Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 16.11.2021 wird zurückgewiesen.
Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts geändert. Die Beklagte wird unter entsprechender Änderung der Bescheide vom 03.02.2020 und 12.10.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.05.2021 verurteilt, dem Kläger für das Jahr 2020 monatlich Kosten der Unterkunft und Heizung iHv insgesamt 559,50 € zu zahlen.
Die Beklagte hat die Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Höhe der Unterkunftskosten nach § 42a SGB XII.
Der am 00.00.0000 geborene Kläger, der im gerichtlichen Verfahren durch seine Mutter als rechtliche Betreuerin gesetzlich vertreten wird, ist schwerbehindert mit einem GdB iHv 100 sowie den Merkzeichen G, aG und H und es ist der Pflegegrad 5 anerkannt. Bei ihm bestehen eine Intelligenzminderung, ein Autismus und eine zerebrale Schädigung. Der Kläger kann nicht richtig laufen und sprechen. Seine linke Hand kann er nicht benutzen. Er ist auf eine Betreuung im Umfang von 24 Stunden am Tag angewiesen. Der nächtliche Hilfebedarf besteht u.a. darin, dass er zugedeckt werden muss, wenn er sich freistrampelt. Außerdem hat er eine Kniebandage, die in der Nacht kontrolliert werden muss. Auch Toilettengänge kann er nachts nicht alleine bewältigen. Der Kläger ist nicht erwerbsfähig und arbeitet seit 2015 in einer Werkstatt für behinderte Menschen. Seit 2015 bezieht er Grundsicherung nach dem SGB XII von der Stadt Z.. Vom LVR erhält der Kläger Eingliederungshilfe. Mit Bescheiden vom 23.03.2019 und 17.09.2019 bewilligte der LVR ambulante Eingliederungshilfe zum selbständigen Wohnen nach §§ 53 ff SGB XII. Leistungserbringer ist die V. GmbH Ü..
Der Kläger lebte zunächst bei seinen Eltern in Z.. Am 30.08.2019 beantragte er bei der Beklagten eine Zusicherung zur Übernahme der Unterkunftskosten für seine Aufnahme in das Wohnprojekt „W.“ in A.. Die Eltern des Klägers beschrieben in einer ausführlichen Stellungnahme vom 30.09.2019 das Wohnprojekt als ein in Elterninitiative seit Jahren geplantes Projekt, um den jungen Menschen mit Behinderung eine Verselbständigung vom Elternhaus in einem betreuten und hinsichtlich der anderen Mitbewohner vertrauten Rahmen zu ermöglichen. Die Beziehungen der jungen Leute und ihrer Eltern seien langjährig gewachsen und sollten nun im Rahmen einer Wohngemeinschaft fortgesetzt werden. Teilweise würden sich die jungen Menschen schon seit ihrer Kindheit von gemeinsamen Freizeitaktivitäten, Urlauben und aus der Schule kennen. Die Beklagte lehnte die beantragte Zusicherung mit Bescheid vom 17.01.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.05.2020 ab. Die hiergegen bei dem Sozialgericht Aachen erhobene Klage (S 20 SO 70/20) hat der Kläger nach richterlichem Hinweis auf deren Unzulässigkeit nach dem Einzug des Klägers in die Wohngemeinschaft zurückgenommen.
Der Kläger zog am 02.12.2019 aufgrund eines Mietvertrags vom 01.11.2019 in die Wohngemeinschaft ein. Vermietet wurden ein Zimmer zur alleinigen Nutzung durch den Kläger, zudem ein Gemeinschaftraum, eine Küche, ein Flur, ein Pflegebad, ein Therapieraum, ein Waschmaschinenraum und ein Abstellraum, diese jeweils zur gemeinsamen Nutzung. Gemeinschaftraum, Küche und Pflegebad sind teilmöbliert. In dem Gebäude befindet sich ein Büro der V., in dem dauerhaft eine Präsenzkraft anwesend ist. Die Wohnfläche des Wohnraums des Klägers liegt bei 22,5 qm, unter Berücksichtigung des Anteils an den Gemeinschaftsräumen beträgt die Wohnfläche 43,5 qm. Die Gesamtkosten liegen bei 559,50 € und teilen sich wie folgt auf:
Grundmiete Wohnraum 389,50 €,
Betriebskostenvorauszahlung 60 €,
Stromkostenvorauszahlung 20 €,
Heizkostenvorauszahlung 40 €,
Möblierung der Gemeinschaftsräume 50 €,
Gesamt 559,50 €.
