Der Antrag wird abgelehnt.
Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
G r ü n d e
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen eine Kürzung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).
Der Antragsteller ist afghanischer Staatsangehöriger. Er reiste am 26.09.2022 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 21.11.2022 einen Asylantrag. Mit Bescheid des Regierungspräsidiums Darmstadt vom 28.11.2022 wurde der Antragsteller dem Antragsgegner und dort in einer Gemeinschaftsunterkunft zugewiesen. Mit Beschied vom 29.11.2022 bewilligte der Antragsteller ihm für die Zeit vom 28.11.2022 bis zum 31.05.2023 Leistungen nach §§ 3, 3a AsylbLG unter Berücksichtigung eines Regelbedarfssatzes von 330,00 Euro.
Am 28.11.2022 wurde ein Übernahmeersuchen nach der Dublin-III-VO an Kroatien gerichtet. Die kroatischen Behörden erklärten mit Schreiben vom 27.01.2023 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrages gem. Art. 13 Abs. 1 Dublin-lll-VO. Mit Bescheid vom 24.02.2023 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) den Asylantrag des Antragstellers als unzulässig ab und ordnete seine Abschiebung nach Kroatien an. Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller Klage zum Verwaltungsgericht Wiesbaden und stellte gleichzeitig einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gem. § 80 Abs. 7 VwGO. Den Antrag lehnte das zuständige Verwaltungsgericht Wiesbaden mit Beschluss vom 07.12.2023 ab. Gleichzeitig stellte das Gericht fest, dass der Antragsteller zum Zeitpunkt einer Überstellungsmaßnahme am 21.08.2023 flüchtig gewesen war und sich die Überstellungsfrist gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin-III-VO auf 18 Monate und damit bis zum 21.09.2024 verlängerte.
Mit Bescheid vom 22.05.2024 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller nur noch eingeschränkte Leistungen für die Zeit vom 01.06.2024 bis zum 31.11.2024. Der Antragsteller erfülle die Voraussetzungen der Anspruchseinschränkung nach § 1a Abs. 7 AsylbLG, ab Juni 2024 seien ihm deswegen nur noch Leistungen zur Deckung seines Bedarfes für Ernährung und Körper- und Gesundheitspflege zu gewähren. Nach dem den Bescheid beigefügten Berechnungsbogen für den Monat Juni 2024
zahlte der Antragsgegner ausgehend von einem Regelbedarf i. H. v. 460,00 Euro abzüglich der Kürzung nach § 1a AsylbLG i. H. v. 204,00 Euro Leistungen i. H. v. 256,00 Euro.
Am 07.06.2024 legte der Antragsteller, vertreten durch seinen Prozessbevollmächtigten, gegen den Bescheid vom 22.05.2024 Widerspruch ein. Über diesen ist, soweit ersichtlich, bis heute nicht entschieden worden.
Am 17.06.2024 hat er einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim Sozialgericht Wiesbaden gestellt.
Er ist der Ansicht, die Anspruchseinschränkung des § 1a Abs. 7 AsylbLG sei verfassungs- und europarechtswidrig. Aufgrund der Kürzung des Regelbedarfes um mehr als 30% sei die Norm nicht mit der verfassungsrechtlich garantierten Menschenwürde zu vereinbaren.
