Die Berufung wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat der Klägerin 50 % der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Widerspruchsverfahren und 10 % der Kosten beider Instanzen zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten noch um die endgültige Festsetzung der Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1. Mai 2019 bis 30. September 2019 und die daraus resultierende Erstattungsforderung i. H. v. (noch) 3.995 €.
Die I. geborene Klägerin begann im Jahr 2002 ein Studium der Rechtswissenschaften, das sie nach der Geburt ihrer Tochter im J. zunächst nicht betrieb. Die Tochter ist schwerbehindert (Pflegestufe 5). Im März 2018 trennten sich die Klägerin und ihr damaliger Ehemann. Ab diesem Zeitpunkt bewohnte sie die bereits im Juli 2013 angemietete 110 qm große Wohnung gemeinsam mit ihrer Tochter. Die Kaltmiete betrug 550 € monatlich, der Abschlag auf Wasser und Abwasser 97 € monatlich und die Heizkostenvorauszahlung 103 € monatlich. Für den Monat März 2019 überwies noch der Exmann der Klägerin die Miete an den Vermieter. Die Warmwasseraufbereitung erfolgt über Durchlauferhitzer in der Wohnung.
Das Kindergeld für die Tochter der Klägerin betrug monatlich 194 €, ab Juli 2019 monatlich 204 €. Darüber hinaus erhielt die Klägerin für ihre Tochter Pflegegeld i. H. v. monatlich 901 €. Der Kindsvater zahlte im April 2019 den Kindesunterhalt i. H. v. 309 € monatlich für die Monate März und April 2019.
Die Klägerin führte ab dem 1. April 2019 ihr Studium der Rechtswissenschaften fort, welches sie nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung vom 28. Mai 2024 auch tatsächlich betrieb, und befand sich ausweislich der Immatrikulationsbescheinigung zu diesem Zeitpunkt im 22. Fachsemester. Am 26. März 2019 beantragte sie telefonisch beim Beklagten für sich und ihre Tochter Leistungen nach dem SGB II. Die Antragsformulare gab die Klägerin am 11. April 2019 beim Beklagten ab. Dieser gewährte ihr und ihrer Tochter daraufhin mit dem vorläufigen Bescheid vom 28. Mai 2019 Leistungen nach dem SGB II i. H. v. 693,45 € (536,95 € der Klägerin) für April 2019 und i. H. v. monatlich 679,88 € (523,38 der Klägerin) für Mai bis September 2019. Für die Kosten der Unterkunft und Heizung gewährte er dabei einen Betrag i. H. v. 97 €. Mit weiterem vorläufigen Änderungsbescheid vom 1. Juni 2019 berücksichtigte der Beklagte die Kindergelderhöhung und bewilligte der Klägerin und ihrer Tochter für die Monate Juli bis September 2019 Leistungen i. H. v. monatlich 669,88 € (davon 523,38 € der Klägerin). Den gegen den vorläufigen Bescheid vom 28. Mai 2019 eingelegten Widerspruch begründete die Klägerin damit, dass sie den Leistungsantrag bereits im März 2019 gestellt habe, woraufhin der Beklagte mit Abhilfebescheid vom 21. Juni 2019 den Bescheid vom 28. Mai 2019 insgesamt aufhob und der Klägerin und deren Tochter mit weiterem vorläufigen Bescheid vom 21. Juni 2019 für März 2019 einen Betrag i. H. v. insgesamt 781,64 € bewilligte (davon 625,14 € der Klägerin). Mit weiterem – ebenfalls für vorläufig erklärten – Änderungsbescheid vom 2. August 2019 regelte der Beklagte – bei unveränderter Leistungshöhe ab September 2019 die Direktzahlung der Miete an den Vermieter.
