L 3 AL 1136/24

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
3.
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 16 AL 1446/21
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AL 1136/24
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 26.03.2024 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.



Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Feststellung einer Sperrzeit durch die Beklagte.

Der 1994 geborene Kläger war zuletzt seit 2015 bei der F1 GmbH beschäftigt. Er wurde zum 03.10.2020 außerordentlich gekündigt. Er meldete sich zum 08.10.2020 arbeitslos und beantragte Arbeitslosengeld. In dem Fragebogen bei Arbeitgeberkündigung gab er an, er habe sich nicht arbeitsvertragswidrig verhalten.

Der zunächst am 20.11.2020 erteilte Ablehnungsbescheid mangels Arbeitsbereitschaft hatte keinen Bestand. Mit Bescheid vom 09.12.2020 bewilligte die Beklagte dem Kläger vorläufig Arbeitslosengeld ab dem 08.10.2020 für 360 Tage, allerdings ohne eine Entscheidung über den Zeitraum vom 08.10.2020 bis 26.12.2020 zu treffen. Insoweit erhalte der Kläger noch ein gesondertes Schreiben.

Am 15.12.2020 teilte die F1 GmbH der Beklagten mit, die Kündigung sei wegen unentschuldigten Fehlens und Nichtvorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erfolgt.

Mit Bescheid vom 18.12.2020 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit vom 04.10.2020 bis 26.12.2020, das Ruhen des Anspruches auf Arbeitslosengeld während dieser Zeit und die Minderung des Anspruches auf Arbeitslosengeld des Klägers um 90 Tage fest. Mit Änderungsbescheid vom 18.12.2020 änderte die Beklagte den Bescheid vom 09.12.2020 unter anderem in Bezug auf die verfügte Sperrzeit. Widerspruch wurde vom Kläger nicht erhoben.

Mit Änderungsbescheid vom 24.09.2021 hob die Beklagte die Leistungsbewilligung für die Zeiträume vom 25.08.2021 bis 31.08.2021, vom 16.09.2021 bis 22.09.2021 und vom 24.09.2021 bis 30.09.2021 auf, da der Kläger sich auf eine Aufforderung gemäß § 309 SGB III nicht gemeldet habe.

Bereits mit Schreiben vom 24.04.2021 stellte der Kläger einen Antrag auf Überprüfung der Bescheide vom 18.12.2020 nach § 44 SGB X. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 20.05.2021 ab. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08.06.2021 zurück.

Der Kläger hat am 23.06.2021 Klage zum Sozialgericht (SG) Ulm erhoben und vorgetragen, die Kündigung des Arbeitgebers sei nicht korrekt gewesen.

Das SG Ulm hat eine Auskunft bei der F1 GmbH eingeholt. Diese hat mit Schreiben vom 04.07.2022 ausgeführt, der Kläger habe ab dem 19.09.2020 unentschuldigt gefehlt. Sie hat dem SG Ulm die Abmahnungen vom 25.08.2020 sowie 23.09.2020 und den Arbeitsvertrag des Klägers vorgelegt.

Nachdem der Prozessbevollmächtigte des Klägers sich auf die Aufforderung des SG Ulm vom 21.07.2022, zu dem Schreiben der F1 GmbH Stellung zu nehmen, nach Erinnerungen des SG Ulm vom 08.12.2022, 14.12.2022 und 13.04.2023 mit Schreiben vom 17.04.2023 geäußert hatte, hat das SG Ulm am 07.09.2023 eine Kopie des Arbeitsvertrages des Klägers angefordert, die mit Schreiben vom 19.09.2023 vorgelegt worden ist.

