Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgericht Münster vom 23.11.2022 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der 00.00.0000 geborene Kläger, der bei der beklagten Krankenkasse gesetzlich versichert ist, begehrt im Wesentlichen die Versorgung mit privatärztlichen Behandlungen zur Therapie eines Chronischen Fatigue-Syndroms/Myalgische Enzephalomyelitis (CFS/ME).
Für ihn wandte sich im Mai und August 2017 seine Mutter an die Beklagte mit dem Begehren, dem Kläger zur Therapie seiner schweren Erkrankungen, im Wesentlichen eines CFS/ME mit u.a. diversen Unverträglichkeiten, Stoffwechsel- und Entgiftungsstörungen und schwerer Adipositas, privatärztliche Behandlungen bei B., V., und F., C., zu ermöglichen. Hierzu wurde insbesondere eine „Fachärztliche Stellungnahme“ von B. vom 28.04.2017 vorgelegt, wonach der Kläger an CFS/ME leide und sich deswegen am 12.04.2017 dort zur Diagnosestellung vorgestellt habe wegen zunehmend bestehender Beschwerden mit der Kernsymptomatik einer „durch Erholung nicht veränderbaren Erschöpfung“ und eines drastischen Einbruchs der Kräfte auf nur noch 20 – 30 % der ursprünglichen Leistungsfähigkeit, begleitet von einer Vielzahl von somatischen Symptomen. Der Arzt stellte einen Kostenplan für eine „CFS-spezifische Therapie“ auf mit Kosten für Diagnostik i.H.v 160,60 € + 324,66 €+ 187,02 € sowie einem Therapievorschlag für 50 Sitzungen Psychotherapie/ Verhaltenstherapie à 153 € und 50 x übende Verfahren mit begleitender Diagnostik à 166,46 €. Des Weiteren übersandte die Mutter für den Kläger eine Rechnung dieses Behandlers vom 03.05.2017 für eine dort in der Zeit vom 12.04.2017 bis 19.04.2017 durchgeführte Diagnostik, berechnet nach der Gebührenordnung für Ärzte (GoÄ) i.H.v 838,74 €. Bezüglich einer Behandlung bei F. führte sie aus, der Kläger müsse am 05.09.2017 dessen Praxis in C. aufsuchen, da dieser Arzt der einzige ihr bekannte Facharzt für Pyrollurie, Darmentzündung und ME, sei der sich fachlich auch auf die Ernährung bzgl. dieser Störung und Erkrankung spezialisiert habe. Hierzu wurden keine Unterlagen dieses Arztes, sondern lediglich eine ärztliche Bescheinigung von dem Internisten X., P., vom 06.06.2017 vorgelegt, wonach der Kläger dort wegen einer „Vielzahl an Diagnosen, die einer intensiven Therapie bedürfen“ in Behandlung sei und ein Befundbericht von D., M., vom 01.08.2017, dieser insbesondere mit der von ihm gestellten Diagnose CFS.
Die Beklagte lehnte es mit Bescheiden vom 19.05.2017 und 08.09.2017 ab, sich an den Kosten für die Behandlungen bei B. und F. zu beteiligen. Diese seien keine zugelassenen Vertragsärzte. Zudem sei das Behandlungskonzept für das CFS eine neue Behandlungsmethode, die sie nicht gewähren dürfe, da keine Beurteilung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) vorliege.
Mit den gegen diese Entscheidungen erhobenen Widersprüchen wies der Kläger auf besondere medizinische und soziale Gründe hin, nach denen der Behandlung bei B. zuzustimmen sei. Soweit ersichtlich, gebe es gegenwärtig kein paralleles Behandlungskonzept für das CFS, so dass jedenfalls derzeit von einem sogenannten Systemversagen auszugehen sei. F. sei der einzige Facharzt deutschlandweit für die CFS/ME. Der Kläger legte weitere, inhaltlich mit derjenigen vom 28.04.2017 im Wesentlichen identischen, Stellungnahmen von B. vor, der ergänzend betonte, dass der Kläger nicht an einer depressiven Störung erkrankt sei und Behandlungsversuche mit Psychotherapie und mit Psychopharmaka meist keinen Erfolg hätten. Die Beklagte wies die Widersprüche mit Bescheid vom 26.07.2018 unter Wiederholung und Vertiefung ihrer Argumentation zurück.