Am 21. August 2019 beantragte die Klägerin die Überprüfung des Bescheides vom 28. Mai 2019 mit der Begründung ein erheblicher Teil der Grundmiete und der Nebenkosten seien nicht gewährt worden. Nach Einleitung eines Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes vor dem Sozialgericht (SG) Bremen nahm der Beklagte mit dem Überprüfungsbescheid vom 24. September 2019 den Bescheid vom 28. Mai 2019 (erneut) zurück und gewährte der Klägerin und ihrer Tochter mit dem weiteren vorläufigen Änderungsbescheid vom 24. September 2019 für die Monate Mai bis Juni 2019 Leistungen nach dem SGB II i. H. v. 1.229,88 € (der Klägerin 798,38 €) und von Juli bis September 2019 i. H. v. 1.219,88 € (der Klägerin 798,38 €) jeweils unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft i. H. v. 647 € (Grundmiete 550 €, Abschlag Wasser/Abwasser 97 €). Nach erneutem Widerspruch gegen den Überprüfungs- und Änderungsbescheid vom 24. September 2019 - aufgrund nicht berücksichtigte Heizkosten i. H. v. 103 € - und Vorlage eines Nachweises des Energieversorgers über die tatsächlichen Heizkosten bewilligte der Beklagte der Klägerin und ihrer Tochter schließlich mit dem für vorläufig erklärten Änderungsbescheid vom 2. Oktober 2019 Leistungen nach dem SGB II i. H. v. monatlich 1.332,88 € (der Klägerin 849,88 € monatlich) und für Juli bis September 2019 i. H. v. monatlich 1.322,88 € (der Klägerin 849,88 € monatlich), jeweils unter Berücksichtigung der seitens der Klägerin beanspruchten Kosten für Unterkunft und Heizung i. H. v. 750 € (550 € Grundmiete, 103 € Heizkostenvorauszahlung, 97,- € Wasser und Abwasserkosten). Mit dem bestandskräftigen Widerspruchsbescheid vom 4. November 2019 verwarf der Beklagte anschließend den Widerspruch als unzulässig.
Bereits mit gesondertem Schreiben vom 24. September 2019 forderte der Beklagten die Klägerin auf, einen Nachweis über die Beantragung von „BaföG“ vorzulegen. Nachdem den Beklagten eine Auskunft des Studierendenwerks Bremen vom 14. Oktober 2019 erreicht hatte, wonach die Klägerin keinen Antrag auf Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) gestellt habe, forderte der Beklagte sie mit Schreiben vom 21. Oktober 2019 auf, „Bafög“ beim Studentenwerk Bremen zu beantragen. Dieser Aufforderung kam sie am 4. November 2019 nach. Das Studierendenwerk Bremen lehnte den Antrag auf Leistungen nach dem BAföG mit Bescheid vom 2. April 2020 ab, da keine Gründe für die Gewährung von Ausbildungsförderung über die Förderungshöchstdauer hinaus (§ 15 Abs. 3 BAföG) vorlägen.
Im weiteren Verlauf lehnte der Beklagte mit „Ablehnungsbescheid“ vom 15. April 2020 den Antrag der Klägerin auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II vom 11. April 2019 mit der Begründung ab, dass die Klägerin dem Grunde nach förderungsfähig nach dem BAföG sei und deshalb über die Leistungen nach dem § 27 SGB II hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts habe. Die Entscheidung beruhe auf § 7 Abs. 5 und 6 SGB II. Mit weiterem mit dem Zusatz „Erstattung von Leistungen bei endgültiger Festsetzung des Leistungsanspruches“ überschriebenen Bescheid vom 15. April 2020 verlangte der Beklagte von der Klägerin für die Monate April bis September 2019 die Erstattung eines Betrags i. H. v. 4.786,35 € und für deren Tochter für denselben Zeitraum die Erstattung von 2.671,50 €. Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass – nachdem nun über den Leistungsanspruch mit Bescheid vom 15. April 2020 endgültig habe entschieden werden können – festgestellt worden sei, dass die Klägerin und ihr minderjähriges Kind keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gehabt hätten. Den gegen die Bescheide vom 15. April 2020 eingelegten Widerspruch vom 19. April 2020 begründete die Klägerin damit, dass ihr Antrag nach dem BAföG abgelehnt worden sei. Mit Schreiben vom 8. Mai 2020 wies der Beklagte die Klägerin über ihre Prozessbevollmächtigten darauf hin, dass es eine neue Entwicklung gegeben habe. Die Leistungen für die Klägerin seien aufgehoben worden, da diese keinen Anspruch mehr auf „BAFÖG“ habe.