Die Ladung zur mündlichen Verhandlung mit Anordnung des persönlichen Erscheinens des Klägers durch das SG Ulm vom 17.01.2024 hat an die gegenüber dem Gericht angegebene Adresse des Klägers weder per einfachem Brief bekanntgegeben noch mittels Postzustellungsurkunde zugestellt werden können. Der Postzusteller hat jeweils angegeben, der Empfänger sei unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln. Das SG Ulm hat am 12.02.2024 eine Einwohnermeldeamts-Anfrage durchgeführt, die ergeben hat, dass die Person nicht identifiziert worden sei oder eine Auskunftssperre vorliege. Die dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 06.03.2024 zugestellte Aufforderung des SG Ulm, bis zum 15.03.2024 die Anschrift des Klägers mitzuteilen, hat dieser nicht beantwortet. Die Beklagte hat unter dem 06.03.2024 sinngemäß mitgeteilt, dass ihr keine neue Anschrift bekannt sei.

In der mündlichen Verhandlung vom 26.03.2024 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers mitgeteilt, dass er die aktuelle Adresse des Klägers noch nicht habe in Erfahrung bringen können. Mit Urteil vom 26.03.2024, welches dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 04.04.2024 zugestellt worden ist, hat das SG Ulm die Klage abgewiesen. Diese sei unzulässig geworden, nachdem der Kläger zwar bei Klageerhebung eine Anschrift mitgeteilt habe, er unter dieser jedoch postalisch nicht mehr erreichbar sei. Eine Einwohnermeldeamtsanfrage sei dahingehend beantwortet worden, dass der Kläger nicht identifiziert worden sei oder eine Auskunftssperre vorliege. Sowohl der Prozessbevollmächtigte des Klägers als auch die Beklagte hätten auf Nachfrage des SG Ulm keine andere Anschrift des Klägers mitgeteilt.

Am 10.04.2024 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers für diese Berufung gegen das Urteil des SG Ulm eingelegt. Der Schriftsatz enthält keine Angabe der aktuellen Wohnanschrift des Klägers. Zur Berufungsbegründung hat er ausgeführt, er habe nicht binnen zehn Tagen in Erfahrung bringen können, wo sich der Kläger, der im Laufe des Verfahrens umgezogen sei, aufhalte. Der Kläger verschweige seine Anschrift nicht, er sei in drei Jahren Prozessdauer umgezogen. Die vom SG Ulm zitierten Urteile träfen den Fall nicht, denn der Kläger habe bei Klageerhebung seine Anschrift angegeben, womit die örtliche Zuständigkeit des Gerichts bestimmt werden könne. Diese bleibe bei einem Wegzug gleich. Nach seinem Eindruck verzögerten manche Kammern Verfahren, in denen Erfolgsaussichten bestünden, bis irgendetwas weg sei, entweder uralte Unterlagen oder der Kläger.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 26.03.2024 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20.05.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.06.2021 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, dem Überprüfungsantrag stattzugeben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen.

Die Beklagte hält die vorläufige Rechtsauffassung des Vorsitzenden, welche dieser in seinen Schreiben vom 15.04.2024 und 18.04.2024 dargelegt hat, für zutreffend.

Mit Schreiben vom 15.04.2024, dem Kläger zugestellt am 16.04.2024 ist dem Bevollmächtigten des Klägers gemäß § 153 Abs. 1 SGG i.V.m. § 92 Abs. 1 Satz 1 aufgegeben worden, dem Senat die ladungsfähige (Wohnungs-)Anschrift des Klägers mitzuteilen. Er ist darauf hingewiesen worden, dass nach wohl herrschender Meinung diese Mitteilung vor Ablauf der noch laufenden Berufungsfrist zu erfolgen habe, da die Berufungsschrift sonst unvollständig wäre, so dass ggfs. bereits die Berufung als unzulässig zu verwerfen wäre. Auf den weiteren Inhalt der Schreiben vom 15.04.2024 und 18.04.2024 wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe


Die nach den §§ 143 und 144 SGG statthafte sowie nach § 151 Abs. 1 SGG fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist unzulässig (vgl. Michael Fock in: Fichte/Jüttner, SGG, 3.  neu bearbeitete und erweiterte Aufl., § 151 SGG Rn. 28). Es fehlt bereits an einem formal-prozessualen ordnungsgemäßen Begehren (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Beschluss vom 18.11.2003 – B 1 KR 1/02 S, juris Rn. 3), da in der Berufungsschrift des Klägers und nach Aufforderung des Senats vom 15.04.2024 und Belehrung über die Rechtsfolgen mit Schreiben des Senatsvorsitzenden vom 15.04.2024 bis zum Ende der letzten mündlichen Verhandlung dem Gericht von dem durch einen Rechtsanwalt vertretenen Kläger eine Wohnanschrift des Klägers nicht benannt worden ist.

Rechtsschutzgesuche an ein deutsches Gericht müssen nach ständiger Rechtsprechung des BSG im Regelfall dem Gericht die Wohnanschrift des Rechtsuchenden benennen (vgl. BSG, Beschluss vom 26.09.2023 – B 5 R 21/23 BH, juris Rn. 6 zu einem Antrag auf Prozesskostenhilfe für das Revisionsverfahren; grundlegend BSG, Beschluss vom 18.11.2003 – B 1 KR 1/02 S, juris Rn. 3 ff.; siehe auch Bundesfinanzhof [BFH], Beschluss vom 21.10.2020 – VII B 119/19, juris Rn. 40; eingehend auch Bundesverwaltungsgericht [BVerwG], Urteil vom 13.04.1999 – 1 C 24/97, juris Rn. 27 ff.). Zwar ist im Ausnahmefall mit Rücksicht auf das Gebot der Gewährung effektiven Rechtsschutzes (vgl. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, hierzu auch Bundesverfassungsgericht [BVerfG] <Kammer> Beschluss vom 02.02.1996 – 1 BvR 2211/94, juris Rn. 2) die fehlende Angabe einer Anschrift unschädlich, wenn der Rechtsschutzsuchende glaubhaft über eine solche Anschrift nicht verfügt, etwa weil er wohnsitzlos ist (vgl. BVerwG a.a.O., juris Rn. 40; auch BSG, Beschluss vom 18.11.2003, a.a.O., juris Rn. 8). Der Senat ist aber davon überzeugt, dass ein solcher Ausnahmefall hier nicht vorliegt, denn vom anwaltlich vertretenen Kläger wurde auch nach Erteilung ausführlicher richterlicher Hinweise durch die Kammervorsitzende des SG Ulm und den Vorsitzenden des erkennenden Senats im Schreiben vom 15.04.2024 Entsprechendes nicht behauptet. Vielmehr hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers ausgeführt, der Kläger sei „halt umgezogen“.

Zwar verlangt § 151 Abs. 3 SGG nur, dass die Berufungsschrift das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben soll. Nur der unmittelbar für das erstinstanzliche Verfahren Anwendung findende § 92 Abs. 1 Satz 1 SGG in der ab dem 01.04.2008 geltenden Fassung stellt zudem die Voraussetzung auf, dass die Klage neben dem Beklagten und dem Gegenstand des Klagebegehrens auch den Kläger bezeichnen muss, während gemäß der bis zum 31.03.2008 geltenden Vorgängervorschrift nur galt, dass d
ie Klage lediglich die Beteiligten und den Streitgegenstand bezeichnen und einen bestimmten Antrag enthalten „soll“. In der Literatur besteht Streit, ob § 92 SGG über § 153 Abs. 1 SGG vollständig (so etwa Diehm in: Roos/Wahrendorf/Müller, beck-online.GROSSKOMMENTAR zum SGG‚ Stand 01.05.2024, § 92 SGG Rn. 16), bis auf die Regelungen in § 92 Abs. 1 Sätze 3 und 4 SGG teilweise (wegen der Regelungen in § 151 Abs. 3 SGG, vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt SGG/Keller, 14. Aufl. 2023, SGG § 153 Rn. 2a) oder wegen des Vorrangs von § 151 Abs. 3 SGG überhaupt nicht für die Berufungsschrift Anwendung findet (Burkiczak in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl., § 153 SGG [Stand: 16.07.2024] Rn. 23).

