L 7 AS 379/24 B ER

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 17 AS 962/24 ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 7 AS 379/24 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze

1. Eine allgemeine Erhöhung der Wohnfläche, bis zu der ein selbst genutztes Hausgrundstück nicht als Vermögen zu berücksichtigen ist, um 10 v.H. scheidet nach der gesetzlichen Normierung der Grenzwerte und einer Härtefallregelung zur Anerkennung einer höheren Wohnfläche aus.

2. Allein die geringfügige Überschreitung der Wohnflächengrenze bedeutet keine besondere Härte bei Verwertung des Hausgrundstücks.

  1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 21. August 2024 wird zurückgewiesen.

 

  1. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

 

  1. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

 

 

 

 

 

G r ü n d e :

 

I.

Im Streit sind noch Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Leistungen) ab dem 13.09.2024 ohne Berücksichtigung eines selbst genutzten Hausgrundstücks.

 

Der 1965 geborene Antragsteller ist Eigentümer eines Grundstücks in Y...., Ortsteil X...., mit einer Gebäude- und Freifläche von 593 m² (vgl. z.B. Grundbuchamt Y...., Grundbuch von X...., Blatt 17, Flurstück ....., Ausdruck v. 09.01.2024). Dieses Grundstück ist mit einem Haus bebaut. Nach Angaben des Antragstellers wurde es 1866 errichtet und verfügt es in zwei Wohneinheiten (Erd- und Obergeschoss) über eine Wohnfläche von insgesamt 147 m², von denen er im Erdgeschoss 67 m² allein selbst nutzt und die übrigen 80 m² im Obergeschoss seit dem Tod seiner Mutter vor über zehn Jahren leer stehen (vgl. z.B. unter dem 16.09.2022 unterzeichnete Anlage "Ermittlung der Kosten der Unterkunft für Eigenheime und Eigentumswohnungen" sowie Prüfbericht des Antragsgegners v. 05.07.2023 nach einem Hausbesuch am 03.07.2023, auch mit Angaben zum Zustand des leer stehenden Obergeschosses).

 

Das Finanzamt W.... stellte den Grundsteuerwert für dieses Hausgrundstück auf 206.600,- € fest (Bescheid über den Grundsteuerwert, Hauptfeststellung auf den 01.01.2022, v. 13.09.2023).

 

Der Antragsteller beauftragte die Vermittlung eines Verkaufs des Hausgrundstücks mit einer Kaufpreisvorstellung von 50.000,- € (vgl. V.... - Immobilien, Vertriebsauftrag und Begleitschreiben v. 08.02.2024: angenommener Verkaufswert ca. 200.000,- € bei zeitgemäß modernisiertem Gebäudezustand abzüglich geschätzter Modernisierungsaufwand von mindestens 150.000,- €).

 

Nach einer Modellberechnung für ein Bauspardarlehen von 26.633,34 € zum Betrachtungsbeginn 31.08.2022 ist vom Antragsteller von September 2022 bis Juli 2023 ein monatlicher Zins- und Tilgungsbeitrag von 269,- € zu zahlen (Bausparkasse U.... AG, Modellberechnung v. 07.09.2022; vgl. weiterhin z.B. Zahlungsvereinbarung v. 08.03.2023 über die Raten von April bis September 2023).

 

Der Antragsgegner erbrachte dem Antragsteller zunächst bis Oktober 2018 Leistungen, zuletzt teils als Darlehen bis zur Veräußerung des Eigentums an weiteren Grundstücken (vgl. hierzu z.B. notarieller Kaufvertrag v. 24.07.2018; zu den Verwaltungsverfahren für April bis Oktober 2018 siehe z.B. Widerspruchsbescheid v. 10.03.2021, W …. und W ….). Danach erbrachte der Antragsgegner dem Antragsteller von Dezember 2022 bis Dezember 2023 erneut Leistungen als Zuschuss.