Im Widerspruchsverfahren bewilligte der Beklagte der Klägerin und ihrer Tochter mit Bescheid vom 27. Mai 2020 „auf den Antrag vom 11. April 2019“ Leistungen nach dem SGB II i. H. v. 64,45 € für April 2019 (der Klägerin Mehrbedarf für Alleinerziehende i. H. v. 64,45 € nach § 27 Abs. 2 SGB II), i. H. v. monatlich 533,88 € (der Klägerin 50,88 €) für die Monate Mai bis Juni 2019 und i. H. v. monatlich 523,88 € (der Klägerin 50,88 €) für die Monate Juli bis September 2019 und machte mit weiterem „Änderungsbescheid zum Erstattung von Leistungen bei endgültiger Festsetzung des Leistungsanspruches 15.04.2020“ vom 27. Mai 2020 gegenüber der Klägerin noch eine Erstattungsforderung i. H. v. 4.467,50 € geltend, reduzierte mithin die Erstattungsforderung um die Summe der nachbewilligten Leistungen nach dem SGB II. Mit Schreiben vom 28. Mai 2020 forderte der Beklagte die Klägerin über ihre Prozessbevollmächtigten zur Mitteilung auf, ob sich mit dem Erlass der Änderungsbescheide der Widerspruch erledigt habe, sofern nicht, bat er um Begründung. Des Weiteren bat der Beklagte um Mitteilung, ob ein Darlehen nach § 27 Abs. 3 SGB II beantragt werde und – sofern das der Fall sei - um Darlegung der besonderen Härte. Es sei darauf hinzuweisen, dass nicht erkennbar sei, warum kein zügiger Ausbildungsdurchlauf vor Geburt der Tochter erfolgt sei. Statt einer Begründung verwies die Klägerin mit Schreiben vom 8. Juni 2020 auf die Ausführungen in dem zwischenzeitlich vor dem Sozialgericht (SG) Bremen unter dem Aktenzeichen S 18 AS 888/20 ER geführten Eilverfahren und erklärte, dass sie zwischenzeitlich exmatrikuliert worden sei. In dem Eilverfahren führte die Klägerin aus, dass zumindest in analoger Anwendung ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II bestehe, zur Vermeidung einer existenzbedrohlichen Regelungslücke. Die Klägerin habe weder eigenes Einkommen noch sonstige staatliche Leistungen beansprucht – und im Übrigen auch keine Möglichkeiten gehabt, ihren existentiell notwendigen Bedarf zu decken.
Mit Widerspruchsbescheid vom 31. Juli 2020 wies der Beklagte den Widerspruch gegen die Bescheide vom 15. April 2020 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 27. Mai 2020 mit der Begründung zurück, dass für die Klägerin aufgrund der im Rahmen des BAföG dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung gem. § 7 Abs. 5 SGB II über die Leistungen nach dem § 27 SGB II hinaus kein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bestehe. Für ihre Tochter bestehe gem. § 7 Abs. 1 Nr. 4 SGB II als Kind der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten ein Anspruch.
