Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 14.09.2022 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist die Verbeitragung einer Kapitalleistung.
Die 1959 geborene Klägerin ist bei der Beklagten Ziffer 1 gesetzlich krankenversichert sowie bei der Beklagten Ziffer 2 pflegeversichert. Bis zum 31.07.2018 war sie bei der H1 (im Folgenden Arbeitgeberin) beschäftigt und bezieht seit dem 01.08.2019 auf Basis eines arbeitgeberfinanzierten h1-Pensionsplans/Basisversorgungsplans von ihrer Arbeitgeberin eine monatliche Rente in Höhe von 1.294,23 €, auf die im Zahlstellenverfahren Beiträge an die Beklagten (unter Berücksichtigung des Freibetrages) abgeführt werden. Daneben bezog sie zunächst Arbeitslosengeld I bis zum 14.04.2021 (in Höhe von 3.750 €, vgl. Bl. 67 Verwaltungsakte, vgl. auch Bl. 96 Senatsakte) und steht seit dem 15.04.2021 in einem Beschäftigungsverhältnis mit einem Bruttolohn von (zunächst) 500 € (Bl. 41 Verwaltungsakte, Bl. 60 SG-Akte) und nunmehr 530 € (Bl. 45 SG-Akte).
Zusätzlich zu dem arbeitgeberfinanzierten h1-Pensionsplan bot die Arbeitgeberin ihren Arbeitnehmern die Teilnahme an einem h1-Zusatzversorgungsplan an (ZVP, vgl. hierzu ausführlich Bl. 21 ff. SG-Akte). Die Arbeitnehmer konnten im Zuge dieses Programms zur Schließung von Versorgungslücken einen von ihnen zu bestimmenden (und jederzeit wieder änderbaren) Betrag ihres Arbeitsentgelts im Rahmen der Entgeltumwandlung auf das Versorgungskonto einzahlen. Das eingezahlte Arbeitsentgelt wurde verzinst. Ab dem Jahr 2003 nahm die Klägerin an diesem Programm teil, die letzte Einzahlung erfolgte im Mai 2018 (vgl. Bl. 86 Verwaltungsakte). Nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses zahlte die Klägerin nicht mehr ein.
In dem Schreiben der Arbeitgeberin bezüglich des Zusatzversorgungsplans heißt es unter anderem:
„1. Einleitung
Mit dem Zusatzversorgungsplan wurde 1984 eine neue Art von Sozialleistung geschaffen. Der Plan ist eine Leistung, die nicht wie sonst üblich ausschließlich vom Arbeitgeber getragen wird, sondern - dem H1-Stil entsprechend - ein gemeinsames Bemühen von Mitarbeitern und Firma ist: (…) Dieser Plan soll auch ein Beitrag zur individuellen Planung der Lebensarbeitszeit sein. Sie haben jetzt die Möglichkeit, sich während ihrer aktiven H1-Zeit zusätzliche Versorgungsansprüche aufzubauen. Falls Sie z.B. vorzeitig in Pension gehen möchten, können Sie sich damit besser absichern und eine evtl. Lücke in Ihrer Versorgung schließen. Weiter sichert der Plan Sie im Falle von Invalidität ab und gewährt im Todesfall eine Versorgung für die Hinterbliebenen.
3. 3. Versorgungszusage
In der Regel erhalten die Teilnehmer zweimal im Jahr eine Versorgungszusage des Unternehmens, in der die jeweilige Leistungshöhe angegeben wird. Die Versorgungszusage ist entsprechend versicherungsmathematischen Grundsätzen auf den 63. Geburtstag berechnet. Für die Berechnung des Teilwerts der Pensionsverpflichtung wird der gesetzlich vorgeschriebene Rechnungszinsfuß von 6% angewandt. Zudem erhalten die Teilnehmer eine Übersichtstabelle, aus der die Leistungen der vorgezogenen Altersversorgung im jeweiligen Alter ersichtlich sind. (…)
4. Leistungsarten und Auszahlung
Der Plan sieht ein Altersruhegeld ab 63 Jahren, eine vorgezogene Altersversorgung, eine Invalidenversorgung und eine Hinterbliebenenversorgung vor. Diese Leistungen schließen sich gegenseitig aus, d.h. nur eine kann in Anspruch genommen werden. (…)
Auszahlungen: Das Versorgungskapital wird im Leistungsfall in 6 gleichen Jahresraten ausgezahlt, wobei Steuern und SV-Abgaben (Krankenversicherung und Pflegeversicherung) anfallen. Die Raten erhöhen sich jeweils um die Verzinsung des Gesamt- bzw. verbleibenden Restkapitals, die nach dem Ausscheiden beginnt. Zahlungstermine für die Raten sind entweder der 31. Mai oder der 30. November.“
Am 31.05.2020 erhielt die Klägerin (mit 60 Jahren) entsprechend dem Auszahlungsplan des ZVP-Versorgungskapitals (vgl. Bl. 20 SG-Akte) die erste Rate in Höhe von 53.401,00 €, weitere Raten folgten am 31.05.2021 (53.401,00 €), 31.05.2022 (50.936,00 €) und am 31.05.2023 (48.471,00 €) bzw. sind am 31.05.2024 (46.007,00 €) und am 31.05.2025 (43.542,00 €) zu erwarten. Insgesamt beträgt die Kapitalsumme 293.495,00 €.
