfalls - bzw. hier der Wiedererkrankung - konkret ausgeübte Tätigkeit wegen Krankheit nicht (weiter) verrichten kann. Bei bestehendem Arbeitsverhältnis kommt es auf die konkreten Verhältnisse des letzten Arbeitsplatzes an. Ob der Versicherte eine andere Tätigkeit trotz der gesundheitlichen Beeinträchtigung noch ausüben kann, ist insoweit unerheblich. Erst mit der tatsächlichen Aufnahme einer neuen beruflichen Tätigkeit endet dieser Bezug und wird die neue Tätigkeit zur Grundlage für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit (BSG 08.02.2000, B 1 KR 11/99 R, Rn. 14; LSG Baden-Württemberg 09.03.2017, L 6 U 1655/16, Rn. 35). Nichts anderes folgt aus der von der Beklagten zitierten Entscheidung des BSG zum Versorgungskrankengeld (BSG 25.08.2022, B 9 V 4/21 R). Diese, von der Rechtsprechung für abhängig beschäftigte Versicherte entwickelten Grundsätze gelten in gleicher Weise für den als selbständigen Unternehmer nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a SGB VII (S. 556 VerwA) versicherten Kläger (vgl. Legde in Hänlein/Schuler, Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - SGB V -, 6. Aufl., § 44 Rn. 9; Gerlach in Hauck/Noftz, SGB V, § 44 Rn. 103, Stand September 2020; Greiner in Berchtold/Huster/Rehborn, Gesundheitsrecht, 2. Aufl., § 44 SGB V Rn. 20 m.w.N. zur Rspr. des BSG). Das Gesetz sieht in § 45 Abs. 1 SGB VII einen Anspruch auf Verletztengeld für „Versicherte“ vor und unterscheidet nicht nach der Art der Versicherung als Beschäftigte i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII oder Unternehmer i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a SGB VII. Insoweit ist nicht nachvollziehbar, welche anderen Grundsätze und warum maßgebend sein sollten, hierzu hat auch die Beklagte konkret nichts vorgetragen.
Der Kläger hat vor dem Arbeitsunfall am 03.05.2010 seine berufliche Tätigkeit als selbständiger Garten- und Landschaftsbauer in Vollzeit ausgeübt und war in seinem kleinen Betrieb (außer ihm noch bis zu drei Angestellte) auch mit allen anfallenden Arbeiten im Baustellenbetrieb beschäftigt, die schwere körperliche Arbeit erfordern (lediglich mit Einschränkungen bei schwerem Heben aufgrund einer Bandscheibenerkrankung). Daneben hat er die ebenfalls im Betrieb anfallenden körperlich weniger belastenden Tätigkeiten ausgeübt wie Baustellenbesichtigungen, Materialtransporte, Kundengespräche und Akquise sowie Bürotätigkeiten. Der Senat hat keinerlei Anlass, an diesen Angaben des Klägers zu zweifeln, die dieser insoweit konsistent im Rahmen des gesamten Verfahrens gemacht hat, die auch von der Beklagten nicht bestritten werden und die der Senat daher als glaubhaft zugrunde legt. Nachfolgend hat der Kläger seinen Betrieb in der Weise fortgeführt, wie es ihm gesundheitlich möglich war und dabei seine Tätigkeit sowohl zeitlich als auch hinsichtlich der körperlichen Belastungen immer mehr eingeschränkt. Bereits im Zwischenbericht vom 18.06.2013 führte F1 aus, er halte eine teilweise Beschäftigung mit maximal 4 bis 5 Stunden im angestammten Beruf („anschließend Schmerzen mit Schwellneigung, so dass er Arbeitsschuhe nicht anziehen könne“) und zusätzlich vorwiegend für administrative oder anleitende Tätigkeiten für realistisch; wegen der Schwellneigung am Unterschenkel erscheine ein Tragen der Arbeitsschuhe vollschichtig unmöglich. Insoweit ging er von „fiktiver Arbeitsfähigkeit“ ab 17.06.2013 aus (S. 908 f. VerwA), ebenso im D-Arztbericht vom 30.07.2014 (S. 1313 f. VerwA). Eine schmerzhafte Schwellung des linken Beines bei Belastung gab der Kläger auch im Rahmen der Untersuchung durch V1 im März 2014 an („Ich kann nicht 8 Stunden an einem Stück arbeiten. Ich muss mich zwischendurch hinlegen und das linke Bein hochlegen“, S. 1184 VerwA). Bei der Nachuntersuchung in der BGU am 19.07.2016 gab der Kläger schließlich an, nicht auf Gartenbaustellen arbeiten zu können, sondern nur Material anzuliefern und im Büro zu arbeiten (S. 2004 VerwA). Nach dem am 04.08.2017 erhobenen Tätigkeitsprofil war der Kläger zuletzt im Zeitraum von November 2014 bis Januar 2016 damit beschäftigt, ca. zwei Stunden Büroarbeit und eine Stunde Baustellenorganisation in seinem Betrieb zu verrichten (S. 2439 ff. VerwA). Soweit der Kläger moniert hat, die Angaben träfen so nicht zu, er habe schon gar nicht jeden Tag arbeiten können, spielt das vorliegend keine Rolle. Feststeht für den Senat, dass der Kläger bis Anfang 2016 seine Arbeitsleistung insgesamt in zeitlicher Hinsicht deutlich auf ca. drei Stunden täglich reduziert und auch die schwere körperliche Arbeit nicht mehr ausgeübt hat.