Die dagegen am 27. August 2020 vor dem SG erhobene Klage hat die Klägerin mit den Argumenten aus dem Widerspruchsverfahren begründet und ergänzend auf die Begründung im Parallelverfahren (S 18 AS 121/20), das die endgültige Festsetzung und Erstattung für den Folgezeitraum betraf und das Gegenstand der vor dem Senat unter dem Aktenzeichen L 15 AS 158/22 geführten weiteren Berufung war, verwiesen. Danach dürfe aufgrund der Härtefallregelung des § 27 Abs. 3 SGB II ein Härtefallzuschuss, jedenfalls aber ein Darlehen zu bewilligen sein. Der Bedarf der Klägerin sei nicht gedeckt gewesen. Der Beklagte ist den Ausführungen mit dem Hinweis auf den Inhalt der Akten und unter Verweis auf die Ausführungen im streitbefangenen Widerspruchsbescheid entgegengetreten. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 28. April 2022 mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Klägerin im streitigen Zeitraum gem. § 7 Abs. 5 SGB II von den Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen gewesen sei. Bei dem absolvierten Hochschulstudium der Rechtswissenschaft handele es sich um eine nach BAföG dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung. Eine Rückausnahme nach § 7 Abs. 6 SGB II könne nicht festgestellt werden. Die Klägerin habe bereits keine Ausbildungsstätte i. S. des § 2 Abs. 1 Nr. 1 BAföG besucht. Auch habe die Klägerin keine Leistungen nach dem BAföG erhalten und dies auch nicht nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen. Auch habe keine Entscheidung des Amtes für Ausbildungsförderung ausgestanden. Für Analogleistungen bestehe kein Raum, da es an einer planwidrigen Regelungslücke fehle. Soweit die Klägerin ein Härtefalldarlehen begehre, sei die Klage bereits mangels durchgeführtem Vorverfahren unzulässig. Der Beklagte habe mit der streitigen Entscheidung über diese Leistung keine Entscheidung getroffen.
Die am 27. Juni 2022 gegen das Urteil des SG vom 28. April 2022 – zugestellt am 27. Mai 2022 – eingelegte Berufung hat die Klägerin mit den Argumenten aus dem Widerspruchs- und Klageverfahren begründet. Ergänzend hat sie darauf hingewiesen, dass sie im Ergebnis für die Wiederaufnahme des Studiums zur perspektivischen Beseitigung der Hilfebedürftigkeit bestraft worden sei. Deshalb habe sie auch das Studium aufgegeben und aufgrund ihrer persönlichen Situation sei an eine spätere Aufnahme nicht zu denken. Es sei nicht davon auszugehen, dass der Gesetzgeber die Regelungslücke bewusst geschaffen habe. Für April 2019 würden Leistungen i. H. v. 693,45 €, berechnet aus den Regelsätzen und den Nebenkosten ohne Grundmiete abzüglich Kindergeld, für Mai und Juni 2019 - unter Berücksichtigung der Grundmiete - i. H. v. 1.229,88 € und aufgrund der Kindergelderhöhung auf 204 € für Juli bis September 2019 i. H. v. 1.219,88 € begehrt. Nachdem der Beklagte im Wege des Teilanerkenntnisses vom 7. Mai 2024 die Erstattungsforderung für den April 2019 i. H. v. 472,50 € aufgehoben und die Klägerin das Teilanerkenntnis angenommen hat, beantragt die Klägerin,
das Urteil des Sozialgerichts Bremen vom 28. April 2022 sowie den Bescheid des Beklagten vom 15. April 2020 in der Fassung des Bescheids vom 27. Mai 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Juli 2020 zu ändern, ihr Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 1. Mai 2019 bis zum 30. September 2019 in gesetzlicher Höhe monatlich festzusetzen und den Erstattungsbescheid vom 15. April 2020 in der Fassung des Erstattungsbescheids vom 27. Mai 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Juli 2020 in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 7. Mai 2024 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte ist den Ausführungen unter Hinweis auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Urteil entgegengetreten.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten und auf die Gerichtsakte verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist statthaft und zulässig, insbesondere form- und fristgerecht gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingelegt worden. Sie ist jedoch nach Annahme des Teilanerkenntnisses vom 7. Mai 2024 unbegründet.
