S 14 BA 57/23

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Münster (NRW)
Sachgebiet
Betriebsprüfungen
Abteilung
14
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 14 BA 57/23
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

 

 

 

 

Der Bescheid der Beklagten vom 26.05.2023 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.09.2023 wird aufgehoben, soweit die Tätigkeit der Beigeladenen bei der Klägerin mit einer Beitragsnachforderung in Höhe von 7.197,01 € belegt worden ist.

 

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

 

Der Streitwert wird endgültig festgesetzt auf 7.451,94 Euro.

 

Tatbestand:

 

Die Beteiligten streiten noch über Versicherungs- und Beitragspflicht für die beigeladene Frau T. W. als Arbeitnehmerin im Hinblick auf ihr Tätigwerden als Reinigungsraft in dem Gewerbetrieb der Klägerin gemäß Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) unter gleichzeitiger Beitrags-Nachforderung iHv insges. 7.197,01 Euro bezogen auf den (Putz-) und Prüfzeitraum von Januar 2018 bis Dezember 2021.

 

Nicht weiter streitig ist hingegen zum einen die Nachforderung der Beklagten im Zusammenhang mit Bußgeldern iHv insgesamt 254,96 Euro. Insoweit hatte die Beklagte mit dem angegriffenen Bescheid bezüglich des o.g. Prüfzeitraums ausgehend von einer vorherigen Lohnsteueraußenprüfung des Finanzamts D. im Jahr 2019 eben auch Buß- und Verwarngelder betreffend tatsächlich betriebsangehöriger Mitarbeiter zum Arbeitsentgelt als Beitragslast für die Klägerin hinzuzugerechnet. Die betraf einige im Außendienst tätige gewerblich/handwerkliche Mitarbeiter der Klägerin, die straßenverkehrsrechtlich mit Buß- und Verwarngelder nach Geschwindigkeitsüberschreitungen mit Firmenfahrzeugen in Erscheinung getreten waren. Die Klägerin hatte diese dann übernommen. Die Anfechtung dieser Teilregelung in den o.g. Bescheiden der Beklagten hat die Klägerin nach richterlichem Hinweis auf  Tatbestandswirkung finanzamtlicher Feststellungen durch entsprechende Klagebeschränkung im Termin zur mündlichen Verhandlung am 12.08.2024 nicht weiter verfolgt.

 

Hinsichtlich der Beigeladenen stellt sich der Sachverhalt wie folgt dar : FrauT. W., geb. 00.00.1992, wohnhaft weiterhin in N., ist seit mittlerweile mehr als 10 Jahren selbstständig mit dem Gewerbe als Reinigungsservice und Hauswirtschaft angemeldet. Hierauf wurde die Klägerin durch einen ihrer Kunden aufmerksam gemacht. Die Klägerin selbst ist ein langjährig existentes, inhabergeführtes Fachunternehmen des Dachdeckerhandwerks mit mehrköpfiger Belegschaft und eigenen Betriebsräumlichkeiten in  I./Kreis D.. Die Geschäftsführung der Klägerin nahm – nach besagtem Kunden-Hinweis -   Kontakt mit Frau W. auf und vereinbarte mit ihr, dass Frau W. die Büroräume und Sanitärräume der Klägerin nach näherer Absprache regelmäßig entgeltlich reinigen sollte. Frau W. wurde freigestellt, wann genau sie diese Reinigungsarbeiten im Betrieb der Klägerin durchführt. Vorgegeben wurde lediglich, dass die Tätigkeit außerhalb der üblichen Bürozeiten statt zu finden habe, um den Geschäftsbetrieb der Klägerin nicht zu stören. Um ihr uneingeschränkt Zutritt außerhalb der Bürozeiten zu ermöglichen, erhielt sie einen Schlüssel der zu reinigenden Räumlichkeiten. Sie arbeitet seitdem regelmäßig als Reinigungskraft für die Klägerin an zwei Werktagen wöchentlich. Sie rechnet dafür monatlich auf Stundensatzbasis ab. Dieser belief sich im streitigen Prüfzeitraum auf 12,00 € stündlich. Für die Durchführung der Arbeiten benutzt Frau W. ihre Putzmittel und Reinigungsgerätschaften, teilweise werden ihr auch für bestimmte Reinigungsarbeiten Reinigungsgeräte klägerischerseits zur Verfügung gestellt.

 

Nach einer im August 2022 begonnenen Betriebsprüfung der Beklagten bei der Klägerin sowie anschließender Anhörung der Klägerin mit Schreiben vom 20.04.2023 erließ die Beklagte den hier angefochtenen streitigen Bescheid vom 26.05.2023. Sie erhob darin im Wesentlichen Sozialversicherungsnachforderungen in Bezug auf Frau W. in Höhe von 7.197,01 Euro sowie die Nachforderungen im Zusammenhang mit den bereits genannten Bußgeldern in Höhe von insgesamt 254,96 Euro. Zudem gab es weitere Feststellungen u.a. bezüglich fehlender und daher nachzufordernder Umlagen für U1- und U2-Beiträge sowie die Insolvenzgeldumlage. Damit waren ebenfalls Beitragsnachforderungen verbunden, die von der Klägerin hier jedoch explizit nicht klägerischerseits angefochten wurden.