Mit Bescheid vom 03.02.2020 bewilligte die Beklagte Grundsicherung nach dem SGB XII vom 01.01.2020 bis zum 31.12.2020 iHv monatlich 955,74 €. Hierin enthalten sind Kosten für Unterkunft und Heizung iHv monatlich 398 € (358 € Bruttokaltmiete, 40 € Heizkosten). Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Mit Änderungsbescheid vom 12.10.2020 bewilligte die Beklagte aufgrund einer Anpassung der „ab März 2020 geltenden angemessenen Kosten der Unterkunft für das Städteregionsgebiet Ü.“ Unterkunfts- und Heizkosten iHv 407 € /Monat (367 € Bruttokaltmiete, 40 € Heizkosten) für März 2020 bis November 2020. Mit Bescheid vom 17.12.2020 bewilligte die Beklagte Grundsicherung für das Jahr 2021 wiederum mit Unterkunfts- und Heizkosten iHv 407 €/Monat. Mit (unter Beteiligung sozial erfahrener Personen erlassenem) Widerspruchsbescheid vom 07.05.2021 wies die Städteregion Ü. als Widerspruchsbehörde den Widerspruch „gegen den Bescheid vom 03.02.2020“ zurück. Bei der vom Kläger bewohnten Unterkunft handele es sich um eine Wohnung iSd § 42a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 SGB XII, nicht um eine besondere Wohnform iSd § 42a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Satz 3 SGB XII. Daher gelte das für die Städteregion Ü. maßgebliche „schlüssige Konzept“, das nur die bewilligten Beträge für die Bruttokaltmiete zulasse, die neben den in tatsächlicher Höhe übernommenen Heizkosten geltend gemachten Unterkunftskosten seien unangemessen. Die Stromkosten seien ohnehin aus dem Regelbedarf zu finanzieren. Individuelle Besonderheiten, die einen höheren als den generell angemessenen Unterkunftsbedarf rechtfertigen könnten, lägen nicht vor.
Der Kläger hat am 07.06.2021 bei dem Sozialgericht Aachen Klage erhoben. Er hat gemeint, bei der Wohngemeinschaft „W.“ handele es sich um eine selbstverantwortete Wohngemeinschaft iSd § 24 Abs. 2 WTG NRW, denn die Räume seien behindertengerecht ausgestattet, barrierefrei und durch eine ständig anwesende Präsenzkraft der V. GmbH betreut. Der Bedarf für Unterkunft und Heizung richte sich daher gem. § 42a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Satz 3 SGB XII nach § 42a Abs. 5 SGB XII. Aber auch unabhängig davon seien die Unterkunftskosten nicht unangemessen hoch, da der Kläger auf den barrierefreien und betreuten Wohnraum angewiesen sei. Eine Verweisung allein auf die Werte des „schlüssigen Konzepts“ der Beklagten sei daher nicht zulässig.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter entsprechender Abänderung des Bescheides vom 03.02.2020 und 12.10.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.05.2021 zu verurteilen, bei der Bemessung der Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 01.01. bis 31.12.2020 einen monatlichen Bedarf für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Kosten von 559,50 € anzuerkennen und ihm 1.848 € nachzuzahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise, für den Fall, dass das Gericht die Wohnung in dem Projekt W. als besondere Wohnform ansieht,
die Einstufung des Klägers in die Regelbedarfsstufe 2 nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften.
Der Kläger hat beantragt,
den Hilfsantrag der Beklagten zurückzuweisen.
