L 4 R 3/22

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 24 R 1245/18
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 4 R 3/22
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

1. Die Erfüllungswirkung einer Erstattung von Übergangsgeld durch die Rentenversicherung an den Träger der Grundsicherung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) setzt ein gegenüber der Rentenversicherung bekannt gegebenes Erstattungsverlangen des SGB II-Leistungsträgers voraus, das die Bewilligungszeiträume benennt, für die Leistungen der Grundsicherung erbracht worden sind und für die die Erstattung geltend macht wird. Durch die Zahlung der Rentenversicherung auf einen anderen Bewilligungszeitraum tritt die Erfüllungswirkung gemäß §107 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) nicht ein.

 

2. Hat die erstattungspflichtige Rentenversicherung für einen Zeitraum Übergangsgeld bewilligt, für den der Träger der Grundsicherung Leistungen erbracht hat, ohne beim Leistungsberechtigten Einkommen i.S.d. §11 SGB II zu berücksichtigen, so entsteht in Höhe der nachgewiesenen Absetzbeträge i.S.d. §11b SGB II gemäß §104 Abs. 1 Satz 3 SGB X kein Erstattungsanspruch. Die Rentenversicherung bleibt insoweit gegenüber dem Leistungsberechtigten zur Zahlung von Übergangsgeld verpflichtet. Die Höhe ist zwischen der zur materiellen Prüfung verpflichteten Rentenversicherung und dem Leistungsberechigten zu klären.

      1. Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 29. Dezember 2021 abgeändert.

 

Die Beklagte wird verurteilt, für den Zeitraum vom 1. März 2018 bis 30. April 2018 Übergangsgeld i.H.v. insgesamt 115,60 EUR sowie für den Zeitraum vom 1. Juni 2018 bis 30. Juni 2018 i.H.v. 1.187,70 EUR an den Kläger zu zahlen.

 

      1. Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte seiner außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten.

 

      1. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

 

Tatbestand

 

 

Die Beteiligten streiten über den Anspruch des Klägers auf Auszahlung von Übergangsgeld und in diesem Zusammenhang um den rechtmäßigen Umfang der Erstattung bewilligten Übergangsgeldes an den Beigeladenen.

 

Der im Jahr 1963 geborene Kläger absolvierte in der Zeit vom 01.09.1980 bis 15.07.1983 eine Ausbildung als Metallurge für Hüttentechnik mit Abitur mit Spezialisierung Galvanik im volkseigenen Betrieb (VEB) Bergbau- und Hüttenkombinat "Z....", Betriebsschule. Vom 01.09.1984 bis zum 30.06.1987 war er als Galvaniseur im Bergbau-Kombinat Y.... und als Maschinenführer tätig. Ab Juli 1987 nahm der Kläger verschiedene andere Tätigkeiten als Gabelstaplerführer, Zeitungsverteiler, Sicherheitsfachmann, Verkaufsfahrer, Kraftfahrzeugführer, Containerfahrer, Waldarbeiter und Hausmeister wahr. Am 19.08.2007 absolvierte er nach vorheriger Fortbildung beim Berufsförderungswerk (Bfw) B.... in der Zeit vom 01.03.2007 bis 31.08.2007 erfolgreich die Prüfung zum anerkannten Abschluss einer CNC-Fachkraft bei der Handwerkskammer (HWK) X..... Die Kenntnisse frischte er in der Zeit vom 31.08.2009 bis 30.04.2010 im Rahmen einer weiteren Bildungsmaßnahme beim Bfw B.... auf. Seit dem 01.05.2010 war er als CNC-Bediener und Programmierer bei der W.... Gesellschaft für Kunststoffbe- und -verarbeitung mbH in V.... tätig. In der Zeit vom 22.10.2012 bis 26.10.2012 nahm er an einer Schulung "CNC-Programmierung für 5-Achsen-Fräsen in ISO-Code 66025 auf einer BWO-Steuerung" teil. Zuletzt war er mit der Programmierung und Bedienung von 5-Achs-Fräszentren befasst. Ab dem 04.11.2013 erkrankte der Kläger arbeitsunfähig. Das am 01.05.2010 begründete Beschäftigungsverhältnis mit seiner Arbeitgeberin löste er durch Aufhebungsvertrag vom 11.11.2014 zum 28.02.2015, weil er auf unabsehbare Zeit arbeitsunfähig erkrankt sei und ihm ein leidensgerechter Arbeitsplatz nicht zur Verfügung gestellt werden könne. Letzter abgerechneter Entgeltabrechnungszeitraum war die Zeit vom 01.12.2013 bis 15.12.2013. Der Kläger erhielt dabei Lohnfortzahlung wegen Krankheit. Im Zeitraum vom 16.12.2013 bis 16.04.2014 sowie vom 16.05.2014 bis 04.05.2015 bezog der Kläger von seiner Krankenversicherung Krankengeld. Ab dem 05.05.2015 bis zum 15.02.2016 und vom 27.04.2016 bis 14.10.2016 bezog er Arbeitslosengeld und aufstockend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), das er auch darüber hinaus in Anspruch nahm.

 

Am 23.07.2014 beantragte der Kläger unter anderem Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (LTA). Mit Bescheid vom 18.01.2017 bewilligte die Beklagte ihm die Teilnahme an einem Reha-Vorbereitungslehrgang als LTA für die Zeit vom 04.04.2017 bis 03.07.2017. Mit Bescheid vom 23.06.2017 bewilligte sie dem Kläger außerdem in der Zeit vom 04.07.2017 bis 03.07.2019 eine Weiterbildungsmaßnahme zum Verwaltungsfachangestellten – Kommunalverwaltung. Auf Wunsch des Klägers wurde die Maßnahme mit Bescheid der Beklagten vom 05.01.2018 beendet. Den damit verbundenen Leistungsbescheid widerrief die Beklagte mit Bescheid vom selben Tag mit Wirkung vom 06.01.2018.

 

Dem Kläger wurde für die Zeiten der Teilnahme an den Maßnahmen Übergangsgeld i.H.v. zunächst kalendertäglich 27,91 EUR gewährt. Im Ergebnis eines gerichtlichen Verfahrens vor dem Sozialgericht Dresden gewährte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 24.08.2017 für die Dauer der Maßnahmen nunmehr Übergangsgeld i.H.v. kalendertäglich 35,71 EUR. Dem Kläger wurde deshalb am 29.08.2017 eine Nachzahlung i.H.v. 1.146,60 EUR auf seinem Konto gutgeschrieben. Im Einzelnen handelte es sich um folgende Gutschriften:

 

  • 702,00 EUR – Überweisungsgutschrift am 29.08.2017 ("UG 04.04.-03.07.17")
  • 444,60 EUR – Überweisungsgutschrift am 29.08.2017 ("UG 04.07.-31.08.17")

 

Mit Bescheid vom 10.01.2018 bewilligte die Beklagte dem Kläger eine weitere berufliche Integrationsmaßnahme bei der Fortbildungsakademie der Wirtschaft (FAW) gGmbH in B.... als LTA, die voraussichtlich vom 13.02.2018 bis zum 12.02.2019 dauern sollte. Die Maßnahme begann am 13.02.2018. Die Bewilligung widerrief der Beklagte mit bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 16.08.2018, der dem Kläger am 21.08.2018 zugestellt wurde, für die Zeit ab dem Folgetag der Zustellung wegen krankheitsbedingter Fehlzeiten.

 

Mit Schreiben vom 16.01.2018 meldete der mit Beschluss vom 24.07.2024 beigeladene Landkreis Bautzen als Träger der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für voraussichtlich von ihm zu erbringende Leistungen Erstattungsansprüche an. Mit Schreiben vom 16.04.2018 beantwortete der Beklagte das Schreiben des Beigeladenen vom 16.01.2018 dahingehend, dass der Kläger Übergangsgeld beziehe. Der Beigeladene wurde um Prüfung und Mitteilung des Erstattungsanspruches gebeten.