 

Gegen den Bescheid vom 26.05.2023 richtete sich der Widerspruch der Klägerin vom 07.06.2022 mit der wesentlichen Begründung, es sei kein Beschäftigungsverhältnis zu Frau W. gegeben. Daher bestehe schon kein Nachforderungsanspruch auf Pflichtbeiträge etc. dem Grunde nach. Im Zeitraum vom 01.01.2018 bis 31.12.2021 sei Frau W. schon deshalb als selbstständig einzustufen, denn sie habe ihre Arbeitszeit im Wesentlichen frei bestimmen können und habe zudem selbst entschieden, welche Reinigungsarbeiten sie an welcher Stelle in dem Bürogebäude der Klägerin in I.  ausführte. Arbeitsanweisungen hätte ihr die Klägerin nicht erteilt; das Reinigungsmaterial habe Frau W. zu einem wesentlichen Teil auch selbst besorgt bzw. bei Verbrauch nachgekauft. Es sei zudem keinerlei Eingliederung in die Betriebsorganisation der Klägerin erfolgt. Frau W. habe ihre Tätigkeit immer mit Rechnung turnusmäßig selbst abgerechnet. All das spreche für eine selbständige Tätigkeit, so dass hierfür keine Beiträge an Sozialversicherungsträger nach zu entrichten seien.

 

Nach Überprüfung unter Auswertung eines umfangreichen weiteren Sonder-Fragebogens vom 13.07.2023, ausführlich beantwortet von Frau W. am 7.8.2023  über 7 Seiten Umfang bei 10 differenzierten Haupt - und nachgehend vielzählig weiterem Sub-Fragen-Apparat ( vgl. vollständig Bl. 130 bis Bl. 135 Papier-Verwaltungsakte der Beklagten, Vor- und überwiegend auch Rückseiten), wies die Beklagte sodann den Rechtsbehelf der Klägerin vom Juni 2023 durch abschlägigen Widerspruchsbescheid vom 11.09.2023 vollständig zurück. Die Kammer sieht aus grundsätzlichen Erwägungen von dessen Wiedergabe ab. Verwiesen wird vollumfänglich auf Lektüre von  Bl. 205 bis Bl. 218 ( sic!) der Papier-Verwaltungsakte der Beklagten, nochmals ernsthaft mehr als 12 Seiten Kleindruck der Beklagten im Schwerpunkt für eine Putztätigkeit im streitigen Umfang von rund 7.100 Euro…

 

Der Bevollmächtigte der Klägerin hat dagegen rechtzeitig am 04.10.2023 diese Klage bei dem Sozialgericht (SG) Münster erhoben. Auch wegen der Einzelheiten der Klagebegründung, die im Wesentlichen den Widerspruchs-Vortrag wiederholt und auch vertieft, verweist die Kammer – auch eingedenk ihrer Rechtsprechung-Verantwortung in derzeit mehreren hundert weiteren gerichtlichen Streitverfahren -  nochmals auf den Akteninhalt, nunmehr Bl. 16 bis Bl. 19 der elektronisch geführten Gerichtsakte.

 

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 26.05.2023 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.09.2023 aufzuheben, soweit darin Beitragserhebung bezüglich der Beigeladenen im Umfang von 7.197,01 € seitens der Beklagten gegenüber der Klägerin festgesetzt wurde.

 

Die Beklagte beantragt,

 die Klage abzuweisen.

 

Die Beklagtenseite hält an ihrer getroffenen Entscheidung fest.

 

Das Gericht hat die Verwaltungsakte der Beklagten beigezogen und im Übrigen durch Beschluss vom 08.05.2024 Frau T. W. aus N. gemäß § 75 Abs. 1, Abs.2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beigeladen.

Die Beigeladene hat nicht selbst schriftlich zur Sache vorgetragen und keinen eigenen Antrag gestellt.

 

 

Die Kammer hat im Verhandlungstermin die Beigeladene informatorisch zu den Umständen ihrer Tätigkeit im Betrieb des Klägers befragt. Zu ihren Erklärungen im Einzelnen wird auf die Niederschrift vom 12.08.2024 in der allein elektronisch geführten Gerichtsakte verwiesen.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der allein elektronisch geführten Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung, Beratung und Entscheidungsfindung des Gerichts waren, Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

 

Die form- und fristwahrend nach dem SGG erhobene, auch statthafte Klage ist zulässig und begründet. Die Klägerin ist durch die angefochtene Verwaltungsentscheidung im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert, da der Bescheid der Beklagten vom 26.05.2023 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.09.2023 rechtswidrig ist. Denn die Beklagte hat darin zu Unrecht eine Versicherungspflicht für die Beigeladene und darauf bezogene Verpflichtung zur Beitragsnachentrichtung seitens der Klägerin festgestellt. Das ist zur festen Überzeugung des Gerichts rechtsfehlerhaft und war wie geschehen zu korrigieren.

 

Der Versicherungspflicht unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV . Danach ist Beschäftigung die nicht selbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (§ 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung generell voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich danach, welche Umstände das Gesamtbild der Arbeitsleistung prägen und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (st. Rspr.; vgl. zum Ganzen z.B. BSG Urteil vom 16.08.2017 - B 12 KR 14/16 RBSG Urteil vom 31.03.2017 - B 12 R 7/15 RBSG Urteil vom 30.04.2013 -  B 12 KR 19/11 R; ,jeweils nach juris).