Die Beklagte hat ergänzend gemeint, die Höhe der Miete beruhe nicht auf der Barrierefreiheit, sondern darauf, dass die Wohnung insgesamt zu großzügig ausgestattet sei. Die Beklagte hat mitgeteilt, die angemessene Warmmiete iSd § 42a Abs. 5 SGB XII liege für den Bezirk der Städteregion Ü. bei monatlich 422,82 €. Hinsichtlich ihrer Rechtsauffassung dazu, dass es sich bei „W.“ nicht um eine besondere Wohnform handele, hat sie sich auf die Gesetzesbegründung (BT-Drs. 19/11006 S. 28) berufen. Hieraus werde deutlich, dass besondere Wohnformen iSd § 42a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB XII die leistungsrechtliche Nachfolgeregelung zu der vormaligen „stationären Einrichtung“ sei. Daraus folge, dass die Räumlichkeiten überlassen worden sein müssen, um in diesen Leistungen der Eingliederungshilfe zu erbringen. Dafür müssten in der Wohnform Fachleistungsflächen, die durch den Träger der Eingliederungshilfe finanziert werden, vorgehalten werden. Dies sei bei der Wohngruppe „W.“ nicht der Fall.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 16.11.2021 die Beklagte unter entsprechender Änderung der Bescheide vom 03.02.2020 und 12.10.2020 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07.05.2021 verurteilt, bei der Bemessung der Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 01.01.2020 bis 31.12.2020 einen monatlichen Bedarf für Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 472,82 anzuerkennen. Die weitergehende Klage hat das Sozialgericht abgewiesen. Das Sozialgericht hat die Wohnung als besondere Wohnform angesehen und die Unterkunftskosten nach § 42a Abs. 5 SGB XII bemessen. Tatsächliche Aufwendungen für Unterkunft und Heizung seien als angemessen anzusehen, wenn sie die Höhe der durchschnittlichen angemessenen tatsächlichen Aufwendungen für die Warmmiete von Einpersonenhaushalten nach § 45a SGB XII nicht überschreiten. Hieraus ergebe sich ein Grundbetrag iHv 422,82 €. Dieser Betrag sei um den Möblierungszuschlag iHv 50 €/Monat zu erhöhen (472,82 €). Dieser Betrag sei angemessen, da er unterhalb der 125%-Grenze des § 42a Abs. 5 Satz 4 SGB XII liege. Die Stromkosten könne der Kläger nicht geltend machen, da diese aus der Regelleistung zu finanzieren seien.
Das Urteil ist der Städteregion Ü. am 19.11.2021 und dem Kläger am 24.11.2021 zugestellt worden.
Am 09.12.2021 hat die Beklagte Berufung eingelegt. Sie hält an ihrer Rechtsauffassung fest und trägt vor, es handele sich bei dem Wohnprojekt nicht um eine besondere Wohnform, sondern um eine Wohnung. Sie sei baulicher Bestandteil eines Wohngebäudes und bereits deshalb nach der Gesetzesbegründung BT-Drs. 18/9522 S. 335 nicht als besondere Wohnform anzusehen. Zudem sei dem Kläger der Wohnraum nicht zur Erbringung von Eingliederungshilfeleistungen überlassen worden. Eine Finanzierung der Gemeinschaftsräume über die Eingliederungshilfe erfolge nicht und sei auch nicht beabsichtigt. Die besondere Wohnform sei als Nachfolgeinstitution der stationären Einrichtung anzusehen, würde die Unterkunft des Klägers diese Voraussetzungen erfüllen, hätte der LVR bis zum 31.12.2019 sämtliche Leistungen (Eingliederungshilfe und Leistungen zur Deckung des notwendigen Lebensunterhalts) als Komplexleistung erbringen müssen. Das sei aber nicht der Fall und auch von keinem der beteiligten Vertragsparteien beabsichtigt gewesen. Auch bei Geltung des WTG NRW sei nicht ausgeschlossen, dass es sich bei der Unterkunft um eine Wohnung und nicht um eine besondere Wohnform handele. Ergänzend beruft die Beklagte sich auf Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes zu § 71 SGB XI zur Abgrenzung von ambulanten und stationären Leistungen. Für eine stationäre Leistung sei auch danach erforderlich, dass der Umfang der Versorgung dem in einer stationären Einrichtung entspreche. Dies sei in der vom Kläger bewohnten Unterkunft nicht gegeben. Der Kläger sei daher allein auf die Werte des „schlüssigen Konzepts“ zu verweisen. Zudem habe der Kläger bei Annahme einer besonderen Wohnform nur Anspruch auf die Regelbedarfsstufe 2. Der dem Kläger zustehende Gesamtanspruch sei entsprechend zu saldieren. Hieran ändere eine Beschränkung des Streitverfahrens auf die Unterkunftskosten nichts.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 16.11.2021 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und im Wege der Anschlussberufung unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Aachen vom 16.11.2021 die Beklagte unter Abänderung ihrer Bescheide vom 03.02.2020 und 12.10.2020 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 17.05.2021 zu verurteilen, bei der Bemessung der Grundsicherungsleistung für die Zeit vom 01.01.2020 bis zum 31.12.2020 einen monatlichen Bedarf für Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 559,50 Euro anzuerkennen.