Diesen Streit lässt der Senat hier dahinstehen. Denn nach der noch unter der Geltung des § 92 Abs. 1 Satz 1 SGG in der bis zum 31.03.2008 geltenden Fassung in Gestalt einer Soll-Vorschrift entwickelten BSG-Rechtsprechung (vgl. BSG, Beschluss vom 18.11.2003 – B 1 KR 1/02 S, juris Rn. 3 ff.), die bis heute Geltung beansprucht (siehe oben, BSG, Beschluss vom 26.09.2023 – B 5 R 21/23 BH, juris Rn. 6) und welcher sich der Senat anschließt, ist eine wesentliche ungeschriebene Voraussetzung für jedes zulässige Rechtsschutzbegehren, dass bis auf die bereits bezeichnete Ausnahme bei glaubhafter Wohnsitzlosigkeit im Verfahren die Anschrift des Rechtsuchenden (Klägers, Antragstellers, etc.) genannt wird. Diese ungeschriebene Sachurteilsvoraussetzung gilt auch für die Einlegung einer Berufung.

Die Angabe der ladungsfähigen Anschrift dient nicht nur zur Klärung der örtlichen Zuständigkeit (§ 57 SGG), sondern auch zum Bewirken rechtswirksamer Zustellungen gerichtlicher Anordnungen und Entscheidungen, der einwandfreien Identifizierung eines Klägers sowie der Realisierung des Kostenrisikos (§ 192 SGG in gerichtskostenfreien Verfahren). Auch wenn der Kläger wie hier anwaltlich vertreten ist und Zustellungen daher grundsätzlich an den Bevollmächtigten zu bewirken sind, muss dann, wenn sein persönliches Erscheinen angeordnet wird, diese Anordnung dem Beteiligten selbst bekannt gemacht werden, selbst bei anwaltlicher Vertretung (vgl. § 202 Satz 1 SGG i.V.m. § 141 Abs. 2 ZPO, vgl. auch Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt SGG/B. Schmidt, 14. Aufl. 2023, SGG § 111 Rn. 4). Weil die Wohnanschrift des Klägers nicht bekannt war, konnte das SG Ulm die Ladung vom 17.01.2024 zur mündlichen Verhandlung am 26.03.2024 mit Anordnung des persönlichen Erscheinens des Klägers diesem nicht bekannt geben. Die Verhängung eines Ordnungsgeldes nach § 202 Satz 1 SGG i. V. m. § 141 Abs. 3 ZPO nach dessen Nichterscheinen war hiernach ebenfalls nicht möglich.

Nach der in Bezug genommenen Rechtsprechung erfordert das sozialgerichtliche Verfahren trotz des für das Verfahren geltenden Amtsermittlungsgrundsatzes regelmäßig ein Mindestmaß an aktiver Mitwirkung eines Klägers (§§ 103, 106 Abs. 3 Nr. 7, 111 Abs. 1 SGG). Dies ist ohne sichere, auch für den Prozessgegner transparente Kommunikationsmöglichkeiten mit dem Kläger nicht gewährleistet. Deshalb sind handhabbare und sichere Kommunikationswege mit einer zustellungsfähigen Adresse des Klägers unverzichtbar. Die Anschrift muss vom Kläger allerdings dann nicht angegeben oder wiederholt werden, wenn sie sich bereits aus von der Behörde vorzulegenden Akten ergibt, aus sonstigen Gründen bekannt ist oder sich auf andere Weise ohne Schwierigkeiten ermitteln lässt. Es bedarf daher in der Regel eines Hinweises des Gerichts, um den Kläger zu verpflichten, seine Anschrift nachzureichen. Die Angabe der Anschrift ist, da sie nicht nur Zwecken der Ladung dient, auch dann erforderlich, wenn der Kläger anwaltlich vertreten ist (vgl. zum Ganzen: BVerfG, Beschluss vom 06.11.2009 – 2 BvL 4/07, juris Rn. 27; BSG, Beschluss vom 18.11.2003 – B 1 KR 1/02, juris; BVerwG, Urteil vom 13.04.1999 – 1 C 24/97, juris; BGH, Urteil vom 09.12.1987 – IVb ZR 4/87, juris; BFH, Urteil vom 28.01.1997 – VII R 33/96, juris; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 09.09.2020 – L 2 AS 306/16, juris Rn. 25 ff.; LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 14.02.2019 – L 19 AS 1398/18, juris Rn. 32 ff.).