 

Bei der danach vorzunehmenden Beurteilung auch der Verrichtung von Reinigungstätigkeiten gelten grundsätzlich keine abweichenden Maßstäbe. Insoweit ist auch dies nicht durch ein besonderes Tätigkeitsbild im sozialversicherungsrechtlichen Sinne gekennzeichnet. Die Abgrenzung zwischen Beschäftigung und Selbstständigkeit erfolgt eben nicht abstrakt für bestimmte Berufsfelder bzw. Tätigkeitsbilder. Es ist daher mit der ständigen Rechtsprechung des BSG möglich, dass ein und derselbe Beruf - je nach konkreter Ausgestaltung der vertraglichen Grundlagen in ihrer gelebten Praxis - entweder in Form der Beschäftigung oder als selbstständige Tätigkeit ausgeübt wird. Maßgeblich sind stets die konkreten Umstände des individuellen Sachverhalts.  

 

Dabei kommt hier der Schilderung der Klägerin (1.) und insbesondere den Angaben der Beigeladenen (2.) maßgebliche Bedeutung für die rechtliche Einordnung insgesamt (3.) zu.

 

1.)Bereits mit dem klägerischen Vortrag ist  festzuhalten, dass jedenfalls die Tätigkeit der Beigeladenen dort  im hier streitigen Prüf-Zeitraum nicht versicherungspflichtig iSd SGB IV war. Das hat die Klägerin nachvollziehbar und überzeugend und damit vollständig zitierbar im Wesentlichen bereits mit schriftlicher Klagebegründung vom 03.01.2024 anwaltlich wie folgt ausführen lassen: „ Die Beklagte meint, Frau W. sei in den betrieblichen Ablauf der Klägerin eingegliedert gewesen. Mit der generellen Bereitschaft, für die GmbH tätig zu werden, habe sich Frau W. in die von der GmbH vorgegebene Organisationsstruktur eingegliedert. Es seien zum Zeitpunkt der Tätigkeitsaufnahme Absprachen zum Arbeitsumfang getroffen und festgelegt worden, darüber hinaus sei besprochen worden, dass Sonderarbeiten wie Türenreinigung, Schrankfrontenreinigung, Kühlschrankreinigung und Anderes unregelmäßig entsprechend vorgenommen werden. Derartige Absprachen hat es tatsächlich nicht gegeben. Diese wären im Übrigen auch keinerlei Indiz für eine Eingliederung in den betrieblichen Ablauf der Klägerin. Der Werkvertrag zwischen der Klägerin und Frau W. sieht vor, dass Frau W. die Büro- und Sanitärräume der Klägerin zu reinigen hat. Weder wurden Absprachen zum Arbeitsumfang getroffen oder festgelegt, schon gar nicht wurde über Einzelheiten der durchzuführenden Arbeiten gesprochen. Frau W. hat völlig selbständig entschieden, wann und welche Arbeiten von ihr durchzuführen sind. Sie entschied sich dazu, diverse Arbeiten regelmäßig zwei Mal in der Woche vorzunehmen, während andere Arbeiten wie beispielsweise Reinigung der Türen etc. unregelmäßig im Falle des Erfordernisses durchgeführt werden. Absprachen hierzu hat es nicht gegeben. Frau W. war insoweit vollkommen frei in der Ausübung ihrer Tätigkeiten. Die einzige Vorgabe die ihr gemacht wurde, war, dass die Arbeiten außerhalb der Bürozeiten stattzufinden haben, um den Geschäftsbetrieb nicht zu stören. Von einer Eingliederung in den klägerischen Betrieb kann nach alledem nicht die Rede sein. Auch fehlt es an der erforderlichen Weisungsgebundenheit. Frau W. schuldete nach dem mit der Klägerin abgeschlossenen Werkvertrag die Reinigung der Büro- und Sanitärräume der Klägerin. Wann und auf welche Art und Weise sie den geschuldeten Erfolg herbeiführte, oblag ausschließlich Frau W. selbst, Weisungen hierzu wurden von der Klägerin zu keiner Zeit erteilt. Das einzige Kriterium, was für eine Eingliederung von Frau W. in den klägerischen Betrieb sprechen könnte, ist, dass sie für die Reinigung bestimmter Bereiche auf Reinigungsgeräte der Klägerin zurückgegriffen hat. Allein dieser Umstand rechtfertigt aber keine Eingliederung in den Betrieb des Auftraggebers, wenn im Übrigen eine Reinigungskraft über ihre Arbeitskraft frei verfügen und die Tätigkeit im Wesentlichen frei gestalten kann (Urteil des Sozialgerichts (SG)  Stuttgar vom t, S 20 BA 2427/19).

2.

Die Beklagte meint des Weiteren, Frau W. sei als abhängig Beschäftigte für die Klägerin tätig geworden, da sie kein Unternehmerrisiko trüge. Es entstünden keine wesentlichen Kosten für Putzmittel/Putzgeräte, darüber hinaus habe sie kein eigenes nennenswertes Kapital zur Ausübung der Tätigkeit eingesetzt.

