Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 25.02.2021 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.
Der Streitwert für das Klage- und Berufungsverfahren wird endgültig auf 2.219,41 € festgesetzt.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Verpflichtung der Klägerin zur Nachentrichtung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen wegen einer Beschäftigung der Beigeladenen zu 1 im Streit.
Die Klägerin ist Trägerin des Theaters F1, welches regelmäßig gastspielverpflichtete Schauspieler beschäftigt. Im Betriebsprüfungsbescheid vom 16.01.2006 aufgrund einer im Zeitraum vom 02.03.2005 bis 19.12.2005 für den Prüfzeitraum vom 01.01.2001 bis 31.12.2004 durchgeführten Betriebsprüfung wies die Beklagte unter „Sonstige Hinweise“ darauf hin, dass gastspielverpflichtete Künstler nicht nur an einzelnen Gastspiel- und Probentagen, sondern für die gesamte Dauer des Gastspielvertrags in einem zeitlich befristeten Arbeitsverhältnis stünden. Sozialversicherungsrechtlich relevant sei daher die Zeit vom ersten Probentag bis zum letzten Gastspieltag. Dies habe zur Folge, dass die bezogenen Arbeitsentgelte nicht kalendertäglich für den jeweiligen Tag des Auftritts, sondern gleichmäßig auf die Laufzeit des Vertragsverhältnisses zu verteilen seien. Diese Verfahrensweise sei ab dem 01.01.2006 umzusetzen.
Die Beigeladene zu 1 war in der Spielzeit 2007/2008 als Schauspielerin für die Produktion „S1“ von J1 engagiert. Aufführungen fanden am 05.10.2007, 11.10.2007, 16.10.2007, 17.10.2007, 24.10.2007, 01.11.2007, 10.11.2007, 16.11.2007, 09.12.2007, 14.12.2007, 19.12.2007, 30.12.2007, 13.01.2008, 18.01.2008, 24.02.2008 und 29.05.2008 (Gastspiel in T1) statt. Der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 lag der am 01.06.2007 geschlossene „Gastvertrag“ (Bl. 213 ff. VA) zu Grunde:
§ 1 Aufgabe
Der Gast wird in der Spielzeit 2007/2008 für die Produktion „S1“ von J1 als Schauspielerin verpflichtet.
§ 2 Termine
Probenzeitraum 04.06.2007 bis 17.07.2007 (Vorproben)
10.09.2007 bis 05.10.2007
Premiere 05.10.2007, 20.00 Uhr
weitere Aufführungen: 11.10., 16.10, 17.10, 24.10., 01.11.2007, jeweils 20.00 Uhr
Es werden acht Vorstellungen garantiert.
Die Bühne kann den Premierentermin - soweit erforderlich - um einige Tage verschieben. Verschiebt sich dadurch auch der Probenbeginn, informiert die Bühne den Gast so früh wie möglich.
Weitere Vorstellungen gemäß Absprache mit dem Künstlerischen Betriebsbüro.
Bindend ist der monatliche Gästebrief.
§ 3 Vergütung, Reise- und Nebenkosten
1. Der Gast erhält von der Bühne
für die Vorstellungen eine Vergütung von 340.00 € (…)
für die Proben eine Vergütungspauschale von 3000.00 € (…) monatlich
für die Probenzeiträume und die Vorstellungen im Oktober 07 übernimmt das Theater die Monatskarte B1 gegen Beleg
zu den weiteren Vorstellungen übernimmt das Theater die Fahrten B1 oder K1 (Bahn, 2. Klasse, BC 50) gegen Beleg
die Hälfte der Kosten für eine BC 50
Übernachtungskosten zu den Vorstellungen bei Bedarf
Alle weiteren Kosten sind durch das Honorar abgegolten.
2. Urlaubsansprüche sind mit 6,67 % des Brutto-Honorars berücksichtigt und darin enthalten. Der Berechnung der Urlaubsabfindung liegen die Bestimmungen des Bundesurlaubsgesetzes zu Grunde. (…)
3. Eine gegebenenfalls bestehende Umsatzsteuerpflicht des Gastes geht nicht zu Lasten der Bühne. (…)
4. Bei Vorliegen der gesetzlichen bzw. satzungsmäßigen Voraussetzungen ist die Bühne verpflichtet, den Gast zur Sozialversicherung (…) und bei der Bayrischen Versicherungskammer (…) anzumelden und die fälligen Beiträge abzuführen. Der Gast ist damit einverstanden, dass die Bühne den jeweiligen Arbeitnehmeranteil von seinen Bezügen einbehält und abführt.
(…)
§ 4 Leistungspflichten des Gastes
1. Die Mitwirkungspflicht des Gastes erstreckt sich über § 1 hinaus auch auf Ensembledarbietungen der Bühne im In- und Ausland sowie auf Aufnahmen für Bild- und/oder Tonträger sowie Bildtonträger und auf Direktwiedergaben, auch im Rundfunk (insbesondere Hörfunk und Fernsehen).
2. Der Gast ist außerdem verpflichtet,
sich über Beginn und Ort von Aufführungen und Proben bei der Bühne rechtzeitig zu unterrichten
allen Weisungen der Bühne nachzukommen, auch hinsichtlich Regie sowie Kostüm und Maske
mit gelernter Rolle/Partie zu den Proben zu erscheinen
an allen Proben teilzunehmen, die seine Anwesenheit erfordern, einschließlich Sonn-, Feiertags- und Umbesetzungsproben sowie Wiederaufnahmeproben
die von der Bühne festgelegte Applausordnung zu beachten
sich bei allen Aufführungen mindestens eine halbe Stunde vor Beginn des Aktes, in dem er aufzutreten hat, in seinem Ankleideraum einzufinden
3. Der Gast hat der Bühne für Werbe-/Informationszwecke ausreichend Bild- und Biographiematerial über seine Person zur Verfügung zu stellen.
§ 5 Nichterfüllung
1. Ist der Gast aus einem in seiner Person liegenden Grund verhindert, an einer Aufführung bzw. Probe teilzunehmen, entfällt das für diese Aufführung vereinbarte Honorar bzw. anteilig die Probenpauschale. Reisekosten werden nicht erstattet. Der Gast hat keinen Anspruch darauf, dass die Bühne einen Ersatztermin anbietet.
2. Nimmt der Gast aus einem in seiner Person liegenden Grund an Proben wiederholt nicht teil bzw. bleibt einer Aufführung fern, berechtigt dies die Bühne zur fristlosen Kündigung aus gewichtigem Grund.
3. Der Gast verpflichtet sich, der Bühne jede Verhinderung, an Aufführungen oder Proben teilzunehmen, die voraussichtliche Dauer sowie etwaige Verlängerung dieser Verhinderung unverzüglich anzuzeigen. Auf Verlangen sind die Gründe der Verhinderung mitzuteilen.
4. Kann die Bühne aufgrund von höherer Gewalt oder aus anderen Gründen, z.B. betriebliche Störung, Streik, notwendige bauliche Maßnahmen, behördliche Anordnung, Theaterbrand, Stromausfall, Verbot durch den Autor oder Erkrankung im Ensemble, Niederlegung der Regie, eine angesetzte Probe/Aufführung nicht in der vorgesehenen Weise durchführen, ist die Bühne nicht zur Nachholung verpflichtet.
Der Gast verliert seinen für die Aufführung bestehenden Honoraranspruch, wenn ihm die Absage 8 Werktage vor der geplanten Aufführung zugegangen ist. Bei einer Absage, die weniger als 8 Werktage vor der geplanten Aufführung zugeht, wird die Hälfte des jeweiligen Honorars unter Anrechnung ersparter Aufwendungen fällig. Bei der Absage von Proben entfällt der Anspruch auf die Probenpauschale anteilig entsprechend. Reisekosten werden, soweit Aufwendungen entstanden sind, erstattet.
§ 6 Vertragsstrafe
1. Im Falle einer Vertragsverletzung durch den Gast, die die Bühne zur fristlosen Kündigung des Vertrages aus wichtigem Grund berechtigt, ist vom Gast eine Vertragsstrafe zu zahlen. (…)
2. Der Anspruch auf Erfüllung oder auf Ersatz des über die Vertragsstrafe hinaus entstandenen Schadens ist auch im Falle der Geltendmachung der Vertragsstrafe nicht ausgeschlossen.
§ 7 Ausschluss des Beschäftigungsanspruchs
Der Gast hat keinen Anspruch auf Beschäftigung. Der Honoraranspruch des Gastes wird dadurch nicht berührt. Schadensersatzansprüche bestehen nicht.