Daraus folgt indes nicht, dass der Kläger seine versicherte Tätigkeit als mitarbeitender Betriebsinhaber eines Garten- und Landschaftsbaubetriebs aufgegeben, sich gleichsam davon gelöst und eine andere Tätigkeit aufgenommen hätte, die nunmehr in Form einer Teilzeittätigkeit mit Büroarbeit in leitender Funktion als neuer Maßstab für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit heranzuziehen wäre (vgl. dazu LSG Nordrhein-Westfalen 27.10.2022, L 15 U 439/19, Rn. 34; LSG Sachsen-Anhalt 15.04.2010, L 10 KR 58/05, Rn. 32 ff.). Eine Teilarbeitsunfähigkeit gibt es, ebenso wie im Krankenversicherungsrecht, nicht (Schur in Hauck/Noftz, SGB VII, § 45 Rn. 6b, Stand April 2024; zum Krankenversicherungsrecht BSG 07.12.2004, B 1 KR 5/03 R, Rn. 27). Dies bedeutet, dass, wenn der Versicherte seine Tätigkeit lediglich in Teilbereichen oder nur für einige Stunden täglich ausüben kann, er deshalb nicht wieder arbeitsfähig ist, auch nicht teilweise. Entweder der Versicherte kann seine Tätigkeit in vollem Umfang weiter ausüben - dann ist er arbeitsfähig, oder aber er ist wegen Krankheit hierzu nicht in der Lage - dann ist er arbeitsunfähig (Sonnhoff/Pfeiffer in jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 44 Rn. 88, Stand 20.07.2022; Gerlach in Hauck/Noftz, a.a.O., § 44 Rn. 93). Vorliegend hat der Kläger infolge der auf dem Arbeitsunfall beruhenden gesundheitlichen Einschränkungen (zur Kausalität nachfolgend unter III.) seine Tätigkeit reduziert und umgestaltet, was sogar für eine fortbestehende Arbeitsunfähigkeit auch im Zeitraum 2014/2015 spricht (vgl. Schur a.a.O. Rn. 6a), jedenfalls aber nicht mit der Lösung vom Beruf und der Aufnahme einer neuen beruflichen Tätigkeit gleichgesetzt werden kann. Seine berufliche Tätigkeit als Inhaber eines Garten- und Landschaftsbaubetriebs hat der Kläger zu keinem Zeitpunkt aufgegeben, worauf sein Bevollmächtigter zutreffend hingewiesen hat. Vielmehr führt der Kläger den Betrieb als Inhaber bis heute. Dafür, dass der zum Unfallzeitpunkt erst 50-jährige Kläger aus anderen Gründen und unabhängig vom Arbeitsunfall am 03.05.2010 seine selbständige Tätigkeit in der Form umgestaltet hätte, dass er sich vollständig auf leitende oder verwaltende Aufgaben im Betrieb verlegt hätte, gibt es nicht die geringsten Anhaltspunkte. Auch bezüglich der von der Beklagten angeführten Implantation eines Herzschrittmachers im Juni 2014 ist angesichts der schon zuvor nachgewiesenen, erheblichen unfallbedingten Beeinträchtigungen nicht ersichtlich, dass sich der Kläger deswegen (zwar unfreiwillig, aber nicht unfallbedingt) von seiner bisherigen Tätigkeit gelöst hat. Vielmehr hat er lediglich versicherungsfallbedingt letztlich seine Tätigkeit umgestaltet und daher nicht den Versicherungsschutz bezogen auf die konkret versicherte Tätigkeit als Unternehmer verloren oder aufgegeben. Ist die versicherte Tätigkeit - wie hier - unfallbedingt dauerhaft nicht mehr möglich, stehen dem Unfallversicherungsträger durchaus Möglichkeiten zur Beendigung des Verletztengeldanspruchs zur Verfügung (§§ 48, 46 Abs. 3 SGB VII), die die Beklagte hier indes nicht genutzt hat (dazu später).