Auch diese Argumente vermögen nicht zu überzeugen. Richtig ist sicherlich, dass Frau W. als Reinigungskraft nur ein geringes Unternehmerrisiko hat. Nennenswerte Kapitalaufwendungen bestehen nicht. Sie muss lediglich mit ihrem eigenen Fahrzeug die jeweilige zu reinigende Betriebsstätte erreichen und verwendet für die Reinigungstätigkeiten im Wesentlichen eigene Reinigungsgeräte sowie eigenes Putzmittel.

Dieses geringe Unternehmerrisiko spricht jedoch nicht gegen eine Selbständigkeit. Bei Dienstleistungen, die im Wesentlichen nur Know-How sowie Arbeitszeit und Arbeitsaufwand voraussetzen, ist das unternehmerische Tätigwerden nicht mit größeren Investitionen verbunden. Das Fehlen solcher Investitionen ist damit bei reinen Dienstleistungen kein ins Gewicht fallendes Indiz für eine abhängige Beschäftigung und gegen unternehmerisches Tätigwerden (BSG, Urteil vom 31.03.2017, B 12 R 7/15 R). Merkmale, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen könnten, liegen mithin mit Ausnahme der gelegentlichen Nutzung von Reinigungsmitteln der Klägerin durch Frau W. nicht vor.

3.

Vielmehr sprechen diverse Merkmale für das Vorliegen einer Selbständigkeit. Frau W.  hat, jedenfalls nach Kenntnis der Klägerin, ein Gewerbe als „Reinigungsservice und Hauswirtschaft“ angemeldet. Daneben war Frau W. jeweils für diverse Auftraggeber tätig. Im fraglichen Zeitraum hatte sie sechs Kunden, bei welchen sie Reinigungsarbeiten ausführte. Frau W. hat jeweils Rechnungen über die Tätigkeiten geschrieben und ihre Einkünfte gegenüber dem Finanzamt als Einkünfte aus Gewerbebetrieb versteuert. Das maßgeblichste Kriterium ist sicherlich, worauf wir bereits vorstehend hingewiesen hatten, dass Frau W. in der Ausübung ihrer Reinigungstätigkeiten für die Klägerin weitestgehend frei war und keinerlei Weisungsrecht unterlag. Urlaub und Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall konnte sie nicht beanspruchen. Nach alledem war Frau W. im fraglichen Zeitraum als selbständige Unternehmerin für die Klägerin tätig, Sozialversicherungsbeiträge wurden somit zu Unrecht erhoben. Nach alledem ist der Bescheid der Beklagten vom 26.05.2023 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.09.2023 rechtswidrig und aufzuheben.“

 

Den anschaulichen und in diesem Fallkontext vollauf überzeugenden Ausführungen pflichtet das Gericht hier bei. Denn auch nach Einschätzung der gesamten Kammer - unter Berücksichtigung einer den Beteiligten klar und offen wiedergegebenen internen Zwischenberatung noch im Verhandlungstermin am 12.08.2024 - liegt hier primär eben eher ein Fall des sog. selbstständigen Niedrigeinkommens-Sektors vor. Es handelt sich erkennbar und klar um Selbstständigkeit der Beigeladenen, soweit sie in den Räumlichkeiten der Klägerin – und darum geht es hier – regelmäßig zwei Mal wöchentlich putzt.

 

2.)In der Wertung des Gerichts ist hier im Weiteren im Hinblick auf die eingehend zu würdigenden Inhalte der Verwaltungsakte und der nochmalig bestätigten Angaben der Beigeladenen im Verhandlungstermin anlässlich ihrer informatorischen Anhörung festzuhalten, dass diese eben keine abhängig Beschäftigte der Klägerin war bzw. gewesen ist.

 

Dafür bezieht sich das Gericht maßgeblich auf die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung vom 12.08.2024 vor der erkennenden Kammer. Dort hat sich Frau W. ausweislich Terminsprotokoll vom 12.08.2024 im Rahmen der informatorischen Anhörung einleitend wie folgt geäußert: „Ich habe mich mit Erreichen der Volljährigkeit selbstständig gemacht. Das ist jedenfalls meine Vorstellung. Ich habe ein Gewerbe angemeldet und angefangen, im Reinigungsservice zu arbeiten. Das ist über 13 Jahre her. Ich habe keine Ausbildung diesbezüglich vorher absolviert, ich bin so von mir aus tätig geworden.“  

 

Sodann erfolgte vollständiger Vorhalt der Fragebögen-Apparate der Beklagten und Antwortkataloge der Beigeladenen aus dem Verwaltungs-/Vorverfahren bezüglich der jeweiligen Auskünfte der Beigeladenen. Auf den ersten Vorhalt durch den Vorsitzenden erklärte die Beigeladene : „Meine Angabe zum Fragebogenvordruck Ziffer 1 ) , Bl. 16 Papier-Verwaltungsakte der Beklagten  , obere Hälfte, ist zutreffend. Es trifft zu, dass ich mit Firma L. vereinbart habe, jeden Dienstag und Freitag für ca. 3 ½ Stunden je nach Arbeitsaufwand zum Putzen zu kommen.“