Der Kläger hat am 10.08.2018 Klage zum Sozialgericht I. erhoben. Es sei von einem Systemversagen auszugehen.
Das Sozialgericht hat Befundberichte der den Kläger behandelnden Ärzte eingeholt, die unterschiedliche Auffassungen zum Therapiebedarf des Klägers geäußert haben. So hat K., Y., das Versorgungsbegehren des Klägers unterstützend befundet, indem er die Auffassung vertreten hat, nur die vom Kläger gewünschten Therapeuten wiesen ein ausreichendes Wissen aus, um die notwendige Behandlung durchzuführen. Demgegenüber hat der vorbehandelnde Allgemeinmediziner L. die Einschätzung geäußert, es liege gar kein CFS/ME vor.
Sodann hat das Sozialgericht ein Gutachten von dem Allgemeinmediziner und Internisten O., I., vom 22.08.2021 eingeholt, auf das der Einzelheiten wegen verwiesen wird.
Mit Urteil vom 23.11.2022 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es liege kein Systemversagen vor, da zugelassene Ärzte zur Behandlung zur Verfügung ständen. Auch könne der Anspruch nicht auf § 2 Abs. 1a SGB V gestützt werden, da der Kläger nicht an einer dort vorausgesetzten schwerwiegenden Erkrankung leide.
Der Kläger hat gegen das ihm am 06.12.2022 zugestellte Urteil am 20.12.2022 Berufung eingelegt. Sein Anspruch auf Versorgung mit künftigen Behandlungen durch die im Berufungsantrag genannten Ärzte ergebe sich aus § 2 Abs. 1a SGB V. Bei CFS/ME handele es sich um eine einer lebensbedrohlichen Erkrankung wertungsmäßig vergleichbare Krankheit. Nur die genannten Ärzte seien zu einer ausreichenden Behandlung in der Lage; Vertragsärzte hätten bereits mehrfach fehlbehandelt und würden sich allgemein mit CFS/ME nicht auskennen. Darüber hinaus liege ein Systemversagen vor.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts I. vom 23.11.2022 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 19.05.2017 und 08.09.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.07.2018 zu verurteilen, die Kosten der Diagnostik vom 12.04.2017 bis 19.04.2017 bei Prof. B. in Höhe von 838,74 € zu erstatten sowie die zukünftigen Kosten der Behandlung bei diesem Arzt sowie bei F. zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und weist im Übrigen darauf hin, dass die Diagnostik für CFS/ME durch jeden Hausarzt oder Neurologen durchgeführt werden könne, der dann auch die Behandlung mit weiteren Fachärzten koordiniere. Dass Neurologen und Hausärzte im Großraum des Wohnortes des Klägers nicht ausreichend zur Verfügung stünden, sei fernliegend.
Der Senat hat ein Gutachten von dem Allergologen und Umwelt- und Präventionsmediziner T., R., vom 08.02.2024 eingeholt, der insbesondere ausgeführt hat, der Kläger leide nicht an einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen oder um wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung. Die von CFS/ME unabhängigen Symptomkomplexe seien im vertragsärztlichen Bereich und in entsprechenden Ernährungszentren begleitend diagnostisch und therapeutisch abgedeckt. Entsprechendes gelte im Ergebnis für das CFS. Im Behandlungs- und Kostenplan des B. sei der gesamte Bereich der psychiatrischen Diagnostik und der neurologischen und internistischen Funktionsdiagnostik bei begründeter Indikation eine vertragsärztliche Leistung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig, aber unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide vom 19.05.2017 und 08.09.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.07.2018 (§ 95 SGG) sind rechtmäßig und der Kläger nicht beschwert (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG). Der Kläger hat weder Anspruch auf Übernahme der zukünftigen Kosten der Behandlung bei B. sowie bei F. (dazu I) noch auf Erstattung der Kosten der Diagnostik vom 12.04.2017 bis 19.04.2017 bei B. in Höhe von 838,74 € (dazu II).
I. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte künftige Versorgung mit außervertraglichen Behandlungen durch B. und F. in Gestalt einer Kostenübernahme bzw. Kostenfreistellung durch die Beklagte.
Nach § 27 Abs. 1 S. 1 und S. 2 Nr. 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst nach Nr. 1 ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung, wobei die Versicherten nach § 76 Abs. 1 S. 1 und 2 SGB V nur unter den zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Ärzten, den medizinischen Versorgungszentren, den ermächtigten Ärzten, den ermächtigten oder nach § 116b SGB Van der ambulanten Versorgung teilnehmenden Einrichtungen, den Zahnkliniken der Krankenkassen, den Eigeneinrichtungen der Krankenkassen nach § 140 Abs. 2 S. 2 SGB V, den nach § 72a Abs. 3 SGB V vertraglich zur ärztlichen Behandlung verpflichteten Ärzten und Zahnärzten, den zum ambulanten Operieren zugelassenen Krankenhäusern sowie den Einrichtungen nach § 75 Abs. 9 SGB V frei wählen dürfen. Andere Ärzte dürfen nur in Notfällen in Anspruch genommen werden.
Es ist bereits fraglich, ob der Kläger an einer durch die begehrten Therapien zu behandelnden CFS/ME leidet (dazu 1). Er darf zur Behandlung jedenfalls nur vertragsärztliche, keine privatärztlichen Behandlungen in Anspruch nehmen (dazu 2).
1. Der Senat hat bereits erhebliche Zweifel, ob die Diagnose CFS/ME ausreichend gesichert ist. Zwar haben insbesondere B. sowie auch behandelnde Ärzte eine solche Diagnose gestellt. Diese Diagnostik ist jedoch, wie der Sachverständige T. nachvollziehbar dargelegt hat, fehlerbehaftet. So ist eine für eine abschließende CFS/ME-Diagnostik erforderliche psychologische Einschätzung zumindest in Form validierter Testverfahren von keinem der behandelnden Ärzte, auch nicht von B. durchgeführt worden. Zudem ist die von diesem durchgeführte Diagnostik der Mikrovibrationsbilanz der muskulären Grundvibration weder CFS/ME-spezifisch noch leitliniengerecht. Die S3-Leitlinie „Müdigkeit“, Kapitel CFS/ME erwähnt sie nicht einmal.
Soweit der Sachverständige T. meint, aufgrund der vorliegenden Berichte insbesondere von B. annehmen zu können, der Kläger leide an CFS/ME, liegen dem zur Überzeugung des Senats nach Auswertung sämtlicher aktenkundiger Befunde weder eine ausreichende Diagnostik der behandelnden Ärzte noch durch den Sachverständigen neu erhobene Befunde zugrunde. Der Kläger hat eine persönliche Untersuchung, gestützt durch Atteste seiner Ärzte, abgelehnt, so dass eine befund- und untersuchungsgestützte Diagnostik durch T., die möglicherweise ausreichende Klarheit erbracht hätte, nicht durchgeführt werden konnte. Vor dem Hintergrund, dass der Kläger in der Lage war, Ärzte im gesamten Bundesgebiet, etwa in V. und C., aufzusuchen, ist für den Senat allerdings nicht vollends nachvollziehbar, warum eine Untersuchung durch den in Nordrhein-Westfalen ansässigen Sachverständigen, ggf. sogar am Wohnort des Klägers, nicht möglich (gewesen) sein soll.