Nach alledem ist vorliegend als Bezug für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit des Klägers zum Zeitpunkt der erneuten Erkrankung im Jahr 2016 - unabhängig davon, ob diese durchgehend bereits ab 07.01.2016 oder erst ab 18.04.2016 eingetreten ist - wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 03.05.2010 auf die in Vollzeit ausgeübte Tätigkeit als Garten- und Landschaftsbauer mit auch schwerer körperlicher Arbeit abzustellen.
III. Eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit i.d.S. erfordert zum einen das Vorliegen eines Gesundheitsschadens sowie eines hierfür ursächlichen Unfallereignisses und zum anderen einen Kausalzusammenhang zwischen der durch den Unfall verursachten Gesundheitsstörung und einer eingetretenen Arbeitsunfähigkeit. Dabei setzt die Kausalität nach der im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung wie allgemein im Sozialrecht geltenden Theorie der wesentlichen Bedingung (hierzu und zum Nachfolgenden nur BSG 12.04.2005, B 2 U 27/04 R, Rn. 16) zunächst einen naturwissenschaftlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitsschaden respektive den Unfallfolgen voraus. Es ist daher in einem ersten Schritt zu klären, ob der Gesundheitsschaden bzw. die verbliebenen Unfallfolgen auch ohne das Unfallereignis eingetreten wären. Ist dies der Fall, war das Unfallereignis schon aus diesem Grund nicht ursächlich. Andernfalls ist in einem zweiten, wertenden Schritt zu prüfen, ob das versicherte Unfallereignis für den Gesundheitsschaden wesentlich war. Denn als im Sinne des Sozialrechts ursächlich und rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg an dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Kommen mehrere Ursachen, z.B. Krankheitsanlagen, in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (s. nur BSG 05.08.1993, 2 RU 34/92, Rn. 16 m.w.N.).
Nach ständiger Rechtsprechung müssen im Unfallversicherungsrecht die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung (Arbeitsunfall) und die als Unfallfolge geltend gemachte Gesundheitsstörung erwiesen sein, d.h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (s. nur BSG 06.05.2021, B 2 U 15/19 R, Rn. 20; 30.04.1985, 2 RU 43/84, Rn. 16, beide m.w.N.). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (BSG 06.05.2021, B 2 U 15/19 R, m.w.N., st. Rspr.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (BSG 06.09.2018, B 2 U 10/17 R, Rn. 13, m.w.N., st. Rspr.). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (BSG 20.12.2016, B 2 U 16/15 R, Rn. 23 m.w.N.).