 

Für Januar bis Juni 2024 lehnte der Antragsgegner Leistungen als Zuschuss ab (Bescheid v. 15.01.2024), gewährte dem Antragsteller Leistungen als Darlehen (Bescheid v. 04.03.2024; für März 2024 ersetzt durch Bescheid v. 28.03.2024; Widerspruchsbescheid v. 09.07.2024, W …. und W ….; Klageverfahren beim Sozialgericht Dresden [SG] anhängig unter dem Az. S 17 AS 967/24), widerrief die Bewilligung des Darlehens für Januar bis Juni 2024 und setzte den vom Antragsteller für Januar bis April 2024 zu erstattenden (Darlehens-) Betrag auf insgesamt 2.643,24 € fest (Bescheid v. 01.08.2024).

 

Den Folgeantrag des Antragstellers vom 28.06.2024 (unter dem selben Tag unterzeichnetes Antragsformular) lehnte der Antragsgegner für Juli bis Dezember 2024 ab, da der Antragsteller (weiterhin) wegen Vermögens (206.600,- € Hausgrundstück - 23.590,32 € Belastungen - 15.000,- € Freibeträge) nicht hilfebedürftig sei (Bescheid v. 08.07.2024). Dagegen erhob der Antragsteller keinen Widerspruch.

 

Über seinen Antrag auf Überprüfung des Bescheids vom 08.07.2024 (Schreiben seiner Bevollmächtigten v. 13.09.2024) ist noch nicht entschieden. Die mit dem Überprüfungsantrag vom Antragsteller zumindest begehrte Erbringung von Leistungen als Darlehen lehnte der Antragsgegner für Juli bis Dezember 2024 ab, da der Antragsteller weiterhin keine Nachweise über die wiederholt verlangte Eintragung einer Buchgrundschuld zugunsten des Antragsgegners in Höhe von 4.220,14 € und Verwertungsbemühungen vorgelegt habe (Bescheid v. 29.10.2024). Dagegen erhob der Antragsteller Widerspruch (Schreiben seiner Bevollmächtigten v. 08.11.2024). Darüber ist noch nicht entschieden.

 

Bereits am 05.08.2024 hat der Antragsteller beim SG einstweiligen Rechtsschutz beantragt (vgl. Niederschrift v. selben Tag). Das SG hat die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die vom Antragsgegner geforderte Erstattung von Leistungen für Januar bis April 2024 festgestellt und im Übrigen den Antrag abgelehnt (Beschluss v. 21.08.2024). Der Antrag auf einstweilige Leistungen ab Juli 2024 als Zuschuss sei unzulässig, da der Bescheid vom 08.07.2024 mangels Widerspruchs bestandskräftig sei. Zudem habe der Antragsteller weder Anordnungsanspruch noch -grund glaubhaft gemacht. Der Bescheid vom 01.08.2024 sei Gegenstand des Klageverfahrens S 17 AS 967/24. Nur soweit damit Erstattungen festgestellt sind, habe die Klage aufschiebende Wirkung. Einen Anspruch auf Leistungen für Mai und Juni 2024 habe der Antragsteller nicht, da er über Vermögen von rund 26.409,68 € (rund 50.000,- € Grundstückswert - 23.590,32 € Kreditbelastung) verfüge. Dieser Wert liege deutlich über den Vermögensfreibetrag von 15.000,- €. Da die Verwertung des Grundstücks nicht sofort möglich sei, komme die Erbringung eines Darlehens in Betracht, welches indes zulässig von der dinglichen Sicherung abhängig gemacht worden sei.

 

Den erstinstanzlich am 22.08.2024 gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) hat der Antragsteller am 03.09.2024 zurückgenommen (vgl. Schreiben seiner Bevollmächtigten v. jeweiligen Tag).

