Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 23. Juni 2022 geändert. Der Bescheid vom 2. März 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. November 2021 wird hinsichtlich der Monate Januar und Februar 2021 aufgehoben. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen und die Klage gegen den Bescheid vom 23. Januar 2023 abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsrechtszug nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Höhe der Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung.
Der am 00.00.0000 geborene Kläger ist seit dem 1. Februar 2019 bei der Beklagten in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) krankenversichert.
Der (frühere) klägerische Arbeitgeber – die G. GmbH und Co., später firmierend unter Z. AG – richtete zu Gunsten des Klägers als versicherte Person ab dem 1. April 2002 eine betriebliche Altersvorsorge bei der F. Versorgungskasse VVaG (F.) unter der Versicherung Nr. N01 (später N02) ein. Das Laufzeitende wurde auf den 1. April 2020 festgesetzt. Die Prämien zahlte zunächst der Arbeitgeber. Im Hinblick auf das Ausscheiden des Klägers aus seinem Beschäftigungsverhältnis und dem sodann ab dem 1. Februar 2019 beginnenden Bezug der Altersrente, übernahm der Kläger ab diesem Zeitpunkt den Versicherungsvertrag, rückte in die Stellung des Versicherungsnehmers ein und trug die weiteren Beiträge selbst. Auf den Inhalt der vorliegenden Vertragsunterlagen insbesondere die Eintrittserklärung vom 25. Februar 2019 sowie den geänderten Versicherungsschein vom 15. März 2019 wird Bezug genommen. Am 24. März 2020 machte der Kläger gegenüber der F. zudem erbetene Angaben zu seinem Krankenversicherungsstatus. Zum 1. April 2020 erhielt er, nachdem er sich mit Erklärung vom 24. März 2020 für die Auszahlung als einmalige Kapitalzahlung entschieden hatte, eine Einmalzahlung der F. in Höhe von 11.364,27 €. Im Hinblick auf die nach Übernahme des Versicherungsvertrages durch den Kläger selbst gezahlten Beiträge meldete die F. als Zahlstelle gegenüber der Beklagten nur die Auszahlung einer als Versorgungsbezug zu qualifizierenden Summe von 10.739,93 € (Schreiben der F. vom 30. März 2020). Die korrekte Höhe und Zuordnung dieser Summe ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Die F. führte zudem wörtlich aus (Schreiben vom 30. März 2020):
„als Zahlstelle für Versorgungsbezüge müssen wir die Versorgungsleistung aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen im Sozialgesetzbuch (§§ 202 und 256 SGB V) an die zuständige Krankenkasse melden. Bei Kapitalleistungen erfolgt der Beitragseinbehalt dann direkt durch die Krankenkasse über einen Zeitraum von 10 Jahren. Die Krankenkasse wird sich mit Ihnen in Verbindung setzen.“
Die Beklagte stellte daraufhin fest, dass diese Kapitalleistung in der Zeit vom 1. Mai 2020 bis zum 30. April 2030 grundsätzlich der Beitragspflicht unterliege, da sie davon ausgehe, dass es sich hierbei um eine betrieblich abgeschlossene Lebensversicherung handele, die während einer Beschäftigung eingezahlt worden sei (Bescheid vom 6. Mai 2020). Zahlungen dieser Art seien zwar grundsätzlich aufgeteilt auf 120 Monate (hier: 89,50 € monatlich) der Beitragspflicht zu unterziehen. Der vorliegende Versorgungsbezug sei allerdings beitragsfrei, da die monatliche Beitragsuntergrenze von 159,25 € (2020) nicht überschritten werde. Dieser Bescheid ist bestandskräftig geworden.
Der klägerische Arbeitgeber hatte bereits zuvor ab dem 1. Dezember 2000 zu Gunsten des Klägers – als versicherte Person – eine Direktversicherung im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge bei der U. AG (U.) unter der Versicherung Nr. N03 (später W.) abgeschlossen. Das Laufzeitende wurde auf den 1. Dezember 2020 festgesetzt. Die Prämien zahlte wiederrum bis zum altersbedingten Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnisses der Arbeitgeber. Der Kläger übernahm ab diesem Zeitpunkt auch diesen Versicherungsvertrag, rückte in die Stellung des Versicherungsnehmers ein und trug die weiteren Beiträge selbst. Auf den Inhalt auch dieser Vertragsunterlagen insbesondere die Eintrittserklärung vom 4. September 2019, das Schreiben der Provinzial vom 7. November 2019 und den Nachtrag zum Versicherungsschein zum 1. Februar 2019 wird Bezug genommen. Zum 1. Dezember 2020 erhielt der Kläger, nachdem er sich auch hier für die Auszahlung als einmalige Kapitalzahlung entschieden hatte, eine einmalige Kapitalleistung der Provinzial in Höhe von 48.865,00 € (Schreiben vom 26. November 2020). Auch hier meldete die Provinzial als Zahlstelle aufgrund der Übernahme des Versicherungsvertrages und der Beitragsfortzahlung durch den Kläger gegenüber der Beklagten nur die Auszahlung einer als Versorgungsbezug zu qualifizierenden Summe von 44.845,00 €. Die korrekte Höhe und Zuordnung auch dieser Summe ist zwischen den Beteiligten gleichfalls unstreitig.
Die Beklagte stellte auch diesbezüglich die Beitragspflicht nun für die Zeit vom 1. Januar 2021 bis zum 31. Dezember 2030 fest (Bescheid vom 2. März 2021). Für die Beitragsbemessung sei in dieser Zeit monatlich 1/120 der Leistung – mithin 373,71 € – heranzuziehen. Bisher seien die Beiträge aus Versorgungsbezügen beitragsfrei gewesen, da sie die Geringbezugsgrenze (2021: 164,50 €) nicht überschritten hätten. Das sei nunmehr entfallen. Daher werde die bisherige Beitragsfestsetzung ab dem 1. Januar 2021 aufgehoben. Nunmehr betrage die Beitragshöhe ab dem 1. Januar 2021 bezüglich der – hier allein streitigen – Krankenversicherung zzgl. Zusatzbeitrag 44,77 €. Dabei berücksichtigte die Beklagte folgende Versorgungsbezüge, nämlich 89,50 € (F.) und 373,71 € (Provinzial) unter Abzug des Freibetrages von 164,50 €, letztlich 298,71 €, und legte einen Betragssatz von 14,5% und einen Zusatzbeitrag von 0,39% zugrunde. Ferner heißt es in dem Bescheid u.a. wörtlich wie folgt:
„Die bisherige Beitragsfestsetzung, die sich auf die Höhe Ihrer Einnahmen bezieht, wird mit diesem Schreiben ab dem 1. Januar 2021 aufgehoben. Die mit diesem Schreiben erfolgte Beitragsfestsetzung kann auch rückwirkend aufgehoben werden, wenn sich rechtliche Änderungen oder Änderungen in Ihren Einkommensverhältnissen ergeben, die uns nicht rechtzeitig aufgegeben wurden.“
Dagegen erhob der Kläger am 24. März 2021 Widerspruch und begehrte die Neufestsetzung der Krankenversicherungsbeiträge auf die Direktversicherung (Schreiben vom 22. März 2023). Er halte die gesetzliche Regelung im GKV-Modernisierungsgesetz für verfassungswidrig und werde eine gerichtliche Klärung anstreben.