Auf Vorhalt zu Frage 2 des Fragebogenvordrucks Bl. 16 Papier-Verwaltungsakte der Beklagten , Mitte, erklärt die Beigeladene: „Insoweit ist die Darstellung in dem Fragebogenvordruck vom März 2023 nicht vollständig. Ich verweise auf meine Antworten vom Juli 2023, Bl. 130 ff. Verwaltungsakte der Beklagten.  Auf weiteren Vorhalt erklärt die Beigeladene zu Fragebogenvordruck Ziffer 3: Bl. 16 Papier-Verwaltungsakte der Beklagten , untere Hälfte : „Reinigungsmittel besorge ich auf eigene Kosten. Ja, die bringe ich mit. Und wenn aufgefüllt werden muss, kaufe ich diese immer und bringe die wieder mit.“

Auf Vorhalt des Vorsitzenden zu Frage 4, Fragebogenvordruck Bl.. 16 Papier-Verwaltungsakte der Beklagten, unten, bzgl. der Kalkulation der Einnahmen und Höhe des jeweils zu verlangenden Stundenlohns erklärt die Beigeladene unter Berücksichtigung entsprechender Nachfrage ebenfalls des Vertreters der Beklagten:  „Es ist so, ich habe mich erkundigt, wie hoch denn der übliche Stundenlohn im Reinigungsgewerbe liegt. Das war bei meinem Start im Jahr 2010, 10,-€ oder 11,-€ pro Stunde. Nach meiner Erinnerung - und auf Nachfrage des Vertreters der Beklagten - kann ich dazu ausführen, dass dies nach meiner Wahrnehmung nun mal die Vergütung für selbstständige Putztätigkeit war. Dazu habe ich bei anderen nachgefragt und mich erkundigt und daran orientiert. Dementsprechend habe ich so die Stundenvergütung berechnet.“

 

Auf die nochmalige Nachfrage des Vertreters der Beklagten dazu: „Ich weise auf die Höhe des tariflichen Mindestlohns vor Jahren hin, 11,40 € Stundenlohn im Reinigungsgewerbe für abhängig beschäftigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Ich kann nicht nachvollziehen, inwieweit dann einschließlich der Versicherungskosten und eigenen Vorsorgeaufwendungen für die Zukunft von Ihnen mit einem Stundenlohn von 14,-€ für freie, selbstständige Beschäftigung, Tätigkeit kalkuliert werden kann. Bitte erklären Sie dies.“   - hat die Beigeladene wie folgt beantwortet:  „Ich habe keine weiteren Kosten oder Aufwendungen. Ich habe kein Büro und keine Angestellten. Ich betreibe mein Unternehmen mit eigener Arbeitskraft. Diesbezüglich kann ich dementsprechend nach diesen Sätzen kalkulieren und tue das auch. So kann ich auch Kranken- und Rentenversicherung privat durch meine Arbeit bezahlen.“ Zu Frage 5, Fragebogenvordruck Bl. 17 Papier-Verwaltungsakte der Beklagten,  oben, erklärt die Beigeladene: „Ja, meine Angaben dort treffen zu. Selbstverständlich werden die Einnahmen über das Finanzamt steuerlich gemeldet. Das erledigt jeweils meine Steuerberaterin.“

 

Sodann wurden der Beigeladenen der Inhalt der Fragen und die Antworten im weiteren Fragebogenvordruck der Beklagten, Anlagen zum Schreiben vom 13.07.2023, jeweils detailliert, Frage für Frage, vorgehalten und bei ihr dann anschließend nachgefragt, inwieweit die dort getätigten Angaben ihrerseits zutreffen und aufrechterhalten werden. Die Fragen beziehen sich zugleich auf die schriftlichen Antworten der Beigeladenen vom 7.8.2023  über 7 Seiten Umfang bei 10 differenzierten Haupt - und nachgehend vielzählig weiterem Sub-Fragen-Apparat ( vgl. vollständig Bl. 130 bis Bl. 135 Papier-Verwaltungsakte der Beklagten, , Anlage zum Schreiben der Beklagten an die Beigeladene vom 13.07.2023.

 

Der Vorsitzende beginnt insoweit mit Frage 1, Bl. 130 Papier-Verwaltungsakte der Beklagten  im Zusatz-Fragebogen vom 13.07.2023 als Vorhalt. Dazu die Beigeladene: „Die Angaben zu Frage 1) a) bis e) im Fragebogenvordruck der Beklagten vom 13.07.2023, von mir ausgefüllt mit Unterschrift vom 07.08.2023, Bl. 130 Vor- und Rückseite der Verwaltungsakte sind tatsächlich richtig. Ich bleibe dabei. Diese Angaben habe ich zutreffend gemacht.“  Befragt nach dem Umfang der Reinigungstätigkeiten wöchentlich, an welchen Werktagen und der Zugangsmöglichkeit zu den zu reinigenden Büroräumen erklärt die Beigeladene: „Auch meine Angaben zu Frage 2), Fragebogenvordruck in der Anlage vom 13.07.2023, Bl. 131 oben Verwaltungsakte, treffen weiter zu. Es ist so wie ich das mit Datum vom 07.08.2023 gegenüber der Beklagten erklärt habe. Ebenso kann ich das zu den Angaben zu Frage 3) im Fragebogenvordruck , Anlage vom 13.07.2023, Bl. 131 Verwaltungsakte Mitte, bestätigen. Das stimmt auch heute noch und trifft so zu.“   Sodann erfolgt durch den Vorsitzenden Vorhalt von Frage 4) des Fragebogenvordrucks , Anlage vom 13.07.2023. Die Beigeladene erklärt: „Auch meine Antworten vom 07.08.2023 Bl 13 Vor- und Rückseite, Bl. 132 unten , Fragen 4) a) –c) Fragebogenvordruck. Bl. 131 Rückseite und sowie Bl. 132 oben Verwaltungsakte, kann ich weiterhin als zutreffend bestätigen. Dem ist nichts hinzuzufügen.“