Eine Arbeitsunfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls besteht zusammengefasst somit dann, wenn solche Gesundheitsstörungen, die wesentlich kausal auf den Versicherungsfall zurückzuführen sind, dazu führen, dass Arbeitsunfähigkeit besteht (vgl. Senatsurteil vom 23.04.2015, L 10 U 495/14, Rn. 35). Dies ist bezüglich der Arbeitsunfähigkeitszeiten der Fall, die auf der Schwellneigung des linken Unterschenkels mit Schmerzen und rezidivierenden Erysipelen beruhen. Als Primärschaden hat der Kläger bei dem Arbeitsunfall am 03.05.2010 eine Rippenfraktur erlitten, die wegen einer schmerzbedingten Immobilisation zu einer 3-Etagen-Beinvenenthrombose geführt hat, infolgedessen sich ein sekundäres Lymphödem mit zusätzlicher venöser Stauung (sog. Phlebo-Lymphödem) ausgebildet hat, weswegen es immer wieder zu Erysipelen kommt. Diese Gesundheitsschäden sind daher Unfallfolgen. Der Senat stützt sich insoweit auf die Gutachten von M1 vom 30.06.2014, K3 vom 09.03.2017, B1 vom 19.12.2018 und S3 vom 22.10.2019, die sämtlich im Wege des Urkundsbeweises verwertet werden. Soweit V1 aus unfallchirurgischer Sicht im Jahr 2014 Zweifel geäußert hatte, ob die Rippenfraktur wesentliche Bedingung für die Venenthrombose gewesen sei, sind diese Zweifel nachfolgend durch die gefäßchirurgischen Gutachten von M1 und K3 ausgeräumt worden. Ebenso ist durch diese Gutachten geklärt, dass der Grund für die fortbestehende Schwellneigung des linken Unterschenkels in der chronisch rezidivierenden Lymphabflussstörung bedingt durch rezidivierende Erysipele mit konsekutiver Vernarbung der das linke Bein drainierenden Lymphbahnen zu sehen ist. Dabei sind auch die rezidivierenden Erysipele als unfallbedingt im Sinne postthrombotischer Komplikationen zu sehen, wie im Anschluss an das Gutachten von K3 der Beratungsarzt K1 in seiner Stellungnahme vom 13.06.2017 ausdrücklich bestätigt hat, ebenso wie der Gutachter B1. Die zuletzt noch durch den Beratungsarzt O2 in der Stellungnahme vom 11.12.2018 geäußerten Bedenken hinsichtlich einer unfallbedingten Genese der Erysipele sind durch das von ihm angeregte dermatologische Gutachten von S3 geklärt. Nachfolgend hat ausdrücklich auch H1, BGU, die Erysipele als unfallbedingt angesehen (Untersuchungsbericht vom 17.12.2020, S. 3712 VerwA). Da zwischenzeitlich auch die Beklagte die Kausalität nach alledem nicht mehr in Zweifel zieht, sind weitere Ausführungen zu diesem Punkt entbehrlich.
Infolge der Schwellneigung des linken Unterschenkels mit rezidivierenden Erysipelen war der Kläger bezogen auf die maßgebende (auch körperlich schwere) Tätigkeit als Garten- und Landschaftsbauer im streitigen Zeitraum ab 15.10.2016 durchgehend arbeitsunfähig krank. Dies beruht auf der eingeschränkten Belastbarkeit des linken Beines mit eingeschränkter Geh- und Stehfähigkeit, was einer schweren körperlichen Arbeit auch nur stundenweise entgegensteht. Der Senat stützt sich insoweit auf das Gutachten des B1, der nachvollziehbar eine Belastbarkeit des Klägers für körperlich schwere Tätigkeiten ab April 2016 durchgehend ausgeschlossen hat sowie des S3, der dem Kläger ebenfalls nur noch eine zeitlich eingeschränkte Bürotätigkeit zugemutet hat. Eine Besserung ist nachfolgend zu keinem Zeitpunkt eingetreten, im Gegenteil, wie dem ASR-Abschlussbericht vom 23.02.2023 zu entnehmen ist (Gehstrecke in sechs Minuten 137 Meter mit Unterarmgehstützen, S. 4226 VerwA; nur für leichte Tätigkeiten kurzfristig am Schreibtisch einsatzfähig, S. 4228 VerwA). Im ASR-Eingangsbericht vom 03.02.2023 ist demensprechend auch festgehalten worden, dass der Kläger seit 2016 für den Beruf als Garten- und Landschaftsbauer nicht mehr arbeitsfähig ist (S. 4191 VerwA). Das Vorliegen von unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit im gesamten streitigen Zeitraum ab 15.10.2016 steht damit zur Überzeugung des Senats fest. Damit ist allerdings noch nicht geklärt, für welchen Zeitraum konkret die Beklagte Verletztengeld zu zahlen hat, dazu sogleich.