Die Beklagte verwies darauf, dass das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit Beschluss vom 28. Februar 2008 (1 BvR 2137/06) die Verfassungsbeschwerde gegen die Verdopplung des für die Beitragsbemessung aus Versorgungsbezügen maßgeblichen Beitragssatzes nicht zu Entscheidung angenommen habe (Schreiben vom 28. April 2021). Das BVerfG vertrete die Ansicht, dass gegen die zum 1. Januar 2004 eingeführte Regelung, wonach für die Beitragsbemessung aus Versorgungsbezügen anstelle des halben allgemeinen Beitragssatzes der volle allgemeine Beitragssatz anzuwenden sei, keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestünden. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz sei gleichfalls nicht festzustellen gewesen.
Im Nachgang wies die Beklagte dann den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 12. November 2021 – Zugang 15. November 2021). Bei versicherungspflichtigen Rentenbeziehern werde nach § 237 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) nicht nur der Zahlbetrag der Rente der gesetzlichen Rentenversicherung (Nr. 1), sondern auch der Zahlbetrag aus mit Renten vergleichbaren Einnahmen (Nr. 2) der Beitragsbemessung zugrunde gelegt. Dabei gelten Renten der betrieblichen Altersversorgung nach § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V als vergleichbare Einnahme (Versorgungsbezüge), soweit sie wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- und Hinterbliebenenversorgung erzielt worden seien. Das gleiche gelte auch für die Pflegeversicherung, § 57 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI). Nach § 248 Abs. 1 SGB V gelte bei Versicherungspflichtigen für die Beitragsbemessung aus Versorgungsbezügen der allgemeine Beitragssatz, welchen der Versicherte allein trägt, § 250 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 59 Abs. 1 Satz 1 SGB XI. Mit dem GKV-Modernisierungsgesetz sei zum 1. Januar 2004 die Halbierung des Beitragssatzes aufgegeben worden, um Rentenbezieher, die Versorgungsbezüge erhielten, in angemessenen Umfang an der Finanzierung der Leistungsaufwendungen für sie zu beteiligen. Das Bundessozialgericht (BSG) habe das in diversen Entscheidungen als rechtmäßig angesehen (z.B. BSG, Urteil vom 10. Mai 2006 – B 12 KR 13/05 R; BSG, Urteil vom 24. August 2005 – B 12 KR 29/04 R).
Dagegen hat sich der Kläger mit seiner am 7. Dezember 2021 erhobenen Klage zum Sozialgericht (SG) Detmold gewandt. § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz, da er wesentlich höher mit Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung belastet werde. Die Rentenbezugszeiten lägen mittlerweile deutlich über 120 Monaten, so dass Begünstigte aus einer Direktversicherung mit regelmäßig wiederkehrenden Leistungen auch über die 120 Monate hinaus noch in den Genuss der seit dem 1. Januar 2020 mit dem GKV-Freibetragsgesetz eingeführten Freibeträge kämen. Ihn hingegen könnten sie dann nicht mehr entlasten. Der Aufteilungsfaktor von 120 Monaten sei 1983 eingeführt worden (Bundestag-Drucksache <BT-Drs.> 9/458 und 9/884) und entspreche nicht mehr der tatsächlichen Rentenbezugszeit. Nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung (DRV) habe die durchschnittliche Rentenbezugsdauer in den „alten Bundesländern“ im Jahr 1980 12,1 Jahre (145,2 Monate) und 1985 13,1 Jahre (157,2 Monate) betragen. Bis zum Jahr 2019 sei die durchschnittliche Rentenbezugsdauer auf 19,7 Jahre (236,4 Monate) angestiegen. Der längere Rentenbezug bestätige sich auch in der stetig angestiegenen Lebenserwartung. Lege man insofern eine Rentenbezugsdauer von 240 Monaten zugrunde, reduziere sich der beitragspflichtige Betrag auf monatlich 231,60 € abzgl. des Freibetrages, so dass seine Beitragspflicht nach eigenen Berechnungen um insgesamt 3.296,03 € höher sei, als bei einem regelmäßig wiederkehrenden Versorgungsbezug. Konkret habe die Provinzial mitgeteilt, dass eine monatliche Rentenzahlung bei 236,66 € liegen würde.
Für diese Benachteiligung seien keine nachvollziehbaren Gründe zu erkennen (Verweis auf BT-Drs. 19/15438). Solche habe auch die Bundestagsverwaltung nicht mitteilen können (Email vom 1. und 28. April 2022), da die 120 Monats-Regel im federführenden Ausschuss nicht Gegenstand der Beratungen gewesen sei. Das gleichfalls angeschriebene Bundesgesundheitsministerium habe ebenfalls keine Auskunft geben können, da die Akten bereits vernichtet worden seien (Email vom 26. April 2022).
Der Gesetzgeber wäre jedoch verpflichtet gewesen, mit Einführung der Freibeträge auch den Aufteilungsfaktor an die aktuelle Rentenbezugsdauer anzupassen. Die Gruppenvergleichbarkeit habe das BVerfG bereits festgestellt (Verweis auf BVerfG, Beschluss vom 28. Februar 2008 – 1 BvR 2137/06, Rn. 23, 25). Beide Varianten seien auch nicht grundlos anders zu bewerten (BVerfG, Beschluss vom 7. April 2008 – 1 BvR 1924/07). Danach gebe es auch keinen Grund die Kapitalzahlung stärker als die Rentenzahlung mit Beiträgen zu belasten. Dies gelte auch vor dem Hintergrund, dass die Freibetragsregelung nach dem Willen des Gesetzgebers „gleichermaßen“ auf monatliche wie auf einmalige Zahlungen anzuwenden sei (BT-Drs. 19/15438, S. 2). „Gleichermaßen“ bedeute damit, das gleiche finanzielle Effekte beim Beitragszahler erzielt werden müssten. Daran fehle es offensichtlich.
Zusammenfassend ergäben sich folgende Benachteiligungen: Der Aufteilungsfaktor von 120 Monaten führe zu einem wesentlich zu hohen monatlichen Entgelt. Die Beitragspflicht trete im Vergleich zu einem Rentenbezieher wesentlich früher ein. Die dynamisierten Freibeträge ab dem 121. Monat blieben wirkungslos. Eingedenk der erheblichen Bedeutung sei die Frage dem BVerfG vorzulegen (Art. 100 Grundgesetz <GG>).