Gegenstand des Klage- und Berufungsverfahrens sind der Ablehnungsbescheid des Beklagten vom 15. April 2020, mit dem der Beklagten die zunächst für den Zeitraum vom 1. April bis 30. September 2019 vorläufig bewilligten Leistungen endgültig festgesetzt hat (sog. Nullfestsetzung) in der Fassung des Bescheides vom 27. Mai 2020, der gem. § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden ist, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2020 (§ 95 SGG) sowie der Erstattungsbescheid vom 15. April 2020 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 27. Mai 2020 (§ 86 SGG) in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Juli 2020 in der Fassung des von der Klägerin angenommenen Teilanerkenntnisses vom 7. Mai 2024. Die Klägerin begehrt abweichend davon die endgültige Bewilligung von Leistungen in der vorläufig bewilligten Höhe und damit einhergehend die Aufhebung der Erstattungsverpflichtung i. H. v. (noch) 3.995 €. Dieses Begehren verfolgt sie zulässigerweise im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 und 2, § 56 SGG; vgl. dazu Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 8. Februar 2017 - B 14 AS 22/16 R – juris Rn. 10 f.; Urteil vom 13. Dezember 2023 – B 7 AS 24/22 R – juris Rn. 13), hinsichtlich der Beseitigung der Erstattungsbescheide im Wege der Anfechtungsklage. In zeitlicher Hinsicht hat sich das Begehren der Klägerin auf die endgültige Festsetzung höherer Leistungen (in Höhe der vorläufigen Bewilligung) nach dem SGB II für den Monat April 2019 und auf Aufhebung des Erstattungsverlangens für denselben Monat mit dem angenommenen Teilanerkenntnis vom 7. Mai 2024 erledigt. Nach dem Meistbegünstigungsgrundsatz ist unter Berücksichtigung der Ausführungen der Klägerin in der mündlichen Verhandlung Gegenstand des Verfahrens auch die hilfsweise beanspruchte Gewährung eines Darlehens.
Die Klägerin hat für den (noch streitbefangenen) Zeitraum vom 1. Mai bis 30. September 2019 keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II und damit auch nicht auf die begehrte endgültige Festsetzung in Höhe der vorläufig gewährten Leitungen. Sie ist deshalb grundsätzlich zur Erstattung des zu Unrecht gezahlten vorläufigen Arbeitslosengeld II verpflichtet.
Ermächtigungsgrundlagen für die angefochtene Entscheidung sind § 41a Abs. 3 und Abs. 6 SGB II. Nach § 41a Abs. 3 SGB II (in der ab dem 1. August 2016 geltenden Fassung) entscheiden die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende abschließend über den monatlichen Leistungsanspruch, sofern die vorläufig bewilligte Leistung nicht der abschließend festzustellenden entspricht oder die leistungsberechtigte Person eine abschließende Entscheidung beantragt. Nach § 41a Abs. 6 SGB II sind die aufgrund der vorläufigen Entscheidung erbrachten Leistungen auf die abschließend festgestellten Leistungen anzurechnen. Soweit im Bewilligungszeitraum in einzelnen Kalendermonaten vorläufig zu hohe Leistungen erbracht wurden, sind die sich daraus ergebenden Überzahlungen auf die abschließend bewilligten Leistungen anzurechnen, die für andere Kalendermonate dieses Bewilligungszeitraums nachzuzahlen wären. Überzahlungen, die nach der Anrechnung fortbestehen, sind zu erstatten.