 

Auf Vorhalt der Antworten zu den Fragen Ziffer 5) des Fragebogenvordrucks bzgl. weiterer Auftraggeber im Einzelnen unter detaillierter Angabe der Tätigkeiten und der jeweiligen Vergütungsstrukturen erklärt die Beigeladene: „Meine Angaben vom 07.08.2023 zu Ziffer 5) Fragebogenvordruck in der Anlage vom 13.07.2023, Bl. 132 Vorseite sowie Bl. 133 Vor- und Rückseite Bl. 133 bestätige ich. Das ist in meiner Erinnerung weiterhin zutreffend, also die Angaben sind so richtig.“  Sodann wird die Beigeladene zu Frage 6) des Fragebogenvordrucks vom 13.07.2023 nochmal befragt bzgl. der Gewerbeanmeldung als einem Umstand der Selbstständigkeit, der Auftrags-Akquise und schließlich der fehlenden Werbung im Internet.  Zu Frage 6) Fragebogenvordruck vom 13.07.2023, Bl. 134 Vorseite, oben, Verwaltungsakte, erklärt die Beigeladene auf Nachfrage des Vorsitzenden: „Meine damaligen Antworten im August 2023 sind weiterhin zutreffend. So läuft bei mir die Gewinnung neuer Auftraggeber.“

 

Auf ergänzende Nachfrage des Vorsitzenden dazu erklärt die Beigeladene im Termin vom 12.08.2024: „Es gibt keine schriftlichen Absprachen. Mit keinem meiner Auftraggeber. Bei allen Privatpersonen und sämtlichen Firmen, die ich aufgeführt habe, ist es so, dass mündliche Vereinbarungen reichen. Gesonderte Verträge oder dergleichen wurden nie unterzeichnet. Von mir gibt es so etwas nicht.“

 

Auf Nachfrage erklärt die Beigeladene zu Frage 8) Fragebogenvordruck vom 13.07.2023 bzgl. der Urlaubsregelung. „Zu den möglichen Urlaubsvertretungen und Urlaubsabwesenheiten in Absprache mit dem Auftraggeber treffen die Antworten auf Seite 134, Verwaltungsakte Vorderseite, zu Ziffer 8) Fragebogenvordruck in der Anlage vom 13.07.2023, weiter zu.“

 

Auf Nachfrage zu Frage 9), Fragebogenvordruck Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 13.07.2023, Bl. 135 Verwaltungsakte, erklärt die Beigeladene: „Ich bleibe dabei. Meine Antwort dort hinsichtlich fehlender Teilnahme an sämtlichen Arten von internen Betriebsveranstaltungen und Feierlichkeiten ebenso wie fehlender Bezug irgendwelcher Geschenke oder Sonderzahlungen für meine Arbeit treffen zu. Diese Angaben aus August 2023 entsprechen der Wirklichkeit.“

 

Auf Nachfrage des Vorsitzenden zu Frage 10), Fragebogenvordruck Bl. 135 Verwaltungsakte , Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 13.07.2023, erklärt die Beigeladene: „Es ist richtig, ich war von der „Firma B. I. GmbH“ in dem besagten Zeitraum (2019 – 2023) als Mini-Jobberin gemeldet. Beabsichtigt hatte ich, in diesem Unternehmen (Immobilienverwalter) als Zukunftsperspektive weitere Aufgaben zu übernehmen im Bereich Hausmeisterservice. Allerdings hat sich das überwiegend zerschlagen bzw. ist nicht zustande gekommen Grund dafür war vor allem die Corona Pandemie. Meine selbstständige Reinigungstätigkeit erfolgte als geringfügig gemeldet als Mini-Jobberin. Schließlich war ich nach Februar 2023 wieder selbstständige Reinigungskraft . Das ist richtig, wurde mit der Firma I. GmbH auch genau so gehandhabt und entspricht meiner Erinnerung.

Für die Tätigkeit bei Firma „N.N. K. I.“ ist es auch richtig, dass ich da ab 01.02.2023 als Mini-Jobberin gemeldet war. Die Arbeiten waren im Wesentlichen Handwerksarbeiten in Form von Stickereien, Monogrammstickerei, so wie die Firmenbezeichnung das ja auch nahelegt. Es wurden Badetücher, Taschen, Servietten und ähnliche Artikel dann mit Monogramm bestickt und vertrieben. Die Firma hat sich verkleinert. Folge ist, dass zum Mai 2024 die Minijob Beschäftigung im Betrieb von Frau I. meinerseits auch beendet wurde. Das als Ergänzung zu meinen Angaben Stand 07.08.2023 zu Ziffer 10) des Fragebogenvordrucks in der Anlage zum Schreiben der Beklagten vom 13.07.2023,“

 