Nachdem die Arbeitgeberin ihr die Kapitalleistung als Versorgungsbezug gemeldet hatte, teilte die Beklagte Ziffer 1 mit Bescheid vom 29.06.2020 (Bl. 111 Verwaltungsakte) - auch im Namen der Pflegekasse (Beklagte Ziffer 2) - der Klägerin mit, die von ihr bezogene Kapitalleistung in Höhe von 293.495,00 € unterfalle der Beitragspflicht der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Durch 120 geteilt ergebe sich ein beitragspflichtiger monatlicher Betrag in Höhe von 2.445,79 €. Die Beitragspflicht beginne am 01.06.2020 und ende voraussichtlich am 31.05.2030. Aufgrund des Überschreitens der Beitragsbemessungsgrenze (damals noch Arbeitslosengeld zzgl. der Betriebsrente aus dem h1-Pensionsplan) seien derzeit keine Beiträge aus der Kapitalleistung fällig. Mit gesonderten Bescheid vom 29.06.2020 setzten die Beklagten die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ab 01.08.2019 wegen der Überschreitung der Beitragsbemessungsgrenze auf 0,00 € fest.
Die Klägerin erhob mit Schreiben vom 15.07.2020 Widerspruch gegen den Bescheid vom 29.06.2020 über die Feststellung der Beitragspflicht. Die Einmalzahlungen unterschieden sich in keiner Weise von Einmalzahlungen einer privaten Kapitallebensversicherung, so dass ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) vorliege. Des Weiteren habe sie die Beiträge für die Versicherungen aus ihrem Arbeitsentgelt bezahlt und hieraus bereits Beiträge zur Sozialversicherung geleistet. Hätte sie sich diese Vergütung (u.a. variable Vergütung, Urlaubs- und Weihnachtsgeld) auszahlen lassen, hätte sie aufgrund ihres Verdienstes hierauf keine Sozialabgaben leisten müssen. Auch unter diesem Gesichtspunkt sei eine Verbeitragung nicht gerechtfertigt.
Diesen Widerspruch wies die Beklagte - wiederum zugleich im Namen der Pflegekasse - mit Widerspruchsbescheid vom 17.12.2020 (Bl. 96 Verwaltungsakte) mit der Begründung zurück, Versorgungsbezüge wie die von der Arbeitgeberin der Klägerin ausgezahlte Kapitaleinmalzahlung gölten als mit einer Rente vergleichbare Einnahmen und unterlägen deshalb der Beitragspflicht. Seit dem 01.01.2014 seien Einmalzahlungen wie die zum Zwecke der Altersversorgung an die Klägerin ausgezahlte Kapitaleinmalleistung der Beitragspflicht der Kranken- und Pflegeversicherung unterworfen. Die Beitragspflicht sei dem Grunde nach festzustellen.
Hiergegen hat die Klägerin am 15.01.2021 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und die Feststellung begehrt, dass die Einmalzahlung nicht der Beitragspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung unterliege. Bei dem Zusatzversorgungsplan handele es sich um eine zusätzlich zum Pensionsplan der Arbeitgeberin geschaffene mögliche Absicherung für die Mitarbeiter und um eine rein arbeitnehmerfinanzierte Eigenvorsorge. Der Zusatzversorgungsplan sei nicht als Direktversicherung ausgestaltet, sondern als direkte Pensionszusage (defined benefit plan). Diese komme einer Kapitallebensversicherung gleich, da sie ausschließlich durch Arbeitnehmerbeiträge finanziert werde sowie mit sechs Prozent garantiertem Zins verzinst werde. Erfolge dennoch eine Verbeitragung, liege ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor. Des Weiteren beruhe die Gesamtheit der eingezahlten Beträge auf Leistungen der Klägerin (insgesamt 155.782,11 € Einzahlungen). Aufgrund des hohen Einkommens der Klägerin seien diese Beiträge sozialversicherungsfrei gewesen. Daher bestehe kein Unterschied zu einer normalen Einzahlung in eine Lebensversicherung. Die Klägerin habe auch im Vertrauen auf die Verwendung der gesamten Kapitalleistung ihren Lebensstandard eingerichtet und sei vorzeitig zur Pflege ihrer Mutter aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden. Auch aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes sei daher eine Verbeitragung der jetzt ausgezahlten Kapitalleistung nicht gerechtfertigt.
Die Beklagte hat im Wesentlichen auf die bereits im Widerspruchsbescheid dargelegten Gründe sowie die Rechtsprechung verwiesen und ergänzend vorgetragen, sie habe auf die Angaben der Versorgungskassen oder die vertragsrechtliche Gestaltung zwischen den Unternehmen und ihren Versorgungsbeziehern keinen Einfluss. Die Arbeitgeberin habe die Kapitaleinmalzahlung als Versorgungsbezug gemeldet.
