1. Ein Versicherter hat keinen Kostenerstattungsanspruch für Haarersatz nach Inanspruchnahme eines nicht zugelassenen Leistungserbringers.
2. Ein Leistungserbringer kann bei fehlender Zulassung zur Versorgung die Teilnahme am Versorgungssystem der GKV nicht über den Umweg eines Kostenerstattungsverfahrens des Versicherten gegen seine Krankenkasse erwirken.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 19. Januar 2021 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist ein Kostenerstattungsanspruch für Haarersatz.
Die Beklagte – vertreten durch den Verband der Ersatzkassen (vdek) – sowie weitere Ersatzkassen und der Bundesverband der Zweithaarspezialisten e.V. (BVZ) schlossen am 1. August 2014 (in Anwendung von § 127 Abs 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – SGB V) einen „Vertrag über die Versorgung der Ersatzkassenversicherten mit Haarersatz“, die durch Mitgliedsbetriebe des BVZ (§ 1 Abs 1 Satz 1, Abs 3, § 2 Abs 2 Vertrag) zu den vereinbarten Vertragspreisen (§ 4 Abs 4 Vertrag, § 3 Anhang 1 zum Vertrag vom 28. März 2017 - Preisvereinbarung) versorgt werden. Der vereinbarte (maximale) Vertragspreis für die Versorgung mit Haarersatz aus Echthaar betrug 769 Euro netto bzw 934,15 Euro brutto. Der BVZ kündigte den Anhang 1 des Vertrages vom 28. März 2017 mit Wirkung zum 31. Juli 2019 (Schreiben vom 15. April 2019). Der vdek kündigte gegenüber dem Mitglied des BVZ und als Leistungserbringerin aufgetretenen E_____ GmbH den Versorgungsvertrag mit Wirkung zum 30. September 2019 wegen Vertragsverstößen (§ 8 des Vertrages).
Der bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherten Klägerin wurde bei diagnostizierter Androgenetischer Alopezie Haarersatz verordnet (Dermatologische Praxis Dr. M_____ ua vom 1. November 2019). Unter Vorlage dieser Verordnung und mit der Erklärung der Klägerin vom 4. November 2019, aufgrund eines dringenden Bedarfs zur zeitnahen Versorgung „anstelle der Sachleistung die Kostenerstattung zu wählen“ beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Versorgung. Diese teilte der Klägerin am 6. November 2019 mit, dass eine Wahl der Kostenerstattung anstelle der Sachleistung nur für ein bestimmtes Hilfsmittel nicht möglich und die E_____ GmbH kein Vertragspartner mehr sei (Gesprächsvermerk und schriftliche Mitteilung mit Liste zugelassener Leistungserbringer vom 6. November 2019). Nach Versorgung durch die E_____ GmbH und Vorlage der Rechnung vom 6. Dezember 2019 iHv 934,15 Euro beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Erstattung dieser Kosten (Schreiben vom 6. Dezember 2019). Diesen Antrag lehnte die Beklagte ab (Bescheid vom 10. Dezember 2019) und den Widerspruch der Klägerin wies sie zurück (Widerspruchsbescheid vom 4. März 2020).
Ihre dagegen am 23. März 2020 beim Sozialgericht (SG) Kiel eingegangene Klage hat das SG Kiel mit Urteil vom 19. Januar 2021 abgewiesen, da die Klägerin einen nicht zugelassenen Leistungserbringer in Anspruch genommen habe.
Ihre gegen das am 1. März 2021 zugestellte Urteil am 31. März 2021 eingegangene Berufung begründet die Klägerin damit, dass der Hilfsmittellieferant E_____ GmbH immer noch zertifiziert und Mitglied des BVZ sei und der – unberechtigten und daher unwirksamen – Kündigung widersprochen habe. Ferner sei eine Versorgung mit Haarersatz aus Echthaar zum Vertragspreis nicht möglich.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,
das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 19. Januar 2021 und den Bescheid der Beklagten vom 10. Dezember 2019 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 4. März 2020 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr Kosten in Höhe von 924,15 Euro für die Versorgung mit Zweithaar zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung bekräftigt sie ihre bisherige Argumentation.