Der Kläger hat nach Vorlage einer Vergleichsberechnung, auf deren Inhalt Bezug genommen wird, beantragt,
unter Aufhebung des Bescheides vom 2. März 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. November 2021 die Beiträge für die Krankenversicherung ab Januar 2021 unter Verteilung der am 1. April 2020 ausgezahlten Kapitalleistungen der allianz-Lebensversicherungs-AG und der am 1. Dezember 2020 ausgezahlten Kapitalleistung der E.-AG auf nun noch 222 Monate neu festzusetzen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die angegriffenen Bescheide seien rechtmäßig und entsprechen den gesetzlichen Vorgaben.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 23. Juni 2022 abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das ihm am 22. Juli 2022 zugestellte Urteil vom 23. Juni 2022 hat sich der Kläger mit seiner am 15. August 2022 eingelegten Berufung gewandt. Das SG gehe fehlerhaft davon aus, dass er eine Ungleichbehandlung mit den Beziehern gesetzlicher Renten bemängele. Dies sei nicht der Fall. Vielmehr gehe es um den Vergleich mit Versorgungsbeziehern mit monatlicher Auszahlung. Die Personengruppen seien insofern identisch nur die Auszahlungsmodalitäten und damit die Sachverhalte seien verschieden. Die durch das SG angeführte Entscheidung des BVerfG vom 15. März 2000 passe nicht. Bis zum 1. Januar 2020 sei die Beitragsbelastung für beide Gruppen bei Erreichen der Freigrenze gleich gewesen (§ 226 Abs. 2 SGB V i.d.F. bis zum 3. Dezember 2019), denn in beiden Fällen wären die vollen Bezüge beitragspflichtig gewesen. Nun habe der Gesetzgeber mit dem eingeführten Freibetrag – neben der Freigrenze – auch eine gleichbleibende Entlastung erzielen wollen (BT-Drs. 19/15438, S. 2 „gleichermaßen“). Eine andere Interpretation stünde im Widerspruch mit dem Gebot der Belastungsgleichheit (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 2018 – 1 BvR 1728/12, 1 BvR 1756/12). Vorliegend führe die Kapitalauszahlung im Vergleich zu einer monatlichen Auszahlung zu einer um 445% höheren Beitragsbelastung. Das beitragspflichtige Entgelt betrage das 2,2fache des Betrages, das bei einer Aufteilung auf 240 Monate beitragspflichtig wäre. Einen sachlichen Rechtfertigungsgrund gebe es dafür nicht. Soweit das SG auf den Erfüllungsaufwand verweise, bedenke es nicht, dass die höhere Beitragslast auch Betriebsrentner zu tragen hätten. Es sei auch unrichtig, dass es zu einer Verdopplung des Freibetrages komme, wenn die Verteilung auf 240 Monate angehoben werde. Es sei auch fehlerhaft, dass keine erdrosselnde Wirkung angenommen worden sei. Das BVerfG gehe hier von einer Grenze der tolerierbaren Mehrbelastung von 61% bis 100% aus (Beschlüsse vom 15. März 2000 – 1 BvL 16/96 und 11. November 1998 – 1 BvL 50/92). Hier gehe es um 445%. Es sei ferner zu beachten, dass die bereits ursprünglich vereinbarte Kapitalauszahlung bis Ende 2003 nicht der Beitragspflicht unterlegen habe. Mit ihrer Einbeziehung ab 2004 hätte der Aufteilungsfaktor bereits angepasst werden müssen. Auch die Ausführungen zur Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers bei der Ordnung von Massenerscheinungen seien nicht vollständig, wie sich aus der Rechtsprechung des BVerfG ergebe (Beschluss vom 6. September 2010 – 1 BvR 739/08).
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 23. Juni 2022 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 2. März 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. November 2021 in der Fassung der Bescheide vom 18. Januar 2022 und 23. Januar 2023 zu verurteilen, die Beiträge zur Krankenversicherung ab Januar 2021 unter Verteilung der am 1. April 2020 gemeldeten Kapitalleistung der F. Lebensversicherungs AG und der am 1. Dezember 2020 gemeldeten Kapitalleistung der E. Lebensversicherungs AG auf insgesamt 240 Monate neu festzusetzen.
Die Beklagten beantragt,
die Berufung zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid vom 23. Januar 2023 abzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Auf Anforderung des Senats hat die Beklagte die Beitragsbescheide vom 18. Januar 2022 (Beiträge ab 1. Januar 2022) und vom 23. Januar 2023 (Beiträge ab 1. Januar 2023) vorgelegt. Zudem hat der Senat die Vertragsunterlagen zu den o.g. bei der F. und der E. bestehenden Versicherungen des Klägers sowie die Auszahlungsbelege beigezogen. Auf die Anlagen zum Schriftsatz des klägerischen Prozessbevollmächtigten vom 1. Juni 2023 wird Bezug genommen.
Der Senat hat den Beteiligten nach vorheriger Anhörung von Amts wegen gestattet, sich während der mündlichen Verhandlung an einem anderen Ort aufzuhalten und dort Verfahrenshandlungen über den von der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen zur Verfügung gestellten Virtuellen Meetingraum (VMR) vorzunehmen (Beschluss vom 1. Juni 2023), wovon die Beklagte Gebrauch gemacht hat.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakten und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
A. Die Anträge im Berufungsverfahren sind wirksam im Rahmen der mündlichen Verhandlung gestellt. Soweit die Beklagte nicht persönlich im Gerichtssaal vertreten gewesen ist, sondern von ihrem Behördensitz aus per Video- und Tonübertragung an der Verhandlung teilgenommen hat, war dies gemäß § 110a Sozialgerichtsgesetz (SGG) aufgrund des gerichtlichen Beschlusses vom 1. Juni 2023 zulässig.
B. Gegenstand der Berufung sind der Bescheid der Beklagten vom 2. März 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. November 2021 sowie der nach § 96 Abs. 1 SGG bereits Gegenstand des Klageverfahrens gewordene Bescheid vom 18. Januar 2022 und der nach §§ 153 Abs. 1, 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens gewordene Bescheid vom 23. Januar 2023.
I. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass erstinstanzlich über den bereits Gegenstand des Klageverfahrens gewordenen Bescheid vom 18. Januar 2022 nicht entschieden worden ist (zum „Heraufholen von Entscheidungs- oder Prozessresten“: Klein in: jurisPK-SGG, 2. Aufl., § 96 Rn. 58, 98 m.w.N.). Hinsichtlich des Bescheid vom 23. Januar 2023 entscheidet der Senat zudem auf Klage hin (vgl. BSG, Urteil vom 25. Februar 2010 – B 13 R 61/09 R – SozR 4-5050 § 22 Nr. 10, Rn.15 m.w.N.; Senat, Urteil vom 21. Juli 2021 – L 11 KR 843/16 – juris, Rn. 51; Klein in: jurisPK-SGG, 2. Aufl., § 96 Rn. 97).
II. Nicht streitgegenständlich sind – infolge der ausdrücklichen erst- wie zweitinstanzlichen Antragstellung des sachkundig vertretenen Klägers – die in den streitgegenständlichen Bescheiden festgesetzten Beiträge zur gesetzlichen Pflegeversicherung. Eingedenk dessen hat der Senat auf eine ansonsten notwendige Beiladung der Pflegekasse verzichten können.