Mit Bescheid vom 20.10.2021 (Bl. 71 SG-Akte) hat die Beklagte Ziffer 1 - auch im Namen der Beklagten Ziffer 2 - die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung für den Zeitraum ab Januar 2020 auf 458,59 € festgesetzt. Außerdem erging am 27.12.2021 ein weiterer Beitragsbescheid, worin sich die Beiträge wegen der Erhöhung des Zusatzbeitrags zur Krankenversicherung sowie des Beitragssatzes zur Pflegeversicherung auf monatlich 463,49 € ab dem 01.01.2022 erhöhten (Bl. 81 SG-Akte). Auf die hier streitige Kapitalleistung in Höhe von umgerechnet 2.445,79 € monatlich wurden ab dem 15.04.2021 Beiträge erhoben (vgl. Bl. 96 Senatsakte).
Mit Gerichtsbescheid vom 14.09.2022 hat das SG die Klage abgewiesen. Soweit die Klägerin eine Feststellungsklage erhoben habe, sei diese bereits wegen Subsidiarität unzulässig. Im Übrigen sei die Klage unbegründet, da eine Verbeitragung der Kapitalleistung zu Recht erfolgt sei. Es handele sich hierbei jedenfalls - unabhängig von der konkreten Einordnung des Zusatzversorgungsplans der Arbeitgeberin der Klägerin - um eine betrieblich bedingte Altersvorsorge. Seitens der früheren Arbeitgeberin der Klägerin sei die Möglichkeit einer zusätzlichen Absicherung eröffnet worden. Die Leistung diene der Absicherung im Alter und stehe in direkter Verbindung mit der Beschäftigung der Klägerin. Insbesondere ergebe sich der Zweck der Absicherung im Alter aus den Unterlagen der Arbeitgeberin der Klägerin. Darin werde aufgezeigt, dass durch die zusätzliche Leistung eine Versorgungslücke im Alter geschlossen werden solle und somit der Erhalt des Lebensstandards. Die Arbeitgeberin habe die Möglichkeit eröffnet, auf bestimmte Gehaltsbestandteile zu verzichten und dadurch eine Versorgungszusage zu erhalten. Die Versorgungszusage sei - laut dem Plan - auf den 63. Geburtstag berechnet und sehe ein Altersruhegeld ab 63 Jahren, eine vorgezogene Altersversorgung, eine Invalidenversorgung sowie eine Hinterbliebenenversorgung vor (welche sich gegenseitig ausschlössen). Dementsprechend sei Zweck der Absicherung nicht die Absicherung eines eventuellen Arbeitsplatzverlustes, sondern die Sicherung des Lebensstandards im Alter (oder gegebenenfalls bei Erwerbsminderung). Dem stünden auch die Finanzierungsmodalitäten nicht entgegen, insbesondere die Umwandlung des der Klägerin zustehenden Arbeitsentgelts. Auch Modalitäten der individuellen Beitragsgestaltung in der betrieblichen Altersversorgung (zum Beispiel teilweise oder volle Beitragstragung durch den Arbeitnehmer) und des Leistungsrechts (zum Beispiel laufende oder einmalige Zahlungen, pauschale oder einnahmenabhängige Beiträge mit späterer beitragsabhängiger Leistungshöhe) blieben unberücksichtigt. Für die Beitragspflicht sei es nicht entscheidend, dass der Arbeitnehmer sozialversicherungspflichtige Einkünfte während des Anspruchserwerbs erzielt habe beziehungsweise die Versicherungsbeiträge aus zur Sozialversicherung herangezogenem Arbeitsentgelt stammten. § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) knüpfe die Beitragspflicht von Versorgungsbezügen allein daran, dass eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung vorliege. Die Beklagte habe auch die gesetzlichen Vorgaben bei der Beitragsberechnung berücksichtigt (gesetzlicher Freibetrag, Beitragshöhe nach einem hundertzwanzigstel der Kapitaleinmalzahlung), auch sei die Bagatellgrenze überschritten. Die Klägerin könne sich auch nicht auf Vertrauensschutz berufen, rechtsverbindliche Zusagen seien nicht erfolgt. Ein rechtlich geschütztes Vertrauen in das unveränderte Fortbestehen einer bestimmten Rechtslage oder Rechtsprechung - abgesehen von den allgemeinen Grundsätzen des Rückwirkungsverbots - gebe es nicht.