Ein Nachweis über die Zahlung des Betrages aus der Rechnung vom 6. Dezember 2019 und die Aushändigung des Hilfsmittels Haarersatz an die Klägerin wurde trotz Anforderung vom 21. März 2024 und Aufforderung nach § 106a Sozialgerichtsgesetz (SGG) vom 24. April 2024 nicht zur Akte gereicht.
Dem Senat haben die Verwaltungsvorgänge des Senats und die Gerichtsakten vorgelegen. Für die weiteren Einzelheiten wird auf die aktenkundigen Unterlagen und Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 Abs 1 SGG) eingegangen, jedoch unbegründet.
Auf den Terminsverlegungsantrag der Klägerin vom 27. Mai 2024 hin wurde formlos (zur Zulässigkeit dieses Vorgehens siehe BSG, Beschluss vom 10. April 2024 – B 11 AL 42/23 B – juris Rn 8) am 27. Mai 2024 reagiert und auf die Anforderungen der Rechtsprechung des BSG an die Glaubhaftmachung bei kurzfristig gestellten Anträgen auf Terminsverlegung hingewiesen. Daraufhin wurde insbesondere kein ärztliches Attest über die Verhandlungsunfähigkeit des Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 28. Mai 2024 vorgelegt. Daher konnte das Gericht entscheiden. Das Gericht hat insbesondere für seine Entscheidung keine Unterlagen herangezogen, die der Klägerin nicht bekannt waren. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG) liegt daher nicht vor.
1. Streitgegenstand ist der Bescheid der Beklagten vom 10. Dezember 2019 idF des Widerspruchsbescheides vom 4. März 2020, mit dem die Beklagte die Erstattung der Kosten für die in der Rechnung vom 6. Dezember 2019 genannte Versorgung mit Haarersatz ablehnte. Der Senat legt demzufolge seiner Entscheidung die Antragstellung aus der Klageschrift vom 23. März 2020 in Kombination mit dem Antrag in der Berufungsschrift vom 31. März 2021 zugrunde. Der Bescheid der Beklagten vom 10. Dezember 2019 idF des Widerspruchsbescheides vom 4. März 2020 ist aber rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat weder auf der Grundlage von § 13 Abs 2 SGB V (Wahl der Kostenerstattung anstelle der Sach- oder Dienstleistung) <dazu 2.> noch nach § 13 Abs 3 SGB V (Kostenerstattung nach rechtswidriger Leistungsablehnung oder bei Unaufschiebbarkeit) <dazu 3.> einen Anspruch auf Erstattung von Kosten für die Beschaffung von Haarersatz im Dezember 2019 in Höhe der geltend gemachten 934,15 Euro.
2. Die Klägerin kann – entgegen ihrer Antragstellung vom 4. November 2019 – einen Anspruch nicht auf § 13 Abs 2 SGB V stützen.
a) Danach können Versicherte anstelle der Sach- oder Dienstleistung Kostenerstattung wählen (Satz 1), worüber die Versicherten ihre Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leistung in Kenntnis zu setzen haben (Satz 2). Eine Einschränkung der Wahl auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich (Satz 4). Nicht im Vierten Kapitel genannte Leistungserbringer dürfen nur nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse in Anspruch genommen werden (Satz 5), wobei eine Zustimmung erteilt werden kann, wenn medizinische oder soziale Gründe eine Inanspruchnahme dieser Leistungserbringer rechtfertigen und eine zumindest gleichwertige Versorgung gewährleistet ist (Satz 6). Der Leistungserbringer hat die Versicherten vor Inanspruchnahme der Leistung darüber zu informieren, dass Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden, von dem Versicherten zu tragen sind (Satz 3).