§ 8 Urheber- und Leistungsschutzrechte
(…)
§ 9 Nebenbeschäftigung
Der Gast ist grundsätzlich berechtigt, während und neben der Gasttätigkeit für die Bühne auch andere (Gast-)Tätigkeiten auszuüben. Es muss jedoch gewährleistet sein, dass dadurch seine vertragliche Verpflichtung gegenüber der Bühne nicht beeinträchtigt wird. Der Gast muss insbesondere die Bühne über seine anderweitigen Tätigkeiten stets rechtzeitig informieren.
(…)
Im Zeitraum vom 10.12.2013 bis 02.10.2015 führte die Beklagte bei der Klägerin eine Betriebsprüfung nach § 28p Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) für den Prüfzeitraum vom 01.01.2006 bis 31.12.2013 durch. Nach Anhörung unter dem 02.07.2015 forderte die Beklagte mit Teilbescheid vom 07.10.2015 von der Klägerin die Nachentrichtung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen und Säumniszuschlägen in Höhe von insgesamt 398.621,47 €, unter anderem auch wegen der Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 in Höhe von 1.186,91 € für die Zeit vom 01.10.2007 bis 18.01.2008. Das Bundessozialgericht (BSG) habe entschieden, dass gastspielverpflichtete Künstler, die in einem Ensemble mitwirkten und in den Betrieb des Theaters eingegliedert seien, nicht nur für den Probezeitraum und an den einzelnen Vorstellungstagen in einem abhängigen und sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stünden, sondern auch für die Zeit zwischen den einzelnen Aufführungen (Vorstellungstagen), wenn sich bei einer Gesamtbetrachtung der Tätigkeit vom ersten Probentag bis zum letzten Vorstellungstag das Bild einer durchgehenden Beschäftigung ergebe und in den Zwischenzeiträumen eine Arbeitsverpflichtung nach Art einer Dienstbereitschaft bestehe. Dies habe zur Folge, dass die bezogenen Arbeitsentgelte (Gagen und gegebenenfalls Probepauschalen) nicht nur kalendertäglich auf den jeweiligen Tag des Auftritts zu beziehen, sondern gleichmäßig auf die Laufzeit des Vertragsverhältnisses zu verteilen seien. Dem stehe nicht entgegen, dass neben dieser Beschäftigung noch weitere Beschäftigungen ausgeübt würden. Die Klägerin habe zu Unrecht die Vergütungen für die Aufführungen einzeln als tägliches Beschäftigungsverhältnis gemeldet. Bei der Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge sei dadurch regelmäßig unzutreffenderweise eine Begrenzung des Arbeitsentgelts auf die anteilige tägliche Beitragsbemessungsgrenze erfolgt. Der Gastspielvertrag sehe eine Verpflichtung auch zur Mitwirkung an nicht datierten Ensembledarbietungen im In- und Ausland sowie bei Aufnahmen für Bild- und/oder Tonträger sowie Bildtonträger und Direktwiedergaben vor. Eine Beschränkung der Verfügbarkeit zur einseitigen Konkretisierung von Arbeitseinsätzen innerhalb der vereinbarten Probezeiten oder Aufführungszeiten etwa dergestalt, dass entsprechende Aufnahmetermine nur nach Rücksprache mit dem Gast und unter Berücksichtigung anderweitiger Verpflichtungen anberaumt werden dürften, ergebe sich aus den Verträgen nicht. Es bestehe eine grundsätzliche Arbeitsverpflichtung der Künstler auch in den Zwischenzeiträumen. Den einzelnen Vorstellungen hätten keine nur jeweils einen Tag umfassende Beschäftigungen zugrunde gelegen. Die Vorstellungen seien vielmehr in eine (zeitlich befristete) Dauerbeschäftigung eingebettet gewesen. Es gelte die 30-jährige Verjährungsfrist des § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV, da die Klägerin den Bescheid der Beklagten vom 16.01.2006 nicht ausgewertet habe. Die Nichtabführung von Beiträgen sei daher zumindest billigend in Kauf genommen worden. Zugrunde zu legen seien in Anlehnung an das Urteil des BSG vom 30.03.2000 (B 12 KR 14/99 R) ausschließlich die zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV noch nicht verjährten Sozialversicherungsbeiträge, d.h. für Sozialversicherungsbeiträge ab 01.12.2001 (der Bescheide datiere vom 16.01.2006); für den konkreten Sachverhalt entsprechend des Bescheides für Zeiten ab 01.01.2006. Es seien Säumniszuschläge nach § 24 Abs. 1 SGB IV zu zahlen. Insbesondere habe die Klägerin Kenntnis von ihrer Zahlungspflicht gehabt, da sie anlässlich einer früheren Prüfung durch die Beklagte über die zutreffende Verfahrensweise der Abrechnung mit Umsetzung ab 01.01.2006 informiert worden sei.
Zur Begründung des gegen diesen Bescheid am 02.11.2015 eingelegten Widerspruchs trug die Klägerin vor, entgegen der Annahme der Beklagten seien die Gastschauspieler während der proben- und aufführungsfreien Zeiträume ungebunden gewesen. Es habe keine durchgehende Beschäftigung vorgelegen. Die Forderung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge, die auf der Berücksichtigung des gesamten Gastspielzeitraums einschließlich der Probentage beruhe, sei deshalb rechtswidrig. Zudem habe sich die Klägerin an der Handlungsempfehlung der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages vom 11.12.2007 (Drucksache 16/7000) orientiert, wonach diese den Kulturbetrieben empfohlen habe, für die Dauer der Aufführungsphase pro Aufführungstag kalendertäglich abzurechnen, es sei denn, die Zahl der Auftritte im Monat überschreite zehn Aufführungen. Auf diese Empfehlung habe die Klägerin vertrauen dürfen. Somit müssten in jedem Fall die Säumniszuschläge entfallen.
Die Widerspruchsstelle der Beklagten wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 12.08.2016 zurück. Die Regelungen der Termine in § 2 der „Gastverträge“ erfassten einen Gesamtzeitraum. Die verpflichteten Künstler müssten an allen Proben und Umbesetzungsproben nach dem Probenplan, der auch nicht vertraglich vereinbarte Daten beinhalte, teilnehmen. Sie müssten sich damit zur Verfügung halten. Auch die Umbesetzungsproben seien nicht vertraglich vorab geregelt. Auch daraus ergebe sich, dass sich die Künstler bereithalten müssten. Gleiches gelte im Falle einer Verschiebung von Proben. Zudem müssten die Künstler sich zur Mitwirkung bei Rundfunk- und Fernsehübertragungen sowie Aufzeichnungen bereithalten. Nach den Verträgen sei das Einverständnis der Künstler nicht erforderlich gewesen, wenn Proben bzw. Vorstellungstermine verschoben, neu angesetzt oder ausgefallen seien. Die Termine seien vielmehr mit den „Gästebriefen“ bindend vorgegeben worden und die Terminpriorität habe bei der Bühne gelegen. Für ein Dauerbeschäftigungsverhältnis spreche auch die in den „Gastverträgen“ vorgesehene Urlaubsabgeltung, die nur im Falle eines auf Dauer angelegten Beschäftigungsverhältnisses in Betracht komme. Für die Beurteilung der Tätigkeit als Dauerbeschäftigungsverhältnis sei unerheblich, dass die gastspielverpflichteten Künstler in den Zeiten zwischen den Aufführungen für andere Bühnen tätig werden könnten oder arbeitslos gemeldet seien. Zu Recht seien Säumniszuschläge gefordert worden, weil die Klägerin mit dem Bescheid vom 16.01.2006 darüber unterrichtet worden sei, dass gastspielverpflichtete Künstler nicht nur an den einzelnen Gastspiel- und Probentagen, sondern für die gesamte Dauer des Gastspielvertrags in einem zeitlich befristeten Arbeitsverhältnis stünden. Die Beitragsnachforderung sei auch nicht verjährt, weil die Klägerin über die anzuwendende Verfahrensweise im Hinblick auf die Dauer der Beschäftigungsverhältnisse unterrichtet gewesen sei und deshalb Vorsatz vorgelegen habe, der der Anwendung der kurzen, vierjährigen Verjährungsfrist entgegenstehe.