 

Mit Schreiben vom 27.04.2018 teilte der Beigeladene mit, dass er für die Zeit vom 13.02.2018 bis 28.02.2018 einen Erstattungsanspruch i.H.v 695,32 EUR geltend mache. Den aus seiner Sicht zur Erstattung stehenden Anspruch des Klägers auf Übergangsgeld bezifferte der Beigeladene auf 695,32 EUR, wobei davon 61,88 EUR auf SV-Beiträge und 633,44 EUR (16 x 39,59 EUR) auf die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation entfielen. Für die Zeit vom 01.03.2018 bis 31.05.2018 bezifferte der Beigeladene seinen Erstattungsanspruch auf monatlich 1.303,73 EUR, sodass sich ein Gesamterstattungsbetrag i.H.v. 4.606,51 EUR für den Zeitraum vom 13.02.2018 bis 31.05.2018 ergab. Seit Februar 2018 habe der Beigeladene nachrangige Leistungen nach dem SGB II für den Kläger erbracht.

 

Mit Bescheid vom 04.05.2018 bewilligte die Beklagte dem Kläger für die Dauer der mit Bescheid vom 10.01.2018 bewilligten Maßnahme Übergangsgeld ab dem 13.02.2018 kalendertäglich i.H.v. 39,59 EUR. Weiter verfügte sie, dass ein Erstattungsanspruch des Beigeladenen für die Zeit vom 13.02.2018 bis 30.04.2018 i.H.v. 3.088,02 EUR berücksichtigt werde. Das Übergangsgeld für die weitere Dauer der Leistung werde monatlich überwiesen. Die Ermittlung des Übergangsgeldbetrags ergebe sich aus dem beigefügten Berechnungsbogen, der Bestandteil des Bescheides sei. Im Berechnungsbogen für das Übergangsgeld (Anlage 1) legte die Beklagte die Berechnungsgrundlagen näher dar. Am Ende des Bescheides führte sie unter "Ergänzung zum Übergangsgeldbescheid vom 04.05.2018“ aus: „Das Jobcenter zahlte bis 31.05.2018 Leistungen an Sie. Die Abrechnung für Mai 2018 erfolgt am 31.05.2018. Das Übergangsgeld ab 01.06.2018 wird monatlich spätestens zum jeweiligen Monatsende ausgezahlt."

 

Mit Schreiben vom 04.05.2018 teilte die Beklagte dem Beigeladenen mit, dass sie den Erstattungsanspruch berücksichtigt habe und für den Zeitraum vom 13.02.2018 bis 30.04.2018 einen Erstattungsbetrag i.H.v. 4.007,64 EUR überweisen werde. Hierin waren 3.088,02 EUR Erstattungsanspruch für Grundsicherungsleistungen sowie 790,14 EUR für Beiträge zur Krankenversicherung und 129,48 EUR zur Pflegeversicherung. Ergänzend wies die Beklagte darauf hin, dass die Abrechnung für Mai aus technischen Gründen erst am 31.05.2018 erfolgen könne und das Übergangsgeld ab 01.06.2018 zum Ende des jeweiligen Monats an den Kläger ausgezahlt werde.

 

Am 09.05.2018 überwies die Beklagte dem Beigeladenen unter Einbeziehung von Sozialversicherungsbeiträgen ankündigungsgemäß insgesamt 4.007,64 EUR. Als Verwendungszeck war angegeben „UG 13.02-30.04.18 +3088.02 09051163N006 A.... UG 13.02-30.04.18 + 790,14UG 13.02-30.04.18 + 129,48“.

 

Gegen den Bescheid des Beklagten vom 04.05.2018 legte der Kläger mit Schreiben vom 09.05.2018 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, dass bislang keine Zahlung erfolgt und für diesen Zahlungsverzug kein Grund erkennbar sei. Auch die Zahlung des Beigeladenen sei mit dem offenen Übergangsgeld nicht identisch. Zudem müssten Verrechnung und Auszahlung des Übergangsgeldes durch die Beklagte und die Zahlungen durch den Beigeladenen so gestaltet sein, dass die Bedarfsgemeinschaft für jeden Monat Geld zum Leben habe. Durch die Verrechnung am Monatsende Mai 2018 reduziere sich die Leistungszahlung durch den Beigeladenen auf 194,18 EUR. Dies sei zusammen mit der ersten geplanten Zahlung von Übergangsgeld durch die Beklagte für 30 Tage zum Monatsende Juni 2018 nicht ausreichend, um notwendige Ausgaben zum Leben zu bestreiten. Der Kläger fordere die Beklagte auf, dafür Sorge zu tragen, dass die Existenz gesichert sei.

 

Am 23.05.2018 überwies die Beklagte ihm Übergangsgeld i.H.v. 1.187,70 EUR mit der Leistungsbestimmung „01.05.2018 bis 31.05.2018“ auf sein Konto.

 

Mit Schreiben vom 07.06.2018 teilte der Beigeladene der Beklagten mit, der Kläger habe ihm gegenüber geäußert, dass die Auszahlung für Mai an ihn erfolgt sei. Die Beklagte wurde gebeten mitzuteilen, wie sie mit dem Erstattungsanspruch für Mai 2018 verfahren wolle.

 

Mit Abrechnungsschreiben vom 03.07.2018 teilte die Beklagte dem Jobcenter des Beigeladenen mit, dass sie den Erstattungsanspruch berücksichtigt habe und den aus dem Übergangsgeld einbehaltenen Betrag für die Zeit vom 01.06.2018 bis 30.06.2018 i.H.v. 1.541,40 EUR überweisen werde, wobei darin wiederum 303,90 EUR Krankenversicherungsbeiträge und 49,80 EUR Pflegeversicherungsbeiträge beinhaltet seien. Handschriftlich geändert wurden die Daten des Erstattungsanspruches von „01.06.2018 bis 30.06.2018“ auf „01.05.2018 bis 31.05.2018“.

 

Am 06.07.2018 überwies die Beklagte dem Beigeladenen den Betrag, der neben dem Übergangsgeld i.H.v. 1.187,70 EUR auch Sozialversicherungsbeiträge enthielt. Als Verwendungszweck war angegeben „UG 01.06-30.06.18 +1187.70 09051163N006 A.... UG 01.06-30.06.18 + 303,90UG 01.06-30.06.18 + 49,80“.

 

Die Beklagte erließ am 03.07.2018 gegenüber dem Kläger einen weiteren Bescheid, in welchem sie erneut ausführte, dass dieser für die Dauer der mit Bescheid vom 10.01.2018 bewilligten Leistung ein Anspruch auf Übergangsgeld habe, er ab 13.02.2018 kalendertäglich 39,59 EUR erhalte und er die Ermittlung des Übergangsgeldbetrages dem beigefügten Berechnungsbogen, der Bestandteil des Bescheides sei, entnehmen solle. Unter der Überschrift "Auszahlung des Übergangsgeldes und Zahlungshinweise" war unter anderem ausgeführt, dass die bereits geleisteten Zahlungen i.H.v. insgesamt 4.275,72 EUR aufgerechnet werden würden, das Übergangsgeld wegen eventueller Erstattungsansprüche weiterer Stellen (zum Beispiel Krankenkasse, Agentur für Arbeit, Träger der Sozialhilfe) für die Zeit vom 13.02.2018 bis 12.02.2019 vorsorglich einbehalten werde und die Abrechnung nach Eingang der konkreten Forderungen erfolge.

 

Mit Schreiben vom 24.07.2018 legte der Kläger gegen den Bescheid vom 03.07.2018 Widerspruch ein, den die Beklagte nach zwischenzeitlich erhobener und später zurückgenommener Untätigkeitsklage (S 24 R 105/19) mit Widerspruchsbescheid vom 20.08.2019 zurückwies. Die daraufhin am 13.09.2019 zum Sozialgericht Dresden erhobene Klage (S 24 R 1046/19) wies das Sozialgericht nach vorheriger Anhörung der Beteiligten am 19.05.2022 als unzulässig ab. Der angegriffene Bescheid vom 03.07.2018 stelle lediglich eine wiederholende Verfügung des Bescheides vom 04.05.2018 dar. Hinsichtlich der Anfechtung der Aussage, dass die bereits geleisteten Zahlungen i.H.v. insgesamt 4.275,72 EUR aufgerechnet würden, fehle dem Kläger das Rechtsschutzbedürfnis, da die Beklagte tatsächlich keine Aufrechnung vorgenommen habe, sondern lediglich darauf habe hinweisen wollen, dass der Zahlungsanspruch i.H.v. 4.275,72 EUR bereits erfüllt sei. In Bezug auf die erklärte Einbehaltung liege keine Beschwer vor, da die Forderung durch Zahlung an den Beigeladenen als Träger der Grundsicherung als erfüllt gelte. Soweit der Kläger die Zahlung höheren Übergangsgeldes verlange, sei der Anspruch durch die hier streitige Klage rechtshängig. Die vom Kläger zum Sächsischen Landessozialgericht (SächsLSG) erhobene Berufung (L 4 R 278/22) hat dieser im Termin zur mündlichen Verhandlung am 07.11.2024 auf Hinweis des Senats zurückgenommen.