IV. Wie auch im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung (vgl. § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V sowie im Einzelnen die auf der Grundlage des § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 SGB V erlassene Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses - G-BA - über die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit und die Maßnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung - Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie) setzt die Annahme von Arbeitsunfähigkeit i.S.d. § 45 Abs. 1 Nr. 1 Var. 1 SGB VII zudem eine entsprechende ärztliche Feststellung voraus (§ 46 Abs. 1 SGB VII; Senatsurteil vom 26.01.2024, L 10 U 1638/20, n.v., unter Hinweis auf BSG 20.08.2019, B 2 U 7/18 R, Rn. 10; Westermann in jurisPK-SGB VII, 3. Aufl., § 45 Rn. 18, Stand 15.03.2022; Schur in Hauck/Noftz, a.a.O., § 46 Rn. 5; vgl. auch § 5 Satz 1 Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie). In Abweichung zum Recht der gesetzlichen Krankenversicherung hat diese Feststellung, wenn die Unfallverletzung über den Unfalltag hinaus zur Arbeitsunfähigkeit führt, grundsätzlich (sic!) durch einen D-Arzt zu erfolgen (sog. d-ärztliche Vorstellungspflicht; vgl. nur Schur, a.a.O. Rn. 5; im Einzelnen § 34 Abs. 1 Satz 2 und 3, Abs. 3 Satz 1 SGB VII i.V.m. §§ 26, 47 „Vertrag Ärzte/Unfallversicherungsträger“, Stand 01.07.2024). Auch wenn die (d-)ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung dabei weder den Unfallversicherungsträger, noch die Gerichte sachlich-inhaltlich bindet (s.o.), ändert dies nichts daran, dass nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes (s.o.) eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsfeststellung Voraussetzung für die Zahlung von Verletztengeld (ebenso wie von Krankengeld) ist.
In Ansehung dieser Maßstäbe war die Arbeitsunfähigkeit d-ärztlich durch F1 wegen unfallbedingter Erkrankungen (ICD-10 A46 [Erysipel], I80.3 [Thrombose, Phlebitis und Thrombophlebitis der unteren Extremitäten, nicht näher bezeichnet], I89.8 [sonstige näher bezeichnete nichtinfektiöse Krankheiten der Lymphgefäße und Lymphknoten]) in folgenden Zeiträumen festgestellt: 15.10.2016 bis 29.09.2017 (nachgehend bis 31.01.2018 hausärztlich bescheinigt wegen Pankreatitis und Niereninsuffizienz, S. 444 Senatsakte) und vom 23.02. bis 21.12.2018. Ab 21.12.2018 lag eine Erstbescheinigung vor wegen Meniskusriss und Verstauchung Knie, die Diagnose A46 ICD-10 wurde zunächst nicht mehr genannt, trat dann wieder hinzu (Folgebescheinigung vom 04.02.2019, danach durchgehend Folgebescheinigungen bis 03.05.2019, vgl. die Übersicht der Krankenkasse S. 442 Senatsakte). Mit Erstbescheinigung ab 03.05.2019 bestätigte F1 sodann wieder Arbeitsunfähigkeit mit der führenden Diagnose A46 ICD-10, dies seither durchgehend. Soweit sich aus der Verwaltungsakte Lücken ergeben (z.B. zwischen dem 29.09. und 09.10.2023 (S. 4395 und 4403 VerwA) hat die von der Krankenkasse des Klägers vorgelegte Übersicht durchgehend bescheinigte Arbeitsunfähigkeit bestätigt (vgl. S. 430 Senatsakte).