b) Die Wahl der Kostenerstattung anstelle der Sach- und Dienstleistungen (§ 13 Abs 2 Satz 1 SGB V) eröffnet den Versicherten indes keinen anderen Leistungskatalog als er ihnen im Naturalleistungssystem zur Verfügung steht. Auch der gewillkürte Kostenerstattungsanspruch setzt vielmehr voraus, dass die selbstbeschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (stRspr BSG, Urteil vom 8. September 2009 – B 1 KR 1/09 R – juris Rn 12; BSG, Urteil vom 25. September 2000 – B 1 KR 24/99 R – juris Rn 11). Die Versorgung mit Haarersatz gehört für kahlköpfige weibliche Versicherte dem Grunde nach – zwischen den Beteiligten zu Recht unstreitig – zu den von den Krankenkassen zu tragenden Leistungen eines Hilfsmittels des mittelbaren Behinderungsausgleichs iSv § 33 Abs 1 SGB V (vgl Schleswig-Holsteinisches Landessozialgericht, Urteil vom 9. November 2021 - L 10 KR 92/18 – juris Rn 28 sowie Urteil vom 9. November 2021 – L 10 KR 122/17 – juris Rn 39, jeweils mwN), so dass auch die Versorgung mit Haarersatz als Hilfsmittel grundsätzlich über § 13 Abs 2 SGB V erfolgen kann.
c) Allerdings konnte die Klägerin die am 4. November 2019 unterschriebene Wahl so nicht treffen. Denn es ist nicht möglich, dass ein Versicherter die Wahl der Kostenerstattung anstelle der Sach- und Dienstleistung nach § 13 Abs 2 SGB V singulär für ein einzelnes konkret benötigtes Hilfsmittel trifft, auch wenn er die Krankenkasse über diese singuläre Wahl vor der tatsächlichen Beschaffung informiert. Eine Einschränkung der Wahl ist nach dem eindeutigen Wortlaut von § 13 Abs 2 Satz 4 SGB V nur für die dort genannten Bereiche möglich. Die Wahl der Kostenerstattung kann danach für alle oder einen der genannten Leistungsbereiche „ärztliche Versorgung“, „zahnärztliche Versorgung“, „stationärer Bereich“ oder „veranlasste Leistungen“ getroffen werden und erstreckt sich dann auf sämtliche Leistungen des Bereichs, kann jedoch nicht auf bestimmte Leistungen aus einem der Bereiche beschränkt werden <so ausdrücklich in BT-Drs 15/1225 Seite 80 zu Art 1 Nr 4 Zu Buchstabe a) Zu Doppelbuchstabe aa); Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 15. Dezember 2022 – L 16 KR 742/21 – juris Rn 33>. Dabei sind „veranlasste Leistungen“ von einem Arzt verordnete Arznei-, Heil- und Hilfsmittel (vgl § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB V). Ein Versicherter kann sich daher nur dafür entscheiden, für sämtliche ihm verordneten „Arznei-, Heil- und Hilfsmittel“ das Kostenerstattungsverfahren zu wählen. Eine solche bereichsbezogene Entscheidung traf die Klägerin aber nicht.