Hiergegen hat die Klägerin am 08.09.2016 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben und zur Begründung vorgetragen, die Beklagte gehe zu Unrecht davon aus, dass eine Verpflichtung zur Dienstbereitschaft zwischen den einzelnen Vorstellungen bestanden habe. Die Bühne habe über Termine nicht einseitig bestimmen können und die Gastkünstler hätten sich auch während der Zeiten zwischen den Vorstellungen nicht zur Verfügung halten müssen. Die Vorstellungstermine seien bereits bei Vertragsschluss konkret vereinbart gewesen. Weitere Vorstellungstermine neben den vertraglich fixierten und alle Änderungen und/oder Ergänzungen hätten nur „gemäß Absprache“, also einvernehmlich zwischen dem Theater und dem Gastkünstler vereinbart werden können. Wenn ein Gastkünstler zeitlich nicht frei gewesen sei, habe das Theater angedachte Vorstellungstermine wieder verwerfen oder auf andere Künstler ausweichen müssen. Im „Gastvertrag“ sei zwar vereinbart, dass der Premierentermin „um einige Tage“ habe verschoben werden können. Die vereinbarten Vorstellungstermine hätten aber nicht einseitig geändert werden können. Änderungen oder Ergänzungen der Termine hätten nur einvernehmlich zwischen dem Theater und den Gastkünstlern vereinbart werden können. Die in den „Gastverträgen“ erwähnten „Gastbriefe“ fixierten lediglich die terminlich vorab zwischen den Parteien getroffenen Absprachen. Einseitige Festlegungen beinhalteten sie nicht. Wenn das Theater zusätzlich zu den vereinbarten weitere Aufführungstermine geplant habe, hätten die „Gastschauspieler“ diese ablehnen können. Ohne vorherige Absprache habe ein weiterer Termin nicht festgelegt werden können. Eine Verpflichtung der Künstler zur Erreichbarkeit habe nicht bestanden. Auch die Regelung in § 5 Z. 4 zeige, dass die Künstler grundsätzlich über ihre Tätigkeitszeiten zwischen den Vorstellungsterminen frei hätten verfügen können. Die sich in § 4 findende Regelung bezüglich einer Mitwirkungspflicht bei Aufnahmen für Bild- und/oder Tonträger sowie Bildtonträger auch im Rundfunk beziehe sich auf Aufnahmen während der Proben und Aufführungen. Auch aus den Regelungen zur Nebenbeschäftigung in § 9 ergebe sich kein Hinweis auf ein zeitlich befristetes Dauerbeschäftigungsverhältnis. Es lasse sich vielmehr entnehmen, dass die Künstler ungebunden seien. Ausgenommen seien lediglich die vertraglichen Verpflichtungen, also die Zusage zu den vereinbarten und fixierten einzelnen Aufführungsterminen zur Verfügung zu stehen. Die Aufnahme von Nebenbeschäftigungen stehe nicht unter einem Zustimmungsvorbehalt des Theaters. Sie, die Klägerin, habe jedenfalls keine Säumniszuschläge zu zahlen, da sie nach der Handlungsempfehlung der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages vom 11.12.2007 verfahren sei. Bedingter Vorsatz sei damit nicht gegeben. Sie berufe sich zudem auf Verjährung.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Das Vorliegen einer Beschäftigung für den gesamten Zeitraum der Vorstellungen, also auch in den Zwischenzeiträumen, ergebe sich aus § 7 Abs. 3 Satz 1 SGB IV. Voraussetzung für das Bestehen einer Beschäftigung sei lediglich die rechtliche Fortdauer des Beschäftigungsverhältnisses, nicht aber die kontinuierliche Verfügungsmacht des Arbeitgebers über die Arbeitskraft des Arbeitnehmers im Sinne einer kurzfristig realisierbaren Dienstbereitschaft. Selbst wenn aber eine stete Verfügungsmacht Voraussetzung für das Vorliegen der Beschäftigung wäre, könne eine durchgehende Beschäftigung nicht verneint werden. Diese habe nämlich zumindest im Sinne einer latenten Verfügungsbereitschaft für weitere Aufführungen während der jeweiligen Produktion vorgelegen. Die latente Verfügungsbereitschaft ergebe sich aus dem Ungleichgewicht der Stärke der Vertragsparteien, nämlich der wirtschaftlichen Abhängigkeit des Künstlers und dessen Wunsch nach weiteren Engagements in der Produktion. Im Übrigen weise die in § 9 des „Gastvertrags“ enthaltene Verpflichtung, über eine anderweitige Tätigkeit stets rechtzeitig zu informieren, auf eine Dienstbereitschaft der Künstler auch zwischen den Terminen hin. Diese Verpflichtung diene einzig dem Zweck der Gewährleistung der Dispositionsfreiheit des Theaters. Aus dem „Gastvertrag“ folge, dass das Theater auch während der vertraglich nicht fixierten Zeiten über die Arbeitskraft der Künstler habe verfügen können.
Das SG hat im Erörterungstermin am 08.10.2020 die Zeugin O1, die künstlerische Betriebsdirektorin der Klägerin, vernommen. Hinsichtlich der Einzelheiten ihrer Aussage wird auf das Protokoll auf Bl. 190/191 der SG-Akte verwiesen.
Die mit Beschluss vom 02.11.2020 zum Rechtsstreit notwendig Beigeladenen haben sich zur Sache nicht geäußert.
Mit Beschluss vom 02.11.2020 hat das SG die Beitragsforderungen, soweit sie nicht die Beigeladene zu 1 betreffen, abgetrennt und unter dem Aktenzeichen S 11 R 3796/20 fortgeführt.
Das SG hat mit Urteil vom 25.02.2021 den Bescheid der Beklagten vom 07.10.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.08.2016 aufgehoben. Die Klage sei zulässig und begründet. Die Beklagte habe die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen zu Unrecht festgesetzt. Das Vorliegen einer Beschäftigung der Beigeladenen zu 1 sei zu Recht zwischen den Beteiligten wegen der für eine Beschäftigung sprechenden Merkmale der Tätigkeit auf der Grundlage des „Gastvertrags“ unstreitig. Damit bestehe auch grundsätzlich Versicherungs- und Beitragspflicht zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Die Beklagte habe jedoch zu Unrecht die beitragspflichtigen Einnahmen der Beigeladenen zu 1 einem Beschäftigungszeitraum vom 01.10.2007 bis 18.01.2008 zugeordnet und dadurch die sich im Falle einer Verteilung der beitragspflichtigen Einnahmen auf die tatsächlichen Vorstellungstermine ergebende Überschreitungen der Beitragsbemessungsgrenze nicht beachtet. Vom Vorliegen einer durchgehenden Beschäftigung auch zwischen den Vorstellungsterminen könne sich das Gericht nicht überzeugen, insbesondere könne keine irgendwie geartete Verfügungsmacht des Theaters in den Zwischenzeiträumen der Vorstellungen festgestellt werden.