Unschädlich ist, dass wegen akut behandlungsbedürftiger unfallunabhängiger Erkrankungen bis 31.01.2018 die weitere Krankschreibung durch den Hausarzt erfolgte, denn die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit kann durch jeden Arzt erfolgen (vgl. BSG 24.02.1976, 5 RKn 26/75; Westermann in jurisPK-SGB VII, a.a.O. § 46 Rn. 16, Stand 07.05.2024; Feddern in BeckOGK SGB VII, § 46 Rn. 5, Stand 15.05.2024) und die weiteren Erkrankungen Pankreatitis und Niereninsuffizienz sind zu den fortbestehenden, unfallabhängigen Erkrankungen hinzugetreten, die weiterhin Arbeitsunfähigkeit und damit auch einen fortbestehenden Verletztengeldanspruch begründet haben (vgl. BSG 26.03.1980, 2 RU 105/79; Schur in Hauck/Noftz, a.a.O., § 45 Rn. 10). In der Zeit vom 26.01. bis 29.01.2018 wurde der Kläger wegen eines Erysipels stationär im Krankenhaus behandelt und „bis auf weiteres“ arbeitsunfähig entlassen, weshalb bis zur erneuten Krankschreibung durch F1 ab 23.02.2018 damit ununterbrochen Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt ist. Aus denselben Gründen wie oben genannt ist es unerheblich, dass F1 für die Zeit vom 27.04. bis 22.06.2018 als führend unfallunabhängige Diagnosen genannt hat (ICD-10 S42.00 [Fraktur der Klavikula] und M19.11 [posttraumatische Arthrose sonstiger Gelenke Schulterregion]), denn diese Erkrankungen sind ebenfalls zu den fortbestehenden, unfallabhängigen Erkrankungen hinzugetreten. Auch die ab 21.12.2018 führende Erkrankung Meniskusriss und Verstauchung Knie (wohl infolge des von der Beklagten erwähnten Arbeitsunfalls vom 15.12.2018) ist zur fortbestehenden unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit hinzugetreten. Der Kläger hatte schließlich auch unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf Arbeitseinkommen (§ 45 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 48 SGB VII), sodass er für die genannten Zeiträume dem Grunde nach Anspruch auf Verletztengeld hat.
Da der Kläger mithin (zumindest seit April 2016) durchgehend versicherungsfallbedingt arbeitsunfähig erkrankt ist (bei entsprechender ärztlicher Feststellung), greift die Regelung in § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 der Satzung der Beklagten (i.V.m. § 46 Abs. 2 SGB VII), wonach Verletztengeld erst mit dem Beginn der dritten Woche nach ärztlicher Feststellung der Arbeitsunfähigkeit gezahlt wird, im hier maßgebenden streitigen Zeitraum nicht ein. Denn die Karenzzeit greift nicht erneut bei tatsächlich durchgängig bestehender Arbeitsunfähigkeit, selbst wenn Unterbrechungen bei den Krankschreibungen vorliegen (vgl. zu ggf. unzumutbarer Erschwerung der Leistungsgewährung bei hauptberuflich selbständig Erwerbstätigem bei schwerer Grunderkrankung mit nicht zusammenhängenden Arbeitsunfähigkeitszeiten: BSG 28.03.2019, B 3 KR 15/17 R, Rn. 28; zum Krankentagegeld bei privater Krankenversicherung: kein erneutes Eingreifen der Karenzzeit bei Vorliegen desselben Versicherungsfalls und zwischenzeitlicher mehrmaliger Unterbrechung der Arbeitsunfähigkeit, Bundesgerichtshof - BGH - 09.05.2018, IV ZR 23/17, Rn. 24).
Beendigungsgründe im Sinne des § 46 Abs. 3 SGB VII (vorliegend i.V.m. § 48 SGB VII) liegen bis zur Senatsentscheidung nicht vor. Sämtliche Tatbestände in § 46 Abs. 3 Satz 2 SGB VII, und damit auch die Nr. 3, setzen voraus, dass mit dem Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit nicht zu rechnen ist, d.h. mit der Beendigung der infolge des Versicherungsfalls bzw. - hier - der Wiedererkrankung (§ 48 SGB VII) eingetretenen Arbeitsunfähigkeit zumindest für die nächsten 78 Wochen nicht zu rechnen sein darf (BSG 13.09.2005, B 2 U 4/04 R). Weiter darf zum Zeitpunkt der Entscheidung kein Anspruch auf LTA, die einen Anspruch auf Übergangsgeld auslösen, bestehen (BSG 13.09.2005, a.a.O.). Erst wenn dies der Fall ist, endet der Anspruch auf Verletztengeld mit Ablauf der 78. Woche seit Beginn der Arbeitsunfähigkeit bzw. zu dem festgestellten späteren Zeitpunkt, wobei das Ende des Verletztengeldanspruchs durch Verwaltungsakt festzustellen ist, weil es hierfür einer Prognoseentscheidung bedarf (BSG 30.10.2007, B 2 U 31/06 R und 13.09.2005, a.a.O.). Eine solche Entscheidung hat die Beklagte bislang jedoch nicht getroffen.