Der Kläger bleibt bei seiner Einschätzung, nicht in einer Wohnung, sondern in einer Wohnform iSd § 42a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB XII zu wohnen. Neben dem persönlichen Wohnraum seien ihm zusätzliche Räumlichkeiten zur gemeinschaftlichen Nutzung mit den anderen Mitgliedern der Wohngemeinschaft überlassen worden (Therapieraum und Pflegebad). Diese seien der Eingliederungshilfe zuzuordnen, so dass die zusätzlichen Räumlichkeiten ihm auch zur Erbringung von Eingliederungshilfe überlassen worden seien. Die Stromkosten seien abweichend zu der angefochtenen Entscheidung in seinem Fall den Unterkunftskosten, nicht dem Regelbedarf zuzuordnen. Darüber hinaus sei dem Kläger ein Auszug aus der Wohnung aus behinderungsbedingten Gründen nicht zumutbar. Deshalb seien die Unterkunftskosten in tatsächlicher Höhe zu übernehmen.
Die Berufung der Beklagten ist dem Kläger mit gerichtlicher Verfügung vom 30.12.2021 unter Aufforderung zur Stellungnahme innerhalb von vier Wochen übersandt worden. Mit Schriftsatz vom 31.01.2022, Eingang am 31.01.2022, hat der Kläger zunächst nur beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts vom 16.11.2021 zu verurteilen, bei der Bemessung der Grundsicherungsleistungen für die Zeit vom 01.01.2020 bis zum 31.12.2020 einen monatlichen Bedarf für Kosten der Unterkunft und Heizung iHv 492,82 € zu berücksichtigen.
Auf Aufforderung durch den Senat hat die Beklagte eine Berechnungstabelle dazu vorgelegt, wie sich der von ihr mitgeteilte Angemessenheitswert iSd § 42a Abs. 5 SGB XII für die Städteregion Ü. iHv 422,82 € berechnet. Außerdem hat sie dargelegt, welche Wohnmöglichkeiten dem Kläger nach ihrer Auffassung unter Berücksichtigung seiner Behinderung angeboten werden können. Sie hat den Kläger auf eine Wohnung in einem Appartementhaus des O. und diverse besondere Wohnformen im Gebiet der Städteregion Ü. verwiesen.
Der Senat hat die Teilnahme des Bevollmächtigten des Klägers und seines Vaters an der Sitzung per Videotechnik (§§ 110a SGG) zugelassen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte und die Vorprozessakte S 20 SO 70/20 verwiesen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe
I. Die Berufung der Beklagten ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Berufung des Klägers ist nur als Anschlussberufung iS des § 202 SGG iVm § 524 ZPO zulässig. Eine eigenständige Berufung wäre wegen Versäumung der Berufungsfrist des § 151 Abs. 1 SGG unzulässig. Die Monatsfrist des § 151 Abs. 1 SGG ist durch die Einlegung der Berufung am 31.01.2022 gegen das am 24.11.2021 zugestellte Urteil des Sozialgerichts nicht gewahrt worden. Die Anschlussberufung bewegt sich im Rahmen des Streitgegenstands des erstinstanzlichen Verfahrens (hierzu BSG Urteil vom 05.05.2010 – B 6 KA 6/09 R). Die Anschlussberufung ist iSd § 524 Abs. 2 Satz 2 ZPO fristgerecht eingereicht worden, auf die Frage, ob diese Frist auch im sozialgerichtlichen Verfahren gilt (verneinend Schreiber in Fichte/Jüttner, SGG, 3. Aufl. § 143 Rn. 26 mwN), kommt es daher vorliegend nicht an. Die Erweiterung der Anschlussberufung ist in entsprechender Anwendung von § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG (Erweiterung des Klageantrags in der Hauptsache ohne Änderung des zugrundeliegenden Lebenssachverhalts) zulässig (hierzu auch BGH Urteil vom 06.07.2005 – XII ZR 293/02). Außerdem hat sich die Beklagte mit der sachdienlichen Erweiterung einverstanden erklärt, sodass auch beide Voraussetzungen des § 99 Abs. 1 SGG vorliegen. Der erstinstanzliche Hilfsantrag der Beklagten, an dem sie im Berufungsverfahren nicht festgehalten hat, ist demgegenüber unstatthaft gewesen, weil das Gericht keine Befugnis hat, einen begünstigenden Bewilligungsbescheid hinsichtlich eines Teils, der nicht Streitgegenstand des gerichtlichen Verfahrens ist, zuungunsten des Klägers zu ändern. Hierfür enthält das Prozessrecht keine Grundlage.
II. Streitgegenstand des Verfahrens ist ein Anspruch des Klägers auf höhere Unterkunftskosten für 2020 unter entsprechender Änderung der angefochtenen Bescheide. Bei den Leistungen für Unterkunft und Heizung handelt es sich um abtrennbare selbstständige Ansprüche (BSG Urteil vom 14.04.2011 – B 8 SO 18/09 R) und der Kläger hat sein Begehren im erstinstanzlichen Verfahren entsprechend beschränkt. Der Streitgegenstand ist im Berufungsverfahren aufgrund der Berufung zunächst nur der Beklagten beschränkt gewesen auf Unterkunftskosten iHv insgesamt 472,82 € monatlich, aufgrund der Anschlussberufung erweitert sich der Betrag auf insgesamt 559,50 € monatlich.
III. Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Die Anschlussberufung des Klägers ist begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und zu ändern. Der Kläger hat einen monatlichen Anspruch auf Unterkunfts- und Heizkosten iHv insgesamt 559,50 €.
1) Der Kläger hat einen Anspruch auf Grundsicherung. Er ist leistungsberechtigt gem. § 41 Abs. 1 SGB XII, denn er ist voll erwerbsgemindert und verfügt außer seinem Einkommen aus der Werkstatt für behinderte Menschen (das die Beklagte teilweise angerechnet hat) nicht über Einkommen und anrechenbares Vermögen. Die Leistung setzt sich aus der nicht streitgegenständlichen Regelleistung und dem Mehrbedarf (§ 42 Abs. 1 Nr. 1, 2 SGB XII) und den Bedarfen für Unterkunft und Heizung zusammen.
2) Die Beklagte ist sachlich und örtlich für die Leistungserbringung zuständig. Gem. § 97 Abs. 1 SGB XII ist grundsätzlich der örtliche Träger der Sozialhilfe auch sachlich zuständig. Örtlicher Träger der Sozialhilfe sind gem. § 3 Abs. 2 SGB XII die kreisfreien Städte und die Kreise. Landesrechtliche Sonderzuweisungen bestehen nicht (§§ 1 Abs. 1, 2a Abs. 1 AG SGB XII NRW). Gem. § 3 Satz 1 des Städteregion-Ü.-Gesetzes vom 28.02.2008 (GV NRW S. 162) hat die Städteregion Ü. die Rechtsstellung eines Kreises, auf sie finden grundsätzlich die Vorschriften über Kreise Anwendung. Sozialhilfeangelegenheiten sind durch § 1 Nr. 1 der Satzung über die Durchführung der Aufgaben nach dem SGB XII in der Städteregion Ü. (SGB XII-Satzung) vom 29.10.2009 auf die regionsangehörigen Städte, hier die Beklagte, übertragen worden. Das Widerspruchsverfahren ist gem. § 3 Nr. 2 der SGB XII-Satzung zutreffend durch die Städteregion durchgeführt worden, diese vertritt die Beklagte gem. § 3 Nr. 3 der SGB XII-Satzung im gerichtlichen Verfahren. Die örtliche Zuständigkeit der Beklagten ist gegeben (§ 1 Nr. 4 SGB-XII-Satzung, 98 Abs. 5 Satz 2 SGB XII).
3) Bei der Unterkunft in der Wohngemeinschaft „W.“ handelt es sich nicht um persönlichen Wohnraum und zusätzliche Räumlichkeiten zur gemeinschaftlichen Nutzung iSd § 42a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Satz 3 SGB XII, sondern um eine Wohnung iSd § 42a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 SGB XII.
Wohnung ist die Zusammenfassung mehrerer Räume, die von anderen Wohnungen oder Wohnräumen baulich getrennt sind und die in ihrer Gesamtheit alle für die Führung eines Haushalts notwendigen Einrichtungen, Ausstattungen und Räumlichkeiten umfassen (§ 42a Abs. 2 Satz 2 SGB XII). Persönlicher Wohnraum ist ein Wohnraum, der Leistungsberechtigten allein oder zu zweit zur alleinigen Nutzung überlassen wird, und zusätzliche Räumlichkeiten sind Räume, die Leistungsberechtigten zusammen mit weiteren Personen zur gemeinschaftlichen Nutzung überlassen werden (§ 42a Abs. 2 Satz 3 SGB XII). Zwar ist nach dem Mietvertrag dem Kläger sein persönlicher Wohnraum zur alleinigen Nutzung überlassen worden und sind zusätzliche Räumlichkeiten zusammen mit weiteren Personen überlassen worden. Die Auslegung von § 42a Abs. 2 Satz 3 SGB XII hat indes im Wege der systematischen Interpretation ergänzend die Regelung des § 42a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB XII zu beachten. Die Gemeinschafträume müssen den Leistungsberechtigten „zur Erbringung von Leistungen nach Teil 2 des SGB IX“ überlassen worden sein. Diese Voraussetzung ist wiederum im Lichte der Entstehungsgeschichte der Norm und der Gesetzesmaterialien zu prüfen und im vorliegenden Fall zu verneinen.