Die mit den Bescheiden vom 1. Juni 2019, 21. Juni 2019, 2. August 2019. 24. September 2019 und 2. Oktober 2019 erfolgten vorläufigen Bewilligungen sind vorliegend ausschließlich nach Maßgabe des § 41a Abs. 3 und Abs. 6 den tatsächlichen Verhältnissen anzupassen. Soweit die Klägerin sinngemäß Vertrauensschutzgesichtspunkte geltend macht ist darauf hinzuweisen, dass die Vertrauensschutz einräumenden Bestimmungen der §§ 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II, 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) nicht anwendbar sind (BSG, Urteil vom 11. Juli 2019 - B 14 AS 44/18 R; zu § 42 SGB I BSG, Urteile vom 1. Juli 2020 - B 11 AL 19/09 R und vom 26. Juni 2007 - B 2 U 5/06 R). Unerheblich ist insbesondere, dass die Vorläufigkeitserklärungen (rechtmäßig) aus anderen Gründen als der Prüfung des Ausschlusstatbestandes nach § 7 Abs. 5 SGB II erfolgt sind – es bestanden Unklarheiten hinsichtlich der tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung. Nach dem Wortlaut und dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung des § 41a SGB II ist es bei einer vorläufigen Bewilligung der Behörde nicht verwehrt, die endgültige Leistung aus einem Grund niedriger festzusetzen oder abzulehnen, der mit der Vorläufigkeit nichts zu tun hat. Die vorläufige Leistungsbewilligung nach § 41a Abs. 1 SGB II soll ausschließlich im Interesse des Betroffenen eine schnelle Sicherung der Lebensgrundlage ermöglichen und entfaltet damit keinerlei Bindungswirkung über die vorläufige Bewilligung hinaus. Vorläufige Bewilligungen zielen (in erster Linie im Interesse des Betroffenen) ausschließlich auf eine Zwischenlösung und sind demgemäß auf die Ersetzung durch eine endgültige Entscheidung nach Wegfall der Vorläufigkeitsvoraussetzungen angelegt. Vorläufig bewilligte Leistungen sind als aliud gegenüber endgültigen Leistungen anzusehen (BSG, Urteile vom 29. April 2015 - B 14 AS 31/14 R und vom 15. August 2002 - B 7 AL 24/01 R; Landessozialgericht [LSG] Sachsen, Urteil vom 18. Februar 2010 - L 3 AL 28/09; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 4. Juni 2020 – L 7 AS 59/18 – juris Rn. 26). Die Regelung des § 41a Abs. 2 Satz 1 SGB II, wonach Umfang und Grund der Vorläufigkeit anzugeben sind, ändert hieran nichts (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 19. März 2014 - L 13 AS 325/11; vgl. O. Loose in: GK-SGB II, Stand: 11/2023, § 41a Rn. 55). Eine Bindungswirkung ist allenfalls möglich, wenn einzelne für die Endentscheidung maßgebliche Feststellungen bereits im Rahmen der vorläufigen Entscheidung abschließend getroffen worden sind. Die erlassenen vorläufigen Bescheide enthalten auch keinen eigenständigen abgrenzbaren Verfügungssatz dahingehend, dass ein Leistungsanspruch dem Grunde nach anerkannt wird. Eine isolierte Anerkennung einzelner Anspruchsvoraussetzungen für Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts oder eine isolierte Entscheidung über das Nichtbestehen von Leistungsausschlussgründen ist im SGB II nicht vorgesehen und auch den hier maßgeblichen vorläufigen Bewilligungsbescheiden nicht zu entnehmen.
Die Voraussetzungen nach § 41a Abs. 3 und 6 SGB II liegen vor. Die Beschränkung der Leistungen auf die Leistungen für Auszubildende ist rechtmäßig, auch der Höhe nach. Die Klägerin hat im streitigen Zeitraum keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, denn sie war gemäß § 7 Abs. 5 SGB II vom Leistungsbezug ausgeschlossen, weil sie ein dem Grunde nach BAföG-berechtigendes Studium absolviert hat und das Vorliegen einer Rückausnahme des § 7 Abs. 6 SGB II nicht festgestellt werden kann. Insoweit verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des SG, die er sich nach eigener Prüfung zu eigen macht. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der Rückausnahmetatbestand des § 7 Abs. 6 Nr. 2 SGB II auch deshalb nicht greift, weil die Klägerin nicht zum Adressatenkreis der Vorschrift gehört. Die Rückausnahme des § 7 Abs. 6 Nr. 2, 1. Alternative SGB II gilt nur für diejenigen Hochschulstudenten, deren Bedarf sich nach § 13 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. Abs. 2 BAföG richtet und damit an Studierende, die bei ihren Eltern wohnen, was bei der Klägerin, die mit ihrer Tochter eine Wohnung angemietet hat, ersichtlich nicht der Fall ist. Darüber hinaus richtet sich die 2. Alternative des § 7 Abs. 6 Nr. 2 SGB II durch die Inbezugnahme des § 13 Abs. 1 Nr. 1 BAföG gerade nicht an Hochschulstudenten, sondern an Auszubildende in Fachschulklassen, deren Besuch eine abgeschlossene Berufsausbildung voraussetzt, Abendgymnasien und Kollegs.