Hier hat sich die Wohnanschrift des Klägers weder durch das SG Ulm ermitteln lassen noch ergibt sie sich aus den Akten. Die per einfachem Brief an den Kläger durch das SG Ulm übersandte Ladung vom 17.01.2024 zur mündlichen Verhandlung am 26.03.2024 kam am 12.02.2024 als Rückläufer mit dem Vermerk „Empfänger/Firma unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln“ zurück. Ein Zustellversuch mittels Postzustellungsurkunde vom 26.02.2024 schlug fehl; die Zustellungsurkunde kam mit dem Vermerk „Adressat unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln“ am 04.03.2024 zurück. Die Anschrift des Klägers war auch durch eine am 12.02.2024 durch das SG Ulm erfolgte Einwohnermeldeamts-Abfrage nicht ermittelbar. Weder die Beklagte noch der Prozessbevollmächtigte des Klägers haben auf Anfrage die aktuelle Wohnanschrift des Klägers mitgeteilt. Weitergehende Ermittlungsmöglichkeiten bestehen auch für den Senat nicht. Auf die erneute Aufforderung des Vorsitzenden vom 15.04.2024, welche dem bevollmächtigten Rechtsanwalt des Klägers am 16.04.2024 zugestellt worden ist, hat dieser keine aktuelle Wohnanschrift des Klägers mitgeteilt. Vielmehr ergibt sich aus dessen Vortrag, dass er den Kontakt zum Kläger bereits im Verlauf des sozialgerichtlichen Verfahrens und mithin vor Verkündung des mit der Berufung angefochtenen Urteils des SG Ulm vom 26.03.2024 und vor Einlegung der Berufung verloren hat. Im vorliegenden Fall ist die Pflicht zur Angabe der Anschrift auch nicht ausnahmsweise entfallen. Anhaltspunkte für unüberwindliche oder schwerwiegende Gründe, die den Kläger an einer Mitteilung seiner Anschrift hindern würden, sind nach Aktenlage nicht erkennbar und von klägerischer Seite auch nach mehrfacher Anhörung nicht geltend gemacht worden.

Die streitige Frage, ob die fehlende Angabe der aktuellen Wohnanschrift zulässigkeitsbegründend nur bis zum Ablauf der Berufungsfrist nachgeholt werden kann (so etwa Michael Fock in: Fichte/Jüttner, SGG, 3.  neu bearbeitete und erweiterte Aufl., § 151 SGG Rn. 28) oder auch noch nach dem Ablauf der Einlegungsfrist nachgeholt werden kann (so etwa Meyer-Ladewig/Keller/Schmidt SGG/Keller, 14. Aufl. 2023, SGG § 151 Rn. 11d mit ausführlicher Darstellung des Streitstandes in der Literatur), kann hier dahinstehen, da der durch einen Rechtsanwalt vertretene Kläger auch nach entsprechender ausdrücklicher Aufforderung und Belehrung durch den Vorsitzenden des Senats über die Rechtsfolgen mit Schreiben vom 15.04.2024 eine aktuelle Anschrift des Klägers auch bis zum Ende der Berufungsverhandlung nicht mitgeteilt hat.

Die Berufung war nach alledem als unzulässig zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorlie-gen.




 

Rechtskraft
Aus
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