Die Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Neunten und des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Rechtsvorschriften (BT-Drs. 19/11006 S. 28) zu der maßgeblichen Fassung des jetzigen § 42a Abs. 2 SGB XII führt aus:
„§ 42a Absatz 2 SGB XII beinhaltet die grundlegenden Begrifflichkeiten und Definitionen für Unterkünfte. Durch die Neufassung von Absatz 2 ergibt sich eine klarstellende Ergänzung in Nummer 2 für die sogenannte „besondere Wohnform“ als leistungsrechtliche Nachfolgeregelung der stationären Einrichtung bei Bezug von Eingliederungshilfeleistungen nach Teil 2 SGB IX ab dem 1. Januar 2020. Die Definition der besonderen Wohnform als persönlicher Wohnraum und Gemeinschaftsräume wird unverändert übernommen, allerdings ergänzt um die Erbringung von Leistungen der Eingliederungshilfe nach Teil 2 SGB IX. In der sich nach dem BTHG ergebenden Fassung von § 42a Absatz 2 Nummer 2 fehlt dieser Zusatz. Der Zusammenhang mit der Erbringung von Eingliederungshilfeleistungen ergibt sich allein aus der Begründung des Gesetzentwurfs BTHG sowie Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales. Der sich durch die Ergänzung ergebende Wortlaut verdeutlicht deshalb, dass die vertragliche Überlassung der Räumlichkeiten erfolgt, weil den Leistungsberechtigten dort Leistungen der Eingliederungshilfe erbracht werden.“
In der zuvor verabschiedeten Gesetzesfassung fehlten demgegenüber die Worte „zur Erbringung von Leistungen nach Teil 2 des SGB IX“. Hierbei handelte es sich um einen redaktionellen Fehler, der durch die erwähnte Nachfolgeregelung korrigiert worden ist. Eine Unterkunft muss daher zur Anerkennung als besondere Wohnform die Voraussetzungen erfüllen, die vor Inkrafttreten des BTHG an eine stationäre Einrichtung zu stellen waren. Dies wird unterstrichen durch die Gesetzesbegründung zum BTHG (BT-Drs. 18/9522 S. 335). Dort wird ausgeführt:
„In Absatz 2 Satz 3 werden persönlicher Wohnraum und zusätzliche Räumlichkeiten zur gemeinschaftlichen Nutzung nach Satz 1 Nummer 2 definiert. Im Unterschied zu Wohnungen handelt es sich dabei um Räumlichkeiten, die keine abgeschlossene Wohnung darstellen, weil neben dem persönlichen Wohnraum auch zusätzliche Räumlichkeiten zur Verfügung stehen, die von weiteren Personen gemeinsam genutzt werden, die nicht gemeinsam mit der leistungsberechtigten Person in einem persönlichen Wohnraum leben. Die zusätzlichen Räumlichkeiten zur gemeinsamen Nutzung sind keine persönlichen Wohnräume anderer Personen und stellen eine notwendige räumliche Ergänzung dar. Es handelt sich dabei nicht oder nicht ausschließlich um Funktionsräume wie Küche oder Bad, weil persönlicher Wohnraum und zusätzliche Räumlichkeiten zusammen nicht alle für eine Wohnung kennzeichnenden Funktionen beziehungsweise Funktionsräume umfassen müssen. Stattdessen dienen die zusätzlichen Räumlichkeiten vorrangig anderen Zwecken. Dies sind vor allem die Freizeitgestaltung und die gemeinsame Einnahme von Mahlzeiten, weil die persönlichen Räumlichkeiten wegen ihrer Größe und Ausstattung hierfür nicht oder nur bedingt geeignet sind. Diese Wohnform unterscheidet von einer Wohngemeinschaft in einer Wohnung nach Nummer 1 und Satz 2 vor allem dadurch, dass sie kein baulicher Bestandteil von Wohngebäuden ist und deshalb die bauordnungsrechtlichen Vorschriften für Wohngebäude nicht gelten. Hinzu kommen folgende Unterscheidungsmerkmale:
- Es gibt keine einer Wohnung gleichwertige bauliche Abgrenzung zu anderen Wohnungen;
- es müssen nicht alle für eine Wohnung zwingend erforderlichen Funktionen und Ausstattungen vorhanden sein;
- es gibt keine Unterscheidung zwischen Haupt- und Untermieter, da keine Untervermietung von einzelnen Zimmern erfolgt; stattdessen erfolgt die Überlassung stets für den persönlichen Wohnraum und einen Anteil sich aus der Zahl der vorgesehenen Bewohner sich ergebenden Kopfanteil an den Räumlichkeiten zur gemeinschaftlichen Nutzung, wodurch alle Bewohner einander gleichgestellt sind;
- es gibt keinen konkludent zwischen den Bewohnern geschlossenen Gesellschaftsvertrag, der Rechte und Pflichten der Bewohner untereinander regelt, weil dies vom Überlasser der Räumlichkeiten übernommen wird;
- für die sich aus Grundriss und damit aus Flächenanteil sowie Bedeutung für den Alltag ergebende Funktion der zusätzlichen Räumlichkeiten zur gemeinsamen Nutzung gibt es in einer Wohngemeinschaft keine Entsprechung.“
Die Parallelität von besonderer Wohnform und stationärer Einrichtung wird zudem bestätigt durch die parallele Berechnung der Unterkunftskosten (stationäre Einrichtung: § 42 Nr. 4b SGB XII iVm § 27b Abs. 1 Satz 2 SGB XII; besondere Wohnform: § 42a Abs. 5 Satz 3 SGB XII – maßgeblich ist jeweils der Durchschnittwert nach § 45a SGB XII) und die Statistikbestimmung des § 128c Nr. 7 b SGB XII.
