Bei der Berechnung der Beiträge zur freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung ist ein Verlustvortrag nach § 10d EstG nicht von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abzuziehen, selbst dann nicht, wenn der Verlustvortrag aus (hier: klimaschützenden) Investitionen in Wohneigentum herrührt.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28.12.2021 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Streitig sind Beiträge zur freiwilligen Kranken- und Pflegeversicherung für das Jahr 2018.
Der 1943 geborene Kläger ist seit dem 15.05.2011 als Rentner freiwillig bei den Beklagten kranken- und pflegeversichert. Der Einkommenssteuerbescheid vom 16.09.2019 für das Jahr 2018 weist neben der Rente sowie Einkünften aus selbständiger Tätigkeit und Kapitalvermögen auch Einkünfte Vermietung und Verpachtung in Höhe von 8.547,00 € sowie einen Verlustvortrag in Höhe von 27.090 € aus.
Für das Jahr 2018 setzte die Beklagte zu 1) – auch im Namen der Beklagten zu 2) – zunächst vorläufig Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung fest (Bescheide vom 05.01.2018, 09.05.2018 und 02.08.2018). Dabei berücksichtigte sie keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, weil die maßgeblichen Einkommenssteuerbescheide der Vorjahre keine bzw. negative Einkünfte auswiesen. Mit Schreiben vom 23.12.2019 übersandte der Kläger den Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2018.
Mit Bescheid vom 23.01.2020 setzte die Beklagte zu 1) daraufhin – auch im Namen der Beklagten zu 2) – die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung für die Zeit vom 01.01.2018 bis zum 31.12.2018 endgültig fest und forderte Beiträge (u.a.) aus Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von insgesamt 1.491,45 €. Hierbei setzte sie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 8.547,00 € (monatlich 712,25 €) an. Insgesamt ergab sich eine Nachforderung in Höhe von 1.329,84 €. Außerdem wurden die Beiträge ab 01.02.2020 unter Vorbehalt neu festgesetzt und dabei ebenfalls die im Einkommenssteuerbescheid für 2018 ausgewiesenen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung verbeitragt.
Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger mit Schreiben vom 29.01.2020 Widerspruch. Aus dem Steuerbescheid für das Jahr 2016 ergebe sich, dass aus der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung ein festgestellter Verlust entstanden sei, der auf die Folgejahre zu übertragen sei. Das Finanzamt habe im Einkommenssteuerbescheid für 2018 die Verluste gegengerechnet. Die Beitragsfestsetzung sei mithin fehlerhaft erfolgt.
Mit Bescheid vom 15.06.2020 stellte die Beklagte zu 1) – auch im Namen der Beklagten zu 2) – die Beiträge ab 01.04.2020 ohne Berücksichtigung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung neu fest, nachdem der Kläger mitgeteilt hatte, dass sich seine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung infolge der Corona-Pandemie stark verringert hätten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.12.2020 wiesen die Beklagten den Widerspruch zurück. Zur Begründung führten sie aus, aus dem Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2018 ergäben sich monatliche Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 712,25 €. Ein vertikaler Verlustausgleich zwischen den verschiedenen Einkommensarten sei nicht zulässig. Der Abzug von Verlusten nach Maßgabe des § 10 d Einkommenssteuergesetz (<EStG>; Verlustvortrag und Verlustrücktrag) zähle nach den Ausführungen des Bundessozialgerichts (BSG) in seinem Urteil vom 16.05.2001 (- B 5 RJ 46/00 R -) nicht zu den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommenssteuerrechts.
Am 13.01.2021 hat der Kläger zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) Klage erhoben und zur Begründung vorgetragen, die Verluste aus Vermietung und Verpachtung seien zu berücksichtigen. Der Verlust in Höhe von 71.531,00 € sei noch nicht ausgeglichen.
Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten.