Gegen den ihrer Bevollmächtigten am 16.09.2022 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 11.10.2022 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingereicht mit der Begründung, entgegen den Ausführungen des SG handele es sich bei der Kapitalleistung nicht um eine Zuwendung von Seiten des Arbeitgebers, sondern um eine rein arbeitnehmerfinanzierte Eigenvorsorge. Fälschlicherweise habe das SG die konkrete Einordnung des H1-Zusatzversorgungsplanes offengelassen. Gegeben sei hier ein Defined-Benefit-Plan, der einer Kapitallebensversicherung gleichkomme, Vertragspartnerin sei die Klägerin gewesen. Es liege keine betriebliche Altersvorsorge in Form einer Deferred-Compensation vor, da die Klägerin nicht unwiderruflich auf künftige Sonderzahlungen verzichtet habe und im Gegenzug eine Versorgungszusage des Arbeitgebers erhalte. Die Entscheidung des LSG vom 14.05.2019 (L 11 KR 4035/18) sei nicht vergleichbar, weil darin der Arbeitnehmer - anders als hier - unwiderruflich auf künftige Sonderzahlungen verzichtet habe. Die Klägerin zahle bereits seit Mai 2003 in den ZVP ein, während die Beklagten sich auf § 229 Abs. 2 Satz 3 SGB V in der erst seit dem 01.01.2004 geltenden Fassung beriefen. Sie genieße daher Vertrauensschutz. Sie berufe sich zudem auf § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V, wonach Leistungen unberücksichtigt blieben, die der Versicherte nach dem Ende des Arbeitsverhältnisses als alleiniger Versicherungsnehmer aus nicht durch den Arbeitgeber finanzierten Beiträgen erworben habe.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 14.09.2022 sowie den Bescheid der Beklagten vom 29.06.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2020 aufzuheben und festzustellen, dass die Kapitalleistung aus dem h1-Zusatzversorgungsplan nicht der Beitragspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung unterliegt.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie haben auf den Inhalt ihres Widerspruchsbescheides sowie des Gerichtsbescheides sowie auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes verwiesen, wonach es auf die Beitragsgestaltung nicht ankomme, sondern nur darauf, ob es sich um Bezüge des Arbeitgebers handele, die institutionell abgesichert seien, und ein Zusammenhang zwischen der Zugehörigkeit zu einer solchen Sicherungsform und der Erwerbstätigkeit bestehe.
Wegen der weiteren Einzelheiten sowie des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung hat keinen Erfolg.
Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Gegenstand des Verfahrens ist hier der Bescheid der Beklagten vom 29.06.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2020, worin die Beklagte Ziffer 1 - auch im Namen der Beklagten Ziffer 2 - die Kapitalleistung aus dem ZVP dem Grunde nach als beitragspflichtige Einnahme zur Kranken- und Pflegeversicherung herangezogen und diese auf zehn Jahre (120 Monate) beginnend mit dem auf die Auszahlung folgenden Kalendermonat verteilt hat. Die Beklagten haben damit gegenüber der Klägerin mit einer eigenständigen Regelung festgestellt, dass diese Kapitalleistung als der Rente vergleichbare Einnahme (Versorgungsbezug) i.S. des § 229 Abs. 1 SGB V anzusehen ist und deshalb grundsätzlich der Beitragspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung (§ 57 Abs. 1 SGB XI) unterliegt. Wegen Überschreitens der Beitragsbemessungsgrenze wurden im angefochtenen Bescheid indes keine Beiträge erhoben, so dass die Beklagten im angefochtenen Bescheid zulässigerweise lediglich die grundsätzliche Beitragspflicht von Einnahmen als Element des Beitrags(tragungs)tatbestandes festgestellt haben (vgl. hierzu BSG 29.02.2012, B 12 KR 19/09 R, Rn. 18, juris; vgl. auch LSG Baden-Württemberg 27.06.2023, L 11 KR 2409/22, Rn. 26, juris). Allein gegen diese Regelung wendet sich die Klägerin mit der Anfechtungsklage und begehrt bezogen auf die Kapitalleistung aus dem ZVP die Beseitigung der Feststellung der Beitragspflicht sowie die Feststellung, dass die streitige Kapitalleistung nicht der Beitragspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung unterliegt (§§ 54 Abs. 1, 55 Abs. 1 Nr. 1, 56 SGG). Da lediglich die Feststellung der Beitragspflicht betreffend die Kapitalleistung aus dem ZVP Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist, sind die weiteren Bescheide vom 20.10.2021 sowie 27.12.2021 nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens geworden.
Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, da die Kapitalleistung i.H.v. 293.495,00 € bei der Beitragsfestsetzung in der gesetzlichen Krankenversicherung und sozialen Pflegeversicherung zu berücksichtigen ist. Das SG hat daher die Klage mit zutreffenden Erwägungen abgewiesen.
Die Beklagte Ziffer 1 war berechtigt, im Namen der Beklagten Ziffer 2 auch die Beitragspflicht zur sozialen Pflegeversicherung festzustellen. Nach § 46 Abs. 2 Satz 4 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) in der ab dem 01.07.2008 geltenden Fassung (Art. 1 Nr. 31 Pflege-Weiterentwicklungsgesetz vom 28.05.2008, BGBl I 874) können Krankenkassen und Pflegekassen für Mitglieder, die - wie vorliegend - ihre Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung selbst zu zahlen haben, die Höhe der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung in einem gemeinsamen Beitragsbescheid festsetzen. Hierbei ist das Mitglied darauf hinzuweisen, dass der Bescheid über den Beitrag zur sozialen Pflegeversicherung im Namen der Pflegekasse ergeht (§ 46 Abs. 2 Satz 5 SGB XI). Den erforderlichen Hinweis auf den gemeinsamen Bescheid hat die Beklagte Ziffer 1 in sämtlichen angefochtenen Bescheiden gegeben.