Weitere Ermittlungen sind nicht veranlasst. Der medizinische Sachverhalt ist angesichts der umfassenden Sachverhaltsaufklärung im Verwaltungsverfahren wie auch in den vorangegangenen Gerichtsverfahren geklärt. Die hier streitentscheidende Frage, welcher „Bezugsberuf“ für die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit maßgeblich ist, stellt eine rechtliche Frage dar, deren Beantwortung dem Senat obliegt.
Die Hilfsanträge des Klägers bedürfen keiner Bescheidung, da er mit seinem Hauptantrag Erfolg hat. Den Hilfsbeweisantrag der Beklagten lehnt der Senat ab. Die von der Beklagten gewollte Vernehmung von (noch vom Kläger zu benennenden) Zeugen zu Art und Umfang seiner Tätigkeit im Rahmen der Projekte mit Arbeitsunfällen in den Jahren 2012 und 2013, stellt einen unzulässigen Ausforschungsbeweis dar, denn die Beklagte hat schon nicht konkret dargelegt, was genau sie hiermit beweisen möchte (vgl. BSG 12.03.2020, B 3 KR 17/19 B). Sofern es ihr darum gehen sollte, eine körperliche Betätigung des Klägers auf den Baustellen zu beweisen, so kann dies als wahr unterstellt werden, denn auch der Senat geht - wie dargelegt - davon aus, dass der Kläger nach Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit am 30.07.2011 auf den Baustellen (zunächst) körperlich mitgearbeitet hat. Es besteht daher keine Entscheidungserheblichkeit. Es kann daher offenbleiben, ob der Kläger überhaupt verpflichtet wäre, die Namen und Anschriften seiner Kunden mitzuteilen, denn im Grundsatz besteht keine Verpflichtung, dem Prozessgegner das für seinen Verfahrenserfolg erforderliche Material zu verschaffen, über das er nicht schon verfügt (vgl. BGH 11.06.1990, II ZR 159/89). Im Übrigen - darauf wird hier nur am Rande hingewiesen - würde auch die tatsächliche Verrichtung einer Arbeit (ggf. auf Kosten der Gesundheit) ohnehin nicht per se dazu führen, dass Arbeitsunfähigkeit ausgeschlossen wäre (Senatsurteil vom 12.05.2022, L 10 U 1019/20, Rn. 55; Schur in Hauck/Noftz, a.a.O., § 45 Rn. 6a m.w.N. auch zur Rspr. des BSG).
Abschließend merkt der Senat im Hinblick auf das Beklagtenvorbringen ferner noch an, dass auch der Umstand, dass der Kläger wegen der Folgen des Unfalls vom 03.05.2010 von ihr eine Verletzten(stütz)rente bezieht, dem erhobenen Anspruch auf (Weiter-)Zahlung von Verletztengeld über den 14.10.2016 hinaus nicht entgegensteht. Zum einen beruht die Rentengewährung auf unbestimmte Zeit auf der bestandskräftigen Rentenbewilligung, zum anderen steht einer Gewährung von Verletztengeld bei Wiedererkrankung ohnehin nicht entgegen, dass wegen des nämlichen Versicherungsfalls Rente bezogen wird (statt vieler nur Schur a.a.O., § 48 Rn. 5, Stand Juni 2024; Feddern in BeckOGK SGB VII, a.a.O., § 48 Rn. 5 m.w.N., Stand 15.05.2024; Westermann in jurisPK-SGB VII, a.a.O., § 48 Rn. 22; Stand 15.01.2022; vgl. im Übrigen auch § 74 Abs. 2 SGB VII).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor. Der Senat sieht keine grundsätzliche Bedeutung der Angelegenheit i.S.v. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG, da sich die Frage des maßgeblichen Bezugsberufs für die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit anhand der vorliegenden höchstrichterliche Rechtsprechung insbesondere zum Krankengeld, wie oben zitiert und vom Senat dem folgend seiner Entscheidung zugrunde gelegt, beantworten lässt. Dass der Begriff der Arbeitsunfähigkeit in der gesetzlichen Unfallversicherung dem in der gesetzlichen Krankenversicherung entspricht, ist seit langem geklärt (BSG 30.10.2007, B 2 U 31/06 R).