Gegen das ihr am 30.04.2021 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 31.05.2021 (Montag) Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt und zur Begründung ausgeführt, strittig sei im vorliegenden Fall, ob die Beschäftigung der Beigeladenen zu 1 als gastspielverpflichtete Künstlerin durchgehend vom ersten Tag des Probezeitraums bis zum Tag der letzten Aufführung angedauert habe, oder ob das Beschäftigungsverhältnis nur durchgehend bis zum Tag der Premiere bestanden habe und die folgenden einzelnen Aufführungstage jeweils als separate, auf diesen Tag beschränkte Beschäftigungen zu werten seien. Das BSG habe in seinem Urteil vom 20.03.2013 (Az.: B 12 R 13/10 R) festgestellt, dass für gastspielverpflichtete Künstler ein durchgehendes Beschäftigungsverhältnis bestehe, wenn sich aus dem Vertrag mit dem Theater für sie auch in Zeiten ohne Vorstellungen eine Verpflichtung zur Dienstbereitschaft ergebe. Hierzu seien die vertraglichen Vereinbarungen der Parteien dahingehend auszulegen, ob auch außerhalb des Probenzeitraums und der einzelnen Vorstellungen eine Arbeitsverpflichtung des gastverpflichteten Künstlers zum Theater bestehe. Dabei sei auch die tatsächliche Umsetzung des Vertrages zu berücksichtigen. Aus den Gastbriefen und dem Schreiben der Beigeladenen zu 1 ergebe sich, dass eine Dienstbereitschaft bestanden und das Theater eine gewisse Verfügungsbefugnis gehabt habe. Aus dem bereits genannten § 2 des Vertrages gehe hervor, dass weitere Vorstellungen mit dem künstlerischen Betriebsbüro abzustimmen seien. Unter § 4 Nr. 2 habe sich die Beigeladene zu 1 zudem verpflichtet, sich über Beginn und Ort von Aufführungen und Proben bei der Bühne rechtzeitig zu unterrichten. Somit habe für sie die Pflicht bestanden, sich mit dem Theater bzw. dem künstlerischen Betriebsbüro auch in den Zwischenzeiten in Verbindung zu setzen um zu erfahren, ob die „abgesprochenen“ Vorstellungen stattfinden würden. Der Gästebrief sei darüber hinaus laut § 2 des Gastvertrages bindend für die Beigeladene zu 1. Laut den Gästebriefen habe das Theater die Vorstellung einseitig bis spätestens acht Tage vorher absagen können, was einen Vorbehalt der Änderung von Terminen, wie im Fall des BSG, darstelle. Der Beigeladenen zu 1 sei ein solches Recht nicht eingeräumt gewesen. Aus § 9 des Gastvertrags ergebe sich, dass die Nebenbeschäftigungen der Beigeladenen zu 1 ihre vertraglichen Verpflichtungen mit dem Theater nicht beeinträchtigen dürften. Dadurch sei die Beigeladene zu 1 in der Verfügung über anderweitige Engagements in der Spielzeit 2007/2008 beschränkt gewesen. So hätte sie keine räumlich weiter entfernten Engagements annehmen können. Dies stelle eine mit dem Fall des bereits genannten BSG-Urteil vergleichbare „Priorisierung“ der Tätigkeit für die Klägerin dar, welche das BSG als Indiz für eine fortbestehende Beschäftigung angesehen habe. Es erscheine nicht überzeugend, dass jegliche Termine tatsächlich vorher abgesprochen worden seien. Vielmehr habe sich die Beigeladene zu 1 bereitzuhalten gehabt und sich bei dem Theater über die Vorstellungen zu informieren, bzw. sei im Rahmen des Gästebriefs über diese informiert worden. Auch komme § 7 Abs. 3 SGB IV zur Anwendung, wonach Unterbrechungen einer Beschäftigung dann unerheblich seien, wenn beide Seiten einen grundsätzlichen Arbeits- und Fortsetzungswillen hätten und das Ende dieser Unterbrechungen absehbar sei. Es seien Säumniszuschläge für 91 Monate zu erheben. Die Beitragsberechnung umfasse die Monate Oktober 2007 bis Januar 2008. Berechnet würden die Säumniszuschläge bis einschließlich Juni 2015. Auf die für die Beigeladene zu 1 zu entrichtenden Beiträge entfielen Säumniszuschläge in Höhe von 1.032,50 €. Für die Zeit nach dem 18.01.2008 seien keine weiteren Beiträge beanstandet worden, da das Beschäftigungsverhältnis nach § 7 Abs. 3 SGB IV unterbrochen gewesen sei. Es seien für die Beitragsberechnung grundsätzlich die jeweiligen Beitragsbemessungsgrenzen des gesamten Beschäftigungszeitraums vom ersten Probentag bis zur letzten Aufführung zugrunde zu legen. Habe zwischen den Aufführungen eine Lücke von mehr als einem Monat ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt bestanden, so gelte das Beschäftigungsverhältnis in analoger Anwendung des § 7 Abs. 3 SGB IV als unterbrochen und beginne beitragsrechtlich erst wieder mit dem Tag der Fortführung. Eine Nachberechnung im Rahmen der Betriebsprüfung sei unter Zugrundelegung von zusammenhängenden Sozialversicherungstagen daher nur bis zum 18.01.2008 erfolgt, da danach eine Unterbrechung von mehr als einem Monat eingetreten sei. Die folgenden Vorstellungen am 24.02. bzw. 28./29.05.2008 stünden für sich allein mit entsprechender Unterbrechung und seien nur an den einzelnen Tagen abzurechnen gewesen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 25.02.2021 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das SG habe rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der angefochtene Bescheid rechtswidrig sei. Unstreitig hätten die Gastkünstler zwischen den Aufführungen keine Arbeitsleistungen erbracht. Eine fortbestehende Beschäftigung in beschäftigungslosen Zeiten könne nur dann angenommen werden, wenn beide Vertragsparteien den eindeutigen Willen hätten, das Beschäftigungsverhältnis nach dem Wegfall der Unterbrechung fortzusetzen und der Arbeitnehmer auch in der beschäftigungslosen Zwischenzeit der Verfügungsmacht des Arbeitgebers unterliege. Hieran gemessen könne weder aus den schriftlichen Vereinbarungen noch aus den tatsächlich gelebten Vertragsbeziehungen eine durchgehende abhängige Beschäftigung des Gastkünstlers positiv festgestellt werden. In den Zeiten zwischen den Vorstellungen habe die Beigeladene zu 1 keiner Verpflichtung zur (dauernden) Dienst- bzw. Arbeitsbereitschaft unterlegen. Das Theater F1 habe in den Zeiträumen zwischen den einzelnen Aufführungsterminen nicht über die Erbringung von Tätigkeiten nach Arbeitsanfall einseitig bestimmen können. Die Beigeladene zu 1 habe sich nicht während der Zeiten zwischen den Vorstellungen dem Theater F1 zur Verfügung halten oder jederzeit erreichbar sein müssen. Solches sei auch tatsächlich nicht festgestellt worden. Eben so wenig hätten die Vertragsparteien einen übereinstimmenden Fortsetzungswillen gehabt. Die Proben- und Vorstellungstermine seien einvernehmlich festgelegt worden. Sofern der Gastkünstler für weitere oder zeitlich verschobene Aufführungen zeitlich nicht frei gewesen sei, weil er beispielsweise andere Verpflichtungen gehabt habe oder eine weitere bzw. zeitlich verschobene Aufführung beim Theater F1 nicht habe leisten wollen, habe das Theater angedachte Vorstellungstermine wieder verwerfen oder auf andere Künstler ausweichen müssen, indem das Theater die Aufführung mit der zweiten Besetzung habe durchführen oder eine Umbesetzung vornehmen müssen. Auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) gehe in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass es wesentlich gegen die Annahme einer zeitlichen Weisungsgebundenheit spreche, wenn gastspielverpflichtete Bühnenkünstler hinsichtlich ihrer Tätigkeit nicht einem noch einseitig aufzustellenden Spielplan unterlägen, sondern in dem Gastvertrag Termine für die Aufführungszeiten vereinbart worden seien.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten hat Erfolg. Das SG hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die zulässige Klage ist unbegründet.
I. Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig und statthaft. Ein Ausschlussgrund gemäß § 144 Abs. 1 SGG ist nicht gegeben.
II. Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid vom 07.10.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.08.2016 in Höhe der auf die Beigeladene zu 1 entfallenen Beitragsforderung von 1.186,91 € sowie die hierauf entfallenden Säumniszuschläge in Höhe von 1.032,50 €. Auch wenn dem Abtrennungsbeschluss des SG hierzu keine Bestimmung zu entnehmen ist, ergibt eine ergänzende und sachgerechte Auslegung, dass nicht nur die Beitragsforderungen, soweit sie nicht die Beigeladene zu 1 betreffen, sondern auch die hierauf jeweils entfallenden Säumniszuschläge als Nebenforderung vom Verfahren abgetrennt und unter dem Aktenzeichen S 11 R 3796/20 fortgeführt werden sollten.
Zu beurteilen ist im vorliegenden Rechtsstreit, wie die Gesamtsozialversicherungsbeiträge aus den Vorstellungshonoraren der Beigeladenen zu 1 im Zeitraum vom 01.10.2007 bis 18.01.2008 zu berechnen sind. Für die Berechnung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge aus den Vorstellungshonoraren hat die Beklagte die innerhalb eines Kalendermonats erzielten Vorstellungshonorare ohne Rücksicht darauf, an wie vielen Tagen im Monat es zu Vorstellungen (Auftritten) kam, maximal bis zur monatlichen Beitragsbemessungsgrenze der Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung herangezogen. Gegen die rechnerische Ermittlung der geforderten Gesamtsozialversicherungsbeiträge (selbst), über die die Beklagte gegenüber der Klägerin als Arbeitgeberin der Beigeladenen zu 1 (als Rentenversicherungsträger) nach § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV durch Verwaltungsakt zu entscheiden befugt war, hat die Klägerin keine Einwendungen erhoben.