3.) Die Schilderung der Klägerin und insbesondere die Angaben der Beigeladenen fügen sich widerspruchsfrei in den im Übrigen insoweit sicher festgestellten Sachverhalt ein. Das gilt auch für die in der Akte befindlichen Kopien von Einzel-Rechnungen der Beigeladenen an die Klägerin. Unstreitig wurden von der Beigeladenen im Betriebsgebäude/Büro der Klägerin die anfallenden Reinigungsarbeiten regelmäßig verrichtet. In Gesamtschau mit mehreren weiteren privaten Einzel-Auftraggebern sowie kommerziellen Kunden /Gewerbetreibenden in I. war ein Arbeitstag auch außerhalb einer Festanstellung damit ausgefüllt. Die Angaben der Beigeladenen zur Ausgestaltung und gelebten Handhabung ihrer selbstständig ausgeübten Reinigungstätigkeit sind in sich insgesamt schlüssig, nachvollziehbar und überzeugend zur Stützung des Vorbringens der Klägerin.  

 

Dabei hat das Gericht bewusst im Rahmen der informatorischen Anhörung auch eigene Zusätze eingefügt wie die ergänzende Nachfrage zu schriftlichen Vereinbarungen. Dazu erklärte die Beigeladene im Termin vom 12.08.2024 sodann wörtlich „Es gibt keine schriftlichen Absprachen. Mit keinem meiner Auftraggeber. Bei allen Privatpersonen und sämtlichen Firmen, die ich aufgeführt habe, ist es so, dass mündliche Vereinbarungen reichen. Gesonderte Verträge oder dergleichen wurden nie unterzeichnet. Von mir gibt es so etwas nicht.“ Auch danach, in sich schlüssig und widerspruchsfrei beantwortet, wird die Beigeladene von der erkennenden Kammer als eine freie Reinigungsunternehmerin im Einpersonenbetrieb angesehen, indiziert auch durch eine Anzahl von weiteren Reinigungs-Auftraggebern unter Durchführung einer durchaus differenzierten Kosten- und Arbeitsstruktur der Beigeladenen im Einzelfall.

 

Nach alledem war bzw. ist die Beigelade – und darum geht es hier maßgeblich-  eben gerade keine abhängig beschäftigte Arbeitnehmerin der Klägerin gewesen. Das ist die Überzeugung der Kammer ( vgl. § 128 SGG). Es wird dafür vom Gericht auch nochmal besonders Folgendes berücksichtigt: Es gibt differenzierte Preishöhen für die verschiedenen Auftraggeber, entsprechend unterschiedlichen Umfang der Arbeitstätigkeit-, Auftragsleistungen der Beigeladenen dort. In Gesamtschau fehlen nach alledem durchschlagende tatsächliche Umstände, die es im Vergleich mit anderen durchaus auch dem Gericht bekannten und durchaus auch als abhängige Beschäftigung zu wertenden Lebenssachverhalten, ier im Falle der Beigeladenen nahelegen würden, sie als abhängig Beschäftigte der Klägerin zu sehen.

 

Besondere soziale Schutzbedürftigkeit, die die Kammer schließlich auch regelmäßig bei ihrer eigenen Überprüfung versicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse nach dem SGB IV bzw. selbstständiger Gewerbeausübung mit berücksichtigt und würdigt, ist bei der Beigeladenen auch nicht als problematisch anzusehen. Denn eine eigene Vorsorge wird von der Beigeladenen glaubhaft, z.T. mit Unterlagen der Steuerberaterin anbewiesen, betrieben. Die Beigeladene ist durch ihre eigene - durchaus als erkennbar fleißig zu kennzeichnende - Arbeitsleistung als Dienstleisterin in Bezug auf die Klägerin jedenfalls als Selbstständige tätig. Vor dem Hintergrund hat der angefochtenen Beitrags- bzw. Widerspruchsbescheid der Beklagten für die Kammer insoweit zu Recht keinen Bestand.

 

Als Fazit nochmals gesondert  für die Beklagte zusammengefast : Nach Überzeugung der Kammer spricht namentlich das Ergebnis der informatorischen Anhörung der Beigeladenen in Gesamtschau mit den aktenkundigen Unterlagen einschließlich auch der selbst erstellten Eigenrechnungen sowie der Tatsache der durchaus teuren eigenen privaten Krankenversicherung der Beigeladenen seit mittlerweile langen Jahren auf ihre Kosten bereits maßgeblich gegen die Annahme, dass die Beigeladene für den Betrieb der Klägerin während des hier streitigen Betriebsprüfungszeitraumes als Arbeitnehmerin in abhängiger Beschäftigung  tätig geworden ist. Unter Würdigung des Vorbringens der Klägerin – gleichberechtigtes Parteivorbringen zu den Ausführungen der Beklagten – namentlich in deren durchaus bei dieser Materie hier über-ausführlichen Widerspruchsbescheid vom 11.09.2023 -  und der eigenen Angaben der Beigeladenen zuletzt auch noch gegenüber der Klammer hier  im Klageverfahren ist – entgegen der bloßen Wiedergabe von Rechtsprechungsgrundlagen durch die Beklagte – damit einzelfallbezogen sehr wohl nachvollziehbar dargelegt dass die Beigeladene als Servicekraft mit mehreren Einsatzorten, auch Privathaushalten, in der streitigen Zeit Tätigkeiten als selbstständige Reinigungskraft für die Klägerin verrichtet hat. Neben der danach fehlenden Eingliederung der Beigeladenen in den Gewerbebetrieb der Klägerin und damit gegen das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung spricht zudem, dass die Klägerin als quasi „ambulante“ Gewerbe-Anbieterin für Reinigungsleistungen sachimmanent zwar keine eigene Betriebsstätte vorhielt, jedoch deutlich jedes Unternehmerrisiko selbst zu tragen hat.  Das ist für das Gericht nicht allein ein typischer Aspekt, der auf eine selbstständige Tätigkeit hindeutet, sondern letztlich in der Gesamtschau auch durchaus mit ausschlaggebend. Denn die Beigeladene trug seit Gewerbeanmeldung vor vielen Jahren bei der Stadt N. in jeder Hinsicht allein das unternehmerische Risiko für ihre wirtschaftliche Betätigung.