d) Ferner steht einem Kostenerstattungsanspruch der Klägerin nach § 13 Abs 2 SGB V auch die konkrete Auswahl des Leistungserbringers E_____ GmbH entgegen. Mit der Wahl der Kostenerstattung anstelle der Sach- oder Dienstleistung nach § 13 Abs 2 SGB V ist nicht die Möglichkeit verbunden, einen beliebigen Leistungserbringer in Anspruch zu nehmen. Auch bei dieser getroffenen Wahl können regelhaft nur zugelassene oder ermächtigte Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, wobei das Gesetz in § 13 Abs 2 Satz 5 SGB V die Ausnahme einräumt, nach vorheriger Zustimmung der Krankenkasse einen nicht zugelassenen Leistungserbringer in Anspruch nehmen zu können <vgl BT-Drs 15/1225 Seite 80 zu Art 1 Nr 4 (§ 13) Zu Buchstabe a) Zu Doppelbuchstabe aa); Helbig in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl, § 13 SGB V (Stand: 19. März 2024), Rn 40 mwN; vgl zum Grundsatz der Wahl eines zugelassenen Leistungserbringers BSG, Urteil vom 23. Januar 2003 – B 3 KR 7/02 R – juris Rn 29; BSG, Urteil vom 25. November 2015 – B 3 KR 16/15 R – juris Rn 28>. Der Leistungserbringer E_____ GmbH war jedoch im Zeitpunkt der Versorgung am 6. Dezember 2019 kein zugelassener Leistungserbringer mehr, da der vdek den Versorgungsvertrag zur Versorgung der Ersatzkassenversicherten mit Haarersatz ihr gegenüber mit Wirkung zum 30. September 2019 gekündigt hatte. Eine vorherige Zustimmung iSv § 13 Abs 2 Satz 5 SGB V, diesen Leistungserbringer gleichwohl in Anspruch zu nehmen, erteilte die Beklagte nicht. Sie wies die Klägerin vielmehr am 6. November 2019 darauf hin, dass die E_____ GmbH nicht in Anspruch genommen werden könne und überließ ihr eine Liste zugelassener Leistungserbringer.
e) Schließlich kann die Klägerin in diesem Verfahren auch nicht geltend machen, dem Leistungserbringer E_____ GmbH sei unwirksam gekündigt worden, so dass sie – entgegen der Annahme der Beklagten und des SG Kiel – am 6. Dezember 2019 einen zugelassenen Leistungserbringer in Anspruch genommen habe. Die Wirksamkeit der Kündigung des Versorgungsvertrags gegenüber einem Leistungserbringer hat der Leistungserbringer selbst mit einer Feststellungsklage – gerichtet auf die Feststellung des (Fort-)bestehens des Rechtsverhältnisses der Zulassung – gerichtlich zu klären (vgl Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 26. Januar 2022 – L 1 KR 650/17 – juris Rn 51 mwN; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 8. Dezember 2009 – L 11 KR 5031/09 ER B – juris Rn 25) und ggfs im Anschluss die Kostentragung einer Versorgung während des Schwebezustands später mit der Krankenkasse zu regeln.
f) Einzelfallumstände, die die Inanspruchnahme des Anbieters E_____ GmbH rechtfertigen könnten, zB Wohnortnähe <vgl BT-Drs 15/1225 Seite 80 zu Art 1 Nr 4 Zu Buchstabe a) Zu Doppelbuchstabe aa)> oder eine besondere Expertise für die Versorgung spezifischer Einzelfallumstände in der Person der Versicherten – hier der Klägerin –, wurden weder vorgetragen noch sind sie nach Aktenlage erkennbar, so dass keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Beklagte am 6. November 2019 fehlerhaft eine Entscheidung nach § 13 Abs 2 Sätze 5 und 6 SGB V zu Gunsten der Klägerin unterlassen hat.
3. Ein Kostenerstattungsanspruch der Klägerin kann auch nicht auf § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V gestützt werden. Konnte eine Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind danach diese Kosten von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Unabhängig davon, ob für das Vorliegen einer vor der Beschaffung rechtswidrigen Leistungsablehnung auf eine Entscheidung der Beklagten vom 6. November 2019 oder 10. Dezember 2019 abgestellt wird, scheidet diese Anspruchsgrundlage in diesem Fall aus.