Mit Gerichtsbescheid vom 28.12.2021 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, ein sog. Verlustvortrag hinsichtlich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 10 d EStG sei nicht bei der Beitragsbemessung zu berücksichtigen. Die Norm des § 10 d EStG zähle bereits nach dem Gesetzeswortlaut und der Systematik des EStG nicht zu den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts im Sinne des § 15 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV). Ausgehend vom Wortlaut des § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG („Negative Einkünfte, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte“) knüpfe die Regelung an einen abschnittsübergreifenden Verlustausgleich an, d.h. den Ausgleich von Verlusten aus mehreren Einkunftsarten. Der Ausgleich finde demnach nach der Ermittlung der Einkünfte auf einer Ebene statt. Das Gericht schließe sich hierbei der Rechtsprechung des BSG an, wonach ein Verlustvortrag bei der Anrechnung von Arbeitseinkommen auf eine Rente keine Anwendung finden soll (unter Verweis auf BSG, Urteil vom 16.05.2001 - B 5 RJ 46/00 R -, in juris). Dabei habe das Gericht durchaus gesehen, dass diese Rechtsprechung nicht zum Beitragsrecht ergangen sei. Gleichwohl seien diese Grundsätze auch auf das Beitragsrecht übertragbar, da die Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler auf § 15 SGB IV Bezug nähmen (unter Verweis auf Landessozialgericht <LSG> Baden-Württemberg, Urteil vom 09.04.2019 - L 11 KR 2679/18 -, in juris Rn. 32; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.10.2020 - L 11 KR 3394/19 -, in juris Rn. 37). Mit diesem grundsätzlichen Ausschluss eines Verlustvortrages bei der Beitragsbemessung gehe – entgegen der Auffassung des Klägers – keine Grundrechtsverletzung einher. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) könnten sozialversicherungsrechtliche Positionen geschützt sein, wenn sie auf nicht unerheblichen Eigenleistungen des Versicherten beruhten und der Sicherung seiner Existenz dienten (unter Verweis auf BVerfG Beschluss vom 07.10.2008 - 1 BvR 2995/06 -, in juris). Im vorliegenden Fall führe die Unzulässigkeit eines Verlustvortrags lediglich zu einer höheren Beitragsbelastung. Der Verlust von einer durch das Eigentumsrecht des Art. 14 Grundgesetz (GG) geschützten Rechtsposition gehe damit nicht einher. Die Berechnung der konkreten Beiträge sowie die Rückforderung aus diesem so ermittelten Einkommen – ohne Berücksichtigung eines Verlustvortrages – sei ebenfalls nicht zu beanstanden. Der Kläger habe insoweit keine Einwände erhoben.
Gegen den ihm am 31.12.2021 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 28.01.2022 beim SG, eingegangen beim LSG Baden-Württemberg am 04.01.2024, Berufung eingelegt. Er wiederholt im Wesentlichen sein Vorbringen und macht ergänzend geltend, streitgegenständlich sei die endgültige Beitragsfestsetzung zur Kranken- und Pflegeversicherung für das Jahr 2018 hinsichtlich der Berücksichtigung von Verlusten aus Vermietung und Verpachtung. Die Vorgehensweise der Beklagten benachteilige ihn in erheblichem Ausmaß, und dies, obwohl er gesetzliche Auflagen aus den neu ergangenen Gesetzen zur Energieeinsparung im Zuge des Umweltschutzes befolge. Aus dem Beschluss des BVerfG vom 24.03.2021 (1 BvR 2656/18, 1 BvR 78/20, 1 BvR 96/20 und 1 BvR 288/20) ergebe sich das Staatsziel des Umweltschutzes, das zu berücksichtigen sei. Die Grundsätze der Beitragserhebung seien veraltet und für das Jahr 2021 an die Realität anzupassen. Er hätte die Maßnahmen auch mit einem Kredit finanzieren können; nur, weil er dies nicht getan habe, dürfe er nicht schlechter gestellt werden. Die Ausgaben für die wärmedämmenden Maßnahmen an seinem vermieteten Wohneigentum hätten seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigt. Das SG habe nicht begründet, warum Art. 14 GG nicht verletzt werde. Außerdem stimme es nicht, dass er hinsichtlich der Berechnung der Beiträge keine Einwände erhoben habe. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung dürften erst dann beitragspflichtig sein, wenn zum einen die steuerlichen Abzüge im Sinne von Werbungskosten erfolgt seien und zum anderen die vorgeschriebenen Maßnahmen nach den gesetzlichen Vorschriften des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) in jeweiliger Fassung (wie hier nach Einbau einer neuen Öl-Heizung und Dämmung einer Speicherdecke) durchgeführt und beglichen worden seien. Ergänzend hat der Kläger die Bescheide seines Finanzamtes über den verbleibenden Verlustvortrag vom 28.02.2019 und 16.09.2019, den Einkommenssteuerbescheid für 2017 vom 20.12.2018 sowie ein Schreiben seines Finanzamtes vom 06.05.2024 vorgelegt, wonach der festgestellte Verlust zum 31.12.2017 im Bescheid vom 26.02.2019 ursächlich aus dem Jahr 2016 stamme und zum 31.12.2016 auf 52.617 € festgestellt worden sei. Zuletzt macht der Kläger außerdem geltend, dass in den Merkblättern der notwendige Hinweis auf Werbungskosten bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sowie aus Kapitalvermögen fehle. Darauf, dass er von Einkünften aus Kapitalvermögen Werbungskosten abziehen könne, habe ihn die Beklagte nicht aufmerksam gemacht. Diese seien rückwirkend für die Jahre 2016 bis 2022 zu berücksichtigen und die Beitragsbescheide entsprechend zu ändern.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 28.12.2021 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 23.01.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.12.2020 insoweit aufzuheben, als für 2018 Beiträge zur freiwilligen gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung aus Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung erhoben werden.