Der Umfang der Beitragspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung beurteilt sich nach dem Versichertenstatus in dem Zeitpunkt, für den Beiträge erhoben werden. Die Klägerin war zunächst als Arbeitslosengeldbezieherin pflichtversichert gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 SGB V und ab 15.04.2021 als Beschäftigte gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V. Gemäß § 226 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V werden bei versicherungspflichtig Beschäftigten u.a. der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen (Versorgungsbezüge) der Beitragsbemessung zugrunde gelegt, dasselbe gilt bei Beziehern von Arbeitslosengeld (§ 232a Abs. 3 SGB V i.V.m. § 226 SGB V).
Als Versorgungsbezüge gelten, soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden, Renten der betrieblichen Altersversorgung (vgl. § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V). Tritt an die Stelle der Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung oder ist eine solche Leistung vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart oder zugesagt worden, gilt ein Hundertzwanzigstel der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge, längstens jedoch für 120 Monate (§ 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V).
Für die Bemessung der Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung bei Mitgliedern der Pflegeversicherung, die in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert sind, gelten nach § 57 Abs. 1 Satz 1 SGB XI die §§ 226 bis 238 und § 244 SGB V entsprechend. Die Beitragsbemessung folgt daher den gleichen Regeln wie in der gesetzlichen Krankenversicherung.
Vorliegend handelt es sich bei den Zahlungen der Arbeitgeberin um Versorgungsbezüge, so dass die hier aus der Zusatzvereinbarung mit ihrem Arbeitgeber ausgezahlten Beträge i.H.v. 293.495,00 € von den Beklagten zu Recht nach § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V mit 1/120 der Summe monatlich ab 01.06.2020 dem Grunde zur Beitragsbemessung heranzuziehen waren, also i.H.v. 2.445,79 € monatlich. Nachdem zunächst wegen Überschreitens der Beitragsbemessungsgrenze keine Beiträge auf die hier streitige Kapitalleistung zu leisten waren, wurden diese nach Wegfall des Arbeitslosengeldes ab dem 15.04.2021 in voller Höhe verbeitragt.
§ 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V bestimmt den Begriff der „betrieblichen Altersversorgung“ nicht näher. Hier gilt Folgendes: Leistungen, bei denen die (engen) Voraussetzungen des BetrAVG erfüllt sind, sind auch Renten im Sinne des Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 (BSG 10.03.1994, 12 RK 30/91, SozR 3-2500 § 229 Nr. 3; s. hierzu und zum Folgenden Krauskopf/Vossen, 117. EL Dezember 2022, SGB V § 229 Rn. 13-21). Eine Legaldefinition des Begriffs der betrieblichen Altersversorgung findet sich in § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG (BGBl. I 1974, S. 3160, zuletzt geändert durch Gesetz vom 17.8.2017, BGBl. I 3214). Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG werden als betriebliche Altersversorgung Leistungen der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung definiert, die einem Arbeitnehmer aus Anlass seines Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber zugesagt worden sind. Nach der Rspr. des Bundesarbeitsgerichts (BAG) muss die Zusage einem Versorgungszweck dienen, die Leistungspflicht nach dem Inhalt der Zusage durch ein im Gesetz genanntes biologisches Ereignis (Alter, Invalidität oder Tod) ausgelöst werden, und es muss sich um die Zusage eines Arbeitgebers aus Anlass eines Arbeitsverhältnisses handeln (st. Rspr. BAG, z.B. 28.10.2008, 3 AZR 317/07, BAGE 128, 199 = NZA 2009, 844). Die Begriffe der „Leistungen“ und der „Versorgung“ sind weit auszulegen; darunter sind alle Leistungen zu verstehen, die den Lebensstandard des Arbeitnehmers oder seiner Hinterbliebenen im Versorgungsfall verbessern sollen (BAG 19.02.2008, 3 AZR 61/06, NZA-RR 2008, 597 zum Personalrabatt). Durch den Versorgungszweck unterscheidet sich die betriebliche Altersversorgung von sonstigen Zuwendungen, etwa Leistungen zur Vermögensbildung oder zur Überbrückung einer erwarteten Arbeitslosigkeit (BAG 18.03.2003, 3 AZR 315/02, NJOZ 2004, 3030; zum tarifvertraglichen Überbrückungsgeld der Deutschen Post AG vgl. Sächsisches LSG 04.02.2009, L 1 KR 132/07).
Das BetrAVG unterscheidet Versorgungsträger und -formen sowie Durchführungswege. Die Versorgungszusage kann direkt durch den Arbeitgeber (Direktzusage), aber gemäß §§ 1, 1b BetrAVG auch als mittelbare Versorgungszusage durch andere Versorgungseinrichtungen, nämlich Pensionskassen, Pensionsfonds, Unterstützungskassen oder bei dem Versicherungstyp der Direktversicherung über ein privates Lebensversicherungsunternehmen erfolgen.