 

Die Beklagte überwies dem Kläger im Juli und August 2018 Übergangsgeld in folgendem Umfang:

 

  • 1.187,70 EUR – Überweisungsgutschrift am 25.07.2018 (Leistungsbestimmung: 01.07.2018 bis 31.07.2018)
  • 831,39 EUR – Überweisungsgutschrift am 28.08.2018 (Leistungsbestimmung: 01.08.2018 bis 21.08.2018).

 

Den Widerspruch gegen den Bescheid vom 04.05.2018 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29.08.2018 zurück, da dem Begehren des Klägers, die Auszahlung des Übergangsgeldes für Mai 2018 bereits ab Monatsbeginn zu bewirken, nicht entsprochen werden könne.

 

Der Beigeladene bewilligte dem Kläger, seiner Lebensgefährtin (geboren am 28.04.1970) und dem gemeinsamen Sohn (geboren am 29.06.2002) als Bedarfsgemeinschaft mit Bescheid vom 10.08.2017 in der Fassung der Änderungs- und Erstattungsbescheide vom 22.09.2017 sowie 20.11.2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28.11.2017 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Zeit vom 01.09.2017 bis 31.08.2018. Dagegen erhob der Kläger beim Sozialgericht Dresden unter dem Aktenzeichen S 28 AS 304/18 Klage. Während des Verfahrens erging eine Vielzahl weiterer Änderungsbescheide des Beigeladenen.

 

Aufgrund Änderungsbescheids vom 16.01.2018 bewilligte der Beigeladene dem Kläger und seiner Bedarfsgemeinschaft folgende Leistungen und zahlt diese aus:

 

  • für Februar 2018:       1.288,48 EUR – Überweisungsgutschrift am 30.01.2018
  • für März 2018:            1.351,88 EUR – Überweisungsgutschrift am 27.02.2018
  • für April 2018:             1.351,88 EUR – Überweisungsgutschrift am 28.03.2018
  • für Mai 2018:              1.351,88 EUR – Überweisungsgutschrift am 27.04.2018

 

Zuletzt mit Bescheid vom 26.04.2019 bewilligte der Beigeladene der Bedarfsgemeinschaft nachfolgende Leistungen („Soll“), woraus sich gegenüber den, im Laufe des Verfahrens ausgezahlten Leistungen für die Zeit von 01/2018 bis 08/2018 ein Erstattungsbetrag von 1.010,09 EUR (Differenzbetrag) ergab.

 

Bild entfernt.

 

Im Mai 2018 ergab sich gegenüber der Bewilligung vom 16.01.2018 eine Überzahlung unter anderem dadurch, dass der Beigeladene die Zahlung der Beklagten auf das Konto des Klägers im Mai 2018 als Einkommen anrechnete.

 

In der mündlichen Verhandlung vom 08.07.2021 vor dem Sozialgericht Dresden schlossen der Kläger und der Beigeladene im Verfahren S 28 AS 304/18 einen Vergleich. Danach waren sich beide Beteiligte einig, dass der Kläger und die zu seiner Bedarfsgemeinschaft gehörenden Mitglieder keine weiteren Leistungsansprüche für den Zeitraum 01.09.2017 bis 31.08.2018 geltend machen können und der Beigeladene demgegenüber auf eine Erstattungsforderung i.H.v. 1.154,86 EUR für den vorgenannten Zeitraum verzichtet.

 

Unter Berücksichtigung des Vergleichsschlusses ergaben sich für die Bedarfsgemeinschaft im September 2017 sowie im Zeitraum vom 01.02.2018 bis 30.06.2018 zuletzt Leistungsansprüche nach dem SGB II aufgrund Bescheids vom 10.08.2017 für 09/2017 i.H.v. 418,73 EUR, Änderungsbescheids vom 02.03.2018 für 02/2018 i.H.v. 1.343,63 EUR, Änderungsbescheids vom 16.01.2018 für 03/2018 bis 05/2018 i.H.v. monatlich 1.351,88 EUR und aufgrund Änderungsbescheids vom 30.04.2018 i.V.m. einem Teilanerkenntnis im einstweiligen Rechtschutzverfahren vor dem Sozialgericht Dresden (S 28 AS 1534/18 ER) für 06/2018 i.H.v. 1.207,11 EUR.

 

Auch nach den von den Vergleichsparteien zugrunde gelegten Festsetzungen rechnete der Beigeladene im Monat Februar 2018 beim Kläger Einkommen aus einmaliger Einnahme aufgrund der im August 2017 zugeflossenen Nachzahlung von Übergangsgeld an. Im übrigen Zeitraum, insbesondere im Zeitraum von März bis Mai 2018 erzielte der Kläger neben dem bewilligten Übergangsgeld kein Einkommen. Für eine auf den Kläger laufende Kfz-Haftpflichtversicherung für den einen von zwei Pkw, amtliches Kennzeichen …. hatte der Kläger im Jahr 2018 monatliche Beiträge im Umfang von 27,80 EUR zu zahlen. Im Juni 2018 rechnete der Beigeladene weder im Bescheid vom 26.04.2019 noch im Rahmen des Vergleichs beim Kläger Einkommen an.

 

Am 04.09.2018 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Dresden erhoben, da bislang keine ordnungsgemäße Überweisung des Übergangsgeldes für die am 13.02.2018 begonnene Integrationsmaßnahme durch die Beklagte erfolgt sei. Nach dem Bescheid bestehe seit Maßnahmenbeginn ein Anspruch auf Übergangsgeld. Tatsache sei, dass der Beigeladene über viele Monate Grundsicherungsleistungen für die Bedarfsgemeinschaft gezahlt habe. Der Unterschied zwischen der offenen Leistung Übergangsgeld und den gewährten Grundsicherungsleistungen bestehe im Zahltag, der seine Finanzen durcheinanderwirbele. Ferner würden Monatspauschalen nicht bzw. unzureichend berücksichtigt. Verspätete oder fehlende Zahlungseingänge würden bei ihm zu großem finanziellen Druck führen. Reale Differenzen zu den Hartz IV-Zahlungen seien auszugleichen und der finanzielle Schaden durch die zu geringe Leistungszahlung seit 13.02.2018 müsse von der Beklagten erstattet und offene Leistungen aus der monatlichen Differenzverrechnung nachgezahlt werden. Die Übergangsgeldzahlung sei entsprechend der Bescheidlage anzupassen und fehlendes Übergangsgeld mit Beginn der Maßnahme am 13.02.2018 auszuzahlen. Die Zahlungen der Beklagten seien mit dem Bescheid über die Übergangsgeldgewährung und den Überweisungen des Beigeladenen nicht deckungsgleich und nicht erklärbar. Es fehlten 1.193,84 EUR Übergangsgeld, die von der Beklagten noch zu erstatten seien.

 

Des Weiteren hat der Kläger im erstinstanzlichen Verfahren geltend gemacht, es müsse eine Neubewertung der Qualifikationsgruppe nach § 68 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) erfolgen. Die durch die Beklagte ermittelte Qualifikationsgruppe 3 sei nicht anwendbar. Aufgrund seiner langjährigen Berufsausübung und Fachanwendung als "Metallurge für Hüttentechnik" mit Spezialisierung "Galvaniseur" im "Bergbau- und Hüttenkombinat Z...." Y.... in der ehemaligen DDR und der langjährigen Ausübung seines Berufes "CNC-Fachkraft mit HWK-Abschluss" in der Firma "W...." in V.... mit nachgewiesener Spezialisierung CNC-Programmierer bis 5 Achsen durch die Firma "U...." sei bei der Berechnung des Übergangsgeldes die Qualifikationsgruppe 2 zugrunde zu legen. Der Kläger hat in diesem Zusammenhang auf die Anlage 13 zum Fünften Buch Sozialgesetzbuch verwiesen.