III. Die Berufung der Beklagten ist begründet. Das SG hat der hier statthaften isolierten Anfechtungsklage, gerichtet gegen den reinen Beitragsnachforderungsbescheid ohne zusätzliche Feststellung der Sozialversicherungspflicht der Beigeladenen zu 1 (vgl. hierzu BSG 20.03.2013, B 12 R 13/10 R, juris Rn. 12), zu Unrecht stattgegeben. Der Bescheid vom 07.10.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.08.2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beklagte hat zu Recht Beiträge für die Tätigkeit der Beigeladenen zu 1 im Zeitraum vom 01.10.2007 bis 18.01.2008 in Höhe von 1.186,91 € nachgefordert sowie Säumniszuschläge in Höhe von 1.032,50 € festgesetzt, da die Beigeladene zu 1 im Rahmen des mit ihr als „Gast“ abgeschlossenen (zeitlich befristeten) Gastvertrages vom Tag der Premiere bis zum 18.01.2008 wegen einer dauernden („durchgehenden“) entgeltlichen Beschäftigung bei der Klägerin in der Sozial- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungspflicht (und Beitragspflicht) unterlag. Deshalb durften die Vorstellungshonorare für die Ermittlung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge nicht den jeweiligen Vorstellungstagen zugeordnet und insoweit eine auf den Kalendertag bezogene anteilige Beitragsbemessungsgrenze angewandt werden; sie mussten vielmehr gleichmäßig auf die Zeit von der Premiere bis zum 18.01.2008 verteilt und unter Berücksichtigung der monatlichen Beitragsbemessungsgrenze bzw. im Januar 2008 unter Berücksichtigung der entsprechenden Teilmonatsbeitragsbemessungsgrenze ermittelt werden.
1. Zwischen den Beteiligten nicht streitig ist zunächst, dass die Beigeladene zu 1 jedenfalls an den einzelnen Vorstellungstagen nach den insoweit anzuwendenden Rechtsvorschriften als entgeltlich Beschäftigte in der Sozial- und Arbeitslosenversicherung versicherungspflichtig war.
In den Jahren 2007 und 2008, um die es hier geht, unterlagen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren, nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 SGB IV in der Fassung vom 23.10.2006 in allen Zweigen der Sozialversicherung nach Maßgabe der besonderen Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige der Versicherungspflicht. Für die Rentenversicherung regelte § 1 Satz 1 Nr. 1 HS 1 SGB VI in den Fassungen vom 07.09.2007 bzw. 12.12.2007 und im Arbeitsförderungsrecht § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III in den Fassungen vom 23.12.2003, 12.12.2007 bzw. 31.07.2008 die Versicherungspflicht übereinstimmend mit § 2 Abs. 2 Nr. 1 SGB IV. In der Kranken- und Pflegeversicherung waren Arbeiter und Angestellte versicherungspflichtig, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt waren (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V in den Fassungen vom 07.09.2007 bzw. 23.11.2007; § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HS 1 SGB XI in den Fassungen vom 26.03.2007 bzw. 18.12.2007). Alle Versicherungspflichttatbestände setzten damit eine Beschäftigung im Sinne von § 7 Abs. 1 SGB IV voraus.
Nach § 7 Abs. 1 SGB IV in seiner bis heute unveränderten Fassung ist Beschäftigung die nicht-selbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, zu denen die rechtlich relevanten Umstände gehören, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben (st.Rspr.; vgl. zum Ganzen z.B. BSG 16.08.2017, B 12 KR 14/16 R, juris Rn. 17 m.w.N. und BSG 31.03.2017, B 12 R 7/15 R, juris Rn. 21 m.w.N., 30.04.2013, B 12 KR 19/11 R, juris Rn. 13 m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit vgl. BVerfG <Kammer> Beschluss vom 20.05.1996, 1 BvR 21/96, juris). Diese Beurteilungsgrundsätze sind auch auf Bühnenkünstler anzuwenden. Die Tätigkeit eines Bühnenkünstlers kann grundsätzlich sowohl als Beschäftigung als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses ausgeübt werden. Der von den Spitzenverbänden der Versicherungsträger erarbeitete Abgrenzungskatalog für im Bereich Theater, Orchester, Rundfunk- und Fernsehanbieter, Film- und Fernsehproduktionen (künstlerisch und publizistisch) tätige Personen bietet insoweit eine Beurteilungshilfe, ohne die Gerichte hieran bei der Gesamtwürdigung im Einzelfall zu binden (BSG 20.03.2013, B 12 R 13/10 R, juris Rn. 17).
Vorliegend ging auch die Klägerin selbst davon aus, dass die Beigeladene zu 1 jedenfalls an den Vorstellungstagen (sowie auch bei den Proben) Beschäftigte war und hierbei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Theaters unterlag, das zwar im Hinblick auf die Erfordernisse der (letztlich) künstlerischen (schöpferisch-gestaltenden) Tätigkeit „verfeinert“ war, jedoch wegen der Notwendigkeit des Zusammenwirkens im Ensemble (also mit anderem künstlerischen Personal) über die Festlegung (lediglich) gewisser „Eckpunkte“ der Aufführungen wie deren Beginn und Ende sowie den „groben“ Inhalt der (künstlerischen) Tätigkeit als Sänger, Balletttänzer bzw. Schauspieler hinausging, die Beigeladene zu 1 zudem in den Betrieb der Klägerin vollumfänglich eingegliedert war und ein maßgebliches Unternehmerrisiko nicht bestand (vgl. hierzu BSG 20.03.2013, B 12 R 13/10 R, juris Rn. 21 m.w.N.). Dementsprechend hat die Klägerin für die einzelnen Vorstellungstage Sozialversicherungsabgaben unter Anwendung der auf den Kalendertag bezogenen anteiligen Beitragsbemessungsgrenze entrichtet.
2. Aber auch in den zwischen den einzelnen Vorstellungen liegenden Zeiten unterlag die Beigeladene zu 1 wegen einer Beschäftigung bei der Klägerin der Versicherungspflicht (bis zum 18.01.2008); insoweit lagen den Vorstellungen keine nur jeweils einen Tag umfassende - und insoweit immer wieder neue - Beschäftigungen zugrunde, vielmehr waren diese „eingebettet“ in eine (zeitlich befristete) Dauerbeschäftigung bei der Klägerin. Es war vorliegend eine Art Bereitschaftsdienst vereinbart, bei dem der Arbeitgeber innerhalb vereinbarter Dienstzeit über die Erbringung von Arbeitsleistung nach Arbeitsanfall bestimmen konnte. Dies folgt aus einer Bewertung des in den schriftlichen Abreden dokumentierten Willens der (Arbeits)Vertragsparteien unter Einbeziehung der hiervon nicht abweichenden tatsächlichen Umsetzung (unter a). Darüber hinaus ergibt sich dies auch aus § 7 Abs. 3 SGB IV, wonach eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt als fortbestehend gilt, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat (unter b).
a) So ergibt eine Auslegung der vertraglichen Vereinbarungen, mithin des Gastvertrages sowie der Gastbriefe, dass die Beigeladene zu 1 auch außerhalb des Probenzeitraums und der einzelnen Vorstellungen in einer „Arbeitsverpflichtung“ im Sinne einer Dienstbereitschaft zur Klägerin stand. Es war eine Art Bereitschaftsdienst vereinbart, bei dem der Arbeitgeber innerhalb vereinbarter Dienstzeit über die Erbringung von Arbeitsleistung nach Arbeitsanfall bestimmen kann. Die arbeitsrechtlichen Hauptpflichten der Beigeladenen zu 1 waren in den Zwischenzeiten im Hinblick auf die Besonderheit des Vertragsgegenstandes (Bühnenaufführungen, die je nach Kunstgattung, Kunstfach, Bühnenwerk bzw. Produktion usw. im Ablauf und nach ihrer Struktur speziellen und wechselnden Bedingungen unterliegen) dahin modifiziert, dass an die Stelle der Verpflichtung zur Teilnahme an den Proben bzw. Aufführungen die Verpflichtung getreten war, sich (innerhalb vereinbarter Dienstzeit) zur Verfügung zu halten. Für die Beigeladene zu 1 bestand (gerade) nicht nur eine „grundsätzliche Mitwirkungsverpflichtung für die Darstellung der übernommenen Aufgaben, erforderlicher Proben und Einstudierungen“ bzw. eine Verpflichtung zur „Ermöglichung der Kontaktaufnahme“, damit über den Einsatz bei Terminänderungen verhandelt werden konnte (BSG 20.03.2013, B 12 R 13/10 R, juris Rn. 26). Das ergibt sich aus dem einschlägigen vertraglichen Zusammenhang.