 

Gegen den - ihm am 26.08.2024 zugestellten - Beschluss vom 21.08.2024 hat (nur) der Antragsteller am 13.09.2024 beim erkennenden Gericht Beschwerde eingelegt, einstweilige Leistungen ab diesem Tag sowie die Gewährung von PKH und Beiordnung seiner Bevollmächtigten beantragt (deren Schreiben v. selben Tag). Er befinde sich in einer akuten Notlage und begehre zumindest die Bewilligung von Leistungen als Darlehen. Bei einem Wert des Hausgrundstücks von 26.409,96 € und einer Überschreitung der angemessenen Größe von lediglich 7 m² liege der entsprechende geldliche Wert von 1.257,62 € unter dem Vermögensfreibetrag. Das bereits geleistete Darlehen vermindere fiktiv das Vermögen. Ermessen bei der Darlehensentscheidung sei nicht ausgeübt worden.

 

Eine PKH-Erklärung nebst Belegen hierzu hat der Antragsteller im Beschwerdeverfahren trotz eines gerichtlichen Hinweises (vgl. Schreiben v. 21.10.2024) nicht vorgelegt.

 

Der Antragsteller stellt die Anträge

aus dem Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 13.09.2024.

 

Der Antragsgegner beantragt,

            die Beschwerde zurückzuweisen.

 

Ein Darlehen könne nicht gewährt werden, da sich der Antragsteller weiterhin nicht um die Eintragung einer Buchgrundschuld und Verwertung des Grundstücks bemüht habe.

 

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung durch Einzelrichter erklärt (Schreiben v. 30.09.2024 und 08.11.2024).

 

Dem Senat liegen neben den Gerichtsakten die vom Antragsgegner beim SG vorgelegten Verwaltungsakten (vgl. Schreiben des Antragsgegners v. 30.09.2024 und Schreiben des SG v. 04.10.2024) vor.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss vom 21.08.2024 ist unbegründet, da das SG den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zu Recht abgelehnt hat, soweit darüber im Beschwerdeverfahren noch zu entscheiden ist. Darüber konnte im Einverständnis der Beteiligten der Berichterstatter als Einzelrichter entscheiden (§ 155 Abs. 3 f. SGG).

 

Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind neben der erstinstanzlichen Entscheidung vom 21.08.2024 nur noch die Bescheide vom 08.07.2024 und 29.10.2024 über die Ablehnung von Leistungen für Juli bis Dezember 2024 als Zuschuss und Darlehen, da der Antragsteller sein Antragsbegehren (§ 123 SGG) im Beschwerdeverfahren auf die Zeit ab dem 13.09.2024 beschränkt hat (vgl. Scheiben seiner Bevollmächtigten v. selben Tag). Durch diese zeitliche Beschränkung ist Streitgegenstand des Verfahrens nur noch, ob und inwieweit der Antragsgegner dem Antragsteller vom 13.09.2024 bis 31.12.2024 einstweilig Leistungen zu erbringen hat.

 

Die Beschwerde ist nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ausgeschlossen und damit statthaft (§ 172 Abs. 1 SGG), da der Wert des Beschwerdegegenstands in der Hauptsache (§ 144 Abs. 1 SGG, vgl. hierzu z.B. BSG v. 24.06.2021 - B 7 AY 3/20 R - Rn. 12) selbst unter Berücksichtigung der nur noch streitigen Zeit aufgrund der vom Antragsteller begehrten Leistungen 750,- € übersteigt.

 

Die auch im Übrigen zulässige (§ 173 Satz 1 f. SGG) Beschwerde ist unbegründet.

 

Statthaft ist für die noch streitgegenständliche Zeit ein Antrag nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG, da der Antragsgegner insoweit mit den gegenständlichen Bescheiden Leistungen abgelehnt und nicht - wie teils für Zeiten davor - den Antragsteller begünstigende Verwaltungsakte über die Bewilligung von Leistungen im weitesten Sinne aufgehoben hat.