 

 

Die Beklagte hat vorgetragen, dass aus dem streitigen Übergangsgeldbescheid, wonach dem Kläger täglich 39,59 EUR zu zahlen seien, nachfolgende Ansprüche gefolgt seien:

 

13.02.2018 bis 28.02.2018                18 Tage                                                  712,62 EUR

01.03.2018 bis 31.07.2018                5x 30 Tage     5x        1.187,70 EUR (= 5.938,50 EUR)

01.08.2018 bis 21.08.2018                21 Tage                                                 831,39 EUR

                                                                                                                        7.482,51 EUR

 

Sie habe 4.275,72 EUR (für 13.02. - 30.04.2018 3.088,02 EUR sowie für 01.05.-31.05.2018 1.187,70 EUR) an den Beigeladenen gezahlt. Die übrigen Zahlungen seien unmittelbar an den Kläger erfolgt. Zu den Ausführungsmitteilungen, wonach sie am 09.05.2018 4.007,64 EUR und am 06.07.2018 1.541,40 EUR an den Beigeladenen gezahlt habe erläutert sie, nachdem der Kläger mitgeteilt habe, dass ihm die Zahlung des Übergangsgeldes erst am Monatsende nicht ausreiche, sei das Übergangsgeld (technisch gesehen) für Mai 2018 als Zahlung für den Monat Juni 2018 an den Kläger ausgezahlt worden. Das (rein technisch gesehen) Übergangsgeld für 06/2018 sei dann für die Erstattungsforderung des Beigeladenen für Mai 2018 verwendet worden. Insofern sei es zwar buchhalterisch richtig, dass der Kläger im Juni 2018 kein Übergangsgeld erhalten habe. Die Aussage berücksichtige aber nicht die mit Schreiben vom 09.05.2018 vom Kläger formulierte Bitte, Übergangsgeld für den Monat Juni 2018 zum Monatsanfang zur Verfügung zu stellen. Soweit der Kläger die Eingruppierung in die Qualifikationsgruppe 2 i.S.d. § 68 Abs. 2 SGB IX begehre, fehle es an einem Nachweis. Fortbildungslehrgänge und Qualifikationen, die nach einer Berufsausbildung absolviert werden, genügten für die Eingruppierung nicht. Notwendig sei ein Fachschulabschluss, der Nachweis über eine abgeschlossene Qualifikation als Meister oder der Abschluss in einer vergleichbaren Einrichtung.

 

Das Sozialgericht hat die Klage nach Anhörung der Beteiligten mit Gerichtsbescheid vom 29.12.2021 abgewiesen. Es hat die Auffassung der Beklagten bestätigt, dass der Kläger lediglich in die Qualifikationsgruppe 3 i.S.d. § 68 Abs. 2 SGB IX einzuordnen sei. Daher sei die erfolgte Bewilligung nicht zum Nachteil des Klägers rechtswidrig. Hinsichtlich der vom Kläger verfolgten Zahlungsklage hat das Sozialgericht ausgeführt:

 

„(..) 2.

Der Kläger hat aber keinen Anspruch auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Übergangsgeld, da die Beklagte den Rechtsanspruch auf Zahlung des Übergangsgeldes vollständig – sogar über den eigentlichen Anspruch des Klägers hinaus – erfüllt hat.

 

a.

Der Anspruch des Klägers auf Zahlung des Übergangsgeldes vom 13.02.2018 bis 31.05.2018 gilt durch die Zahlung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II an den Kläger, seine Lebensgefährtin und dem gemeinsamen Sohn als

Bedarfsgemeinschaft (Februar 2018: 1.288,48 € - Überweisungsgutschrift am 30.01.2018;

März 2018: 1.351,88 € - Überweisungsgutschrift am 27.02.2018; April 2018: 1.351,88 € -

Überweisungsgutschrift am 28.03.2018; Mai 2018: 1.351,88 € - Überweisungsgutschrift am

27.04.2018) als erfüllt.

 

Gemäß § 107 Absatz 1 SGB X gilt der Anspruch des Berechtigten, hier dem Kläger, gegen den zur Leistung verpflichteten Leistungsträger, hier die Beklagte, als erfüllt, soweit ein Erstattungsanspruch besteht. Da der Landkreis Bautzen – Jobcenter für die Zeit vom 13.02.2018 bis 31.05.2018 der Bedarfsgemeinschaft des Klägers Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende bewilligt und wie anhand der vom Kläger vorgelegten Kontoauszüge ersichtlich auch ausgezahlt hat, obwohl dieser vorrangig einen Anspruch auf Übergangsgeld gegen die Beklagte für diesen Zeitraum hatte und diese für diesen Zeitraum tatsächlich nicht gezahlt hat, hat der Landkreis Bautzen - Jobcenter gegen die Beklagte gemäß § 104 SGB X einen Erstattungsanspruch. Nach § 34c SGB II kommt es auf die individuelle Aufteilung unter den Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft des Klägers nicht an.

Unerheblich ist, dass die Leistung der Landkreis Bautzen – Jobcenter für Februar 2018 bereits im Januar 2018 an den Kläger ausgezahlt wurde, da es für den Erstattungsanspruch

des § 104 SGB X lediglich auf die Bestimmung der Leistung, die Absicherung des Lebensunterhalts für Februar 2018, ankommt. Der Zufluss bereits im Januar 2018 und damit außerhalb des für das Übergangsgeld geltenden "Bewilligungszeitraums" ist unschädlich.

 

b.

Der Anspruch des Klägers auf Übergangsgeld ab dem 01.06.2018 hat die Beklagte durch die zu hohen Überweisungen am 23.05.2018 in Höhe von 1.187,70 €, am 25.07.2018 in Höhe von 1.187,70 € und am 28.08.2018 in Höhe von 831,39 € erfüllt.

 

Unerheblich ist, dass dem Kläger im Monat Juni 2018 kein Übergangsgeld durch die Beklagte überwiesen wurde. Denn für den Monat Juni 2018 wurde dem Kläger Übergangsgeld bereits, seinem Wunsch entsprechend, am 23.05.2018 von der Beklagten überwiesen. Dass sich aus dem Bewilligungsbescheid vom 04.05.2018 und aus der Überweisungsreferenz der Gutschrift am 23.05.2018 ("UG 01.05-31-05.2018" - Bl. 13 der GA) die Zuordnung nicht deutlich ergibt, führt nicht dazu, dass dem Kläger für den Monat Mai 2018 doppelte Leistungen und damit insgesamt mehr, als ihm zusteht, zu zahlen wäre. Ein Zahlungsanspruch auf Übergangsgeld für die Durchführung der Maßnahme besteht demnach nicht. (..)“

 

Gegen den dem Kläger am 31.12.2021 zugestellten Gerichtsbescheid richtet sich seine Berufung vom 03.01.2022, mit der er zunächst inhaltlich an seinen erstinstanzlichen Ausführungen festgehalten hat.

 

Mit Urteil vom 27.08.2024 hat der Senat zum Aktenzeichen L 4 R 9/22 die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbeschied des Sozialgerichts Dresden – S 24 R 986/19 vom 30.12.2021 rechtskräftig zurückgewiesen. Im Verfahren hatte der Kläger gegenüber der Beklagten höhere Übergangsgeldansprüche für eine mit Bescheid vom 08.01.2019 bewilligte LTA geltend gemacht. Der Senat hat entschieden, dass die Beklagte den Kläger rechtmäßig in die Qualifikationsgruppe 3 und nicht in die Qualifikationsgruppe 2 eingeordnet hat.