So umfasst zunächst der vereinbarte Vertragszeitraum die komplette Spielzeit 2007/2008 (somit von Anfang September/Oktober 2007 bis Ende Juni/Anfang Juli 2008) und nicht nur den Probenzeitraum sowie einzelne Aufführungstage, zumal auch nur ein Teil der Aufführungen - bei acht garantierten Vorstellungen - im Vorfeld vertraglich fixiert war (sechs Vorstellungen bis zum 01.11.2007). Bereits dem ist zu entnehmen, dass die Vertragsparteien von Anfang an von einer grundsätzlichen Verpflichtung zu Arbeitsleistungen für weitere Vorstellungen in der Spielzeit 2007/2008 - an denen auch beide Parteien gleichermaßen interessiert waren - ausgingen. Eine Verweigerung von weiteren Vorstellungen war von beiden Seiten nicht vorgesehen. Diesbezüglich verweist das BAG treffend darauf, dass die vertragliche Grundlage bei einer Gesamtwürdigung ihr Gepräge durch die Mitwirkung an den Vorstellungen erhält, weil die Aufführungen als Vertragsgegenstand im Vordergrund stehen, während den Proben trotz des zeitlichen Übergewichts lediglich dienende Funktion zukommt, Proben und Vorstellungstermine „getrennt keinen Sinn“ machen und deshalb „beides nur zusammen gewollt“ ist. Ein solcher prägender oder enger innerer Zusammenhang besteht grundsätzlich unabhängig davon, ob die Tätigkeit eines als „Gast“ auftretenden Bühnenkünstlers im Rahmen einer Beschäftigung oder eines freien Dienstverhältnisses ausgeübt wird, und lässt daher auch im vorliegenden Fall beschäftigter Bühnenkünstler die Annahme nur eines einzigen bzw. eines dauernden Rechtsverhältnisses geboten erscheinen (BAG 07.02.2007, 5 AZR 270/06, juris Rn. 10; BSG 20.03.2013, B 12 R 13/10 R, juris Rn. 32).
Auch standen gerade nicht sämtliche Aufführungstermine ohne jegliche Änderungsmöglichkeiten fest, so dass die Beigeladene zu 1 die Zwischenzeiten hätte frei anderweitig verplanen können. Der Gastvertrag enthält keine Sperr- bzw. Aussetzzeiten, in denen die Beigeladene zu 1 der Klägerin definitiv nicht hätte zur Verfügung stehen müssen. Damit hat aber eine Abrede zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1 auch für die Zeit nach der Premiere bestanden, eine Arbeitsleistung zu erbringen. Allein die von der Klägerin behauptete einvernehmliche Absprache der Termine mit den Künstlern kann über die letztlich permanente Bereitschaft zur Arbeitsleistung nicht hinwegtäuschen. Es hat daher sowohl nach dem vorgelegten Vertrag als auch nach der von der Klägerin vorgetragenen betrieblichen Übung genau wie im vom BSG im Urteil vom 20.03.2013 (a.a.O.) entschiedenen Fall eine Art „Bereitschaftsdienst“ bestanden (so auch LSG Niedersachsen-Bremen 17.05.2017, L 4 KR 86/14, juris).
Aus dem einschlägigen vertraglichen Zusammenhang ergibt sich im Wege der Auslegung, dass nach dem Willen der (Arbeits-)Vertragsparteien auch in den zwischen den Vorstellungen liegenden Zeiten eine Verpflichtung der Gastschauspieler zur kurzfristigen Dienstbereitschaft (als Teil der geschuldeten Arbeitsleistung) und für die Klägerin eine „Verfügungsbefugnis“ (innerhalb der vereinbarten Dienstzeit) begründet sein sollte. Die Verfügungsmacht der Theaterleitung über die Arbeitskraft der Gastschauspielerin in den zwischen den Vorstellungen liegenden Zeiten (und deren Eingliederung in einen ihnen vorgegebenen Arbeitsablauf) findet ihren Ausdruck vor allem darin, dass diese den Arbeitseinsatz der Gastschauspielerin in diesen Zeiten (einseitig) konkretisieren konnte. So konnte das Theater laut Gastvertrag den Premierentermin - soweit erforderlich - um einige Tage verschieben, ohne dass es hierbei eines Einverständnisses der Beigeladenen zu 1 bedurft hätte. Vielmehr war diese laut Vertrag hierüber nur zu informieren. Auch wenn die Vereinbarung nach § 2 des Gastvertrages gemäß „Absprache mit dem Künstlerischen Betriebsbüro“ erfolgen sollte - was im Übrigen eine Erreichbarkeit der Künstler voraussetzt -, wurde der monatliche Gästebrief als bindend vereinbart. In diesen Gästebriefen wurden der Beigeladenen zu 1 die jeweiligen weiteren Vorstellungstermine - einseitig durch die Klägerin - mitgeteilt. Wie und ob Terminabsprachen im Vorfeld tatsächlich stattgefunden haben, lässt sich den Gastbriefen nicht entnehmen. Aber selbst wenn diese tatsächlich einvernehmlich terminiert worden sein sollten, ändert dies nichts an der Verpflichtung der Beigeladenen zu 1, weitere Vorstellungen zu leisten je nach Bedarf der Klägerin. Sie war damit dem Grunde nach verpflichtet, sich für weitere Aufführungen zur Verfügung zu halten.
Die Beigeladene zu 1 unterlag damit nicht nur der Verfügungsmacht der Klägerin zwischen den Vorstellungen, sondern auch im Hinblick auf deren Verschiebung bzw. Anberaumung. So erstreckte sich die Mitwirkungspflicht der Beigeladenen zu 1 über § 1 hinaus auch auf Ensembledarbietungen der Bühne im In- und Ausland sowie auf Aufnahmen für Bild- und/oder Tonträger sowie Bildtonträger und auf Direktwiedergaben, auch im Rundfunk (insbesondere Hörfunk und Fernsehen). Auch dies spricht eher für eine dauerhafte Mitwirkungspflicht über den gesamten Zeitraum bis zur letzten Vorstellung als für eine punktuelle Verpflichtung für die jeweiligen Vorstellungstage. Aus dieser Regelung wird zudem deutlich, dass die Klägerin nicht nur über die Zeit und Art und Weise der Arbeitsleistung der Beigeladenen bestimmen konnte, sondern auch über den Ort der Arbeitsleistung. Aufgrund der Bezugnahme auf § 1 des Gastvertrages ergibt sich zudem eine Mitwirkungspflicht der Beigeladenen zu 1 in der gesamten Spielzeit 2007/2008 und gerade nicht für lediglich einzelne Aufführungstage.
Darüber hinaus war die Beigeladene zu 1 nach § 4 Nr. 2 des Gastvertrages u.a. verpflichtet, sich über Beginn und Ort von Aufführungen und Proben bei der Bühne rechtzeitig zu unterrichten, allen Weisungen der Bühne nachzukommen sowie an allen Proben teilzunehmen, die ihre Anwesenheit erfordern, einschließlich Sonn-, Feiertags- und Umbesetzungsproben sowie Wiederaufnahmeproben. Anderen künstlerischen Verpflichtungen durfte die Beigeladene zu 1 nur nachgehen, wenn hierdurch ihre vertragliche Verpflichtung gegenüber der Klägerin nicht beeinträchtigt wird (§ 9 Satz 2 des Gastvertrages). Auch die Regelungen in § 5 (Nichterfüllung) und § 6 (Vertragsstrafe) des Gastvertrages machen deutlich, dass die Beigeladene zu 1 - entgegen der Behauptung der Klägerin - nicht nach freiem Belieben und subjektiven Neigungen über die Mitwirkung oder Nichtmitwirkung an weiteren Aufführungsterminen entscheiden durfte, sondern sie sich nur auf (unverzüglich angezeigte und zu begründende) Verhinderungsgründe berufen konnte. Ohne eine entsprechende Verhinderung war die Beigeladene zu 1 jedoch verpflichtet, auf entsprechende Aufforderung der Klägerin an weiteren Aufführungsterminen teilzunehmen.
Ob die Beigeladene zu 1 in den danach verbliebenen Zeiten zwischen den Aufführungen als Ensemblemitglied oder „Gast“ an anderen Bühnen tätig oder arbeitslos gemeldet gewesen ist und Leistungen bezogen hat, führt nicht zu einer anderen Beurteilung. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB IV für Mehrfachbeschäftigte eine Regelung bereithält, nach der die beitragspflichtigen Einnahmen aus mehreren Versicherungsverhältnissen bei der Beitragsberechnung nach dem Verhältnis ihrer Höhe zueinander so zu mindern sind, dass sie zusammen höchstens die Beitragsbemessungsgrenze erreichen. Gleichzeitig schließt die Annahme dauernder Beschäftigung nach § 150 SGB III in der Fassung vom 23.12.2003 (heute § 162 SGB III) grundsätzlich das parallele Vorliegen von Teilarbeitslosigkeit nicht aus (Thüringer LSG 09.06.2015, L 6 R 979/14 B ER, juris Rn. 18).