 

Für eine einstweilige Anordnung nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind ein materiell-rechtlicher Anspruch (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit (Anordnungsgrund) glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Dabei dürfen aus verfassungsrechtlichen Gründen (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) die Anforderungen an das Vorliegen von Anordnungsanspruch und -grund, gemessen an der drohenden Rechtsverletzung, nicht überspannt werden (vgl. ausführlich hierzu z.B. Burkiczak in: jurisPK-SGG, 2. Aufl., § 86b Rn. 39 ff.).

 

Einem glaubhaft gemachten Anordnungsanspruch für einstweilige Leistungen als Zuschuss ab dem 13.09.2024 steht an sich bereits die Bestandskraft (§ 77 SGG) der Verwaltungsakte (§ 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II, das SGB II auch nachfolgend i.d.F. der Bekanntmachung v. 13.05.2011, BGBl. I S. 850, soweit nicht anders angegeben, i.V.m. § 31 Satz 1 SGB X) über die Ablehnung dieser Leistungen für Juli bis Dezember 2024 (Bescheid v. 08.07.2024) entgegen (zur Prüfung der Bestandskraft von Verwaltungsakten in der Begründetheit statt der Zulässigkeit von Anträgen nach § 86b Abs. 2 SGG vgl. nur Burkiczak, a.a.O., § 86b Rn. 349 ff. m.w.N. zum Meinungsstand), da der Antragsteller dagegen keinen Widerspruch erhoben hat.

 

Diese Bestandskraft wird auch nicht durch den (sog. Überprüfungs-) Antrag (§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X) vom 13.09.2024 (Schreiben der Bevollmächtigten des Antragstellers v. selben Tag) durchbrochen. Vielmehr kommt die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs in diesen Fällen nur in Betracht, wenn der zu überprüfende Verwaltungsakt (hier der Bescheid v. 08.07.2024) offensichtlich rechtswidrig ist (stRspr. auch des Senats, vgl. z.B. Beschlüsse v. 15.03.2018 - L 7 AS 1252/17 B ER - juris Rn. 17, 22.04.2020 - L 7 AS 606/18 B PKH - n.v., S. 6 f., 30.03.2022 - L 7 AS 105/22 B ER - n.v. S. 8 und 26.06.2023 - L 7 AS 238/23 ER - n.v. S. 8; siehe weiterhin z.B. Sächs. LSG v. 21.12.2023 - L 8 AY 15/23 B ER - juris Rn. 30 sowie zu den strengen Anforderungen an die Glaubhaftmachung von Anordnungsanspruch und -grund bei Bestandskraft des Verwaltungsakts z.B. BVerfG v. 01.10.2020 - 1 BvR 1106/20 - Rn. 20 und Burkiczak, a.a.O., § 86b Rn. 396 ff., 415).

 

Damit setzt hier ein Anordnungsanspruch auf Leistungen als Zuschuss insbesondere die Glaubhaftmachung einer offensichtlich bestehenden Hilfebedürftigkeit (vgl. hierzu insb. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, § 9 Abs. 1 SGB II) des Antragstellers trotz des selbst genutzten Hausgrundstücks voraus. Hinreichende Tatsachen hierfür hat der Antragsteller auch im Beschwerdeverfahren nicht glaubhaft gemacht.

 

Die sog. Karenzzeit (siehe insb. § 12 Abs. 3, § 65 Abs. 3 SGB II, jeweils in der ab dem 01.01.2023 geltenden Fassung des Gesetzes v. 16.12.2022 - Bürgergeld-Gesetz, BGBl. I S. 2328), in der nur erhebliches Vermögen berücksichtigt wird, ist nach dem durchgehenden Leistungsbezug des Antragstellers im Jahr 2023 abgelaufen.