 

Mit Blick darauf hat der Kläger seine Einwände gegen die Höhe des mit Bescheid vom 04.05.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.08.2018 bewilligten Übergangsgeldes fallengelassen. Auf die in diesem Verfahren ergangenen richterlichen Hinweise hat der Kläger zudem seine Auszahlungsansprüche auf die Monate März 2018 und April 2018 sowie Juni 2018 beschränkt. In den Monaten stünden dem Kläger Auszahlungsansprüche auf Übergangsgeld noch zu, da diese nicht durch bestehende Erstattungsansprüche des Beigeladenen untergegangen seien. Im Übrigen hat er in der mündlichen Verhandlung vom 07.11.2024 seine Berufung zurückgenommen.

 

Der Kläger beantragt,

 

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 29.12.2021 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, für den Zeitraum vom 01.03.2018 bis 30.04.2018 Übergangsgeld i.H.v. insgesamt 115,60 EUR sowie für den Zeitraum vom 01.06.2018 bis 30.06.2018 i.H.v. 1.187,70 EUR an den Kläger zu zahlen.

 

Die Beklagte beantragt,

 

die Berufung zurückzuweisen.

 

Sie verteidigt im Umfang der verbliebenen Rechtshängigkeit die erstinstanzliche Entscheidung.

 

Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

 

Er führt insbesondere aus, da dem Kläger Übergangsgeld für den Monat Mai 2018 auch in diesem Monat tatsächlich ausgezahlt worden sei, habe der Beigeladene dieses als Einkommen im Mai 2018 anrechnen müssen. Mangels tatsächlicher Auszahlung des Übergangsgeldes im Monat Juni 2016 habe der Beigeladene im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes S 28 AS 1534/18 ER mit Schriftsatz vom 27.06.2018 erklärt, dass dem Kläger und den Mitgliedern seiner Bedarfsgemeinschaft für den Monat Juni 2018 vorläufig Leistungen nach dem SGB II ohne die Anrechnung von Übergangsgeld gewährt werden würden. Die Auszahlung des entsprechenden Differenzbetrages sei am 02.07.2018 erfolgt. Der durch die Beklagte erstattete und mit Schreiben vom 03.07.2018 abgerechnete Betrag sei entsprechend im Monat Juni 2018 verbucht worden. Mit Bescheid vom 26.04.2019 sei auch die Bewilligungslage entsprechend dieser Verhältnisse angepasst worden.

 

Mit Beschluss vom 07.05.2024 hat der Senat den Rechtsstreit nach vorheriger Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) dem Berichterstatter übertragen.

 

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge und des Verfahrens L 4 R 278/22, der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten sowie des Protokolls der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

 

 

Entscheidungsgründe

 

 

Der Senat entscheidet nach entsprechender Übertragung gemäß § 153 Abs. 5 SGG über die Berufung des Klägers gegen den streitigen Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden durch den Berichterstatter zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern. Die Beteiligten wurden vor der Übertragung angehört. Einer Zustimmung des Klägers dazu bedurfte es nicht.

 

Das Gericht konnte ohne Anwesenheit eines Vertreters bzw. einer Vertreterin der Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung verhandeln und entscheiden. Gemäß § 126 SGG kann das Gericht, sofern in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist, nach Lage der Akten entscheiden, wenn in einem Termin keiner der Beteiligten erscheint oder beim Ausbleiben von Beteiligten die erschienenen Beteiligten es beantragen. Alternativ kann das Gericht – wie hier geschehen – eine einseitige mündliche Verhandlung durchführen und aufgrund dieser ein Urteil gemäß § 132 SGG verkünden (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt, SGG, 14. Aufl. 2023, § 126 Rn. 4). Die Beklagte wurde im Rahmen der ihr mit elektronischem Empfangsbekenntnis (eEB) übermittelten Ladung vom 27.05.2024 zum Termin am 27.08.2024 darauf hingewiesen, dass bei ihrer Abwesenheit auch verhandelt und entschieden werden kann. Mit gerichtlicher Verfügung vom 21.08.2024, die der Beklagten gegen eEB am selben Tag zugestellt worden ist, erfolgte die Umladung zum Termin am 07.11.2024. Zugleich wurde auf den Inhalt der ersten Terminsmitteilung verwiesen. Zum Verhandlungstermin ebenso wie zum weiteren Termin zur mündlichen Verhandlung an diesem Tag im Verfahren L 4 R 256/22 ist die Beklagte unentschuldigt nicht erschienen.

 

Die zulässige, insbesondere ohne Zulassung statthaft und form- sowie fristgerecht erhobene (§§ 143, 144 Abs. 1 Nr. 1, 151 Abs. 1 SGG) Berufung des Klägers ist im Umfang des zuletzt gestellten Antrages begründet.

 

Nachdem der Kläger seine Berufung in der mündlichen Verhandlung teilweise zurückgenommen hat, sich damit nicht mehr gegen die mit Bescheid vom 04.05.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.08.2018 bestimmte Höhe der Bewilligung von Übergangsgeld durch die Beklagte im Zeitraum der mit Bescheid vom 10.01.2018 bewilligten LTA-Maßnahme wendet und sein Zahlungsbegehren auf die Zeiträume vom 01.03.2018 bis 30.04.2018 sowie 01.06.2018 bis 30.06.2018 beschränkt hat, verfolgt er seinen Anspruch statthaft mit der Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG). Denn er verlangt die Auszahlung von bereits bewilligtem Übergangsgeld.

 

Dies zugrunde gelegt ist die Berufung des Klägers begründet. Das Sozialgericht hat die Klage im Umfang des letzten Begehrens mit Gerichtsbescheid vom 29.12.2021 zu Unrecht abgewiesen. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten einen bisher nicht erfüllten Zahlungsanspruch auf Übergangsgeld für den Zeitraum vom 01.03.2018 bis 30.04.2018 i.H.v. monatlich jeweils 57,80 EUR, zusammen also 115,60 EUR, sowie für den Zeitraum vom 01.06.2018 bis 30.06.2018 i.H.v. 1.187,70 EUR.

 

Nach insoweit erklärter Rücknahme der Berufung steht aufgrund bestandskräftig gewordenem Bescheid vom 04.05.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.08.2018 zwischen dem Kläger und der Beklagten bindend fest, dass Ersterem für den Zeitraum der bewilligten LTA vom 13.02.2018 bis 21.08.2018 ein kalendertäglicher Übergangsgeldanspruch von 39,59 EUR zugestanden hat, wobei gemäß § 21 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) i.V.m. § 65 Abs. 7 SGB IX in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz – BTHG) vom 23.12.2016 in der ab dem 01.01.2018 geltenden Fassung 30 Tage anzusetzen sind, wenn die Leistung für einen ganzen Monat gezahlt wird. Hieraus ergaben sich folgende Ansprüche des Klägers gegenüber der Beklagten:

 

13.02.2018 bis 28.02.2018                16 Tage                                                  633,44 EUR

01.03.2018 bis 31.07.2018                5x 30 Tage     5x        1.187,70 EUR (= 5.938,50 EUR)

01.08.2018 bis 21.08.2018                21 Tage                                                 831,39 EUR

                                                                                                                        7.402,83 EUR

 

Unstreitig ist, dass die Beklagte dem Kläger am 23.05.2018 Übergangsgeld i.H.v. 1.187,70 EUR mit der Leistungsbestimmung „01.05.2018 bis 31.05.2018“ überwiesen hat. Ferner hat sie am 25.07.2018 1.187,70 EUR mit der Leistungsbestimmung „01.07.2018 bis 31.07.2018“ und am 28.08.2018 831,39 EUR für die Zeit vom 01.08.2018 bis 21.08.2018 überwiesen. Die bewilligten Leistungen für Februar 2018 bis April 2018 wurden nicht an den Kläger gezahlt. Auch ist im Juni 2018 auf dem Konto des Klägers kein Übergangsgeld gutgeschrieben worden.

 

Entgegen der Auffassung der Beklagten und des Sozialgerichts sind die nicht an ihn bewirkten Auszahlungsansprüche des Klägers gegenüber der Beklagten nicht in vollem Umfang durch einen bestehenden Erstattungsanspruch des Beigeladenen gegenüber der Beklagten erfüllt. Die Beklagte hat zu Unrecht 1.187,70 EUR für Juni 2018 an den Beigeladenen als Erstattungsforderung gezahlt. Es besteht für den Monat kein Erstattungsanspruch des Beigeladenen gegenüber der Beklagten, da ein solcher nicht geltend gemacht wurde. Zudem besteht in den Monaten März 2018 und April 2018 ein Anspruch des Klägers auf Auszahlung von jeweils 57,80 EUR fort.