Die Klägerin, die als Studentin der Rechtswissenschaften vom Arbeitslosengeld II ausgeschlossen war, hat auch keinen Anspruch auf eine analoge Gewährung dieser Leistung. Insofern fehlt es an einer planwidrigen Regelungslücke. Ob eine planwidrige Lücke innerhalb des Regelungszusammenhangs eines Gesetzes - im Sinne des Fehlens rechtlicher Regelungsinhalte dort, wo sie für bestimmte Sachverhalte erwartet werden - anzunehmen ist, bestimmt sich ausgehend von der gesetzlichen Regelung selbst, den ihr zugrundeliegenden Regelungsabsichten, den verfolgten Zwecken und Wertungen, auch gemessen am Maßstab der gesamten Rechtsordnung (vgl. BSG, Urteil vom 22. November 2011 – B 4 AS 219/10 R – juris Rn. 17 m. w. N.). Dafür, dass der Gesetzgeber eine Regelungslücke übersehen hätte, bestehen keine Anhaltspunkte. Der Gesetzgeber hat sich vielmehr bewusst entschlossen, dass Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des BAföG dem Grunde nach förderungsfähig ist, über die Leistungen nach § 27 SGB II hinaus keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld II haben, da die Grundsicherung nicht dazu dient, das Betreiben einer dem Grunde nach anderweitig förderungsfähigen Ausbildung auf einer weiteren Ebene durch Sicherstellung des allgemeinen Lebensunterhalts zu ermöglichen. Auszubildende sind vielmehr gehalten, ihre Bedarfe im jeweiligen System der Ausbildungsförderung sicherzustellen. Der § 7 Abs. 5 SGB II ist damit Ausdruck der bezweckten Verhinderung einer (verdeckten) Ausbildungsförderung durch das SGB II.
Die der Klägerin mit dem Bescheid vom 27. Mai 2020 gewährten Leistungen nach § 27 Abs. 2 SGB II sind rechtmäßig. Es besteht kein höherer Anspruch nach dieser Norm. Nach § 27 Abs. 2 SGB II werden Leistungen in Höhe der Mehrbedarfe nach § 21 Abs. 2, 3, 5 und 6 und in Höhe der Leistungen nach § 24 Abs. 3 Nummer 2 erbracht, soweit die Mehrbedarfe nicht durch zu berücksichtigendes Einkommen oder Vermögen gedeckt sind. Nach der Trennung von ihrem Ehemann im März 2019 lebte die Klägerin mit ihrer am 4. April 2012 geborenen minderjährigen Tochter zusammen und sorgte allein für deren Pflege und Erziehung, sodass ihr zutreffend bis zum 4. April 2019 ein Mehrbedarf nach § 21 Abs. 3 Nr. 1 SGB II i. H. v. 36 Prozent und ab dem 5. April 2019, d. h. ab dem Tag des 7. Geburtstages ihrer Tochter, nach § 21 Abs. 3 Nr. 2 SGB II i. H. v. 12 Prozent des nach § 20 Abs. 2 maßgebenden Bedarfs bewilligt worden ist. Die Voraussetzungen weiterer Tatbestände dieser Norm waren im Fall der Klägerin ersichtlich nicht erfüllt.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zuschussleistungen nach § 27 Abs. 3 Satz 2 SGB II in der (maßgeblichen) ab dem 1. August 2016 geltenden Fassung, denn sie gehörte im streitbefangenen Zeitraum nicht zum berechtigten Personenkreis. Nach § 27 Abs. 3 Satz 1 SGB II können Leistungen für Regelbedarfe, den Mehrbedarf nach § 21 Absatz 7, Bedarfe für Unterkunft und Heizung, Bedarfe für Bildung und Teilhabe und notwendige Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung als Darlehen erbracht werden, sofern der Leistungsausschluss nach § 7 Absatz 5 eine besondere Härte bedeutet. Nach Satz 2 ist eine besondere Härte auch anzunehmen, wenn Auszubildenden, deren Bedarf sich nach §§ 12 oder 13 Absatz 1 Nummer 1 des BAföG bemisst, aufgrund von § 10 Absatz 3 des BAföG