Die Beklagten beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie halten den angefochtenen Gerichtsbescheid und ihre Bescheide für zutreffend.
Die Berichterstatterin hat am 25.04.2024 mit den Beteiligten die Rechts- und Sachlage erörtert.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die bei der Beklagten geführte Leistungsakte, die Gegenstand der Entscheidungsfindung geworden sind, verwiesen.
Entscheidungsgründe
1. Die form- und fristgerecht (vgl. § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft, weil der nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG erforderliche Wert des Beschwerdegegenstands von 750 € übertroffen ist, und auch im Übrigen zulässig. Der Einhaltung der Berufungsfrist (§ 151 SGG) steht nicht entgegen, dass die Berufung beim LSG Baden-Württemberg erst verspätet erfasst worden ist.
2. Die Berufung hat jedoch für den Kläger keinen Erfolg. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
a) Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist allein die im Bescheid vom 23.01.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.12.2020 für das Jahr 2018 festgesetzte endgültige Verbeitragung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Die für die Folgejahre ergangenen Beitragsbescheide sind nicht nach §§ 153 Abs. 1, 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden, weil sie den angefochtenen Bescheid insoweit weder abändern noch ersetzen. Die im Bescheid vom 23.01.2020 verfügte vorläufige Festsetzung der Beiträge ab 01.02.2020 ist nicht streitgegenständlich; der Kläger hat sein Klagebegehren von vornherein auf das Jahr 2018 beschränkt. Soweit der Kläger im schriftlichen Verfahren zuletzt eine Änderung weiterer Beitragsbescheide für die Jahre 2016 bis 2022 und die Verbeitragung von Einkünften aus Kapitalvermögen geltend gemacht hat, hat er hieran nach entsprechendem Hinweis des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 02.10.2024, dass er eine derartige Klagerweiterung für nicht zulässig halte, ausweislich seines Antrags nicht mehr festgehalten.
b) Der mit zulässiger Klage angefochtene Bescheid vom 23.01.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.12.2020 ist – soweit er hier zur Überprüfung steht – rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte zu 1) hat die Einkünfte des Klägers aus Vermietung und Verpachtung sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach zu Recht verbeitragt, wobei sie hinsichtlich der Beiträge zur Pflegeversicherung gem. § 46 Abs. 2 Satz 4 Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) erlaubter Weise im Namen der Beklagten zu 2) gehandelt hat.
(1) Grundlage der Beitragsbemessung für – wie den Kläger – freiwillig Krankenversicherte ist § 240 SGB V, hier in der ab dem 01.01.2018 gültigen Fassung des Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetzes (<HHVG>; BGBl. I 778) vom 04.04.2017. Die Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung, in welcher der Kläger pflichtversichert ist (§ 20 Abs. 3 SGB XI), werden nach § 57 Abs. 4 Satz 1 SGB XI in Verbindung mit § 240 SGB V bemessen.