Denn ein Freistellungs- und Kostenerstattungsanspruch des Versicherten aus § 13 Abs 3 Satz 1 Fall 1 und 2 SGB V ist bereits dann ausgeschlossen, wenn der Leistungserbringer versucht, Unsicherheit über den eigenen Zulassungsstatus durch eine Honorarvereinbarung auf den Versicherten abzuwälzen. Das gilt erst recht, wenn ein Leistungserbringer es unternimmt, seine fehlende Kassenzulassung oder Berechtigung zur Leistungserbringung dadurch zu unterlaufen, dass er Versicherte sehenden Auges in Kostenerstattungsverfahren nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V treibt, um die – vom System an anderer Stelle angebotenen Leistungen – selbst zu Lasten der Krankenkassen erbringen zu können. Kostenerstattung kann in diesen Fällen schon deshalb nicht verlangt werden, weil eine Honorarforderung des Leistungserbringers nicht entsteht, getroffene Entgeltabreden vielmehr regelmäßig nichtig sind. Denn eine Vertragsgestaltung, die die Unsicherheit des Leistungserbringers hinsichtlich seines Rechtsstatus dem Versicherten anlasten will, der eine Kassenleistung außerhalb des Kostenerstattungsverfahrens nach § 13 Abs 2 oder 4 SGB V beansprucht, ist als Abweichung vom Prinzip kostenfreier Dienst- und Sach- (= Natural-)
leistung regelmäßig gemäß § 32 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) nichtig. Die Nichtigkeit der Honorarvereinbarung erfasst regelmäßig nicht den restlichen Behandlungsvertrag. An Stelle von Honoraransprüchen kommen in solchen Situationen nach der Rechtsprechung des BSG auch keine gesetzlichen Ansprüche – insbesondere auf Aufwendungsersatz aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 670, 683 BGB) oder aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 BGB) – gegen den Versicherten in Betracht. Das würde ebenfalls die gesetzliche Regelung des Naturalleistungsprinzips unterlaufen. An eine Ausnahme hiervon (eine wirksame Honorarvereinbarung) ist allenfalls zu denken, wenn ein Versicherter vollständig über die Risiken aufgeklärt ist und in dem Bewusstsein den Vertrag eingeht, dass er eine entsprechende Leistung gleicher Qualität ohne eigene Kosten bei einem zugelassenen Behandler in Anspruch nehmen könnte. In diesem Fall nimmt der Versicherte – sehenden Auges – einen Leistungserbringer mit zweifelhaftem Zulassungsstatus in Anspruch, bei dem es deshalb nahe liegt, dass er die Leistung selbst bezahlen muss, ohne die Kosten dafür erstattet zu erhalten. In einem solchen Fall schafft die Unklarheit über den Zulassungsstatus des Leistungserbringers keine Systemlücke, die mit Hilfe des § 13 Abs 3 SGB V zu schließen ist: Besteht eine Zulassung, darf vom Patienten kein Honorar gefordert werden. Fehlt sie, hat nicht das System versagt, sondern der Versicherte hat sich gezielt eines außerhalb des Systems stehenden Leistungserbringers bedient. Er ist dann aber auch nicht schutzwürdig (zu Vorstehendem BSG, Urteil vom 2. November 2007 – B 1 KR 14/07 R – juris Rn 16 bis 18 mwN).
Da der „Vertrag über die Versorgung der Ersatzkassenversicherten mit Haarersatz“ seitens des vdek lediglich gegenüber dem Leistungserbringer E_____ GmbH, nicht jedoch gegenüber dem BVZ gekündigt wurde, standen der Versicherten – wie von der Beklagten am 6. November 2019 mitgeteilt – über ihre Mitgliedschaft im BVZ zugelassene Leistungserbringer für die Versorgung mit dem Hilfsmittel Haarersatz zur Verfügung. Auf deren Zulassung hatte die Kündigung nur der Preisvereinbarung seitens des BVZ gegenüber dem vdek zum 30. Juni 2019 keine Auswirkung. Daher gab es im November und Dezember 2019 zugelassene Leistungserbringer, die die Klägerin hätte in Anspruch nehmen können.
Nach alledem konnte die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Kiel keinen Erfolg haben.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG und orientiert sich am Ausgang des Verfahrens.
5. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs 2 SGG) liegen nicht vor. Der Senat weicht nicht von der Rechtsprechung des BSG ab. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung, die für dieses Verfahren streitentscheidend sind, liegen nicht vor.