Nach der Rechtsprechung des BSG geht das beitragsrechtliche Verständnis des Begriffs der betrieblichen Altersversorgung indes noch über den arbeitsrechtlichen Zugriff hinaus. Da das Beitrags- und Betriebsrentenrecht unterschiedliche Ziele verfolgen, ist der Begriff der „Rente der betrieblichen Altersversorgung“ nach der Rspr. des BSG über die Legaldefinition in § 1 BetrAVG hinaus seit jeher eigenständig auszulegen (BSG 18.12.1984, 12 RK 36/84, SozR 2200 § 180 Nr. 25). Zweck des Beitragsrechts ist die Einbeziehung aller aus einer früheren Berufstätigkeit herrührenden Versorgungseinnahmen, nicht aber von Einnahmen aus privaten Sicherungsformen (BT-Drs. 9/458 S 34). Unter Berücksichtigung dieses Zwecks sind die wesentlichen Merkmale einer Rente der betrieblichen Altersversorgung der Zusammenhang zwischen dem Erwerb der Rente und der früheren Berufstätigkeit (Berufsbezug oder betrieblicher Bezug) sowie die Einkommensersatzfunktion (Versorgungszweck) (BSG 25.5.2011, B 12 P 1/09 R, juris). Insoweit muss festgestellt werden können, dass die zu beurteilenden Leistungen zwar nicht im Einzelnen nachweisbar, aber typischerweise hinreichend in der (früheren) Beschäftigung verwurzelt sind bzw. aufgrund der Beschäftigung erworben wurden. Wer ausschließlich aufgrund einer bestimmten Berufstätigkeit in den Genuss solcher Leistungen gelangen kann und dieses Recht auch ausübt, bedient sich für seine zusätzliche Sicherung nicht irgendeiner Form der privaten Vorsorge, sondern ist als Begünstigter in eine betriebliche Altersversorgung eingebunden und macht sich damit in gewissem Umfang deren Vorteile nutzbar (BSG 10.10.2017, B 12 KR 2/16 R, BSGE 124, 195-205, SozR 4-2500 § 229 Nr. 22, Rn. 28 unter Verweis auf BSG 25.05.2011, B 12 P 1/09 R, SozR 4-2500 § 229 Nr. 14 Rn.17). In welcher organisatorischen Form ein Arbeitgeber die betriebliche Altersversorgung für seine Arbeitnehmer sicherstellt, ist ohne Belang.
Gemessen hieran bestehen vorliegend keine Zweifel daran, dass die hier vorliegende Zusatzversicherung als Versorgungsbezug einzustufen ist. Sie fällt - soweit dies anhand der vorliegenden Unterlagen beurteilt werden kann - bereits unter § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG, da der Klägerin als Arbeitnehmerin Leistungen der Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung aus Anlass ihres Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber zugesagt wurden (vgl. Definition in § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG). Dies lässt sich den von der Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren eingereichten Unterlagen entnehmen (Bl. 20 ff. SG-Akte). Die Klägerin war, als sie am Zusatzversorgungsplan der Firma G1 teilnahm, Arbeitnehmerin dieser Firma. Die Arbeitnehmereigenschaft war zwingende Voraussetzung für eine Teilnahme (vgl. Ziff 3 „Regeln für eine Planteilnahme“, Bl. 26 SG-Akte), die Leistungen wurden ihr daher aus Anlass ihres Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber zugesagt. Die Leistungen dienten der Versorgung, d.h. sie sollten den Lebensstandard des Arbeitnehmers bzw. seiner Hinterbliebenen im Versorgungsfall verbessern (vgl. hierzu BAG 28.10.2008, 3 AZR 317/07, NZA 2009, 844), und zwar, wie von § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG verlangt, im Alter, im Falle von Invalidität oder Tod (vgl. Ziffer 4 „Leistungsarten und Auszahlung“, Bl. 28 SG-Akte: Altersversorgung bzw. vorgezogene Altersversorgung, Invalidenversorgung, Hinterbliebenenversorgung).
Zur Abwicklung der Versorgungszusage hat die Arbeitgeberin hier die Direktzusage gewählt im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 2 BetrAVG, da sie die zugesagte Versorgungsleistung selbst zu erbringen versprach (in Abgrenzung zur Direktversicherung, Pensionskasse, Pensionsfonds, Unterstützungskasse, vgl. hierzu ausführlich Grobys/Panzer-Heemeier, StichwortKommentar Arbeitsrecht, Betriebliche Altersversorgung Rn. 37, beck-online). Letztlich kommt es hierauf jedoch nicht an. Es ist auch nicht von entscheidender Bedeutung, welche Zusageart gewählt wurde (Leistungszusage, § 1 Abs. 1 BetrAVG, beitragsorientierte Leistungszusage [§ 1 Abs. 2 Nr. 1 BetrAVG], Beitragszusage mit Mindestleistung [Nr. 2), reine Beitragszusage [Nr. 2a], arbeitnehmerfinanzierte betriebliche Altersversorgung: Entgeltumwandlung [Nr. 3], Umfassungszusage [Nr. 4]). Auch wenn nach den Unterlagen viel dafür spricht, dass eine Entgeltumwandlung im Sinne des § 1 Abs. 1 Ziffer 3 BetrAVG erfolgt ist (von der Klägerbevollmächtigten verneint, vgl. Bl 46 SG-Akte), braucht der Senat dies nicht abschließend zu prüfen, da sämtliche oben genannten Leistungsplanstrukturen von § 1 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG erfasst werden.