 

Das vom Antragsteller selbst genutzte Hausgrundstück ist nach den in diesem Verfahren glaubhaft gemachten Tatsachen verwertbares Vermögen (§ 12 Abs. 1 Satz 1 SGB II, zur Verwertbarkeit vgl. z.B. BSG v. 21.06.2023 - B 7 AS 14/22 R - Rn. 16). Insbesondere ist danach der Antragsteller Alleineigentümer des Grundstücks und sind Verfügungsbeschränkungen, eine über den angenommenen Marktwert (vgl. Immobilien-Vertriebsauftrag Verkauf v. 08.02.2024: Kaufpreisvorstellung von 50.000,- €) hinausgehende Belastung des Grundstücks (vgl. Bausparkasse U.... AG, Tilgungsplan v. 07.09.2022, Stand 31.12.2023: 23.590,32 €; so auch der Antragsteller, vgl. zuletzt die unter dem 15.08.2024 unterzeichnete und dem SG vorgelegte PKH-Erklärung unter Buchst. H Ziff. 6: 23.590,- €) sowie sonstige tatsächliche Verwertungshindernisse innerhalb eines Jahres (zur zeitlichen Anknüpfung für die Verwertungsprognose an den regelmäßigen Bewilligungszeitraum, hier nach § 41 Abs. 3 Satz 1 SGB II i.d.F. des Gesetzes v. 26.07.2016, BGBl. I S. 1824, vgl. weiterhin z.B. BSG v. 30.08.2017 - B 14 AS 30/16 R - Rn. 15) weder erkennbar noch vorgetragen und glaubhaft gemacht, zumal der Antragsteller auf die Aufforderungen des Antragstellers (vgl. z.B. Schreiben v. 06.06.2024 und 11.07.2024, siehe weiterhin Bescheid v. 29.10.2024), den Stand seiner "Verwertungsbemühungen - insbesondere Stellungnahme und Interessenten über V.... Immobilien" mitzuteilen, bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht reagiert hat.

 

Das streitbefangene Hausgrundstück ist nach den glaubhaft gemachten Tatsachen nicht nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB II von der Berücksichtigung als Vermögen ausgenommen, da es die maßgebliche Wohnfläche von bis zu 140 m² überschreitet und eine höhere Wohnfläche trotz der nur geringfügigen Überschreitung um 7 m² nicht anzuerkennen ist.

 

Nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II in der vom 01.01.2005 bis zum 31.12.2022 geltenden Fassung (nachfolgend: a.F.) war ein selbstgenutztes Hausgrundstück von angemessener Größe nicht als Vermögen zu berücksichtigen und waren für die Angemessenheit von Vermögen die Lebensumstände während des Leistungsbezugs maßgebend (§ 12 Abs. 3 Satz 2 SGB II a.F.; zur Vereinbarkeit des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 i.V.m. Satz 2 SGB II a.F. mit dem Grundgesetz vgl. BVerfG v. 28.04.2022 - 1 BvL 12/20). Für einen - wie hier - Ein-Personen-Haushalt war bei einem Hausgrundstück von einer im Ausgangspunkt angemessenen Wohnfläche von 90 m² auszugehen (vgl. nur BSG v. 21.06.2023 - B 7 AS 14/22 R - Rn. 20), kam eine Überschreitung der angemessenen Wohnfläche um nicht mehr als 10 v.H. in Betracht und musste ein Entscheidungsspielraum für außergewöhnliche, vom Regelfall abweichende Bedarfslagen im Einzelfall bestehen bleiben (vgl. nur BSG v. 30.08.2017 - B 14 AS 30/16 R - Rn. 18).