2. Letztlich kann jedoch im Ergebnis dahinstehen, ob die Diagnose CFS/ME bei dem Kläger ausreichend gesichert ist. Jedenfalls hat er keinen Anspruch auf die Versorgung mit künftigen privatärztlichen Behandlungen einer solchen Erkrankung oder einer anderen, bei ihm vorliegenden Krankheit durch B. oder F..
Insoweit kann ebenfalls dahinstehen, ob die von B. geplante Therapie oder die von F. begehrte ernährungsmedizinische Betreuung als ärztliche Behandlungen notwendig sind, um eine Krankheit des Klägers zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Allerdings gilt, entgegen der Auffassung der Beklagten, nicht ohne weiteres der Erlaubnisvorbehalt in § 135 Abs. 1 S. 1 SGB V, denn dieser bezieht sich auf neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, nicht dagegen auf umstrittene Krankheitsbilder (vgl. BSG, Urteile vom 25.09.2000 – B 1 KR 24/99 R –, juris und – B 1 KR 5/99 R – , juris). Der Senat hat bereits deshalb erhebliche Zweifel an der Notwendigkeit jedenfalls der Behandlung durch B., soweit dieser selbst in einem vom Kläger vorgelegten Attest vom 11.07.2024, ausdrücklich zum einen ausführt, es gebe derzeit keine wirksamen Behandlungsmethoden für die Erkrankung CFS (!). Bezeichnenderweise hat dieser Arzt zum anderen in seinem Therapieplan im Wesentlichen psychotherapeutische Behandlungen vorgeschlagen, obwohl er in der Vergangenheit immer wieder ausdrücklich betont hatte, dass der Kläger eben nicht an einer Erkrankung dieses Fachgebiets leide.
Auch der Sachverständige T. weist darauf hin, dass es jedenfalls keine Standardtherapie medikamentöser Art zur ursächlichen Behandlung der CFS/ME gebe und dass aktuell auch nicht von Heilung des CFS gesprochen werden könne.
Der Kläger darf für die begehrten Therapien aber jedenfalls nur zugelassene Leistungserbringer i.S. des § 76 SGB V und nicht privatärztliche Behandlungen durch die von ihm benannten Ärzte in Anspruch nehmen. Weder liegt ein Notfall vor (dazu a) noch kann der Kläger sich auf ein Systemversagen berufen (dazu b); schließlich folgt auch kein Anspruch aus § 2 Abs. 1a SGB V (dazu c) oder aufgrund eines sog. Seltenheitsfalls (dazu d).
a) Ein Notfall nach § 76 Abs. 1 S. 2 SGB V liegt vor, wenn eine dringende Behandlungsbedürftigkeit besteht und ein zugelassener Leistungserbringer mangels Erreichbarkeit, Umfang des Teilnahmerechts, Qualifikation oder eigener Bereitschaft zur Behandlungsübernahme nicht rechtzeitig zur Verfügung steht. (Hesral in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 76 SGB V <Stand: 15.06.2020>, Rn. 27). Diese Voraussetzungen sind, wie bereits vom Sozialgericht zu Recht festgestellt worden ist, erkennbar nicht erfüllt. Jedenfalls eine sofortige Behandlungsnotwendigkeit ergibt sich weder aus den Stellungnahmen von B. noch aus dem eigenen Vorbringen der Klägerseite. Zudem wird eine zeitlich unbegrenzte, zukünftige Behandlung begehrt, keine sofortige Akut-Behandlung.
Jedenfalls erfolgt auch die Notfallbehandlung grundsätzlich als Naturalleistung zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung, so dass in Notfällen von Nichtvertragsärzten erbrachte Leistungen im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung durchgeführt und von der KÄV aus der Gesamtvergütung (§ 85 SGB V) vergütet werden (vgl. BSG, Urteil vom 13.09.2011 – B 1 KR 4/11 R –, juris Rn. 22).
b) Ein Anspruch aufgrund eines sog. Systemversagens kommt in der gesetzlichen Krankenversicherung in zwei Fallgestaltungen in Betracht.
aa) Eine Leistungspflicht kann bei sog. Neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Sinne von § 135 Abs. 1 SGB V trotz fehlender Anerkennung durch den G-BA bestehen, wenn diese fehlende Anerkennung darauf zurückzuführen ist, dass das Verfahren vor dem G-BA trotz Erfüllung der für eine Überprüfung notwendigen formalen und inhaltlichen Voraussetzungen nicht oder nicht zeitgerecht durchgeführt wurde (Ihle in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 135 SGB V <Stand: 15.06.2020>, Rn. 30).