Doch selbst, wenn die hier gewählte Zusatzversorgung nicht vom BetrAVG erfasst wäre - etwa mangels Entgeltumwandlung und mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Nr. 4 BetrAVG - fiele sie jedenfalls unter die vom BSG weiter gefasste Definition, wonach die wesentlichen Merkmale einer Rente der betrieblichen Altersversorgung der Zusammenhang zwischen dem Erwerb der Rente und der früheren Berufstätigkeit (Berufsbezug oder betrieblicher Bezug) sowie die Einkommensersatzfunktion (Versorgungszweck) sind (BSG 25.05.2011, B 12 P 1/09 R, juris). Dass dieser betriebliche Zusammenhang hier besteht, weil die Klägerin ohne ihre Eigenschaft als Arbeitnehmerin an dem Zusatzprogramm nicht hätte teilnehmen können und die Arbeitgeberin die Zahlungen leistet, wurde oben bereits ausgeführt. Da die Klägerin die Zahlungen erst mit 60 Jahren erhielt, wird auch der damit verfolgte Versorgungszweck deutlich. Eine private Vorsorge liegt gerade nicht vor. Im Übrigen stufte auch die Arbeitgeberin die Leistungen ganz offensichtlich als Versorgungsbezug ein, da sie sie ansonsten nicht den Beklagten gemeldet hätte.
Dass hier der Zusatzversicherung ein sog. „Defined Benefit Plan“ zugrundeliegt, ändert am Ergebnis nichts. Bei einer Leistungszusage im Sinne eines sog. „defined-benefit Plans“ sagt das Unternehmen ein fest definiertes Versorgungsniveau zu, z.B. in Form einer Rente oder einer Kapitalzahlung. Dies ist hier erfolgt, wie sich Bl. 20 SG-Akte entnehmen lässt. Davon abzugrenzen ist z.B. eine „Beitragszusage“ (defined contribution), bei der der Arbeitgeber verspricht, einen bestimmten Beitrag zum Aufbau einer Versorgung zu leisten (vgl. hierzu Höfer BetrAVG I/Höfer, 28. EL Mai 2022, Betriebsrentengesetz § 1 Rn. 33). Solche „defined-benefit“-Versorgungszusagen werden in Deutschland meist über die Durchführungswege der unmittelbaren Versorgungszusage oder der Unterstützungskasse realisiert. Die über diese beiden Durchführungswege erteilten Versorgungszusagen sind dann Leistungszusagen (H2, Betriebsrentenrecht, Bd. II, Kap. 49, Die Behandlung betrieblicher Versorgungsverpflichtungen nach internationalen Rechnungslegungsvorschriften (IAS/IFRS, US GAAP) Rn. 16, beck-online). Es handelt sich somit lediglich um eine Art der Leistungszusage, am Charakter einer Versorgungsleistung ändert diese Art der Zusage nichts.
Die Leistungen aus der Zusatzversicherung verloren ihren Charakter als Versorgungsbezüge auch nicht deshalb, weil sie durch eine Eigenleistung der Klägerin finanziert wurden. Zum einen ist hier nicht zu vernachlässigen, dass die Arbeitgeberin die Einzahlungen der Klägerin mit immerhin 6% verzinst hat und zudem das Anlagerisiko trug, da sie sich über den „defined-benefit-Plan“ zu einer vorab feststehenden Leistungssumme verpflichtet hat. Zum anderen kommt es nach der ständigen Rechtsprechung auf die Art der Finanzierung nicht an. Versorgungsbezüge sind „Renten“, auch wenn der Versicherte die Beiträge teilweise oder vollständig selbst getragen hat; was i.Ü. auch bei den Versorgungsbezügen aus berufsständischer Versorgung nach § 229 Abs. 1 Nr. 3 in der Regel der Fall ist. Der Charakter als Versorgungsbezug geht nicht deshalb verloren, weil der Anspruch auf Leistungen des Arbeitnehmers beruht, z.B. Entgeltumwandlung (BSG 04.09.2018, B 12 KR 20/17 R, BeckRS 2018, 28832 zu einer einmaligen Prämienzahlung rückwirkend aus Abfindung). Sogar bei Prämien, die ein Arbeitnehmer nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis in eine - hier nicht vorliegende - Direktversicherung einzahlt, bestehen gegen eine Beitragspflicht in der Gesetzlichen Krankenversicherung keine verfassungsrechtlichen Bedenken, solange der Arbeitgeber die Versicherung als Versicherungsnehmer fortführt (BVerfG 06.09.2010, 1 BvR 739/08, SozR 4-2500 § 229 Nr. 10 = NZS 2011, 463; BVerfG 28.09.2010, 1 BvR 1660/08, SozR 4-2500 § 229 Nr. 11 = NZS 2011, 539; vgl. hierzu Krauskopf/Vossen, 117. EL Dezember 2022, SGB V § 229 Rn. 17). Der betriebliche Bezug wird erst dann vollständig gelöst und der institutionelle Rahmen des Betriebsrentenrechts verlassen, wenn und soweit die ausgezahlten Kapitalleistungen auf Beiträgen beruhen, die ein Arbeitnehmer nach Beendigung seiner Erwerbstätigkeit z.B. auf einen Lebensversicherungsvertrag unter Einrücken in die Stellung des Versicherungsnehmers eingezahlt hat. Insoweit unterscheiden sich die Leistungen aus der ursprünglich betrieblichen Altersversorgung nicht mehr von Leistungen aus privaten Lebensversicherungen von Arbeitnehmern, welche nicht der Beitragspflicht unterliegen. In diesen Fällen ist die ausgezahlte Kapitalleistung ohne Probleme in einen betrieblichen und einen privaten Teil zu trennen. Auf die Einzahlungen des Bezugsberechtigten auf einen von ihm als Versicherungsnehmer fortgeführten Kapitallebensversicherungsvertrag finden hinsichtlich der von ihm nach Vertragsübernahme eingezahlten Beiträge keine Bestimmungen des Betriebsrentenrechts mehr Anwendung (vgl. BVerfG 28.09.2010, 1 BvR 1660/08, SozR 4-2500 § 229 Nr. 11 Rn. 15; BVerfG 27.06.2018, 1 BvR 100/15 u.a., NJW 2018, 3169; BSG 30.03.2011, B 12 KR 16/10 R, BSGE 108, 63 = SozR 4-2500 § 229 Nr. 12). Vorliegend liegt indes ein solcher Fall nicht vor, da die Klägerin nach ihrem Ausscheiden aus dem Arbeitnehmerverhältnis keine Beiträge mehr eingezahlt hat und der betriebliche Zusammenhang zu keiner Zeit gelöst wurde.