C. Die so ausgelegte, am 15. August 2022 schriftlich eingelegte Berufung des Klägers gegen das ihm am 22. Juli 2022 zugestellte Urteil des SG Detmold vom 23. Juni 2022 ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 151 Abs. 1, Abs. 3, 64 Abs. 1, Abs. 2, 63 SGG). Sie ist zudem nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig, da Beitragsforderungen von mehr als einem Jahr im Streit stehen (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
D. Die zulässige Berufung des Klägers ist überwiegend unbegründet. Denn die als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGG) statthafte und im Übrigen zulässige – insbesondere fristgerecht am 7. Dezember 2021 eingelegte – Klage ist nur hinsichtlich der angefochtenen Aufhebung der Beitragsfestsetzung vom 6. Mai 2020 bezüglich der Monate Januar und Februar 2021 begründet, da insoweit der Kläger in seinen Rechten verletzt wird (§ 54 Abs. 1 Satz 2 SGG); im Übrigen ist sie mangels weitergehender Rechtsverletzung bzw. bestehendem Anspruch unbegründet.
Der zunächst formell – auch aufgrund des im Rahmen des Widerspruchsverfahrens geheilten Anhörungsmangel (§§ 24 Abs. 1, 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch <SGB X>) – nicht zu beanstandende Bescheid der Beklagten vom 2. März 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. November 2021 in der Gestalt der Bescheide vom 18. Januar 2022 und vom 23. Januar 2023 erweist sich hinsichtlich der ausgesprochenen Aufhebung für die Zukunft als materiell rechtmäßig, für die Vergangenheit jedoch als materiell rechtwidrig. Soweit der Kläger zudem die Verpflichtung der Beklagten zur Neufestsetzung begehrt, fehlt es ihm an einem diesbezüglichen Anspruch.
I. Entgegen ihrer in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vertretenen Ansicht hat die Beklagte zunächst im Rahmen ihres Bescheides vom 2. März 2021 die Aufhebung des Bescheides vom 6. Mai 2020 ab dem 1. Januar 2021 ausgesprochen.
Für die Auslegung von Verwaltungsakten kommt es neben dem Wortlaut auf den objektiven Sinngehalt des Verwaltungsakts an, also darauf, wie der Empfänger dessen Inhalt (Verfügungssatz und Begründung) bei verständiger Würdigung nach den Umständen des Einzelfalls objektiv verstehen konnte und musste. Die Auslegung geht vom Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten aus, der alle Begleitumstände und Zusammenhänge (Vorgeschichte, Anträge, Begleitschreiben, Situation des Adressaten, genannte Rechtsnormen, auch Interesse der Behörde) berücksichtigt, welche die Behörde erkennbar in ihre Entscheidung einbezogen hat (BSG, Urteil vom 29. Juni 1984 – 12 RK 38/82 – juris; BSG, Urteil vom 3. April 2014 – B 2 U 25/12 R – juris, Rn. 15; BSG, Urteil vom 23. Februar 2017 – B 4 AS 57/15 R – juris, Rn. 12; BSG, Urteil vom 25. Oktober 2017 – B 14 AS 9/17 R – juris, Rn. 22; BSG, Urteil vom 9. März 2022 – B 7/14 AS 79/20 R – BSGE 133, 297, Rn. 10; Landessozialgericht <LSG> Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Mai 2023 – L 9 U 1630/18 – juris, Rn. 42).
Die Beklagte hat vorliegend zunächst ausdrücklich in ihrem Bescheid vom 2. März 2021 ausgeführt, dass sie die bisherige Beitragsfestsetzung, die sich auf die Höhe der Einnahmen beziehe, „mit diesem Schreiben ab dem 1. Januar 2021 aufhebt“. Ein verständiger Empfänger dieses Bescheides kann diese Bescheidformulierung nur dahingehend verstehen, dass die Beklagte ihren Bescheid vom 6. Mai 2020 ab dem 1. Januar 2021 und damit teilweise rückwirkend aufgehoben hat. Dieser Befund bestätigt sich durch die begründenden Ausführungen im Aufhebungsbescheid, wonach die erfolgte Beitragsfestsetzung auch rückwirkend aufgehoben werden könne, wenn sich rechtliche Änderungen oder Änderungen in den Einkommensverhältnissen ergeben, die nicht rechtzeitig mitgeteilt worden seien. Eingedenk dessen handelt es sich bei der aufhebenden Passage im Bescheid der Beklagten vom 2. März 2021 auch nicht lediglich um einen etwaig formelhaft genutzten Textbaustein, der vom objektiven Empfängerhorizont aus, unschwer als bedeutungslos erkennbar ist. Das Gegenteil ist vielmehr der Fall. Soweit die Beklagte sich zudem darauf beruft, dass es in dem Bescheid vom 6. Mai 2020 bzgl. des neu zugeflossenen Versorgungsbezuges der Provinzial (noch) an einer Regelung mangele und es bereits deshalb keiner Aufhebungsentscheidung bedurft habe, überzeugt dies nicht. Der damit beschriebene Aspekt der geänderten – im ursprünglichen Bescheid noch unberücksichtigten – Sach- und Rechtslage ist vielmehr symptomatisch für eine klassische Aufhebungssituation.
II. 1. Ermächtigungsgrundlage für die o.g. Aufhebungsentscheidung der Beklagten ist § 48 Abs. 1 SGB X. Insbesondere kommt eine Aufhebung der Beitragsfestsetzung, die sich als Dauerverwaltungsakt darstellt, nicht nach § 45 SGB X in Betracht, denn der Bescheid vom 6. Mai 2020 war nicht bereits im Zeitpunkt seiner Bekanntgabe (§§ 37, 39 SGB X) rechtswidrig, sondern ist dies erst nachträglich durch eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen geworden (dazu sogleich; zur anfänglichen Rechtswidrigkeit: Padé in: jurisPK-SGB X, 2. Aufl., § 45 Rn. 52).
2. Die Aufhebung für die Zukunft ist materiell rechtlich nicht zu beanstanden <dazu unter a)>. Soweit die Beklagte im Rahmen ihres Bescheides vom 2. März 2021 jedoch die mit Bescheid vom 6. Mai 2020 erfolgte Beitragsfestsetzung rückwirkend für die Monate Januar und Februar 2021 aufgehoben hat, ist der Bescheid materiell rechtswidrig <dazu unter b)>.
Nach § 48 SGB X gilt, dass soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben ist.
a) Da in den tatsächlichen Verhältnissen, die bei dem Erlass des Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vom 6. Mai 20202 vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eingetreten ist, konnte die Beklagte den Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufheben.