Ein solches Systemversagen kommt vorliegend bereits deshalb nicht in Betracht, weil die begehrten privatärztlichen Behandlungen keine neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden darstellen. Der vom Senat gehörte Sachverständige, der seit 1990 Patienten mit CFS und komplexen Intoleranzen behandelt sowie mit dem Schwerpunkt u.a. zu Nahrungsmittelallergien forscht und damit hochkompetent für die in Frage stehende Thematik ist, hat dargelegt, dass weder das Therapiekonzept des Prof. B. noch die von F. begehrte Behandlung eine solche darstellen.
Die von B. geplante Psychotherapie nebst übender Verfahren stellt keine besondere Methode dar, sondern sind Bestandteil der üblichen vertragsärztlichen bzw. -psychotherapeutischen Versorgung. B. selbst hat nicht dargelegt, dass er sich neuer Therapieansätze bediene.
Soweit der Kläger eine ernährungsmedizinische Betreuung durch F. begehrt, stellt auch eine solche erkennbar keine neue Behandlungsmethode dar, nachdem es in Deutschland nach den unbestrittenen Ausführungen des Sachverständigen ein nahezu flächendeckendes Netz von Ernährungsberatern und Fachpraxen gibt, die entsprechende Behandlungen anbieten. Eine anderweitige neue und nur von F. angebotene Behandlungsmethode ist auch nach dem eigenen Vorbringen des Klägers nicht erkennbar.
bb) Ein Systemversagen kann im Übrigen vorliegen, wenn kein anderer als ein außervertraglicher Leistungserbringer für eine Behandlung zur Verfügung stand/steht (BSG, Urteil vom 18.07.2006 – B 1 KR 24/05 R –, juris Rn. 35).
Ein Systemversagen in diesem Sinn liegt aber nur vor, wenn Versicherte sich nachhaltig um eine Behandlung bemüht haben, wobei zumeist eine Vielzahl von Kontaktaufnahmen in einem größeren räumlichen Umfeld des Versicherten verlangt wird, die letztlich ohne Ergebnis geblieben sind (LSG V., Beschluss vom 27.06.2022 – L 1 KR 50/22 B ER –, juris Rn. 11, m.w.N.). Solches hat der Kläger nicht dargelegt.
Zudem stehen nach den überzeugenden Ausführungen des vom Senat gehörten Sachverständigen E., denen gefolgt wird, Arztpraxen, Kompetenzzentren, spezialisierte Kliniken, Physiotherapiepraxen etc. zur Verfügung, die die erforderlichen Therapien anbieten. Dies gilt sowohl für die von B. ins Auge gefasste, im Wesentlichen aus Psychotherapie bestehende Behandlung als auch für eine Ernährungsberatung bzw. medizinische Ernährungsbetreuung, wie sie der Kläger von F. wünscht. Soweit der Kläger ausdrücklich hat vortragen lassen, F. sei der einzige Facharzt deutschlandweit für u.a. Ernährungsmedizin und CFS/ME, hat der Sachverständige dem ausdrücklich widersprochen. Vielmehr seien die in Deutschland flächendeckend vorhandenen Ernährungsmediziner uneingeschränkt in der Lage, auch CFS-spezifische Nahrungsmittelallergien oder -intoleranzen oder CFS-spezifische Ernährungsmangelzustände zu erkennen und entsprechend zu substituieren.
c) Nach § 2 Abs. 1a SGB V können Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, eine von Abs. 1 S. 3 abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht.