 

§ 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB II "schafft eine großzügigere Behandlung selbst genutzter Immobilien bei der Vermögensprüfung", wobei "die Grenzwerte ausdrücklich gesetzlich verankert und zugleich moderat erhöht" sowie "teilweise von der Anzahl der Bewohnerinnen und Bewohner entkoppelt" wurden, da "die Angemessenheitsgrenzen (wie nach der Rechtsprechung auch bislang schon) bei mehr als vier Bewohnerinnen und Bewohnern für jede und jeden weiteren um jeweils 20 Quadratmeter erhöht" werden, indes "eine Verringerung der Angemessenheitsgrenze bei weniger als vier Bewohnerinnen und Bewohnern dagegen nicht mehr statt(findet)" (vgl. BT-Drucks. 20/3873, S. 77 f.). Im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens wurde auf Beschluss des Vermittlungsausschusses (vgl. BT-Drucks. 20/4600 v. 23.11.2022) § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 letzter Teilsatz SGB II angefügt, wonach höhere Wohnflächen anzuerkennen sind, sofern die Berücksichtigung als Vermögen eine besondere Härte bedeuten würde.

 

Unter Berücksichtigung des Vorstehenden, insbesondere der gesetzlichen Normierung und - teils erheblichen, nicht nur "moderat(en)" - Erhöhung der "Grenzwerte" (hier von 99 m² auf 140 m²) sowie der Möglichkeit der Anerkennung höherer Wohnflächen bei besonderer Härte, scheidet eine allgemeine Erhöhung der in § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 erster Teils. SGB II genannten Wohnflächen um 10 v.H. aus (ebenso z.B. Geiger in: Münder u.a., SGB II, 8. Aufl., § 12 Rn. 54 und Lange in: Luik/Harich, SGB II, 6. Aufl., § 12 Rn. 71; a.A. zumindest "im Einzelfall" z.B. Schwabe in: BeckOGK, SGB II, § 12 Rn. 67, Stand: 01.08.2024).

 

Eine Erhöhung der Wohnflächen nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 zweiter Teils. SGB II kommt hier ebenso nicht in Betracht, da der Antragsteller bereits nach eigenen Angaben sein Hausgrundstück allein bewohnt.

 

Weiterhin hat der Antragsteller in diesem Verfahren keine Tatsachen für die Anerkennung einer höheren Wohnfläche nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 letzter Teils. SGB II glaubhaft gemacht. Zur Auslegung der darin normierten besonderen Härte (zur besonderen Härte nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 SGB II vgl. sogleich) kann auf vorgenannte Rechtsprechung zu den angemessenen Wohnflächengrenzen nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II a.F. für außergewöhnliche, vom Regelfall abweichende Bedarfslagen im Einzelfall zurückgegriffen werden (ebenso z.B. Lange, a.a.O., § 12 Rn. 75). Danach rechtfertigt zum Beispiel das Zusammenleben von Pflegeeltern mit Pflegekindern und die Ausübung eines Berufs oder Gewerbes im selbstgenutzten Haus ein Abweichen von der allgemein maßgebenden Wohnfläche, während die Nichtnutzung einzelner Zimmer oder die Verminderung der Personenanzahl nach dem erstmaligen Bezug des Hauses die Angemessenheitsgrenze nicht erhöhte (vgl. weiterhin z.B. BSG v. 12.10.2016 - B 4 AS 4/16 R - Rn. 28 ff.; zur Vereinbarkeit der mangelnden Differenzierung der Verwertungsbedürftigkeit größeren Wohneigentums nach dessen familiärer Vorgeschichte mit dem Grundgesetz vgl. BVerfG v. 28.04.2022 - 1 BvL 12/20 - insb. Rn. 11 ff.). Tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen besonderer Wohnbedürfnisse des Antragstellers für die Anerkennung einer höheren Wohnfläche als 140 m² sind weder erkennbar noch vorgetragen und glaubhaft gemacht.