Eine wesentliche Änderung in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen ist gegeben, wenn der Verwaltungsakt von der Behörde nach den nunmehr vorliegenden Verhältnissen so nicht mehr erlassen werden durfte (Brandenburg in: jurisPK-SGB X, 2. Aufl., § 48 Rn. 67). Durch den Zufluss der zweiten Kapitalleistung ist der Bescheid vom 6. Mai 2020 rechtswidrig geworden, so dass eine Neufestsetzung der Beitragshöhe nach seiner Aufhebung geboten war.
aa) Der Umfang der Beitragspflicht zur Krankenversicherung beurteilt sich zunächst nach dem Versichertenstatus in dem Zeitpunkt, für den Beiträge erhoben werden. Der Kläger ist seit dem 1. Februar 2019 in der Krankenversicherung der Rentner versicherungspflichtig (§ 5 Abs. 1 Nr. 11 SGB V).
bb) Nach § 237 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 SGB V i.V.m. § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V wird bei versicherungspflichtigen Rentnern der Beitragsbemessung zur gesetzlichen Krankenversicherung der Zahlbetrag der der Rente vergleichbaren Einnahmen (Versorgungsbezüge) zugrunde gelegt.
Als der Rente vergleichbare Einnahmen (Versorgungsbezüge) gelten nach § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V auch die "Renten der betrieblichen Altersversorgung" soweit sie – entsprechend der Formulierung in der Einleitung des § 229 Abs. 1 Satz 1 SGB V – "wegen einer Einschränkung der Erwerbsfähigkeit oder zur Alters- oder Hinterbliebenenversorgung erzielt werden". Tritt an die Stelle der Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung oder ist eine solche Leistung vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart oder zugesagt worden, gilt nach § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V 1/120 der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge, längstens jedoch für 120 Monate.
Der Anwendungsbereich des § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V ist nicht auf die im Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) genannten Durchführungswege beschränkt. Das BSG hat den Begriff der betrieblichen Altersversorgung stets eigenständig nach Sinn und Zweck der krankenversicherungsrechtlichen Vorschriften angewandt (vgl. bspw. BSG, Urteil vom 20. Juli 2017 – B 12 KR 12/15 R – BSGE 124, 20 ff.; BSG, Urteil vom 30. März 2011 – B 12 KR 16/10 R – BSGE 108, 63 ff.). Zur betrieblichen Altersversorgung gehören Bezüge vom (früheren) Arbeitgeber, von bestimmten Institutionen oder Einrichtungen (z.B. Pensionskassen, Unterstützungskassen, Versicherungen), bei denen in der Regel ein Zusammenhang zwischen der Zugehörigkeit zu einer solchen Sicherungsform und einer Erwerbstätigkeit besteht (sog. institutionelle Abgrenzung). Dabei ist es ausreichend, dass bei der jeweiligen Sicherungsinstitution typisierend von einem solchen Zusammenhang auszugehen ist. Auch Modalitäten der individuellen Beitragsgestaltung (z.B. teilweise oder volle Beitragstragung durch den Arbeitnehmer) in der betrieblichen Altersversorgung und des Leistungsrechts bleiben unberücksichtigt. Wird der Bezug einer Leistung nicht schon institutionell (Versicherungseinrichtung, Versicherungstyp) vom Betriebsrentenrecht erfasst, sind wesentliche Merkmale einer Rente der betrieblichen Altersversorgung im Sinne des Beitragsrechts der GKV ein Zusammenhang zwischen dem Erwerb dieser Rente und der früheren Beschäftigung sowie ihre Einkommens-(Lohn- bzw. Entgelt-)Ersatzfunktion. Leistungen sind u.a. dann der betrieblichen Altersversorgung zuzurechnen, wenn sie die Versorgung des Arbeitnehmers im Alter bezwecken, also der Sicherung des Lebensstandards nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Erwerbsleben dienen sollen. Durch diese Zwecksetzung unterscheidet sich die betriebliche Altersversorgung von sonstigen Zuwendungen des Arbeitgebers, etwa solchen zur Überbrückung erwarteter Arbeitslosigkeit oder Abfindungen für den Verlust des Arbeitsplatzes (BSG, Urteil vom 20. Juli 2017 – a.a.O.; Senat, Urteil vom 21. Juli 2021 – a.a.O., Rn. 59).
Der hinreichende Zusammenhang zwischen dem Erwerb der Leistungen aus der Lebensversicherung und der Berufstätigkeit des Arbeitnehmers für die Qualifizierung als beitragspflichtige Einnahme der betrieblichen Altersversorgung ist auch dann gegeben, wenn der Versicherungsvertrag durch den Arbeitnehmer zunächst als private Lebensversicherung abgeschlossen wurde und erst später durch den Eintritt des Arbeitgebers als Versicherungsnehmer in den Versicherungsvertrag zu einer Direktversicherung wurde, selbst wenn später ein weiterer Versicherungsnehmerwechsel erfolgt und der Arbeitnehmer erneut Versicherungsnehmer wird (vgl. BSG, Urteil vom 30. März 2011 – B 12 KR 24/09 R – SozR 4-2500 § 229 Nr. 13; Senat, Urteil vom 21. Juli 2021 – a.a.O., Rn. 60).
(1) Die dem Kläger ausgezahlten Kapitalleistungen sind Versorgungsbezüge im Sinne von § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V wie sich aufgrund der vorliegenden Vertragsunterlagen ergibt. Gegenteiliges haben auch die Beteiligten nicht vorgebracht.
(2) Die Verbeitragung von Versorgungsbezügen durfte durch die Beklagte geschehen. Auch sie wird dem Grunde nach durch den Kläger nicht substantiiert angegriffen.
(a) Der Beitragspflicht steht insbesondere nicht entgegen, dass keine laufenden Leistungen, sondern Einmalzahlungen vorwiegend streitrelevant sind. Tritt an die Stelle regelmäßiger Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung (Einmalzahlung) oder ist diese schon vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart oder zugesagt worden, gilt nach § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V ein 1/120 der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge, längstens jedoch für 120 Monate.
Es bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken, Kapitalleistungen, die die Kriterien einer betrieblichen Altersversorgung erfüllen, den Versorgungsbezügen nach § 229 Abs. 1 Satz 1 SGB V gleichzustellen. Die Gleichsetzung von laufenden Versorgungsbezügen und nicht regelmäßig wiederkehrenden Leistungen wahrt das Gebot des Art. 3 Abs. 1 GG, Gleiches gleich und Ungleiches ungleich zu behandeln. Es ist kein wesentlicher Unterschied bezüglich der beschäftigungsbezogenen Einnahmen zwischen laufend gezahlten Versorgungsbezügen und nicht regelmäßig wiederkehrenden Leistungen gleichen Ursprungs und gleicher Zwecksetzung, insbesondere einmaligen Kapitalauszahlungen aus Versorgungszusagen, festzustellen (so in Bezug auf Direktversicherungen BVerfG, Beschluss vom 7. April 2008 – 1 BvR 1924/07 – SozR 4-2500 § 229 Nr. 5; BSG, Urteil vom 26. Februar 2019 – B 12 KR 17/18 R – juris; Senat, Urteil vom 21. Juli 2021 – a.a.O., Rn. 64). Mit der Regelung des § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V und damit auch mit der Aufteilung der Kapitalleistung auf 120 Monate hat sich insofern sowohl das BVerfG (BVerfG, Beschluss vom 7. April 2008 – 1 BvR 1924/07 – juris, Rn. 35 zur 120 Monatsregel; BVerfG, Beschluss vom 6. September 2010 – 1 BvR 739/08; vgl. BayLSG, Beschluss vom 30. Oktober 2020 – L 20 KR 151/20 – juris, Rn. 43) als auch das BSG bereits mehrfach ohne Beanstandungen beschäftigt (vgl. zuletzt: BSG, Beschluss vom 3. Juni 2020 – B 12 KR 12/20 B – juris, Rn. 9ff; daran anschließend: LSG Hamburg, Urteil vom 25. Januar 2023 – L 1 KR 93/22 D – juris, Rn. 46f.).