 

Die Beklagte hat ohne Erfüllungswirkung 1.187,70 EUR an den Beigeladenen gezahlt. Vielmehr besteht der Anspruch des Klägers auf Übergangsgeld für Juni 2018 fort.

 

Wird einer leistungsberechtigten Person für denselben Zeitraum, für den ein Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende Leistungen nach dem SGB II erbracht hat, eine andere Sozialleistung bewilligt, so steht dem Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende unter den Voraussetzungen des § 104 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) gemäß § 40a Satz 1 SGB II ein Erstattungsanspruch gegen den anderen Sozialleistungsträger zu. Die §§ 106 bis 114 SGB X gelten nach Satz 3 der Vorschrift entsprechend.

 

§ 40a Satz 1 SGB II enthält – anders als Satz 2 der Vorschrift – lediglich eine klarstellende Rechtsgrundverweisung auf § 104 SGB X und regelt keinen eigenständigen Erstattungsanspruch (vgl. BSG, Urteil vom 29.11.2022 – B 11 AL 12/21 R – juris Rn. 19 m.w.N.). Soweit ein Erstattungsanspruch nach § 104 SGB X besteht, gilt der Anspruch des Berechtigten gegen den zur Leistung verpflichteten Leistungsträger damit als erfüllt (§ 40a Satz 3 SGB II i.V.m. § 107 Abs. 1 SGB X).

 

Diese Wirkung ist für Juni 2018 jedoch nicht eingetreten.

 

Hat ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen von § 103 Abs. 1 SGB X vorliegen, ist der Leistungsträger erstattungspflichtig, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte, soweit der Leistungsträger nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. Nachrangig verpflichtet ist ein Leistungsträger, soweit dieser bei rechtzeitiger Erfüllung der Leistungsverpflichtung eines anderen Leistungsträgers selbst nicht zur Leistung verpflichtet gewesen wäre (§ 104 Abs. 1 Sätze 1, 2 SGB X).

 

Auch wenn der Erstattungsanspruch im Grundsatz kraft Gesetzes entsteht, folgt schon aus der Vorschrift des § 40a Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 111 SGB X, wonach der Anspruch auf Erstattung ausgeschlossen ist, wenn der Erstattungsberechtigte ihn nicht spätestens zwölf Monate nach Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht wurde, geltend macht, dass der Erstattungsberechtigte gegenüber dem Erstattungspflichtigen ein Erstattungsbegehren äußern muss. Die Erklärung muss den unbedingten Willen erkennen lassen, den Anspruch zumindest rechtssichernd geltend machen zu wollen (vgl. Roller in Schütze, SGB X, 9. Aufl. 2020, § 111 Rn. 13 m.w.N.). Eine solche Erklärung hat der Beigeladene im laufenden Jahr 2018 gegenüber der Beklagten fristwahrend abgegeben.

 

Dies allein genügt aber für das Entstehen eines die Erfüllung bewirkenden Erstattungsanspruches nicht. Vielmehr muss der Erstattungsberechtigte ein Erstattungsverlangen gegenüber dem Erstattungspflichtigen äußern, aufgrund dessen für diesen und den Leistungsbezieher der Umfang des geltend gemachten Erstattungsanspruches hinreichend eingrenzbar deutlich wird. Mit Blick auf den allgemeinen erstattungsrechtlichen Grundsatz der notwendigen Zeitidentität der Leistungen, von dem § 40a Satz 1 SGB II keine Abweichung macht (vgl. BSG, Urteil vom 29.11.2022 – B 11 AL 12/21 R – juris Rn. 19 m.w.N.), setzt die wirksame Entstehung des Erstattungsanspruchs schon aus Gründen der Rechtssicherheit die Individualisierung und Konkretisierung des Sozialleistungsverhältnisses in der Weise voraus, dass die Zeiträume durch den Beigeladenen benannt werden, für die Leistungen der Grundsicherung erbracht worden sind und für die er die Erstattung geltend macht. Denn nur unter diesen Voraussetzungen kann der Erstattungspflichtige seine Erstattungspflicht bestimmen, diese ggf. erfüllen und damit die Erfüllung des gegen ihn bestehenden Anspruches des Leistungsberechtigten bewirken.

 

Das von der Beklagten bewilligte Übergangsgeld stellt zwar Einkommen des Klägers i.S.d. § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II, welches bei Zufluss zur Reduzierung des Anspruches aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft auf Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II führt (vgl. zur Berücksichtigung als Einkommen bereits Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 07.05.2009 – B 14 AS 4/08 R – juris). Demgemäß hat der Beigeladene in der Zeit ab dem 13.02.2018 als nachrangig Verpflichteter i.S.d. § 104 Abs. 1 SGB X Leistungen erbracht (vgl. zur Anwendbarkeit des § 104 SGB X bei Vorleistung des Grundsicherungsträgers bereits BSG, Urteil vom 20.12.2011 – B 4 AS 203/10 R – juris Rn. 18), was die Rechtsgrundverweisung in § 40a Satz 1 SGB II, die Nachrang-Vorschrift des § 5 Abs. 1 SGB II (vgl. BSG, Urteil vom 06.11.2008 – B 1 KR 37/07 R – juris Rn. 16) sowie die Anrechnung des Übergangsgeldes als Einkommen nach § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II deutlich machen (vgl. BSG, Urteil vom 29.11.2022 – B 11 AL 12/21 R – juris Rn. 22).

 

Auch liegen die Voraussetzungen des § 104 Abs. 1 Satz 2 SGB X vor. Wäre es zu einer rechtzeitigen Auszahlung des Übergangsgeldes im Juni 2018 gekommen, hätte wegen dessen Berücksichtigung als Einkommen eine Verpflichtung des Beigeladenen zur Erbringung von Grundsicherungsleistungen nicht in der gewährten Höhe bestanden. Bei der Beurteilung kommt es nach der Rechtsprechung des BSG grundsätzlich nicht darauf an, dass die Auszahlung der üblichen Zahlungspraxis der Beklagten entspricht. Vielmehr muss diese aufgrund gesetzlicher Regelung geboten sein (vgl. BSG, Urteil vom 29.11.2022 – B 11 AL 12/21 R – juris Rn. 23). Da nach § 118 Abs. 1 Satz 1 SGB VI laufende Geldleistungen – mit Ausnahme des Übergangsgeldes – am Ende des Monats fällig werden, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind und sie am letzten Bankarbeitstag dieses Monats ausgezahlt werden, gilt diese Vorschrift für das Übergangsgeld ausdrücklich nicht, sodass es bei der Fälligkeitsregelung des § 41 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) verbleibt, wonach Ansprüche auf Sozialleistungen mit ihrem Entstehen fällig werden. Übergangsgeld wird gemäß § 21 Abs. 1 SGB VI in der ab dem 01.01.2018 geltenden Fassung i.V.m. § 65 Abs. 7 Satz 1 SGB IX in der vom dem 01.01.2018 bis 31.12.2023 geltenden Fassung für Kalendertage gezahlt und ist demnach kalendertäglich fällig (vgl. BSG, Urteil vom 07.05.2009 – B 14 AS 4/08 R – juris Rn. 18). Ihre Berücksichtigung im laufende Monat entspricht deshalb der Fälligkeitsvorschrift.