Die Voraussetzungen als besondere Wohnform erfüllt die Unterkunft des Klägers nicht. Es handelt sich um eine klassische – wenn auch behindertengerecht gestaltete – Wohngemeinschaft und nicht um eine Nachfolgeinstitution zu einer stationären Einrichtung. Es werden keine Fachleistungsflächen über den Träger der Eingliederungshilfe finanziert, die von den Unterkunftskosten als Bestandteil der Leistungen für den Lebensunterhalt abgegrenzt werden können. Es erfolgte keine Verknüpfung des Mietvertrags mit der Erbringung von Leistungen der Eingliederungshilfe an den Kläger. Dies ist nur der Fall, wenn die Vermietung der Wohnung und die Erbringung der Eingliederungshilfe aus einer Hand erfolgt, wobei der Senat offenlässt, ob stets eine juristische Personenidentität des Vermieters und des Leistungserbringers der Eingliederungshilfe erforderlich ist (so wohl BSG Urteil vom 05.08.2021 – B 4 AS 26/20 R) oder ob eine anderweitige Verbundenheit von Vermieter und Träger der Eingliederungshilfe ausreichend ist. Auch ist die vermietete Wohnung ein baulicher Bestandteil eines Wohngebäudes, weshalb die bauordnungsrechtlichen Vorschriften für Wohngebäude gelten.
4) Die Berechnung der zustehenden Unterkunftskosten richtet sich daher nicht nach § 42a Abs. 5 SGB XII, sondern nach § 42a Abs. 4 SGB XII. Hiernach gilt:
„Lebt eine leistungsberechtigte Person zusammen mit anderen Personen in einer Wohnung im Sinne von Absatz 2 Satz 2 (Wohngemeinschaft) oder lebt die leistungsberechtigte Person zusammen mit in Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 genannten Personen und ist sie vertraglich zur Tragung von Unterkunftskosten verpflichtet, sind die von ihr zu tragenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung bis zu dem Betrag als Bedarf anzuerkennen, der ihrem nach der Zahl der Bewohner zu bemessenden Anteil an den Aufwendungen für Unterkunft und Heizung entspricht, die für einen entsprechenden Mehrpersonenhaushalt als angemessen gelten. Satz 1 gilt nicht, wenn die leistungsberechtigte Person auf Grund einer mietvertraglichen Vereinbarung nur für konkret bestimmte Anteile des Mietzinses zur Zahlung verpflichtet ist; in diesem Fall sind die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung bis zu dem Betrag als Bedarf anzuerkennen, der für einen Einpersonenhaushalt angemessen ist, soweit der von der leistungsberechtigten Person zu zahlende Mietzins zur gesamten Wohnungsmiete in einem angemessenen Verhältnis steht. Übersteigen die tatsächlichen Aufwendungen der leistungsberechtigten Person die nach den Sätzen 1 und 2 angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, gilt § 35 Absatz 2 entsprechend.“
Der Kläger lebt – wie dargelegt – in einer Wohngemeinschaft. Er ist mietvertraglich für konkret bestimmte Anteile des Mietzinses zur Zahlung verpflichtet. Grundsätzlich kann er damit die Unterkunftskosten erhalten, die für einen Einpersonenhaushalt angemessen sind, dies sind – die Schlüssigkeit des Konzepts der Beklagten unterstellt – die anerkannten 358/367 €, hinzu kommen die tatsächlichen Heizkosten.
