Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 16. Dezember 2022 wird als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger begehrt Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, hier zur Deckung weiterer ernährungsbedingter Mehrbedarfe und für unabweisbare, laufende nicht nur einmalige Bedarfe sowie zur Beschaffung von FFP2 - Masken für den Zeitraum Oktober 2020 bis März 2021.
Das Sozialgericht Berlin (SG) hat die entsprechende Klage mit Urteil vom 16. Dezember 2022 abgewiesen. Gegen diese ihm am 23. Dezember 2022 zugestellte Entscheidung richtet sich die Berufung des Klägers vom 1. Februar 2023, mit der der Kläger auch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand gestellt hat. Grund sei seine hinreichend bekannte krankheitsbedingt lebensbedrohliche Situation. Bereits Anfang 2023 habe er dann noch an einer meldepflichtigen hochinfektiösen Virusinfektion gelitten. Vorsorglich habe er schriftlich „am 2023-01-18“ aus dem Justizvollzugskrankenhaus B heraus Berufungsanträge gestellt, die nach Auskunft des Gerichts nicht eingegangen seien, obwohl er von Justizbeschäftigen Fax- und Briefportokosten in Rechnung gestellt bekommen habe und ihm prompte Versendung versichert worden sei.
Auf Nachfrage des Senats hat er mit Schriftsatz vom 6. April 2023 mitgeteilt, dass er am 18. Januar 2023 notdürftig und handschriftlich Antrag auf Einstweiligen Rechtsschutz an das Sozialgericht Berlin und danach fristwahrend Berufung in allen Verfahren des Sozialgerichts Berlin zu den Az. S 53 AS gestellt habe. Dies ergebe sich aus seiner Notizenkladde. Die Schriftsätze habe er der Justizstelle des Justizvollzugskrankenhauses Berlin übergeben mit der Bitte um Vorabversendung per Telefax und dazu der Ermittlung der Faxnummer sowie um kostenfreie Portofreimachung. Folglich gebe es keine Portokosten vom 18. Januar 2023. Ab 6. Januar 2023 leide er an einer neuen massiven Virusinfektion.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 16. Dezember 2022 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung der Bescheide vom 7. September 2020, 28. Oktober 2020, 21. November 2020 und 21. Dezember 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Dezember und der Änderungsbescheide vom 1. März 2021 sowie 25. Oktober 2021 gemäß seinem erstinstanzlichen Klagebegehren zu verurteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die Berufung für verfristet. Gründe für eine Wiedereinsetzung lägen nicht vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitverhältnisses wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.
II.
Die Berufung ist gemäß § 158 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) als unzulässig zu verwerfen. Dem Senat schien es angemessen, hierüber gem. § 158 Satz 2 SGG durch Beschluss zu entscheiden. Ein entsprechendes Hinweisschreiben ist dem Beklagten am 31. Mai 2024 und dem Kläger am 1. Juni 2024 zugestellt worden.
Die Berufungsfrist von einem Monat nach § 151 Abs. 1 SGG ist versäumt. Die Berufung hätte bis 23. Januar 2023 erhoben werden müssen (§ 64 SGG). Die Voraussetzung für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§§ 153 Abs. 1 i. V. m. 67 SGG) ist nicht erfüllt, da der Kläger nicht glaubhaft gemacht hat, die Frist zur Berufungseinlegung schuldlos versäumt zu haben.
Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Der Antrag ist binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sollen glaubhaft gemacht werden (§ 67 Abs. 1 und Abs. 2 S 1 und 2 SGG). Eine Säumnis ist schuldhaft, wenn der Beteiligte hinsichtlich der Wahrung der Frist diejenige Sorgfalt außer Acht lässt, die für einen gewissenhaften und seine Rechte und Pflichten sachgemäß wahrnehmenden Prozessführenden im Hinblick auf die Fristwahrung geboten ist und ihm nach den gesamten Umständen des konkreten Falles zuzumuten ist (vgl. z. B. Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 08. Februar 2017 – B 1 KR 93/16 B –, juris Rn. 5 m. w. N.). Krankheit schließt ein Verschulden nur aus, wenn der Beteiligte so schwer erkrankt ist, dass er nicht selbst handeln und auch nicht einen anderen beauftragen kann (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt-Keller, SGG, 14. A. 2023 § 67 Rn. 7c). Davon ist vorliegend nicht auszugehen. Nach seinen eigenen Angaben war der Kläger sogar während der Zeit im Justizvollzugskrankenhaus in der Lage, eine Vielzahl von Schreiben zu verfassen.
Es kann zur Überzeugung des Senats auch nicht davon ausgegangen werden, dass es jedenfalls überwiegend wahrscheinlich ist, dass der Kläger am 18. Januar 2023 der Justizstelle im Justizvollzugskrankenhaus einen Berufungsschriftsatz zur Weiterleitung/Aufgabe zur Post bzw. Übersendung per Fax übergeben hat. Die entsprechenden Sachverhaltsdarstellungen des Klägers sind bereits in sich widersprüchlich. Die geforderte Glaubhaftmachung ist unterblieben, worauf hingewiesen worden ist.
Im Berufungsschriftsatz hat er zunächst behauptet, für die Fax- und Postversendung eine Rechnung erhalten zu haben. Nach Aufforderung des Senats zur Einreichung der entsprechenden Quittung hat er dann vorgetragen, die Berufungen gegen alle Entscheidungen des Sozialgerichts mit dem Aktenzeichen S 53 AS mit der Bitte um kostenfreie Portofreimachung an die Justizstelle übergeben zu haben. Die von ihm zur Glaubhaftmachung eingereichte Kopie seiner Notizenkladde belegt allenfalls, dass der Kläger am 18. Januar 2023 fristwahrende Schriftsätze anfertigen wollte. Die vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen enthalten weder eine Diagnose noch ist ihnen zu entnehmen, dass der Kläger so schwer erkrankt war, dass er nicht in der Lage gewesen wäre, einen kurzen Schriftsatz zur Einlegung der Berufung zu verfassen. Eine weitere Sachaufklärung durch den Senat hatte nicht zu erfolgen, weil der Kläger selbst trotz gerichtlichen Hinweises die Richtigkeit und Wahrhaftigkeit seines Vortrages nicht durch eidesstattliche Versicherung bekräftigt und damit glaubhaft gemacht hat.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.