§ 2 Abs. 1a SGB V ist bereits deshalb nicht einschlägig, weil dem Kläger zur Behandlung seiner Erkrankung allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistungen nach den Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen zur Verfügung stehen.
Der Kläger leidet nach den sachverständigen Feststellungen darüber hinaus nicht an einer Erkrankung i.S. von § 2 Abs. 1a SGB V. Soweit das LSG Niedersachsen-Bremen im Fall eines unter CFS leidenden Versicherten angenommen hat, diese Erkrankung sei schwer i.S. des § 2 Abs. 1a SGB V (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 14.10.2022 – L 4 KR 373/22 B ER –, juris Rn. 59), lag dem eine andere Sachverhaltsgestaltung zu Grunde. Das LSG Niedersachsen-Bremen hat keinen allgemeinen Rechtssatz dahingehend aufgestellt, dass eine CFS immer eine schwere Erkrankung in diesem Sinn darstelle, was im Hinblick auf die mögliche Bandbreite der Ausprägung von CFS/ME (vgl. hierzu etwa die Einteilung nach Schweregraden, wie sie die Deutsche Gesellschaft für ME/CFS e.V. wiedergibt, recherchiert unter https://www.mecfs.de/was-ist-me-cfs/) auch schwerlich möglich wäre. Es hat in seinem Fall vielmehr das Vorliegen einer schweren Erkrankung daraus geschlossen, dass mehrere lebensfunktionale Bereiche limitierend betroffen waren, bei dem Versicherten u.a. ein Pflegegrad 3 anerkannt war und dieser unter so schweren Begleiterkrankungen wie z.B. einem Zustand nach Nierentransplantation, dialysepflichtiger Niereninsuffizienz und einer schweren Gangstörung mit Rollstuhlabhängigkeitsphasen litt. Diesem Zustand ist das Befinden des Klägers nicht vergleichbar.
d) Es liegt auch kein Seltenheitsfall vor. Einem solchen stehen die erheblichen Fallzahlen einer CFS-Diagnose entgegen (vgl. hierzu LSG Niedersachsen-Bremen, a.a.O., Rn. 56 m.w.N.).
II. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten der Diagnostik vom 12.04.2017 bis 19.04.2017 bei B. in Höhe von 838,74 € nach § 13 Abs. 3 SGB V, wonach Versicherte Anspruch auf Kostenerstattung für selbstbeschaffte Leistungen haben, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und den Versicherten dadurch für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind.
Dabei reicht der Kostenerstattungsanspruch nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch. Er setzt voraus, dass die selbstbeschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (vgl. zur st.. Rsp. BSG, Urteil vom 19.10.2023 – B 1 KR 16/22 R –, Rn. 11). Letzteres ist – wie unter I. eingehend dargelegt – nicht der Fall.
Die Diagnostik bei B. in der Zeit 12.04.2017 bis 19.04.2017 war darüber hinaus nicht unaufschiebbar. Unabhängig davon ist insoweit auch der sog. Beschaffungsweg (vgl. etwa BSG, Beschluss vom 19.01.2024 – B 1 KR 95/22 B –, juris Rn. 11, m.w.N. zur höchstrichterlichen Rechtsprechung) nicht eingehalten, weil der Kläger vor der Inanspruchnahme der Leistung keinen Sachleistungsantrag bei der Beklagten gestellt hat. Vielmehr hat er sich über seine Mutter frühestens per E-Mail vom 23.04.2017 an die Beklagte gewandt und damit zu einem Zeitpunkt, als die Diagnostik bereits durchgeführt war. Die fachärztliche Stellungnahme von Prof. B. nebst der Rechnung für die Diagnostik wurde der Beklagten erst mit Mail vom 05.05.2017 zur Verfügung gestellt.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 Abs. 1 SGG.
Anlass, gemäß § 160 Abs. 2 SGG die Revision zuzulassen, besteht nicht.