 

Schließlich hat der Antragsteller in diesem Verfahren keine Tatsachen glaubhaft gemacht, nach denen die Verwertung des Hausgrundstücks für ihn offensichtlich (vgl. oben zum Erfordernis in diesem Verfahren) eine besondere Härte (§ 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 SGB II; zur weiterhin anwendbaren Rspr. zur Vergleichbarkeit mit § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II a.F. trotz der mit dem Bürgergeld-Gesetz abgeschafften Alternative "offensichtlich unwirtschaftlich" vgl. ausf. z.B. Lange, a.a.O., § 12 Rn. 86 ff.) bedeuten würde. Erforderlich für die Annahme einer besonderen Härte sind insbesondere außergewöhnliche Umstände des Einzelfalls, die dem Betroffenen ein eindeutig größeres Opfer abverlangen als eine einfache Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte (vgl. nur - auch zur offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit der Verwertung insb. von Hausgrundstücken - BSG v. 30.08.2017 - B 14 AS 30/16 R - Rn. 20 ff.). Hierfür genügt der alleinige Hinweis des Antragstellers auf die geringfügige Überschreitung der für ihn nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB II maßgeblichen Wohnfläche um 7 m² und einen sich daraus ergebenden "geldliche(n) Wert" von 1.257,62 € (vgl. Schreiben seiner Bevollmächtigten v. 08.11.2024) nicht, da eine Wohnfläche von 140 m² bei alleiniger Nutzung eines Hausgrundstücks sehr großzügig bemessen ist, allein deren geringfügige Überschreitung (hier 5 %) keinen außergewöhnlichen Umstand begründet, für die Bestimmung des Verkehrswerts (§ 12 Abs. 5 SGB II) bei einer angenommenen Veräußerung des Hausgrundstücks als Verwertungsart als ein (Ausgangs-) Wert der erzielte bzw. erzielbare Verkaufspreis und nicht ein rechnerisch ermittelter Betrag für einen weder tatsächlich noch rechtlich abgrenzbaren Teil des Hausgrundstücks entscheidend ist sowie von dem zu berücksichtigenden Vermögen und nicht vom vorgenannten Anteil ein Betrag abzuziehen ist (§ 12 Abs. 2 Satz 1 SGB II). Andere Tatsachen für die - hier offensichtliche - Annahme einer besonderen Härte im vorgenannten Sinne, wie z.B. die ernsthafte Möglichkeit eines nur kurzzeitigen Leistungsbezugs, sind weder erkennbar noch vorgetragen und glaubhaft gemacht.

 

Somit hat der Antragsteller in diesem Verfahren für Leistungen als Zuschuss seine Hilfebedürftigkeit nicht glaubhaft gemacht, da sein selbst genutztes Hausgrundstück verwertbares Vermögen ist sowie von einem angenommenen Verkaufspreis von ca. 50.000,- € bisher nur Belastungen von ca. 23.600,- € und ein Freibetrag von 15.000,- € (§ 12 Abs. 2 Satz 1 SGB II) abzusetzen sind. Mit dem sich daraus ergebenden zu berücksichtigenden Vermögen von ca. 11.400,- € kann der Antragsteller seinen Bedarf decken (§ 19 Abs. 1 Satz 3, Abs. 3 Satz 1 f. SGB II). Es ist auch so lange zu berücksichtigen, wie es tatsächlich vorhanden ist, da ein "fiktiver Vermögensverbrauch" nicht stattfindet (vgl. nur BSG v. 20.02.2020 - B 14 AS 52/18 R - Rn. 32).

 

Das vom Antragsteller für die hier streitige Zeit zumindest begehrte Darlehen (§ 9 Abs. 4 i.V.m. § 24 Abs. 5 Satz 1 SGB II) setzt u.a. Verwertungsbemühungen voraus (vgl. nur BSG v. 24.05.2017 - B 14 AS 16/16 R - Rn. 34 ff.). Darauf hat der Antragsgegner den Antragsteller wiederholt hingewiesen sowie ihn mehrfach und bis zum jetzigen Zeitpunkt ergebnislos aufgefordert, u.a. den Verlauf seiner entsprechenden Bemühungen seit dem von ihm unter dem 08.02.2024 unterzeichneten Vertriebsauftrag mitzuteilen (vgl. bereits oben). Daher kann dahinstehen, ob die sonstigen Voraussetzungen für ein weiteres Darlehen vorliegen und der Antragsgegner dieses von einer dinglichen Sicherung abhängig machen kann (vgl. hierzu § 24 Abs. 5 Satz 2 SGB II).