(b) Der Beitragspflicht steht ferner nicht entgegen, dass der Vertrag zu Gunsten des Klägers zu einem Zeitpunkt vor Inkrafttreten des § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V abgeschlossen wurde (BSG, Urteil vom 26. Februar 2019 – B 12 KR 17/18 R – BSGE 127, 254, Rn. 21).
Auch im Übrigen steht die grundsätzliche Beitragspflicht von Versorgungsbezügen sowohl mit den Vorgaben des SGB V als auch mit höherrangigem Recht, wie sowohl das BVerfG als auch das BSG bereits vielfach und in ständiger Rechtsprechung bestätigt haben, in Einklang (zuletzt BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 17. Juni 2020 – 1 BvR 1134/15; BSG, Urteil vom 8. Juli 2020 – B 12 KR 1/19 R; Beschluss vom 20.August 2020 – B 12 KR 15/20 B; Beschluss vom 18. Juni 2020 – B 12 KR 18/20 B; Beschluss vom 3. Juni 2020 – B 12 KR 12/20 B; Urteil vom 12. Mai 2020 – B 12 KR 22/18R; Beschlüsse vom 8. April 2020 – B 12 KR 94/19 B, B 12 KR 90/19 B; Beschluss vom 3. April 2020 – B 12 KR 81/19 B; Beschluss vom 17. März 2020 – B 12 KR 91/19 B; Beschluss vom 13. Februar 2020 - B 12 KR 79/19 B; Beschluss vom 21. Januar 2020 – B 12 KR 64/19 B – jeweils juris). Dieser Rechtsprechung hat sich der Senat bereits mit ausführlicher Argumentation angeschlossen (vgl. zuletzt: Senat, Urteil vom 21. Juli 2021 – a.a.O.).
cc) Die Beklagte hat auch die – vom Kläger nach § 250 Abs. 1 Nr. 1 SGB V alleine zu tragenden – Beiträge in zutreffender Höhe festgesetzt.
(1) Entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V gilt bei einer als Einmalbezug gewährten Versorgungsleistung, dass 1/120 dieser Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge anzusehen ist und dementsprechend für längstens 120 Monate Beiträge zu entrichten sind. Der Beitragspflicht unterliegt grundsätzlich der gesamte Auszahlungsbetrag. Dies folgt aus dem im Sozialrecht grundsätzlich geltenden Bruttoprinzip (BSG, Urteil vom 4. September 2018 – B 12 KR 20/17 R; Senat, Urteil vom 21. Juli 2021 – a.a.O., Rn. 71).
Von der Beitragspflicht ausgenommen sind nur Kapitalleistungen, die auf Beiträgen beruhen, die ein Arbeitnehmer vor Beginn oder nach Beendigung seiner Erwerbstätigkeit auf den Lebensversicherungsvertrag unter Einrücken in die Stellung des Versicherungsnehmers eingezahlt hat (BVerfG, Beschlüsse vom 28. September 2010 – 1 BvR 1660/08 sowie vom 14. April 2011 – 1 BvR 2123/08; BSG, Urteile vom 30. März 2011 – B 12 KR 16/10 R, - B 12 KR 24/09 R). Diese Rechtsprechung hat der Gesetzgeber mit der zum 15. Dezember 2018 erfolgten Einfügung in § 229 Abs. 1 Nr. 5 SGB V durch Art. 1 Nr. 5a GKV-VEG nachvollzogen.
Die Beklagte hat die durch die Zahlstelle gemeldeten Beträgen in Höhe von 10.739,93 € und 44.845,00 € rechnerisch korrekt unter Aufteilung auf 120 Monate als beitragspflichtige monatliche Bezüge zugrunde gelegt. Dabei ist es zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die durch die Zahlstellen jeweils der Beklagten gemeldeten und von den ausgekehrten Summen jeweils abweichenden Beträge darauf beruhen, dass die durch den Kläger selbst gezahlten Beiträge nach Einrücken in die Versicherungsnehmereigenschaft jeweils zuvor korrekt herausgerechnet worden sind. Auch der Senat hat diesbezüglich keine Anhaltspunkte für etwaige Zweifel.
(2) Ferner hat die Beklagte gemäß §§ 248 Satz 1, 241 SGB V richtig den allgemeinen Beitragssatz angewandt, der nach § 250 Abs. 1 Nr. 1 SGB V allein durch den Kläger zu tragen ist.
Dabei ist alleinige Beitragstragung, soweit die Beiträge aus den Versorgungsbezügen des Klägers berechnet werden, auch als verfassungsgemäß anzusehen (so bereits: Senat, Beschluss vom 7. Dezember 2020 – L 11 KR 231/20 – juris, Rn. 34ff., vgl. auch BSG, Urteil vom 25. April 2007 – B 12 KR 26/05 R; BVerfG, Beschlüsse vom 28. Februar 2008 – 1 BvR 2137/06, vom 7. April 2008 – 1 BvR 1924/07, vom 13. April 2017 – 1 BvR 610/17; vom 9. Juli 2018 – 1 BvL 2/18 –, Rn. 19; Bayerisches LSG, Beschluss vom 30. Oktober 2020 – L 20 KR 151/20 – juris, Rn. 50).
(3) Ferner hat die Beklagte die mit Wirkung zum 1. Januar 2020 getroffene Freibetragsregelung des § 226 Abs. 2 Satz 2 SGB V i.V.m. § 237 Satz 4 SGB V zur Anwendung gebracht. Beiträge aus Versorgungsbezügen und Arbeitseinkommen, das neben den Versorgungsbezügen erzielt wird, sind gemäß § 226 Abs. 2 SGB V nur zu entrichten, wenn die monatlichen beitragspflichtigen Einnahmen insgesamt ein Zwanzigstel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) übersteigen.
Seit dem 1. Januar 2020 ist gemäß § 226 Abs. 2 Satz 2 SGB V (in der Fassung des GKV-Betriebsrentenfreibetragsgesetzes vom 21. Dezember 2019, BGBl. I 2913) vorgesehen, dass von den monatlichen beitragspflichtigen Einnahmen nach § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V ein Freibetrag in Höhe von einem Zwanzigstel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 SGB IV (2021: 164,50 €, 2022: 164,50 € und 2023: 169,75 €) abzuziehen ist, wobei der abzuziehende Freibetrag der Höhe nach auf die monatlichen beitragspflichtigen Einnahmen nach § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V begrenzt ist.