 

Für eine selbstständige Tätigkeit ist ein Unternehmerrisiko erforderlich. Das ist hier bei der Beigeladenen anzunehmen. Maßgebliches Kriterium ist es für ein solches Risiko, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr eines Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes des Mittels also ungewiss ist (BSG Urt. v. 28.05.2008 - B 12 KR 13/07 R, juris). Zum echten Unternehmerrisiko wird dies nach dem Verständnis der Kammer hier, weil bei Arbeitsmangel bzw. bei Krankheit nicht nur kein Einkommen in Bezug auf die Tätigkeit für die Klägerin (an zwei Tagen in der Arbeitswoche für jeweils einige Stunden) erzielt wird, sondern auch weitere Aufträge bei anderen Nachfragern, den der Klägerin quasi „benachbarten“ gewerblichen Auftraggebern wie auch den  privaten Haushalten in I. brachliegen.

Unter Abwägung all dieser Gesichtspunkte gelangt das Gericht zu der Überzeugung                    (§ 128 SGG) , dass die Beigeladene ihre Tätigkeiten für die Klägerin nicht auf der Grundlage eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse in Gestalt eines faktischen Arbeitsverhältnisses ausübt, womit anerkannt Versicherungspflicht zu den benannten vier gesetzlichen Pflichtversicherungen nicht eingreift

Lediglich ergänzend und zugleich außerhalb der eigentlichen Entscheidungsbegründung bemerkt das Gericht, dass hier  wie auch in ähnlich gelagerten eher kleineren Beitragsnachforderungsfällen seitens der Beklagten - mittlerweile seit ca. 2023 ein enormer , in der Vergangenheit so über Jahre hinweg nicht erkennbarer oder bekannter Aufklärungsaufwand , etwa mit dem Zusatz Fragebogen vom 13.07.2023 ,aber auch im angefochtenen Widerspruchsbescheid mit einem Dutzend Blatt Umfang, in der Beitragsprüfung betrieben wird.  

Sachaufklärung (§§ 103, 106 SGG) ist wesentliche Aufgabe auch des Gerichts und wird insoweit immer befürwortet. Wo das Bemühen dahingehend jedoch auch im Rahmen der Untersuchungspflicht der Beklagten nach § 20 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) eher in eine Art „Amts-Inquisition um jeden Preis“, aber unabhängig vom auch begleitenden Augenmaß in der Streithöhe, tendiert, sieht das Gericht mit Kommentarliteratur und allgemeinen Rechtsprechungsprinzipien durchaus bereits Ansätze, schon die Verhältnismäßigkeit derartigen Verwaltungshandelns künftig eingehender kritisch zu betrachten. Jedenfalls derlei alltägliche Putz-Tätigkeiten wie hier verwaltungsseitig zu kleinen Dissertationen , quasi zur Putz-Promotion im Beitragsprüfdienst der Beklagten, auszuwalzen, kann letztlich nicht dem gesetzlichen Auftrag der Beklagten für die Vielzahl der Prüffälle nach dem SGB IV entsprechen, soweit auch im Übrigen manch „große“ Betriebsprüfung  - sowohl von der Anzahl der betroffenen Personen als auch den zum Teil sechsstelligen Beitragsnachforderungen – dann im Vergleich dazu doch eher kursorisch betrieben und nicht besonders vertieft begründet erscheint, unbeschadet dessen, dass dies nicht allein von der Beklagten aber auch sonstigen Träger-Institutionen der DRV ausgehen mag.

Die Kostenentscheidung zu Lasten der unterlegenen Seite erfolgt gemäß  § 197a Abs. 1 SGG i.V.m.  § 154 Abs. 1  Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), da weder Klägerin noch Beklagte zu den in   § 183 SGG genannten Personenkreis zählen. Die Beklagte trägt dabei die volle Kostenlast, da die marginale Klageeinschränkung bezüglich nach verbeitragter Bußgelder für den Gesamt-Ausgang des Rechtsstreits letztlich ernsthaft irrelevant ist.

Da die Beigeladene keine Anträge gestellt hat, war sie bei den Kosten nicht zu beteiligen (vgl.  § 162 Abs. 3 VwGO).

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §  52 Abs.2 Gerichtskostengesetz (GKG).

Zur Streitwertfestsetzung gilt die Rechtsmittelbelehrung 2, im Übrigen die Rechtsmittelbelehrung.

Rechtskraft
Aus
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