Ein Verstoß gegen Art. 3 GG liegt nicht vor. Der allgemeine Gleichheitssatz ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (vgl. BVerfGE 104, 126 <144 f.>). Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat entschieden, dass es von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden ist, Versorgungsbezüge im Rahmen der Krankenversicherung der Rentner zur Beitragsbemessung heranzuziehen (vgl. BVerfGE 79, 223 ff.; BVerfG 28.02.2008, 1 BvR 2137/06, juris). Dabei ist die Heranziehung von Versorgungsbezügen nicht nur für die versicherungspflichtigen Rentner, sondern ebenso für die in §§ 226, 232 ff. SGB V genannten Personengruppen (z.B. pflichtversicherte Arbeitnehmer oder Bezieher von Arbeitslosengeld) mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar (vgl. BVerfGK 2, 330 <334 f.>). Denn auch für die Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung, welche noch nicht Rentner sind, bedeutet der Zufluss von Versorgungsbezügen eine Stärkung ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, die ihren entscheidenden Ausgangspunkt in einer Beschäftigung hat (vgl. BVerfGE 79, 223 <238>). Sie werden unter Einsatz der Arbeitskraft erworben und haben Entgeltersatzcharakter (vgl. BVerfGE 102, 68 <95>).
Mit ihren Argument, eine private Rentenversicherung wäre beitragsfrei, vermag die Klägerin nicht durchzudringen. Ein Verstoß gegen Art. 3 GG liegt bereits deshalb nicht vor, weil eine private Vorsorge und eine betriebliche Altersversorgung unterschiedliche Sicherungsformen sind, die demgemäß auch unterschiedlich zu behandeln sind (vgl. zur Verfassungsmäßigkeit z.B. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 06.09.2010, 1 BvR 739/08, BVerfGK 18, 4-10, Rn. 16). Unerheblich ist ferner, dass die betriebliche Altersversorgung vorliegend aus einem Arbeitsentgelt oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze finanziert wurde (zur Lebensversicherung: BSG 26.02.2019, B 12 KR 17/18, NZS 2019, 821; BSG 12.11.2008, B 12 KR 6/08 R, SozR 4-2500 § 229 Nr. 7).
Auch unter Vertrauensgesichtspunkten ergibt sich nichts anderes, auch wenn - wie die Klägerin vorträgt - die Verbeitragung nicht wiederkehrender Versorgungsleistungen erst zu einem Zeitpunkt eingeführt wurde, zu dem die Klägerin die Einzahlungen in den ZVP bereits begonnen hatte. Das BVerfG hat hierzu entschieden, dass die Heranziehung von Versorgungsbezügen in der Form der nicht wiederkehrenden Leistung zur Beitragspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung gem. § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V i.d.F. des Art. 1 Nr. 143 GMG vom 14.11.2003 mit dem Grundgesetz vereinbar ist (BVerfG 07.04.2008, 1 BvR 1924/07, BVerfGK 13, 431-438). Es handele sich um eine unechte Rückwirkung des Gesetzes, da die angegriffene Regelung mit Wirkung für die Zukunft in ein öffentlich-rechtliches Versicherungsverhältnis eingreife und dieses zum Nachteil für die betroffenen Versicherten umgestalte. Solche Regelungen seien verfassungsrechtlich grundsätzlich zulässig und entsprächen dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutzprinzip, wenn - wie hier - das schutzwürdige Bestandsinteresse des Einzelnen die gesetzlich verfolgten Gemeinwohlinteressen bei der gebotenen Interessenabwägung nicht überwiege (BVerfG a.a.O. unter Verweis auf BVerfGE 101, 239 <263>; 103, 392 <403>). Dem schließt sich der Senat an.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11.
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 28 KR 202/21
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 KR 2913/22
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Rechtskraft
Aus
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