Ein entsprechendes Vorgehen der Beklagten kann den vorliegenden Bescheiden entnommen werden und wurde insofern durch den Kläger auch nicht beanstandet.
(4) Die dagegen erhobenen weitergehenden Einwände des Klägers greifen nicht durch. So ist auch die Aufteilungsregelung des § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V in Kombination mit der Freibetragsregelung des § 226 Abs. 2 Satz 2 SGB V nicht als verfassungswidrig anzusehen.
Art 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Der Gleichheitssatz ist dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten oder Normbetroffenen im Vergleich zu einer anderen Gruppe anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die unterschiedliche Behandlung rechtfertigen können. Die Grenzen, die der allgemeine Gleichheitssatz dem Gesetzgeber vorgibt, können sich von lediglich auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen erstrecken (BVerfG, Beschluss vom 7. April 2008 – 1 BvR 1924/07 – BVerfGK 13, 431, Rn. 30).
Der Senat kann offenlassen, ob eine Ungleichbehandlung vorliegt, denn sie wäre jedenfalls gerechtfertigt. Eine Ungleichbehandlung ist – entgegen der Ansicht des Klägers – jedenfalls nicht bereits darin zu sehen, dass der Freibetrag nicht „gleichermaßen“ auf die Verbeitragung von monatlichen Zahlungen wie auf die Verbeitragung von einmaligen Kapitalleistungen angewandt würde (BT-Drs. 19/15438, S. 1, 8). Das Gegenteil ist der Fall, wie sich aus den Bescheiden der Beklagten exemplarisch ergibt. Nicht beabsichtigt hat der Gesetzgeber hingegen stets die gleichen Auswirkungen bei jedem Betriebsrentner (BT-Drs. 19/15438, S. 8, 12; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25. April 2023 – L 11 KR 2069/21 – juris, Rn. 32).
Der klägerischerseits beanstandete Freibetrag nach § 226 Abs. 2 Satz 2 SGB V dient jedenfalls dem legitimen Zweck den aktuellen Beitragszahler zu entlasten und die Attraktivität betrieblicher Altersvorsorge zu stärken (BT-Drs. 19/15438, S. 11). Er ist zur Zweckerreichung geeignet; mildere, gleich geeignete Mittel sind nicht ersichtlich. Er ist zudem verhältnismäßig. Dem Gesetzgeber obliegt ein weiter Gestaltungsspielraum bei der Ausgestaltung der sozialstaatlichen Ordnung (vgl. BSG, Urteil vom 18. November 2015 – B 12 KR 21/14 R – SozR 4-2500 § 240 Nr. 30, Rn. 30). Sozialpolitische Entscheidungen des Gesetzgebers sind anzuerkennen, solange seine Erwägungen weder offensichtlich fehlsam noch mit der Wertordnung des GG unvereinbar sind (BSG Urteil vom 30. November 2016 – B 12 KR 6/15 R – juris, Rn. 26).
Eingedenk dieser Grundsätze konnte der Gesetzgeber die Freibetragsregelung insbesondere an die – bereits als verfassungsgemäß angesehene – Verteilungsregelung für Einmalzahlungen anknüpfen. Die Regelung des § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V berücksichtigt zum einen das Solidaritätsprinzip, wonach die Versicherten an den Kosten entsprechend ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu beteiligen sind. Dabei bestimmt sich die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nach den aktuellen Zuflüssen. Da im Rahmen der Einmalzahlung von Versorgungsbezügen schon zu Beginn die gesamte Liquidität zur Tragung der Beiträge zur Verfügung steht, wurde eine fiktive Größe der Verteilung gewählt. Diese trägt zum einen dem Interesse des Versicherten an einer gleichmäßigen Beitragsbelastung aus dem Versorgungskapital für einen festen Zeitraum Rechnung und dient zum anderen der Verwaltungsvereinfachung, insbesondere, dass dem Rechtsanwender die Feststellung der monatlichen Bemessungsgrundlage(n) bei kapitalisierten Versorgungsleistungen mit vertretbarem Aufwand zu ermöglichen ist (vgl. BSG, Beschluss vom 3. Juni 2020 – B 12 KR 12/20 B – juris, Rn. 11). Akzessorisch daran hat der Gesetzgeber die beabsichtigte Entlastung geknüpft.
Der Verweis des Klägers auf die bei der Verteilregel und damit auch bei dem Freibetrag zu berücksichtigende, geänderte Rentenbezugszeiten und Sterbetafelentwicklungen wie sein Vorschlag einer daraus resultierenden Aufteilung auf 240 Monate widerspricht damit offensichtlich dem durch den Gesetzgeber derzeit gewählten und in seinem Ermessen stehenden Regelungskonzept (vgl. z.B. zur Zulässigkeit von Stichtagsregelungen, obgleich jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt: BVerfG, 11. November 2008 – 1 BvL 3/05 – BVerfGE 122, 151).
Das Gestaltungsermessen des Gesetzgebers ist vorliegend auch nicht eingeschränkt. Der Gesetzgeber unterliegt dann einer strengeren Bindung, wenn die Differenzierung an Persönlichkeitsmerkmale anknüpft, die für den Einzelnen nicht verfügbar sind. Relevant für das Maß der Bindung ist zudem die Möglichkeit der Betroffenen, durch ihr Verhalten die Verwirklichung der Differenzierungskriterien zu beeinflussen (BSG, Urteil vom 30. November 2016 – a.a.O.).
Wie sich vorliegend konkret zeigt, besteht für die Bezieher vergleichbarer Produkte der betrieblichen Altersvorsorge, wie den vorliegend zu bewertenden, ein Wahlrecht zwischen einer Rentenzahlung und einer einmaligen Kapitalleistung, mit den jeweiligen beitrags- und freibetragsrechtlichen Folgewirkungen. Trifft der Bezieher der Versorgungsbezüge – wie hier – eine Entscheidung zugunsten der Einmalzahlung, bewirkt dies den Vorteil des sofortigen vollständigen Liquiditätszuwachses, während im Unterschied dazu, der Rentenbezug für den Bezieher insbesondere das Risiko der Rentendauer resultierend aus dem Risiko der Lebensdauer in sich birgt. Das System der Beitragserhebung stellt dies berücksichtigend auf die jeweilige wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Versicherten ab und gewährt akzessorisch dazu im Rahmen der Freibeträge Entlastung.
Gerade der Fall des Klägers verdeutlicht dabei den verbliebenden eigenen Gestaltungsspielraum. Die erste Wahl des Klägers bzgl. der Auszahlungsmodalität durch Erklärung vom 24. März 2020 erfolgte vorliegend bereits bezüglich des Versorgungsbezugs bei der F. nach Inkrafttreten der Freibetragsregelung des § 226 Abs. 2 SGB V (GKV-Betriebsrentenfreibetragsgesetz vom 21. Dezember 2019, mit Wirkung zum 1. Januar 2020 <BGBl. I 2913 >). Die Auswirkungen dieser Entscheidung waren für ihn im Bescheid vom 6. Mai 2020 und damit lange vor dem Fälligkeitsdatum des zweiten Versorgungsbezugs bei der Provinzial zum 1. Dezember 2020 erkennbar. Dennoch entschied er sich erneut für eine Einmalzahlung.