keine Leistungen zustehen, diese Ausbildung im Einzelfall für die Eingliederung der oder des Auszubildenden in das Erwerbsleben zwingend erforderlich ist und ohne die Erbringung von Leistungen zum Lebensunterhalt der Abbruch der Ausbildung droht; in diesem Fall sind Leistungen als Zuschuss zu erbringen. Zuschussberechtigt sind danach Auszubildende an Fachschulklassen, deren Besuch eine abgeschlossenen Berufsausbildung voraussetzt, Abendgymnasien und Kollegs. Nicht von § 7 Abs. 3 S. 2 SGB II erfasst sind danach Studierende an Hochschulen (LSG Hamburg, Urteil vom 13. Juni 2022 – L 4 AS 278/21 – juris Rn. 64; Silbermann in: Luik/Harich SGB II, 6. Auflage 2024, § 27 Rn. 46 m. w. N.; Lauterbach in: beck-online-GK, Stand 1. Dezember 2021, Rn. 13; A. Loose in: GK-SGB II, Stand 1/2019, § 27 Rn. 45 f.).
Der Senat kann offenlassen, ob der hilfsweise geltend gemachte Anspruch auf ein Darlehen nach § 27 Abs. 3 SGB II zulässiger Gegenstand dieses Verfahrens sein kann. Dagegen könnte sprechen, dass es insoweit bereits an einer überprüfbaren Entscheidung durch den Beklagten fehlt. Mit der endgültigen Festsetzung entscheidet der Leistungsträger wohl nicht auch inzident über einen etwaigen Darlehensanspruch nach § 27 Abs. 3 SGB II. Die Frage kann dahinstehen, denn die Voraussetzungen für eine darlehensweise Gewährung von (weitergehenden) Leistungen liegen nicht vor; der Senat hat keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Situation der Klägerin einen besonderen Härtefall darstellen könnte. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen in dem weiteren Urteil des Senats vom 28. Mai 2024 in dem von der Klägerin unter dem Aktenzeichen L 15 AS 158/24 geführten Berufungsverfahren verwiesen.
Die Erstattungsentscheidung vom 15. April 2020 in der Fassung des Erstattungsbescheids vom 27. Mai 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 31. Juli 2020 in der Fassung des Teilanerkenntnisses vom 7. Mai 2024 ist auch im Übrigen rechtmäßig, nachdem der Beklagte von einer Rückforderung für den Monat April 2019 mangels fehlender vorläufiger Entscheidung – der Beklagte hatte die vorläufige Entscheidung vom 28. Mai 2019 bereits mit dem Abhilfebescheid vom 21. Juni 2019 aufgehoben – abgesehen hat. Zutreffend hat der Beklagte auch die der Klägerin mit Leistungsbescheid vom 27. Mai 2020 gewährten Leistungen abgesetzt (§ 41a Abs. 6 SGB II). Berechnungsfehler sind weder ersichtlich noch vorgetragen.
Der Umstand, dass die Klägerin sich im Hinblick auf die Fortführung ihres Studiums korrekt verhalten, diesen Umstand dem Beklagten bereits bei Antragstellung mitgeteilt hat und die Bewilligung der Leistungen ggf. auf der fehlerhaften Einschätzung der Rechtslage des Beklagten beruht, begründet eine Rechtswidrigkeit der Ablehnung von Arbeitslosengeld II und der Erstattungsforderung nicht. Etwaigen damit verbundenen Bedenken, insbesondere im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit, wäre nicht auf der Primär-, sondern auf der Sekundärebene bei der Geltendmachung der Forderung durch den Beklagten Rechnung zu tragen. § 44 SGB II sieht insofern die Möglichkeit eines Erlasses von Ansprüchen durch den Leistungsträger vor, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre (vgl. BSG, Urteil vom 25. April 2018 - B 4 AS 29/17 R).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.