Nach § 240 Abs. 1 SGB V wird für freiwillige Mitglieder die Beitragsbemessung einheitlich durch den Spitzenverband Bund der Krankenkassen geregelt. Dabei ist sicherzustellen, dass die Beitragsbelastung die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds berücksichtigt. Die vom Spitzenverband Bund der Krankenkassen erlassenen einheitlichen Grundsätze zur Beitragsbemessung freiwilliger Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung und weiterer Mitgliedergruppen sowie zur Zahlung und Fälligkeit der von Mitgliedern selbst zu entrichtenden Beiträge (Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler - BeitrVfGSz) vom 27.10.2008 (in Kraft getreten am 01.01.2009, hier in der ab 01.01.2018 gültigen Fassung der siebten Änderung, BAnz VB 29.11.2017) gestalten die Beitragsbemessung näher aus. Sie bieten grundsätzlich eine hinreichende Rechtsgrundlage für die Beitragsfestsetzung gegenüber freiwillig Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung (BSG, Urteil vom 19.12.2012 - B 12 KR 20/11 R -, in juris). Die Beiträge werden gem. § 2 BeitrVfGSz nach den beitragspflichtigen Einnahmen des Mitglieds bemessen. Die Beitragsbemessung hat die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Mitglieds zu berücksichtigen (§ 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Mit einzubeziehen sind demgemäß alle Einnahmen und Geldmittel, die das freiwillige Mitglied zum Lebensunterhalt verbraucht oder verbrauchen könnte, und zwar ohne Rücksicht auf die steuerliche Behandlung der Einkünfte (BSG, Urteil vom 28.05.2015 - B 12 KR 12/13 R -, in juris, m.w.N.). Für die Beitragsbemessung sind mindestens die Einnahmen des Mitglieds zu berücksichtigen, die bei einem vergleichbaren versicherungspflichtig Beschäftigten der Beitragsbemessung zugrunde zu legen sind (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Gem. § 3 Abs. 1 bis 1b BeitrVfGSz sind als beitragspflichtige Einnahmen das Arbeitsentgelt, das Arbeitseinkommen, der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung, der Zahlbetrag der Versorgungsbezüge sowie alle Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt verbraucht werden oder verbraucht werden können, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung zugrunde zu legen. Einnahmen, die nicht in Geld bestehen, sind entsprechend den für die Sachbezüge geltenden Regelungen der Sozialversicherungsentgeltverordnung zu bewerten. Die Einnahmen sind nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten abzugrenzen; eine die beitragspflichtigen Einnahmen mindernde Berücksichtigung von Zwecksetzungen einzelner Einnahmen findet nicht statt, es sei denn, die Einnahmen werden wegen ihrer Zwecksetzung kraft einer gesetzlichen Regelung bei Bewilligung von einkommensabhängigen Sozialleistungen im gesamten Sozialrecht nicht als Einkommen berücksichtigt. Zuflüsse aus darlehensweise gewährten Geldleistungen gelten nicht als beitragspflichtige Einnahmen. Einnahmen eines selbstständig Erwerbstätigen, die steuerrechtlich als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit behandelt werden, gelten als Arbeitseinkommen im Sinne von § 15 SGB IV. Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung und Einnahmen aus Kapitalvermögen sind den beitragspflichtigen Einnahmen nach Abzug von Werbungskosten zuzurechnen. Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Als Werbungskosten ist bei Einnahmen aus Kapitalvermögen ein Betrag von 51 € pro Kalenderjahr zu berücksichtigen, sofern keine höheren tatsächlichen Aufwendungen nachgewiesen werden. Maßgeblich für den Nachweis der beitragspflichtigen Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung sowie aus Kapitalvermögen ist der Einkommenssteuerbescheid (§ 6 Abs. 3 Satz 3 BeitrVfGSz).
Die nach dem Arbeitseinkommen zu bemessenden Beiträge werden gem. § 240 Abs. 4a Satz 1 SGB V auf der Grundlage des zuletzt erlassenen Einkommenssteuerbescheides vorläufig festgesetzt; dabei ist der Einkommenssteuerbescheid für die Beitragsbemessung ab Beginn des auf die Ausfertigungen folgenden Monats heranzuziehen. Die vorläufig festgesetzten Beiträge werden auf Grundlage der tatsächlich erzielten beitragspflichtigen Einnahmen für das jeweilige Kalenderjahr nach Vorlage des jeweiligen Einkommenssteuerbescheides endgültig festgesetzt (§ 240 Abs. 4a S. 3 SGB V). Dies gilt entsprechend für Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung (§ 240 Abs. 4a Satz 5 SGB V).
(2) Unter Anwendung dieser Regelungen sind die im Bescheid vom 23.01.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.12.2020 für das Jahr 2018 endgültig festgesetzten Beiträge für Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nicht zu beanstanden.
Die Beklagte zu 1) hat zu Recht den Verlustvortrag nach § 10d EStG nicht von den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abgezogen.