Letztlich ist für den Senat auch kein Erdrosselungseffekt durch eine Beitragserhebung von monatlich 44,77 € (ab dem 1. Januar 2021), 45,67 € (ab dem 1. Januar 2022) und 45,73 € (ab dem 1. Januar 2023) erkennbar (vgl. zu einem monatlichen Beitrag von 107,19 €: BVerfG, Beschluss vom 7. April 2008 – 1 BvR 1924/07 – BVerfGK 13, 431, Rn. 35).
dd) Mit dem Bescheid vom 2. März 2021 wurden zudem sämtliche Fristen gemäß § 45 Abs. 3 und 4 SGB X i.V.m. § 48 Abs. 4 Satz 1 SGB X gewahrt. Ermessen ist im Rahmen des § 48 SGB X nicht auszuüben.
b) Soweit die Beklagte rückwirkend auch die bescheidmäßige Festsetzung für die Monate Januar und Februar 2021 aufgehoben hat, stellt sich dies als materiell rechtswidrig dar.
Der Verwaltungsakt soll nach § 48 Abs. 1 Satz 2, 3 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt (Nr. 1), der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (Nr. 2), nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (Nr. 3) oder der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (Nr. 4). Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.
aa) Es erfolgte vorliegend zunächst keine Änderung zugunsten des Betroffenen – dem Kläger – im Sinne der Nr. 1, denn während durch den Bescheid vom 6. Mai 2020 aufgrund des den aufgeteilten Versorgungsbezug (F.) übersteigenden monatlichen Freibetrages keine Beiträge für die Monate Januar und Februar erhoben worden sind, bewirkte die eingetretene Änderung – weiterer Zufluss eines Versorgungsbezuges –das Überschreiten der Freibetragsgrenze und führte damit zuungunsten des Klägers zu einer Beitragserhebung. Auch die Nr. 3 kommt nicht in Betracht, denn jedenfalls führt hier ein etwaiger Zufluss von Einkommen oder Vermögen nicht zum Wegfall oder Minderung eines klägerischen Anspruchs gegenüber der Beklagten, sondern umgekehrt zu einer – hier erstmaligen – Beitragserhebung der Beklagten gegenüber dem Kläger. Folglich kommt auch nicht die Nr. 4 zur Anwendung, wonach der Kläger gewusst oder nicht gewusst haben müsste, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (Nr. 4). Vorliegend handelt es sich nicht um einen – durch Auskehr der Kapitalleistung – ruhenden oder (teilweise) weggefallenen Anspruch des Klägers gegenüber der Beklagten, sondern um seine Beitragszahlungsverpflichtung.
bb) Der Kläger ist zudem nicht einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen (Nr. 2).
Zwar hat der Kläger unstreitig selbst den hier relevanten Zufluss des zweiten Versorgungsbezuges nicht gegenüber der Beklagten mitgeteilt. Hinsichtlich des Monates Februar 2021 ist eine diesbezügliche Pflichtverletzung allerdings bereits nicht kausal geworden, denn die Zahlstellenmeldung ist bei der Beklagten, wie diese in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt hat, am 15. Januar 2021 eingegangen, so dass ihr insofern eine zukünftige Aufhebung noch möglich gewesen wäre.
Jedenfalls kann dem Kläger aber weder ein vorsätzliches noch grob fahrlässiges Unterlassen vorgeworfen werden. Grobe Fahrlässigkeit liegt nach der Legaldefinition des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 2. Halbsatz SGB X vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Maßgebend dafür ist ein subjektiver Maßstab (st. Rspr.: BSG, Urteil vom 13. Dezember 1972 – 7 RKg 9/69 – BSGE 35, 108; BSG, Urteil vom 20. September 1977 – 8/12 RKg 8/76 – BSGE 44, 264). Die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt danach, wer schon einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt und daher nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss (LSG NRW, Urteil vom 28. März 2013 – L 8 R 667/10 – juris).
Ein entsprechender Vorwurf kann dem Kläger nicht gemacht werden. Zwar ist ihm bewusst gewesen ist, dass er die Beklagte über eine Änderung in seinen Bezügen zu informieren hatte, wie er bereits aus dem entsprechenden Hinweis im Bescheid der Beklagten vom 6. Mai 2020 ersehen konnte. Allerdings hat der Kläger darauf vertraut, dass auch die zweite Zahlstelle (Provinzial) rechtzeitig aufgrund bestehender gesetzlicher Verpflichtung eine entsprechende Meldung bei der Beklagten für ihn vornehmen wird. Diese Annahme wird zunächst dadurch gestützt, dass die Meldung der Zahlstelle am 15. Januar 2021 auch tatsächlich erfolgt ist. Soweit diese – durch ihn – früher hätte erfolgen können, ist dem Kläger gleichfalls kein Vorwurf der groben Fahrlässigkeit zu machen. Auf Befragung des Senats hat der Kläger überzeugend dargelegt, dass er sich im Vorfeld erkundigt habe, wie das Meldeverfahren ablaufe und ihm mitgeteilt wurde, dass der Versicherer der Krankenkasse – wie auch dem Finanzamt – gegenüber melde; alles laufe automatisch ab. Die Annahme des Klägers, sich auf diese Auskunft verlassen zu können, wird dabei durch seine Erfahrung mit der Abwicklung des ersten Versorgungsbezugs nachvollziehbar. Denn das entsprechende Prozedere war ihm aus dem Vorgehen der F. hinsichtlich des im April 2020 ausgekehrten Versorgungsbezuges bereits bekannt. Diese hatte ihn damals zudem ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie gesetzlich als Zahlstelle für Versorgungsbezüge zur Meldung an die Krankenkasse verpflichtet sei und sich die Krankenkasse dann bezüglich der Beitragserhebung mit ihm – dem Kläger – in Verbindung setzen werde (Schreiben vom 30. März 2020). Gemäß diesem Schreiben erfolgte die praktische Umsetzung, die im Bescheid der Beklagten vom 6. Mai 2020 mündete. Hinweise auf eine verspätete Meldung der F. fanden sich dort für den Kläger nicht. Dafür, dass die seitens der F. zitierte gesetzliche Verpflichtung nicht für weitere Zahlstellen – konkret die Provinzial im Rahmen des zweiten Versorgungsbezugs – gelten sollte, waren gleichfalls keine Anhaltspunkte ersichtlich.
III. Ein Anspruch des Klägers auf Neufestsetzung besteht aus den bereits unter II.2.a) genannten Gründen für den gesamten Zeitraum indes nicht.
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 SGG. Im Hinblick auf das nur geringfügige Obsiegen hat der Senat auf eine Quotelung verzichtet.
Gründe gemäß § 160 Abs. 2 SGG für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.