Der Antragteller beantragt (wörtlich),
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller ab dem Tag der vorliegenden Antragstellung vorläufig bzw. bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren, dem am 07.06.2024 eingeleiteten Widerspruchsverfahren, bei Zurückweisung des Widerspruchs und anschließender fristgerechter Klageerhebung gegen den insoweit zu erteilenden Widerspruchsbescheid darüber hinaus, längstens jedoch solange der Antragsteller von dem Antragsgegner Leistungen nach dem AsylbLG erhält, Leistungen nach § 3, 3a AsylbLG in Höhe der Regelbedarfsstufe 1 zu gewähren.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er ist der Ansicht, die Anspruchseinschränkung ergäbe sich aus § 1a Abs. 7 AsylbLG und genüge den gesetzlichen Voraussetzungen. Die verfassungsrechtlichen Bedenken des Antragstellers hinsichtlich dieser Ermächtigungsgrundlage teile der Antragsgegner nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte des Antragsgegners Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
Nach § 86 b Abs. 2 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind nach Satz 2 dieser Bestimmung auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Regelungsanordnung). Bildet ein Leistungsbegehren des Antragstellers den Hintergrund für den begehrten einstweiligen Rechtsschutz, ist dieser grundsätzlich im Wege der Regelungsanordnung gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG zu gewähren. Danach muss die einstweilige Anordnung erforderlich sein, um einen wesentlichen Nachteil für den Antragsteller abzuwenden. Ein solcher Nachteil ist nur anzunehmen, wenn einerseits dem Antragsteller gegenüber dem Antragsgegner ein materiell-rechtlicher Leistungsanspruch in der Hauptsache zusteht (Anordnungsanspruch) und es ihm andererseits nicht zuzumuten ist, die Entscheidung über den Anspruch in der Hauptsache abzuwarten (Anordnungsgrund). Das Abwarten einer Entscheidung in der Hauptsache darf nicht mit wesentlichen Nachteilen verbunden sein. Es muss daher eine dringliche Notlage vorliegen, die eine sofortige Entscheidung erfordert (LSG Hessen, Beschluss vom 18.06.2008, Az.: L 6 AS 41/08 B ER). Eine solche Notlage ist vor allem bei einer Gefährdung der Existenz oder erheblichen wirtschaftlichen Nachteilen zu bejahen (Keller in: Meyer-Ladewig, SGG, 14. Auflage 2023, § 86 b, Rn. 28).
Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stehen dabei in einer Wechselbeziehung zueinander, nach der die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils zu verringern sind und umgekehrt. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund bilden aufgrund ihres funktionalen Zusammenhangs ein bewegliches System (LSG Hessen, a. a. O.). Wäre eine Klage in der Hauptsache offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ohne Rücksicht auf den Anordnungsgrund grundsätzlich abzulehnen, weil ein schützenswertes Recht nicht vorhanden ist. Wäre eine Klage in der Hauptsache dagegen offensichtlich begründet, so vermindern sich die Anforderungen an den Anordnungsgrund, auch wenn in diesem Fall nicht gänzlich auf einen Anordnungsgrund verzichtet werden kann (LSG Hessen, a. a. O.). Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens, wenn etwa eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich ist, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden. Soweit existenzsichernde Leistungen im Streit stehen und schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsacheverfahren nicht beseitigt werden können, darf die Sach- und Rechtslage nicht nur summarisch, sondern muss abschließend geprüft werden.
Ist dem Gericht in derartigen Fällen eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren nicht möglich, so ist ebenfalls anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden, wobei allerdings die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen sind (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005, NVwZ 2005, 927-929).
Gemessen an diesen Anforderungen konnte der vorliegende Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung keinen Erfolg haben, da der Antragsteller das Vorliegen des Anordnungsgrundes nicht glaubhaft gemacht hat.
Allein der Umstand, dass existenzsichernde Leistungen betroffen sind, genügt nicht, um das Vorliegen eines Anordnungsgrundes zu bejahen. Vielmehr müssen durch eine spätere Entscheidung nicht mehr korrigierbare, irreparable Schäden drohen (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 01.10.2020, Az.: 1 BvR 1106/20; Hess. LSG, Beschluss vom 20.12.2022, Az.: L 4 AY 28/22 B ER und vom 29.05.2024, Az.: L 4 AY 4/24 B ER). Dazu ist vorliegend nichts vorgetragen worden. Der Antragteller hat lediglich ausgeführt, dass die Unterdeckung seines Existenzminimums das Vorliegen des Anordnungsgrundes rechtfertigen würde. Welche konkreten erheblichen wirtschaftlichen Nachteile dem Antragsteller durch die hier vorliegende Kürzung von Leistung i. H. v. 460,00 Euro um 204,00 Euro und damit um ca. 44% drohen, ist weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Dem Antragsteller ist daher zuzumuten, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten.
Mangels Erfolgsaussichten des Begehrens war auch der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe abzulehnen, §§ 73a SGG, 114 ZPO.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.