5) Der Anspruch des Klägers auf die diesen Betrag übersteigenden Unterkunfts- und Heizkosten iHv insgesamt 559,50 € folgt jedoch aus § 35 Abs. 2 Sätze 1 und 2 SGB XII in der 2020 gF. Hiernach gilt:
„Übersteigen die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang, sind sie insoweit als Bedarf der Personen, deren Einkommen und Vermögen nach § 27 Absatz 2 zu berücksichtigen sind, anzuerkennen. Satz 1 gilt so lange, als es diesen Personen nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.“
Dem Kläger war es 2020 – und ist es wohl auch dauerhaft – nicht möglich oder zumutbar, seine Unterkunftsaufwendungen zu senken. Besondere persönliche Lebensumstände des Leistungsberechtigten, die im Rahmen der konkreten Angemessenheit zu berücksichtigen sind, können auch zu einem verstärkten Schutz des sozialen Umfelds im Vergleich zu Leistungsberechtigten ohne persönliche Besonderheiten führen. Solche Umstände für individuelle, konkret von den Bedarfen anderer Leistungsberechtigter abweichende Bedarfe sind etwa die Situation von Alleinerziehenden, gesundheitliche Aspekte sowie ein erforderliches Betreuungsangebot (Löcken in JurisPK SGB XII § 35 Rn. 118 mwN). Die Wohngemeinschaft „W.“ ist auf die individuellen, behinderungsbedingt erforderlichen Belange gerade des Klägers zugeschnitten. Es handelt sich um ein Projekt einer Elterninitiative, die es den jungen Menschen ermöglicht, mit teilweise seit der Kindheit vertrauten Menschen zusammenzuleben. Ein solches Bedürfnis nach einem vertrauten persönlichen Umfeld ist vor dem Hintergrund der Behinderung des Klägers schutzbedürftig. Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass ein Umzug grundsätzlich zumutbar wäre, käme eine Absenkung der Unterkunftskosten nur in Betracht, wenn die Beklagte dem Kläger Unterstützung bei der Wohnungssuche leistet (vgl. dazu Urteile des Senates vom 15.12.2022 – L 9 SO 429/21 und vom 08.09.2022 – L 9 SO 281/21). Da der Kläger aufgrund seiner Behinderung zu einer eigenständigen Wohnungssuche nicht in der Lage ist, wäre es im vorliegenden Verfahren sogar erforderlich gewesen, eine zumutbare Wohnalternative für den Kläger zu benennen. Dies ist nicht erfolgt. Eine Verweisung des Klägers auf die Wohnung im Appartementhaus des O. scheidet aus, weil – wie die Beklagte mittlerweile auch selbst zugestanden hat – dort keine 24-Stunden-Betreuung stattfinden kann, auf die der Kläger aber angewiesen ist. Eine Verweisung des Klägers auf besondere Wohnformen scheidet aus, weil – ungeachtet der Frage, ob eine solche Unterbringung im streitigen Zeitraum überhaupt möglich war – dadurch allenfalls eine geringe Kostenersparnis erzielt werden könnte. Die Kosten in diesen Wohnformen belaufen sich gem. § 42a Abs. 5 SGB XII auf 528,53 € (422,82 € + 25%). Dazu kommen ggfs. noch weitere Kosten, die gem. § 113 Abs. 5 SGB IX im Rahmen der Eingliederungshilfe zu übernehmen wären. Die von der Beklagten angestrebte Kostenersparnis würde daher allenfalls in geringem Umfang eintreten, weshalb ein Umzug des Klägers aus der vertrauten und von ihm selbstbestimmt gewählten Wohnung nicht zumutbar wäre (dazu BSG Urteil vom 23.03.2010 – B 8 SO 24/08 R). Hierbei kommt es nicht darauf an, ob einzelne besondere Wohnformen vorhanden sind, in denen evtl. günstige Unterkunftskosten anfallen, da der Kläger zwischen allen zugelassenen besonderen Wohnformen ein Wahlrecht hätte, er also nicht auf die preisgünstigste besondere Wohnform verwiesen werden könnte.
Der Kläger kann damit die gesamten mietvertraglich geschuldeten Kosten für die Unterkunft und Heizung iHv 559,50 € Kosten beanspruchen. Ob die Beklagte im Hinblick darauf berechtigt ist, die Regelleistung des Klägers gem. § 27a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB XII zu reduzieren, ist nicht Gegenstand des vorliegenden, auf die Unterkunftskosten beschränkten Verfahrens.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
V. Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.