Gem. § 10d Abs. 1 EStG sind negative Einkünfte, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen werden, bis zu einem Betrag von 1 Mio. €, bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26b zusammenveranlagt werden, bis zu einem Betrag von 2 Mio. € vom Gesamtbetrag der Einkünfte des unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraums vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen abzuziehen (Verlustrücktrag). Nicht ausgeglichene negative Einkünfte, die nicht nach Absatz 1 abgezogen worden sind, sind nach § 10d Abs. 2 EStG in den folgenden Veranlagungszeiträumen bis zu einem Gesamtbetrag der Einkünfte von 1 Mio. € unbeschränkt, darüber hinaus bis zu 60 Prozent des 1 Mio. € übersteigenden Gesamtbetrags der Einkünfte vorrangig vor Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen und sonstigen Abzugsbeträgen abzuziehen (Verlustvortrag). Beim Verlustabzug nach § 10d EStG findet eine Verrechnung erst mit dem Gesamtbetrag der Einkünfte und damit erst nach Bildung der Summe der Einkünfte aller Einkunftsarten vermindert um bestimmte Beträge (§ 2 Abs. 3 EStG) statt.
Der Senat schließt sich der Rechtsprechung des BSG an, wonach ein Verlustvortrag nach § 10d EStG bei der Ermittlung von Arbeitseinkommen keine Anwendung findet (vgl. BSG, Urteil vom 16.05.2001 - B 5 RJ 46/00 R -, in juris; zuletzt bestätigt durch BSG, Urteil vom 22.02.2024 - B 5 R 3/23 R -, in juris). Diese Rechtsprechung ist zwar nicht zum Beitragsrecht ergangen, sondern für die Anrechnung von Arbeitseinkommen auf eine Rente. Gleichwohl sind diese Grundsätze auch auf das Beitragsrecht übertragbar, da die Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler auf die Definition von Arbeitseinkommen in § 15 SGB IV Bezug nehmen (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 09.04.2019 - L 11 KR 2679/18 -, in juris; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 12.10.2020 - L 11 KR 3394/19 -, in juris). Die Norm des § 10d EStG zählt bereits nach dem Gesetzeswortlaut und der Systematik des EStG nicht zu den „allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts“ im Sinne des § 15 SGB IV. Ausgehend vom Wortlaut des § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG („negative Einkünfte, die bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte“) knüpft die Regelung an einen abschnittsübergreifenden Verlustausgleich an, d.h. den Ausgleich von Verlusten aus mehreren Einkunftsarten. Der Ausgleich findet demnach nach der Ermittlung der Einkünfte statt. Eine Verrechnung findet erst mit dem Gesamtbetrag der Einkünfte und damit erst nach Bildung der Summe der Einkünfte aller Einkunftsarten vermindert um bestimmte Beträge (§ 2 Abs. 3 EStG) statt. Nur Abzüge, die auf der Ebene der Ermittlung der Einkünfte (§ 2 Abs. 1, 2 in Verbindung mit § 20 EStG) vorgenommen werden dürfen, sind noch innerhalb der allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommenssteuerrechts zu berücksichtigen.
Die Beschränkung auf allgemeine Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommenssteuerrechts bzw. die Nichtberücksichtigung eines Verlustvortrags nach § 10d EStG auch im Beitragsrecht rechtfertigt sich daraus, dass andernfalls freiwillig Versicherte gegenüber abhängig Beschäftigten begünstigt wären. Versicherungspflichtigen Beschäftigten ist ein Verlustausgleich zwischen verschiedenen Einkunftsarten nicht möglich. Es würden deshalb freiwillige Mitglieder in Bezug auf die bei ihnen beitragspflichtigen Einnahmen gegenüber Pflichtmitgliedern hinsichtlich der bei diesen beitragspflichtigen Einnahmen bevorzugt, würde ein Verlustvortrag nach § 10d EStG, der einen vertikalen Verlustausgleich zwischen sonstiger Einnahmen und Einkünften aus selbständiger Erwerbstätigkeit ermöglicht, zugelassen. Der Ausschluss eines vertikalen Verlustausgleichs ist ein wesentliches Element zur Vermeidung einer beitragsrechtlichen Privilegierung von freiwillig Versicherten, insbesondere freiwillig versicherten Selbständigen, gegenüber versicherungspflichtig Beschäftigten und anderen Versicherungspflichtigen (BSG, Urteil vom 23.02.1995 - 12 RK 66/93 -, in juris; BSG, Urteil vom 09.08.2006 - B 12 KR 8/06 R -, in juris; BSG, Urteil vom 30.10.2013 - B 12 KR 21/11 R -, in juris; BSG, Urteil vom 24.11.2020 - B 12 KR 31/19 R -, in juris).
Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass für die Beitragsbemessung bei freiwillig Versicherten gesetzlich festgeschrieben ist, dass „die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit“ maßgeblich ist (s. § 240 Abs. 1 Satz 2 SGB V). Dabei kommt es auf das betreffende Kalenderjahr bzw. den betreffenden Veranlagungszeitraum an, denn für die Ermittlung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ist auf den Einkommenssteuerbescheid des jeweiligen Kalenderjahres abzustellen (s. § 240 Abs. 4a S. 3 SGB V). Die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des betreffenden Kalenderjahres würde verfälscht, wenn ein Verlustvortrag, der negative Einkünfte aus vergangenen Veranlagungszeitraumen überträgt, zum Abzug gebracht werden könnte.
Aus diesem Grund ist ein Verlustvortrag nach § 10d EStG auch bei der Verbeitragung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nicht berücksichtigungsfähig, selbst dann, wenn – wie hier der Kläger geltend macht – der Verlustvortrag aus Investitionen im Bereich der Einkunftsart „Vermietung und Verpachtung“ herrühren sollte. Zwar ist die Möglichkeit eines horizontalen Verlustausgleichs innerhalb derselben Einkunftsart zur Verminderung der Beitragsbemessungsgrundlage zulässig (BSG, Urteil vom 09.08.2006 - B 12 KR 8/06 R -, in juris). Die Zusammensetzung und Herkunft eines Verlustvortrags und damit die Feststellung, dass es sich um „dieselbe“ Einkunftsart handelt, ergibt sich aber nicht aus dem Einkommenssteuerbescheid des betreffenden Kalenderjahres. Der Nachweis darüber, ob und in welchem Umfang der Beitragsbemessung in der freiwilligen Krankenversicherung zugrunde zu legende Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bei der Beitragsbemessung nach § 240 SGB V zu berücksichtigen sind, ist allein mit Hilfe des für das betreffende Kalenderjahr maßgeblichen (endgültigen) Einkommensteuerbescheides zu führen. Weitere, vergangene Einkommenssteuerbescheide oder Unterlagen sind nicht heranzuziehen. Damit wird sichergestellt, dass gewillkürte, auf eine beitragsrechtliche Optimierung angelegte Konstruktionen, die auf die Nutzbarmachung etwaiger Unterschiede zwischen Sozialversicherungs- und Steuerrecht angelegt sind, ausgeschlossen werden (BSG, Urteil vom 30.10.2013 - B 12 KR 21/11 R -, in juris). Auch aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität sind andere Unterlagen als der betreffende Einkommensteuerbescheid nicht heranzuziehen. Die Beitragserhebung unterliegt der Massenverwaltung, so dass sich aufwendige Ermittlungen verbieten. Andere Unterlagen sind zudem nicht geeignet, eine verlässliche und für die Vergangenheit abschließende Datenbasis zu liefern (BSG, Urteil vom 30.10.2013 - B 12 KR 21/11 R -, in juris).
Entgegen der Auffassung des Klägers liegt darin kein Verstoß gegen das Grundgesetz. Der Gesetzgeber ist nicht verpflichtet, klimaschützende Investitionen in Wohneigentum durch eine Entlastung von den Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung zu fördern. Die Bestimmung des Art. 20a GG verpflichtet den Staat zwar zum Klimaschutz, lässt ihm aber einen erheblichen Gestaltungsspielraum (BVerfG, Beschluss vom 24.03.2021 - 1 BvR 2656/18 -, in juris). Auch die Grundrechte des Klägers sind nicht verletzt. Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG schützt Art. 14 GG grundsätzlich nicht gegen Zugriffe auf das Vermögen oder Einkommen durch Auferlegung von Geldleistungspflichten; anderes gilt nur, wenn auferlegte Geldleistungspflichten und Zwangsbeiträge den Betroffenen übermäßig belasten und seine Vermögensverhältnisse grundlegend beeinträchtigen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12.10.1994 - 1 BvL 19/90 -, in juris; BVerfG, Beschluss vom 31.05.1988 - 1 BvL 22/85 -, in juris). Dies ist bei den vorliegend im Streit stehenden Beiträgen zur gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung für das Jahr 2018 in Höhe von 17,45 % (14 % Krankenversicherungsbeitrag, 0,9 % Zusatzbeitrag und 2,55 % Pflegeversicherungsbeitrag) der positiven Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung (insgesamt 1.491,45 €) ersichtlich nicht der Fall.
Für die Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung gelten die Ausführungen entsprechend (vgl. § 57 SGB XI).
Die konkrete Berechnung der Beitragshöhe ist ebenfalls nicht zu bestanden und berücksichtigt die gesetzlichen Vorgaben (§§ 241, 242 SGB V; § 55 SGB XI).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
4. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.