Für die Regelung eines Dauerbeschäftigungsverhältnisses spricht auch die Regelung in § 3 Nr. 2 des Gastvertrages, wonach Urlaubsansprüche mit 6,67% des Brutto-Honorars berücksichtigt und hierin enthalten sind. Auch wenn darüber hinaus keine Entgeltzahlung für die Zwischenzeiten vereinbart bzw. gezahlt wurde, ist in diesen Zeiten gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 SGB IV fiktiv das Fortbestehen der - mit dem Probenbeginn in Vollzug gesetzten - Beschäftigung anzunehmen (BSG 20.03.2013, B 12 R 13/10 R, juris Rn. 30).
b) Eine Beschäftigung im Sinne der §§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV, 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V und 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI erfordert grundsätzlich den Vollzug eines entsprechenden Arbeitsverhältnisses (vgl. etwa zu dem mit Probenbeginn „in Vollzug gesetzte Arbeitsverhältnis“ BSG 20.03.2013, B 12 R 13/10 R, juris Rn. 30), es bedarf eines „Invollzugsetzens“ des entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses (BSG 04.03.2014, B 1 KR 64/12 R, BSGE 115, 158, Rn. 12). Allein der Abschluss eines Arbeitsvertrages begründet noch keine Beschäftigung im Sinne der §§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV, 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V und 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI. Hingegen genügt für einen „Eintritt in das Beschäftigungsverhältnis“ anstelle der tatsächlichen Aufnahme der entgeltlichen Tätigkeit auch der Erwerb von Ansprüchen auf Arbeitsentgelt ohne Tätigkeitsaufnahme (BSG 04.03.2014, B 1 KR 64/12 R, BSGE 115, 158, Rn. 13). Eine (in Vollzug gesetzte) versicherungspflichtige Beschäftigung wird auch durch Unterbrechungen der tatsächlichen Dienstleistung von verhältnismäßig kurzer Dauer - sei es infolge fehlender Dienstbereitschaft des Arbeitnehmers, sei es infolge fehlender Bereitschaft des Arbeitgebers, die angebotene Dienstleistung anzunehmen - nicht berührt, sofern nur beide Seiten den grundsätzlichen Arbeits- und Fortsetzungswillen haben. Bei diesen Unterbrechungen muss es sich aber um solche handeln, deren Ende absehbar ist. Abgestellt wird in diesem Zusammenhang auch darauf, ob das - beim unbezahlten Urlaub für dessen Dauer gerade fehlende - „maßgebende Merkmal der Entgeltlichkeit der Beschäftigung“ im Unterbrechungszeitraum fortbesteht (BSG 31.08.1976, 12/3/12 RK 20/74, SozR 2200 § 1227 Nr. 4, Rn. 33, 34, 36, 38). Modifiziert werden diese Maßstäbe seit dem 01.01.1999 durch § 7 Abs. 3 Satz 1 SGB IV, wonach eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt als fortbestehend gilt, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Ausnahmen hiervon enthalten die Sätze 3 und 4.
Die Vorschrift des § 7 Abs. 3 Satz 1 SGB IV enthält die gesetzliche Fiktion des Fortbestehens einer Beschäftigung unter den erläuterten Voraussetzungen; diese ist nicht widerlegbar (vgl. Ziegelmeier, in: Kasseler Kommentar, SGB IV 2021, § 7 Rn. 304). Es ist mithin fiktiv ein Fortbestehen der Beschäftigung (und nicht nur eines Beschäftigungsverhältnisses) anzunehmen (BSG 20.03.2013, B 12 R 13/10 R, juris Rn. 30). Mit § 7 Abs. 3 Satz 1 SGB IV soll im Ergebnis abhängig beschäftigten Personen bei Wegfall des Anspruches auf Arbeitsentgelt zumindest für einen gewissen Zeitraum (bis zu einem Monat) durch die Fiktion der Weitergeltung des Beschäftigungsverhältnisses die Kontinuität des Sozialversicherungsschutzes in den Fällen gesichert werden, in denen auch keine Entgeltersatzleistung bezogen wird (vgl. BT-Drs. 13/8011, S. 68; Brall, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 4. Aufl. 2021, § 7 Abs. 3 Rn. 12).
Die Vorgaben des § 7 Abs. 3 Satz 1 SGB IV werden ergänzt durch die Vorgaben des § 22 Abs. 2 Satz 1 SGB IV (im Wesentlichen unverändert seit dem 01.01.1989), wonach bei Mehrfachbeschäftigten die beitragspflichtigen Einnahmen aus mehreren Versicherungsverhältnissen bei der Beitragsberechnung nach dem Verhältnis ihrer Höhe zueinander so zu mindern sind, dass sie zusammen höchstens die Beitragsbemessungsgrenze erreichen. Gleichzeitig schließt die Annahme dauernder Beschäftigung grundsätzlich das parallele Vorliegen von Teilarbeitslosigkeit nicht aus (vgl. § 162 SGB III, bis zum 31.12.2011 § 150 SGB III).
Die Vorschrift des § 7 Abs. 3 Satz 1 SGB IV erfasst insbesondere Fallgestaltungen, bei denen Ansprüche auf Arbeitsentgelt aus einer Beschäftigung vorübergehend nicht entstehen und sich damit eine Beschäftigung nicht mehr in Vollzug befindet. Die Arbeitsleistung muss unterbrochen sein, aber das Beschäftigungsverhältnis darf nicht beendet sein. D.h. es muss ein bestehendes Beschäftigungsverhältnis konkret vorliegen. Ein Beschäftigungsverhältnis endet mit der tatsächlichen Arbeitsaufgabe (Brall, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 4. Aufl. 2021, § 7 Abs. 3 Rn. 13). Die Vorschrift überspielt insbesondere auch einen „Mangel an Entgeltlichkeit“ (soweit das jeweils zu prüfende Tatbestandsmerkmal eine solche Entgeltlichkeit fordert), solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat (BSG 20.03.2013, B 12 R 13/10 R, juris Rn. 30).
Auch soweit etwa gastspielverpflichtete Künstler der Kontinuität des mit der Bestimmung des § 7 Abs. 3 Satz 1 SGB IV vermittelten sozialversicherungsrechtlichen Schutzes nach ihren individuellen Verhältnissen möglicherweise nicht bedürfen sollten, weil sie etwa in den Zwischenzeiten üblicherweise als Ensemblemitglieder an einer anderen Bühne tätig, andernorts als „Gast“ verpflichtet oder arbeitslos gemeldet sind, kann die Anwendung der typisierenden und generalisierenden Anordnung des § 7 Abs. 3 Satz 1 SGB IV nicht suspendieren (BSG 20.03.2013, B 12 R 13/10 R, juris Rn. 30; LSG Niedersachsen-Bremen 16.11.2016, L 2 R 579/16, juris Rn. 139).
Voraussetzung für eine Heranziehung des § 7 Abs. 3 SGB IV mit den erläuterten Maßgaben ist eine Fortdauer des „Beschäftigungsverhältnisses“, d.h. des arbeitsrechtlichen Vertragsverhältnisses. Dessen Fortbestand bedingt namentlich auf beiden Seiten einen grundsätzlichen Arbeits- und Fortsetzungswillen des Beschäftigungsverhältnisses. Wird eine weitere Beschäftigung - sei es aufgrund einer Kündigung oder im Zuge einer einvernehmlichen Vertragsbeendigung - gänzlich abgelehnt, dann bleibt kein Raum für eine Anwendung des § 7 Abs. 3 SGB IV für Zeiten nach Einstellung der Tätigkeit und der Lohnfortzahlung. Hierfür genügt die beiderseitige Bereitschaft zu einer gelegentlichen Fortsetzung der Beschäftigung; eine solche wird indiziert, wenn in den vertraglichen Vereinbarungen dem Arbeitgeber die Dispositionsbefugnis eingeräumt wird, den Arbeitnehmer zu jedenfalls gelegentlichen weiteren Arbeitseinsätzen heranzuziehen. Erst recht ist ein grundsätzlicher Arbeits- und Fortsetzungswille zu bejahen, wenn sich die Beteiligten bereits über weitere Arbeitstage im laufenden oder nachfolgenden Monat geeinigt haben (LSG Niedersachsen-Bremen 16.11.2016, L 2 R 579/16, juris Rn. 143).