 

Das Sozialgericht hat zudem zutreffend ausgeführt, dass es nach § 34c SGB II, der durch das Neunte Gesetz zur Änderung des SGB II – Rechtsvereinfachung vom 26.07.2016 (BGBl. I S. 1824) mit Wirkung zum 01.08.2016 in das SGB II eingefügt worden ist, bei der Ermittlung des Umfanges des nachrangigen Leistungsanspruchs nicht auf die individuelle Aufteilung der Ansprüche unter den Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft des Klägers ankommt. Denn bestimmt sich das Recht des Trägers nach dem SGB II, Ersatz seiner Aufwendungen von einem anderen zu verlangen, gegen den die Leistungsberechtigten einen Anspruch haben, nach sonstigen gesetzlichen Vorschriften, die dem § 33 SGB II vorgehen, gelten danach als Aufwendungen auch solche Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, die an die mit der leistungsberechtigten Person in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen erbracht wurden. Wesentlicher Anwendungsbereich dieser Vorschrift ist dabei § 40a SGB II (vgl. Silbermann in Luik/Harich, SGB II, 6. Auf. 2023, § 34c Rn. 19). Zwischen den Beteiligten ist auch unstreitig, dass der Kläger, seine Lebensgefährtin und der gemeinsame Sohn im hier streitigen Zeitraum eine Bedarfsgemeinschaft gebildet haben.

 

Gleichwohl hat die Beklagte ohne erfüllende Wirkung für Juni 2018 an den Beigeladenen gezahlt. Denn der Beigeladene hat für Juni 2018 schon gar keinen Erstattungsanspruch wirksam geltend gemacht. Die zwischen der Beklagten und dem Beigeladenen gewechselten Erklärungen, insbesondere deren Schriftverkehr bestätigen allein die Geltendmachung eines Erstattungsanspruches für die Zeit vom 18.02.2018 bis 31.05.2018.

 

Die Beklagte hat hierzu geltend gemacht, sie habe die Zahlung vom 23.05.2018 an den Kläger mit der Bestimmung getätigt, dass es sich um Übergangsgeld für Juni 2018 handele, weil dieser im Widerspruchsverfahren beansprucht habe, das Übergangsgeld zu Monatsbeginn zu erhalten. Dem entsprechend habe sie gegenüber dem Beigeladenen den Erstattungsanspruch für Mai 2018 befriedigt. Dies überzeugt schon deshalb nicht, weil die Überweisung der Beklagten an den Kläger ausdrücklich als Zahlungsgrund „V: UG 01.05. - 31.05.18“ ausweist. Aus dem maßgeblichen Empfängerhorizont hat die Beklagte an den Kläger Übergangsgeld für Mai 2018 und zwar im Wesentlichen zum Fälligkeitszeitpunkt gezahlt. Davon abgesehen ist der Bedarfsgemeinschaft – unabhängig von der subjektiven Zielsetzung der Beklagten – im Mai 2018 gemäß § 11 SGB II anrechenbares Einkommen zugeflossen, das zur Reduzierung des Anspruchs auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes geführt hat. Diesem Umstand hat der Beigeladene zunächst auch Rechnung getragen, indem er zuletzt mit Änderungsbescheid vom 26.04.2019 den Leistungsanspruch für Mai 2018 unter Anrechnung des zugeflossenen Übergangsgeldes bestimmt hatte. Zwar hat er im Rahmen des gerichtlichen Vergleichs vom 08.07.2021 vor dem Sozialgericht Dresden im Verfahren S 28 AS 304/18 letztendlich auf seinen daraus abgeleiteten Erstattungsanspruch verzichtet. Es ist aber weder vorgetragen noch aus den Vorgängen sonst ersichtlich, dass diese Entscheidung auf dem Umstand beruht, dass sich der Beigeladene stattdessen auf die Erfüllungswirkung der Leistungen der Beklagten berufen wollte. Vielmehr hat der Beigeladene schon nach eigenem Vortrag intern eine Umbuchung auf die für Juni 2018 erbrachten Leistungen vorgenommen. Dieses Vorgehen entspricht auch der objektiven Zahlungsbestimmung der Beklagten. Denn diese hatte im Schreiben vom 03.07.2018 ausdrücklich ausgeführt, dass dem Beigeladenen aus dem Übergangsgeld einbehaltene Beträge „vom 01.06.2018 bis 30.06.2018“ überwiesen werden. In selber Weise hatte der Überweisungsvorgang der Beklagten an den Beigeladenen vom 06.07.2018 eine entsprechende, eindeutige Leistungsbestimmung. Soweit im Schreiben vom 03.07.2018 handschriftlich geändert worden ist, dass die Überweisung der Leistungen für Juni 2018 auf Erstattungsansprüche nicht für Juni 2018, sondern für Mai 2018 erfolgen solle, steht dieses Vorgehen schon im Widerspruch zu § 40a Satz 1 SGB II, wonach die Erstattung nur für denselben Zeitraum der Leistungserbringung nach dem SGB II erfolgen kann. Insoweit vermögen die handschriftlichen Änderungen keine relevante Änderung der objektiven Zielbestimmung bewirken.

 

Eine Erfüllungswirkung ist im Juni 2018 damit nicht eingetreten, weil das notwendige Erstattungsverlangen des Beigeladenen nicht vorlag, insoweit für diesen Monat kein wirksames Erstattungsverhältnis entstanden ist und objektiv schon gar keine Leistung auf eine geltend gemachte Erstattungsforderung des Beigeladenen erfolgte. Folglich kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte i.S.d. § 104 SGB X selbst geleistet hat, bevor sie von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. Infolge dessen ist, nachdem der diesbezügliche Erstattungsanspruch des Beigeladenen gegenüber der Beklagten gemäß § 40a Satz 3 SGB II i.V.m. § 113 Abs. 1 SGB X am 31.12.2022 verjährt ist, das Übergangsgeld für den Zeitraum vom 01.06.2018 bis 30.06.2018 i.H.v. 1.187,70 EUR an den Kläger auszuzahlen. Voraussetzungen für eine Hemmung, Ablaufhemmung bzw. Neubeginn der Verjährung i.S.d. § 113 Abs. 2 SGB X sind dem Senat nicht ersichtlich.

 

Entgegen der Auffassung des Beklagten und des Sozialgerichts besteht auch für die Monate März 2018 und April 2018 ein Anspruch des Klägers auf Übergangsgeld im Umfang von monatlich 57,80 EUR, da in beiden Monaten im Umfang der beim Kläger zu berücksichtigenden Versicherungspauschale gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II / Sozialgeld (ALGII-V) und der vom Kläger monatlich aufzuwendenden Kfz-Haftpflichtversicherungsprämie i.H.v. 27,80 EUR ein Erstattungsanspruch nicht entstanden ist. Die Beklagte hat für diese Monate damit zu Unrecht das gesamte bewilligte Übergangsgeld an den Beigeladenen zur Erstattung überwiesen.

 

Gemäß § 40a Satz 1 SGB II i.V.m. § 104 Abs. 1 Satz 3 SGB X besteht ein Erstattungsanspruch nicht, soweit der nachrangige Leistungsträger seine Leistungen auch bei Leistung des vorrangig verpflichteten Leistungsträgers hätte erbringen müssen. Die Vorschrift bezieht sich auf die Situation unabhängig voneinander bestehender Leistungspflichten, bei denen kein Fall des doppelten Bezugs von kongruenten Leistungen vorliegt (vgl. BSG, Urteil vom 29.11.2022 – B 11 AL 12/21 R – juris Rn. 24).

 

Die Leistungen der Beklagten, die im Rahmen der Leistungsgewährung des Beigeladenen den Freibeträgen unterliegen oder sonst nach dem SGB II nicht anrechenbar sind, führen nicht zum Wegfall dessen Leistungsverpflichtung, sodass der diesbezügliche Anteil des Übergangsgeldes unabhängig von den Grundsicherungsleistungen des Beigeladenen zu gewähren ist. Insoweit bliebe der Beigeladene trotz Leistung der Beklagten weiterhin zur Leistung verpflichtet, sodass aufgrund § 104 Abs. 1 Satz 3 SGB X die Erfüllungswirkung des § 107 Abs. 1 SGB X nicht eintreten kann. Damit bleibt die Beklagte als Leistungserbringerin des Übergangsgeldes zahlungsverpflichtet.