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

III.

Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist abzulehnen, da die Voraussetzungen hierfür nicht vorliegen.

 

PKH erhält auf Antrag ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Bewilligung von PKH erfolgt für jeden Rechtszug besonders (§ 119 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

 

Beteiligte, die PKH begehren, haben ihrem Antrag eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechende Belege beizufügen (§ 117 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Dabei haben sie sich des amtlichen Vordrucks zu bedienen (§ 117 Abs. 3 Satz 2, Abs. 4 ZPO). Da sich der Inhalt der Erklärung auf den Zeitpunkt der Antragstellung beziehen muss, haben Beteiligte grundsätzlich bei jedem prozessual selbständigen Antragsverfahren erneut eine Erklärung unter Nutzung des amtlichen Vordrucks abzugeben (vgl. z.B. BSG v. 22.07.2020 - B 13 R 20/19 BH - Rn. 8). Hiervon kann allenfalls abgesehen werden, wenn der Antragsteller auf eine bereits im vorausgegangenen Rechtszug abgegebene Erklärung Bezug nimmt und glaubhaft dartut, dass in seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen gegenüber den früheren Angaben eine Veränderung nicht eingetreten ist (vgl. weiterhin z.B. BSG v. 06.08.2019 - B 13 R 290/18 B - Rn. 5). Der Antragsteller hat im Beschwerdeverfahren weder eine PKH-Erklärung vorgelegt noch auf seine vorinstanzliche Erklärung vom 15.08.2024 Bezug genommen. Ohne PKH-Erklärung ist der Antrag auf PKH bereits aus diesem Grund abzulehnen (vgl. weiterhin z.B. BSG v. 30.05.2017 - B 3 P 15/17 B - Rn. 2).

 

Davon abgesehen wäre die Bewilligung von PKH auch deshalb abzulehnen, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bot (zum verfassungsrechtlich gebotenen Maßstab für die Beurteilung der Erfolgsaussicht vgl. z.B. BVerfG v. 30.05.2022 - 1 BvR 1012/20 - Rn. 9 ff.; Schmidt in: Meyer-Ladewig u.a., SGG, 14. Aufl., § 73a Rn. 7 ff.). Zwar dürfen aus verfassungsrechtlichen Gründen (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG) die Anforderungen an die Erfolgsaussicht nicht überspannt und im PKH-Verfahren grundsätzlich keine strittigen Rechts- oder Tatsachenfragen geklärt werden, indes kann PKH abgelehnt werden, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (vgl. weiterhin z.B. BVerfG v. 28.10.2019 - 2 BvR 1813/18 - Rn. 25 ff.). Die Beschwerde gegen die erstinstanzliche Entscheidung vom 21.08.2024 hatte indes selbst zum Zeitpunkt des PKH-Antrags am 13.09.2024 und bei unterstellter Bewilligungsreife (vgl. hierzu z.B. BVerfG v. 14.04.2010 - 1 BvR 362/10 - Rn. 15; BVerfG v. 16.04.2019 - 1 BvR 2111/17 - Rn. 25; BSG v. 22.07.2020 - B 13 R 20/19 BH - Rn. 7; Gall in: jurisPK-SGG, 2. Aufl., § 73a Rn. 52) keine Aussicht auf Erfolg. Auf die entsprechend geltenden Gründe unter II. wird Bezug genommen.

 

Ohne Bewilligung von PKH entfällt die Möglichkeit einer Beiordnung der Bevollmächtigten des Antragstellers (§ 121 Abs. 2 Alt. 1 ZPO).

 

IV.

Die Beschwerde gegen diesen Beschluss ist ausgeschlossen (§ 177 SGG).

Rechtskraft
Aus
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