Das Vorliegen eines solchen grundsätzlichen Arbeits- und Fortsetzungswillen dürfte auch von der Klägerin kaum zu bestreiten sein. So hat sich die Beigeladene zu 1 im Gastvertrag verpflichtet, der Klägerin in der kompletten Spielzeit 2007/2008 bei zum Teil noch nicht feststehenden Aufführungsterminen als Schauspielerin für das konkrete Stück zur Verfügung zu stehen, was auch im beiderseitigen Interesse lag.
Ob darüber hinaus eine „Verfügungsmacht“ des Arbeitgebers über die Arbeitskraft des Arbeitnehmers etwa im Sinne einer „Arbeitsverpflichtung“ bzw. Verpflichtung des Arbeitnehmers zu einer „kurzfristigen Dienstbereitschaft“ (als Teil der geschuldeten Arbeitsleistung; vgl. zu solchen Kriterien insbesondere BSG 20.03.2013, B 12 R 13/10 R, juris Rn. 26 ff.) zu fordern ist (verneinend LSG Niedersachsen-Bremen 16.11.2016, L 2 R 579/16, juris Rn. 146, welches darauf verweist, dass die maßgeblichen Anwendungsfälle, die der Gesetzgeber von dieser Vorschrift erfasst sehen will, wie etwa ein unbezahlter Urlaub oder Streiks, sich gerade dadurch auszeichnen, dass der Arbeitgeber an den betroffenen Tagen nicht über die Arbeitskraft des Arbeitnehmers tatsächlich verfügen kann), kann letztlich offenbleiben, da eine solche - wie bereits unter a) ausgeführt - vorliegend ebenfalls gegeben ist.
3. Auch die von der Klägerin erhobene Verjährungseinrede steht der Beitragsnachforderung für die Jahre 2007 und 2008 nicht entgegen.
Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB IV verjähren Beiträge zwar in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind. Hiernach wären die Beiträge für das Jahr 2007 mit Ablauf des 31.12.2011 und die Beiträge für das Jahr 2008 mit Ablauf des 31.12.2012 verjährt. Indessen gilt nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB IV eine Verjährungsfrist von dreißig Jahren, wenn Beiträge vorsätzlich vorenthalten worden sind. Als Vorsatz reicht bedingter Vorsatz aus, der auch nicht bereits bei Fälligkeit der Beiträge vorhanden gewesen sein muss. Ausreichend für die Geltung der langen Verjährungsfrist ist vielmehr, dass der Beitragsschuldner während des Ablaufs der regelmäßigen Verjährungsfrist bösgläubig geworden ist (BSG 30.03.2000, B 12 KR 14/99 R). Mit dem Begriff „Vorenthaltung von Beiträgen“ ist die Nichtzahlung von Beiträgen gemeint (Segebrecht, in: jurisPK SGB IV, 2. Aufl. 2011, § 25 Rn. 27). Eine weitere Voraussetzung ist diesem Begriff nicht zu entnehmen. Bedingter Vorsatz im Hinblick auf die Vorenthaltung von Beiträgen liegt vor, wenn der Arbeitgeber trotz Kenntnis der Möglichkeit der Beitragspflicht die Beitragszahlung unterlässt und er dadurch die Nichtabführung von geschuldeten Beiträgen billigend in Kauf nimmt (BSG 30.03.2000, B 12 KR 14/99 R, juris Rn. 23-25; BSG 18.11.2015, B 12 R 7/14 R, juris Rn. 27). Wenn auch berechtigte Zweifel für die Kenntnis von der Zahlungspflicht nicht ausreichen, kann es im Rahmen bedingten Vorsatzes vorwerfbar sein, wenn ein Arbeitgeber bei Unklarheiten hinsichtlich der versicherungs- und beitragsrechtlichen Beurteilung einer Erwerbstätigkeit darauf verzichtet, die Entscheidung einer fachkundigen Stelle herbeizuführen. Allerdings darf nicht das gesamte Risiko der Einordnung komplexer sozialversicherungsrechtlicher Wertungsfragen den Arbeitgebern überantwortet werden, so dass sich Schematisierungen verbieten. Es bedarf deshalb der individuellen Überprüfung des bedingten Vorsatzes unter sorgfältiger Beweiswürdigung im Einzelfall (BSG 09.11.2011, B 12 R 18/09 R, juris Rn. 33 und 12.12.2018, B 12 R 15/18 R, juris 24 m.w.N.). Ist nicht eine natürliche Person, sondern - wie vorliegend - eine juristische Person Beitragsschuldner, kommt maßgebliche Bedeutung in erster Linie der Kenntnis der für sie handelnden vertretungsberechtigten Organwalter zu (vgl. BSG 12.12.2018, B 12 R 15/18 R, juris Rn. 20 m.w.N.; LSG Nordrhein-Westfalen 30.10.2019, L 8 R 838/16, juris Rn. 101 m.w.N.).
Vorliegend wurde die Klägerin, vertreten durch ihren Oberbürgermeister, im Betriebsprüfungsbescheid vom 16.01.2006 darauf hingewiesen, dass gastspielverpflichtete Künstler nicht nur an einzelnen Gastspiel- und Probentagen, sondern für die gesamte Dauer des Gastspielvertrags in einem zeitlich befristeten Arbeitsverhältnis stünden, sozialversicherungsrechtlich relevant daher die Zeit vom ersten Probentag bis zum letzten Gastspieltag sei und dies zur Folge habe, dass die bezogenen Arbeitsentgelte nicht kalendertäglich für den jeweiligen Tag des Auftritts, sondern gleichmäßig auf die Laufzeit des Vertragsverhältnisses zu verteilen seien. Aufgrund dieser eindeutigen Auskunft des zuständigen Trägers musste die Klägerin eine Beitragspflicht für möglich halten. Sie hat damit die Nichtabführung der geschuldeten Beiträge zumindest billigend in Kauf genommen. Hieran ändert auch der Hinweis der Klägerin auf die anderslautende Handlungsempfehlung der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages vom 11.12.2007 nichts, da diese Empfehlung zum einen weder bindend ist noch zum anderen die Kenntnis einer möglichen Beitragspflicht entfallen lässt, zumal die Klägerin bei Zweifeln eine Entscheidung nach § 28h Abs. 2 Satz 1 SGB IV hätte beantragen können. Die Durchführung dieses Verfahrens wäre auch nicht durch eine Anmeldung der Tätigkeit nach § 28a SGB IV und Entrichtung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags ausgeschlossen gewesen.
4. Auch die Festsetzung der Säumniszuschläge ist nicht zu beanstanden.
Für Beiträge (und Beitragsvorschüsse), die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, ist nach § 24 Abs. 1 SGB IV für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von eins vom Hundert des rückständigen, auf 50 € nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen. Bei einem rückständigen Betrag unter 100 € ist der Säumniszuschlag nicht zu erheben, wenn dieser gesondert schriftlich anzufordern wäre. Wird eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, ist ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte (Abs. 2).
Im vorliegenden Zusammenhang ist angesichts des der Klägerin aus den dargelegten Gründen anzulastenden Vorsatzes hinsichtlich der Beitragsvorenthaltung schon im Ansatzpunkt kein Raum für eine Annahme, dass gleichwohl von einer unverschuldeten Unkenntnis von der Zahlungspflicht im Sinne des § 24 Abs. 2 SGB IV auszugehen sein könnte. Der Vorsatz impliziert vielmehr zugleich das entsprechende Verschulden. Auch die Berechnung der Säumniszuschläge, bezüglich derer der Senat auf die angefochtenen Bescheide verweist, lässt keine Fehler zulasten der Klägerin erkennen (LSG Niedersachsen-Bremen 28.02.2018, L 2 R 258/17, juris Rn. 128).
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 und § 155 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Eine Erstattung von Kosten der Beigeladenen ist nicht veranlasst, weil sie sich am Verfahren nicht beteiligt, insbesondere keinen Antrag gestellt haben (vgl. § 162 Abs. 3 VwGO; BSG 31.05.2006, BSGE 96, 257).
V. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.
VI. Die endgültige Festsetzung des Streitwerts für das Klage- und Berufungsverfahren (vgl. z.B. BSG 28.07.2007, B 3 KR 12/06 R, BSGE 98, 142 zur Korrektur der Streitwertfestsetzung im Rechtsmittelverfahren) beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 3 Satz 1, § 47 Abs. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) und entspricht der Höhe der auf die Beigeladene zu 1 entfallenen Beitragsforderung von 1.186,91 € sowie der hierauf entfallenden Säumniszuschläge in Höhe von 1.032,50 €.
Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Betriebsprüfungen
Abteilung
11.
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 11 R 3558/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 BA 1881/21
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Rechtskraft
Aus
Saved