 

Gemäß § 11b Abs. 1 Nr. 3 SGB II sind vom Einkommen der Leistungsberechtigten nach dem SGB II Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen abzusetzen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind. Unabhängig von einem Nachweis (vgl. BSG, Urteil vom 18.06.2008 – B 14 AS 55/07 R – juris Rn. 34 und Urteil vom 13.05.2009 – B 4 AS 39/08 R – juris Rn. 22) ist dabei für Versicherungen, die nach Grund und Höhe angemessen sind, die Versicherungspauschale gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 ALGII-V (jetzt: Bürgergeld-V) i.H.v. 30,00 EUR abzuziehen. Der Kläger hat darüber hinaus gegenüber dem Beigeladenen für einen von zwei Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen BZ-SM 2805 einen auf ihn laufenden Kfz-Haftpflichtversicherungsvertrag nachgewiesen, für den er im Jahr 2018 monatliche Beiträge im Umfang von 27,80 EUR zu zahlen hatte. Dies zusammen entspricht einem monatlichen Betrag von 57,80 EUR. Weitergehende Abzüge i.S.d. § 11b SGB II hat der Kläger weder geltend gemacht noch nachgewiesen.

 

Soweit die Beklagte die Auffassung vertritt, die Auszahlung müsse durch den Beigeladenen erfolgen, verkennt sie, dass im Umfang der Freibetragsregelungen des § 11b SGB II ihre originäre Leistungspflicht wegen § 104 Abs. 1 Satz 3 SGB X schon gar nicht durch Erstattung gemäß § 107 Abs. 2 SGB X erfüllt worden ist, damit sie allein leistungsverpflichtet bleibt.

 

Zu Unrecht argumentiert die Beklagte in diesem Zusammenhang, dass sie die Einzelheiten der Leistungserbringung des Beigeladenen nach dem SGB II nicht kenne und prüfen könne, sie gleichsam auf dessen Mitteilung die von ihr bewilligten Leistungen ohne inhaltliche Prüfung auszahle. Richtig ist, dass die Berücksichtigung von Freibeträgen nach § 11b SGB II im Rahmen der Begrenzung des Erstattungsanspruches nach § 104 Abs. 1 Satz 3 SGB X nur dann in Betracht kommt, wenn der Leistungsberechtigte diese nachweist und er im streitigen Leistungszeiträumen nicht bereits anderes anrechenbares Einkommen erzielt hat, im Rahmen dessen die Freibeträge zu berücksichtigen waren. Dies setzt insoweit Kenntnisse der Beklagten von der Bewilligungslage des Grundsicherungsträgers voraus. Derartige Informationen kann die Beklagte aber vom Beigeladenen im Rahmen einer Sozialdatenübermittlung nach § 69 Abs. 1 Nr. 1 SGB X (ggf. i.V.m. § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II) erhalten oder aber sie erhebt die Daten selbst beim Betroffenen.

 

Das BSG hat in seinem Urteil vom 07.04.2022 – B 5 R 24/21 R – juris im Orientierungssatz und später unter Rn. 14 insofern zutreffend ausgeführt:

 

„(..) Die Frage, ob der erstattungspflichtige Leistungsträger dem Berechtigten die Nachzahlung ganz oder teilweise wegen der Erstattung vorenthalten darf, ist nur zwischen dem erstattungspflichtigen Leistungsträger und dem Berechtigten zu klären ist. Dabei ist zu prüfen, in welchem Umfang der Berechtigte die Leistung bereits kraft der Erfüllungsfiktion des § 107 Abs. 1 SGB 10 vom erstattungspflichtigen Leistungsträger erhalten hat (vgl. BSG vom 22.5.2002 - B 8 KN 11/00 R = SozR 3-2600 § 93 Nr. 12 S. 110 f) (..)“

 

Folglich ist höchstrichterlich geklärt, dass die Beklagte im Verhältnis zum Kläger für den Umfang der Erfüllungswirkung des Erstattungsanspruchs selbst die Verantwortung trägt. Der Senat sieht in Anbetracht der bestehenden Möglichkeiten der Beklagten, die Voraussetzungen dafür ggf. unter Mitwirkung des Beigeladenen zu prüfen, keinen Anlass, die Rechtsprechung des BSG in Frage zu stellen. Vielmehr ist der Auffassung vollumfänglich zu folgen.

 

Der Beigeladene hat schlussendlich zu Recht für März 2018 und April 2018 kein anderes Einkommen berücksichtigt. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass der Kläger in den beiden Monaten selbst anderes Einkommen erzielt hat.

 

Die Nachzahlungen der Beigeladenen vom 29.08.2017 waren im Übrigen nur bis einschließlich Februar 2018 ganz oder teilweise als einmalige Einnahme zu berücksichtigen. Einmalige Einnahmen sind gemäß § 11 Abs. 3 SGB II in der vom 01.08.2016 bis 30.06.2023 geltenden Fassung in dem Monat, in dem sie zufließen, zu berücksichtigen. Zu den einmaligen Einnahmen gehören auch als Nachzahlung zufließende Einnahmen, die nicht für den Monat des Zuflusses erbracht werden. Sofern für den Monat des Zuflusses bereits Leistungen ohne Berücksichtigung der einmaligen Einnahme erbracht worden sind, werden sie im Folgemonat berücksichtigt. Entfiele der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung in einem Monat, ist die einmalige Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen.

 

Soweit die Zahlungen der Beklagten vom 29.08.2017 daher eine Nachzahlung von Übergangsgeld und nicht lediglich anteilig eine Aufstockung laufender Übergangsgeldleistungen für August 2017 dargestellt haben, waren sie ab September 2017 und dann (längstens) für die Dauer von sechs Monaten nach § 11 Abs. 3 Satz 4 SGB II, mithin bis einschließlich Februar 2018 zu berücksichtigen, sodass die Beklagte verpflichtet ist, Übergangsgeld für die Monate März und April 2018 in Höhe von jeweils 57,80 EUR, mithin zusammen 115,60 EUR, an den Kläger nachzuzahlen.

 

Der vorgenannten Entscheidung des Senats steht auch der Bescheid der Beklagten vom 03.07.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20.08.2019 nicht entgegen. Zwar hat das BSG entschieden, dass die Abrechnungsmitteilung über eine Rentennachzahlung einen feststellenden Verwaltungsakt beinhaltet (vgl. BSG, Urteil vom 07.04.2022 – B 5 R 24/21 R – juris LS 1), sodass auch eine Bindungswirkung hinsichtlich der Erfüllungswirkung einer Erstattungsentscheidung entstehen kann. Der Bescheid vom 03.07.2018 enthält aber schon keine solche abschließende Abrechnungsmitteilung. Er weist – wie das Sozialgericht im Parallelverfahren zutreffend ausgeführt hat – eine angebliche Aufrechnungsentscheidung aus, ohne aber eine bestehende Gegenforderung zu benennen. Vielmehr meinte die Beklagte wohl, dass im vorgenannten Umfang bereits erfüllt sei. Andererseits wird aber ausgeführt, dass das Übergangsgeld wegen eventueller Erstattungsansprüche weiterer Stellen (zum Beispiel Krankenkasse, Agentur für Arbeit, Träger der Sozialhilfe) für die Zeit vom 13.02.2018 bis 12.02.2019 „vorsorglich“ einbehalten werde und die Abrechnung nach Eingang der konkreten Forderungen noch erfolge. Damit enthält der Bescheid gerade keine abschließende Entscheidung, die Bindungswirkung entfalten könnte. Selbst wenn man vorliegend davon ausginge, dass der Bescheid Regelungen im Zusammenhang mit dem Erstattungsverhältnis zwischen Beklagter und Beigeladenem im Verhältnis zum Kläger trifft, so wäre der Bescheid infolge des Widerspruchs des Klägers vom 09.05.2018 gegen den Bescheid vom 04.05.2018 gemäß § 86 SGG zum Gegenstand des Widerspruchsverfahrens und damit zuletzt des gerichtlichen Verfahrens geworden. Im Umfang des Tenors wäre er zum Nachteil des Klägers rechtswidrig und daher ggf. aufzuheben gewesen.

 

Nach alledem ist entsprechend zu entscheiden.

 

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und orientiert sich am Ausgang des Verfahrens. Dabei waren neben dem Obsiegen des Klägers auch die in diesem Verfahren ursprünglich geltend gemachten weiteren Ansprüche, hinsichtlich derer der Kläger die Berufung zurückgenommen hat, zu berücksichtigen.

 

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe i.S.d. § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG nicht vorliegen.

Rechtskraft
Aus
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